Zusätzliche Erläuterungen zum Ü-MANV

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Zusätzliche Erläuterungen zum Ü-MANV
ARBEITSGRUPPE MANV ÜBERÖRTLICH
Projektleiter
Dr. Volker Ruster, BF Köln
0221/9748-402
[email protected]
Einsatzkonzept
ÜMANV
M ASSENANFALL VON VERLETZTEN
MIT ÜBERÖRTLICHER UNTERSTÜTZUNG
Einsatzkonzept zur Bewältigung von Großschadenslagen
im Rettungsdienst mit 500 – 1000 Betroffenen
durch überörtliche Unterstützung
Köln, im Juli 2003
EINSATZKONZEPT ÜMANV
VORWORT
VORWORT
Der 11. September 2001 hat der Welt eine Dimension von Schadenereignissen gezeigt,
die bis dahin für undenkbar gehalten wurde oder zumindest als so unwahrscheinlich eingestuft wurde, dass eine systematische Vorbereitung auf derartige Ereignisse nur unzureichend oder gar nicht stattgefunden hatte. Bisher wurde in Kreisen und Kommunen für
ein rettungsdienstliches Ereignis mit etwa 50 Verletzten / Betroffenen geplant und vorgehalten, ggf. wurde auch überlegt, wie man mit einem Nachbarkreis bei größeren Lagen
sinnvoll zusammenarbeiten könnte. Nach diesem Tag war jedoch ein Umdenkungsprozess notwendig, der mittlerweile auch bundesweit Auswirkungen zeigt. Als eine erste Reaktion für den eigenen Zuständigkeitsbereich auf diese Ereignisse hat die BF Köln bereits
im Herbst 2001 eine Arbeitsgruppe initialisiert, die ein gangbares, pragmatisches Einsatzkonzept entwickeln sollte, nach dem mehrere bis viele Behandlungsplätze unterschiedlicher Rettungsdienstbereiche sinnvoll und koordiniert zusammenarbeiten können.
Die Arbeitsgruppe wurde von Köln eingeladen und war zunächst sehr willkürlich zusammengesetzt. Die Teilnehmer rekrutierten sich aus Mitarbeitern von solchen Feuerwehren
oder Gebietskörperschaften im Umkreis von etwa 50 km rund um Köln, von denen in
Köln bekannt war, dass sie ein personell und materiell vollständiges und funktionsfähiges
MANV-Konzept besaßen. Auftrag an die Gruppe war, ein Brainstorming über Möglichkeiten der gegenseitigen Unterstützung durchzuführen und dann ggf. ein gemeinsames
Konzept für ein Ereignis mit mehr als 1.000 Betroffenen Personen zu erstellen. Nach ersten Diskussionen stellte sich heraus, dass mit den vorhandenen Mitteln und Möglichkeiten vermutlich nur ein Ereignis mit 500, vielleicht bis maximal 1.000 Betroffenen bewältigt werden kann. Es wurde aber auch sehr bald festgestellt, dass die Ergebnisse der
AG so allgemeingültig sind, dass sie in einen Konzeptentwurf münden können, der als
ein Vorschlag für landesweite Zusammenarbeit geeignet erscheint. Aus diesem Grund
wurden dann weitere Mitglieder in die Arbeitsgruppe mit einbezogen, beispielsweise die
Bezirksregierungen Düsseldorf und Köln sowie die AKNZ Ahrweiler.
Das vorliegende Papier ist ein innerhalb der AG und übergeordneten Gremien abgestimmter Vorschlag einer Einsatzstruktur, die die Zusammenarbeit einer Vielzahl von Be-
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EINSATZKONZEPT ÜMANV
VORWORT
handlungsplätzen an sehr großen Einsatzstellen mit der entsprechenden Zahl an betroffenen Personen regelt. Es gründet sich auf gängigen MANV-Konzepten, bei denen im
Einsatzabschnitt Rettungsdienst eine (oder mehrere) Patientenablage(n), ein Behandlungsplatz und ein Bereitstellungsraum Rettungsdienst geführt werden und die Patienten
konsequent innerhalb dieser Strukturen gesichtet, notfallmedizinisch behandelt und
transportiert werden. Auf der Basis dieser gängigen MANV-Strukturen ist das Konzept
ÜMANV nach oben hin erweiterbar und lässt damit die Option offen, dass es landesweit
von allen Kreisen und Kommunen unterstützt und angewendet wird.
An dieser Stelle sei der Hinweis auf die Notwendigkeit übergeordneter Konzepte und
Maßnahmen gestattet. Im Rahmen der Neustrukturierung des Katastrophenschutzes in
Deutschland wird zur Zeit ein vierstufiges bundesweites Gefahrenabwehrkonzept erarbeitet und diskutiert, das den Ländern und Kommunen Mittel und Möglichkeiten an die
Hand gibt, entsprechende Vorkehrungen zu treffen (s. a. Entwurfspapier „Strategische
Neukonzeption der ergänzenden technischen Ausstattung des Katastrophenschutzes im
Zivilschutz“ im Auftrag des BMI (sog. „Rechenbach-Bericht“) sowie „Grundsatzpapier zur
Neuordnung des Zivil- und Katastrophenschutzes in der Bundesrepublik Deutschland“
des Deutschen Städtetages). Darin enthalten sind auch Vorschläge für die Konzeption
und Vorhaltung rettungsdienstlicher und logistischer Einsatzmittel sowie Rahmenvorgaben zur Durchführung von besonderen Schadenslagen. Das mit dem vorliegenden Papier
vorgestellte Konzept ÜMANV ist eine pragmatische Lösung, Einsatzmittel im Rahmen der
Stufe 3 sinnvoll und strukturiert zum Einsatz zu bringen. Dies alles führt aber tatsächlich
nur dann zum Erfolg, wenn nicht nur die entsprechenden Voraussetzungen und Strukturen in allen beteiligten Rettungsdienstbereichen vorhanden sind, sondern auch weitere
übergeordnete Maßnahmen durchgeführt werden können, beispielsweise:
Erweiterte Logistik
• Der logistische Nachschub muss in den einzelnen Regierungsbezirken sichergestellt
werden. Dies könnte z.B. durch eine Art „Zentrallager“ pro Regierungsbezirk erfolgen,
aus dem Nachschub aller Art an die Einsatzstelle gebracht werden kann (s.a. AntidotBervorratung).
• Gleichzeitig gehört dazu eine koordinierende Stelle, die diese Logistik zeitnah einsetzen und steuern kann, beispielsweise die Lagezentren der Bezirksregierungen.
Führungsstrukturen
• Die Bezirksregierungen müssen ertüchtigt werden, zeitnah eine übergeordnete lageabhängige Koordination für die der einzelnen Kreise und kreisfreien Städte qualifiziert
übernehmen zu können.
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EINSATZKONZEPT ÜMANV
VORWORT
• Auch die interne Führungsfähigkeit der einzelnen Kreise oder Kommunen, für die nicht
überall die hinreichenden Mittel zur Verfügung stehen (Personal für TEL, Ausstattung
mit ELW, hinreichende Führungskonzepte), muss gewährleistet sein.
In diesem Zusammenhang sind weitere zur Zeit laufende Projekte zu erwähnen. Dies ist
zum einen die AG „Gefährdungsanalyse“ in NRW mit BD Donner aus Witten als Vorsitzendem zu verstehen, die eine generelle Gefährdungsanalyse für NRW durchführt, an
die sich eine umfassende Bestandsaufnahme der Möglichkeiten und Mittel zur überörtlichen Hilfe in NRW anschließen muß. Zum anderen wurde für die Kommunen die Möglichkeit geschaffen, für die Einrichtung der Auskunftstelle bei Großschadenslagen nach
§ 31 FSHG auf qualifizierte Unterstützung der Polizei zurückzugreifen, die mit der Auskunft-Software „GSL.net“ ein probates Mittel zur Verfügung stellen, um allen Beteiligten
Stellen die Eingabe von Daten und vor allem den Zugriff auf einheitliche, aktuelle Daten
zu ermöglichen. Gleichzeitig ist hier durch den Internetzugang zum Programm die Möglichkeit eröffnet, in Fällen, die die Kapazität einer Kommune übersteigen, zeitnah und ohne Informationsverluste auf größere Call-Center oder Verbundsysteme umzuschalten.
Gerade bei rettungsdienstlichen Großschadenslagen dürfte diese Software und die damit
verbundene Zusammenarbeit mit der Polizei eine wertvolle Option darstellen.
Dr. Volker Ruster
Projektleiter
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EINSATZKONZEPT ÜMANV
DIE ARBEITSGRUPPE
DIE ARBEITSGRUPPE
Folgende Personen waren ständig oder zeitweise Mitglieder der Arbeitsgruppe oder haben die Arbeitsgruppe unterstützend begleitet:
Frau Cremer
Kreis Aachen
Herr Schäfer
BF Aachen
Herr Lausberg
BF Aachen
Herr Eck
BF Bonn
Herr Kuhl
BF Bonn
Herr Band
Erftkreis
Herr Klösgen
Erftkreis
Frau Dr. Neff
Kreis Euskirchen
Herr Crespin
Kreis Euskirchen
Herr Hitz
BF Düsseldorf
Herr Landers
BF Düsseldorf
Herr von der Heidt
BF Düsseldorf
Herr Riebandt
Rhein-Sieg-Kreis, Landesfeuerwehrarzt
Herr Arendt
Rhein-Sieg-Kreis
Herr Blum
BF Wuppertal
Herr Schneider
Bez.Reg. Düsseldorf
Herr Probst
Bez.Reg. Köln
Herr Serwe
Bez.Reg. Köln
Herr Hilgers
Bez.Reg. Köln
Herr Peter
AKNZ Bad Neuenahr-Ahrweiler
Herr Granitzka
IfN der BF Köln
Herr Neuhoff
BF Köln
Herr Dr. Dr. Lechleuthner
BF Köln
Herr Dr. Blomeyer
BF Köln
Herr Sladek
BF Köln
_______________________________________________________________________
Projektleiter:
Herr Dr. Ruster
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BF Köln
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EINSATZKONZEPT ÜMANV
INHALTSVERZEICHNIS
INHALTSVERZEICHNIS
VORWORT
I
DIE ARBEITSGRUPPE
IV
INHALTSVERZEICHNIS
V
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
VII
EINSATZKONZEPT ÜMANV
1
1.
GRUNDSÄTZLICHES
1
1.1.
Abweichungen von bestehenden Konzepten
1
1.2.
Standardisierung von Leistungen
2
2.
3.
ANFORDERUNG VON RETTUNGSMITTELN
3
2.1.
Probleme
3
2.2.
Ziele
4
2.3.
Lösungen
4
2.3.1. Einsatzstichworte und Einsatzmittelketten
5
2.3.2. Zeitpunkt der Alarmierung externer Kräfte
6
ANFAHRT, BEREITSTELLUNG UND EINSATZ DER RETTUNGSMITTEL
6
3.1.
Probleme
6
3.1.1. Orientierung / Ortskunde
6
3.1.2. Raumbedarf
7
3.1.3. Anfahrt
7
3.1.4. Selbsteinsatz von Kräften
7
3.2.
Ziele
8
3.3.
Lösungen
8
3.3.1. Sammelplätze
8
3.3.2. Bereitstellungsräume
9
3.3.3. Rettungsmittelhalteplätze
4.
10
PATIENTENABLAGEN UND BEHANDLUNGSPLÄTZE
11
4.1.
Probleme
11
4.1.1. Patientenanlagen
11
4.1.2. Behandlungsplätze
11
Ziele
12
4.2.
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EINSATZKONZEPT ÜMANV
4.3.
5.
6.
7.
8.
INHALTSVERZEICHNIS
Lösungen
12
4.3.1. Patientenablagen
12
4.3.2. Behandlungsplätze
13
4.3.3. Kontaktgruppen
14
FÜHRUNGSSTRUKTUR
16
5.1.
Probleme
16
5.2.
Ziele
16
5.3.
Lösungen
16
5.3.1. Einsatzleitung und Abschnitte
16
5.3.2. Einsatzabschnitt Rettungsdienst und Unterabschnitte
17
5.3.3. Unterabschnitt Behandlungsplatz
17
5.3.4. Zeitlicher Ablauf beim Aufbau dieser Führungsstruktur
17
KOMMUNIKATION
21
6.1.
Probleme
21
6.2.
Ziele
22
6.3.
Lösungen
23
6.3.1. Leitstellen
23
6.3.2. 4m-Band
23
6.3.3 2m-Band
24
6.3.4. Funkdisziplin
24
ZUWEISUNG VON PATIENTEN IN DIE KRANKENHÄUSER
25
7.1.
Probleme
25
7.2.
Ziele
26
7.3.
Lösungen
26
7.3.1. Unterbringung von Patienten der Kategorie I
26
7.3.2. Verteilung von Patienten der Kategorie II und III
27
7.3.3. Auswahl eines Verfahrens, Patientenatlas
29
EINSATZABLAUF
30
8.1.
Anfordernde Stelle – Einsatzleitung Schadensort und Leitstelle
30
8.2.
Entsendung von Kräften nach Stufe 1 – ÜMANVS
31
8.3.
Entsendung von Kräften nach Stufe 2 – ÜMANVT
32
8.4.
Entsendung von Kräften nach Stufe 3 – ÜMANVB
34
8.5.
Chronologie eines Einsatzbeispiels
36
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EINSATZKONZEPT ÜMANV
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
IM TEXT VERWENDETE ABKÜRZUNGEN
Fachbegriffe
AGBF
BHP
BOS
BSR
EA
EAL
EL
ELW
EMK
EStW
FuG
KH
KTW
LF
LFV
LNA
LST
MANV
NA
NAW
NEF
OrgL
PA
RD
RMHP
RTW
SP
UEA
UEAL
ÜMANV-B
ÜMANV-S
ÜMANV-T
ZPD
Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren
Behandlungsplatz
Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben
Bereitstellungsraum
Einsatzabschnitt
Einsatzabschnittsleiter / -leitung
Einsatzleiter / -leitung
Einsatzleitwagen
Einsatzmittelkette
Einsatzstichwort
Funkgerät
Krankenhaus
Krankentransportwagen
Löschgruppenfahrzeug
Landesfeuerwehrverband
Leitender Notarzt
Leitstelle
Massenanfall von Verletzten/Erkrankter
Notarzt
Notarztwagen
Notarzteinsatzfahrzeug
Organisatorischer Leiter RD
Patientenablage
Rettungsdienst
Rettungsmittelhalteplatz
Rettungswagen
Sammelplatz
Untereinsatzabschnitt
Untereinsatzabschnittsleiter / -leitung
Einsatzstichwort Behandlungsplatz
Einsatzstichwort Sofortige Entsendung
Einsatzstichwort Transportkapazitäten
Zentrale Polizeidienste
Sonstige Begriffe:
ggf.
Kap.
Min
NRW
o.g.
s.
S.
u.U.
gegebenenfalls
Kapitel
Minute
Nordrhein-Westfalen
oben genannt
siehe
Seite
unter Umständen
Anmerkung:
Die beschriebenen Abkürzungen werden im Text durchgängig auch für
den Plural verwendet.
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EINSATZKONZEPT ÜMANV
PLANUNG UND KONZEPT
EINSATZKONZEPT
ÜBERÖRTLICHE UNTERSTÜTZUNG BEI RETTUNGSDIENSTLICHEN
GROSSSCHADENSLAGEN IN NORDRHEIN-WESTFALEN
(ÜMANV)
1.
GRUNDSÄTZLICHES
1.1.
Abweichungen von bestehenden Konzepten
Der Massenanfall von Verletzten (MANV) stellt eine Situation dar, die die Grund- und
Spitzenvorhaltung im Rettungsdienst wegen der Vielzahl von Patienten und/oder Betroffenen überfordert und den Einsatz weiterer Kräfte erforderlich macht (Sonderbedarf).
Grund- und Spitzenbedarf sind verzögerungsfrei alarmierbar, die Kräfte des Sonderbedarfs haben jedoch üblicherweise einen Vorlauf von 30-120 min, individuell abhängig von
Alarmierungs-, Organisationsform, deren Vorbereitung und der Ausstattung. Die Einsatzorganisation bei allen gängigen MANV-Konzepten ist daher darauf ausgerichtet, den
anfänglichen Mangel von Ressourcen so zu organisieren und zu verwalten, dass eine individualmedizinische Behandlung der Patienten, d.h. also der „Normalfall“, so schnell wie
möglich wiederhergestellt wird. Kernpunkt ist dabei die Sichtung der Patienten (Triage)
und die daraus resultierende Festlegung von Behandlungs- und Transportprioritäten, die
innerhalb der Einsatzstrukturen konsequent beibehalten und beachtet wird. Diese Forderung wird typischerweise dadurch erfüllt, dass der Einsatzabschnitt Rettungsdienst bei
einem MANV die Untereinsatzabschnitte Patientenablage (PA), Behandlungsplatz (BHP)
und Bereitstellungsraum RD (BSR RD) beinhaltet und die Patienten diese „Stationen“ organisiert durchlaufen.
Die möglichst rasche Wiederherstellung der individualmedizinischen Versorgung ist auch
erklärtes Ziel des Einsatzkonzepts ÜMANV, das auf der Basis der gleichen, bewährten
Strukturen arbeitet und deshalb allgemein bekannte und etablierte Einsatzformen nicht
verlässt. Dennoch sind in einigen Teilbereichen Abweichungen von den üblichen Konzepten erforderlich, die sich vor allem damit begründen lassen, dass ein einzelner BHP
im eigenen Zuständigkeitsbereich in der Regel nach 30 bis 45 min betriebsbereit ist,
weitere von extern alarmierte BHP aber einen Vorlauf bis zu 2 h oder sogar mehr haben
können. Da diese Gegebenheit kurzfristig nicht zu ändern ist, wurde die gesamte Struktur
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EINSATZKONZEPT ÜMANV
PLANUNG UND KONZEPT
des Einsatzkonzepts ÜMANV dieser Tatsache angepasst. Auf die einzelnen Besonderheiten wird an den entsprechenden Stellen im Konzept explizit hingewiesen.
1.2.
Standardisierung von Leistungen
Zu Beginn der Diskussionen in der Arbeitsgruppe wurde festgestellt, dass in den meisten
Rettungsdienstbereichen die Grobstrukturen bei feuerwehrtechnischen und rettungsdienstlichen Ereignissen weitgehend identisch sind. Dies gilt auch für Großschadensereignisse, für die besondere Mittel und Einsatzkräfte herangezogen werden müssen. Explizit seien hier die Strukturen der Führungsorganisation mit Einsatzleitung, Einsatzabschnitten und Untereinsatzabschnitten genannt sowie die Kommunikationsstruktur, die
diese Führungsstruktur nachbildet. Auch der Patientendurchlauf bei MANV aus dem
Schadensgebiet heraus in die Patientenablage, von dort mit Trägerkolonnen in den Behandlungsplatz und der Transport zuletzt mit Fahrzeugen aus dem Rettungsmittelhalteplatz in die Krankenhäuser ist in praktisch allen Rettungsdienstbereichen, die ein funktionierendes MANV-Konzept haben, weitgehend identisch. Diese Übereinstimmungen erleichtern die interkommunale Zusammenarbeit wesentlich.
Leider stellte sich aber auch heraus, dass in den darunter eingegliederten Feinstrukturen
erhebliche Differenzen bestehen. Insbesondere die Einsatzmittel und deren Einsatzwert
weichen zum
Teil sehr
stark voneinander
ab.
In der
Regel
sind
einzelne
(Norm-)Fahrzeuge wie RTW, KTW oder NEF vom Einsatzwert her zwar identisch, aber
trotzdem nicht kompatibel, also beliebig untereinander austauschbar, weil die Beladung
(Geräte und Medikamente) von unterschiedlichen Herstellern stammt und damit nicht
vom Nachbarn beherrscht wird. Weitaus gravierender ist aber für die überörtliche Zusammenarbeit, dass es eine Vielzahl von Fahrzeugen gibt, die nicht durch besondere
Normen abgedeckt sind oder von Grundnormen so weit abweichen, dass Beladung und
Einsatzmöglichkeiten für Außenstehende nicht erkennbar sind. Beispiel dafür sind die
unterschiedlichsten Abrollbehälter, Gerätewagen und Busse (AB-Rett, AB-San, AB-BHP,
GW-Rett, GW-San, R-Bus, M-Bus u.ä.), bei denen nur der jeweilige Träger wirklich weiß,
welches Einsatzspektrum mit diesem Fahrzeug geboten wird.
Diese Besonderheiten haben letztlich zwei wichtige Effekte:
• Zum einen entspricht die bisher übliche Anforderung von einzelnen Kräften oder Einsatzmitteln aus Unkenntnis der spezifischen Möglichkeiten der Rettungsmittel („Wir
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EINSATZKONZEPT ÜMANV
PLANUNG UND KONZEPT
benötigen den R-Bus“) in der Regel nicht den Notwendigkeiten und bringt daher an
der Einsatzstelle nicht den gewünschten Nutzen.
• Des weiteren können diese Rettungsmittel nicht dazu verwendet werden, bestehende
taktische Einheiten oder Teile bestehender taktischer Einheiten zu ergänzen. Es ist
also beispielsweise nicht möglich, aus mehreren Gebietskörperschaften Rettungsmittel zusammenzuziehen und damit einen Behandlungsplatz einzurichten. Vielmehr sind
die Rettungsmittel immer nur im jeweiligen Kontext des betreffenden Kreises bzw. der
kreisfreien Stadt zu sehen und einzusetzen.
Unter diesen Voraussetzungen ergibt sich die Notwendigkeit, für die interkommunale
Zusammenarbeit nicht einzelne Kräfte oder Rettungsmittel zu benennen und zu entsenden, die an der Einsatzstelle in einen völlig ungewohnten Zusammenhang gebracht werden, sondern ausschließlich Leistungen anzufordern bzw. zu entsenden. Die Art der Erstellung dieser Leistungen ist dabei zweitrangig und muss für die anfordernde Stelle weder an der Einsatzstelle noch durch die Leitstelle ersichtlich sein. Die Leistungen müssen
durch die eintreffenden Einheiten autark erbracht werden. Dies gilt insbesondere für die
Behandlungsplätze, die für die anfordernde Stelle letztlich nur eine „black box“ sein dürfen, die gesichtete Patienten aufnimmt und transportfähige Patienten abgibt. Des weiteren muss aber auch erreicht werden, dass diese Forderung nicht nur für die Behandlungsplätze erfüllt ist, sondern in ähnlicher Form für alle Leistungen, die nach extern erbracht werden, angestrebt wird. Je mehr diesem Prinzip Rechnung getragen werden
kann, desto einfacher wird eine Organisation der Einsatzstelle sein.
2.
ANFORDERUNG VON RETTUNGSMITTELN
2.1.
Probleme
In der Vergangenheit hat sich immer wieder gezeigt, dass die Anforderungen zu unspezifisch waren und dass Einsatzmittel entsendet wurden, die der Lage nicht angemessen
waren. Beispielsweise wurde nie deutlich, ob es sich bei den zu entsendenden Rettungsmitteln vornehmlich um Transport- oder Behandlungsplatzkomponenten handeln
sollte. Auch die Anzahl der Rettungsmittel wurde selten explizit deutlich gemacht, oftmals
wurde mit pauschalen Anforderungen wie „schickt uns alles, was Ihr habt“ gearbeitet,
was einen großen Interpretationsspielraum zulässt.
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EINSATZKONZEPT ÜMANV
PLANUNG UND KONZEPT
Zum Ereigniszeitpunkt eines Großschadensereignisses, insbesondere zu Beginn des
Einsatzes, bestehen erhebliche Defizite aller Art, also auch Informationsdefizite, und entsprechend sind treffende Rückmeldungen (noch) nicht zu erwarten. Ohne konkrete Vorplanung besteht bisher also im wesentlichen nur die Alternative, externe Kräfte früh und
unspezifisch oder angemessen, aber spät zu alarmieren.
2.2.
Ziele
Für eine zeitgerechte und angemessene Entsendung von Einsatzmitteln in externe Rettungsdienstbereiche sollten folgende Kriterien erfüllt sein:
• Spezifische Anforderung
Die entsendende Leitstelle muss wissen, wie viele Rettungsmittel die anfordernde
Leitstelle erwartet und zu welchem Zweck sie eingesetzt werden sollen, also beispielsweise als Behandlungskomponente oder Transportkomponente.
• Zeitpunkt der Anforderung
Anforderungen von externen Rettungsmitteln müssen so früh wie möglich erfolgen,
weil für Externe neben dem üblichen Vorlauf noch eine Fahrzeit von 30 – 60 min kalkuliert werden muss.
2.3.
Lösungen
Die Alarmierung externer Einsatzkräfte muss schnell und eindeutig geschehen. Abstimmung während des laufenden Ereignisses und eine Anpassung von Einsatzmittelketten
an das Ereignis erfordert ein hohes Maß an Kommunikation und ist während einer solchen Lage unmöglich. Weil die einzelnen Rettungsdienstbereiche in NRW für den MANV
unterschiedliche Einsatzmittel bereithalten, sind aber keine einheitlichen, d.h. immer gleichen Einsatzmittelketten definierbar. Deshalb sind Einsatzstichworte zu verwenden, die
landesweit gültig sind, aber in den Rettungsdienstbereichen individuell mit Einsatzmittelketten zu hinterlegen sind. Dies stellt dann kein Problem dar, wenn die entsendeten Einheiten entweder nahtlos in die Einsatzstelle eingegliedert werden können (Beispiel: einzelne Fahrzeuge = Transportkapazitäten) oder aber eigenständig eine Funktion erfüllen
können bzw. eine definierte Leistung erbringen können (Beispiel: autarker Behandlungs-
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EINSATZKONZEPT ÜMANV
PLANUNG UND KONZEPT
platz). Einheitlich muss deshalb die mit der Einsatzmittelkette des Stichworts hinterlegte
Leistung sein und nicht die Art und Anzahl der Einsatzmittel.
2.3.1.
Einsatzstichworte und Einsatzmittelketten
Die Anforderung externer Kräfte zur gegenseitigen Unterstützung erfolgt nach folgenden
festgelegten Einsatzstichworten (EStW) in drei Stufen mit individuell hinterlegten Einsatzmittelketten (EMK):
EStW
ÜMANV-S
EMK
3 RTW, 1 NEF
Zweck und Besonderheiten
Sofortige Bereitstellung von Einsatzmitteln aus der Grundvorhaltung, die EMK sollte planmäßig wie beschrieben aussehen,
(“Sofort”)
kann aber je nach Tageszeit (RD-Aufkommen) ggf. variieren
(z.B. Ersatz von RTW durch KTW).
ÜMANV-T
Individuell
Entsendung eines Maximums an Kapazitäten für den Transport
der Patienten von der EST in KH, von den einzelnen RD-
(„Transport“)
Trägern individuell zu dem EStW zu hinterlegen. Die Entsendung kann ggf. in zwei Stufen erfolgen (Kräfte sofort, Kräfte mit
zeitlichem Vorlauf). Dieses EStW erfordert, dass die entsendende Leitstelle die Einsatzmittelkette per Fax der anfordernden
Leitstelle mitteilt, damit diese zweckmäßig disponieren kann.
ÜMANV-B
(„BHP“)
BHP
Eigenständig betriebsfähiger BHP für die Behandlung von 50
Patienten gemäß den „Planungsgrundlagen zur Dimensionierung des Sanitätsdienstes“ der AGBF NRW einschl. Führung
und Logistik. Kontaktgruppe vorab. Einsatzmittel individuell
durch RD-Träger zum EStW zu hinterlegen.
Über diese Einsatzstichworte ist eine Anforderung definierter externer Kräfte zur Unterstützung der Einsatzstelle "ohne viel Nachdenken" möglich. Die Einsatzleitung bzw. die
anfordernde LST muss aber berücksichtigen, dass Fahrzeuge, die zuerst nach ÜMANV-S
oder ÜMANV-T alarmiert würden, bei einer späteren Nachforderung nach Stufe
ÜMANV-T oder ÜMANV-B fehlen werden. Einzelne Leitstellen können daher u.U. nur
einmal Kräfte nach ÜMANV entsenden, weil für die höheren Stufen keine Rettungsmittel
mehr zur Verfügung stehen. Grundregel ist, dass ÜMANV-T und ÜMANV-B sich gegenseitig ausschließen, während ÜMANV-T und ÜMANV-B auch nach der Anforderung
ÜMANV-S in Einzelfällen noch alarmierbar ist.
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EINSATZKONZEPT ÜMANV
2.3.2.
PLANUNG UND KONZEPT
Es ist daher in der Regel nur möglich, bei externen Leitstellen entweder Transportkapazitäten nach ÜMANV-S oder ÜMANV-T oder alternativ einen Behandlungsplatz nach ÜMANV-B anzufordern, nicht aber beides gleichzeitig oder in Folge.
Zeitpunkt der Alarmierung externer Kräfte
Bekanntermaßen bedarf eine umfassende Lageerkundung einer gewissen Zeitspanne.
Diese ist in der Regel um so länger, je größer die Lage ist. Dennoch läuft die Zeit, und
vor dem Hintergrund einer ggf. zweistündigen Vorlaufzeit für externe Behandlungsplätze
ist der Einsatzleitung frühzeitig eine Entscheidung über die Alarmierung externer Kräfte
abzufordern. Die gewählten Einsatzstichworte und die darin hinterlegten Leistungen veranlassen die Einsatzleitung, in solchen Leistungsmodulen zu denken und erleichtern die
frühzeitige Entscheidung damit wesentlich.
3.
ANFAHRT, BEREITSTELLUNG UND EINSATZ DER RETTUNGSMITTEL
3.1.
Probleme
Einsätze unter Beteiligung externer Rettungsmittel haben in den letzten Jahren insbesondere folgende Schwierigkeiten und Probleme bei der Anfahrt und der Bereitstellung
dieser Kräfte aufgezeigt:
3.1.1.
Orientierung / Ortskunde
Externe Einsatzkräfte sind in der Regel nicht ortskundig. Schon die Kenntnis der gezielten, also schnellsten Anfahrt zu einem Punkt an einer Stadt- oder Kreisgrenze kann nicht
als selbstverständlich vorausgesetzt werden. Orientierung kostet jedoch Zeit, die an der
Einsatzstelle sinnvoller genutzt werden könnte. Dies ist durch zweckmäßige Einsatzplanung schon im Vorfeld lösbar. Hinzu kommt der personelle und zeitliche Aufwand für die
Orientierung in der fremden Gebietskörperschaft mittels Stadtplan oder Lotsen, der durch
sinnvolle Organisation vor Ort reduziert werden kann.
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EINSATZKONZEPT ÜMANV
3.1.2.
PLANUNG UND KONZEPT
Raumbedarf
Der Raumbedarf für die eintreffenden Einsatzmittel und -kräfte wurde bei den Ereignissen
der vergangenen Jahre regelmäßig unterschätzt. Dies führte beispielsweise dazu, dass
gelegentlich hunderte Meter lange Fahrzeugkolonnen standen, die aber aufgrund der
räumlichen Ausdehnung dieses „Bereitstellungsraums“ nur unzureichend überschaubar
und nicht spezifisch einsetzbar waren. Zudem wurden hierdurch wichtige Zufahrten zur
Einsatzstelle blockiert oder behindert, was die Anfahrt später eintreffender Sonderfahrzeuge, die bis zur Einsatzstelle vorfahren mussten, behindert und verzögert hat. Für ein
Ereignis der hier betrachteten Größenordnung dürften sich diese Probleme mit hoher
Wahrscheinlichkeit noch verstärken.
3.1.3.
Anfahrt
Die Anfahrt der Rettungsmittel kann getrennt oder aber nach Sammeln an einem vereinbarten Punkt im Verband erfolgen. Getrennte Anfahrt hat den Vorteil, dass jedes Fahrzeug so schnell wie möglich eintrifft, macht jedoch das „Wiederfinden“, also eine Zusammenarbeit genau dieser Kräfte an der Einsatzstelle unmöglich. Getrennte Anfahrt kann
sinnvoll sein, wenn nur wenige Fahrzeuge als Transportkomponente z.B. nach ÜMANV-S
angefordert werden. Die Fahrt im Verband erfordert Zeit für das Sammeln an einem
Punkt an der Stadt- oder Kreisgrenze, hat aber den Vorteil, dass Kräfte, die zusammenarbeiten sollen, auch zusammen ankommen (insbesondere der BHP nach ÜMANV-B
sollte im Verband fahren).
Problematisch ist in beiden Fällen, dass ohne sinnvolle Vorplanung eine Absprache erfolgen muss, was einen erheblichen Abstimmungs- und damit Kommunikationsaufwand
erfordert. Dies muss nicht zwangsläufig ein Problem für die entsendende Leitstelle bedeuten, ist aber mit Sicherheit für die anfordernde Leitstelle undurchführbar.
3.1.4.
Selbsteinsatz von Kräften
Bei Großschadenslagen, ob rettungsdienstlicher oder feuerwehrtechnischer Natur, hat
sich mehrfach gezeigt, dass sich eine Vielzahl von Einsatzkräften – in der Regel in bester
Absicht – eigenständig und ohne Anforderung in Marsch gesetzt und die EST angefahren
haben, um zu helfen. Mindestens ein Fall ist bekannt, bei dem dies zu einem praktisch
unlösbaren Verkehrschaos geführt hat, das den Einsatzablauf erheblich behindert hat.
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EINSATZKONZEPT ÜMANV
3.2.
PLANUNG UND KONZEPT
Ziele
Bei den betrachteten Größenordnungen von rettungsdienstlichen Schadenslagen ist zu
erwarten, dass u.U. mehrere hundert Fahrzeuge zum Einsatzort fahren. Daher ist frühzeitig eine hinreichende Führungsorganisation aufzubauen, die in der Lage ist, dieses
Fahrzeugaufkommen zu managen. Ein wesentliches Merkmal der Einsatzplanung muss
die Minimierung des personellen und kommunikativen Aufwands zur Lenkung externer
Einsatzmittel sein.
Die für die Anfahrt der Fahrzeuge erforderliche Abstimmung und Kommunikation kann im
Wesentlichen im Rahmen der Einsatzplanung geschehen. Dies erleichtert vor allen Dingen der betroffenen Leitstelle vor Ort die Arbeit und macht dann, wenn der entsprechende Einsatzplan allen Einsatzkräften bekannt ist, auch an der Einsatzstelle langwierige
Kommunikation und Abstimmung, die unnötigerweise Personal binden würde, überflüssig. Insgesamt sind dafür die unten beschriebenen Maßnahmen erforderlich.
3.3.
Lösungen
3.3.1.
Sammelplätze
Es ist zwingend erforderlich, dass die kreisfreien Städte und Kreise in NRW Sammelplätze innerhalb ihrer Gebietskörperschaft festlegen. Mindestanforderungen an diese Sammelplätze sind:
• Verkehrsgünstige Lage an der Kreis- oder Stadtgrenze
• Platzangebot mindestens 50 m x 50 m oder vergleichbare Ausmaße
• Getrennte Zu- und Abfahrt möglich
• Wenn möglich, sollte eine Infrastruktur vorhanden oder einrichtbar sein (Toiletten,
Strom- und Wasseranschluss)
• An den Sammelplätzen muss Personal zur Führung vorhanden sein.
• Eine Einweisung der Fahrzeuge zu den Bereitstellungsräumen muss sichergestellt
sein. Dies kann z.B. durch Kartenmaterial, das in Depots an den Sammelplätzen vorgehalten wird, durch bereitgestellte Lotsen oder durch andere geeignete Maßnahmen
geschehen. Die Planung dieser Organisation muss in jedem Kreis oder jeder kreisfreien Stadt im Vorfeld erfolgen.
Sammelplätze für Einsatzkräfte sind nahe der Stadt-/Kreisgrenze aus allen umliegenden
Kreisen / kreisfreien Städten auszuweisen. Sie müssen sich an den Hauptzugangsstra-
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PLANUNG UND KONZEPT
ßen (Bundesstraßen, Autobahnen) orientieren. Diese Forderungen dürften in der Regel
zur Einrichtung von vier bis maximal acht Sammelplätzen pro Gebietskörperschaft führen. Die Sammelplätze werden von allen Kräften, d.h. sowohl von Rettungsdienstkräften
als auch von Kräften des Brandschutzes und der Technischen Hilfeleistung angefahren.
Die Sammelplätze sind als Anlage zum Einsatzplan zu führen, so dass alle Gebietskörperschaften ohne Nachfrage in der Lage sind, bei Entsendung von Kräften die vereinbarten Plätze anzufahren. Eine Kommunikation mit der anfordernden Leitstelle erübrigt
sich bis dahin. Für die Sammelplätze ist Führungspersonal in hinreichender Stärke und
mit hinreichender Ausstattung vorzusehen. Die Führer der Sammelplätze unterstehen der
Gesamteinsatzleitung.
3.3.2.
Bereitstellungsräume
Die Einrichtung von Bereitstellungsräumen muss lageabhängig geschehen. Hier kann
eine Vorausplanung nur in begrenztem Umfang geschehen und muss von den Rettungsdienstträgern ggf. eigenständig für das Zuständigkeitsgebiet durchgeführt werden. Die
Bereitstellungsräume können abhängig von Randbedingungen und Notwendigkeiten an
der Einsatzstelle gemeinsam oder für Brandschutz- und Hilfeleistungskräfte sowie Rettungsdienstkräfte getrennt festgelegt werden.
Am BSR wird den Einsatzkräften die Zuweisung zu den einzelnen Rettungsmittelhalteplatz sowie der dem entsprechenden Untereinsatzabschnitt (bestehend aus einer oder
mehreren Patientenablage/n, einem Behandlungsplatz und einem Rettungsmittelhalteplatz) zugewiesene 2m-Funkkanal mitgeteilt. Die Anforderungen an die Bereitstellungsräume entsprechen ebenfalls folgenden Forderungen:
• Verkehrsgünstige Lage
• Platzangebot mindestens 50 m x 50 m oder vergleichbare Ausmaße
• Getrennte Zu- und Abfahrt möglich
• Wenn möglich, sollte eine Infrastruktur vorhanden oder einrichtbar sein (Toiletten,
Strom- und Wasseranschluss)
• In den Bereitstellungsräumen muss Personal zur Führung vorhanden sein.
• Eine Einweisung der Fahrzeuge zu den Rettungsmittelhalteplätzen muss sichergestellt sein. Hier sind bereitgestellte Lotsen oder Einweiser sinnvoll. In Einzelfällen kann
die Einweisung zum Rettungsmittelhalteplatz auf dem zugewiesenen 2m-Funkkanal
nützlich sein (Achtung: dies erhöht den Funkverkehr auf dem jeweiligen Funkverkehrskreis erheblich).
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• Bereitstellungsräume können je nach Lage mehrere hundert Meter oder auch einige
Kilometer von der EST und den RMHP entfernt sein.
Hinweis:
3.3.3.
Sammelplätze und Bereitstellungsräume können identisch sein.
Rettungsmittelhalteplätze
Rettungsmittelhalteplätze werden jeweils einem Untereinsatzabschnitt, also einem definierten Behandlungsplatz zugewiesen. Die Kapazität dieser Rettungsmittelhalteplätze
kann wesentlich geringer ausfallen als diejenige der Bereitstellungsräume für den Rettungsdienst. Voraussetzung ist dann allerdings eine Führung, die in der Lage ist, zeitnah
Einsatzmittel aus den Bereitstellungsräumen zu ordern und zu erhalten. Je geringer die
Kapazität ist (= kleiner Puffer!), desto schneller muss die Nachschuborganisation der
Rettungsmittel funktionieren.
Die nachfolgende Abbildung erläutert den Weg der Bereitstellung von Einsatzmitteln sowohl für den Rettungsdienst als auch für den Brandschutz und die Hilfeleistung.
Abbildung: Bereitstellung von Einsatzmitteln
Heranführung von externen Rettungsmitteln
Externe
Bereiche
EL gesamt
Sammelplatz
EAL
Schaden
Alle Fahrzeuge
EAL RD
Fahrzeuge BS / TH
BSR
BS / TH
UEA 1
BSR RD
Fahrzeuge RD
BHP 1
Legende:
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UEA 2
BHP 2
UEA 3
BHP 3
Führungsanbindung
Fahrzeugbereitstellung
(Trennung der Bereiche
BS/TH und RD optional,
aber sinnvoll)
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4.
PATIENTENABLAGEN UND BEHANDLUNGSPLÄTZE
4.1.
Probleme
4.1.1.
Patientenablagen
PLANUNG UND KONZEPT
Patientenablagen werden sich sehr früh im Einsatzgeschehen etablieren, u.U. noch vor
Eintreffen der ersten Rettungskräfte. Diese Patientenablagen werden möglicherweise in
unmittelbarer Nähe zum Gefahrenbereich liegen und zunächst nicht nach einsatztaktischen Gesichtspunkten ausgerichtet sein.
Für den Einsatz externer Behandlungsplätze muss realistisch von einem Vorlauf von rund
zwei Stunden bis zur Betriebsbereitschaft dieser Behandlungsplätze ausgegangen werden. Weil dieser Zeitraum an der Patientenablagen naturgemäß nicht allein mit den originären Aufgaben an dieser Stelle überbrückt werden kann (Sichtung, erste lebensrettende
Maßnahmen), wird die Patientenablage notgedrungen zu einem provisorischen Behandlungsplatz anwachsen, an dem die Patienten gemäß Sichtungskategorie mit den vorhandenen Mitteln behandelt werden. Dies wird unorganisierter und unqualifizierter erfolgen
als in einem regulären Behandlungsplatz, ist aber in Anbetracht von mindestens zwei
Stunden absoluter Mangelverwaltung vermutlich der pragmatischste Ansatz.
4.1.2.
Behandlungsplätze
Probleme beim Aufbau und Betrieb der Behandlungsplätze ergeben sich im Wesentlichen aus ihrem Raumbedarf und aus dem zeitlichen Verzug der Betriebsbereitschaft.
• Der Raumbedarf von Behandlungsplätzen nach AGBF-Empfehlung (50 Patienten /
Betroffene) liegt bei etwa 1500 m2 (Standardabmessungen 30 m x 50 m oder vergleichbar). Anzustreben ist der Aufbau in kurzer Entfernung zur Patientenablage, weil
auf diese Weise nur ein relativ geringer Personalansatz als Trägerkolonnen erforderlich ist. Es ist zu vermuten, dass diese Anforderungen bei großflächigen Lagen eher
erfüllbar sind als bei punktuellen Lagen, weil sich dort alle Rettungskräfte auf einem
noch engeren Raum ballen. Hinzu kommen zweckmäßige Zu- und Abfahrten für Rettungsmittel und die Rettungsmittelhalteplätze am Ausgang der Behandlungsplätze.
• Der Zeitverzug für die Betriebsbereitschaft von Behandlungsplätzen aus externen
Rettungsdienstbereichen ist wesentlich höher anzusetzen als für Behandlungsplätze
aus dem originären Zuständigkeitsbereich und liegt vermutlich bei mindestens zwei
Stunden. Zu diesem Zeitpunkt wird sich, wie oben erwähnt, die Patientenablage bereits zu einem provisorischen Behandlungsplatz entwickelt haben. Für die eintreffen-
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den Behandlungsplätze bzw. deren OrgL steht dann die Entscheidung an, ob der eigene Behandlungsplatz konkret und vollständig aufgebaut werden kann und soll
(Raumbedarf!) oder ob die vorhandene „erweiterte Patientenablage“ mit den mitgeführten Mittel und Kräften weiter ergänzt und ertüchtigt werden soll. Dies widerspricht
allerdings den unter 1.2. (Standardisierung von Leistungen) genannten Zielen der
vollständigen Eigenständigkeit entgegen der Integration in fremde Konzepte, ist aber
die pragmatischere Lösung. Die gewünschte personelle und materielle Unabhängigkeit vom Rest der Einsatzstelle kann jedoch auch auf diese Weise aufrecht erhalten
werden.
Es ist festzustellen, dass zu den bereits genannten Gründen für den Zeitverzug (Alarmierung dienstfreier Kräfte, Sammeln im eigenen Bereich, Anfahrt in den externen
Rettungsdienstbereich, vom Sammelplatz Anfahrt zur Einsatzstelle) noch hinzukommt,
dass die Führungskräfte der externen Kräfte vor Aufbau des BHP einen Kontakt zur
Einsatzleitung bzw. Einsatzabschnittsleitung herstellen müssen, bei dem Auftrag, Einsatzort, Kommunikationswege u.ä. geklärt werden müssen. Auch dies benötigt Zeit.
4.2.
Ziele
Ziel bei der Organisation der Patientenablagen und der Behandlungsplätze ist, wie bei
allen rettungsdienstlichen Lagen mit anfänglichem Ressourcenmangel die möglichst
schnelle Wiederherstellung der individualmedizinischen Behandlung, d.h. aller notwendigen (und damit oftmals maximal möglichen) Behandlung jedes einzelnen Patienten. Dies
ist erfahrungsgemäß am besten dann möglich, wenn die anerkannte Verfahrensweise
des linearen Patientendurchlaufs vom Schadensgebiet über die Patientenablagen in die
Behandlungsplätze und von dort aus mit Rettungsmitteln in die Krankenhäuser erfolgen
kann. Erklärtes Ziel auch dieses Konzepts ist deshalb, diesen geregelten Durchlauf früh
und organisiert herzustellen.
4.3.
Lösungen
4.3.1.
Patientenablagen
Es wurde bereits festgestellt, dass die Patientenablagen in der Anfangsphase des Einsatzes nicht oder nur sehr bedingt steuerbar sind. Insofern muss seitens der Einsatzleitung u.U. auf Gegebenheiten aufgebaut werden, die zwar nicht einsatztaktischen Ge-
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sichtspunkten entsprechen, aber letztlich nicht zu ändern sind. Wichtig ist, möglichst
frühzeitig „zu retten, was zu retten ist“, d.h. den Patientenablagen in einer möglichst frühen Phase des Einsatzes Führungspersonal zuzuweisen, das geeignet ist, Maßnahmen
einzuleiten, die zur Erreichung der Einsatzziele erforderlich sind. Diese Führer der Patientenablagen treffen vor allem die notwendigen organisatorischen Maßnahmen wie
Raumorganisation oder Nachforderungen und unterstützen das ärztliche und rettungsdienstliche Personal an der Patientenablage in organisatorischer Hinsicht vergleichbar
einem OrgL. Bei der Raumorganisation ist zu berücksichtigen, dass die Betriebsbereitschaft des Behandlungsplatzes möglicherweise mehr als zwei Stunden betragen kann
und dass aus diesem Zeitverzug heraus zwangsläufig Notfallmedizin betrieben werden
muss, so dass die Patientenablage mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem provisorischen
Behandlungsplatz anwächst. Weil deswegen vermutlich auch erste Transporte durchzuführen sind, wird auch ein Rettungsmittelhalteplatz zu führen sein. An dieser Stelle sei
explizit darauf hingewiesen, dass dabei wegen des zeitlichen Verlaufs von Einsatzstellenentwicklung und Betriebsbereitschaft von Einsatzeinheiten von der „reinen Lehre“ abgewichen werden muss, die den Transport von Patienten ausschließlich nach Behandlung am Behandlungsplatz vorsieht.
Der Führer der Patientenablage ist in der ersten Phase der Einsatzabschnittsleitung
Rettungsdienst unterstellt. Mit Eintreffen der für diesen Untereinsatzabschnitt verantwortlichen externen Kräfte übernimmt der Führer des Behandlungsplatzes zusammen mit
seinem Med. Leiter Behandlungsplatz (LNA-Qualifikation) die Untereinsatzabschnittsleitung und führt die Patientenablage, den Behandlungsplatz und den dazugehörigen Rettungsmittelhalteplatz.
4.3.2.
Behandlungsplätze
Die Behandlungsplätze, die zu externen Einsatzstellen entsendet werden, sind als autarke Einheiten, die gemäß 1.2. eigenständig und unabhängig definierte Leistungen erbringen sollen, darauf angewiesen, dass alle zugehörigen Einsatzmittel zusammenarbeiten.
Ein „Wiederfinden“ einmal zerstreuter Einheiten an großen Einsatzstellen dürfte allerdings unmöglich sein. Das hat eine geschlossene Anfahrt im Verband zur Voraussetzung. Daher sammeln sich alle Kräfte, die für den Behandlungsplatz vorgesehen sind,
auf den Sammelplätzen der eigenen Gebietskörperschaft, um von dort im Verband den
jeweiligen Sammelplatz des anfordernden Bereichs anzufahren, von dort aus weiter wie
beschrieben, jeweils in geschlossener Formation. Der Verbandsführer (Leiter des Behandlungsplatzes) meldet sich bei der TEL Einsatzabschnittsleitung Rettungsdienst über
den entsprechenden Führungskanal im 2m-Band, den er im Bereitstellungsraum vom
Leiter des Bereitstellungsraums erfahren hat.
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Der Aufbau des Behandlungsplatzes muss sich konsequent an den Erfordernissen und
Besonderheiten dieser Einsatzstelle ausrichten. Diese Erfordernisse müssen in einem
eindeutigen und umfassenden Einsatzbefehl dokumentiert sein, der seitens der Einsatzabschnittsleitung RD an diesen Unterabschnitt ergeht. Dieser Einsatzbefehl muss mindestens enthalten:
• Anzahl und Ort(e) der zu übernehmenden Patientenablage(n)
• Vorgesehener Ort zum Aufbau des Behandlungsplatzes (ggf. Erweiterung einer Patientenablage, s.o.)
• 2m-Funkkanal für den Unterabschnitt, bestehend aus Patientenablage(n), Behandlungsplatz und Rettungsmittelhalteplatz
• Führer der Patientenablagen als Ansprechpartner vor Ort
• Verfahren der Patientenzuweisung in die Krankenhäuser
• Sachstand der Patientensichtung und -behandlung
• Sachstand des Patiententransports
• Sachstand der Verfügbarkeit von Rettungsmitteln, Zuweisung eines Rettungsmittelhalteplatzes
4.3.3.
Vorkommando
Bereits frühe Diskussionen in der Arbeitsgruppe haben gezeigt, dass erheblicher Arbeitsund Koordinationsaufwand von den Führern der externen Einheiten ferngehalten werden
kann, wenn die Leitstelle sofort nach der Anforderung eines Behandlungsplatzes die
Alarmierung und Entsendung eines Vorkommandos veranlasst, das praktisch verzögerungsfrei die Einsatzstelle anfährt, Kontakt mit der Einsatzleitung bzw. der Einsatzabschnittsleitung aufnimmt und alle notwendigen Vorbereitungen für den Einsatz der eigenen Kräfte trifft. Im Einzelfall ist je nach Organisationsform auch ein Voralarm für das
Vorkommando in Erwägung zu ziehen. Mit Eintreffen des Behandlungsplatzes kann dann
bereits alles so weit vorbereitet sein, dass der Aufbau unmittelbar erfolgen kann und der
Behandlungsplatz sofort danach den Betrieb aufnehmen kann. Um diese Vorarbeit leisten zu können, muss das Vorkommando folgende Voraussetzungen mitbringen:
• Sofort oder mit geringer Verzögerung alarmierbar (Vorlauf max. 10-15 min)
• Führer des Vorkommandos ist eine Führungskraft mit allen relevanten Kenntnissen
über die eigene Organisation (vorhandene Mittel und Kräfte, Alarmierbarkeit usw.)
sowie hoch anzusiedelnder Entscheidungs- und Weisungsbefugnis im Regelführungsdienst
• Mindestens ein Führungsgehilfe
• Einsatzmittel ELW 1
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Aufgaben des Vorkommandos sind:
• Sofortiges Anfahren der Einsatzstelle über die vorgesehenen Stationen (Sammelplatz,
Bereitstellungsraum)
• Meldung bei der Einsatzleitung und der Einsatzabschnittsleitung RD
• Kontakt zur Einsatzabschnittsleitung RD zur Übernahme des Einsatzauftrags
• Klärung der Einbindung in die Führungs- und Kommunikationsstruktur an der Einsatzstelle (z.B. 2m-Funkkanal)
• Kontaktaufnahme zu den eigenen Kräften
• Einweisung der eigenen Kräfte bei Eintreffen
• Ständiger Kontakt vom Behandlungsplatz (OrgL) zur Einsatzabschnittsleitung RD
• Koordination von Nachforderungen an die eigene Leitstelle sowie Einweisungen dieser Nachschubkräfte
• Der Führer des Vorkommandos (= Verbandsführer) übernimmt mit dem OrgL und dem
Med. Leiter Behandlungsplatz („LNA“) die Untereinsatzabschnittsleitung.
Um diese Aufgaben adäquat übernehmen zu können, ist nach Auffassung der AG eine
hohe Führungsqualifikation erforderlich. Es erscheint sinnvoll, hierfür Personal der höchsten Führungsqualifikationsstufe (in den Gebietskörperschaften unterschiedlich genannt,
allgemein anerkannt als A-Dienst zu bezeichnen) zu entsenden. Nur hier sind die entsprechenden Kenntnisse und vor allem Befugnisse gebündelt vorhanden, die es ermöglichen, auch im weiteren Verlauf des Einsatzes weitere Nachforderungen an die eigene
Leitstelle zu stellen und die für den Heimatbereich daraus resultierenden Konsequenzen
zu überschauen oder in anderer notwendiger Weise von der Einsatzstelle aus in die Abläufe im eigenen Bereich einzugreifen (z.B. zur Patientenunterbringung).
In der AG wurde festgestellt, daß ausreichendes Führungspersonal mit vergleichbarer
Qualifikation nicht in allen Rettungsdienstbereichen im Regelführungsdienst im Dienst ist.
In diesen Fällen sollte eine Rufbereitschaft organisiert werden, um eine Erreichbarkeit sicherzustellen.
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5.
FÜHRUNGSSTRUKTUR
5.1.
Probleme
PLANUNG UND KONZEPT
Es hat sich gezeigt, dass die Strukturen der Führung in allen an der Arbeitsgruppe beteiligten Rettungsdienstbereichen im wesentlichen einheitlich sind. Es ist anzunehmen,
dass dies auch für die meisten übrigen Rettungsdienstbereiche in NRW gilt. Probleme
bereitet jedoch die Vielzahl der zu bildenden Einsatzabschnitte und Untereinsatzabschnitte und die damit notwendige Zahl an Führungskräften. Vor allem in der Anfangsphase des Einsatzes stehen relativ wenig (für die jeweiligen Aufgaben qualifizierte) Führungskräfte zur Verfügung, die zudem noch sinnvoll auf mindestens zwei Einsatzabschnitte - Schadenbekämpfung und Rettungsdienst - verteilt werden müssen.
5.2.
Ziele
Für den gesamten Einsatzablauf ist eine durchgängige Führungsstruktur zu etablieren,
die sowohl den anfänglichen Ressourcenmangel kanalisiert und optimal verwaltet als
auch die endgültige Struktur des Einsatzes so vorbereitet, dass die Führung mit Eintreffen weiterer Kräfte nach und nach aufwachsen kann und der Einsatz ohne Bruch in der
Führung geleitet werden kann. Dazu ist es notwendig, dass die endgültige Gesamtführungsstruktur von vornherein bekannt ist und damit gezielt angestrebt werden kann. Dabei ist die „3-5er Führungsregel“, also die Führung von 3 bis 5 Einsatzabschnitten unter
einer Führung innerhalb aller Führungsebenen, möglichst einzuhalten. Nur so bleibt der
notwendige Überblick des jeweiligen Leiters der Einheiten oder Abschnitte gewährleistet,
der die Einhaltung von Melde- und Befehlswegen ermöglicht und dabei keine personellen
Ressourcen verschwendet.
5.3.
Lösungen
5.3.1.
Einsatzleitung und Abschnitte
Einsatzleitung und Einsatzabschnittsbildung erfolgt auch bei den betrachteten rettungsdienstlichen Großschadenslagen nach bekanntem Muster. Es werden Einsatzabschnitte
zur Schadenbekämpfung nach Bedarf gebildet, die direkt der Einsatzleitung (TEL) unterstellt sind. Des weiteren ist ein Einsatzabschnitt Rettungsdienst erforderlich, in dem die
rettungsdienstlichen Maßnahmen, also „der MANV“, abgearbeitet werden können. Scha-
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densbekämpfung und Rettungsdienst werden nebeneinander geführt, insofern liegt hier
keine Abweichung von den herkömmlichen MANV-Einsätzen vor.
5.3.2.
Einsatzabschnitt Rettungsdienst und Untereinsatzabschnitte
Üblicherweise enthält der Einsatzabschnitt RD die Untereinsatzabschnitte Patientenablage, Behandlungsplatz und Rettungsmittelhalteplatz, geführt vom OrgL (und dem medizinischen Leiter des Abschnitts). Da hier aber mehrere bis viele Behandlungsplätze mit der
umgebenden Logistik nebeneinander arbeiten müssen, ist eine weitere Führungsebene
einzuziehen. Sie besteht aus der Einsatzabschnittsleitung Rettungsdienst, die zur Bewältigung der Führung von bis zu 5 „herkömmlichen“ Untereinsatzabschnitten, jeweils bestehend aus Patientenablage, Behandlungsplatz und Rettungsmittelhalteplatz unter der Führung des Verbandsführers, des OrgL und des „LNA“ des Untereinsatzabschnitts, ertüchtigt werden muss. Sie muss deshalb als Einsatzabschnittsleitung stabsmäßig ausgestattet werden. Sind mehr als 5 Behandlungsplätze erforderlich, so ist ein zweiter Einsatzabschnitt Rettungsdienst II nötig, dessen Einsatzabschnittsleitung ebenfalls als Technische
Einsatzleitung stabsmäßig einzurichten ist.
5.3.3.
Untereinsatzabschnitt Behandlungsplatz
Jeder Untereinsatzabschnitt Behandlungsplatz wird nach herkömmlichem Muster geführt.
Die Führung dieser Untereinsatzabschnitte besteht aus dem Verbandsführer, dem OrgL
und dem med. Leiter Behandlungsplatz, die mit ihren Behandlungsplatz von extern angerückt sind und mit Aufnahme des Betriebs auch eine (oder mehrere) Patientenablage(n)
und einen Rettungsmittelhalteplatz führen, von dem die Transportmittel für den Ausgang
des Behandlungsplatzes abgefordert werden. Insofern gibt es auch hier außer der erweiterten Untereinsatzabschnittsleitung keine Abweichung von bekannten, etablierten
Strukturen.
5.3.4.
Zeitlicher Ablauf beim Aufbau dieser Führungsstruktur
In den bisherigen Ausführungen wurde mehrfach festgestellt, dass die Zeitspanne bis zur
Betriebsbereitschaft der (externen) Behandlungsplätze im Vergleich zu anderen Einsätzen extrem lang sein dürfte. Durch die Alarmierung dienstfreier Kräfte, das Sammeln sowie die u.U. lange Anfahrt ist mit einem Vorlauf von mindestens 90 min, ggf. bis zu 150
min oder sogar darüber hinaus zu rechnen. Die o.g. anzustrebende Führungsstruktur
kann sich daher nur im Laufe dieser Zeit etablieren. Trotzdem ist auch bis dahin im Einsatzabschnitt Rettungsdienst Führungsarbeit zu leisten. Vor allem zu Beginn des Einsatzes sind Maßnahmen zur Koordination der Arbeiten in den Patientenablagen zu leisten,
die von Führungskräften der PA durchzuführen sind.
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Die beschriebenen Führungsstrukturen lassen sich erst dann vollständig einrichten, wenn die Behandlungsplätze von extern eingetroffen sind und die jeweiligen
OrgL die Leitung der entsprechenden Untereinsatzabschnitte übernommen haben.
Deshalb ist bezüglich der Führungsstruktur an den betrachteten Einsatzstellen folgender
zeitlicher Ablauf anzustreben:
• Es wurde bereits festgestellt, dass sich Patientenablagen in einer sehr frühen Phase
des Einsatzes unorganisiert bilden werden, ggf. schon vor Eintreffen der ersten Kräfte.
• Diese Phase ist wegen des anfänglichen Ressourcenmangels kaum organisierbar.
Dennoch sind an den Patientenablagen so früh wie möglich nicht nur rettungsdienstliche Aufgaben (Sichtung, Sofortmaßnahmen), sondern auch organisatorische Maßnahmen zu treffen. Deshalb ist jede Patientenablage so früh wie möglich mit einer
Führungskraft auszustatten, die genau diese Funktion übernimmt und damit das Rettungsdienstpersonal soweit entlastet, dass es ausschließlich seine originären Aufgaben übernehmen kann. Diese vorläufigen „Leiter Patientenablage“ sind der Einsatzabschnittsleitung RD unterstellt und führen die Patientenablagen als Untereinsatzabschnitte in diesem Abschnitt. Sie nehmen damit die Funktion einer Vorstufe des OrgL
wahr. In diesem Zusammenhang sei auf die Notwendigkeit hingewiesen, Führungskräfte rettungsdienstlich zu schulen und Rettungsdienstpersonal über Führungsstrukturen und organisatorische Anforderungen bei rettungsdienstlichen Großschadenslagen zu schulen bzw. zumindest zu informieren, Nur so steht hinreichend Personal für
solche wie die o.g. Aufgaben zur Verfügung, das wenigstens eine Mindestqualifikation
für die Übernahme derartiger Aufgaben mit sich bringt.
• Durch die zeitliche Verzögerung der Betriebsbereitschaft der von Extern eintreffenden
Behandlungsplätze ist zu erwarten, dass die meisten der Patientenablagen zu provisorischen Behandlungsplätzen anwachsen. Auch aus diesem Grund ist der Untereinsatzabschnittsleiter der Patientenablagen als Vorstufe zum OrgL unabdingbar.
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Abbildung: Führungsstruktur Phase 1
•
•
Bildung einer Einsatzleitung sowie von Einsatzabschnitten „Schaden“ und „Rettungsdienst“, denen die jeweiligen Bereitstellungsräume unterstehen
In den Einsatzabschnitten werden die ersten Untereinsatzabschnitte gebildet: im
Schadensgebiet nach Lage, im Einsatzabschnitt Rettungsdienst sind zu diesem Zeitpunkt die Patientenablagen sowie wenige Rettungsmittelhalteplätze zu führen. Sie
werden zunächst an die Einsatzabschnittsleitung Rettungsdienst (TEL) angebunden.
Führungsstrukturen bei MANV mit mehreren BHP (Phase 1 – Einsatzbeginn)
EL gesamt
Sammelplatz
EAL
Schaden
EAL RD
(TEL)
BSR
BS / TH
BSR RD
UEA 1
PA 1
RMHP 1
UEA 2
PA 2
RMHP 2
PA 3
RMHP 3
PA 4
PA 5
PA 6
PA 7
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PLANUNG UND KONZEPT
• Mit Eintreffen eines Behandlungsplatzes und Zuweisung zu einer (oder mehreren) Patientenablage(n) übernimmt der Verbandsführer (= Führer Vorkommando) zusammen
mit dem OrgL und dem medizinischen Leiter Behandlungsplatz („LNA“) die Leitung
des Untereinsatzabschnitts und führt in seinem Bereich die ihm zugewiesenen Patientenablagen, seinen Behandlungsplatz und den ihm zugewiesenen Rettungsmittelhalteplatz. Erst zu diesem Zeitpunkt ist in diesem Untereinsatzabschnitt die vorgesehene (gängige) Führungsstruktur erreicht.
Abbildung: Führungsstruktur Phase 2
•
Eintreffen und Betriebsbereitschaft von zwei Behandlungsplätzen; die jeweiligen
OrgL übernehmen die Führung über ihren eigenen Behandlungsplatz, eine oder
mehrere Patientenablagen sowie einen zugewiesenen Rettungsmittelhalteplatz.
Weitere Patientenablagen und Rettungsmittelhalteplätze.
•
Führungsstrukturen bei MANV mit mehreren BHP (Phase 2 – einige BHP eingetroffen)
EL gesamt
Sammelplatz
EAL
Schaden
EAL RD
(TEL)
BSR
BS / TH
BSR RD
PA 5
UEA 1
PA 6
UEA 2
UEAL 1
PA 1
PA 2
RMHP 3
RMHP 4
PA 7
BHP 1
usw.
PA 8
RMHP 1
PA 9
UEAL 2
PA 3
PA 4
BHP 2
RMHP 2
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• Mit Eintreffen weiterer Behandlungsplätze wird mit den übrigen Untereinsatzabschnitten genauso verfahren, um letztlich die angestrebte Gesamtstruktur zu erreichen.
Abbildung: Führungsstruktur Phase 3
•
Endgültige, anzustrebende Führungsstruktur
Führungsstrukturen bei MANV mit mehreren BHP (Phase 3)
EL gesamt
Sammelplatz
EAL
Schaden
Ggf. 2. EA
RD, wenn
erforderlich
EAL RD
(TEL)
BSR
BS / TH
BSR RD
UEAL 1
UEA 1
UEA 2
usw.
Einsatzmittel
und UEA nach
Bedarf
6.
KOMMUNIKATION
6.1.
Probleme
UEAL 2
PA 1
PA 3
PA 2
PA 4
BHP 1
BHP 2
RMHP 1
RMHP 2
UEAL 3
PA 5
BHP 3
RMHP 3
usw.
bis max. 5 BHP
pro EA
Probleme mit der Kommunikation sind bei Großschadenlagen sind, ob rettungsdienstlich
oder feuerwehrtechnisch, im Wesentlichen immer gleich und daher bekannt. Die notwendige Kommunikation von Einsatzkräften untereinander wird in der Regel dadurch behindert oder sogar verhindert, dass zu viele Teilnehmer einen Funkverkehrskreis benutzen.
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Dies und ggf. noch hinzukommende mangelnde Disziplin der Teilnehmer hat eine völlige
Überlastung der jeweiligen Funkkanäle zur Folge, was die Übermittlung von Informationen zu einem reinen Glücksspiel degradiert. Dies gilt insbesondere für den 2mEinsatzstellenfunk, aber zu Spitzenzeiten auch für den 4m-Bereich. Auch die Erreichbarkeit über Mobiltelefon dürfte bei solchen Lagen eingeschränkt sein, weil erfahrungsgemäß viele am Einsatz Beteiligte und noch mehr am Einsatz unbeteiligte Dritte die Kanäle
belegen und in der Summe das Netz überlasten.
Die Zahl der verfügbaren Funkkanäle ist begrenzt. Die an der AG beteiligten Kreise und
kreisfreien Städte verfügen in der Regel über rund 10-15 explizit zugewiesene Kanäle im
2m-Band und zwei bis drei im 4m-Band. Gerade im 2m-Bereich setzen sich die zugewiesenen 10-15 Kanäle aus einer Auswahl aus insgesamt rund 30 Kanälen zusammen. Diese zur Verfügung stehende Auswahl ist jedoch naturgemäß von Bereich zu Bereich verschieden. Da mehrheitlich von den Einsatzkräften nur FuG 10 oder mit zehn fest vorgegebenen Kanälen mitgeführt werden und entsprechend benutzt werden können, beschränkt sich die Zahl der gemeinsam nutzbaren Kanäle auf drei bis vier Kanäle im 50er
Bereich und prinzipiell den Kanal 31, der wegen „Platzmangel“ aber schon gar nicht mehr
in allen Bereichen auf allen FuG programmiert ist.
6.2.
Ziele
Oberstes Ziel bei der Festlegung einer Kommunikationsstruktur muss die einwandfreie
Kommunikation zwischen solchen Kräften, Einheiten oder Einrichtungen sein, die zum
Zwecke des reibungslosen Einsatzablaufs miteinander reden müssen. Hinzu kommt aber
ein weiterer Aspekt: wenn die Kommunikationsstruktur so ausgelegt ist, dass sie die angestrebte Führungsstruktur nachbildet, können Einsatzkräfte oder Einheiten, die in der
Hierarchie nicht direkt miteinander verknüpft sind, auch nicht miteinander in Kontakt treten. Dadurch wird (sinnvollerweise) erzwungen, dass die hierarchisch aufgebauten Befehls- und Meldewege weitestgehend eingehalten werden.
Aufgrund der technischen Beschränkungen im analogen Funksystem ist weiteres erklärtes Ziel dieser Einsatzplanung, auch organisatorische Maßnahmen vorzugeben, um die
notwendige Kommunikation zu minimieren, d.h. die Zahl der notwendigen Telefonate und
Funkdurchsagen auf das unbedingt Notwendige zu reduzieren.
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6.3.
Lösungen
6.3.1.
Leitstellen
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Die Kommunikation zwischen den betroffenen Leitstellen findet in der Regel telefonisch
über Festnetz statt, manchmal sogar über Standleitungen. Daran ist prinzipiell nichts zu
ändern. Es sollte allerdings bedacht werden, dass nicht nur kurze Durchsagen über Funk,
sondern auch Telefonate im besonderen Stress einer solchen Lage untergehen können.
Der sicherste Weg der Kommunikation ist daher das Fax, das allerdings die (zeitaufwändigere) schriftliche Niederlegung der Mitteilung voraussetzt.
An einigen Stellen dieses Einsatzkonzepts wird die Übermittlung von Informationen per
Fax dringend empfohlen, beispielsweise bei der Mitteilung, welche Kräfte eine Leitstelle
aufgrund der Anforderung nach ÜMANV-T entsendet hat. (s. Kap. 2.3.1.).
Des weiteren steht den Leitstellen für die Kommunikation untereinander der 4m-Kanal
352 G/U zur Verfügung.
6.3.2.
4m-Band
Im 4m-Band gibt es nur wenig Ausweichmöglichkeiten auf andere als die üblichen Kanäle. Eine Anfrage bei der ZPD nach weiteren Kanälen wird in der Regel zwar sehr schnell
beantwortet, bei „richtigen“ Großschadenslagen werden allerdings auch die übrigen BOS
einen erheblichen Mehrbedarf anmelden. Der Ausgang der Anfrage ist daher sehr ungewiss.
Deshalb ist im 4m-Bereich im Wesentlichen auf organisatorische Maßnahmen zurückzugreifen. Hier sind zwei Maßnahmen vor elementarer Wichtigkeit:
• Trennung von Kanälen und Nutzung von Reservekanälen
Die Trennung des normalen Tagesgeschäfts von der besonderen Einsatzstelle reduziert die Teilnehmer im Funkverkehrskreis und damit die Zahl der Durchsagen.
Gleichzeitig vereinfacht diese Trennung der Funkverkehrskreise auch die organisatorische Trennung von unterschiedlichen Vorgängen in der Leitstelle, insbesondere die
Trennung von Disponenten nur für das Tagesgeschäft und Disponenten nur für die
besondere Lage.
• Reduzierung von Kommunikationsbedarf
Kommunikationsbedarf kann bereits in der Planungsphase organisatorisch reduziert
werden. Das vorliegende Einsatzkonzept enthält mehrere Hinweise und Vorgaben
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EINSATZKONZEPT ÜMANV
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dafür. Beispielhaft sei an dieser Stelle nur die Planung der Anfahrt für externe Einheiten genannt, die den sonst für die Einweisung erheblichen und für die Leitstelle oftmals tödlichen Funkaufwand der eintreffenden Kräfte fast auf Null reduziert.
6.3.3.
2m-Band
Im 2m-Band ist die Nutzung von möglichst vielen Kanälen anzustreben. Dies reduziert
nicht nur die Anzahl der Teilnehmer im Funkverkehrskreis, sondern ermöglicht überhaupt
erst die Nachbildung der komplexen Führungsstruktur. Um aber die o.g. 10-15 zugewiesenen Kanäle (und ggf. darüber hinaus) nutzen zu können, müssen von allen externen
Einheiten Multikanalgeräte Typ FuG 11b verwendet werden. Diese müssen mitgebracht
werden. Aus Sicht der Arbeitsgruppe liegt das Minimum, das zur Verfügung stehen muss,
bei sechs, besser acht Geräten pro eintreffendem Behandlungsplatz. Sie sind wie folgt zu
verteilen:
1. Leiter Vorkommando (= Verbandsführer) für die Kommunikation mit den
eigenen Kräften
2. ebenfalls Verbandsführer als zweites FuG für die Kommunikation mit der
Einsatzabschnittsleitung (TEL RD)
3. Organisatorischer Leiter
4. Ausgang Behandlungsplatz
5. Führer Patientenablage(n)
6. Führer Rettungsmittelhalteplatz
Optional:
7. Führer einer zweiten Patientenablage
8. Medizinischer Leiter Behandlungsplatz („LNA“)
Mit dieser Ausstattung ist ein Minimum an Kommunikation innerhalb des jeweiligen Untereinsatzabschnitts (bestehend aus Patientenablagen, Behandlungsplatz, Rettungsmittelhalteplatz) möglich. Besser ist eine weitergehende Ausstattung mit Vielkanalgeräten
vom Typ FuG 11b, um auch weiteren Teilnehmern die Kommunikation oder zumindest
denen das Mithören des Funkverkehrs zu ermöglichen, die auf Informationen über den
Verlauf des Einsatzes innerhalb des Untereinsatzabschnitts angewiesen sind, was interne Absprachen vereinfachen könnte.
6.3.4.
Funkdisziplin
Die bereits oben erwähnte mangelnde Funkdisziplin ist ein nicht zu unterschätzender
Aspekt bei der Überlastung von Funkverkehrskreisen. Alle teilnehmenden Einsatzkräfte
sind deshalb durch vorausgehende Schulungen, aber ggf. auch an der Einsatzstelle immer wieder auf die Einhaltung der Funkdisziplin hinzuweisen.
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EINSATZKONZEPT ÜMANV
7.
ZUWEISUNG VON PATIENTEN IN DIE KRANKENHÄUSER
7.1.
Probleme
PLANUNG UND KONZEPT
Bereits bei der Vorplanung von „normalen“ Einsätzen mit Massenanfall von Verletzten im
Rahmen der Möglichkeiten eines einzelnen Rettungsdienstträgers sind die Versorgungskapazitäten in den Krankenhäusern einer der unsichersten Faktoren. Hier ist deshalb besonderes Augenmerk auf die Einsatzplanung zu legen. In jedem Fall liegen in der Leitstelle und an der Einsatzstelle grundsätzliche Planungen vor, wie bei MANV mit den Zuweisungen zu verfahren ist. Diese Planungen beinhalten in der Regel die Alarmierung der
Krankenhäuser über MANV, die Abfrage der Versorgungskapazität unter diesen Bedingungen - meistens auch sehr detailliert - sowie die Informationswege, um diese Nachweise an die Einsatzstelle zu bekommen (zuständig: Ausgang Behandlungsplatz). In einigen
Rettungsdienstbereichen liegen auch bereits vorgefertigte Listen über Versorgungskapazitäten in den Krankenhäusern vor, die im Vorfeld abgesprochen wurden und als gesichert zugesagt wurden, u.U. gestuft nach unterschiedlichen Alarmierungsschwellen.
Handelt es sich jedoch um ein Schadensereignis, bei dem mehrere Behandlungsplätze
parallel arbeiten, so wird das Problem ungleich vielschichtiger, weil dadurch auch mehrere Stellen im Einsatzgeschehen für die Patientenverteilung zuständig wären, nämlich jeweils die Ausgänge der Behandlungsplätze. Diese haben detaillierte Informationen jedoch nur aus ihrem eigenen Bereich und könnten dorthin zuweisen, ggf. mit Unterstützung der eigenen Leitstelle. Patienten der Kategorie I sollten aber in der Regel auch nur
kurze Transportwege zugemutet werden, was den Transport in nahe gelegene Krankenhäuser erfordert. Hier tritt jeder Behandlungsplatz in Konkurrenz zu anderen Behandlungsplätzen, was eine Abstimmung - und damit auch eine koordinierende Stelle (Führung) und Kommunikation - erforderlich macht. Dieser Aufwand ist bei dem betrachteten
Aufkommen von 500 Betroffenen und daraus resultierend bei 150-200 Patienten der Kategorie I sowohl hinsichtlich der Koordination als auch der Informationsweitergabe beträchtlich und dürfte nicht nur eine deutliche Engstelle darstellen, sondern vermutlich
überhaupt nicht leistbar sein.
Naheliegend scheint zu sein, die Kategorie-I-Patienten zentral den Krankenhäusern zuzuweisen, die übrigen Patienten (Kategorien II und III) dezentral von den Behandlungsplätzen aus in extern liegende KH zuzuweisen und zu transportieren, weil diesen Patienten ein längerer Transport zuzumuten ist. Dann stellt sich aber hier die Frage, nach welchen Sammelkriterien die Patientenverteilung II und III zu erfolgen hat, also beispielsweise nach Herkunft des Behandlungsplatzes oder nach Kennzeichen der transportierenden
RTW. Hier sind im folgenden Vor- und Nachteile zu erwägen.
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EINSATZKONZEPT ÜMANV
7.2.
PLANUNG UND KONZEPT
Ziele
Die grundsätzlichen Anforderungen an eine Planung der Zuweisung von Patienten liegen
auf der Hand. Ziel ist der möglichst schnelle und zielgerichtete Transport der Patienten
von der Einsatzstelle in geeignete Krankenhäuser. Darunter sind mehrere Forderungen
zu subsummieren:
• Möglichst kurze, zumutbare Transportwege, differenziert nach Transport- und Behandlungsprioritäten – je kritischer der Zustand des Patienten, desto früher der Transportzeitpunkt und desto kürzer der Transportweg.
• Vermeidung von Konkurrenzsituationen sowohl bei der Anforderung der Transportmittel als auch bei der Anfahrt der Krankenhäuser.
• Möglichst ökonomischer Einsatz der Transportmittel.
• Umschichtung der Leitstellenbelastung durch Patientenanmeldungen weg von der
Leitstelle im Schadensgebiet und hin zu anderen Leitstellen.
7.3.
Lösungen
7.3.1.
Unterbringung von Patienten der Kategorie I
Die Einstufung von Patienten in die Sichtungskategorie I (Rot) erfolgt im Wesentlichen
aus dem Grund der akuten vitalen Bedrohung oder der zu erwartenden vitalen Bedrohung, wenn eine rettungsdienstliche oder medizinische Behandlung nicht zügig erfolgt.
Für die Verteilung dieser Patienten auf die Krankenhäuser kommt aber ein weiterer wichtiger Aspekt hinzu, nämlich die Notwendigkeit der Behandlung in einer Klinik der Maximalversorgung oder einer Spezialklinik. Diese Kapazitäten sind jedoch am eingeschränktesten verfügbar. Sie liegen zwangsläufig innerhalb eines begrenzten Radius um
die Einsatzstelle herum (Eilbedürftigkeit = kurze Transportwege) oder sind nur selten vorhanden (Spezialkliniken). Besonders problematisch wird es, wenn beides zusammenkommt. Es wäre daher für eine Vielzahl von Patienten fatal, wenn die einzelnen Behandlungsplätze bei der Unterbringung der Kategorie-I-Patienten in Konkurrenz zueinander
treten würden. Dies könnte vor allem dann ein Problem werden, wenn die Verteilung der
Kategorie-I-Patienten zwischen den einzelnen Behandlungsplätzen unterschiedlich ist,
was an der Einsatzstelle u.U. nicht gesteuert werden kann und daher in die Betrachtung
mit einbezogen werden muss.
Aus den genannten Gründen ist es notwendig, dass die Verteilung von Kategorie-IPatienten zentral erfolgen muss. „Zentral“ bedeutet in diesem Fall: durch die Einsatzab-
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EINSATZKONZEPT ÜMANV
PLANUNG UND KONZEPT
schnittsleitung Rettungsdienst. Eine Aufgabe dieser Größenordnung kann nur eine TEL
adäquat bewältigen, also muss auch aus diesem Blickwinkel die Einsatzabschnittsleitung
RD die Dimension einer stabsmäßig organisierten Technischen Einsatzleitung haben.
Dieser Lösungsweg hat den Vorteil, dass für die Transportreihenfolge dieser Patienten
erneut eine Bewertung stattfindet, in die alle Patienten gleichwertig mit einbezogen werden. So entsteht zunächst keine zufällige Bevor- oder Benachteiligung für einzelne Patienten; wichtiger ist jedoch die Tatsache, dass auf diese Weise die (meistens raren) Versorgungskapazitäten für die Kategorie-I-Patienten sinnvoll und bedarfsgerecht genutzt
werden.
Ein bedeutsamer Nachteil, der durch dieses Verfahren zwangsläufig entsteht, ist der
Kommunikations- und Koordinationsaufwand, der für die Einsatzabschnittsleitung RD
entsteht. (Es ist bei der betrachteten Größenordnung des Ereignisses mit rund 200 Patienten der Sichtungskategorie I zu rechnen!). Gleichzeitig werden den Behandlungsplätzen möglicherweise einzelne Intensiv-Versorgungskapazitäten entzogen, ohne dass sie
davon Kenntnis erhalten. Diese Nachteile müssen jedoch nach dem Verständnis der Arbeitsgruppe in Kauf genommen werden, um eine zentrale Organisation und Verteilung
der Kategorie-I-Patienten an der Einsatzstelle vornehmen zu können.
7.3.2.
Verteilung von Patienten der Kategorien II und III
Die Verteilung von Patienten der Sichtungskategorien II und III (Gelb und Grün) kann
direkt durch die einzelnen Behandlungsplätze erfolgen. Dabei stehen grundsätzlich zwei
einfache und pragmatische Verfahrensweisen zur Auswahl (s.u.). Beide Verfahren haben
Vor- und Nachteile, die aus Gründen der Verständlichkeit hier explizit aufgeführt werden.
Variante A
Verteilung der Patienten nach Herkunft der Transportmittel
Eine Möglichkeit, Patienten der Sichtungskategorien II und III auf Krankenhäuser zu verteilen, bedient sich der Herkunft der jeweils eingesetzten Transportmittel (KfzKennzeichen). Dabei werden die Fahrzeuge ausschließlich nach Bedarf von den jeweiligen Bereitstellungsräumen zu den Rettungsmittelhalteplätzen überführt und von dort aus
der Reihe nach zu den Ausgängen der Behandlungsplätze abgerufen.
Vorteile
•
Einfache Handhabung an der Einsatzstelle bzw. am Ausgang der Behandlungsplätze
•
Die Besatzungen der Rettungsmittel kennen sich am Zielort bestens aus, da
es ihr eigener Rettungsdienstbereich ist, Einweisungen sind nicht erforderlich. Die Zuweisung zu den Krankenhäusern über die eigene Leitstelle ist
läuft wie aus dem Regelrettungsdienst gewohnt ab.
Es ist keine Koordination durch die Leitstelle des Schadengebiets erforderlich.
•
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EINSATZKONZEPT ÜMANV
Nachteile
PLANUNG UND KONZEPT
•
Werden an der Einsatzstelle keine weiteren Transportmittel mehr benötigt,
d.h. ist eine Rückfahrt zur Einsatzstelle nicht mehr erforderlich, so sind die
dann frei gewordenen Einsatzmittel bereits „zu Hause“.
•
Die konkrete Ort der Unterbringung des jeweiligen Patienten kann erst durch
die „aufnehmende“ Leitstelle nach Anmeldung durch die Besatzung des
Rettungsmittels festgelegt werden. Dadurch kann es im Einzelfall zu Wartezeiten kommen.
Der Überblick über verbleibende Krankenhauskapazitäten ist für die Kräfte
an der Einsatzstelle sehr aufwändig und mit Kommunikation über die Einsatzabschnittsleitung RD, die Einsatzleitung und die Leitstelle des Schadengebiets verbunden. Die OrgL der Behandlungsplätze bzw. die am Behandlungsplatzausgang tätigen Notärzte, die für die Zuweisung der Patienten verantwortlich sind, kennen die Zielbereiche nicht gut genug, um die dortige Situation beurteilen zu können.
Eine gleichmäßige Verteilung von Patienten (wenn gewünscht) ist schwieriger durchführbar, weil die Anzahl der entsendeten Rettungsmittel aus einem
Rettungsdienstbereich nicht proportional der dort zur Verfügung stehenden
Bettenkapazität ist.
•
•
Variante B
Verteilung der Patienten nach Herkunft der BHP
Bei dieser Methode werden alle Patienten der Sichtungskategorien II und III in entsprechend festgelegter Reihenfolge in Krankenhäuser desjenigen Rettungsdienstbereichs
transportiert, aus dem der betreffende BHP kommt.
Vorteile
•
•
•
Nachteile
•
Es ist keine Koordination durch die Leitstelle des Schadengebiets erforderlich.
•
Der Koordinations- und damit auch Kommunikationsaufwand für die jeweiligen OrgL ist relativ hoch. Er übersteigt aber vermutlich nicht das Maß desjenigen Aufwands, der bei „normalen“ MANV-Lagen mit 50 Patienten zu leisten
ist.
Die Fahrzeugbesatzungen der eingesetzten Transportmittel kennen sich in
der Mehrzahl nicht im angefahrenen Rettungsdienstbereich aus. Für die
„aufnehmende“ Leitstelle entsteht dadurch neben der Anmeldung in den
Krankenhäusern ein u.U. erheblicher Kommunikationsaufwand zur Führung
der einzelnen Fahrzeuge.
•
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Die Informationen über alle für sie verfügbaren Versorgungskapazitäten
liegen bei den OrgL der Behandlungsplätze, weil mit diesem Verfahren genau der eigene Bereich angefahren wird.
Die Leitstelle des Bereichs, der vom Behandlungsplatz aus angefahren wird,
erhält verwertbare Informationen direkt vom OrgL und kann bei Problemen
direkt mit diesem Rücksprache halten (z.B. bei Einschränkung oder Erweiterung der planmäßig vereinbarten Kapazitäten, Besonderheiten bei Patientenunterbringungen usw.
Die Transportmittel verlassen die Einsatzstelle und den Bereich des Schadensgebiets und melden sich eigenständig bei der aufnehmenden Leitstelle
an.
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EINSATZKONZEPT ÜMANV
PLANUNG UND KONZEPT
Hinweis: In vielen Rettungsdienstbereichen ist schon bei der Einsatzplanung für den
„normalen“ MANV mit 50 Betroffenen Personen regelmäßig vorgesehen, Krankenhäuser
in anderen Rettungsdienstbereichen anzufahren. Dies muß bei der Planung für den
ÜMANV berücksichtigt werden (s.u.), um Überschneidungen zu vermeiden, die durch die
Besonderheit der vielen Kategorie-I-Patienten auftreten würden.
7.3.3.
Auswahl eines Verfahrens, Patientenatlas
Die Diskussion innerhalb der Arbeitsgruppe hat gezeigt, dass beide Verfahren für die
Unterbringung von Patienten der Sichtungskategorien II und III in Krankenhäusern geeignet sind. Je nach Rahmenbedingungen bezüglich der Anzahl, Standorte und Leistungsfähigkeit der KH in den von der Einsatzstelle gut erreichbaren Rettungsdienstbereichen
erscheint die eine oder die andere Variante sinnvoller. Daher wird im Rahmen dieses
Konzepts keine Empfehlung für die eine oder andere Methode ausgesprochen. Vielmehr
sind die einzelnen Rettungsdienstträger gefordert, eigenständig die Methode der Wahl
festzulegen, wenn in ihrem Bereich ein entsprechendes Ereignis stattfindet. Dazu ist es
erforderlich, im Rahmen der Einsatzplanung einen Patientenatlas aufzustellen, der die
Betten- bzw. Versorgungskapazitäten der Krankenhäuser im eigenen Bereich, aber auch
in den angrenzenden Bereichen enthält (inklusive aller Spezialitäten). Wenn jeder Rettungsdienstträger für sich die entsprechende Vorplanung für seinen Bereich durchführt
und für den (noch zu erstellenden) Einsatzplan ÜMANV zur Verfügung stellt, sollte es
möglich sein, die Bettenkapazität für ganz NRW abzuschätzen (mit allen darin enthaltenen Unwägbarkeiten). Mit diesen Informationen kann jeder Rettungsdienstträger einen
für ein Ereignis in seinem Bereich geltenden Patientenatlas erstellen, der Informationen
über die Aufnahmekapazitäten in Abhängigkeit von Radien oder Isochronen enthält und
anhand dessen er sich Im Vorfeld für eine der beiden o.g. Varianten der Patientenunterbringung entscheiden kann.
Diese Entscheidung muss im Rahmen der Einsatzplanung getroffen werden, also
vor Eintritt des Schadenereignisses. Die jeweiligen Behandlungsplätze müssen
diese Informationen an der Einsatzstelle bei der Erteilung des Einsatzauftrags explizit erhalten!
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EINSATZKONZEPT ÜMANV
8.
PLANUNG UND KONZEPT
EINSATZABLAUF
Zum Verständnis der bisher beschriebenen einzelnen Verfahrensweisen bei der Zusammenarbeit mehrerer Gebietskörperschaften bei einem rettungsdienstlichen Großschadensereignis wird im Folgenden der Ablauf der einzelnen notwendigen Maßnahmen im
Zusammenhang beschrieben. Dies geschieht sowohl für die anfordernde Stelle als auch
für entsendende Stellen (3 Einsatzstichworte). Im letzten Teil des Kapitels werden die
möglichen Maßnahmen anhand eines Einsatzbeispiels in eine Chronologie gebracht, um
sie in einen Gesamtzusammenhang zu stellen.
8.1.
Anfordernde Stelle – Einsatzleitung Schadensort und Leitstelle
Für die anfordernde Stelle entfallen durch die Einführung von Automatismen bei der
Alarmierung externer Einheiten eine Vielzahl von bisher notwendigen Tätigkeiten. Nach
der Entscheidung der Einsatzleitung, überörtliche Kräfte anzufordern, muss folgendes
Schema ablaufen:
• Die Leitstelle Schadensgebiet erhält von der Einsatzstelle die Anforderungen für einen Behandlungsplatz und für Transportkapazitäten als überörtliche Unterstützung.
Diese Anforderungen werden per festgelegten Einsatzstichworten an die Nachbarleitstellen weitergegeben. Die Zusammenstellung der Kräfte sollte nicht von der Einsatzstelle kommen, sondern den jeweiligen angefragten Leitstellen überlassen bleiben.
• Die Leitstelle Schadensort erhält von den angesprochenen Nachbarleitstellen eine
Bestätigung, ebenfalls fernmündlich oder per Fax.
• Wurden Kräfte nach ÜMANV-T angefordert, so erhält die Leitstelle Schadensort von
der entsendenden Stelle ein Fax mit der entsendeten Einsatzmittelkette. Auf diese
Weise kann sie disponieren, ob weitere Transportkapazitäten angefordert werden
müssen oder ob diese ausreichen.
• Die Anfahrt der externen Kräfte ist mit dem vorliegenden Einsatzplan so weit geregelt, dass weitere Maßnahmen der anfordernden Leitstelle nicht erforderlich sind.
• Die Organisation der Maßnahmen, mit denen die überörtlichen Einheiten von den
Sammelplätzen zur Einsatzstelle gelangen (Pläne, Lotsen, Beschreibungen), ist bereits im Rahmen der Einsatzplanung stadt- oder kreisintern festzulegen. Bei dieser
Planung muss die Leitstelle selbstverständlich eingebunden sein.
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EINSATZKONZEPT ÜMANV
8.2.
PLANUNG UND KONZEPT
Entsendung von Kräften nach Stufe 1 – ÜMANV-Sofort
Die Alarmierung, Entsendung und der Einsatz von Kräften nach Einsatzstichwort
ÜMANV-S läuft wie folgt ab:
1.
Anforderung von Kräften nach Einsatzstichwort ÜMANV-S von der Einsatzleitung
aus dem Schadensgebiet an die eigene Leitstelle.
2.
Leitstelle Schadensort fordert gemäß Einsatzstichwort ÜMANV-S Kräfte (3 RTW, 1
NEF) von anderen Leitstellen aus dem laufenden Tagesgeschäft an.
3.
Die angeforderten Einsatzkräfte sammeln sich in ihren Gebietskörperschaften nach
Vorgaben ihrer Leitstelle und rücken geschlossen unter Führung des NEF zum
Sammelplatz im betroffenen Bereich ab.
4.
Kommunikation während der Fahrt erfolgt über den eigenen 4m-Kanal als WO geschaltet. Keine Kommunikation mit Leitstelle Schadensort.
5.
Eintreffen am Sammelplatz, dort erhalten die Kräfte Informationen über Bereitstellungsräume RD (Lotsen, Pläne usw.).
6.
Fahrt zum Bereitstellungsraum RD, auch dabei keine Kommunikation mit Leitstelle
Schadensort.
7.
Abruf der externen Einsatzkräfte vom Bereitstellungsraum in den Einsatzabschnitt
nach Bedarf durch die Einsatzabschnittsleitung, Abruf und die Einweisung in den
Einsatzabschnitt erfolgt über den Leiter des Bereitstellungsraumes RD, keine Kommunikation vom Einsatzabschnitt zu den Fahrzeugbesatzungen.
Abbildung: Schematischer Ablauf zur Anforderung und beim Anrücken der Kräfte:
Anforderung durch Leitstelle im betroffenen Bereich an:
Leitstelle A
entsendet
1 NEF, 3 RTW
Leitstelle B
entsendet
1 NEF, 3 RTW
Leitstelle C
entsendet
1 NEF, 3 RTW
Leitstelle XY
entsendet
1 NEF, 3 RTW
treffen sich am
Sammelplatz in A
treffen sich am
Sammelplatz in B
treffen sich am
Sammelplatz in C
treffen sich am
Sammelplatz in XY
fahren geschlossen
fahren geschlossen
fahren geschlossen
fahren geschlossen
zu den Sammelplätzen im betroffenen Gebiet
anschließend zum Bereitstellungsraum RD
Kräfte sind der Einsatzabschnittsleitung unterstellt und werden von ihr abgerufen
Einsatzoptionen für diese Einsatzmittel sind:
• Einsatz an den Patientenablagen
• Einsatz zum Aufbau eines (ggf. provisorischen) Behandlungsplatzes
• Einsatz zum Abtransport von Patienten in die Krankenhäuser
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EINSATZKONZEPT ÜMANV
8.3.
PLANUNG UND KONZEPT
Entsendung von Kräften nach Stufe 2 – ÜMANV-Transport
Für die Anforderung von Kräften nach Einsatzstichwort ÜMANV-T bestehen grundsätzlich
zwei Möglichkeiten:
• Möglichkeit 1: Anforderung von Kräften nach ÜMANV-S wie unter 8.2. geschildert und
anschließend Nachforderung gemäß ÜMANV-T
• Möglichkeit 2: Anforderung von Kräften nach ÜMANV-T ohne vorherigen ÜMANV-S
Die Alarmierung, Entsendung und der Einsatz von Kräften nach ÜMANV-T laufen in beiden Fällen wie folgt ab:
1.
Die Leitstelle des betroffenen Gebietes fordert bei den Nachbarleitstellen Einsatzkräfte nach ÜMANV-T an
2.
Diese Nachbarleitstellen alarmieren gemäß Einsatzstichwort ÜMANV-T Kräfte nach
der momentanen Verfügbarkeit. Entscheidungskriterien sind vor allem die Verfügbarkeit von Rettungsmitteln des Grund- und Spitzenbedarfs aufgrund des laufenden
Tagesgeschäfts sowie die Verfügbarkeit von Einheiten aus dem Sonderbedarf. Die
Einsatzmittelkette einer dieser Leitstellen könnte beispielsweise lauten:
6 RTW, 4 KTW, 3 NEF, 1 G-KTW, 2 KTW-4, 1 ELW 1 (mit gD-Beamter /
OrgL als Verbandsführer)
Für diese Einsatzmittelkette müssen unter Umständen auch dienstfreie und/oder ehrenamtliche Kräfte (SEG) alarmiert werden.
3.
Die angefragte Leitstelle stellt diese Einsatzmittelkette zusammen und informiert die
anfordernde Leitstelle so schnell wie möglich, damit diese in Kenntnis der konkret zu
erwartenden Einsatzmittel weiter disponieren kann.
4.
Die alarmierten Kräfte melden sich bei der eigenen Leitstelle und werden von ihr
über den Sammelpunkt innerhalb des eigenen Kreis-/Stadtgebiets informiert.
5.
Sammeln der Einsatzkräfte an diesem Punkt, der Verbandsführer informiert die eigenen Kräfte über den Sammelpunkt in der betroffenen Gebietskörperschaft.
6.
Abrücken der Kräfte. Kommunikation während der Fahrt über den eigenen 4m-Kanal
als WO geschaltet. Keine Kommunikation mit der Leitstelle in der betroffenen Gebietskörperschaft.
7.
Eintreffen am Sammelplatz im betroffenen Gebiet, dort Informationen über Bereitstellungsraum RD (Lotsen, Pläne o.ä.).
8.
Fahrt zum Bereitstellungsraum RD, wieder keine Kommunikation mit der Leitstelle.
Leiter Bereitstellungsraum informiert seine eigene Leitstelle und die Einsatzabschnittsleitung über Eintreffen der Kräfte.
9.
Abruf der Kräfte vom Bereitstellungsraum in den Einsatzabschnitt nach Bedarf zum
Abtransport von Patienten in die Krankenhäuser (Entscheidung durch EAL RD). Der
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EINSATZKONZEPT ÜMANV
PLANUNG UND KONZEPT
Abruf der Rettungsmittel und die Einweisung erfolgt über den Leiter des Bereitstellungsraumes RD, keine Kommunikation durch die Fahrzeugbesatzungen.
Abbildung: Schematischer Ablauf zur Anforderung und beim Anrücken der Kräfte:
Anforderung durch Leitstelle im betroffenen Bereich:
Möglichkeit 1: ÜMANV-S und nachfolgend ÜMANV-T
Möglichkeit 2: ÜMANV-T sofort
Leitstelle A
stellt verfügbare Kräfte fest und alarmiert
Leitstelle B, C, . . . , XY
bestimmt den Verbandsführer
gleiche Verfahrensweisen
informiert die anfordernde Leitstelle über
Zusammensetzung und Stärke des
Verbandes
sammelt eigene Kräfte und entsendet sie
zum Sammelplatz im betroffenen Bereich
Sammeln aller Kräfte an den Sammelplätzen des betroffenen Bereichs
z.B. durch Lotsen zum Bereitstellungsraum Rettungsdienst,
Anmeldung bei Leitstelle und Einsatzabschnittsleitung
Abruf der Kräfte durch Einsatzabschnittsleitung
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EINSATZKONZEPT ÜMANV
8.4.
PLANUNG UND KONZEPT
Entsendung von Kräften nach Stufe 3 – ÜMANV-Behandlungsplatz
Die Alarmierung, Entsendung und der Einsatz von Kräften nach Einsatzstichwort
ÜMANV-B laufen wie folgt ab:
1.
Anforderung von Kräften nach ÜMANV-B an Nachbarleitstellen
2.
Alarmierung durch die Nachbarleitstellen gemäß Einsatzstichwort ÜMANV-B und jeweiliger AAO
3.
Die Einsatzmittelkette könnte beispielsweise lauten:
5 RTW, 2 KTW, 3 NEF, 1 R-Bus, 1 GW-Rett, 1 ELW 2, 2 ELW 1 (1 gDBeamter (OrgL), 1 hD-Beamter1, 1 LNA, Führungshilfspersonal)
Für diese Einsatzmittelkette müssen unter Umständen auch dienstfreie und/oder ehrenamtliche Kräfte (SEG) alarmiert werden.
4.
In der Regel müssen darüber hinaus solche Kräfte, die für diese Einsatzmittelkette
dem Grund- und Spitzenbedarf entnommen wurden, durch Nachalarmierung von
weiteren Kräften des Sonderbedarfs aufgefüllt werden.
5.
Die alarmierten Kräfte melden sich bei der eigenen Leitstelle und werden von dort
über den Sammelplatz innerhalb des eigenen Kreis- bzw. Stadtgebiets informiert.
6.
Sammeln an diesem Punkt, der Marschführer informiert die Kräfte über den Sammelplatz im betroffenen Bereich.
7.
Der Beamte hD1 (= Verbandsführer) fährt diesen eigenen Sammelpunkt nicht an,
sondern fährt im Sinne eines Vorkommandos unmittelbar die Einsatzstelle an. Er
nimmt Kontakt zur EAL RD auf und klärt alle wesentlichen Details, um die Übernahme des ihm zugewiesenen Auftrags zu beschleunigen.
8.
Abfahrt der Kräfte vom Sammelplatz im eigenen Bereich. Ein Marschführer ist zu
bestimmen (z.B. Beamter gD / OrgL). Kommunikation während der Fahrt über den
eigenen 4m-Kanal als WO geschaltet. Keine Kommunikation mit der anfordernden
Leitstelle. Eintreffen des Verbandes am Sammelplatz im betroffenen Gebiet, dort
Informationen über Bereitstellungsräume RD (Lotsen, Pläne o.ä.).
9.
Fahrt zum Bereitstellungsraum RD, wieder keine Kommunikation mit der anfordernden Leitstelle. Der Marschführer (gD / OrgL) informiert seinen Vorgesetzten (Beamter hD) über das Eintreffen des Verbandes im Bereitstellungsraum und erhält den
Einsatzauftrag.
10. Fahrt in den zugewiesenen Einsatzabschnitt, Aufbau des Behandlungsplatzes nach
Maßgabe des Einsatzabschnittsleiters und Beginn der Tätigkeiten.
11. Der Verbandführer (hier: Beamter hD), der OrgL und der LNA bilden die Untereinsatzabschnittsleitung.
1
Oder vergleichbare Einsatzleiterfunktion
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EINSATZKONZEPT ÜMANV
PLANUNG UND KONZEPT
Abbildung: Schematischer Ablauf zur Anforderung und beim Anrücken der Kräfte:
Anforderung durch Leitstelle im betroffenen Bereich:
Leitstelle A
alarmiert die Kräfte gemäß Einsatzstichwort UMANV-B
Leitstelle B, C, . . . , XY
bestimmt Verbandsführer und
Marschführer
gleiche Verfahrensweisen
sammelt eigene Kräfte und entsendet sie
zum Sammelplatz im betroffenen Bereich
Beamter hD (Verbandsführer) fährt direkt
zur EST und nimmt Kontakt auf.
Verbandsführer erhält Einsatzauftrag vor Eintreffen der eigenen Kräfte und trifft ggf.
notwendige Vorausmaßnahmen
Sammeln aller Kräfte an den Sammelplätzen des betroffenen Bereichs,
von dort z.B. durch Lotsen zum Bereitstellungsraum Rettungsdienst,
Anmeldung bei Leitstelle und Einsatzabschnittsleitung
Abruf der Kräfte durch Einsatzabschnittsleitung, Verbandsführer teilt den Einsatzauftrag mit und übernimmt zusammen mit OrgL und LNA die Untereinsatzabschnittsleitung
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EINSATZKONZEPT ÜMANV
8.5.
PLANUNG UND KONZEPT
Chronologie eines Einsatzbeispiels
Leitstelle
Schadenstelle
Extern C
Extern B
Extern A
Ereigniseintritt
Zeit
Notruf, Alarmierung der Kräfte
Erkundung,
Rückmeldung
Eingang Rückmeldung:
„externe Kräfte
anfordern“
Erste Maßnahmen BS/TH und
RD
Einsatzführungsstrukturen der
Phase 1: PA
und RMHP
direkt der EAL
RD unterstellt
Einrichten und
Betrieb eigener
BHP S, OrgL S
führt PA, BHP
und RMHP,
erster Pat.Transport von
dort aus
Anforderung an
Extern A
Anforderung an
Extern B
Anforderung an
Extern C
Anforderung
ÜMANVT an C
und Alarmierung der Kräfte
Einsatzaufträge enthalten:
Pat. der Kat. I zentral über
TEL RD, Kat. II und II
werden nach Herkunft der
BHP zugewiesen.
Anforderung
ÜMANVB an B
und Alarmierung der Kräfte
Abfahrt Kontaktgr. B sofort
Sammeln am
eigenen SP,
Abfahrt
Anforderung
ÜMANVB an A
und Alarmierung der Kräfte
Abfahrt Kontaktgr. A sofort
Sammeln am
eigenen SP,
Abfahrt
Eintreffen
Kontaktgr. A
Sammeln am
eigenen SP,
Abfahrt
Einsatzauftrag
an Kontaktgr. A
Eintreffen
Kontaktgr. B
Einsatzauftrag
an Kontaktgr. B
Kontaktrgr. A
weist BHP A
ein, Herstellen
der E-Bereitschaft, OrgL A
führt PA, BHP
und RMHP
Kontaktrgr. B
weist BHP B
ein, Herstellen
der E-Bereitschaft, OrgL B
führt PA, BHP
und RMHP
Endgültige
Führungsstruktur mit
UEA, die von
den OrgL
geführt werden.
In den UEA
gewohnte
Struktur mit PA,
BHP und
RMHP
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Eintreffen BHP
A am SP, über
BSR zur EST
Eintreffen der
Transportfz. C
am SP, über
den BSR RD zu
den RMHP, von
dort aus einzeln
Abruf zum Pat.Transport
Eintreffen BHP
B am SP, über
BSR zur EST
Patiententransport
in
geeignete KH, Kat. I im
Bereich der EST und in
Absprache mit anderen
LST im näheren Umkreis,
Kat. II und III in die KH
der externen Bereiche A
und B
Zeit
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