1a. Familie des Bergverwalters Maximilian Wolff und Margarethe

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1a. Familie des Bergverwalters Maximilian Wolff und Margarethe
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Prof. Dr. Claus Christoph
Entwurf vom 5.12.2012
Kleine Vita der Familie des Bergverwalters
Maximilian Wolff und Margarethe geb. Schoerner
Max Wolff wurde am 22. Dezember 1865 in der Stadt Beuthen in Oberschlesien geboren.
Er war der Sohn des Inspektors und Leiters des Beuthener Königlichen Kreisgefängnisses
Wilhelm Wolff und dessen Ehefrau Auguste geb. Dorenberg und wurde am 4. Januar 1866
in der Beuthener St. Nikolaus-Kirche auf die Namen Maximilian Otto Robert evangelisch
getauft (Register-Nr. 92/1866) .
Max war das jüngste der Kinder seiner Eltern und wuchs zusammen mit vier älteren
Geschwistern und drei Halbgeschwistern in einem bewusst preußisch-evangelischen Geist
auf. Max besuchte nach der Volksschule bereits das Beuthener Gymnasium, als sein Vater
1877 plötzlich starb. Max war erst vierzehn Jahre alt, als im Januar 1880 auch die Mutter
starb, die zu dieser Zeit noch ihre beiden jüngsten Kinder Minna und Max im Hause hatte.
Damals wurde Max in die Familie seiner siebzehn Jahre älteren und bereits verheira-teten
Halbschwester Maria Graber geb. Polewka aufgenommen, die damals in Gleiwitz wohnte.
Dort ging Max weiter zum Gymnasium bis zur Vollendung der Obersekunda, dem
Einjährigen Ostern 1882. Max hatte also die Mittlere Reife. Nach dem Bericht seiner
Tochter Margarethe, die lange Zeit später das Abgangszeugnis mit Interesse studiert hat,
war es nicht so überragend, so dass Max eben abging. In Max' Zeit in Gleiwitz entwickelte
sich ein zeitlebens besonders gutes Verhältnis zwischen Max und seiner Halbschwester
Marie.
Den Militärdienst absolvierte Max bei den Pionieren in Neiße. Seine wirtschaftliche Lage
erlaubte ihm nicht, sich aus eigenen Mitteln auszurüsten und zu unterhalten, was für den
einjährigen freiwilligen Dienst Voraussetzung war. So musste er die vorgeschriebenen drei
Jahre aktiven Dienst ableisten.
Weil Max zur Bergschule wollte, arbeitete er nach dem Militärdienst ein Jahr als
Bergbaupraktikant. Er begann auf einer Kohlengrube, vermutlich von Ober Heiduk aus
auf der nahen Königsgrube oder auf der Hugogrube, was heute nicht mehr zu klären ist.
Ein weiteres Praktikum führte ihn - wie vorgeschrieben - auf eine Galmei-Grube (Galmei =
Zinkerz), nämlich auf die Cäciliengrube in Scharley nördlich von Beuthen. Dort lernte er
im Frühjahr 1886 die sechzehnjährige Margarethe Schoerner kennen, die Tochter des
Grubensteigers Carl Schoerner. Margarethes Mutter Ottilie sah die offensichtliche
Zuneigung der jungen Leute nicht gern, da Max seine Ausbildung ja erst begonnen hatte
und vor allem evangelisch war. Vielleicht stand auch Maxens unauffällige und etwas
zurückhaltende Art zwischen ihnen. Max war von kräftiger Gestalt und mittlerer
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Körpergröße, hatte damals rötlich-blondes Haar und so auffällige Sommersprossen, dass
Ottilie ihre jüngeren Kinder fragen konnte: „Ist Margarethe mit dem jungen Mann mit den
vielen Sommersprossen gekommen?".
Ab Mai 1886 besuchte Max die Bergschule in Tarnowitz, 12 Kilometer nordwestlich von
Beuthen. Max ging es damals finanziell ziemlich schlecht. Die kleine Beihilfe durch seinen
Bruder Paul reichte nicht weit. In der Festschrift zum 50jährigen Jubiläum der Tarnowitzer
Bergschule aus dem Jahr 1889 heißt es: "Im Unterrichtsjahr 3.5.1886 bis 2.4.1887 hat als
Schüler der Tarnowitzer Bergschule teilgenommen: Max Wolff, geb. 1865 in Beuthen O/S.
Letzte bergmännische Stellung: war Aufseher in der Mathilde Grube [1888/89]." Gemeint
war die Mathilde-Steinkohlengrube im Norden von Schwientochlowitz.
Geisenheimer, L.: Festschrift zur fünfzigjährigen Jubelfeier der Oberschlesischen Bergschule / im Auftrag des
Vorstandes der Oberschlesischen Steinkohlenbergbau-Hilfskasse, Tarnowitz: Sauer, 1889. 163 Seiten.
Max wohnte im Februar 1891, als er seine gerade volljährig gewordene Braut endlich
heiraten konnte, in Ober Heiduk. Es lag vor allem an Maxens evangelischem Bekenntnis,
mit dem Margarethes Mutter Ottilie nicht einverstanden war, dass Max seine Braut
Margarethe erst einen Monat nach ihrem 21. Geburtstag heiraten durfte. Der Vater Carl
Schoerner dagegen wusste schon immer Max' Qualitäten zu schätzen.
Margarethe Alma Maria Fanny Schoerner wurde als Tochter des Steigers Carl Schoerner
und dessen Ehefrau Ottilie geb. Morbitzer am 6. Januar 1870 in dem damals winzigen
Dörfchen Brzozowitz im Kreis Beuthen geboren, als ihr Vater auf der nahen Cäciliegrube
arbeitete, der damals größten Galmei-Grube der Welt. Katholisch getauft wurde
Margarethe am 23. Januar 1870 im nur zwei Kilometer entfernten Kirchdorf Kamien –
heute Brzowice Kamien – im Kreis Beuthen.
Das Brautpaar Max Wolff und Margarethe Schoerner heirateten staatlich auf dem
Standesamt in Scharley und wurde am 7. Februar 1891 in der katholischen Kirche von
Deutsch Piekar Kreis Beuthen getraut, wohin Scharley eingepfarrt war, wo die Schoerners
damals lebten. Trauzeugen waren: Für den Bräutigam der Maschinen-werkmeister Eduard
Funke, 48 Jahre, aus Scharley (kein Verwandter) und der Maschinentechniker Wilhelm
Paul, 33 Jahre alt, aus Schweidnitz. Paul war ein Verwandter der Braut bzw. der Familie
Morbitzer, genauer der Stambkes, gebürtig aus Schweidnitz, arbeitete laut Karl Muschalek
später in Saarau Kreis Schweidnitz.
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Margarethe geb. Schoerner und Maximilian Wolff etwa 1910
Die Brauteltern richteten die Hochzeitsfeier für ihre Tochter Margarethe nicht aus, wie es
die Tradition verlangte. Die Mutter der Braut, Ottilie Schoerner geb. Morbitzer, war noch
immer gegen diese Verbindung ihrer Tochter mit einem evangelischen Ehemann. Als eine
geborene Morbitzer hatte Ottilie den Dickkopf ihrer eigenen Mutter Elisabeth geerbt, die
ähnlich hart reagieren konnte, als man ihr den Ehemann nicht gestatten wollte. Weil also
Ottilie schmollte, feierten Max Wolff und nun Ehefrau Margarethe ihre Hochzeit mit
Verwandten und Freunden in Ober Haiduk, wo Max und nun ja auch seine Ehefrau
wohnten.
Max Wolff arbeitete seit 1887 auf der Mathilde-Steinkohlengrube im Norden von
Schwientochlowitz auf Schwientochlowitzer Grund gelegen, genau westlich von
Königshütte (Chorzow). Die Grube war die größte der Schwientochlowitzer Kohlegruben.
Aber da die Mathilde-Grube – nur - zur Kohle-Versorgung der benachbarten Zinkhütten
diente und diese mit ihrem ständig qualmenden Zinkhüttenrauch das Leben ungesund
machten, wohnte Max' Familie nicht dort, sondern weiterhin im nördlich anschließenden
Ober Haiduk. Wohl wegen dieses ungesunden schwefligen Zinkhüttenrauchs wechselte
Max Wolff etwa 1893 und ging zu der Schaffgotschen Lythandra-Steinkohlen-Grube an
der Straße von Morgenroth nach Friedenshütte auf Friedenshütter Gebiet.
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Lage der Kolonie Schwarzwald Kreis Beuthen (1929)
Felix TRIEST, S. 326: Im Jahr 1864: „Durch den Schwarzwald führen 2 Schienenstraßen, die eine von
Morgenroth bei Friedenshütte, Louisegrube, Lythandragrube vorbei nach Antonienhütte, die andere
von Morgenroth nach Eintrachthütte, Clarahütte und Thurzohütte."
und:
Felix TRIEST, S. 329: Im Jahr 1864: „Die Lythandragrube, mit einer Fundgrube und 60 Maaßen, wurde im
Jahre 1830 beliehen. Ihr Feld grenzt an die Belowsegen- Franzisca-, Gottessegen- und Cicerogrube.
Die Grube baut das 3 Lachter [3 *1,92 m = 5,76 m] mächtige Antonien-Flötz, welches durch ein Schiefermittel
in 2 Bänke getrennt ist. Besitzer der Grube sind Frau Gräfin Schaffgotsch mit 2/3 und die Actien-Gesellschaft
Minerva mit 1/3. Die Grube fördert jährlich 150,000 Tonnen Kohlen, besitzt eine 22pferdekräftige
Fördermaschine, eine Beamtenhaus und ein Familienhaus mit 16 Wohnungen."
Diese schon 1830 beliehene Grube war also älter und förderte jährlich nur 100.000 t Kohle,
den achten Teil der späteren Förderung (1912) von Castellengo.
Die Lythandra-Grube hat die Koordinaten 50° 16' 48" Nord (50.28N) und 18° 52' 12" Ost (18.87°O) und heißt
in Polen seit der Abtretung 1922 "Wanda", wurde dann vereinigt mit dem Hillebrand-Schacht, der ebenfalls
in Friedenshütte wenig östlicher liegt. Die vereinigten Gruben nannten sich "Wanda-Hillebrand". 1969
wurde der Grubenbetrieb wegen Erschöpfung des Flözes geschlossen.
Friedenshütte (Nowy Bytom) wurde 1959 eingemeindet in Ruda Slaska.
Die Familie Max und Grete Wolff wohnte mindestens ab 1897 in der Kolonie
(Beuthen-)Schwarzwald, die unmittelbar nördlich der Lythandragrube lag.
Margarethe schenkte ihrem Max Wolff die folgenden sechs Kinder:
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1. Auguste Stephanie Ottilie – genannt Asta – Wolff, geboren am 10. Januar 1892 in
Ober Heiduk im Kreis Beuthen. Sie erhielt am 24. Januar 1892 in Königshütte die
katholische Taufe. Asta heiratete am 23. Juni 1914 in der Pfarrei Biskupitz Kreis
Beuthen den Bergverwalter Wilhelm Robert Friedrich Denninger, den Sohn des
Hüttenmeisters in Ratiborhammer Kreis Ratibor Wilhelm Friedrich Adolf Victor
Denninger und Hermine Hedwig geb. Glaser. Wilhelm wurde am 30. Juni 1886 in
Ratiborhammer geboren. Er erhielt am 29. Juli 1886 in Jacobswalde (poln. Kotlarnia)
Kreis Cosel die evangelische Taufe. Er starb an einer Staublunge am 8. August 1934
in Frankfurt am Main und wurde in Gleiwitz bestattet. Asta lebte danach in
Gleiwitz bis zu ihrer Vertreibung und starb am 28. Juni 1976 in Herford in
Westfalen, wo sie am 2. Juli 1976 bestattet wurde. Das Ehepaar hatte die Kinder Dr.
med. Johannes Denninger und Margarethe genannt Gretel, die ledig blieb.
2. Egon Wolff, Abiturient, dann Kriegs-Freiwilliger, schon bald Unteroffizier, wurde
am 13. August 1893 in Ober Haiduk Kreis Beuthen geboren und wurde in
Königshütte getauft. Er fiel am 15. Juli 1915 an der Front in Velosnes bei Verdun in
Frankreich.
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Walter Wolff wurde um 1896 in Lythandragrube Kreis Beuthen geboren. Er starb
dort noch im selben Jahr.
4. Margarethe Meta Ottilie Wolff, unsere Mutter, wurde am 28. Oktober 1897 auch in
Lythandragrube geboren. Sie starb am 24. Dezember 1988 in Büren in Westfalen.
Margarethe heiratete den Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten Dr. med.
Rudolf Alois Christoph, den Sohn des Post-Obersekretärs Alois Christoph und
Emma geb. Grüger am 21. Juni 1928 in Gleiwitz (Standesamt) und kirchlich in der
katholischen Kirche von Biskupitz O.S.. Rudolf wurde am 13. Mai 1898 in
Mittelwalde Kreis Habelschwerdt in Niederschlesien geboren und erhielt dort die
katholische Taufe. Er starb am 11. März 1948 in Norden in Ostfriesland, wo er auch
bestattet wurde.
5. Kaufmann Arno Wolff wurde am 18. Januar 1902 in Castellengogrube in Biskupitz
Kreis Hindenburg geboren. Er starb am 10. August 1981 in Hachenburg im
Westerwald und wurde am 14. August 1981 in Nister bei Hachenburg bestattet.
Arno heiratete Franziska Kuczenski ungefähr 1930. Franziska wurde am 8. Januar
1902 geboren. Sie starb am 29. Januar 1976 in Hachenburg und wurde am 2. Februar
1976 in Nister bei Hachenburg bestattet.
6. Ottilie Wolff wurde am 4. März 1905 in Castellengogrube in Biskupitz geboren. Sie
starb mit drei Jahren im Juli 1908 in Castellengogrube in Biskupitz.
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Hier wird die Karte „Das war Max Wolffs Welt“ eingefügt !
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Hier muss ich einfügen, dass die Nationalsozialisten 1936/37 den meisten Dörfern in
Oberschlesien ihre seit Jahrhunderten üblichen slawischen Namen raubten und
„germanische“ Ortsnamen gaben, die nur bis 1945 Bestand hatten. Damals mussten alle
Kartenwerke entsprechend geändert werden, weshalb es heute sehr schwierig ist,
passende Landkarten von Oberschlesien zu finden, die die historischen und auch heute
wieder üblichen Ortsnamen nennen.
Nachdem die Ballestremschen Kohlengruben in Ruda ihre volle Leistungsfähigkeit
erreicht hatten, begann im Jahr 1898 Franz Graf von Ballestrem mit der Errichtung einer
neuen Tiefbauanlage in dem Biskupitzer Forst, der neuen "Castellengo-Kohlengrube".
Die Castellengo- Grube gehörte zum Majorat Ruda-Plawnowitz-Biskuppitz der Familie Ballestrem
Der damals erst 32 Jahre alte Max Wolf nahm seine Chance wahr, bewarb sich um diese
schwierige und verantwortungsvolle Arbeit und wechselte zu Ballestrem und der
entstehenden Castellengogrube, siehe Kartenbild zur Castellengogrube.
Max übernahm zunächst als Steiger die volle Verantwortung für das Abteufen der neuen
Schächte. Der Kohlenvorrat der Grube wurde damals auf rund 140 Mill. t geschätzt. Es
entstanden nacheinander die Schächte Reichstagspräsident (am 28.12.1898 begonnener
Seilfahrtschacht, 384.5 m tief), Tante Anna (1899, Förderschacht, 380.5 m tief), Toppolczan
(1900, Förderschacht, 255.3 m tief) und Bergrat Pieler (1904, ausziehender Wetter- und
Holzhängeschacht, 261.3 m tief).
Fördersohlen wurden bei 250 m Teufe (Förderschacht Toppolczan) und bei 375 m Teufe
(Förderschacht Tante Anna) gebildet.
Zu den damals angewandten Teufverfahren gehörte im schwierigen Gebirge das
Schachtbohren mit Gestänge im nicht standfesten und wasserführenden Gebirge. Aber
normalerweise konnte Max das konventionelle Teufverfahren mit Bohr- und Sprengarbeit
in standfesten Formationen nutzen lassen. Dampfkraft war
notwendig, um die
gelegentlich in großen Massen anfallenden Grundwasserzuflüsse aus dem Schachtsumpf
abzupumpen. Weil die neue Grube später eine große Förderleistung erbringen sollte,
musste der Schachtquerschnitt recht groß gewählt werden. Je nach Schachttyp und
Schachtdurchmesser wurden in den Schacht auch verschiedene Bauelemente, die der
späteren Nutzung des Schachtes dienen, installiert. In die beiden Förderschächte wurden
spezielle Konstruktionen aus U-Eisen für die spätere Förderung eingebaut. An diesen
„Einstrichen“ wurden die Spurlatten für den Förderkorb befestigt. Außerdem mussten je
nach Bedarf Konsolen für die Aufnahme von Rohrleitungen und Schachtkabeln
eingebracht werden.
Maxens Familie wohnte ab 1898 in Ruda Kreis Beuthen, wo die von Ballestremsche
Verwaltung damals ihren Sitz hatte, bis 1901 auf der Castellengogrube das Wohnhaus für
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den Betriebsführer fertiggestellt war.
Max Wolff war inzwischen zum Betriebsführer der Castellengogrube ernannt, d.h. er war
der nach dem Berggesetz verantwortliche Leiter der gesamten Grubenanlage.
Die Einweihung der Grube erfolgte am 5. Januar 1903. Die elfjährige Tochter Asta sollte
dabei den damaligen Reichstagspräsidenten Franz Graf von Ballestrem mit einem Gedicht
begrüßen, war aber zu aufgeregt dazu. An ihrer Stelle wurde deshalb die fünfjährige
Schwester Margarethe in die kleine Berguniform gesteckt, wovon es ein hübsches Foto
gab. Die kleine Margarethe hat das Gedicht zur allgemeinen Freude vorgetragen.
Die Castellengogrube war das Werk und der Lebensmittelpunkt von Max. Während die
Belegschaft 1904 nur aus 627 Mann bestand, wuchs sie in den folgenden acht Jahren auf
1878 Leute. Die jährliche Kohlenförderung stieg in der selben Zeit von 19.000 t auf 820.000
t ! Max fuhr täglich ein und kontrollierte jeden Tag vor Ort einen Betriebspunkt. Viele
seiner Leute kannte er mit Namen und von diesen oft sogar die häuslichen Verhältnisse.
Max sprach übrigens gut (wasser-)polnisch, was er interessanterweise seinen Kindern
nicht zu sprechen erlaubte.
Max lebte ganz seinem Beruf. Er war natürlich Mitglied im Berg- und hüttenmänni-schen
Verein in Beuthen und auch lange Vorsitzender des Kriegervereins in Rokit-nitz, aber die
Geselligkeit gehörte nicht zu seinen starken Seiten. Er freute sich zwar über die
regelmäßigen Besuche der Schoerner-Verwandtschaft, der Muschaleks und Wachtarzs mit
ihren Kindern, die so oft da waren, dass sie fast zu Max' Familie gehörten. Margarethe und
Max führten eben ein gastliches Haus, das an den Sonntagen im Sommer und in den
Schulferien immer lebhaften Besuch mit vielen Kindern hatte.
Wenn aber seine diskussionsfreudige Verwandtschaft wieder einmal philosophierte, zog
Max sich doch lieber zurück. Seine Brüder, der Polizeibeamte Richard und längere Zeit
auch der Revierförster Karl, der "Onkel Reißweg" genannt wurde, weil er ein
Rheumapflaster namens "Reiß weg" erfunden hatte, besuchten die Wolffs seltener, lebten
einfach zu weit entfernt, um mit ihnen so regelmäßig gesellig zu verkehren.
Max Verhältnis zu seinem Bruder Paul, der Direktor der Kokerei der Donnersmark-Hütte
im nahen Zabrze (Hindenburg) war, hatte in Maxens Zeit als Bergschüler in Tarnowitz
gelitten. Die Brüder hatten sich damals ziemlich gekracht, als Paul erfuhr, dass Max mit
der kleinen Unterstützung des Bruders seinen Tanzkurs finanziert hatte.
Gesundheitlich ging es Max stets gut. Zigarrenraucher! Auf seinen Magen nahm er zwar
öfter Rücksicht, brauchte aber keinen Arzt. Die Erziehung der Kinder,
auch die religiöse, lag ganz in den Händen seiner Frau Margarethe. Alle Kinder wurden
katholisch getauft, dies übrigens ganz in Maxens Sinne, der es förderte, die Kinder zu
guten Katholiken heranzubilden, was sicherlich auch von Seiten der aktiv katholischen
Familie v. Ballestrem gern gesehen wurde.
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Lage der Castellengo-Steinkohlen-Grube im Biskupitzer Forst
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Castellengo gehörte damals zur katholischen Pfarrei Biskupitz, wohin der Kutscher
sonntags die Mutter Margarethe mit ihren Kindern in der Kutsche fuhr.
Auf Anregung von Bergrat Franz Pieler senior wurde 1906 auf der Heinitzgrube die
"Zentralstelle für das Grubenrettungswesen in Oberschlesien" gegründet, die in
chemischen und physikalischen Laboratorien Grubenwetter, Grubenstaub und
Explosivstoffe zentral für den Bergbau untersuchte. Auf Maxens Initiative entstand um
das Jahr 1910 ergänzend dazu auf der Castellengogrube eine Ausbildungsstation für
Rettungsmannschaften bei Grubenunfällen.
Im selben Jahr starb am 23. Dezember 1910 Franz Graf von Ballestrem. Das Majorat
Plawniowitz-Ruda-Biskupitz und damit die Führung des Ballestremschen industriellen
Besitzes übernahm Graf Valentin, ein Jurist. Gleichzeitig trat Dr. Franz Pieler jr. an die
Stelle seines im Oktober 1910 verstorbenen Vaters, für Max Wolff zwei ganz wichtige
Einschnitte.
Am 23. Juni 1914, wenige Wochen vor Ausbruch des 1. Weltkrieges, heiratete Asta als
erstes der Wolff-Kinder zweiundzwanzigjährig in der katholischen Kirche von Biskupitz
den damaligen Steiger in Castellengo Wilhelm Denninger, der bis 1927 dort tätig blieb. Es
war ein rauschendes Fest! Bergrat Dr. Pieler stellte sein Auto mit Chauffeur zur
Verfügung, so dass Arno Wolff an diesem Tage erstmals im Auto fuhr. Die Bergleute
veranstalteten einen Fackelzug, und die Eltern Wolff gaben 10.000 Goldmark Mitgift, ein
kleines Vermögen.
Am Beginn des 1. Weltkrieges hatte Max' ältester Sohn Egon gerade sein Abitur bestanden.
Er meldete sich sofort freiwillig bei der Neisser schweren Artillerie. Leider fehlten ihm
noch ganze zwei Zentimeter an der vorgeschriebenen Körperlänge. Nur Dank der
Fürsprache seines Schwagers Willi Denninger, der dort Reserveoffizier war, wurde Egon
angenommen. Er brachte es bald zum Unteroffizier, fiel aber bereits 1915 an der
Frankreichfront vor Verdun.
Auch Max' Schwiegersohn Willi Denninger stand den langen Krieg über an dieser Front.
Max Wolff aber war im Krieg in Castellengo unentbehrlich.
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Max und Margarethe Wolff um 1914
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Von links: Kurt Schoerner, der jüngste Bruder von Margarethe; Alfred Schoerner, genannt „der
Fahrbare“; Margarethe Wolff geb. Schoerner; Grete Wolff, die spätere Frau Christoph; Max Wolff;
Asta Wolff, die bald Frau Denninger wurde.
Um 1914.
Im Jahre 1918 wurde Mathias Lonsdorfer Oberbergwerksdirektor sämtlicher
Ballestremscher Gruben. Er und Dr. Pieler überzeugten Max Wolff, dass er die
Betriebsführung der beiden Gruben Consolidierte Wolfganggrube (Kordinaten:
50.29,18.843) und der davon 1912 durch Realteilung abgetrennten Grube Graf Franz,
beides Kohlengruben in Ruda-Süd (1.5km südlich Ruda), übernehmen müsste.
Dies geschah im Sommer 1919 unter der Zusicherung, dass Max Wolff Ende 1920 offiziell
Direktor dieser beiden Gruben werden würde. Im Frühjahr 1920 übersiedelte die Familie
von dem lang bewohnten, schönen Haus in Castellengo zur Wolfganggrube in Ruda-Süd,
wo das Betriebsführerhaus allerdings moderner und komfortabler war.
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Die Wolff-Familie um 1906 in Castellengo: Von links oben Waldemar Graber, Sohn von Maria
Graber geb. Polewka; Gendarm Richard Wolff, älterer Bruder von Max; Max Wolff.
Mitte von links: Lene Graber, Tochter von Maria Graber; Asta Wolff, spätere Ehefrau von Willi
Denninger; Maria Graber, Halbschwester von Max; Margarethe Wolff geb. Schoerner, Ehefrau von
Max. Vorn von links: Arno Wolff; Egon Wolff; Margarethe Wolff, spätere Ehefrau von Dr.
Christoph.
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Margarethe Wolff mit Enkel Hans Denninger 1916 in Castellengo
Schon kurze Zeit danach, am 6. Juni 1920 verunglückte Max im 54. Lebensjahr in der
Wolfganggrube tödlich durch eine Grubengasexplosion - "schlagende Wetter" -, wo er
Rettungsarbeiten nach einem vorangegangenen Explosionsunglück leitete. Beerdigt wurde
Max Wolff auf dem Evangelischen Friedhof in Beuthen.
Dieses Unglück traf seine Familie auch wirtschaftlich fürchterlich. Keine drei Wochen zuvor war Maxens
Bergherr, Graf Valentin, am 17. Mai 1920 gestorben. Da dessen Sohn, Graf Nicolaus, noch nicht volljährig
war, übernahm dessen Mutter, Gräfin Agnes, die Last der Verantwortung in diesen durch das Kriegsende
und die von den Siegern beabsichtigte Teilung Oberschlesiens schweren Zeiten. Ruda wurde entgegen dem
Abstimmungsergebnis 1922 Polen zugeschlagen, Castellengo blieb deutsch.
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Vier Generationen 1917: Hinten Margarethe Wolff geb. Schoerner; Mitte Ottilie Schoerner geb.
Morbitzer; vorne Hans Denninger; Rechts Asta Denninger geb. Wolff.
Margarethe hat der Tod ihres Mannes tief erschüttert. Zwar hatte nach Meinung der Ärzte
"die Galle" ihr schon immer Beschwerden gemacht, so daß sie schon länger in Behandlung
war. Da sie in ihrem Leben keiner Arbeit aus dem Weg gegangen, vielmehr stets fleißig
gewesen und deshalb auch mit ihren Nerven ziemlich am Ende war, verschlimmerte sich
jetzt ihr Leiden sehr. Sie machte eine Kur in Beuthen, die ihren Zustand nicht verbesserte.
Schließlich aß sie vor Schmerzen kaum noch etwas und starb mit 51 Jahren im Hause ihrer
Tochter Asta verheiratete Denninger im geliebten Castellengo am 22. Juni 1921
(Standesamt Biskupitz, heute wohl Zabrze III). Eine Obduktion ergab, daß sich ihre
Bauchspeicheldrüse selbst verdaut hatte.
Beerdigt wurde Margarethe Wolff geb. Schoerner auf dem Friedhof von Biskupitz.
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