Firmen gefordert

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Firmen gefordert
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Job-Wunder
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Mittwoch, 24. Dezember 2014
POLITIK
& WIRTSCHAFT
Rechtsradikaler Rekrut
darf Gewehr tragen
Lausanne – Trotz rechtsradikaler
Gesinnung soll einem jungen Tessiner gemäss Bundesverwaltungsgericht in der Rekrutenschule ein
Gewehr ausgehändigt werden. Die
Fachstelle für Personensicherheitsprüfungen hatte eine gegenteilige Empfehlung abgegeben.
Auf ihre Beschwerde ist das
Bundesgericht nicht eingetreten.
Darwin verklagt Swiss
Von Patrik Berger, Michael Bolzli,
Guido Schätti
Foto: Keystone
D
as Ja zur Masseneinwanderungs-Initiative Anfang Februar hat die
Schweizer Wirtschaft tief verunsichert. Dennoch blickt sie
auf ein gutes Jahr zurück. Die
Börse boomt, auch die Realwirtschaft ist gut unterwegs. Das
Bruttoinlandprodukt (BIP) ist
rund 1,8 Prozent gewachsen.
Die Arbeitslosigkeit ist mit 4,8
Prozent nur halb so hoch wie in
der EU.
Privatwirtschaft und Staat
schufen 2014 rund 30 200 neue
Arbeitsplätze. In Vollzeitstellen
sind das etwa 24 700 Jobs. Die
genauen Zahlen für das ganze
Jahr liegen zwar noch nicht vor.
Rechnet man die ersten drei
Quartale aber auf zwölf Monate
hoch, erhält man diese Zahlen.
Am meisten Stellen schufen
in der Privatwirtschaft die Multis Nestlé und Roche – als einzige Unternehmen knackten sie
die Marke von mehr als 1000
neuen Jobs (siehe Tabelle). Nur
knapp darunter blieben Swisscom und wohl auch die Swatch
Group, die nur Zahlen bis Mitte
Jahr lieferte.
Mit dem Bieler Uhrengiganten, Georg Fischer und den Pilatus-Flugzeugwerken befinden
sich drei Industriefirmen unter
den Top Ten der Stellenschaffer.
Unter dem Strich entstanden
aber zwei Drittel der neuen Jobs
im Dienstleistungssektor.
Jobmaschine Nummer 1 war
das Gesundheits- und Sozialwesen: Gemäss den hochgerechneten Zahlen des Bundesamts
für Statistik (BfS) schufen Spitäler, Heime und weitere soziale Einrichtungen 2014 rund
8400 neue Vollzeit-Arbeitsplätze. «Solange die Bevölkerung
wächst, wir immer älter werden
und uns immer mehr zu einer
Das meint
Guido Schätti
Wirtschafts-Chef
[email protected]
Firmen
gefordert
Jobs
wurden neu
geschaffen
Arbeiterinnen verpacken Cailler-Schoggistängeli.
Die Mutterfirma Nestlé schuf 1425 neue Jobs – ein Rekord.
Wissensgesellschaft
entwickeln, wächst auch die Nachfrage nach staatlichen Dienst­
leistungen», sagt Michael Sie-
genthaler, Ökonom bei der Konjunkturforschungsstelle KOF
der ETH Zürich.
Auch im 2014 gab es Verlie-
Die grössten Job-Schaffer 2014
Die grössten Abbauer 2014
1.
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Nestlé
+ 1425
Roche
+ 1366
Swisscom
+ 881
Swisslife
+ 550
Swatch*
+ 460
Unispital Basel
+ 334
Lidl
+ 190
Georg Fischer
+ 158
Pilatus Flugzeugwerke +125
Aldi
+ 100
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10.
Syngenta
Axpo
Post
UBS
Harlan Switzerland
Coop
Alpiq
Zurich
Electrolux
Tridonic
* Per Ende Juni Quelle: Unternehmen
- 500
- 300
- 275
- 200
-200
- 189
- 169
- 150
- 120
- 115
2209 Franken für Einzelpersonen, 4035 Franken für eine
vierköpfige Familie: In der
teuren Schweiz ist das zu viel
zum Sterben, aber zu wenig
zum Leben. Dennoch muss
mehr als eine halbe Million
Menschen mit so wenig oder
noch weniger Geld im Monat
auskommen.
rer. Der Detailhandel und die
Banken bauten mehr als 4000
Stellen ab. An der Spitze der
Einzelfirmen mit Job-Abbau
steht der Agrochemie-Riese
Syngenta, der 500 Jobs streicht.
Besonders hart getroffen hat
es das Glarnerland. Der Haushaltgeräte-Hersteller Electrolux
stellt die letzten 120 der einst
1200 Arbeiter in Schwanden auf
die Strasse. Zuvor hatten schon
der Lichtsystem-Hersteller Tridonic, die SicherheitstechnikFirma Tyco und der WeidmannKonzern Arbeitsplätze im Kanton Glarus gestrichen.
Das beste Rezept gegen Armut ist Arbeit. Wer einen Job
hat, läuft viel weniger Gefahr,
unter die Armutsgrenze zu
fallen. Vor diesem Hintergrund ist die Arbeitslosenquote von 4,8 Prozent eine
Schande. Trotz brummender
Wirtschaft finden 230 000
Menschen keinen Job.
Das darf nicht sein. Die Privatwirtschaft muss mehr tun,
um die Betroffenen zurück in
Lohn und Arbeit zu bringen.
Das ist die Lehre aus dem Ja
zur MasseneinwanderungsInitiative. Erst wenn die Arbeitslosigkeit sinkt, werden
auch die Vorbehalte gegen
die Zuwanderung geringer.
Lugano/Zürich – Die Regionalfluggesellschaft Darwin Airline, die
unter der Marke Etihad Regional
fliegt, hat eine Klage bei der Wettbewerbskommission deponiert.
Darwin beklagt darin eine Reihe
von missbräuchlichen Massnahmen und den Versuch, damit
Darwin aus dem Schweizer
Markt zu verdrängen.
Bank Leumi zahlt den
USA 400 Millionen
Bangalore – Leumi, die zweitgrösste israelische Bank, hat ihren
Steuerstreit in den USA nach monatelangen Verhandlungen
beige-legt. Sie zahlt 400
Millionen Dollar an die Behörden.
Zudem hat sie über 1500 Namen
von US-Steuer-sündern
offengelegt. Mit dem Ver-gleich
werden zwei Verfahren be-endet,
in denen es um Steuerhinterziehung von Amerikanern geht,
bei der Leumi geholfen haben soll.
Minderheitsaktionäre
begehren auf bei Sika
Genf/Baar ZG – Die Anlagestiftung Ethos will mit weiteren
Teilhabern bei der anstehenden
ausserordentlichen GV von Sika
die sogenannte Opting-Out-Klausel aus den Statuten streichen
las-sen. Gestützt auf diese
Regelung will der französische
Baustoff-Rie-se Saint-Gobain von
der Gründer-familie Burkard die
Kontrolle über Sika übernehmen,
ohne den ande-ren SikaAktionären ein Kaufange-bot zu
unterbreiten.
Siehe dazu auch Artikel auf Seite 11
Börse & Devisen SMI
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99 .0
37 415 Fr./kg
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«So ein Ende
tut
weh»
S
chon als kleiner
Bub hatte
Fabian Küng
einen Er
grossen (25)
Traum:
wollte
einmal
Stadtpolizist wer-den –
in Olten
SO. Da,
wo
er
lebt und
jede
Stras-senecke kennt.
Küng hat seinen Traum verwirklicht. Nach einer KV-Lehre,
der RS und der Polizeischule
wurde er mit 21 ein Oltner
Stadtpolizist. «Mit Leib und
Seele»,
wie er sagt. «Weil ich gerne
Menschen helfe und für ihre
Sicherheit da bin.»
Doch mit dem StadtpolizeiJob ist bald Schluss. Das Gemeindeparlament hat entschieden, dass das Korps mit
seinen 34 Stadtpolizisten per
2016 abgeschafft wird. «Es hat ja
schon vor zwei Jahren
gerüchtemäs-sig die Runde
gemacht», sagt Küng.
Die Stadtpolizei Olten soll
aufgelöst werden. Jetzt
spricht der Gefreite
Fabian Küng (25).
Damals erfuhr der Stadtrat, dass der
Energiekonzern Alpiq weniger
Steu-ern zahlen würde. Die Stadt
musste sparen. Überall.
«Die meisten von uns haben
nor-mal weitergearbeitet», sagt
Küng. Vier Stadtpolizisten hätten
diesen Herbst aber gekündigt.
Denn: «Nie-mand wusste, wie der
Entscheid der Politiker am Ende
ausgeht.» Er sei überrascht
gewesen, dass dieser deutlich
ausgefallen
sei.
Ganz
im
Gegensatz zu den Bürgern, die
sich im BLICK über die Auflösung
empör-ten.
«Das Küng
macht weiss:
uns schon
Doch Fabian
Der
stolz.»
Ent-scheid
ist definitiv. «Ich leide
unter dem Ende der Stadtpolizei»,
sagt er. «Es tut weh, so eine
Nachricht. Und das erst noch kurz
vor den Festta-gen.»
Der Single-Mann zeigt auf
das Stadtpolizei-Wappen
auf
seinem Oberarm. «Das ist Kult.
Damit iden-
tifiziere ich mich. Aber bald ist es
einfach weg.»
Laut
der
Oltner
Sicherheitsdirek-torin gibt es «das
Wort» des Regie-rungsrats und
des
KantonspolizeiKommandanten, dass die Sicherheit
in Olten weiter gewährleistet
Zudem
sollen
die
sei.
Stadtpolizisten zum Teil eine
neue Aufgabe bei der Stadt
Dennoch:
erhalten
und«Der
derpersönliche
Rest in Bedie
zug
zu den Bürgern,
der wird
nicht
Kantonspolizei
integriert
werden.
mehr ganz der gleiche sein», gibt
Küng zu. Auf den Kanton käme
jetzt
«eine
grosse
Herausforderung
mit
vielen
Aufgaben»
Küng zu.
selbst leistet nebst
dem üblichen Polizeidienst auch
noch
freiwillige
Stadtpolizeiarbeit. Etwa mit der
Verkehrsinstruktion bei Kindern
oder Einsätzen in der Aare-Rettung
– dafür wurde er 2013 so-gar zum
Gefreiten befördert.
Er hängt am «Kult»-Badge: Der Oltner
Stadtpolizist Fabian Küng (25).
Auch wenn es Küng schmerzt,
ir-gendwann kein Stadtpolizist
mehr zu sein – er bleibt Profi.
«Natürlich werde ich auch für die
Kantonspoli-zei
mein
Bestes
geben!» Etwas Schriftliches hat
er noch nicht in der Hand, aber:
«Ich vertraue meinem Chef, dass
es mit der Umsetzung in die
Kantonspolizei klappt. Für mich
und meine Kollegen.» Auch
wenn zukünftig nicht mehr das
Wappen der Stadtpolizei auf
seinem Ober-arm prangen wird.
Ralph Donghi