Wer beim Kopieren hilft, soll bestraft werden

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Wer beim Kopieren hilft, soll bestraft werden
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Wer beim Kopierenhilft,
soll bestraft werden
Der Entwurf des neuen Urheberrechtsgesetzes
kommt der Industrie entgegen.War das Kopiereneiner
CD ftir den privaten Gebrauchbisher legal, soll dies
erschwert werden. Wer Programme zur Umgehung
einer Kopiersperreanbietet, macht sich neu strafbar.
entralerPunkt der Urheber- Kopierschutzmassnahmennicht nur
rechtsrevisionist die Ein- Handlungen verunmciglichen,die urfuhrung einesSchutzesgegen heberrechtlichverboten sind, son-
M u s i k g e n ua
s su f
p r i v a t eC
r D-Kopie:
B a l dn u rn o c h
f i i rT e c h n i k f r e a k s
mdglich
dasUmgehenvon Kopierschuumassnahmen. Nach geltendemRecht diirfen solche Massnahmen umgangen
werden.'Wer Kopiersperrenknackt,
dern auch solche, die urheberrechtlich erlaubt sind.
Audio\fer eine kopiergeschi.itzte
CD zum Eigengebrauchkopieren
verhdlt sich grundsltzlich rechtmlssig. Dasselbegilt fiir Hersteller und
Vertreiber von Gerdten und Programmen zur Umgehung von KoDiesistvor allemdeshalb
piersperren.
wichtig, weil die bisher eingesetzten
will, darf dies tun, muss aber zuerst
die Htirde des Kopierschutzesiiberspringen. Dazu werden Programme
ben6tigt, die nur wenigeNutzer selbst
herstellenkiinnen. Ohne dieseProgramme krinnen auch keine legalen
Kopien hergestelltwerden. Dies ist
ausder Sichtder Verwerterwie erwa
dem Verband der Tontrdgerproduzenten natiirlich geradeerwtnscht.
Ihrer Meinung nach setztder Aufbau neuer Geschdftsmodellefiir das
Internet eine absoluteKontrolle iiber
privatesKopierenvoraus.DieseKontrolle rdumt ihnen dx materielle Urheberrecht gegenwdrtig nicht ein.
Daran wird sichsobald nichtslndern,
denn der vorliegende Entwurf (EURG) h:ilt klar an der Schrankezum
Eigengebrauchfest (Art. 19 URG).
Privates Kopieren soll auch kiinftig
rechtmdssigbleiben. Das hat weniger
mit Konsumentenschutzzu tun als
damit, dassseit 1993 ein kollektives
Vergiitungssystemin Kraft ist. Danach werden die Inhaber von Urheberrechteniiber eineAbgabefiir Leermedien auch fur dasKopieren im Privatbereichentschadigt(Art. 20 URG).
.
lndustr ie heute m it
System zufrieden
Die Verwaltung dieserAbgaben liegt
bei den Verwertungsgesellschaften
wie etwa der Suisa,die in der Schweiz
die Rechteder Musikschaffendenund
der Musikverlagewahrnimmt. Dieses
Systemkommt sowohl den Urhebern
als auch den Verwertern zugute und
lebt von der Rechtmdssigkeitdes
Kopierens fiir den Eigengebrauch.
Wdren Nutzungen im Privatbereich
illegal, so miissten die Inhaber von
Urheberrechtenihre Anspriiche individuell auf dem Rechtswegedurchsetzen.In der Pra-riskime dasnur fiir
Verwerter oder finanzkrdftige Ur-
z
1
heber tiberhaupt in Frage.
Eine AbschaffungdesVergiitungssystems,dasletztlich von den Konsumenten bespielbarerDatentrdger fi-
z
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I
plddoyer2/05
25
nanziert wird, ist heute poiitisch
kaum machbar.Der Ennvurfsieht gar
vor, diesesSystemdurch eine Gerdteabgabeweiter auszubauen(Art. 20a
E-URC), wasdussersr
umstritrenist,
weil es die erfasstenGerdteverteuert
und potenziell zu Mehrfachbelastungen fiihrt. TechnischeMassnahmen
dienen der Unterhaltungsindustrie
deshalbvor allem dazu,dort eine faktische Exldusivitdt herzusteilen, wo
infolge gesetzlicher Schranken die
rechtliche Exklusivitit fehlt.
Fiir Ver.wertet die sich technische
Schutzsystemeleistenkdnnen, ist der
rechtliche Schutz technischerMassnahmen eine Art Ersatzl<isung.Der
Vorteil: Das materielle Urheberrecht
bleibt formell intakt, die Rechtslage
verschiebtsich aberdennoch zugunsten derVerwerter.Dies kann abernur
dann erreicht werden, wenn der
rechtliche Schutz technischerMassnahmeniiberdenjenigen
desmareriellenUrheberrechtshinausgeht- und
hier liegt der Kern der rechtspolitischenAuseinandersetzung.
EU von Verwertern
unter Druck gesetzt
Aus vcilkerrechtlicherSicht sind die
Vorgaben klar. Die umzusetzenden
internationalenVertrige beschrinken
sich darauf, einen Schutz gegenUmgehungshandlungen zu verlangen,
der nicht iiber das materielle Urheberrecht hinausgeht (vgl. Art. 11
\X/IPO Copyright Tieaty und Art. I 8
VIPO Performances and PhonogramsTieary).
Klar ist, dasssich weder die USA
noch die EU an dieseVorgaben gehalten haben,sondernaufDruck einzelner Verwerter den Schutz technischerMassnahmeniiber die Grenzen
des traditionellen Urheberrechtshinaus gar ausgedehnthaben.
In Deutschland hat dies zum Beispiel dazu gefiihrt, dassdie Herstellung einer SicherungskopieeinerAudio-CD zwar nach wie vor urheberrechtlich zuldssig ist, dass es aber
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Zweiter An[aufzur
Llrheherre*htsrevision
End*Janu*r2G05
iiefdieVcrn e h m l a s s u n g s f r i sfti i r e i n r e
vieii*rtes Urhei:errechtsgesetz
i U f t G ) a b . Z i * l d e r R e v i s i o n d: i e
E*tiflkationrweier vorn Bundesrat i996 unierzeichneter Abkon-ln:eniW!F* f*pyright Trea'
iy und \{llPO Serf*rm*nces and
PhonogranrsTreatyi.
D a s E i d g e n o s s i s c h el n s t i t u t
filr fieistigesFigerriunrhatte bereits im 5arnmer ?0SSeinen Entwurf vo:'geiegt, di:ch rrrereiieser
Llberfrachtei.Zur *ebatte steht
nun der i*tal revidiei't* zw'eite
F n t w u $ { E - U R S id, e r s i c ha n d e n
g e n a n n t e nA b k o r r : m e nr , n c ia n
d * r i n z w i s c h e ne r l a s s e n e ne u r o p a i s c h e nF i c h t i i n i *z u m U r h e herrecht in der lnf*rmationsgesellschaft crientieri iABl. Nr. L
1 6 7v o m ? ? . i r i n i 2 0 S 1 ,1 S ) .
gleichzeitig verboten ist, zu diesem
Zweck einen dlfelligen Kopierschutz
zu umgehen. Faktischfiihrt das,eine
fl echendeckendeVerschliisselungdigitalerWerkevorausgesetzt,
zu einer
Auf}ebung der Schrankezum Eigengebrauch und zu einer potenziellen
Doppelbelastung der Konsumenten
Das bedeutet, dasstechnischeMassnahmen, die erlaubteVerwendungen
verunmciglichen,rechtmlssig umgangenwerden dtirfen. Drittens wird
ausdriicklich festgehalten, dass das
Umgehungsverbot diesfalls nicht
durchgesetztwerden kann, wenn die
Umgehung zum Zweck einer gesetzlich erlaubten Verwendung vorgenommen wird (fut. 39a Abs. 4 E-
URG).
Umgehen von Kopie r sperre weiter legal
Im Unterschied zur Rechtslage in
Deutschland bliebe esin der Schweiz
also mtiglich, Kopiersperrenzu umgehen, solangedies zur Herstellung
von Privatkopien erfolgt. Dariiber
hinaus soll den Konsumenten gar
Schiitzenhilfegeleistet werden, wenn
sie nicht in der Lage sind, Kopiersperrenselbstzu umgehen.UrheberrechtlicheSchrankensollenweiterhin
tatsdchlichdurchgesetztwerden kcinnen. Deshalb werden die Anwender
technischer Massnahmen dazu verpflichtet, aufVerlangen gesetzlicherlaubte Nutzungen und damit auch
die Privatkopie zu ermriglichen (Art.
39bAbs.1 lit. b E-URG).
durch pauschaleUrheberrechtsabgaben und individuelie Vergiitungszahlungen.
Im Gegensatzdazu hdlt sich der
aktuelle Entwurf weit gehend an die
Hinzu kommt die strafbewehrte
Pflicht zur Kennzeichnung der eingesetztenMassnahmenund zur Identifizierung der eigenen Person (Art.
internationalen Vorgaben, denn das
vorgesehene Verbot von Umgehungshandlungen (Art. 38a Abs. I
und Art. 69a Abs. 1 lit. a E-URG)
wird explizit an das materielle Urheberrechtgekoppelt, und zwar in dreieriei Hinsicht. Erstensmuss sich die
39b Abs. 1 lit. a und tut. 70a EURG). Als Sanktion ftir die Verletzung dieser Pflichten wird die Verwirkung des rechtlichen Schutzes
technischer Massnahmen vorgesehen. Den Nutzern wird ein entsprechendesKlagerechtzugestanden(Art.
technischeMassnahmeauf urheberrechtliche \Werke oder Objekte von
62 Abs. 3 E-URG). Letztereskdme
wohl nur dann zum Zug, wenn der
betreffendeNutzer nicht selbstin der
Lage ist, Kopiersperrenzu umgehen.
In der Praxis diirfte sich fiir Einzelneeine Klagekaum lohnen, zumal
Leistungsschutzrechten beziehen,
um geschiitztzu sein.DieserSchus
fallt mit Ablauf der urheberrechtlichen Schutzfristen dahin. Zweitens
sind nur Massnahmengeschiitzt,die
vom Rechtsinhaberangewendetwerden, um unerlaubte Verwendungen
zu verhindern oder zu kontrollieren.
die Pflicht zur Ermriglichung der
Schrankendurchsetzunggeradedann
nicht gelten soll, wenn essich um die
uvolistdndigeoder weit gehend vollplddoyer2/05
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iir
C D - K o p i ef n
Privatgebrauch:
H e u t en o c hl e g a l
stdndigeVervielfr;ltigung im Handel
erhdltlicher\flerkexemplare, handelt
(Art. 39b Abs. 2 E-URG).
Wer alsoeine CD kauft und davon
eine Kopie zum Eigengebrauchherstellenwill, darf diestun und darf zu
diesem Zweck auch einen allfiilligen
Kopierschutzumgehen,ist aber auf
sich alleine gestellt,wenn sich der
Rechtsinhaberweigert, zur Umgehung Hand zu bieten.
Hilf e s t e l l u n gd u r c h
Dritte gefdhrdet
Ob weiterhin Privatkopien hergestellt werden kdnnen, hdngt damit
davon ab, ob es Dritten erlaubt ist,
bei der Umgehung von Koprersperren Hilfe zu leisten.Nimmt man die
Schrankenernst,
urheberrechtlichen
miisste dies eigentiich erlaubt sein.
Denn wenn man schon die Umgehung technischerMassnahmenerlaubt, dann scheinteswenig sinnvoll,
den Begtinstigtentiber ein Verbot die
Mittel zu entziehen,die eine solche
Umgehung erst ermiiglichen.Dennoch soll die Hilfestellung Dritter
ausnahmslosverboten werden (Art.
39aAbs.3 undArt.69aAbs. 1 lit. bd E-URG), und dies,obwohlein derartiges Verbot weder von Art. 11
VCT noch von Art. 18 V?PT vorwird.
geschrieben
Den Rechtsinhabernwird damit
n i c h r n u r d i e M d g l i c h k e i re i n g e rdumt, jegliches Kopieren zu kontrollieren, sondern auch iiber die
kiinftige Entwicklung von Kopiertechnologienzu bestimmen.Wenn
sich ndmlich die VerschltisselungdigitalerWerke durchsetzt,dann wird
ohne Umgehung technischer Massnahmen nichtsmehr kopiert werden
kcinnen.Ob man so weit gehenwil1,
ist freilich eine politische Entscheidung, doch fragt sich, ob eszum gegenwdrtigen Zeitpunkt nicht kliiger
wire, anstelleeinesurheberrechtsunabhdngigenVerbotesdie allgemeine
Teilnehmerhaftung greifen zu lassen,um die Informationsfreiheit der
plddoyer2/05
Nutzer und die Innovationsfreiheit
der Technologieunternehmennicht
iibermdssigzu beschrlnken.
die VorlagealspragmatischenMittelweg fur vertretbat und die CW ist
mit den Vorschldgen grundsdtzlich
einverstanden. Es bleibt mithin
Verbdnde iiber
neues Gesetz uneins
abzuwarten,ob esdem vorliegenden
Entwurf vergcinnt sein wird, iiber
die Ausgestaltung des rechtlichen
In der Vernehmlassung wurde der
Entwurf kontrovers aufgenommen.
Abgelehntwird er vom Dachverband
Schutzes technischer Massnahmen
eine Neuverteiiung der urheberrechtlichen Machtpositionen herbeizu-
der Urheber- und Nachbarrechtsnutzer und von der Stiftung fiir Konsumentenschutz.Ihnen geht der Schutz
r e c h n i s c h eM
r a s s n a h m e nz u w e i t .
fuhren.
PRigamonti
Cyrili
Ebenfallsabgelehntwird die vorgesehene Regelungvon der AudioVision
R6visionde la loi
sur le droit d'auteur (LDA)
Schweiz, welche die Interessen der
Unterhaltungsindustrie vertritt. Der
Schurzgehrihr zu wenigweir.
Zustimmung findet der Entwurf
hingegen beim Dachverband der
KulturschaffendenSuissecultureund
A f i n d ' a d a p t e r l a l 6 g i s l a t i o ns u i s s e a u x
Trait6s lnternet de I'OMPI (WCT et WPPT)
et d l'6volution technologique de la
s o c i 6 t 6d e l ' i n f o r m a t i o n .l a l o i s u r l e d r o i t
d'auteur (LDA) fait I'objet d'une r6vision,
s a n s s u s c i t e rc e p e n d a n tI ' a p p r o b a t i o nd e
t o u s l e s m i l i e u x c o n c e r n 6 s ,q u ' i l s ' a g i s s e
d ' a s s o c i a t i o n sd e c o n s o m m a t e u r so u d e
soci6t6sde gestion des droits d'auteur. La
m o d i f i c a t i o nm a j e u r e r 6 s i d e d a n s l ' i n t r o d u c t i o n d e l ' i n t e r d i c t i o nd e c o n t o u r n e r
d e s m e s u r e st e c h n i q u e ss e r v a n td l a p r o tection des ceuvres litt6raires et artistiques (art. 39a P-LDA) et l'imposition
d'obligations impos6es aux utilisateurs
d e m e s u r e st e c h n i q u e s( a r t .3 9 b P - L D A ) .
wie der
bei Verwertungsgesellschaften
Suissimage,
der Gesellschaftder Filmschaffenden. Auch die politischen
Parteien sind gespalten.Die FDP
lehnt die RegelungdesSchutzestechnischer Massnahmen als impraktikabel ab, die SW verlangt eine Verschirfung der Regelung,die SP helt
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