Boerse.bz

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Boerse.bz
Fact-Sheet – Stand: Oktober 2014
Boerse.bz
Seitentyp
Bei Boerse.bz handelt es sich um einen kuratierten Linkkatalog in Form
eines illegalen Boards. Die .bz-Domain ist die Länderdomain von Belize,
die bei Registrierung keinen Wohnsitz in diesem Land erfordert.
Boerse.bz sieht aus wie ein Diskussionsforum. Es handelt sich um einen
so genannten „Vollsortimenter“ mit Links zu diversen urheberrechtlich
geschützten Kreativinhalten, darunter E-Books, Spielen und Filmen,
welche bei Online-Speicherdiensten hochgeladen wurden. Die Werke
werden durch die Links auf dem Board illegal öffentlich zugänglich
gemacht. Angezeigt werden die Downloadlinks zu diversen OnlineSpeicherplätzen aktuell jedoch nur registrierten Nutzern, die nicht aus
Deutschland oder UK kommen.
Aufbau,
Suchfunktion
ausschließlich
auf
die
und
angebotene
illegale
Services
Verwertung
von
sind
nahezu
Kreativinhalten
ausgerichtet. Es gibt weder ein Impressum noch wirksame Kontaktdaten,
über die geschädigte Rechteinhaber ihre Ansprüche geltend machen
könnten.
Bekanntheits-
Boerse.bz belegte am 24. Oktober 2014 laut dem Internetdienst
grad
Similarweb.com Platz 223 der beliebtesten Internetauftritte in Deutschland
und wird damit mehr genutzt als der Internetauftritt der PC Welt. Nach
Schätzungen von Similarweb vom 24. Oktober 2014 verzeichnet
Boerse.bz monatlich insgesamt 5,6 Mio. Seitenaufrufe, davon 3.880.240
Zugriffe aus Deutschland, 489.440 Nutzungen aus Österreich und
374.080 Aufrufe aus der Schweiz. Die meisten Nutzer besuchten vorher
das illegale Musikangebot 320k.in.
Gesellschaft zur Verfolgung von
Urheberrechtsverletzungen e. V.
Alt-Moabit 59-61 · D-10555 Berlin
Fon: + 49 (0) 30.311 6169 0
Fax: + 49 (0) 30. 311 6169 40
Mail: [email protected] ·
Web: www.gvu.de;: www.gvu-positionen.de
Pressekontakt GVU
Christine Ehlers
Public Relations
Fon: +49 (0)30.311 6169 24
Twitter: chrehlers
Fact-Sheet: Boerse.bz
Registrierung
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Laut WhoisDomaintools wurde die Domain Boerse.bz am 06.09.2008
registiert. Der einschlägig bekannte Clouddienst Cloudflare verbirgt den
eigentlichen Serverstandort.
Der Registrant von Boerse.bz ist eine Firma BZNetwork Ltd mit Sitz in
Mahé auf den Seychellen.
Nachahmer von
Boerse.bz ist ein Nachfolger des im Jahr 2000 gegründeten illegalen
Boards von Gulli.com – das gulli:board. Das Untergrundportal Gulli.com
wurde
nach
GVU-Erkenntnissen
im
Frühjahr
2008
an
den
österreichischen Unternehmer Valentin Fritzmann verkauft. Der neue
Eigner veranlasste die Schließung des Gulli:boards. In Folge sind
mehrere Nachahmer von anderen Angehörigen der illegalen Szene
(digitale Hehler) ins Leben gerufen worden. Nach internen Erkenntnissen
sind diese alle aus dem gleichen Backup hervorgegangen. Von den vielen
Nachahmern konnten sich Boerse.bz sowie MyGully.com langfristig
durchsetzen.
Aktuelles
Boerse.bz bietet registrierten Nutzern Zugriff auf urheberrechtlich
Angebot
geschützte Werke in 5 Kategorien. In jeder Kategorie existieren so
genannte „Themen“, wobei in der Regel unter jedem Thema ein
urheberrechtlich geschütztes Werk (Titel) in deutscher Sprachfassung zu
verstehen ist.
Am 24.10.2014 ermöglichte Boerse.bz illegalen Zugriff auf 11.231 Dateien
mit E-Books, wobei eine Datei sogar eine ganze E-Book-Kollektion
enthalten kann. Insgesamt waren an jenem Tag über Boerse.bz 29.865
Titel der Unterhaltungssoftware-Wirtschaft für die Plattformen Nintendo,
PlayStation, Xbox und PC sowie 61.776 Kino- und Spielfilme erreichbar.
Zusätzlich ermöglichte Boerse.bz den illegalen Zugang zu 13.560 TVSerien sowie 15.866 Dokumentationen.
Zu jeden Thema/Titel existieren mehrere so genannte „Beiträge“. Diese
enthalten Links zu Dateien mit dem jeweiligen Titel, die auf verschiedenen
Online-Speicherdiensten
abgespeichert
sind.
Dazu
gehörten
z.B.
Bitshare, Freakshare und Oboom. Auf diese Weise wird ein einziger Titel
zumeist in mehreren Kopien illegal öffentlich zugänglich gemacht.
In der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2014 richtete Boerse.bz eine
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Ländersperre für Deutschland, Österreich und UK ein. Nutzer mit IPAdressen aus diesen Ländern bekamen die illegalen Download-Angebote
seitdem nicht mehr angezeigt. Im Oktober 2014 schrieben die BoardVerantwortlichen selbst nur noch von einer Ländersperre für Deutschland
und UK – nicht jedoch für Österreich.
Regeln
In den boardeigenen allgemeinen Regeln war am 25.10.2014 zu lesen,
dass eine Angabe der verwendeten Online-Speicherdienste, auf denen
die Dateien liegen, nicht erlaubt sei. Verboten sind extremistische Inhalte,
personenbezogene Daten, strafbare, pornografische, jugendgefährdende
oder ehrverletzende Inhalte, Cardsharing-Angebote und Links zu
Cybercrime-Seiten. Solche Regeln sollen vor der Strafverfolgung
schützen.
Für jede Kategorie gibt es zusätzlich eigene Regeln. Im E-Book-Bereich
sind Pornos, Anleitungen zum Waffenbau, Verbrechen und Betrug sowie
extremistische Schriften verboten. Im Spielebereich dürfen keine OnlineGames gepostet werden. Datei- oder Linkklau sind ebenso verboten,
ebenso der Zwang zum Kauf eines zahlungspflichtigen Premiumaccounts
bei einem Online-Speicherdienst. Für die illegal öffentlich zugänglich
gemachten Filme ist nur eine hohe Ton- und Bildqualität erlaubt.
Untersagt sind Filme ohne deutsch- oder englischsprachige Tonspur bzw.
Untertitelung. In allen Kategorien ist doppeltes Einstellen von Themen
(Titeln) verboten. Zur Bezeichung des eingestellten Titels werden klare
und umfangreiche Vorgaben gemacht.
GVU-Aktivitäten
Die GVU hat Boerse.bz seit Jahren im Visier und initiierte mit einem
Strafantrag
das
aktuelle
Strafverfahren.
Darin
eingeflossen
sind
Erkenntnisse, die im Zusammenhang mit einem Machtkampf zwischen
Boerse.bz
und
MyGully.com
gewonnen
werden
konnten.
Den
Verantwortlichen von MyGully.com wirft die Generalstaatsanwaltschaft
Dresden aktuell in einem anderen Strafverfahren gewerbsmäßige
Urheberrechtsverletzungen,
Steuerhinterziehung,
Erpressung
und
Brandstiftung vor. Nach GVU-Erkenntnissen hackten diese Personen in
der Vergangenheit vermutlich Boerse.bz und veröffentlichten Daten zu
Werbeverdiensten, internen Abläufen und persönlichen Daten der
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Boerse.bz-Verantwortlichen. Die GVU analysierte und verifizierte diese
Informationen, unternahm weitere Vorermittlungen zu den mutmaßlichen
Verantwortlichen und brachte die gebündelten Erkenntnisse gegenüber
den Kölner Strafverfolgungsbehörden zur Kenntnis.
Auch in diesem Jahr analyiserte und recherchierte die GVU weiter. Im
Fokus standen so genannte Power-Uploader von Boerse.bz. Diese sind
Mitglieder dieses illegalen Download-Boards, die unter Pseudonymen
regelmäßig und in großer Zahl Dateien mit urheberrechtlich geschützten
Inhalten bei einschlägig bekannten Online-Speicherdiensten hochladen
und die Links zu den Dateien auf Boerse.bz veröffentlichen (lassen).
Durch intensive Vorermittlungen konnte die GVU weitere Informationen zu
zahlreichen
Power-Uploadern
gewinnen,
die
auch
in
jüngster
Vergangenheit für Boerse.bz tätig waren. Diese Informationen hat die
GVU ergänzend zu diesem Strafverfahren an die Staatsanwaltschaft Köln
weitergeleitet.
Einnahmequelle Boerse.bz bewirbt aktuell das illegale Online-Angebot traderz.org über
Werbung
einen Partner Link sowie durch eine Platzierung an erster Stelle der
eigenen Toplist (integriertet Webautritt mit einer Rangliste von strukturell
urheberrechtsverletzenden Online-Angeboten) Über solche Partnerschaften können grundsätzlich Provisionen für das Übermitteln von neuen
Nutzern eingenommen werden.
Noch bis Mitte 2014 hat Boerse.bz über mehrere Werbebanner und in
den FAQs den Anonymisierungsdienst Hide.me beworben. Aktuell
erscheint
Nutzern
aus
Deutschland
und
UK
beim
Aufruf
der
titelspezifischen Download-Seiten der Hinweis, das Angebote sei in
diesem Land leider nicht verfügbar. Der erste Folgebeitrag zitiert einen
Beitrag von Chip.de, der beschreibt, dass die Ländersperre umgangen
werden kann, indem der Nutzer Hide.me installiert. Dies sei auch die
Empfehlung von Boerse.bz selbst.
Unter diesem Zitat werden „Vorteile“ dieses VPN-Tools aufgezählt: die
unbegrenzte Nutzung von Hulu und Netflix und die Nutzung von
klassischen Filesharing-Angeboten, ohne eine Abmahnung befürchten zu
müssen, gefolgt von einem Werbebanner. Auch dadurch können die
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Boerse.bz-Verantwortlichen
Vermittlungsprovisionen
erzielen.
Vieles
deutet darauf hin, dass sie selbst die Betreiber von Hide.me sein könnten.
Weitere
Boerse.bz ist nicht isoliert zu betrachten. Vielmehr besteht ein illegales
Einnahme-
Angebot aus folgenden, von einander abhängigen Komponenten:
quellen
1. Dem kuratierten Linkkatalog, hier: Boerse.bz
2. Der eigenen Toplist. Die dort mittels Link aufgeführten illegalen
Online-Angebote können sich grundsätzlich eine gute Platzierung
auf den ersten Plätzen kaufen.
3. Den
mit
diesem
Speicherdiensten
Linkkatalog
(Filehostern),
auf
verbundenen
welche
die
OnlineDateien
hochgeladen wurden, die über die Links illegal öffentlich
zugänglich gemacht werden. Hier u.a. Bitshare, Freakshare,
Oboom. Möglich sind Provisionszahlungen durch die Filehoster an
das illegale Board Boerse.bz für die Vermittlung von Nutzern.
4. Linkcryptern, die zwischen Portal und Online-Speicherdienste
geschaltet sind. Hier können durch den von den Nutzern
erzeugten Datenverkehr weitere Einnahmen durch DisplayAdvertising generiert werden. Es sind auch Provisionszahlungen
durch die Linkcrypter an das illegale Board denkbar. Daneben
beteiligt ein Linkycrypter in der Regel den Uploader des konkreten
Inhalts, auf den der Link verweist, mittels Provisionen.
5. Den Download-Managern, wie JDownloader. Hier könnte eine
Geschäftsbeziehung
zwischen
dem
Downloadmanager
und
Online-Speicherdiensten bestehen.
6. Den Uploadern, welche die Dateien mit den urheberrechtlich
geschützten Inhalten auf die Online-Speicherdienste hochladen
und die Links zu diesen Dateien an Boerse.bz geben, damit diese
Links dort nach festen Regeln veröffentlicht werden. Nach internen
Erkenntnissen werden die ersten Links zu den frühesten illegalen
Kopien nahezu ausschließlich von denselben Uploadern an das
Board gegeben. Dies deutet daraufhin, dass diese Personen
gleichzeitig auch das Board unterstützen und finanzieren.
Die Uploader können Provisionen von den Filehostern erhalten.
Folgende Modelle existieren:
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1. Der Uploader erhält für 1000 Downloads einer bestimmten
Datei (bspw. mit einem konkreten Filmtitel) eine Provision.
2. Der Uploader erhält eine Provision, wenn ein Interessent eines
von ihm hochgeladenen Titels einen Premium-Account kauft (eine
Art Abo).
7. Anonymsierungsdienste wie Hide.me, die vor Strafverfolgung
schützen sollen. Sofern sich der Anfangsverdacht bestätigen
sollte, dass Hide.me von den Boerse.bz-Verantwortlichen selbst
betrieben sein könnte, würden Einnahmen aus Hide.me-Premiumund -Plus-Accounts (ab 9,17 bzw. 4,17 Euro pro Monat und
Abonnent)
ebenfalls
in
die
Taschen
der
Boerse.bz-
Verantwortlichen fließen.
8. Den Nutzern von Boerse.bz. Ihnen werden die Partnerlinks
gezeigt, während sie auf Boerse.bz navigieren. Sie kaufen unter
Umständen einen Account bei Hide.me. Beim Aufrufen eines
Linkcrypters und eines Download-Managers bekommen sie
Werbebanner angezeigt sowie – wenn sie keinen kostenpflichtigen
Premium-Account bei einem Online-Speicherdiest haben –
während des Downloads beim Filehoster selbst. Ihre Nutzung ist
damit die Grundlage für Provisionszahlungen.
Nach Analysen der Computerbild (Ausgabe 20/2014) erhalten die
Nutzer neben dem gewünschten Inhalt unter Umständen auch
noch bösartige Zusatzprogramme und nervige Adware.
Social Media
Insbesondere jüngere Internetnutzer machen die Verantwortlichen von
Marketing
Boerse.bz über soziale Medien auf das illegale Download-Board
aufmerksam. So existiert seit 2012 eine Facebook-Seite mit 1.327 „Gefällt
mir“-Angaben am 24. Oktober 2014. Auf Youtube sind zahlreiche
Kurzfilme zu Boerse.bz zu finden, darunter Tutorials u.a. dazu, wie die
Ländersperre umgangen werden kann.
Über die GVU:
Die GVU ist eine von Unternehmen und Verbänden der Buch-, Film- und UnterhaltungssoftwareWirtschaft getragene Non-Profit-Organisation und wird regelmäßig ergänzend aus Mitteln der
Filmförderungsanstalt gefördert. Ihre Aufgabe besteht in der Ermittlung von Verstößen gegen
Leistungsschutzrechte ihrer Mitglieder nach dem Urheberrechtsgesetz und der Mitteilung dieser
festgestellten Rechtsverstöße an die Strafverfolgungsbehörden. Darüber hinaus unterstützt die GVU die
zuständigen Behörden bei der Durchführung von Strafverfahren sowohl in rechtlicher als auch in
technischer Hinsicht. Sie fokussiert sich dabei auf die Betreiber urheberrechtsverletzender Dienste im
Internet und deren Quellen. Die GVU leistet des Weiteren Informationsarbeit zum Urheberrecht durch
Seminare und Vorträge bei Behörden, Bildungseinrichtungen und gesetzgebenden Körperschaften
sowie durch die Unterrichtung der Öffentlichkeit über den Inhalt und die Ergebnisse ihrer Arbeit und
urheberrechtliche Problemstellungen. Schließlich versteht sich die GVU als parteipolitisch neutraler
Berater von politischen Entscheidungsträgern in Fragen des Urheberrechtsschutzes.