Langfassung der Bemerkung Nr. 29

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Langfassung der Bemerkung Nr. 29
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Bundeswehr plant Unterkünfte ohne ausreichende Bedarfsprüfung
(Kapitel 1412)
29.0
Das Bundesministerium der Verteidigung hat für die Schülerinnen und Schüler der Bundeswehrfachschule München mehr Unterkünfte als benötigt geplant. Wenn es sich bei
der Planung dieser Unterkünfte am tatsächlichen Bedarf orientiert, kann es insgesamt
rund 5,2 Mio. Euro einsparen. Dass die geplanten Überkapazitäten durch erhöhte Teilnehmerzahlen bei anderen Ausbildungsveranstaltungen ausgelastet werden, wies das
Bundesministerium der Verteidigung nicht nach.
29.1
Das Bundesministerium der Verteidigung (Bundesministerium) beabsichtigt, die Liegenschaft Fürst-Wrede-Kaserne in München sanieren zu lassen. Dort sollen u. a. Unterkünfte für die Schülerinnen und Schüler der Bundeswehrfachschule München entstehen. Das
Vorhaben ist Teil eines Kooperationsprojekts mit der Privatwirtschaft. Danach sollen Sanierung und Betrieb der Liegenschaft für 20 Jahre an einen privaten Investor vergeben
werden.
Den Unterkunftsbedarf der Bundeswehrfachschulen beziffert das Bundesministerium auf
70 % der für Schülerinnen und Schüler vorgehaltenen Plätze in den Schulen. Auf der
Grundlage der im Nutzungskonzept der Fürst-Wrede-Kaserne für die Bundeswehrfachschule München ausgewiesenen 591 Plätze ermittelte es so einen Bedarf von 414 Unterkünften.
Anhand der Unterrichtsverteilungspläne stellte der Bundesrechnungshof fest, dass die
tatsächliche Zahl der Schülerinnen und Schüler der Bundeswehrfachschule München
seit dem Jahre 2002 unter 400 Personen liegt. Diese Zahl berücksichtigt bereits, dass
das Bundesministerium in den Jahren 2001 und 2004 im süddeutschen Raum zwei Bundeswehrfachschulen geschlossen hatte und sich der Einzugsbereich der Bundeswehrfachschule München dadurch vergrößerte. Das Bundesministerium konnte nicht erklären,
warum es mit einer deutlich höheren Anzahl an Plätzen für Schülerinnen und Schüler der
Bundeswehrfachschule München kalkuliert. Ausgehend von durchschnittlich 400 Schülerinnen und Schülern ergibt die vom Bundesministerium angewandte 70-%-Rechnung für
die Bundeswehrfachschule München einen Bedarf von lediglich 280 Unterkünften.
Das Nutzungskonzept für die Fürst-Wrede-Kaserne sieht darüber hinaus gesonderte Kapazitäten für 180 Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Lehrgängen der sogenannten Zivilberuflichen Aus- und Weiterbildung vor. Diese dient der Qualifizierung von Bewerberinnen und Bewerbern für die Verwendung in der Bundeswehr. Für 70 % von ihnen sollen 126 Unterkünfte geschaffen werden.
Insgesamt ergibt sich demnach für die Fürst-Wrede-Kaserne
•
nach den Planungen des Bundesministeriums eine Gesamtzahl von 540 Unterkünften (414 Bundeswehrfachschule und 126 Zivilberufliche Aus- und Weiterbildung),
aber
•
ein tatsächlicher Bedarf von lediglich 406 Unterkünften (280 Bundeswehrfachschule
und 126 Zivilberufliche Aus- und Weiterbildung).
Bezogen auf die aus dem Kooperationsprojekt resultierende 20-jährige Nutzungszeit,
könnten mindestens 5,2 Mio. Euro eingespart werden, wenn entsprechend weniger Unterkünfte geplant und hergerichtet würden. Dieser Betrag ergibt sich aus den Angaben
des Bundesministeriums in der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung des Kooperationsprojekts.
29.2
Der Bundesrechnungshof hat darauf hingewiesen, dass die derzeitige Planung den Bedarf der Bundeswehrfachschule München an Unterkünften deutlich übersteigt. Er hat das
Bundesministerium aufgefordert, den Unterkunftsbedarf auf der Basis belastbarer Zahlen
zu ermitteln. Dazu hat er empfohlen, die tatsächliche Zahl der Schülerinnen und Schüler
aus den vergangenen Jahren und absehbare Entwicklungen im Zusammenhang mit der
Reduzierung der Bundeswehr zu berücksichtigen.
29.3
Das Bundesministerium hat den Feststellungen des Bundesrechnungshofes zur Ermittlung des Unterkunftsbedarfs für die Bundeswehrfachschule München nicht widersprochen.
Es geht nunmehr jedoch davon aus, dass neben den bereits im Nutzungskonzept vorge-
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sehenen Unterkunftsplätzen weitere Kapazitäten für Teilnehmerinnen und Teilnehmer
der Zivilberuflichen Aus- und Weiterbildung am Standort München erforderlich seien. Das
Fehlen zusätzlicher Unterkünfte sei ursächlich dafür, dass angestrebte höhere Teilnehmerzahlen noch nicht erreicht wurden. München sei als Schwerpunktstandort der Zivilberuflichen Aus- und Weiterbildung vorgesehen, wodurch die geplanten 540 Unterkunftsplätze ausgelastet würden. Um den Bedarf zu decken, seien nach Planungen, die bis ins
Jahr 2020 reichen, sogar weitere Unterkunftsplätze in der benachbarten Ernst-vonBergmann-Kaserne vorgesehen.
29.4
Der Bundesrechnungshof hält an seiner Kritik an der Berechnung des Unterkunftsbedarfs für die Bundeswehrfachschule fest. Es spricht für sich, dass das Bundesministerium erst jetzt erklärt, die Auslastung der geplanten Unterkünfte durch bislang nicht berücksichtigte Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Lehrgängen der Zivilberuflichen Ausund Weiterbildung sicherstellen zu wollen.
Der Bundesrechnungshof kann nicht erkennen, dass das Bundesministerium seine Entscheidungen zu den Schwerpunktstandorten der Zivilberuflichen Aus- und Weiterbildung
bei seinen Planungen für die Unterkunftsplätze in der Fürst-Wrede-Kaserne tatsächlich
einbezogen hat. Auch die Erklärung, bis zum Jahre 2020 noch weitere Unterkünfte für
diesen Personenkreis in einer anderen Kaserne ausweisen zu wollen, überzeugt nicht.
Sie ist vielmehr ein Indiz dafür, dass das Bundesministerium den
Gesamtbedarf an Unterkünften bei seiner Planung nicht sorgfältig erhoben hat.
Einen langfristig planbaren höheren Bedarf an Unterkunftsplätzen hätte das Bundesministerium bei der Konzeption des auf 20 Jahre angelegten Kooperationsprojekts FürstWrede-Kaserne berücksichtigen müssen. Denn die Wirtschaftlichkeit solcher Projekte
hängt sowohl von deren Volumen als auch von deren Laufzeit ab.
Das Bundesministerium ist nunmehr aufgefordert, zeitnah und vor Beginn baulicher
Maßnahmen den tatsächlichen Bedarf an Unterkünften am Standort München zu ermitteln. Sollte sich dabei ein die bisherigen Annahmen übersteigender Bedarf ergeben und
auf das Bauvolumen des Kooperationsprojekts auswirken, so müsste dessen Wirtschaftlichkeit unter den veränderten Bedingungen noch einmal überprüft werden.