kapitel 1 - Bushido Bad Tennstedt

Transcription

kapitel 1 - Bushido Bad Tennstedt
KARATE-DÔ
KYÔHAN
GICHIN FUNAKOSHI
Der Text des Meisters
Gichin Funakoshi
VORWORT
Ich fühle mich sehr geehrt, daß die Familie von Meister Funakoshi Gichin, durch
den Ältesten Egami Shigeru und den Ältesten Hironishi Genshin, mich
ausgewählt hat, dieses Buch zu übersetzen.
Die Übersetzung dauerte zehn Jahre, aber die Dauer ist leider keine Garantie
für die Genauigkeit meiner Arbeit. Es ist eher ein Spiegelbild vieler
Unterbrechungen
und
vor
allem
der
Unzulänglichkeit
meiner
Englischkenntnisse.
Ich veröffentliche diese Übersetzung heute mit einigen Bedenken und mit der
Warnung an den Leser, daß ich immer noch nicht in der Lage bin, weit zu lesen,
ohne Redewendungen zu entdecken, die meiner Meinung nach klarer übersetzt
werden könnten. Ich hoffe letztendlich, daß meine schlimmsten Fehler korrigiert
wurden (im Buch: die vielen Krümmungen begradigt wurden). Meine Ziel war
es, die Worte des Meisters so genau wie möglich wiederzugeben. Solch ein
Versuch muß letztendlich, durch ständig auftretende Redewendungen, die
Englische Sprache etwas verzerren. Eine freiere Übersetzung wäre möglich,
aber ich denke es wäre eine Abweichung von den Worten des Meisters und
würde vielleicht seine Gedanken verfälschen. Ich habe versucht, dieses Risiko
so weit als möglich zu vermeiden, indem ich versuchte mich und meine
Interpretationen nicht in diese Arbeit einfließen zu lassen.
Ich sollte außerdem erwähnen, daß ich die absolute Genauigkeit meiner
Übersetzung einiger Äußerungen, die Meister Funakoshi den chinesischen
Klassikern entnommen hat, nicht garantieren kann. Ich bedauere, daß ich nicht
in der Lage war alle in ihrer originalen Form gefunden zu haben; vielleicht habe
ich irgendwann soviel Glück alle Quellen zu finden.
2Meister Funakoshi arbeitete an drei verschiedenen Versionen dieses Buches:
Rentan Goshin Karate-jutsu und zwei Ausgaben von Karate-dô Kyôhan. Die
zweite Ausgabe der letzteren konnte er nicht selbst beenden. Die drei
Versionen ähneln sich, es gibt jedoch geringfügige Unterschiede. Dieses Werk
ist an die erste Ausgabe des Karate-dô Kyôhan angelehnt, welche die kata
beschreibt. Die meisten seiner Schüler werden einige Veränderungen zu den
kata erkennen, wie sie sie lange Zeit geübt haben. Wo es möglich ist, sind
diese Variationen mit einer Bemerkung des Übersetzers versehen. Diese
Bemerkungen sollen darauf hinweisen, daß die gewohnten Bewegungen lange
Zeit in der beschriebenen Art und Weise ausgeführt wurden.
Ich möchte drei Personen danken, welche mit mir viele Stunden mit dem Text
gekämpft haben:Harvard Itô, Don Ridgeway und Caylor Adkins.
Meister Funakoshi hatte die Hoffnung, daß dieses Buch von späteren Schülern
verbessert und weiterentwickelt wird. Dieser Gedanke steht für die Arbeit der
Übersetzung.
Ohshima Tsutomu
Tokyo
26. April 1972
POSTHUME ANMERKUNGEN
ZUR ZWEITEN AUSGABE
Der Autor, Meister Funakoshi, schien sehr beunruhigt wegen der Neuausgabe
dieses Buches. Dieses Gefühl wird in seinem Vorwort zu der zweiten Auflage
offensichtlich. Mehr noch, er war offenbar besorgt darüber ob er die neue
Ausgabe mit dem originalen Text oder mit einer modifizierten oder erweiterten
Form veröffentlichen sollte. Es ist nun mehr als zwei Jahre her, daß die erste
Ankündigung der zweiten Ausgabe in der Presse erschien und wir
entschuldigen uns für diese Verzögerung. Der Meister ging heute vor einem
Jahr von uns, ohne das neue Manuskript beendet zu haben. Er muß diesen
Umstand sehr bedauert haben. Heute am ersten Jahrestag seines Todes,
bieten wir seinem Geist das komplette Manuskript an, legen es auf den Altar
und entzünden Weihrauch in seinem Andenken. Wir möchten außerdem das
bevorstehende Erscheinen von weiteren Manuskripten, einschließlich
„Kommentar zu dem Instruktor Lehrbuch„, „Karate-dô für Jungen und Mädchen„
und „Essay zum Karate-dô„, erwähnen.
Shôtôkai
Tokyo
26. April 1958
Am ersten Jahrestag des Todes des Meisters.
VORWORT
ZUR ZWEITEN AUFLAGE
Zwanzig Jahre sind seit der Veröffentlichung der ersten Ausgabe von „Karatedô Kyôhan: Der originale Text„ vergangen. Ich erinnere mich an die
Veröffentlichung meines ersten Buches, „Ryukyu Kempo„, im Jahr 1922 und die
darauf folgende zweite Veröffentlichung, „Rentan Goshin Karate-jitsu„, welche
mehrfach aufgelegt wurden. Die Ehre, die mir zuteil wurde, als der Kaiser und
Mitglieder der Kaiserfamilie mein zweites Buch gelesen haben, war für mich
Quelle großer Befriedigung und erfüllte mich mit Demut. Dann, nach mehr als
zehn weiteren Jahren Training und Erfahrungen und etwa zwei Jahren
Überarbeitung und Korrektur der unvollständigen Teile von Karate-jitsu,
veröffentlichte ich „Karate-dô Kyôhan: Der originale Text„. Die Freude, die mich
bei Erscheinen dieses Buches erfüllte, ist so gegenwärtig für mich, als wenn
seine Veröffentlichung gestern stattgefunden hätte.
Als Ergebnis der sozialen Unordnung, welche dem Zweiten Weltkrieg
folgte, wurde die Karate Welt wie viele andere Dinge zerstreut. Völlig
unabhängig von der Verschlechterung der Techniken während dieser Zeit, kann
ich nicht leugnen, daß es Momente gab, in denen mir schmerzlich bewußt
wurde, daß der geistige Zustand der Karate Welt, wie er sich in der Zeit, als ich
begann Karate zu trainieren und bekannt zu machen, durchgesetzt hatte, fast
nicht wiederzuerkennen war. Obwohl man einwenden könnte, daß solche
Veränderungen nur das natürliche Ergebnis der Ausbreitung des Karate-dô
sind, ist es nicht einzusehen, dieses eher mit Freude als mit Mißfallen zu
betrachten.
Mit Gefühlen von Freude und Reue beobachtete ich, welchen Kurs die Karate
Welt eingeschlagen hat und versuchte mitzuhelfen ihr eine bessere Richtung zu
geben, aber ich vermag nicht zu beurteilen welchen Einfluß ich jetzt auf den
stark fließenden Kurs habe. Wie auch immer, mit einem Alter von fast neunzig
Jahren ist es nicht meine Aufgabe, Spekulationen über die Zukunft aufzustellen.
Viele Jahre habe ich über die Notwendigkeit der Veröffentlichung dieses
Buches nachgedacht. Unlängst versuchte ich in mehreren Antiquariaten im
Kanda Bezirk Tokyos eine Kopie der ersten Ausgabe zu finden und war
erstaunt über die Seltenheit und den hohen Preis. Außerdem hatte ich mehrere
Anfragen nach einer neuen Auflage seitens meiner Schüler und ich bin nun
überzeugt, daß es unter denen, die danach suchen, eine Verwendung für
dieses Buch gibt. Kurz bevor ich mit dem Schreiben des neuen Buches begann,
war ich, im Vergleich zu früheren Gefühlen, erschrocken über die
Tiefgründigkeit des Karate-dô, so daß ich manchmal zögerte und sich das
Schreiben aus diesem Grund über die letzten drei Jahre hinzog. Trotzdem weiß
ich die tiefgründigen Aspekte des Karate werden nicht auf dem heutigen Niveau
bleiben, sie werden in der Zukunft nicht erhalten bleiben und mit dieser
Erkenntnis und äußerster Demut stelle ich diese zweite Ausgabe zur
Verfügung.
Gegenüber all meinen Schülern und allen anderen, die ihre Zeit dem Karate
opfern, möchte ich meiner Hoffnung Ausdruck verleihen, daß sie es als meinen
ernsten Wunsch verstehen, diese Arbeit fortzusetzen; damit wird das Ziel der
Arbeit erfüllt werden.
Funakoshi Gichin
Tokyo
13. Oktober 1956
EINFÜHRUNG
KAPITEL 1
KARATE UND KARATE-DÔ
WAS IST KARATE
Auf Okinawa kam aus der Vergangenheit eine wunderbare und geheimnisvolle
Kampfkunst zu uns. Man sagt, daß jemand, der ihre Techniken beherrscht, sich
jederzeit verteidigen kann ohne Waffen anzuwenden und bemerkenswerte
Leistungen vollbringen kann - wie zum Beispiel mehrere dicke Bretter mit der
Faust zu zerschlagen oder die Deckentäfelung mit einem Tritt. Mit seiner shutô
("Schwert-Hand") kann er einen Bullen mit einem einzigen Schlag töten; er
kann die Flanken eines Pferdes mit der offenen Hand aufschlitzen, einen
grünen Bambusstiel mit seinen bloßen Händen zerdrücken oder weiche Steine
mit der Hand aushöhlen.
Einige sind der Meinung, jene Seiten dieser wunderbaren und geheimnisvollen
Kampfkunst sei das Wesen des Karate-dô. Aber solche Leistungen sind nur ein
kleiner Teil des Karate und sie sind etwa mit dem Strohschnitt-Test im Kendo
[Japanisches Fechten] zu vergleichen und es ist falsch zu glauben, Karate wäre
nicht mehr als das. In Wirklichkeit legt das wahre Karate-dô mehr Wert auf die
geistige als auf die körperliche Entwicklung. Wahres Karate-dô ist : im
täglichen Leben Geist und Körper in Demut zu trainieren und
weiterzuentwickeln und sich in kritischen Zeiten völlig für die Gerechtigkeit
aufzuopfern.
KARA
UND KARA E
Karate-dô ist eine Kampfkunst, welche ihren Ursprung auf Okinawa hat. Obwohl
sie in der Vergangenheit oftmals mit dem Chinesischen Boxen verwechselt
verwendete.
wurde, da man in der früheren Bezeichnung das Zeichen
Letztendlich aber fand in den letzten tausend Jahren das Studium der Meister
und Experten, durch welche sie gepflegt, perfektioniert und zu dieser
einmaligen Kampfkunst gemacht wurde, die sie heute ist, auf Okinawa statt.
Deshalb ist es keine Verfälschung der Tatsachen, sie als eine Kampfkunst
Okinawas zu präsentieren.
so lange
Man könnte sich die Frage stellen, warum das Schriftzeichen
verwendet wurde. Wie ich im Abschnitt “Die Entwicklung des Karate-dô”
angeführt habe, glaube ich, daß zu jener Zeit der Einfluß der chinesischen
Kultur auf Japan auf dem Höhepunkt war und viele Experten der Kampfkünste
nach China reisten, um chinesisches Boxen zu trainieren. Mit ihren neuen
Kenntnissen verbesserten sie die existierende Kampfkunst, welche Okinawa-te
genannt wurde, entfernten die schlechten und fügten gute Dinge hinzu, was sie
zu einer eleganten Kunst machte. Es ist vielleicht nur eine Spekulation, das sie
einen geeigneten neuen Namen überlegten. Im damaligen
für das Zeichen
Japan waren viele Menschen von Allem aus dem Ausland beeindruckt und so
ist es nicht schwer vorzustellen, welch großes Ansehen alles Chinesische
_______________________________________________________
Die zwei Zeichen
und E sind im japanischen gleichlautend. Das Erste,
, bedeutet aber
ausländisch und bezieht sich besonders auf das alte China, vor allem auf die Zeit der TangDynastie (618-907 u.Z.). Das zweite Symbol, E, wurde für das Wort Karate bekannt und ist heute
sein einziger korrekter Sprachgebrauch. [Anmerkung des Übersetzers.]
KARATE AND KARATE-DÔ
3
während dieser Periode auf Okinawa genoß. Noch in meiner Jugend war das
Fehlen von einem kompletten Satz chinesischer Möbel und anderer
Einrichtungsgegenstände ein ernstes Hindernis für den sozialen Einfluß jeder
führenden Familie. Aus diesem Blickwinkel betrachtet, ist der Grund für die
offenbar nur die Anziehungskraft des Fremdartigen.
Wahl des Zeichens
Der Tradition folgend hat der Autor in der Vergangenheit weiterhin das Zeichen
verwendet. Aufgrund der ständigen Verwechslung mit dem chinesischen
Boxen und der Tatsache, daß die Kampfkünste Okinawas als japanische
Kampfkünste angesehen werden können, ist es unpassend und vielleicht auch
in dem Namen zu verwenden. Aus diesem
etwas erniedrigend, weiterhin
zu verwenden und es durch
Grund, trotz vieler Proteste, haben wir aufgehört
E ersetzt.
DIE BEDEUTUNG VON KARA E
Die erste Begriffsbestimmung von E deutet darauf hin, daß Karate eine Technik
ist, welche es jemandem ermöglicht sich selbst mit bloßen Händen und Fäusten
ohne Waffen zu verteidigen.²
Zweitens, wie ein sauberer Spiegel ohne Verzerrungen reflektiert oder das
ruhige Tal den Klang widerhallen läßt, muß jemand, der Karate lernen will, sich
von Selbstsucht und dem Bösen trennen, weil er nur mit reinem Geist und
Gewissen verstehen kann, was er aufnimmt. Das ist eine andere Bedeutung
des Elements kara in Karate-dô.
Weiterhin muß jemand, der Karate-dô lernen will, sich immer bemühen,
innerlich bescheiden und äußerlich freundlich zu sein. Wenn er sich einmal
entschlossen hat aufzustehen und für die Gerechtigkeit einzutreten, muß er den
Mut haben und sagen: “Selbst wenn es zehn Millionen Gegner sind, ich gehe !”
So ist er wie der grüne Bambusstiel : innen hohl (kara), gerade und mit Knoten,
selbstlos, freundlich und ausgeglichen. Diese Bedeutung ist auch in dem
Element kara von Karate-dô enthalten.³
Letztendlich ist die ursprünglich Form des Universums die Leere (kara) und so
ist die Leere eine Form in sich. Es gibt viele verschiedene Kampfkünste wie
Judo, Kendo, Sôjitsu (Speertechniken), Bôjitsu (Stocktechniken) und andere,
aber ursprünglich haben alle diese Kampfkünste den selben Ursprung wie das
Karate-dô. Es ist keine Übertreibung zu sagen, daß die ursprüngliche
Bedeutung des Karate-dô eins mit den Grundlagen aller Kampfkünste ist. Form
ist Leere und Leere ist Form in sich. Das kara im Karate-dô hat diese
Bedeutung.
DER WEG DER TECHNIKEN
Die enorme Angriffs- und Verteidigungskraft des Karate-dô ist bekannt. Karatedô ist eine Kunst, welche jemanden befähigt, Angreifer mit einem Faustschlag
oder einem Tritt zu besiegen, ohne Waffen. Der Wert dieser Kunst ist abhängig
von demjenigen, der sie anwendet.
__________________________________
2. Der japanische Begriff für nackte Fäuste lautet E(kuken), und ist eine Kombination der Zeichen
von E (kara) und von Faust. [Anmerkung des Übersetzers.]
3. In der japanischen Denkweise steht die Leere für Selbstlosigkeit; Geradheit, Gehorsam und
Freundlichkeit; und die Schwierigkeiten Charakterstärke und Mäßigung. [Anmerkung des
Übersetzers.]
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EINFÜHRUNG
Wird sie in guter Absicht angewendet, hat sie großen Wert; aber wenn sie
mißbraucht wird, ist Karate nicht mehr als eine üble und schädliche Kunst.
Einmal wollte die Polizeiverwaltung von Okinawa ihren Mitgliedern Karate
vorstellen, aber in tiefer Besorgnis über die Gefährlichkeit dieser Kunst gab man
diesen Plan auf. In einem anderen Beispiel schlugen die früheren Admirale
Rokurô Yashiro und Norikazu Kanna vor, das Marine-Personal Karate lernen zu
lassen, aber aus Angst vor der Anwendung in Schlägereien unter Seeleuten
erregte dieser Vorschlag mißfallen.
Die unüberlegte Anwendung der Kunst des Karate ist der Grund für die
Besorgnis in der Öffentlichkeit und man kann die möglichen Gefahren nicht
leugnen. Es wäre jedoch bedauerlich, wenn diese geheimnisvolle Kunst, auf die
man mit Recht stolz sein kann, verfolgt und gemieden würde, nur weil sie
einfach zu gefährlich ist. Die Ursache der Besorgnis sind vor allem falsche
Auffassungen von Trainern niederen Charakters, welche gedankenlos das
Hauptaugenmerk des Trainings mehr auf das Erlernen der Techniken als auf
die geistigen Aspekte des Dô legen und das schlechte Benehmen und die
schlechte Einstellung der Karate-Schüler, welche diese Kunst nur allein als eine
Technik zum Kämpfen lernen. Es gibt extreme Fälle, in denen Schüler ermutigt
wurden, ihr Karate in Schlägereien weiterzuentwickeln. Solche Ermahnungen
wie : “Du kannst deine Techniken nie verbessern oder verfeinern ohne sie in
einigen Kämpfen wirklich angewendet zu haben” oder “Wenn du nicht so-oderso schlagen kannst, solltest du das Karatetraining besser völlig aufgeben”
schädigen den Ruf des Karate-dô. Solche Aussagen zeigen jedoch nur das
mangelnde Verständnis derer, die überhaupt nichts von Karate-dô wissen.
Richtig verstanden, gelehrt und praktiziert im wahren Geist des Karate-dô ist
diese Kunst nicht nur das Gegenteil einer vorhandenen Gefahr, sondern sie ist
in Wahrheit eine mit weinigen anderen zu vergleichende vollkommen edle
Kampfkunst (Budô).
Starke Medikamente sind gefährlich. Gift ist erschreckend. Dennoch gibt es
heute niemanden in der Welt der Medizin, der für ein Verbot von Medikamenten
eintritt. Die Gefahr starker Medikamente und Gifte ist abhängig von ihrer
Anwendung, und wenn sie korrekt eingesetzt werden, können sie von großem
Nutzen sein. Karate-dô, falsch eingesetzt, ist sicher gefährlich und bösartig.
Aber aus dem selben Grund, aus dem Karate gefährlich ist, bringt es, richtig
angewendet, auch Ergebnisse von großem Wert. In dem Moment, in dem ein
Patient ein Rezept für ein starkes Medikament erhält, wird ihm dessen
Wirkungsweise verständlich gemacht und ihm die richtige Anwendung
aufgezeigt. Auf die gleiche Weise muß jemanden, der Karate-dô lernen wird,
am Anfang die Bedeutung erklärt und die richtige Verwendung unterrichtet
werden. Das korrekte Verständnis des Karate und seine richtige Verwendung
ist Karate-dô.
Jemand, der dieses dô wirklich trainiert und das Karate-dô tatsächlich
verstanden hat, wird niemals leicht in einen Kampf verwickelt werden. Ein
Angriff oder ein einzelner Tritt entscheidet über Leben oder Tod. Karate ist nur
in solch seltenen Situationen richtig angewendet, in welchen man jemanden
niederschlagen muß oder durch ihn selbst zu Boden gehen muß. Diese
Situation erfährt ein normaler Mensch vielleicht einmal im Leben und deshalb
kann es eine Möglichkeit geben, Karate-Techniken nur einmal oder gar nicht
anzuwenden.
Der Autor hat seinen Schülern immer gesagt, “Die Kunst macht nicht den
Menschen, der Mensch macht die Kunst.” Schüler jeder Kunst, natürlich
einschließlich des Karate-dô, dürfen niemals die Entwicklung von Geist und
Körper vergessen. Im Karate-dô sollte das Ziel eines jeden die Verbesserung
seiner Gesundheit oder das Training seines Körpers für eine effizientere
Funktion sein.
DER WEG
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Er kann sich wünschen, die Kraft seiner Arme, Beine oder seines Körpers zu
entwickeln oder zu Selbstbewußtsein und geistiger Standhaftigkeit zu gelangen.
Natürlich könnte man sich wünschen Karate-dô zu lernen, um bescheiden zu
werden. All diese Ziele haben etwas mit Selbst-Vervollkommnung zu tun. Im
Gegensatz dazu macht jemand all diese Nutzen und Verdienste des Karate-dô
in dem Moment zunichte, in dem er die Techniken mißbraucht und zum Beispiel
so kämpft, daß er andere oder sich selbst gefährdet oder sich unehrenhaft
verhält. Solch ein Mißbrauch, welcher aus oberflächlichen Verständnis
erwächst, ist wie sich selbst besiegen.
Durch den Menschen werden die Techniken zu einer Kunst. Ich muß es
ernsthaft wiederholen : mißbrauche nie die Techniken des Karate.
Das wahre Karate, das Karate-dô, ist innerlich bemüht, den Geist zu trainieren,
um ein reines Gewissen zu entwickeln und jemanden zu befähigen, der Welt
wahrhaftig gegenüberzustehen, während äußerlich die Stärke entwickelt wird,
die ihn sogar wilde Tiere besiegen läßt. Der Geist und die Technik werden eins
im wahren Karate.
Die, die dem Karate-dô folgen, müssen der Höflichkeit die größte Bedeutung
beimessen. Ohne Höflichkeit ist das Wesen des Karate-dô verloren. Höflichkeit
muß nicht nur während des Karate-Trainings, sondern zu jeder Zeit des
täglichen Lebens gezeigt werden. Der Schüler des Karate muß sich selbst
zurückstellen um das Training zu empfangen. Man kann sagen, daß eine
anmaßende oder eingebildete Person nicht geeignet ist, dem Karate-dô zu
folgen. Der Schüler muß sich immer bewußt sein und empfänglich für die Kritik
anderer, er muß sich ständig selbst beobachten und bereitwillig jeden Mangel
an Kenntnissen eingestehen, das ist besser als vorzutäuschen etwas zu
wissen, was er nicht weiß.
Die, die dem Karate-dô folgen, dürfen niemals den bescheidenen Geist und das
höfliche Benehmen aufgeben. Es sind Individuen mit begrenztem Horizont,
welche mit ihren erworbenen geringen Fähigkeiten prahlen und sich mit den
wenigen Kenntnissen kindisch aufführen, als wären sie Experten. Wegen der
großen Zahl von falschen Kampfkünstlern auf der Welt tendiert die
Öffentlichkeit dazu, den Kampfkünstler entweder zu ignorieren oder ihn als wild
anzusehen. Deshalb sind viele ernsthafte Kampfkünstler in einer
unangenehmen Lage. Die Schüler des Karate-dô sollten diese Punkte immer im
Kopf behalten.
Die, die dem Karate-dô folgen, werden Mut und Standhaftigkeit entwickeln.
Diese Qualitäten haben nichts mit starken Aktionen oder mit der Entwicklung
von starken Techniken an sich zu tun. Der Schwerpunkt liegt eher auf der
Entwicklung des Geistes als auf der Entwicklung der Techniken. In der Zeit
einer ernsten öffentlichen Krise muß man den Mut haben, wenn es um der
Gerechtigkeit willen erforderlich ist, sich einer Millionen und einem Gegner
gegenüberzustellen. Der beschämendste Charakterzug für einen Schüler des
Karate-dô ist Unentschlossenheit.
Vor vielen Jahren habe ich mein Leben demütig der Einführung anderer in das
Karate-dô gewidmet. Im Laufe dieser vielen Jahre verkehrte ich mit
aufeinanderfolgenden Generationen von treuen Karate-Enthusiasten.
Glücklicherweise wurden meine Ansichten von ihnen verstanden und ihre tiefe
Demut und Güte brachten ihnen die enthusiastische Unterstützung der
Öffentlichkeit ein. Ich glaube, dieses gute Ergebnis ist ein Schatz, welchen wir
gemeinsam durch unser Bemühen im Karate gefunden haben.
Kurz gesagt sollten die, die nach Karate suchen, nicht einfach bei der
Perfektion ihrer Techniken aufhören. Ich hoffe vielmehr, daß sie ihr Leben der
Suche nach dem wahren Karate-dô widmen. Denn Karate-dô zu leben bedeutet
das Leben an sich, öffentlich und privat.
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EINFÜHRUNG
DIE ENTWICKLUNG DES KARATE
Vor etwa 1400 Jahren verließ Daruma (Bodhidharma), der Begründer des ZenBuddhismus, Westindien und drang in die Gebirgsketten des Himalaya vor, er
überquerte Flüsse ohne Brücken durch die absolute Wildnis, um nach China zu
reisen, wo er Vorträge über den Buddhismus halten wollte. Da die vorhandenen
Straßen zwischen Indien und China wohl nicht gerade als gut zu bezeichnen
waren, kann man sich die Größe Daruma's geistiger und körperlicher Stärke
vorstellen - sie war so groß, daß er in der Lage war, mit diesem Mut den
schwierigen, viele tausend Meilen weiten, Weg allein zu überwinden. In
späteren Jahren, als er zum Shao-lin Tempel (Shôrin-ji) in die Hunan-Provinz in
China gereist war, um dort den Buddhismus zu lehren, fielen eine vielzahl
seiner Anhänger wegen der Härte seines Trainings um. Daraufhin legte Daruma
eine Methode zur Weiterentwicklung von Geist und Körper fest, er sagte seinen
Schülern, “Obwohl der Weg Buddhas für die Seele betet, sind Körper und Geist
untrennbar verbunden. Wenn ich nun auf euch blicke, denke ich, daß ihr euer
Training aufgrund eurer Erschöpfung nicht beenden könnt. Aus diesem Grund
werde ich euch eine Methode zeigen, durch die ihr eure körperliche Stärke so
weit entwickeln könnt, daß ihr in der Lage seid, die Essenz des Weges
Buddhas zu erkennen.” Die Methode, die er beschrieb, ist im Ekkin Kyô (Ekkin
"Sutra") enthalten. Mit ihr waren die Mönche in der Lage, ihre geistige und
körperliche Stärke wiederzuerlangen und man sagt, daß diese Mönche aus
dem Shao-lin Tempel wegen ihres Mutes und ihrer Standhaftigkeit in ganz
China bekannt wurden.
Später, als die Lehre dieser Methode, welche ursprünglich von Daruma
vorgeschlagen wurde, sich auf viele andere Orte ausbreitete, erhielt sie den
Namen ihres Ursprungs und wurde Shôrin-ji Kempo genannt. Es war diese
Methode, die schließlich die Ryukyu-Inseln erreichte und sich in das Okinawa-te
weiterentwickelte, den Vorläufer des heutigen Karate.
Obwohl es keine dokumentierten Beweise gibt, solche Fragen zu klären wie
den Zeitpunkt des Erscheinens oder welche originalen Organisationen
existierten, glaubt man, daß Karate sehr früh nach Okinawa gekommen sein
muß. Dieses Kempo wurde als einzigartige Kampfkunst Okinawas bekannt.
Etwa vor fünfhundert Jahren, nachdem der berühmte Heldenkönig Shô Hashi
die drei Reiche auf Okinawa vereinigt hatte, wurde eine nationale Polizei
gegründet, unter der den Menschen jeglicher Besitz von Waffen verboten
wurde. Etwa zweihundert Jahre später (nach dem japanischen Kalender im 14.
Jahr von Keichô, entspricht 1609), als die Ryukyu unter die Lehnsherrschaft
des japanischen Satsuma-Clans fielen, wurden auf den Inseln die Waffen von
der Regierung beschlagnahmt. Durch dieses doppelte Verbot von Waffen
erhielt die Entwicklung des Karate auf den Inseln, als Mittel der unbewaffneten
Selbstverteidigung, vermutlich einen enormen Auftrieb und entwickelte sich
dadurch zur okinawanischen Kampfkunst Karate, wie wir sie heute kennen.
Es gibt keinen Zweifel daran, daß die vielen Experten, welche zwischen
Okinawa und China hin und her reisten, stark dazu beitrugen, Karate auf sein
jetziges Niveau zu führen.
ENTWICKLUNG
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Zum Beispiel wurde mündlich überliefert, daß vor etwa zweihundert Jahren ein
gewisser Sakugawa aus Akata in Shuri nach China reiste, und dann, nachdem
er Karate beherrschte, nach Okinawa zurückkehrte, um seiner Zeit als "Karate
Sakugawa” bekannt zu werden. Wieder vor einhundertfünfzig Jahren kam, laut
Shiodaira aus Shuri (festgehalten in Die Ôshima Aufzeichnung, von Tobe aus
Tosa, Japan) ein chinesischer Experte namens Kû Shanku mit einigen seiner
Schüler nach Okinawa und führte einen Stil des Kempo ein. Okinawanische
Experten wie Sakiyama, Gushi und Tomoyori aus Naha studierten für eine
bestimmte Zeit bei dem chinesischen Militärattachè Ason; Matsumura aus
Shuri, Maesato und Kogusuku aus Kume bei dem Militärattachè Iwah;
Shimabuku aus Uemonden und Higa, Senaha, Gushi, Nagahama, Aragaki,
Hijaunna und Kuwae, alle aus Kunenboya, bei dem Militärattachè Waishinzan.
Man sagt, daß ein Lehrer von Gusukuma, Kanagusuku, Matsumura, Oyatomari,
Yamada, Nakazato, Yamazato und Toguchi, alle aus Tomari, ein Südchinese
war, der an Okinawas Küste gestrandet war.
Auf diese Weise erreichte Karate seine Feinheit und wurde zu dem gemacht,
was es heute ist.
Vor viel kürzerer Zeit wurde Meister Tomigusuku von Sakiyama trainiert und die
Meister Azato und Itosu waren Schüler von Matsumura, genauso wie
Gusukuma. Die Meister Azato und Itosu waren die Lehrer, welche den
Verfasser unterrichteten und denen der Verfasser tiefen Dank schuldig ist.
KATA
Es gibt unendlich viele verschiedene Schulen und Stile im Karate. Wie in der
Vergangenheit im Kendo und Judo, sind diese verschiedenen Schulen und Stile
unter dem Namen der Besitzer der jeweiligen Dojô bekannt. In allen BudôKünsten, und nicht nur im Karate, unterscheiden sich die Interpretationen der
Kunst durch die Schüler von den Interpretationen ihrer Lehrer. Außerdem
braucht man wohl nicht zu erwähnen, daß Variationen im Ausdruck
charakteristisch für jedes Individuum sind.
Trotzdem, wenn die Kata zu klassifizieren sind, dann fallen sie eindeutig in die
Shôrei-Ryû oder die Shôrin-Ryû. Die erstere betont hauptsächlich die
Entwicklung von körperlicher Stärke und Muskelkraft und beeindruckt durch ihre
kraftvolle Ausstrahlung. Im Gegensatz dazu ist das Shôrin-Ryû (Shôrin
"Schule") sehr leicht und schnell, mit raschen Bewegungen nach vorn und
hinten, welche sich mit dem schnellen Flug eines Falken vergleichen lassen.
Unter anderen gehören die Tekki Kata, genauso wie Jutte, Hangetsu, Jion zur
Shôrei-Ryû; während die Heian KATA und Bassai, Kwankû, Empi, Gankaku
und andere mit dem Shôrin-Ryû verbunden sind. Es ist wirklich beeindruckend,
einen groß gewachsenen und stark gebauten Mann eine Shôrei-Ryû Kata
ausführen zu sehen, welche den Zuschauer durch die Vorführung purer
schwingender Energie überwältigt. Wie dem auch sei, es scheint etwas an
Schnelligkeit zu mangeln. Wiederum ist man tief beeinduckt, einen leicht
gebauten Mann mit Bewegungen, so flink wie die eines Vogels im Flug, eine
Shôrin-Ryû Kata ausführen zu sehen, mit Techniken von blendender
Schnelligkeit, welche das elegante Ergebnis intensiven Trainings sind. Beide
Stile vervollkommnen Geist und Körper und keiner ist besser als der andere.
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EINFÜHRUNG
Beide haben ihre Schwächen und Stärken und die, die Karate trainieren, sollten
sich dieser Punkte bewußt sein und sie entsprechend studieren. Zusätzlich zu
diesen Kata habe ich, als Ergebnis aus jahrelangen Forschungen zum
allgemeinen Problem, zwei Kata Formen entwickelt, die Taikyoku no Kata für
Anfänger und die Ten no Kata, welche als Partnerform (Kumite) angewendet
wird. Ich empfehle, diese Kata fleißig zu üben.
Wenn man all die verschiedenen Kata betrachtet, ist ihre Anzahl sehr groß. Wie
dem auch sei, der Zweck, eine Kata zu lernen, ist nicht nur sie gelernt zu
haben, sondern sich selbst zu mäßigen und zu disziplinieren; es ist nicht
notwendig, eine wahllos große Anzahl von ihnen zu lernen. Es sollte
ausreichen, sich mit den folgenden neunzehn Kata vertraut zu machen und
dann ausschließlich diese zu trainieren. Von den Shôrin-Ryû Kata sollte der
Anfänger zuerst die Taikyoku Shodan, Taikyoku Nidan und die Taikyoku
Sandan erlernen und danach die Heian Shodan, Heian Nidan, Heian Sandan,
Heian Yodan, Heian Godan, Bassai, Kwankû, Empi und Gankaku. Das sind
insgesamt zwölf. Von den Shôrei-Ryû Kata sollte man die Tekki Shodan, Tekki
Nidan, Tekki Sandan, Jutte, Hangetsu und Jion erlernen. Einschließlich der Ten
no Kata als Kumite Formen, erhält man damit meiner Meinung nach die beste
Anwendung und Darstellung der verschiedenen guten Punkte der vielen Kata.
Die vielen anderen Formen werden deshalb hier nicht behandelt.
DIE ÖFFENTLICHE BEKANNTMACHUNG
DES KARATE
Das Training des Karate wurde auf Okinawa unter äußerster Geheimhaltung
durchgeführt, von niemanden wurde diese Kunst in der Öffentlichkeit gelehrt
oder trainiert, wie es heute der Fall ist. Aus diesem Grund gibt es fast keine
Bücher oder Niederschriften über das Karate. Es war natürlich undenkbar, daß
Karate in öffentlichen Vorführungen gezeigt würde. Mit dem Beginn der MeijiPeriode [1868-1912] wurden das Bildungssystem und die Wehrpflicht
eingeführt, und bei der körperlichen Untersuchung der Einberufenen und der
Schüler waren die jungen Männer, welche Karate trainierten, auf den ersten
Blick zu erkennen und sie beeindruckten die Untersuchungsärzte mit ihrer
ausgeglichenen Körperentwicklung und deutlich sichtbaren Muskelentwicklung.
Dann, einige Zeit später, schlug der Beauftragte für öffentliche Schulen,
Shintarô Ogawa, in einem Bericht an das Bildungsministerium mit Nachdruck
vor, Karate in den Sportunterricht der normalen Schulen und der ersten
öffentlichen Hochschule der Präfektur Okinawa als Teil der Ausbildung
aufzunehmen. Diese Forderung wurde akzeptiert und im Jahre 1902 wurde
Karate in diesen Schulen eingeführt. Ich erinnere mich, daß es das erste mal
war, daß Karate der allgemeinen Öffentlichkeit vorgestellt wurde.
Kurz nach dem Russisch-Japanischen Krieg, im Jahre 1906, überzeugte der
Autor einige seiner Freunde eine Gruppe zu bilden und öffentliche
Demonstrationen durchzuführen, und wir tourten gemeinsam durch Okinawa.
Das war so ziemlich das erste mal, daß Karate-Demonstrationen in der
Öffentlichkeit gezeigt wurden. Zur Eröffnung des neuen Präfektur-Gebäudes, zu
der viele nationale prominente Persönlichkeiten eingeladen waren, wurde der
Autor gebeten, eine Gruppe von fünf herausragenden Meistern des Karate
ÖFFENTLICHE BEKANNTMACHUNG
9
anzuführen in einer Demonstration dieser einzigartigen Kampfkunst. Bei einer
anderen Gelegenheit wurde ich von der medizinischen Vereinigung eingeladen,
um Karate als Mittel der körperlichen Entwicklung zu demonstrieren und zu
erläutern. Ich erinnere mich auch an eine Demonstration vor den Schülern der
Mittelschule von Naha, welche später selbst Karate zu einem Turnturnier der
Stadt vorführten, und an den warmen Applaus der Stadtbevölkerung. In den
Jahren 1914 und 1915 veranstaltete eine Gruppe mit Mabuni, Motobu, Kyan,
Gusukuma, Ôgusuku, Tokumura, Ishikawa, Yahiku und mir selbst, sowie vielen
anderen Freunden, viele Demonstrationen, ausgehend von Naha und Shuri als
Zentren und von dort in der ganzen Umgebung. Die Popularisierung des Karate
durch Vorträge und Demonstrationen, so daß Karate vor allem unter der
Bevölkerung Okinawas bekannt wurde, ist den unaufhörlichen Bemühungen
dieser Gruppe zu verdanken,
Entweder 1916 oder 1917 wurde der Autor, in Fortsetzung seiner Förderung
eines besseren Verständnisses des Karate, als Repräsentant der Präfektur
Okinawa in die Butoku-den in Kyoto, was zu dieser Zeit das offizielle Zentrum
aller Kampfkünste war, eingeladen, um eine Karate-Demonstration zu zeigen.
Nach meinem Wissen war dies das erste mal, daß Karate, welches so lange
geheim gehalten worden war, außerhalb Okinawas gezeigt wurde.
Am 6. März 1921 stattete der Kaiser Japans, der zu dieser Zeit der Kronprinz
war, auf dem Weg zu einer Europareise Okinawa einen Besuch ab. Aus diesem
Anlaß wurde Karate ausgewählt, um in der großen Halle der Festung Shuri vor
dem Kronprinzen gezeigt zu werden, und ich nahm demütig die große Ehre und
Verantwortung auf mich, die Demonstration des Karate durch eine ausgewählte
Gruppe von Hochschul- und Universitätsstudenten anzuführen. Es war
erfreulich, später zu hören, daß der Kronprinz, nach seinen Eindrücken von
Okinawa befragt, erwähnte, daß er von der herrlichen Landschaft, den
Drachengräben des magischen Brunnens in der Festung Shuri und der
geheimnisvollen Eleganz des Karate besonders beeinduckt war.
Im Früjahr 1922 veranstaltete das Bildungsministerium die erste nationale
Sportausstellung in Tokyo, und ich wurde von der Abteilung des
Bildungswesens der Präfektur Okinawa gebeten, zu diesem Anlaß eine KarateAusstellung zu arrangieren, die dort gezeigt werden sollte. Ich nahm die
Aufgabe an und gab mir die größte Mühe bei der Erstellung von drei großen
Rollen mit der Geschichte des Karate und Illustrationen seiner Kata und
Techniken. Ich reiste als Repräsentant mit den Rollen nach Tokyo zur
Ausstellung. Ich hoffte, nach dem Ende der Sportausstellung nach Okinawa
zurückzukehren, aber ich wurde von verschiedenen Gruppen, wie der ShôFamilie (Nachkommen des letzten Königs von Okinawa, Shô Tai), dem
Kodokan, der Militärakademie, der Anwaltsvereinigung, der Gesellschaft für
Forschung in körperlicher Hochschulausbildung und mehr als zehn anderen
Vereinigungen und Organisationen, gedrängt, in Tokyo zu bleiben und ein
genaueres Bild des Karate zu vermitteln. Obwohl ich mich dieser Aufgabe nicht
für würdig hielt, glaubte ich, daß es im Interesse des Karate war, deshalb
unternahm ich viele Reisen durch das Land, um Vorträge zu halten und
Demonstrationen durchzuführen, in dem Bemühen, diese Kunst bekannter zu
machen.
Zu dieser Zeit bat mich eines Tages Meister Hôan Kosugi, “Wenn sie nach
Okinawa zurückkehren, werden wir aus Mangel an Instruktionen Probleme bei
der Durchführung des Trainings haben; könnten sie vielleicht einige schriftliche
Erläuterungen zurücklassen, welche uns diesen Weg [Dô] erklären ?"
10
EINFÜHRUNG
Ich war tief bewegt durch diese Bitte, und nachdem ich schon oft überlegt hatte,
einige Punkte des Karate niederzuschreiben, begann ich dann, meine Abende
dem Schreiben eines Buches zu widmen, welches letztendlich im November
1922 unter dem Titel Ryukyu Kempo: Karate erschien. Dieses kleine Buch war
die erste veröffentlichte Arbeit zu dem Thema Karate. Dadurch wurde Karate,
welches im Geheimen vermittelt wurde, der Welt eröffnet. Im folgenden Jahr
wurden die Druckplatten des Buches durch das große Kanto-Erdbeben 1923
zerstört, was mich dazu brachte, eine überarbeitete Ausgabe mit dem Titel
Rentan Goshin Karate-Jitsu [Stärkung der Willenskraft und Selbstverteidigung
durch Karate-Techniken] zu veröffentlichen. Diese Ausgabe wurde vom Kaiser
persönlich gelesen, was nicht nur für mich, sondern vor allem für das Karate-Dô
selbst eine große Ehre war. In einem anderen Fall, Ende des Jahres 1924, gab
ich eine Demonstration in der Jichi-Halle (Halle der "Selbstverwaltung") in
Ueno, Tokyo, und qualifizierte mich für den Tokyo-Einladungspreis-Wettbewerb
für Sportler. Am 20. März 1928 gab ich auf Einladung der kaiserlichen
Haushaltsverwaltung in der Sainei-Kan-Halle innerhalb des Palastes eine
Demonstration mit fünfzehn Schülern.
Über die Jahre verstärkte sich mein Enthusiasmus für das Erläutern,
Demonstrieren und Umherreisen, so daß ich zu beschäftigt war, um nach
Okinawa zurückzukehren. Mit der Nachfrage nach Privatunterricht im Meiseijiku
[einem Dôjô] und ständigen Karate-Einführungen an Universitäten und in
Firmen verging die Zeit bis zum heutigen Tag. Die Universitäten, mit denen ich
zusammenarbeitete, waren die Keio, Waseda, Shôdai {4}, Takushoku, Chuo,
Gakushu-in, Hosei und andere. Außer an den Universitäten gab es zusätzlich
noch andere bedeutende Gruppen, so in den Kaufhäusern des MatsuzakayaBezirks, dem Kaufhaus des Tokyu-Bezirks und bei der Eisenbahngesellschaft.
Andere Universitäten trainierten auch ernsthaft Karate, wie die Meiji, Nihon und
Tokyo; und man könnte allein in Tokyo zehn Dôjô aufzählen [1930], welche
Karate-Training anbieten. Heute kann ich fast überall in Japan von KarateTraining sprechen hören. Mittlerweile wurde Karate auch in fernen Orten im
Ausland bekannt gemacht. Wenn ich zurückblicke auf die letzten vierzig Jahre
zu den Tagen, in denen ich mit meinen Freunden begann, das Karate erstmals
vorzustellen, ist es wirklich schwierig für mich, die breite Akzeptanz des Karate
heutzutage zu begreifen. Es kommt mir vor, als wäre es eine andere Zeit
gewesen.
DIE INHALTE DES KARATE
ALS KÖRPERLICHES TRAINING
Die Natur des Karate bringt es mit sich, daß sich der Körper in alle Richtungen
bewegen muß, im Gegsatz dazu werden zum Beispiel beim Rudern vor allem
die Arme und beim Springen vor allem die Beine belastet. Es gibt keine
Veranlassung dafür, sich Sorgen um eine einseitige Körperentwicklung im
Karate zu machen, die Tatsache der gleichmäßigen Entwicklung kann als einer
der Vorteile des Karate angesehen werden.
In den meisten Fällen benötigt man nur eine oder zwei Minuten um eine Kata zu
beenden.
________________________
4.
Shôdai (Tokyo Shôka Daigaku) ist heite die Hitotsubashi Universität. [Anmerkung des
Übersetzers.]
DIE INHALTE DES KARATE 11
Wenn jemand immer weiter trainiert, werden die Bewegungen schneller und
das Training als Ganzes wird intensiver, so daß man in einer relativ kurzen Zeit
ausreichend Übung hat. Dies ist eine Idealform des Trainings für viele
Menschen heute, welche sich beklagen, daß sie gern üben möchten, jedoch
keine Zeit dazu haben. Der geringe Zeitaufwand, der dafür vonnöten ist, ist der
zweite große Vorteil.
Fast keine andere Form von Training, sei es Judo, Kendo, Bogenschießen,
Schwimmen oder Reiten, kann so einfach wie Karate, zu jeder Zeit und an
jedem Ort, durchgeführt werden. Man benötigt keine bestimmte Umgebung,
Ausrüstung, nicht einmal ein Partner ist nötig, es kann im Garten, im
Wohnzimmer, im Flur geübt werden, also zu jeder Zeit an jedem Ort, wo man
gerade das Verlangen danach verspürt. Das ist der dritte bedeutende Vorteil
des Karate.
Normalerweise ist das Training für Männer nicht für Frauen geeignet, und daß
für Frauen ist vielleicht nicht ausreichend für Männer; das für Menschen, die
sich von einer Krankheit erholen, ist nicht genug für Gesunde, und das Training
für gesunde, junge Menschen, ist für Ältere und kleine Kinder zu anstrengend.
Karate kann trotzdem von den körperlich Schwächeren, den Frauen, Kindern
und den älteren Menschen trainiert werden. Mit anderen Worten, wenn jeder
Einzelne die Übungen an seine eigene Leistungsfähigkeit anpaßt, und wenn
jede Übung nicht länger als eine oder zwei Minuten dauert, besteht keine
Gefahr für Überanstrengung oder körperliche Erschöpfung. Vielmehr entwickelt
sich der Körper weiter, die Techniken werden besser, die Bewegungen werden
natürlich kraftvoller, so daß die Übungen auch einen jungen, gesunden Mann,
in den besten Jahren ausreichend belasten werden. Die Übungsintensität steigt
natürlich mit den Trainingsfortschritten, was ich als vierten Vorteil ansehen
würde.
Die Tatsache, daß Karate allein, als auch in Gruppen trainiert werden kann, ist
ein einzigartiges Merkmal. Wenn man mit der Einstellung trainiert, nur die
Techniken in praktischer Anwendung zu erlernen, sind die einzelnen Handoder Fußbewegungen und die vielen Variationen in den verschiedenen KataAbschnitten eine Herausforderung. Während man sich an ihrem Studium erfreut
und sie vertieft, erfährt man den Nutzen beinahe ohne es zu bemerken.
Der Wert des Karate als körperliches Training kann anhand wissenschaftlicher
Tests einfach nachgewiesen werden, und nach einem Jahr Training oder
weniger, kann man an sich selbst enorme Verbesserungen seiner Verfassung
im Vergleich zu der Zeit vor dem Karate-Training erkennen.
Meine hochgeschätzten Lehrer, die letzten Meister Shishu (in japanisch, Itosu)
und Azato, waren in ihrer Kindheit beide sehr schwach, aber nachdem sie
begannen Karate zu trainieren, um ihre Gesundheit zu verbessern, entwickelten
sie sich so stark, daß sie in ihrem Alter andere Leute zu sein schienen und sie
wurden zu unserer Zeit berühmt als alte Meister. Meister Shishu erreichte das
ehrwürdige Alter von 85 Jahren und Azato wurde 80 Jahre alt. Meister Azatos
Lehrer, Meister Matsumura, lebte über 90 Jahre. Andere zeitgenössische
Karate Experten, wie die Meister Yamaguchi, Aragake, Chibana, Nakazato,
Yahiku, Tokashiki, Sakihara und Chinen, wurden alle über 80 Jahre alt. Diese
Beispiele sind ein Nachweis für die außergewöhnliche Bedeutung des Karate
als überlegene Methode zur Erhaltung der Gesundheit.
12
EINFÜHRUNG
ALS SELBSTVERTEIDIGUNG
Fast alle Lebewesen haben irgendwelche Mechanismen zur Selbstverteidigung,
wo diese Entwicklung unvollständig geblieben ist, werden die Schwächeren
zerstört und kommen in dem erbarmungslosen Kampf um das Überleben um.
Die Fänge von Tigern und Löwen, die Krallen von Adlern und Falken, der giftige
Stachel von Bienen und Skorpionen und die Dornen von Rosen und
Bengalischen Quitten: sind das nicht alles Einrichtungen zur Verteidigung? Aber
wenn die niederen Säugetiere, die Vögel, Insekten und Pflanzen eine solche
Spezialisierung vorweisen, sollte nicht der Mensch, als Krone der Schöpfung,
genauso vorbereitet sein? Eine angemessene Grundlage für die Antwort auf
diese Frage wird in der Aussage gegeben: Wir sollten nie die Absicht haben
anderen Schaden zuzufügen, aber wir müssen versuchen einen Schaden zu
vermeiden. Um sich selbst zu verteidigen, muß man einen Weg finden, dem
Schwachen die Kraft zu geben, sich selbst gegen stärkere Angreifer schützen
zu können. Die Stärke des Karate wurde zu dieser Zeit wegen ihrer Effektivität
bei dem Zerbrechen von Brettern und Steinen ohne Hilfsmittel bekannt, und es
ist keine Übertreibung zu behaupten, daß ein in dieser Form der
Selbstverteidigung gut trainierter Mann seinen gesamten Körper als Waffe für
beeindruckend effektive Angriffsenergie ansehen kann.
Obwohl Karate auch Wurftechniken beinhaltet, verläßt man sich prinzipiell auf
Schlag-, Tritt- und Stoßtechniken. Diese Bewegungen sind schneller und
können von einem untrainierten Auge übersehen werden. Block-AngriffKombinationen werden gleichzeitig ausgeführt, und schwächere Individuen,
Frauen oder Jungen, haben genügend Kraft einen stärkeren Gegner mit ihnen
zu kontrollieren. Kurz gesagt, unter den Vorteilen des Karate als
Selbstverteidigung sind: es werden keine Waffen benötigt, Alte oder Kranke
oder Frauen können es anwenden, man kann sich auch mit wenig natürlicher
Kraft effektiv selbst verteidigen. Die Kombination dieser Punkte macht Karate
zu einer Form der Selbstverteidigung ohne Gleichen.
ALS GEISTIGES TRAINING
Bei denen, die sein Wesen begriffen haben, unterscheidet sich Karate in der
Pflege des Charakters des Mutes, der Höflichkeit, der Integrität, der Humanität
und der Selbstkontrolle in nichts von den anderen Kampfkünsten. Die meisten
Kampfkünste, wenn ihr Training von Anfang an hart ist, sind nicht für Personen
mit einer schwachen Konstitution, einem schlechten Körperbau oder mit
schwachen Charakter geeignet, und diese Schüler, sagt man, verlieren ihren
Kampfgeist und hören schon bald mit dem Training auf. Außerdem ist es bei so
einem Schüler wegen seiner körperlichen Schwäche möglich, daß er sich selbst
durch gewissenhaftes Training soweit überanstrengt, daß er sich verletzt und
krank wird, weil sein Körper nicht mit seinem Willen Schritt halten kann, und
solch frühes Scheitern kommt oft vor. Aus diesem Grund gaben viele körperlich
schwache Menschen die Hoffnung auf, Kampfkünste zu trainieren, auch wenn
solch ein Training und seine Entwicklung von Kampfgeist und einem harten,
festen Körper von besonderer Bedeutung für die körperliche oder geistige
Schwäche des Einzelnen gewesen wäre. Deshalb ist es in diesem
Zusammenhang sehr wichtig zu erwähnen, daß Karate von Jungen und Alten,
Männern und Frauen gleichermaßen ausgeübt werden kann. Es ist kein
besonderer Trainingsort, keine Ausrüstung oder ein Gegner nötig, um ein so
DIE INHALTE DES KARATE 13
vielseitiges Training zu ermöglichen, daß die körperlich und geistig
Schwächeren ihren Körper und Geist so gleichmäßig und natürlich entwickeln,
daß sie die eigenen großen Fortschritte selbst fast nicht bemerken.
Diese Vielseitigkeit des Trainings macht außerdem große Fortschritte bei der
geistigen Entwicklung möglich. Wenn das Training einer Kampfkunst nach
einem halben oder einem Jahr unterbrochen wird, kann man kaum mehr
erwarten, als ein geringes Maß an geistigem Training erreicht zu haben. Es
braucht letztendlich zehn oder zwanzig Jahre, wenn möglich ein Leben lang
Hingabe zu dem Studium dieser Kunst, die Einsicht in diese Kunst, die
Meisterschaft ihrer Techniken, die Vertiefung der Tugenden wie Mut,
Höflichkeit, Integrität, Menschlichkeit und Selbstkontrolle wird für sie ein inneres
Licht, welches ihr tägliches Handeln bestimmt. In Hinsicht auf seine
Anpassungsfähigkeit bei der Weiterführung des Trainings, betrachte ich Karate
unter den vielen Kampfkünsten als die am besten geeignete für die Erfüllung
der Notwendigkeit eines geistigen Trainings.
14
EINFÜHRUNG
KAPITEL 2
GRUNDLEGENDE ELEMENTE
DIE HAND
DIE FAUST
Es ist mit das Wichtigste im Karate zu wissen, wie eine richtige Faust gemacht
wird, es ist notwendig, dies völlig zu verstehen, bevor man etwas anderes
macht. Das Ballen der Faust kann als drei-Schritte Prozeß dargestellt werden.
Im ersten Schritt werden die mittleren Gelenke der Finger eingeknickt, als
zweites wird die Hand am Fingeransatz zusammengerollt und als drittes wird
der Daumen so plaziert, daß seine Innenseite eng an den ersten beiden
Fingern anliegt. Bild 6 zeigt die Vorderansicht der Faust; die Fläche, die von
Zeige- und Mittelfinger geformt wird, soll parallel und flach sein. Der Kontakt bei
Schlägen sollte gleichzeitig mit den Gelenken und den Knöcheln von Zeige- und
Mittelfinger erfolgen, wie es die vier Punkte auf Bild 6 zeigen. Diese Art der
Faust wird Normal-Faust (seiken) genannt. Obwohl es anfangs schwierig
erscheinen mag eine richtige Faust zu machen, werden diese Schwierigkeiten
mit etwas Übung verschwinden.
Das ist die gebräuchlichste Fausthaltung für Fauststoß (tsuki) Angriffe. Wie
auch immer, abhängig von der Situation, kann man auch den Faustrücken
(uraken) für den Angriff zum Gesicht des Gegner verwenden; oder kombiniert
die Handkante und die Seite des kleinen Fingers (tettsui), wie in Bild 8 gezeigt,
gegen das Gesicht, den Ellenbogen oder andere Teile des Körpers einsetzen.
Die Faust wird durch regelmäßiges makiwara (strohbedeckter Pfahl) Training
gestärkt. Die Kraft und Macht der Faust, wie sie beim Brechen von Brettern und
Ziegeln gezeigt wird, sind Ansporn für ein gewissenhaftes Training am
makiwara. Beim Training, wenn man mit der rechten Faust auf den makiwara
DIE HAND 17
schlägt, stelle man sich in eine solche Distanz, daß die voll ausgefahrene Faust
das makiwara gerade berührt. Dann ziehe man die Faust zurück und spanne
sie an der Hüfte mit den Fingern nach oben. Der linke Fuß sollte vorn stehen
und der linke Arm sollte nach vorn unten gerichtet sein, so daß die Faust etwa
sechs oder sieben inch über dem Knie im linken Abwärtsblock (gedan barai),
der später beschrieben wird, steht. Während des Angriffs dreht sich die rechte
Faust so weit, daß der Handrücken im Augenblick des Kontakts nach oben
kommt; die linke Faust wird dabei mit umgekehrter Drehung zur Hüfte
zurückgezogen, wodurch die Finger nach oben zeigen; und der Unterbauch
spannt sich mit dem plötzlichen Ausatmen, “uhmm!” (Das Training für diesen
Angriff, den gegenseitigen Fauststoß (gyaku-zuki) wird auf Seite 30
beschrieben.) Genauso trainiere man mit der linken Faust, auch führe man die
beschriebenen Techniken gelegentlich als Angriff aus der natürlichen Stellung
(hachiji) aus. Zu Anfang stoße man nicht zu stark oder zu oft, aber trainiere
leicht morgens und abends. Nach und nach beginne man mehr Kraft
einzusetzen und die Anzahl der Angriffe zu erhöhen, wobei man sich an das
Training gewöhnt und die Techniken durch regelmäßiges tägliches Training
verbessert. Über einen Zeitraum von sechs Monaten erhöhe man die Anzahl
der Techniken auf einhundert mit der rechten und zweihundert mit der linken
Hand (für Linkshänder umgekehrt). Das Üben sollte sehr vorsichtig erfolgen,
ohne in jugendlichem Enthusiasmus ein Brett zu zerschlagen, oder ohne Plan
oder mit zu viel Kraft. Zuviel Training kann nicht nur die Knöchel verletzen,
manchmal für immer, sondern auch Ursache für Krankheiten innerer Organe
sein. Das Ziel ist, Vertrauen in seine Faust zu entwickeln und den
Zusammenhang zwischen Faust und Hüfte zu erkennen.
Ein-Finger Faust (Ippon-ken). In den beiden Formen der Ein-Finger Faust steht
das Fingergelenk, entweder des Zeige- oder des Mittelfingers, wie in den
Bildern 9 und 10 gezeigt, vor. Beide Formen setzen voraus, daß die Seite des
Daumens fest gegen den Zeigefinger gedrückt wird. Diese Art der Faust wird
vorrangig gegen das Gesicht eingesetzt, wobei mit den auf den Bildern mit
Punkten gekennzeichneten Stellen getroffen wird.
Flache Faust (Hiraken). Wie in Bild 11 gezeigt, werden die vier Finger so
zusammen gehalten und gebeugt, daß sie eine flache Faust bilden, der
Daumen wird dabei gekrümmt und fest gegen den Zeigefinger gepreßt. Diese
Art der Faust wird vor allem gegen das Gesicht eingesetzt, wobei der Gegner
mit den auf dem Bild mit Punkten markierten Stellen getroffen wird.
SPEER HAND (NUKITE)
Es gibt drei Möglichkeiten, die Finger zu einer Speer-Hand zu formen.
Vier-Finger Stoß (Shihonzuki). Der gebräuchlichste ist der shihonzuki, wie er in
den Bildern 12 und 13 gezeigt wird; die vier Finger werden fest zusammen
gehalten und der Daumen gebeugt und fest an seinem Platz gehalten. Die
Rückseite der offenen Hand ist nicht flach, die Knöchel sind leicht gebeugt und
ragen etwas hervor. Der Vier-Finger Stoß wird vor allem für Angriffe auf den
18
GRUNDLEGENDE ELEMENTE
Solar plexus des Gegners verwendet und kann, bei entsprechendem Training,
effektiver als die Faust sein.
Zwei-Finger Stoß (Nihonzuki). Der Ring- und der kleine Finger sind
geschlossen und der Daumen ist gebeugt und liegt fest auf dem Ringfinger, wie
in Bild 14 gezeigt. Er wird ausschließlich für Angriffe in die Augen des Gegners
genutzt.
Ein-Finger Stoß (Ipponzuki). Wie man in Bild 16 sieht, ist der Ein-Finger Stoß
dem Vier-Finger Stoß sehr ähnlich, mit dem Unterschied, daß nur der
Zeigefinger gestreckt wird. Man könnte meinen, es gibt eine Trainingsmethode,
die Fingerspitzen für die Speerhand abzuhärten, die daraus besteht, in Behälter
mit Reis, und später nach und nach in Behälter mit Bohnen, Sand oder
Kieselsteinen zu stoßen. Wie dem auch sei, es gibt keinen Grund für ein
ausgedehntes Training.
SCHWERT HAND (SHUTÔ)
Die Bezeichnung shutô deutet darauf hin, daß die Hand als Schwert gebraucht
wird. Wie bei der Speer-Hand werden die vier Finger gerade gestreckt und der
Daumen wird gebeugt, jedoch nur so stark, daß er nicht zu weit in die
Handfläche hineinreicht. Die Handkante, wie in Bild 12 und 13 deutlich gezeigt,
wird dazu genutzt, den Gegner an der Schläfe, zwischen den Augen, an den
Halsseiten in der Gegend der Halsschlagader oder an anderen Vitalpunkten an
den Armen, Beinen usw. anzugreifen. Abhängig von dem angegriffenen Punkt,
kann diese Technik auch effektiver als die Faust sein.
STELLUNGEN
Es gibt sieben Stellungen (tachikata). Das sind die geschlossene Fuß(heisoku-dachi), natürliche- (hachiji-dachi), Vorwärts- (zenkutsu-dachi),
Rückwärts- (kôkutsu-dachi), Katzenfuß- (nekoashi-dachi), Reiter- (kiba-dachi)
und T- (chôji-dachi[1]) Stellung.
______________________________
[1] In der letzten Ausgabe wurde der T (chôji-dachi) weggelassen und der unbewegliche Stand
(fudô-dachi) hinzugefügt. Diese Übersetzung erläutert die unbewegliche Stellung anstatt der T.
[Anmerkung des Übersetzers.]
STELLUNGEN
19
Geschlossene-Füße Stellung (Heisoku-dachi). Wie in Bild 18 gezeigt, dieser
Stand ist gleich wie bei Achtung, nur daß die Zehen zusammen sind.
Natürliche Stellung (Hachiji-dachi). Dies ist die Stellung zur Entspannung, die
Füße stehen auseinander und die Zehen sind nach außen gedreht.
Vorwärtsstellung (Zenkutsu-dachi). Wie in Bild 20 gezeigt, steht man mit einem
Fuß vorn, wobei das Knie gebeugt ist. Man soll das Gefühl haben, den vorderen
Fuß zurückzuziehen und den hinteren Fuß nach vorn zu ziehen. Der Abstand
zwischen beiden Füßen sollte etwa drei Fuß betragen, kann aber entsprechend
der Körperhöhe variieren.
Rückwärtsstellung (Kôkutsu-dachi). Diese Stellung ist das Gegenstück zur
Vorwärtsstellung (zenkutsu-dachi), das Knie des hinteren Beines ist gebeugt
und das Gewicht ist auf das hintere Bein verlagert. Dabei soll man das Gefühl
haben, den vorderen Fuß zum hinteren Fuß zurückzuziehen. Der Abstand
zwischen den Füßen beträgt etwa 2,5 Fuß, mit Abweichungen entsprechend
der Körpergröße. Die Linien beider Füße sollten in etwa ein L bilden, wenn sie
sich schneiden.
Katzenfußstellung (Nekoashi-dachi). Diese Stellung erhielt ihren Namen wegen
der Ähnlichkeit mit der Haltung einer Katze, bevor sie sich auf ihr Opfer stürzt.
Das hintere Bein ist gebeugt und trägt das gesamte Körpergewicht, wobei die
Zehen des vorderen Fußes leicht auf dem Boden ruhen. Diese Stellung
ermöglicht schnelle Steppbewegungen vorwärts und rückwärts und eignet sich
auch für Fußtechniken.
Reiterstellung (Kiba-dachi). Diese Stellung ähnelt auf den ersten Blick der
natürlichen Stellung (hachiji-dachi). Drehe beim Einnehmen der Stellung zuerst
die Füße mit den Zehen nach innen, beuge die Knie und senke den Unterleib
nach vorn ab. Dann senke die Hüften, halte den Rumpf aufrecht, und beginne
mit der Anspannung zuerst bei den Oberschenkeln, wie beim Reiten, dann
entlang der Außenseiten der Füße, spanne die Beine so, als versuche man, die
Kraft von ihren Außenseiten in den Raum zwischen ihnen zu konzentrieren;
drehe die Fersen einwärts, bis die Füße parallel sind. Erzeuge eine große
Spannung im Unterbauch. Das ist eine sehr stabile Stellung, und jemand der
sie beherrscht, fürchtet sich nicht davor (zum Beispiel), weggefegt zu werden,
wenn er bei einem Taifun allein auf einem Dach steht und eine Tür festhält.
Unbewegliche Stellung (Fudô-dachi). Diese Stellung wird aus dem zenkutsudachi durch leichtes Beugen des hinteren Beines und durch Drehung der Hüfte
in eine hanmi Position eingenommen (dabei wird der Rumpf aus der
vollständigen Vorwärtsrichtung abgedreht).
HANDTECHNIKEN
HANDANGRIFFE
Handtechniken (tewaza) unterteilen sich in Handangriffe (tsuki-te) und
Handblöcke (uke-te). Handangriffe beinhalten die normale Faust (seiken), die
Speerhand (nukite), die Schwerthand (shutô), den Ellenbogen (empi), die
Einfinger-Faust (ippon-ken), den Faustrücken (uraken) und die flache Faust
(hiraken). Hand- und Armblöcke beinhalten den Schaufelblock (sukui-uke), den
Hakenblock (kake-te), den zurückziehenden Block (hiki-te) und den fegenden
Block (harai-te).
Handangriffe (tsuki-te) ist ein Überbegriff, welcher verwendet wird, um
verschiedene Techniken zu beschreiben.
Die normale Faust (Seiken). Zusätzlich zu ihrer Anwendung bei Angriffen, kann
seiken außerdem noch dazu genutzt werden, den Angriff eines Gegners
abzulenken oder zu blocken. Die Wahl des Körperteils des Gegners, welcher
als Angriffsziel dienen soll, hängt von der Angriffsposition des Gegners ab. Im
Buch werden die Angriffe allgemein als auf die obere, die mittlere oder die
untere Stufe des Körpers gerichtet, eingeteilt.
Die Speerhand (Nukite). Die Anzahl der Finger ermöglicht Ein-, Zwei- und
Vierfinger Angriffe. Die Speerhand wird gegen Vitalpunkte des Gegners
eingesetzt. (Siehe Seite 237.)
Die Schwerthand (Shutô). Die Hand und der Arm werden dazu verwendet, die
Faust des Angreifers nach unten zu schlagen und Vitalpunkte im Gesicht, am
Kopf, an Händen, Armen oder Beinen des Gegners anzugreifen. Wenn jemand
diese Technik beherrscht, kann sie manchmal effektiver als die Faust sein.
(Siehe Seite 19.)
Der Ellenbogen (Empi). Der Ellenbogen wird für Schläge auf den solar plexus,
die Seiten, das Kinn, Arme und Beine verwendet. Wenn man in dieser Technik
geübt ist, können sich Frauen und Kinder sehr effektiv selbst schützen. Siehe
Bilder 27-29.
Einfinger Faust (Ippon-ken). Der Zeige- oder Mittelfinger ist so gebeugt, daß er
vor dem Rest der Faust hervorsteht, um einen Schlagpunkt zu bilden. Die
Einfinger Faust wird für Angriffe auf die Schläfe, den Punkt auf dem Oberkiefer
direkt unter der Nase, zwischen den Augen usw. verwendet. (Siehe Seite 18.)
Der Faustrücken (Uraken). Der Rücken der Faust wird vorrangig gegen das
Gesicht des Gegners eingesetzt. (Siehe Seite 17, Bild 7.)
Hand- und Armblöcke (uke-te) beinhalten eine Vielzahl von Techniken, um
angreifende Fäuste oder Füße zu blocken oder abzulenken. Man unterscheidet
Blöcke auf oberer, mittlerer und unterer Stufe und zusätzlich für jede Stufe eine
Handtechniken
21
innere und äußere Variante. Außer den bereits erwähnten gibt es noch eine
enorme Anzahl verschiedener Techniken. Das prinzipielle Ziel aller Blöcke ist
es, den Gegner in eine ungünstige Position zu bringen.
Handblöcke
Schaufelblock (Sukui-uke). Dieser Block wird sowohl gegen Faust- als auch
gegen Fußangriffe eingesetzt und besteht aus einer schaufelnden Bewegung,
um zu blocken und zu ziehen oder zu blocken und zu fangen, wobei die offene
Hand oder die Faust verwendet wird. Die Technik bringt den Gegner aus dem
Gleichgewicht und macht ihn nach der Abwehr des Faust- oder Fußangriffs
uneffektiv.
Hakenblock (Kake-te). Diese Technik dient dem Blocken eines Faustangriffs
des Gegners. Sie wird bei der zehnten Bewegung der kata Tekki Shodan
ausgeführt, wobei der linke Arm einen Hakenblock (kake-te) auf mittlerer Stufe
(chûdan) ausführt und der rechte Arm gleichzeitig eine Hakenblock zur unteren
Stufe (gedan kake-te) ausführt. Es ist möglich die Fähigkeiten eines Gegners
einzuschätzen, indem man seinen Faustangriff mit einem Hakenblock (kake-te)
abwehrt und sich dann entsprechend auf ihn einstellt.
Zurückziehender Block (Hiki-te). Diese Technik ist eine Variation des
Hakenblockes. Die angreifende Faust des Gegners blockend, ergreift man
seine Faust und attackiert während man ihn zu sich heranzieht. Sein
Gleichgewicht ist gebrochen, die Effektivität seines Angriffs geht verloren und
die des Gegenangriffs wird verbessert. Eine ziehende Bewegung in Verbindung
mit einer Drehung, ist wesentlich wirkungsvoller als eine gerade Zugbewegung
(Bild 34).
Fegender Block (Harai-te). Diese Art von Handblock reinigt den Bereich
zwischen Verteidiger und Angreifer von angreifenden Fäusten und Füßen. Im
Gegensatz zum Hakenblock, wird diese Technik mit dem Gefühl ausgeführt,
den Angriff aus der Richtung zu schlagen. Siehe Bild 35.
Klammerblock (Kakae-te). Diese Technik verbindet das Ergreifen des
angreifenden Armes des Gegners mit dem Heranziehen und Festhalten unter
dem eigenen Arm und dem Angriff, während der Gegner aus dem
Gleichgewicht und neutralisiert ist. Siehe Bilder 36 und 37.
Öffnender Block (Kakiwake). Die vierzehnte Bewegung der kata Heian Yodan
ist ein öffnender Block. Wird man z.B. mit beiden Händen am Jackenaufschlag
ergriffen oder von einem Gegner mit beiden Fäusten angegriffen, bricht man
den Griff oder blockt den Angriff durch ein kraftvolles
Auseinanderdrücken der Handgelenke im Raum zwischen den Armen des
Angreifers, dem man normalerweise einen tretenden oder stoßenden
Gegenangriff folgen läßt (Bilder 38, 39).
Schlagender Block (Uchi-te). Der schlagende Block wird sowohl im Angriff als
auch in der Verteidigung verwendet. Er wird im Angriff gegen Vitalpunkte mit
der Schwerthand (shutô) oder mit der Einfinger-Faust (ippon-ken) geschlagen,
oder, alternativ dazu, mit der Schwerthand (shutô) oder dem Handgelenk
angewendet, um eine angreifende Faust oder einen Fuß aus der Richtung zu
lenken. Einmal von einer gut trainierten Person getroffen, die in der Lage ist
einem Gegner die Knochen zu brechen, verliert der Angreifer schnell die Lust
an einem Kampf.
FUSSTECHNIKEN
Keine andere Kampfkunst hat die Fußtechniken (ashiwaza) zu einer so hohen
Qualität entwickelt, wie sie im Karate zu finden ist. Tatsächlich sind die
Fußtechniken eine große Stärke des Karate, weshalb es viele verschiedene
Arten gibt. Die folgenden sind die am meisten verwendeten Fußtechniken :
Vorwärtstritt (mae-geri), Seitwärtstritt (yoko-geri), einschließlich dem seitwärts
schnappenden- (keage) und dem seitwärts stoßenden Tritt (kekomi),
Rückwärtstritt (ushiro-geri), Halbkreistritt (mawashi-geri), Mondsicheltritt
(mikazuki-geri), Stampftritt (fumikomi), Kniestoß (hiza-tsuchi), Sprungtritt (tobigeri), Doppeltritt (nidan-geri), zurückkehrende Welle (nami-gaeshi) und andere.
Vorwärtstritt (Mae-geri). Anfänger sollten damit beginnen, die Vorwärtsstellung
(zenkutsu-dachi) einzunehmen. Verlagere das Gewicht auf den vorderen Fuß,
tritt so, daß der hintere Fuß dem Weg, wie er in den Bildern 44 bis 47 gezeigt
wird, folgt. Die Trefferfläche ist der Fußballen. Die Ziele sind die Vitalpunkte des
Gegners, einschließlich der Schienbeine, der Leiste, des Magens und der Brust.
Nach ausreichendem Training sollte der Tritt aus der natürlichen Stellung
ausgeführt werden.
Seitwärtstritt (Yoko-geri). Wie schon erwähnt, gibt es zwei Varianten². Den
_____________________________
2.
Ursprünglich war der geschnappte Seitwärtstritt ein Tritt zur unteren Stufe.
[Anmerkung des Übersetzers.]
geschnappten Seitwärtstritt (keage) sollte der Anfänger aus der Reiterstellung
(kiba-dachi) ausführen. Wie in den Bildern 48 und 49 dargestellt, tritt man mit
der Fußaußenkante aufwärts gegen das Kinn oder den angreifenden Arm des
Gegners. Bei dem gestoßenen Seitwärtstritt (kekomi) nimmt man die
Reiterstellung (kiba-dachi) ein und tritt, mit der Fußaußenkante oder der Hacke,
auf den Bauch oder die Brust des Gegners, wie es in den Bildern 50 bis 52
gezeigt wird.
Rückwärtstritt (Ushiro-geri). Wenn man von einem Gegner von hinten ergriffen
wird, tritt man mit der Hacke sofort nach oben und hinten. Die Ziele dieses Tritts
sind die Hoden oder die Schienbeine. Wenn der Gegner zurückweicht, senke
den Körper und führe einen geschnappten oder gestoßenen Tritt, den
Prinzipien des Seitwärtstrittes folgend, nach hinten aus. Siehe Bilder 53 und 54.
Halbkreistritt (Mawashi-geri). Weiche dem gegnerischen Angriff seitwärts aus,
drehe die Hüfte in einer Kreisbewegung, so daß die Zehen, der Ballen oder der
Fußspann im rechten Winkel zum Körper des Gegners auftreffen. Das Prinzip
des Tritts entspricht dem Vorwärtstritt, wobei der Unterschied in der
Körperhaltung zu beachten ist. Die korrekte Position ist die, in den Bildern 55
und 56, sowie 57 bis 59 gezeigte.
Mondsicheltritt (Mikazuki-geri). Dieser Tritt ist in fast jeder Hinsicht gleich dem
Halbkreistritt. Der Unterschied ist, daß die Bewegung des Fußes in einem
flacheren Bogen, gleich der Sichel eines Neumondes, von welchem der Tritt
seinen Namen erhielt, erfolgt, und daß die Trefferfläche die Fußsohle ist.
Jemand, der den Halbkreistritt beherrscht, kann den Mondsicheltritt ohne
Schwierigkeit ausführen. Die Angriffspunkte sind die Brust, der Magen und die
Hoden. Siehe Bilder 57-60.
Stampftritt (Fumikomi). Tritt mit der Außenkante des Fußes (Fußschwert) mit so
großer Kraft zu, als wolltest du den Körper oder das Bein des Gegners
durchschneiden. Diese Bewegung ist eine Variante des gestoßenen
Seitwärtsfußtrittes (kekomi) und wird angewendet gegen das Knie, den
Oberschenkel oder beim Hineingleiten zum Brechen der Stellung des Gegners.
Siehe Bilder 61 und 62.
Kniestoß (Hiza-tsuchi). Tritt beim Ringen mit einem Gegner mit dem Knie in die
Hoden oder ziehe seinen Kopf nach unten und tritt mit dem Knie in sein
Gesicht.
Sprungtritt (Tobi-geri). Nachdem man dem Angriff des Gegners durch einen
Sprung in die Luft oder zur Seite ausgewichen ist, greift man sein Gesicht oder
seinen Nacken mit einem gestoßenen Seitwärtstritt an.
Doppeltritt (Nidan-geri). Das ist eine andere Form des Sprungtritts. Spring mit
einem Schritt in die Luft und tritt auf den Magen oder die Hoden des Gegners
mit dem einen Fuß und dann mit dem anderen (dem Sprungfuß) in das Gesicht.
Das Treten mit beiden Füßen, während man in der Luft ist, ist charakteristisch
für diese Technik. Der Tritt einer fähigen Person wird sehr hoch, ein Experte
kann über den Kopf des Gegners springen und eine Position
hinter ihm einnehmen. In verschiedenen Varianten werden ein gestoßener
Seitwärtstritt oder ein Halbkreistritt als zweiter Tritt in der Luft ausgeführt. Siehe
Bilder 67 und 68.
Zurückkehrende Welle (Nami-gaeshi). Dieser Tritt ist die dreizehnte Bewegung
in der kata Tekki Shodan. Diese Technik wird angewendet, um z.B. einen
gegnerischen Tritt zu den Hoden zu blocken, wenn die Arme nicht eingesetzt
werden können. Die Fußsohle wird dazu verwendet, den gegnerischen Tritt
abzulenken, und man kann die Bewegung gleich weiterführen und als
Gegenangriff zu den Hoden oder den inneren Oberschenkeln treten. Siehe
Bilder 69 und 70.
26
Grundlegende Elemente
Kapitel 3
Training der Grundlagen
KAPITEL 3
GRUNDLAGENTRAINING
Bevor man die kata übt muß man gut lernen, wie man stehen und treten muß.
Um sich in der kata frei bewegen zu können, muß man die in den kata am
häufigsten vorkommenden Techniken und Stellungen als Teil des normalen
Grundlagentrainings (kihon) trainieren. Man kann sagen, das Geheimnis eines
schnellen Fortschritts liegt in der gleichmäßigen Betonung der drei Bereiche
des Trainings : Grundlagentraining (kihon), Formen (kata) und Kampfübungen
(kumite). Folgendes sollte als Teil des Grundlagentrainings geübt werden : für
Handangriffe trainiere Angriffe aus der Reiterstellung (kiba-dachi) genauso wie
den gegenseitigen Fauststoß (gyaku-zuki) und den Vorwärtsfauststoß (oi-zuki);
für die Tritte übe den Vorwärtsfußtritt (mae-geri), den Seitwärtsfußtritt (yokogeri), den seitwärts aufsteigenden Tritt (keage), den seitwärts gestoßenen Tritt
(kekomi), den Halbkreisfußtritt (mawashi-geri) und den Doppeltritt (nidan-geri);
für Handblöcke auch den Block nach unten (gedan-barai), den
Schwerthandblock auf der mittleren Stufe (chûdan shutô-uke), den
aufsteigenden Block zur oberen Stufe (jôdan age-uke) usw.1. Es gibt natürlich
keinen Grund, zusätzlich nicht auch andere Techniken aus den Kata zu üben.
Die Tritte wurden bereits im Abschnitt Fußtechniken behandelt und ich möchte
sie nicht noch einmal beschreiben, abgesehen davon möchte ich jedoch noch
einmal auf die Bedeutung des Trainings beider Seiten, der rechten und der
linken, ohne eine Seite der anderen vorzuziehen, hinweisen. Zu diesem Zweck
sollte man, wenn man an einem Platz übt, der dies zuläßt, abwechselnd Serien
mit der rechten und der linken Seite üben, während man sich auf dem
Übungsplatz vorarbeitet.
Angriffe aus der Reiterstellung (Kiba-Dachi). Wie in Bild 1 und 2 zu
sehen, nimmt man die Reiterstellung ein (wenn man in der Gruppe trainiert auf
das Kommando „Bereitschaft für Fauststöße“), zieht eine Faust zur Hüfte an
einen Punkt oberhalb des Hüftknochens mit den
________________________________
1.
Meister Funakoshi erwähnte die Unterarmblöcke (ude uke oder uchiuke) oder den
Hammerblock (uchikomi oder tettsui) nicht als Teil des Grundlagentrainings, obwohl sie
oft in Kata auftauchen. [Anmerkung des Übersetzers]
Grundlagentraining
29
Fingern nach oben und streckt die andere Faust gerade nach vorn aus und
zentriert sie mit dem nach oben gedrehten Faustrücken und hält sie auf einer
Höhe mit dem Handgelenk. Ohne die Reiterstellung zu verändern greift man
abwechselnd mit der rechten und linken Faust an. Man wiederholt diese Übung,
so daß die Faust immer einen Punkt vorn in der Mitte vor dem Körper angreift.
Es ist zu bemerken, daß der Ellenbogen des angreifenden Armes nicht über die
Schulterbreite hinaus schwingen sollte. Um dies abzusichern, führt man den
Faustangriff von einer gespannten Position an der Taille so aus, daß der Arm
an der Seite des Rumpfes schleift. In der gespannten Haltung zeigt die Faust
immer nach oben (mit den Fingern nach oben) und wird im Vorwärtsangriff so
gedreht, daß die Finger im Moment des Auftreffens nach unten zeigen.
Abwärtsblock oder Block auf der unteren Stufe (Gedan Barai). Obwohl
dies eine Blocktechnik ist, erleichtert es die Besprechung zur Vorstellung dieses
untere Stufe- oder Abwärtsblockes, diesen in dieser Reihenfolge zu studieren.
Stehe zuerst in der Vorwärtsstellung mit dem linken Fuß vorn und dem linken
Arm so gestreckt, daß die Faust mit den Fingern nach unten etwa sechs inches
über dem Knie steht. Genauso ist die rechte Faust vorn, wenn man mit dem
rechten Fuß vorn steht. Der Rumpf befindet sich in einer nach rechts halb
abgedrehten Position (hanmi); daß heißt, die Hüften sind auf der vertikalen
Achse um etwa 35° von der Front abgedreht. Der Rumpf sollte weder nach vorn
noch nach hinten gelehnt werden, was ein wichtiger Punkt zur Beachtung für
alle Stellungen ist. Das
Üben besteht aus wiederholtem Blocken, wobei man sich bei jedem Block
entweder vorwärts oder rückwärts bewegt. In jedem Fall, ob man den rechten
Fuß vorwärts oder den linken rückwärts bewegt, führt man die gespannte rechte
Faust diagonal von der Taille aufwärts zur linken Schulter und schwingt sie
dann nach unten in einen Block, welcher synchron mit der Beinbewegung
ausgeführt wird. Die linke Faust wird zur gleichen Zeit an die Taille oberhalb der
Hüfte in eine gespannte Position zurückgezogen, wobei die Finger nach oben
zeigen. Wie in Bild 3 und 4 gezeigt wird, dient der Abwärtsblock zum
Wegblocken eines frontalen Angriffes durch einen Gegner, und mit diesem
Gedanken sollte der Block auch geübt werden. Übe beide Seiten in dieser
Weise, abwechselnd die eine Seite mit der anderen.
Gegenseitiger Fauststoß (Gyaku-zuki). Die Ausgangsstellung (yôi) für
diese Technik ist die Abwärtsblock Position. Der Angriff wird mit einem
Schnappen der Hüften aus der halb abgedrehten Position (hanmi) in eine
vollständig nach vorn gerichtete Position ausgeführt, wobei die gespannte
rechte Faust in einer mit der Hüftdrehung synchronen Bewegung nach vorn
gestoßen wird, wie in Bild 5 bis 7 zu sehen ist. Während des Angriffs wird die
Faust so gedreht, daß sie sich in der Endstellung in der Mitte vor
30
Grundlagentraining
dem Körper mit den Fingern nach unten befindet. Gleichzeitig wird die linke
Faust, welche sich sechs oder sieben inches über dem linken Knie befand,
gedreht und zurückgezogen um an der Taille mit den Fingern nach oben
angespannt zu werden. Die Technik wird gegenseitiger Fauststoß genannt, weil
der vordere Fuß und die angreifende Faust auf entgegengesetzten Seiten sind.
Beim Üben einer vorrückenden Serie von rechten und linken Angriffen führt
man nach jedem gegenseitigen Fauststoß mit dem hinteren Fuß einen
vollständigen Schritt nach vorn aus, läßt die vordere Faust auf einen Punkt etwa
sechs oder sieben inches über dem Knie fallen und setzt das Üben wie
beschrieben mit der anderen Faust fort. Bei einer Serie im Rückwärtsgehen
führt man nach Beendigung jedes gegenseitigen Fauststoßes mit dem vorderen
Bein einen ganzen Schritt nach hinten aus.
Vorwärtsfauststoß (Oi-zuki). Genauso wie für den gegenseitigen
Fauststoß, ist die Abwärtsblock Position ist die Bereitschaftsstellung für diese
Technik. Die wichtigsten Punkte dieser Technik gleichen denen des
gegenseitigen Fauststoßes. Die Hüften werden aus einer halb abgedrehten
Position in eine vollständig nach vorn gerichtete Position geschnappt, während
die gespannte Faust nach vorn gestoßen wird und mit derselben Seite ein
Schritt nach vorn ausgeführt wird. Dies ist in Bild 10 zu sehen, in einem Angriff
mit der rechten Faust, der rechte Fuß geht vorwärts. Diese Technik dient dazu
einen Gegner unter Druck zu setzen und ihn aggressiv anzugreifen. Beide, der
gegenseitige Fauststoß und der gleichseitige Fauststoß, sollten mit dem Gefühl
ausgeführt werden, daß der Angriff eher mit der Hüfte und dem Unterbauch als
mit Armen und Beinen ausgeführt wird.
Schwerthandblock auf mittlerer Stufe (Chûdan shutô-uke). Wie in Bild
11 zu sehen, nimmt man auf das Kommando Achtung (yôi) die
Rückwärtsstellung (kôkutsu) ein. Mit dem rechten Fuß vorn, führt man die
rechte Schwerthand zu einem Punkt über der linken Schulter und schwingt sie
mit einer leichten Abwärtsbewegung auf die gegenüberliegende rechte Seite,
um einen Angriff eines Gegners von vorn abzulenken. Der Block wird mit dem
Ellenbogen über dem rechten Bein gestoppt, wobei der Arm im rechten Winkel
gebeugt und leicht nach innen zum Körper geneigt ist. An diesem Punkt sollten
der Rumpf aufrecht und die Augen, die blockende Hand und der vordere Fuß
auf den Gegner gerichtet sein. Die Hüften sind in einer halb abgedrehten
Position und beim Üben von fortlaufenden Serien rechter und linker Blöcke in
Vorwärts- oder Rückwärtsbewegung, sollte der Körper so bewegt werden, als
wenn man geschickt Angriffe von vorn pariert.
Aufsteigender Block auf oberer Stufe (Jôdan age-uke). Die
Bereitschaftsstellung entspricht der des Abwärtsblockes. Der gestreckte Arm
über dem vorderen Bein wird in einer konkaven Bewegung nach innen und
oben bewegt und dann mit schrägem Unterarm nach oben gestoßen, um einen
Schlag zum Gesicht abzuwehren. Nach dem Block sollte man genauso mit dem
anderen Arm abwehren, wobei man gleichzeitig einen Schritt nach vorn oder
hinten ausführt; der aufsteigende (blockende) Arm und der dabei
zurückgezogene Arm sollten sich vor dem Gesicht kreuzen. Diese kreuzende
Bewegung ist als Technik zum Ergreifen des angreifenden Armes eines
Gegners mit der Hand des vorhergehenden
Grundlagentraining
31
Blockes zu verstehen, wobei der angreifende Arm abwärts gezogen und
gleichzeitig angegriffen wird durch kräftiges von unten hochreißen des anderen
eigenen Armes in die gekreuzte Position.
Im Karate erhält man keinen Vorteil daraus, daß man zum Angreifer wird. Es ist
wichtig, daß jede erste Bewegung die einer Abwehr eines Angriffes ist, auch
wenn beim Üben diese defensive Handlung den Charakter eines Angriffes hat.
Das ist ein Prinzip, welches man durch fleißiges üben der Blocktechniken
erkennt.
32
Grundlagentraining
Kapitel 4
Die KATA
KAPITEL 4
DIE KATA
DIE NAMEN DER KATA
Wie ich bereits erwähnte (seite 9) werden gewöhnlich folgende 19 kata
(Formen) gelehrt: Taikyoku Shodan, Nidan und Sandan als Formen für
Anfänger; Heian Shodan, Nidan, Sandan, Yodan und Godan, Bassai, Kwankû,
Empi und Gankaku, alle aus der Shôrin Schule; Jutte, Hangetsu, Jion, Tekki
Shodan, Nidan und Sandan, alle aus der Shôrei Schule; und Ten no Kata, als
Kumite Form.
Die Namen der kata wurden mündlich überliefert. Früher gebräuchliche Namen
waren Pinan, Seishan, Naifanchi, Wanshu, Chinto usw. viele von ihnen haben
mehrere Bedeutungen, was zu Fehlern in der Vermittlung führte. Seit Karate
eine japanische Kampfkunst ist, gibt es keinen einleuchtenden Grund, diese
fremden und in mancher Hinsicht uneindeutigen Namen der chinesischen
Originale nur wegen ihrer früheren Verwendung beizubehalten. Deshalb habe
ich die Namen geändert, bei denen ich in Anbetracht der Interpretation der kata
in der Beschreibung durch die alten Meister und meinen eigenen Studien, der
Ansicht war, daß sie unpassend wären.
TAIKYOKU (ERSTE SACHE)
Das sind in Wirklichkeit drei kata, bezeichnet als Shodan, Nidan und Sandan.
Diese Form ist die einfachste kata mit welcher die Anfänger beginnen sollten,
da sie Blöcke und Angriffe beinhaltet, die sehr hilfreich für das Training der
Grundtechniken sind. Diese kata und die Ten no Kata, welche später
beschrieben wird, sind das Ergebnis meiner vielen Jahre der Forschung in der
Kunst des karate. Wenn sie regelmäßig trainiert werden, ergibt sich daraus eine
gleichmäßige Entwicklung des Körpers und bei Gesundheit die Fähigkeit einer
korrekten Körperhaltung. Desweiteren wird der Schüler, welcher Fertigkeiten
bei der Ausführung der Grundtechniken besitzt und die Essenz der Taikyoku
Kata versteht, die wirkliche Bedeutung der Maxime „Im karate gibt es keinen
Vorteil durch den ersten Angriff.“ zu würdigen wissen. Aus diesem Grund habe
ich ihnen den Namen Taikyoku gegeben.
HEIAN (FRIEDVOLLER GEIST)
Dies sind fünf Formen mit einer Vielzahl verschiedener Techniken und fast allen
Grundstellungen. Wenn man diese fünf Formen gemeistert hat, kann man sich
sicher sein, sich in den meisten Situationen ausreichend selbst verteidigen zu
können. Die Bedeutung des Namens ist in diesem Zusammenhang zu sehen.
Es ist zu erwähnen, daß die Formen, die hier als Shodan (erste) und Nidan
(zweite) bezeichnet werden, in Hinsicht auf ihre traditionelle Reihenfolge
verdreht sind. Der Autor hat diesen Tausch unter Berücksichtigung der
verschiedenen schwierigen Punkte und zur Vereinfachung der Vermittlung
vorgenommen.
Die Namen der KATA
35
BASSAI (EINE FESTUNG ERSTÜRMEN)
Diese Form beinhaltet wiederholte Wechsel der blockenden Arme,
Bewegungen die das Gefühl des Wechselns von einer nachteiligen Position in
eine vorteilhafte verkörpern, die ein Gefühl vermitteln für den gleichen Willen,
wie er nötig ist, um in eine feindliche Festung einzudringen.
KWANKÛ (IN DEN HIMMEL SCHAUEN)
Der Name dieser kata wurde ursprünglich von dem chinesischen Militärattaché
Kû Shanku hergeleitet, welcher sie eingeführt hatte. Ich habe den Namen in
Anlehnung an die erste Bewegung in der kata verändert, bei der man seine
Hände hebt und in den Himmel aufschaut.
EMPI (FLIEGENDE SCHWALBE)
Die charakteristische Bewegung dieser kata ist ein Angriff zur oberen Stufe,
gefolgt von einem Ergreifen und Heranziehen des Gegners, wobei man
gleichzeitig hineinspringt und erneut angreift. Die Bewegungen ähneln in ihrem
Auf und Ab und Vorschnellen dem Flug einer Schwalbe.
GANKAKU (KRANICH AUF DEM FELSEN)
Charakteristisch für diese Form ist die einbeinige Stellung, die mehrfach
vorkommt, welche dem herrlichen Bild eines auf einem Felsen stehenden
Kranichs ähnelt, der gerade abwärts auf ein Opfer schlagen will.
JUTTE (ZEHN HÄNDE)
Die übrigen Formen gehören zur Shôrei Schule und die Bewegungen sind viel
kraftvoller im Vergleich zu denen der Shôrin Schule, aber die Stellung ist sehr
gewagt. Sie gewährleisten ein gutes körperliches Training, sie sind jedoch
schwierig für Anfänger. Der Name Jutte bedeutet, daß jemand der diese kata
gemeistert hat so wirkungsvoll wie zehn Männer ist.
HANGETSU (HALBMOND)
In den Vorwärtsbewegungen dieser kata ist typisch, das die Hände und Füße
Halbkreise beschreiben, wovon der Name abgeleitet wurde.
TEKKI (EIN PFERD REITEN)
Der Name weist auf das kennzeichnende Merkmal dieser kata hin, die
Reiterstellung (kiba-dachi). In dieser sind die Beine in einer starken gespreizten
Position, wie auf einem Pferderücken, und die Spannung liegt an den
Außenkanten der Fußsohlen, mit dem Gefühl, die Stärke in Richtung der Mitte
zu konzentrieren.
JION
Das ist der originale Name und das Schriftzeichen kommt seit uralten Zeiten oft
in der chinesischen Literatur vor. Der Jion-ji ist ein berühmter alter
buddhistischer Tempel in dem es einen berühmten buddhistischen Heiligen
Namens Jion gibt. Der Name deutet darauf hin, daß diese kata
36
Die KATA
von jemanden eingeführt wurde, der mit dem Jion Tempel verbunden war, wie
das Shôrin-ji Kempo seinen Namen von der Verbindung mit dem Shôrin Tempel
erhielt.
TEN NO KATA (KATA DES UNIVERSUMS)
Diese Kata wurde mit den Taikyoku Kata vor über zehn Jahren von dem Autor
eingeführt. Sie besteht aus zwei sich ergänzenden Teilen, der Vorderseite
(omote) oder Teil 1 und die Rückseite (ura) oder Teil 2, und diese Form wurde
entsprechend als Kumite Form entwickelt. Die Vorderseite (omote) wird im
Einzeltraining verwendet und die Rückseite (ura) im Training mit einem Gegner
im Kampf (kumite). Ich hoffe der Schüler wird sie studieren und üben bis sie
wirklich ein Teil von ihm wird.
TRAININGSHINWEISE
FOLGEN DER UNGEDULD
Erwarte beim Training keine guten Ergebnisse in kurzer Zeit. Karate kann man
das ganze Leben lang trainieren, am günstigsten beginnt man während der
Grundschulzeit (obwohl es keine Altersbegrenzung für das Anfangen gibt).
Beim Studium eines jeden Gebietes ist der Fortschritt bei planlosem Training
klein, besonders in einer Kampfkunst wie karate ist ein ständiges,
unaufhörliches Training notwendig. Viele Menschen trainieren karate anfangs
leidenschaftlich, aber sie verlieren ihren Enthusiasmus noch vor dem Ende des
ersten Jahres. Natürlich kann der Fortschritt durch solch ein gelegentliches
Training nur sehr klein sein, und tatsächlich besteht die Gefahr der Verletzung
des Körpers, wenn man hart trainiert bevor der Körper darauf vorbereitet wurde.
Durch ein Training, dessen besonderer Zweck die körperliche Entwicklung ist,
kann es zu dauerhaften Schädigungen des Körpers kommen. Aus diesem
Grund sollte man systematisch trainieren, ohne ungeduldig zu werden und sich
selbst zu überanstrengen und sich nach und nach entwickeln, mit stetiger
Erhöhung, mit wachsender Kraft und Anzahl der Übungen.
TRAININGSMÜDIGKEIT
Viele Menschen werden nach einem halben bis einem Jahr des Trainings
müde. Dieser Zustand der Müdigkeit, welcher normal ist und sich nicht nur auf
das Studium des Karate beschränkt, ist sehr kritisch und ob ein Schüler
erfolgreich sein oder scheitern wird ist abhängig von seiner Einstellung in dieser
Periode. Ist man sich dieses Zustands der Trägheit einmal bewußt, muß man
seine Bemühungen verdoppeln und diese Periode durch geistig motivierte
Bemühung überwinden. Wenn man es sich erlaubt sich selbst zu entmutigen
und an diesem Punkt aufhört, verliert man den gesamten vorher erarbeiteten
Erfolg. Ein Schüler, der in einen solchen Zustand der Müdigkeit verfällt zeigt,
daß er zu diesem Zeitpunkt karate noch nicht verstanden hat und es noch nicht
zu würdigen weiß. Wenn er karate aufgibt, nachdem er es nur oberflächlich
verstanden hat, kann es daher richtig sein ihm zu sagen, daß sein geringes
Wissen eine gefährlich Sache war. Einst begannst du mit karate wegen dem
Nutzen, den du daraus ziehen wolltest, ich hoffe aber, daß du weiter trainierst
bis du es völlig verstanden hast.
Die häufigsten Gründe, die zu diesem Zustand der Müdigkeit führen, sind
Trainingsrückstände (gegenüber anderen Schülern, die zur gleichen Zeit oder
später mit dem Training begannen) aufgrund von Krankheit oder Verletzungen,
der Unfähigkeit die Arme und Beine so zu nutzen wie man
Trainingshinweise
37
es wünscht (als Ergebnis zu geringer Trainingszeit) oder der Mangel an einem
geeigneten Partner der einen ermutigt oder sich im Training zum Vergleich
bereit findet. Normalerweise sind es diese Gründe, die einen Schüler lustlos
werden und sein Interesse und Enthusiasmus verlieren lassen, er verliert sein
Selbstbewußtsein, wenn er vor anderen eine Kata zeigen soll und versteckt sich
hinter Entschuldigungen wie: „Ich bin nicht wirklich für das karate geeignet,“ und
letztendlich hört er völlig auf. Es sei gesagt, der beste Weg zum Fortschritt ist
sich an einen Zeitplan von regelmäßigem täglichen Training zu halten, weiter zu
trainieren auch wenn man hinter einigen anderen zurückbleibt (weil man mit der
Zeit auf jeden Fall zu ihnen aufschließt), sich bewußt hohe Ziele zu stecken und
stetig weiter zu trainieren ohne etwas zu überstürzen oder ungeduldig zu
werden. Um das Interesse und den Enthusiasmus für das karate zu erhalten,
sollte man versuchen, einen tiefen Einblick in das Karate zu erlangen durch die
richtige Beurteilung der Kata-Ausführung der anderen, durch Anhören anderer
Gesichtspunkte über karate, durch Bücher lesen, und besonders durch
möglichst häufige Teilnahme an Karate Demonstrationen, genauso wie durch
das Üben am makiwara oder anderem Trainingsgerät. Wenn ein Schüler immer
und immer wieder über das Karate nachdenkt, ist er in der Lage, dieser
Lustlosigkeit zu entgehen.
EINZELTRAINING
Es ist ein einmaliges Merkmal des karate, daß man es allein und zu jeder Zeit
und an jedem Ort üben kann. Soweit es möglich ist, sollte man leichte,
zwanglose Kleidung tragen, vergleichbar der bei den normalen täglichen
Aktivitäten. Eine Fläche von etwa neun mal zwölf Fuß, die nach einigem
Training auf neun mal sechs Fuß verringert werden kann, ist ausreichend. Bis
man den Ablauf der kata erlernt hat, sollte man sich eher auf diesen
konzentrieren als auf die Ausführung mit viel Kraft. Nachdem man die
Grundstruktur der kata verstanden hat, sollte man nach und nach mit mehr Kraft
üben. Hat man schließlich den Ablauf vollständig erlernt und ein Gefühl für die
kata entwickelt, sollte man beginnen die nächste kata zu studieren.
GRUPPENTRAINING
Obwohl das Einzeltraining im karate sehr interessant sein kann, macht auch
das Gruppentraining Spaß. Wie in anderen Übungsformen entsteht eine gute
typische Atmosphäre beim Training unter Anleitung eines Gruppenleiters einer
Schule, eines Klubs oder anderer Organisationen.
WIE MAN DIE KATA ERLERNT
In der Vergangenheit rechnete man damit, daß drei Jahre nötig wären um eine
einzige kata zu erlernen und es war üblich, daß selbst ein Meister mit
beträchtlichen Fähigkeiten nur drei oder höchstens fünf kata beherrschte. Kurz,
man war der Meinung, daß ein oberflächliches Verständnis vieler kata wenig
Nutzen bringt. Das Ziel des Trainings spiegelte sich in dem Gebot mit den
Worten, „Auch wenn die Türöffnung nur klein ist, gehe tief hinein.“ 1. Ich selbst
studierte die drei Tekki Formen zehn Jahre lang. Wie auch immer, jede Form
hat ihre besonderen Vorzüge und man muß eine große Anzahl von Formen
kennen, um diese alle zu nutzen, daher sollte man gut die Praxis überdenken,
nur wenige Formen tiefer zu erforschen.
________________________________________
1.
Diese Erläuterung deutet darauf hin, daß jemand seine geistiges und körperliches Wesen
durch längeres und intensiveres Studium und Training weiterentwickelt.
[Anmerkung des Übersetzers.]
38
Die KATA
Während die Menschen in früheren Zeiten ein schmales Gebiet tief
ergründeten, studieren die Menschen heute breitgefächert und nicht so tief. Es
ist keine gute Idee, dem einen oder dem anderen Weg zu folgen; es ist besser
den Mittelweg zu wählen. Aus diesem Grund habe ich die Methode entwickelt,
die Schüler zur nächsten weiterzuführen, sobald sie eine Form gut
beherrschen, bis zur fünften Heian Form oder der dritten Tekki Form, und sie
dann für ein auffrischendes Training wieder bei der Ersten beginnen zu lassen.
Wenn eine Form einmal erlernt wurde, muß sie ständig wiederholt werden, um
bei Gefahr angewendet werden zu können, nur die Kenntnis des Ablaufs ist im
Karate ohne Nutzen.
BESONDERE STÄRKEN UND SCHWÄCHEN
So, wie jeder eine bevorzugte Form hat und auch Formen, in welchen er
Schwächen besitzt, haben einige besonders starke Faustangriffe oder
Schwerthand Techniken, andere wiederum besonders schnelle Fußtechniken
oder besondere Fähigkeiten bei der Ausführung von Sprungtechniken. Es ist
wünschenswert, daß jeder Schüler seine bevorzugte Technik trainiert und sie
bis zur Perfektion vervollkommnet, aber er muß zur gleichen Zeit vermeiden,
die Techniken, die er weniger mag, auf Kosten seiner Lieblingstechniken zu
vernachlässigen. Zum Beispiel gibt es beim blocken eines Faustangriffes
Situationen, wo man mit der Hand blocken sollte und andere wo ein Fußblock
angebracht ist; und genauso gibt es bei den Handblöcken selbst verschiedene
Situationen, welche einen ablenkenden, einen fallenden, einen schaufelnden,
einen hineinziehenden oder zur Seite schlagenden Block erfordern. Deshalb
muß man all die verschiedenen Blöcke kennen und ihre jeweilige Anwendung
verstehen, so daß man in der Lage ist, für jede Position, jede Stellung und
jeden Angriff seines Gegners den richtigen Block einzusetzen. Natürlich gibt es
einige Schüler, die der Meinung sind, „Mein bevorzugter Block ist der Block
nach unten und es ist nicht erforderlich für mich, einen anderen zu lernen,“ sie
sind wirklich oberflächlich in ihren Überlegungen, da es offensichtlich ist, daß
der Block nach unten seine Vorteile besitzt, wie alle anderen Blöcke allerdings
auch. Man muß deshalb die Schwächen und Stärken erkennen lernen, um sie
miteinander vergleichen und studieren zu können. Wenn der Lehrer unfähig ist,
ist es für den Schüler relativ leicht, im Kampftraining in diese schlechte
Gewohnheit zu verfallen. Aus diesem Grund empfehle ich, das kata Üben zu
betonen und das Kampftraining nur sekundär einzuordnen.
TRAININGSDAUER
Unter Beachtung der Länge der persönlichen Trainingsdauer, ist eine Dauer
von zehn Minuten für die meisten Menschen ausreichend. Nachdem man
entspreche Fertigkeiten und Erfahrungen besitzt, kann man in Abhängigkeit von
der körperlichen Stärke ein Stunde oder länger trainieren. Mann sollte darauf
achten, daß übertrieben lange Trainings, bedingt durch jugendlichen Eifer, zu
vermeiden sind. Idealerweise sollte man soweit es möglich ist, sein Training auf
den Morgen, den Nachmittag und den Abend aufteilen. Die Technik existiert für
die Menschen. Letztendlich ist das karate Training ein Bemühen auf dem Weg
zur Selbstvervollkommnung, so daß es die Krönung der Torheit wäre, durch
unüberlegtes Training seiner Gesundheit zu schaden oder krank zu werden.
Man sollte deshalb daran denken, daß es besser ist regelmäßig für kurze Zeit
zu trainieren, als lange und unregelmäßig. In diesem Zusammenhang sollte
man sich erinnern, daß es nur eine oder zwei
Trainingshinweise
39
Minuten braucht, um eine Kata zu laufen und man sollte darüber nachdenken
vor dem Frühstück, nach dem Mittag und dem Abendessen oder während der
Pausen an seinem Schreibtisch, zu jeder Zeit und an jedem Ort zu üben.
DREI GRUNDSÄTZLICHE PUNKTE
Drei Punkte sollte man während des karate Übens immer im Kopf behalten: (1)
leichter und starker Krafteinsatz, (2) Entspannung und Spannung des Körpers
und (3) schnelle und langsame Bewegungen in den Techniken. Obwohl es
einige gibt, die in ihrem karate Training übermäßig viel Kraft oder wahllos
schnelle Bewegungen zeigen, ist großer Krafteinsatz kein Zeichen von
schnellem Lernen, und Kraft in ununterbrochenen, schnellen Bewegungen kein
Zeichen von Können. Während man eine kata ausführt, sollte man lernen,
starke Techniken zu zeigen wo sie gefragt sind, schnelle wenn es notwendig ist
und die Geschwindigkeit zu verringern wenn es angebracht ist, und nicht
anders. Die wichtigsten Faktoren, denen der richtige Einsatz von Kraft und
Geschwindigkeit zugrunde liegen, sind die drei oben angeführten. Um in einer
vorgegebenen kata wirklich den richtigen Krafteinsatz, Entspannung und
Spannung des Körpers, schnelle und langsame Ausführung der Techniken zu
meistern, ist es nötig, daß man die einzelnen Besonderheiten der kata und die
Bedeutung der einzelnen Techniken in ihr völlig verstanden hat. Erst wenn man
die Bedeutung dieser drei Hauptpunkte tief verinnerlicht hat, kann man kata
korrekt auszuführen.
ERLERNEN NEUER FORMEN
Da es sehr schwierig ist eine ganze Form in einer Trainingseinheit zu erlernen,
ist es besser für jemanden, der eine neue Form lehrt oder lernt, diese auf
mehrere Einheiten zu verteilen. Wenn man es zum Beispiel auf drei Trainings
verteilt, kann man die erste Hälfte in der ersten, die zweite Hälfte in der zweiten
und die gesamte Form als Ganzes in der dritten Einheit durchnehmen. Sobald
man den Ablauf beherrscht, sollte man beginnen, die jeweiligen Stellungen und
Haltungen zu verbessern, die Bedeutung jeder Bewegung zu verstehen und
sich auf die Umsetzung der drei Punkte konzentrieren, leichter und starker
Krafteinsatz, Entspannung und Spannung des Körpers und schnelle und
langsame Bewegungen in den Techniken der kata. Fortschreitend auf diesem
Weg sollte man Interesse entwickeln und für ein natürliches Erlernen der
Formen sorgen.
VERARBEITUNG DES TRAININGSINHALTES
Immer wenn man etwas erlernen möchte, beginnt man normalerweise mit den
einfacheren Aufgaben und arbeitet sich zu den schwierigeren vor, daß heißt
man beginnt mit dem Simplen und versucht das Komplexe zu erreichen. Das ist
natürlich auch auf karate anzuwenden, welches systematisch erlernt werden
sollte. Es ist war, daß früher viele Meister ihren Schülern zuerst ihre bevorzugte
Form gelehrt haben. Wahrscheinlich ist dies darauf zurückzuführen, daß sie nur
etwa drei Formen beherrschten; somit fehlte dem Üben teilweise die
Systematik, was die Schüler eventuell verwirren konnte. Diese Punkte im Geist,
legte der Autor bei der Gestaltung dieses Buches großen Wert auf die
Systematik und erarbeitete dieses Buch mit den Erfahrungen der letzten fünfzig
Jahre seines Lebens. Aus diesem Grund ist er der Meinung, daß dieses Buch
eine gute Anleitung für Anfänger im karate sein kann.
40
Die KATA
BEWEGUNGSLINIEN
Das Muster, welches bei der Ausführung einer bestimmten kata auf dem Boden
beschrieben wird, nennt sich Bewegungslinie (embu sen). Die Bewegungslinien
aller kata lassen sich grob in die fünf Typen unterscheiden, welche unten
dargestellt sind.
Diese fünf Muster stimmen annähernd, und Abweichungen davon sind das
Ergebnis der Umsetzung der persönlichen Formen. Wenn man eine bestimmte
kata ausführen möchte, sollte man zuerst die Bewegungslinie beachten und
dementsprechend seine Anfangsposition einnehmen. Zum Beispiel bei Formen,
deren Bewegungslinie eine Linie ist, braucht man Platz zu den Seiten, wie in
den Tekki Formen, oder vorn und hinten, wie in der Gankaku. Insbesondere bei
der Vorführung einer kata bei einer Demonstration könnte es peinlich werden,
wenn man diesen Punkt nicht genau beachtet hat.
„Was auch immer geht muß wiederkommen“: im karate muß der Anfang und
das Ende einer kata auf einen Punkt zusammenfallen, wenn dabei ein Fehler
auftritt, ist das ein Zeichen dafür, daß ein falscher Schritt ausgeführt wurde oder
das durch ungleichmäßig lange Stellungen die Abweichung von der korrekten
Position zustande kam. Da es im karate in Wirklichkeit auf die Stabilität der
Hüften ankommt und nicht nur auf die Benutzung der Arme, die Schrittlänge
und Positionen der Füße, muß mit besonderer Gründlichkeit trainiert werden.
Was auch immer geht wird zurückkehren: es ist in Ordnung, sich die Aufnahme
dieser Regel zu erleichtern, wenn man sich vorstellt, daß sich jede Figur einer
kata mit der Position des dazugehörigen Schrittes auf der Bewegungslinie
befindet und man muß sich im Training strikt an diese Bewegungsdiagramme
halten.
Bewegungslinien 41
Die KATA
Bevor die Formen vorgestellt werden, werde ich die verschiedenen Zeichen
erklären, die an den Abbildungen angebracht wurden. Die Abbildungen zeigen
die Stellungen und Bewegungen der kata in ihrer Reihenfolge und sie sind für
jede kata durchnummeriert. Zusätzliche Zeichen sind in der oberen linken Ecke
einiger Bilder angebracht und sollen Zweifel im Detail beseitigen. Ein Kreis in
der oberen linken Ecke bedeutet, daß sich die gewohnte Ausführung von der in
der ersten Ausgabe beschriebenen unterscheidet. Abgestimmt mit den
Abbildungen sind die entsprechenden Fußstellungen im Verhältnis zur
Bewegungslinie skizziert. Die fettgedruckten Zahlen unter den Skizzen der
Fußarbeit beziehen sich auf die Zählzeit der beschriebenen kata. Ein voll
ausgemalter Fußabdruck in der Skizze beschreibt die Fußstellung in dem
Moment, der in der Abbildung der Form dargestellt wurde, während ein nur
umrissener Fußabdruck die Fußstellung in der vorhergehenden Stellung
bezeichnet. In den Fällen, wo ein Teil des Fußes nicht den Boden berührt, ist
dieser Teil weiß. Eine gestrichelte Linie beschreibt den Weg der Fußbewegung.
Obwohl es wirklich sehr schwer ist, eine kata gut zu lernen, glaube ich, daß ein
Schüler, der genügend Zutrauen hat, durch Selbststudium ein hohes Niveau im
karate erreichen kann, wenn er fleißig nach den Erklärungen und Abbildungen
in diesem Buch übt.
TAIKYOKU SHODAN, NIDAN und SANDAN
Es gibt drei Taikyoku Formen (nummeriert mit den Ordnungszahlen, Shodan,
Nidan und Sandan). Taikyoku Shodan ist eine grundlegende Form, die aus zei
Armtechniken besteht, dem ablenkenden Block in der unteren Stufe (gedan
barai) und dem Vorwärtsangriff zur mittleren Stufe (chùdan oi-zuki), und einer
Stellung, der Vorwärtsstellung (zenkutsu-dachi). Weil sie so einfach ist, ist die
kata von Anfänger leicht zu lenen. Trotzdem, wie ihr Name verdeutlicht,² hat
diese Form einen sehr tiefsinnigen Charakter und ist eine von denen, zu denen
ein Experte zurückkehrt und sie auswählt als die beste Trainingskata, wenn er
die Kunst des karate gemeistert hat.
Wer in der Lage ist, die Taikyoku Formen gekonnt auszuführen, kann die
anderen kata relativ leicht verstehen. Aus diesem Grund sollte die Taikyoku
Form prinzipiell als die höchste Form betrachtet werden. Tatsächlich ist die
Taikyoku Kata der Grundtyp einer karate kata, einer Zusammenstellung aus
Abwärtsblock und Vorwärtsfauststoß zur mittleren Stufe (Grundtechniken in
jedem Training), der Vorwärtsstellung, den typischen Körperbewegungen des
karate und einer festgelegten Bewegungslinie.
Die Bewegungslinie der Taikyoku Shodan gehört zur Gruppe I. Die kata besteht
aus vierundzwanzig Bewegungen und der Anfangs- (yòi) und yame-Stellung.
Anfänger benötigen 40 Sekunden für die ganze Form, während ein
fortgeschrittener Schüler dafür nur fünf oder sechs Sekunden benötigen sollte.
_____________________________
2.
Taikyoku ist ein philosophischer Begriff, der den Makrokosmos bezeichnet vor seiner
Unterscheidung in Himmel und Erde: folglich das Chaos oder die Leere.
[Anmerkung des Übersetzers]
42
Die KATA
Es lohnt sich darauf hinzuweisen, daß die I-Gruppe die grundlegendste
Bewegungslinie ist, von der die anderen hergeleitet sind.
Yòi. Es ist angemessen, sich vor und nach der Ausführung der kata zu
verbeugen. Im Anschluß an die Verbeugung werden die Fäuste zwei Zoll vor
den Oberschenkeln gehalten, die Finger zeigen zu den Schenkeln. Die Augen
sind direkt nach vorn gerichtet, das Kinn einwärts, die Schultern leicht gesenkt
in einer natürlichen Haltung; der gesenkte Unterleib ist leicht vorgedrückt, die
Füße sind gerade ohne in den Knien zu sperren, der rechte Fuß ist einen
halben Schritt vom linken entfernt, und die Zehen zeigen leicht nach außen in
einem V (natürliche Stellung). Die yòi³ Stellung ist Bestandteil jeder kata, und
das Niveau der Fähigkeit von jemanden kann man klar an dieser Stellung
erkennen. Man muß sich deshalb mit einer sehr ernsthaften Einstellung dieser
Stellung zuwenden.
_______________________________
3.
Das Wort yòi bedeutet „bereit.“ Der Begriff yame am Ende der kata beinhaltet eine
Auswirkung der Bereitschaft. Weil „bereit zu ende“ ein unhandlicher Ausdruck ist, werde
ich in Zukunft die japanischen Begriffe yòi und yame nutzen zur Bestimmung der
Bereitschaftsstellungen am Beginn und Ende der kata.
[Anmerkung des Übersetzers.]
TAIKYOKU SHODAN, NIDAN UND SANDAN
43
Yame. Auf dem rechten Fuß entgegen dem Uhrzeigersinn drehen, um den
linken Fuß zu seiner Startposition auf der linken Seite der Linie 1 abzusetzen.
Dies ist langsam und ruhig auszuführen, und es ist sehr wichtig, daß man
während der yame Bewegung nicht in seiner Wachsamkeit nachläßt.
Bis der Abschnitt beherrscht wird, führe man die Bewegungen der Form leicht
und korrekt aus, danach setze man Kraft in die Bewegungen.Es ist vielmehr
wichtig, daß die Form wiederholt geübt wird, so daß man jede Bewegung
unbewußt korrekt ausführt.
Die vorhergehende Beschreibung weisen auf die Taikyoku Shodan hin. Die
folgenden Änderungen dieser Anweisungen ergeben Taikyoku Nidan und
Sandan :
Die Ausführung der Taikyoku Nidan ist gleich der der Shodan, außer das in
Nidan alle Stöße zur obere Stufe sind anstelle der Angriffe zur mittleren Stufe.
In Taikyoku Sandan werden die Blöcke nach unten entlang der Linien 1 und 3 in
Taikyoku Shodan ersetzt mit Armblöcken (ude uke) in mittlerer Stufe, die in
Rückwärtsstellung (kòkutsu) ausgeführt werden, und die Teile der drei
aufeinander folgenden Vorwärtsangriffe zur mittleren Stufe entlang der Linie 2
werden zu Angriffen zur oberen Stufe, die übrigen Bewegungen sind gleich der
Taikyoku Shodan.
Die Taikyoku Formen bestehen aus Elementen mit Blocks gefolgt von einem
TAIKYOKU SHODAN, NIDAN UND SANDAN
47
einzelnen Vorwärtsangriff entlang der Linien 1 und 3, oder Blocks gefolgt von
drei aufeinander folgenden Vorwärtsangriffen entlang der Linie 2, jede Form hat
insgesamt zwanzig Bewegungen. Wenn man diese zwanzig Bewegungen
korrekt und ohne stocken ausführen kann, muß man diese Block-AngriffKombinationen üben, bis man sie in einer einzigen kontinuierlichen Bewegung
von Atmung und Körperbewegung ausführen kann. Durch dieses Üben wird
man die drei Hauptpunkte des karate verstehen, schwacher und starker
Krafteinsatz, Entspannung und Spannung des Körpers und schnelle und
langsame Techniken. Bei alledem übe man die kata ernsthaft und stelle sich die
Gegner um einen herum wirklich vor, dadurch erreicht man das Verständnis in
das Konzept das alle Bewegungen, die den Körper in die verschiedenen
Richtungen bewegen, einen höheren Sinn haben und zu einer übersinnlichen
Bewegung führen die im Geist verinnerlicht ist, Waffe und Körper ist eine
Einheit. Im Zusammenhang damit wird man die Aussage verstehen, „Es gibt
kein sente [ersten Angriff] im karate,“ den Zustand der vollständigen Passivität.
Begründet auf diese Eigenschaften erhielten diese Formen den Namen
Taikyoku.
Auf die detaillierte Übersetzung der kata Abläufe wird an dieser Stelle
verzichtet, da diese allgemein bekannt sind bzw. in der hier
beschriebenen Art heute auch nicht mehr ausgeführt werden.
Lediglich einige wichtige bunkai Verweise des Autors sollen hier
wiedergegeben werden.
HEIAN SHODAN
Diese Form hat einundzwanzig Bewegungen, die in etwa einer Minute vollendet
werden. Die Bewegungslinie gehört zur I Gruppe.
Technik 4 – tettsui-uchi :
Befreiung des Handgelenkes aus dem Griff des Gegners nach dem rechten
Block und Angriff zu seinem Gesicht oder Unterarm.
Technik 7 – shutò-age-uke :
Als der Gegner bemerkt, daß sein Angriff zur unteren Stufe abgewehrt ist, setzt
er seinen Angriff mit der rechten Faust zum Gesicht fort; dieser Angriff wird hier
mit dem linken Handgelenk geblockt.
Technik 8 (bis 10) – age-uke :
Nach der Abwehr des gegnerischen rechten Faustangriffes mit der linken Hand
greift die linke Hand das rechte Handgelenk des Gegners und dreht dieses
nach außen, um den gegnerischen rechten Ellenbogen mit dem aufsteigenden
rechten Unterarm zu brechen.
Technik 19 (bis 22) – shutò-uke :
Diese Bewegung ist ein Block mit dem Handgelenk gegen einen Angriff.
Anschließend, eine Lücke erkennend, greift die Blockhand das Handgelenk des
Gegners und zieht es nach innen, man greift seinen solar plexus mit der
anderen Hand mit einer Speerhand (nukite) an.
HEIAN NIDAN
Zuerst war diese Form die Heian Shodan. Sie hat sechsundzwanzig
Bewegungen und wird in einer Minute vollendet. Die Anmerkungen in der
Beschreibung der Heian Shodan bezüglich der Zählung, der Verbeugung und
des yòi treffen hier genauso zu. Die Bewegungslinie gehört zur I Gruppe, wie
bei der Heian Shodan.
Technik 1 (und 4) – jodan-haiwan-uke :
Mit dieser Bewegung blockt man mit dem linken Handgelenk einen Angriff zum
Gesicht von der linken Seite und schützt den Kopf mit der rechten Faust.
Technik 7 und 8 – jodan-uraken-uchi / yoko-geri-keage :
Gleichzeitiger Angriff zum Gesicht des Gegners mit rechtem Faustrückenschlag
(uraken) und zur Leiste oder Brust mit der rechten Fußaußenkante (sokutò).
Technik 12 – shihon-nukite :
Während ein Angriff des Gegners mit der linken Handfläche nach unten
abgelenkt und gezogen wird, macht man einen Speerhand-Angriff (nukite) zum
solar plexus.
Technik 17 (und 20) – uchi-uke :
Abwehr eines gegnerischen Angriffs zum Brustkasten mit einer Hakenabwehr
mit dem rechten Handgelenk.
Technik 18 (und 21) – mae-geri :
Das Handgelenk des Gegners greifen und zu seinem Ellenbogen treten.
Techniken shuto-uke und age-uke – Anwendung entsprechend Heian Shodan.
HEIAN SANDAN
Diese Form hat insgesamt dreiundzwanzig Bewegungen, welche in einer
Minute vollendet werden. Die Bemerkungen bezüglich der Kommandos,
Verbeugung usw. sind die gleichen wie bei Heian Shodan. Die Bewegungslinie
gehört zur T Gruppe.
Technik 1 – uchi-uke :
Zweck ist die Abwehr eines Angriffs von links zu den linken Rippen.
Technik 2 – kosa-uke :
Der Angreifer, dessen erster Angriff in Bewegung 1 abgewehrt wurde, greift nun
mit seiner linken Faust und linken Fuß an. Diese zwei Angriffe werden hier
geblockt.
Technik 3 – kosa-uke :
Der Angreifer greift jetzt mit der anderen Faust und Fuß an. Die rechte Faust
wird mit dem linken Arm und der rechte Fußangriff mit dem rechten Arm
abgewehrt.
Die Bewegungen 2 und 3 sind Abwehren gegen kombinierte Faust- und
Fußangriffe und dient dem Wechsel von einer nachteiligen in eine vorteilige
Position. In der Praxis ist dabei die niedrigere Vorwärtsstellung der hier geübten
vorzuziehen.
Technik 8 – shihon-nukite :
Die linke Handfläche drückt den rechten Faustangriff eines Gegners zum
Brustkasten herunter und zieht an seinem Handgelenk, während die rechte
Vier-Finger-Speerhand den Gegenangriff zum solar plexus ausführt.
Technik 9 – tettsui-uchi :
Der Gegner hat den Speerhandstoß von Technik 8 abgewehrt, das Handgelenk
gegriffen und dreht es nach links. Man drehe sich nach links, so daß das
Handgelenk auf dem Rücken ist, und greife mit dem Eisenhammerschlag zur
Seite des Gegners an.
Technik 10 – oi-tsuki :
Der Gegner ist aus Überraschung nach hinten gefallen, man nutzt den Vorteil
und greift mit einer Abschlußtechnik zu seinem solar plexus an.
Technik 12 (15, 18) – fumi-komi :
Aufstampfen und dadurch den gegnerischen Oberschenkel brechen,
gleichzeitig mit dem Ellenbogen zu seinem solar plexus angreifen. In einer
realen Situation wäre es ungeschickt, beide Fäuste an der Hüfte zu halten. Man
würde z.B. den Faustangriff des Gegners blocken, dann sein Handgelenk
greifen und ziehen und seinen Brustkorb mit dem Ellenbogen des anderen
Armes angreifen. Abschließend schlägt man einen Faustrückenschlag zum
Punkt zwischen Nase und Oberlippe (philtrum).
Technik 13 (16, 19) – tate-uraken-uchi :
Angriff mit Faustrückenschlag zum Punkt zwischen Nase und Oberlippe.
Technik 22 und 23 – chudan-empi-uchi / jodan-kagi-tsuki :
Zweck der Bewegung ist es, einer Körperumklammerung von hinten zu
entkommen. Man senke die Hüften und gleichzeitig greife man mit einer Faust
zum Gesicht und mit dem anderen Ellenbogen zur Körperseite an.
Yori-ashi besteht aus Anspannung des linken Fußes, zum Beispiel, und
abdrücken mit diesem um mit beiden Füßen nach rechts zu gleiten, so daß man
seine Position verschiebt. Wie die Bewegungen 22 und 23 gibt es viele
Beispiele in den verschiedenen kata, in denen eine Technik erst zu einer Seite
und dann zur anderen ausgeführt wird. Man muß immer daran denken, daß der
Zweck dessen nicht nur der Erhalt des Gleichgewichts der Bewegungen ist,
sondern die Entwicklung der Spontanität der Bewegung, nach links und rechts,
nach vorn und hinten, den in einer kritischenh Situation ist eine angemessene
Verteidigungsreaktion erforderlich.
HEIAN YODAN
Diese Form besteht vollständig aus siebenundzwanzig Bewegungen, welche in
einer Minute vollendet werden. Die Bewegungslinie gehört zur Plus-Minus
Gruppe.
Technik 1 (und 2) – jodan-haiwan-uke :
Diese Technik entspricht der in Heian Nidan, nur daß die Hände geöffnet sind.
Auch die Bedeutung ist die gleiche : abwehren und greifen des Handgelenkes
des Gegners und vorbereiten ihn nach innen zu ziehen und mit der anderen
Schwerthand zu seinem philtrum (Punkt zwischen Nase und Oberlippe) oder
seiner Halsseite anzugreifen.
Technik 3 – gedan-juji-uke :
Blocken eines gegnerischen Fußangriffes zur Leistengegend, indem man die
Fäuste vor das Schienbein des Gegners stößt.
Technik 5 und 6 (bzw. 8 und 9) – yoko-geri / uraken-uchi :
Spiegelseitige Bewegungsausführung der Technik 8 aus Heian Nidan.
Gleichzeitiger Angriff zum Gesicht des Gegners mit Faustrückenschlag (uraken)
und zur Leiste oder Brust mit der Fußaußenkante (sokutò).
Technik 7 (und 10) – mawashi-empi :
Den Trittfuß zum Gegner absetzen, seinen Arm greifen und einwärts ziehen
und ihn mit dem Ellenbogen angreifen.
Technik 12 – mae-geri :
Den Arm des Gegners halten und einwärts ziehen und seinen Angriffsarm mit
dem Fußtritt brechen.
Technik 14 (und 18) – kakiwake-uke :
Die Bedeutung hier liegt im brechen eines Doppelfaustangriffes (morote-zuki),
indem man die Angriffsarme mit den Handgelenken zu den beiden Seiten
drückt.
Technik 25 – hiza-geri :
In das Gesicht des Gegners drücken, seinen Kopf greifen und ihn kräftig nach
unten zum Knie ziehen.
HEIAN GODAN
Diese Form hat fünfundzwanzig Bewegungen, welche in einer Minute vollendet
werden. Die Bewegungslinie gehört zur T Gruppe.
Technik 1 und 2 (bzw. 4 und 5) – uchi-uke / gyaku-tsuki :
Den gegnerischen Faustangriff von links mit dem linken Unterarm (uchi-uke)
abwehren und sofort sein Handgelenk greifen und zu seinem Brustkasten
stoßen.
Technik 8 – gedan-juji-uke :
Dies ist die gleiche Bewegung wie die Bewegung 3 in Heian Yodan. Dies ist die
Stellung zur Abwehr eines gegnerischen Trittes zur unteren Stufe.
Technik 9 – jodan-juji-uke :
Das Gefühl hierbei ist, nachdem der Angriff zur unteren Stufe abgewehrt wurde,
bemerkt man den Angriff des Gegners zur oberen Stufe, stoße den zweiten
Angriff ohne die kleinste Pause zwischen den Blocks beiseite.
Die Fähigkeit, die Verteidigung frei auf die jeweilige Situation anzupassen ist
eine besondere Eigenschaft des karate. Der Ausspruch „sich dem Gegner
anpassen“ kommt daher.
Technik 10 – haishu-otoshi-uke :
Diese Bewegung lenkt einen Angriff nach unten, den der Gegner dem
Kreuzblock nach oben unmittelbar folgen läßt.
Technik 14 – haishu-uke :
Die Bedeutung hier ist das Ablenken (einhaken) eines gegnerischen Angriffs
zur mittleren Stufe mit dem linken Handgelenk.
Technik 15 – mikazuki-geri :
Die Bedeutung hier ist das Greifen des gegnerischen rechten Handgelenks mit
der linken Hand, ihn einwärts zu ziehen und zu seinem Brustkasten zu treten.
Technik 16 – mawashi-empi-uchi :
Die Bedeutung ist hier ein Angriff auf den Gegner mit dem rechten Ellenbogen,
während man ihn mit der linken Hand einwärts zieht.
Technik 17 – morote-uchi-uke :
Die Bedeutung dieser Bewegung ist die Abwehr eines Angriffs zur mittleren
Stufe von der rechten Seite, während man den ersten Gegner in Bewegung 16
mit dem rechten Ellenbogen angreift.
BASSAI
Diese kata hat insgesamt zweiundvierzig Bewegungen., welche in ca. einer
Minute vollendet werden. Die Bewegungslinie gehört zur T Gruppe.
yòi – Position :
Die Bedeutung dieser Position liegt im Schutz der Genitalien.
Technik 2 und 3 – uchi-uke / gyaku-uchi-uke :
Die Bedeutung dieser Bewegungen liegt im Blocken eines gegnerischen
rechten Faustangriffs mit dem linken Unterarmblock, unmittelbar gefolgt von
einem Umwechsel der Blockarme und damit einem Wechsel von einer
unvorteilhaften Position (der Abwehrende ist besonders einem Angriff des
Gegners mit dessen linker Faust oder linken Fuß ausgesetzt) zu einer
vorteilhaften (man ist relativ geschützt vor Angriffen des Gegners mit seiner
linken Seite). Diese Bewegungsform ist eine Charakteristik dieser kata und
kommt häufig ihn ihr vor.
Technik 4 – gyaku-soto-uke :
Nach der Abwehr eines Angriffs von hinten in der vorhergehenden Bewegung,
greift jetzt ein Gegner aus der vorderen Richtung an und wird mit der linken
Faust zur Seite geblockt, während der Verteidiger ihm das Gesicht zudreht.
Technik 9 – tate-shuto-uke :
Der Gedanke hierbei ist die Abwehr eines gegnerischen Angriffs von vorn mit
einem Schlagblock mit der linken Hand von innen zur linken Seite.
Technik 10 – choku-tsuki :
Die Bedeutung hier ist, man greift das gegnerische Handgelenk oder seinen
Arm und zieht ihn, während man ihn angreift.
Technik 11 – uchi-uke :
Dies ist ein Block gegen einen Angriff zum Brustkorb. Behalte die Augen immer
auf denen des Gegners.
Technik 12 – choku-tsuki :
Immer wenn, wie in diesem Fall, die Hand zur Hüfte zurückgezogen wird, soll
man das Gefühl haben den Gegner zu greifen und ihn heranzuziehen.
Technik 19 – fumi-kiri :
Der Bewegung 18 folgend, in welcher man die Hand des Gegners erfaßt hatte,
wird jetzt der rechte Fuß angehoben um in kraftvoll nach unten abzusetzen auf
den Oberschenkel des Gegners.
Technik 22 – morote-age-uke :
Die Bedeutung der Haltung beider Fäuste über dem Kopf ist, mit beiden
Handgelenken einen gegnerischen beidhändigen Angriff zur oberen Stufe
abzuwehren.
Technik 23 – morote-hasami-tettsui-uchi :
Die Bedeutung liegt in der beidhändigen Abwehr eines beidhändigen Angriffs
des Gegners, dann nach vorn setzen und seine zwei Seiten mit
Hammerfaustschlägen angreifen.
Technik 24 – oi-tsuki :
Die Bedeutung liegt hier in der Verfolgung des aus Überraschung vor dem
vorhergehenden Angriff nach hinten gefallenen Gegners und der sofortigen
Ausführung eines abschließenden Schlages.
Technik 29 – gedan-barai :
Die Bedeutung hier ist ein Block zur unteren Stufe mit der einen Faust und der
Schutz des solar plexus Region mit der anderen Faust.
Technik 33 – 37 – yama-tsuki :
Diese Bewegungen sind sich dreimal wiederholende Bewegungen (links–
rechts–links). Solche Abschnitte kommen in verschiedenen kata vor, in diesem
Fall der wiederholten Technik wird geübt, wenn die Haare vom Gegner
festgehalten werden; während man dem Gegner fest anschaut und ohne sich
anzustrengen, den Kopf von der Position, zu welcher er gezogen wird,
wegzubewegen, greift man gleichzeitig mit beiden Fäusten zu seinem philtrum
(Punkt zwischen Nase und Oberlippe) und zu seinem Unterleib an.
Dies ist ein Beispiel für die Taktik „Schneide in sein Fleisch weil er deine Haut
schneidet“ (d.h., macht er einen Schnitt in die Haut füge ihm einen Schnitt in
den Muskel zu).
Technik 38 und 39 – sukui-uke :
Diese Technik dient dem aufnehmen (schaufeln) und sofortigen abwerfen eines
gegnerischen Fußes.
KWANKÙ
Diese kata besteht aus fünfundsechzig Bewegungen, die in etwa zwei Minuten
ausgeführt werden. Die Bewegungslinie gehört zur plus-minus Gruppe.
yòi – Position :
Diese Position der Hände ähnelt sehr stark den Etiketten der ogasawara
Schule.
Technik 2 – shuto-uchi in die Handfläche :
Erste Bedeutung :
Demonstrieren, daß man unbewaffnet ist.
Zweite Bedeutung :
Schutz der Leistengegend.
Diese Art der Doppelbedeutung ist grundlegend und beinhaltet bei den
Beschreibungen „Zwei sind eins, eins ist zwei,“ abgeleitet aus dem yin-yang
Symbol.
Technik 5 – tate-shuto-uke :
Die Bedeutung der Bewegung ist, daß die rechte Hand einen Arm des Gegners
einwärts zieht und die linke Hand einen Angriff des Gegners von innen her
blockt.
Technik 7, 8 und 9 – uchi-uke / choku-tsuki :
Dies sind die gleichen Bewegungen wie die Techniken 11, 12 und 13 in Bassai.
Technik 10 bis 15 – yoko-geri-keage / uraken-uchi, shuto-uke :
Diese Techniken sind gleich den Bewegungen in Heian Nidan.
Technik 16, 17 – shuto-age-uke / gyaku-jodan-shuto-uchi, mae-geri :
Die Bedeutung der 16. und 17. Bewegung ist die gleiche wie bei der 11. und 12.
Bewegung von Heian Yodan.
Technik 27 bis 31 – yoko-geri-keage / uraken-uchi, mawashi-empi-uchi :
Diese Bewegungen sind die gleichen wie in Heian Yodan, vergleiche dort
Technik 32 bis 35 – shuto-uke :
Diese Bewegungen sind identisch mit den Bewegungen 13 bis 16 aus Heian
Nidan.
Technik 38 – vorgleiten mit tate-uraken-uchi :
Die linke Hand nach vorn strecken als wolle man etwas greifen, und sie dann
zur linken Hüfte zurückziehen.
Es ist die gleiche Sprungtechnik wie in Heian Yodan erläutert.
Technik 43 – abgeduckt am Boden :
Diese Stellung ist eine Eigenheit der Kwankù, sie wird in einer Patt-Situation
angewandt, in welcher jeder der Gegner sein Potential offensichtlich erschöpft
hat. Jetzt plötzlich läßt der eine seinen Körper zu Boden fallen um den Gegner
zu erschrecken und damit einen Angriff vorzubereiten.
Kwankù ist eine der längsten Formen im karate und sie ist so unterschiedlich in
ihren technischen Möglichkeiten das sie allgemein bekannt ist als die
Kampfform gegen acht Feinde. Viele spüren, daß, wenn sie diese Form
beherrschen, sie in der Lage sind, sich selbst gegen mehrere Gegner als nur
einem zu verteidigen, nicht nur in solchen Fällen, in denen der Angriff von zwei
oder dreien im gleichen Augenblick kommt, vielmehr auch dann, wenn alle
gleichzeitig angreifen.
TEKKI SHODAN
Diese kata besteht aus neunundzwanzig Bewegungen und wird in einer Minute
vollendet. Die Bewegungslinie ist eine gerade Linie.
yòi – Position :
Die geöffneten Hände beinhalten natürlich die zweite Bedeutung, daß man
keine Waffen hat. Zusammen mit der ersten Bedeutung, dem Schutz der
Genitalien, sollten die Hände etwas vom Körper weggehalten werden.
Technik 1 – kosa-dachi :
Diese Bewegung ist eine Vorbereitung zur Verteidigung gegen einen Gegner
von rechts.
Technik 2 (und 20) – haishu-uke in kiba-dachi :
Die grundlegende Stellung der Tekki Formen wurde im Detail im Abschnitt der
Stellungen im Kapitel 2 erläutert, Hinweise und genaues Studium der
Erläuterungen erfolgte dort. Diese Stellung ist der Schwerpunkt in dieser Form
und muß mit besonderer Sorgfalt geübt werden. Die Bedeutung der aktuellen
Bewegung ist das Einhaken und Blocken eines Angriffs von rechts mit dem
rechten Handgelenk.
Technik 5 (und 23) – gedan-barai :
Diese Bewegung ist in jeder Hinsicht gleich dem ersten Block in Heian Shodan,
mit Ausnahme dem Wechsel der Stellung zur Reiterstellung.
Technik 6 (und 24) – kagi-zuki :
Diese Position des rechten Armes bedeutet einen Schutz des solar plexus. ...
... (die mizu-nagare oder „fließendes Wasser“ Position).
Technik 7 (und 25) – kosa-dachi :
Zu dieser Bewegung sei angemerkt, daß sie eine Vorbereitung zur Verteidigung
gegen einen Gegner von links darstellt, sie wird mit gesenkten Hüften
ausgeführt.
Technik 10 (und 28) – gedan-barai / jodan-nagashi-uke :
Die Bedeutung dieser Bewegung ist die Verteidigung
gleichzeitigen Angriff mit einer Faust und einem Fuß.
gegen
einen
Technik 9 bis 11 (und 27 bis 29) :
Die Bewegungen 9 bis 11 sind Techniken, welche typisch in der Reiterstellung
ausgeführt werden und fleißiges Üben erfordern, wegen ihrer beträchtlichen
Schwierigkeit. Obwohl sie zur Erleichterung der Erklärung einzeln betrachtet
werden, werden sie natürlich in einer einzigen Bewegung ausgeführt. Die
Bedeutung der Bewegung 11 das herunterziehen der angreifenden Faust des
Gegners in Richtung Körper mit der rechten Hand und der Gegenangriff zum
Oberkiefer mit dem linken Faustrücken. Daher muß die linke Faust ihre
Bewegung direkt vor dem Gesicht beenden.
Technik 13 (und 31) – nami-ashi :
Der Zweck dieser Bewegung ist die Abwehr eines gegnerischen Trittangriffs.
Nachdem man sie gut gelernt hat, sollte man die Bewegungen 13 und 14 als
eine einzige, ununterbrochene Bewegung ausführen.
Technik 14 (und 32) – absetzen und haiwan-uke :
Die Bedeutung dieser Technik ist das Herunterstoßen des Fußes auf das Bein
des Gegners, während man seinen Faustangriff mit dem linken Handgelenk
abwehrt.
Technik 15 (und 33) – Blickwendung :
Der Zweck dieser Bewegung ist die Vorbereitung auf einen Angriff, den man
von rechts fühlt.
Technik 16 und 17 (und 34 und 35) – nami-ashi / soto-uke :
Der Zweck dieser Bewegung ist, mit dem rechten Fuß den Tritt eines Gegners
beiseite zu schlagen und ohne Unterbrechnung gleichzeitig sein Standbein
anzugreifen und seinen Angriff zur mittleren Stufe abzuwehren.
Technik 18 (und 36) – Blickwendung, koshi-gamae :
Diese Bewegung, mit der Kopfdrehung nach links, ist eine Vorbereitung auf
einen Gegner, den man von links spürt, während man mit Block und Angriff
nach rechts beschäftigt ist.
Technik 19 (und 37) – morote-zuki :
Dies ist eine Art eines Doppelhandangriffs (morote-zuki). Die linke Faust blockt
einen Angriff von links nach außen und greift die mittlere Stufe des Gegners an,
während die rechte Faust entweder den Oberkörper schützt oder selbst
angreift. In der Praxis wird der Körper mehr nach links gedreht, so daß die
rechte Faust den Oberkörper des Gegners angreifen kann.
Obwohl diese kata zur leichteren Beschreibung in siebenunddreißig
Bewegungen zergliedert wurde, sind bestimmte Gruppen, wie neun bis elf,
dreizehn und vierzehn, sechzehn und siebzehn, siebenundzwanzig bis
neunundzwanzig, einunddreißig und zweiunddreißig, vierunddreißig und
fünfunddreißig, geeignet, über eine Ausführung als eine einzige Bewegung
nachzudenken, so daß sie tatsächlich aus neunundzwanzig Bewegungen
besteht.
TEKKI NIDAN
In dieser Form sind sechsundzwanzig Bewegungen, die in einer Minute
ausgeführt werden. Die Bewegungslinie ist eine gerade Linie, wie in Tekki
Shodan.
yòi – Position :
Diese ist identisch mit der yòi Stellung in Heian Shodan.
Technik 1 – Kamae :
Diese Position, mit dem Brustschutz, ist eine Bereitschaft gegen einen Gegner
von rechts.
Technik 2 (und 6) – haiwan-uke / kagi-tsuki :
Die Bedeutung dieser Bewegung ist ein Block von innen mit dem rechten
Handgelenk gegen einen Angriff von rechts und Schutz der Brust mit der linken
Faust.
Technik 3 (und7) – sukui-uke :
Die Bedeutung dieser Bewegung ist das Blocken eines Angriffs, denn man von
vorn kommen spürt, während man weiterhin nach rechts schaut zur Sicherung
gegen den Gegner aus dieser Richtung.
Technik 4 (und 8) – gedan-nagashi-uke :
Diese Bewegung lenkt einen Angriff zur mittleren Stufe von rechts ab mit einem
Block mit dem rechten Handgelenk.
Technik 11 und 12 (und 21 und 22) – hiza-geri / mawashi-empi-uchi :
Obwohl die Bewegungen 11 und 12 als zwei Bewegungen vorgestellt wurden,
sollten sie als eine einzige Bewegung ausgeführt werden. Die Bedeutung ist der
gleichzeitige Angriff zum Bein des Gegners mit dem rechten Fuß und zu seinem
solar plexus mit dem rechten Ellenbogen.
Technik 13 (und 23) – tsukami-uke :
Die Bedeutung hier ist das Greifen des gegnerischen Handgelenks, wenn er
von rechts angreift.
Technik 14 (und 24) – kagi-tsuki :
Die Bedeutung hier, nachdem man den angreifenden Arm des Gegners
gegriffen hat, und während man diesen dreht, schlägt man in seine rechte
Hüfte.
Technik 17 und 18 ( und 27 und 28) – gedan-barai / nagashi-uke, uraken-uchi :
Die Bewegungen 17 und 18 werden als eine Bewegung ausgeführt. Die
Bewegung ist gleich den Bewegungen 27, 28 und 29 in Tekki Shodan.
TEKKI SANDAN
Diese Form besteht aus sechsunddreißig Bewegungen und wird in einer Minute
ausgeführt. Die Bewegungslinie ist eine gerade Linie, wie in Tekki Shodan und
Nidan.
yòi – Position :
Diese ist die gleiche wie die yòi Stellung in Heian Shodan.
Technik 2 und 3 – gedan-barai / uchi-uke, soto-uke / kamae :
Der Gegner, dessen Angriffe zur unteren und mittleren Stufe in Bewegung 2
geblockt wurden, zieht seine Fäuste zurück und greift sofort wieder mit einer
Doppelhandtechnik an. Seine linke Faust wird mit der linken Hand nach unten
geblockt und seine rechter Arm wird mit dem rechten Handgelenk abgelenkt.
Technik 4 (und 21) – jodan-nagashi-uke :
Als der Gegner feststellt, daß seine linke Faust beiseite gelenkt wurde und
seine rechte Faust zur Seite gedrückt, zieht er seine linke Faust zurück und
greift entschlossen und unnachgiebig noch einmal an; dieser Angriff wird hier
abgewehrt, das gegnerische linke Handgelenk wird durch das rechte
Handgelenk weggedrückt.
Technik 5 (und 22) – uraken-uchi :
Das Ziel ist der Punkt zwischen Nase und Oberlippe beim Gegner.
Nachdem man dies gut gelernt hat, sollten die Bewegungen 3 bis 5 (bzw. 20 bis
22) als eine ununterbrochene schnelle Einheit ausgeführt werden.
Technik 10 (und 27) – gedan-nagashi-uke :
Diese Bewegung dient der Abwehr eines Angriffs zur mittleren Stufe von der
rechten Seite.
Technik 11 (und 28) – gedan-nagashi-uke :
Ein Gegner tritt zur offenen rechten Seite des Körpers und wird geblockt, indem
man sein Bein mit der schmalen Seite des rechten Handgelenks weg schlägt.
Technik 16 – uraken-uchi :
Ein Faustrückenangriff zum Punkt zwischen Nase und Oberlippe des Gegners.
Technik 20 – soto-uke / Kamae :
Die Bedeutung liegt hier darin, mit dem linken Handgelenk einen gegnerischen
Angriffs zur mittleren Stufen beiseite zu schlagen.
Technik 31 – tsukami-uke :
Als wenn man den gegnerischen Faustangriff fängt. Entspricht Technik 13 aus
Tekki Nidan.
Technik 32 – kagi-Tsuki :
Entspricht Technik 24 aus Tekki Shodan.
HANGETSU
Diese kata besteht aus einundvierzig Bewegungen und man braucht etwa eine
Minute zu ihrer Ausführung. Die Bewegungslinie ist ein Kreuz.
yòi – Position :
Diese ist die gleiche wie die yòi Stellung in Heian Shodan.
Technik 1, 3 und 5 – hangetsu-dachi mit uchi-uke :
Diese Form kommt aus der Shòrei Schule, welche besonders das Training und
die Entwicklung des Körpers betont. Diese Bewegungen werden langsam
ausgeführt und zeigen die Anwendung der Kraft an den kritischen Punkten
jeder Technik. Dieser Fakt sollte während der Ausführung der ganzen Form
ständig beachtet werden, besonders in der Art des Krafteinsatzes und der
Muskelspannung der Beine.
Technik 9 – yama-uke :
Diese Figur erinnert an das Schriftzeichen für Gebirge (V). Die Brust ist
geöffnet. Diese Haltung wird wegen der Stellung der Arme Berghaltung
(yamagamae) genannt. Es ist ein oberer Stufe Block mit beiden Armen.
Technik 12 – tsukami-uke :
Die Bedeutung dieser Bewegung ist zuerst den gegnerischen Angriff zur
mittleren Stufe zu blocken, dann die Hand zu drehen, das Handgelenk des
Gegners zu greifen und ihn einwärts zu ziehen.
Technik 20 – yori-ashi / uchi-uke :
In Hinsicht auf die Gleittechnik vergleiche die Erklärungen zu Abbildung 50
(Technik 23) bei Heian Sandan.
Technik 26 (und 32und 38) – kiba-dachi mit tate-uraken-uchi :
Das Gefühl sollte so sein, als greife man eine Hand des Gegners mit dem
linken Faustrücken an.
Technik 27 (und 33) – kosa-dachi :
Ein Gegner hat das linke Handgelenk mit seiner rechten Hand gegriffen um es
zu sich heran zu ziehen, man geht näher heran um die Distanz zu verkürzen.
Technik 28 ( und 34) – mae-geri / soto-uke :
Man tritt zum rechten Arm des Gegners, mache sich frei und ziehe seine linke
Faust zurück.
Technik 29, 30 (und 35, 36) – chudan-ni-ren-tsuki :
Hat man die linke Faust mit einem linken Tritt zu seinem rechten Arm aus dem
gegnerischen Griff befreit, läßt man unmittelbar einen links-rechts-Mehrfachstoß
(renzuki) folgen.
Technik 39 – mikatsuki-geri :
Hingewiesen sei auf die Beschreibung dieses Trittes bei Bewegung 15 in Heian
Godan und 28 in Bassai. Die Bedeutung hier ist den Gegner während der
Beendigung der Bewegung 38 zu greifen und ihn dann einwärts zu ziehen und
mit dem rechten Fuß zu seinem Brustkasten zu treten.
JUTTE
Dies sind vierundzwanzig Bewegungen, die ihn einer Minute vollendet werden;
die Bewegungslinie ist ein Kreuz, d.h., die gleiche wie bei Hangetsu.
Technik 1 – tekubi-osae-uke :
In dieser Bewegung wird das Handgelenk des Gegners durch den Block mit
dem rechten Handgelenk nach unten abgelenkt. Die Endposition ist gleich der,
die in Abbildung 55 (Technik 31) für Empi zu sehen ist, außer das bei der
jetzigen Form die linke Faust zur linken Hüfte gezogen wird. Die flache Hand,
wie sie für die rechte Hand beschrieben ist, ist charakteristisch für diese kata,
und sie kommt in jeder Bewegung von der 1. bis zur 7. vor, weshalb sie
sorgfältig geübt werden sollte.
Technik 2 – taisho-kosa-uke :
Zwei Blöcke für die mittlere Stufe. Die Bedeutung der Bewegung der rechten
Hand ist das unten halten eines gegnerischen Handgelenks.
Solche Bewegungen wie die Techniken eins bis drei sind Angriffe gegen
Ellenbogen oder Handgelenke des Gegners und danach schlägt man ihm in die
Seite, während man ihn mit der Rückseite der Hand runter zieht oder mit dem
Handballen hoch zieht.
Technik 4 – taisho-uke :
Block zur mittleren Stufe mit dem rechten Handgelenk, die Hand presst in der
flachen Fausthaltung.
Technik 5 – taisho-uke :
Dem Block gegen einen Angriff von der rechten Seite in Bewegung 4 folgt in
Bewegung 5 ein Block gegen einen Angriff von vorn, bei welchen man einen
Schritt in den Gegner hinein geht und den Angriff mit der rechten Handfläche
beiseite schlägt.
Diese Technik wird dreimal ausgeführt in den Bewegungen 5 bis 7.
Technik 8 – jodan-juji-uke :
Nachdem man einen Angriff geblockt hat, der gerade vorwärts auf der Linie 2
ausgeführt wurde, blockt man jetzt mit gekreuzten Fäusten einen Angriff zur
oberen Stufe von der linken Seite. Die Beine sind zum Schutz der Genitalien in
einer gekreuzten Stellung, wie sie schon in Heian Godan vorkommt.
Technik 9 – ryo-gedan-barai :
Die Bedeutung dieser Technik sind gleichzeitige Abwehren nach beiden Seiten
zur Abwehr von Faust- oder Fußangriffen zu den Körperseiten.
Technik 10 – yama-uke :
Diese Stellung wird Berghaltung (yamagamae) genannt, weil sie durch die
Haltung des Kopfes in der Mitte und der beiden Fäuste an den Seiten
Ähnlichkeit mit dem Schriftzeichen für Gebirge (yama, V) hat, sie kann auch mit
geöffneten Händen ausgeführt werden, wie zum Beispiel in Hangetsu. Die
Bedeutung dieser Bewegung ist, beide Fäuste kräftig gegen einen Gegner
einzusetzen, der von vorn einen Doppelhandangriff ausführt.
Technik 11 – fumi-komi / yama-uke :
Der Zweck hier ist das Blocken eines gegnerischen Angriffes zur oberen Stufe
durch beiseite schlagen mit der linken Faust, während man gleichzeitig mit dem
linken Fuß auf seinen Fußspann stampft (fumikomi).
Technik 15 – tsukami-uke :
Die rechte Hand ist so platziert, als wenn sie etwas von vorn greifen würde. Die
Stellung ist gleich der Abbildung 16 aus Tekki Nidan (Technik 13), mit
Ausnahme dessen, daß die Stellung in der jetzigen kata die Vorwärtsstellung
ist, im Unterschied zur Reiterstellung.
Technik 16 – te-kaeshi (Handwechsel) :
Die Bedeutung ist das Unterbrechen eines Angriffs mit einem Stock beim Start.
Technik 17 und 18 – vorgehen mit Knie hochreißen und Hände vorstoßen :
Die Bedeutung dieser Bewegung ist, mit dem linken Fuß in den Gegner hinein
zu gehen auf die sokei Region des Gegners (Bereich, wo der Oberschenkel den
Unterleib trifft), während man den Stock kräftig vorstößt, der von ihm gehalten
wird.
Technik 19 und 20 – manji-gamae :
Diese Stellung ist die gleiche wie die letzte Bewegung in Heian Godan und
Bewegung 19 in Kwankù.
Technik 21 – age-uke :
Dies ist die gleiche Stellung wie in Abbildung 17 von Heian Shodan (Technik 9).
Erläuterungen siehe dort.
EMPI
Dies sind siebenunddreißig Bewegungen, welche in etwa einer Minute vollendet
werden. Die Bewegungslinie ist ein T.
Technik 1 – gedan-barai :
Die Bedeutung dieser Bewegung ist das tretende Bein eines Gegners mit dem
rechten Arm nach rechts zu schaufeln, in mit der linken Hand festzuhalten und
ihn zu werfen.
Technik 3 – gedan-barai :
Dies ist die gleiche Bewegung wie die dritte Bewegung in Heian Shodan.
Technik 6 (und 10 und 26) – age-tsuki :
Die Bewegung der rechten Faust hat den Sinn eines Angriffs zum Kinn von der
Unterseite.
Technik 7 (und 11 und 27) – gedan-tsuki / kosa-dachi :
Gleichzeitig mit dem wieder zusammenpressen der rechten Faust zieht man sie
in Richtung der linken Schulter, als wenn man einen Gegner gegriffen hat und
einwärts zieht, und führt einen Angriff zur unteren Stufe mit der linken Faust
aus. Das Ziel des Angriffs der linken Faust ist der Unterleib.
Technik 8 (und 12 und 28) – gedan-barai :
Um einen Gegner zu zwingen, den Griff um den linken Unterarm zu lösen, zieht
man hier die gegnerische Hand mit der rechten Hand weg oder greift den
oberen oder unteren Teil des Handgelenks mit einem rechten
Eisenhammerschlag oder dem Handgelenk an.
Technik 9 (und 13 und 29) – gedan-barai :
Die Endstellung entspricht der Bewegung 1 in Heian Shodan.
Technik 16 – tate-shuto-uke :
... als wenn den Ärmel eines kimono hoch rafft ...
Damit blockt man gegen die Innenseite eines gegnerischen Angriffs zur
mittleren Stufe, während man den rechten Unterarm über den linken zur
rechten Hüfte zurück bringt. Vergleiche Bewegung 5 in Kwankù.
Technik 19 – gedan-barai :
Diese Bewegung ist gleich der Bewegung 1 in Heian Shodan.
Technik 30 – taisho-uke :
Einen Block zur mittleren Stufe hochdrücken.
Technik 31 bis 33 – taisho-kosa-uke :
Die Bewegungen 31 – 33 sind eine dreifache Ausführung einer Technik. Wie
früher schon darauf hingewiesen, wird die zweite Bewegung in einer solchen
Serie leicht ausgeführt und die dritte mit ganzer Kraft.
Technik 36 – Sprung :
Spring rückwärts auf beiden Füßen.
Die Bedeutung hier ist das Blocken eines gegnerischen Angriffs zur oberen
Stufe mit der linken Hand und die rechte Hand schiebt man zwischen seine
Oberschenkel (Technik 35), dann hebt man ihn hoch und wirft ihn mit dem
Körper zur Rückseite.
Bei der Landung müssen beide Füße im selben Moment den Boden berühren.
GANKAKU
Dies sind zweiundvierzig Bewegungen, die in etwa einer Minute vollendet
werden. Die Bewegungslinie ist eine gerade Linie.
yòi – Position :
Diese ist die gleiche wie die yòi Stellung in Heian Shodan.
Technik 2 und 3 – osae-uke :
Vergleiche Bewegungen 10 und 11 in Heian Godan.
Technik 5 – gedan-barai :
Die Bedeutung dieser Bewegung ist ein Block gegen einen Trittangriff zum
Gesäß von hinten.
Technik 15 – manji-gamae :
Die Endposition entspricht Abbildung 43 bei Heian Godan (Technik 21).
Technik 18 . gedan-juji-uke :
Konzentriere die Augen auf die des Gegners.
Führe einen Scherenblock gegen einen Fußangriff des Gegners aus.
Technik 22 – hiji-ate :
Die Augen sind immer noch auf die des Gegners fixiert.
Technik 25 – manji-gamae / sagi-ashi-dachi :
Der Name dieser kata, Gankaku (Kranich auf einem Felsen), ist von dieser
einfüßigen Stellung hergeleitet, welche der des Kranichs ähnelt.
Technik 26 – koshi-gamae :
Man halte den Augenkontakt zu ihm aufrecht.
Technik 27 – yoko-geri-keage / uraken-uchi :
Das Ziel des Faustangriffs ist der Oberkiefer des Gegners, das des linken
Seitwärtstrittes sein Unterleib.
Technik 29 – manji-gamae / sagi-ashi-dachi :
Starre in die Augen des Gegners.
Technik 37 – tsukami-uke :
... als greife man etwas (vergleiche Bewegung 13 in Tekki Nidan).
JION
Dies sind siebenundvierzig Bewegungen, die ungefähr in einer und einer halben
Minute vollendet werden. Die Bewegungslinie ist ein I.
yòi – Position :
Die Stellung hier ist die gleiche wie bei Jutte.
Technik 2 – kakiwake-uke :
Es sei angemerkt, daß bei der öffnenden Block Bewegung beide Hände als
Fäuste (wie hier) oder als Schwerthände geformt sein können, mit den
Handflächen jeweils nach vorn zeigend oder zum Körper. In allen vier
Möglichkeiten sollte beachtet werden, daß die Hände etwa schulterbreit
voneinander entfernt gehalten werden.
Die Techniken 2 bis 11 (kakiwake-uke / mae-geri / sanbon-tsuki) haben eine
gewisse Ähnlichkeit mit den ununterbrochenen Angriffen in Heian Yodan.
Technik 12, 14 und 16 – age-uke :
Dieser Block entspricht dem in Heian Shodan. Diese Bewegung wiederspiegelt
also die der Heian Form, das Kreuzen der Arme und die reißende Bewegung
der Fäuste.
Technik 19, 21 – kagi-tsuki :
Vergleiche die gleiche Bewegung in Tekki Shodan.
Technik 31 – gedan-juji-uke :
... mit den Handgelenken gegen einen Tritt zur unteren Stufe zu blocken.
Technik 32 – ryo-gedan-gamae :
In dieser Bewegung wurde der Trittfuß des Gegners mit einer der beiden
Hände, der rechten oder der linken, gegriffen und wird zur Seite gezogen.
Techniken 31, 32, 33 und 34 :
Es sei angemerkt, daß die vorangegangenen drei Bewegungen
zusammengestellt wurden zu einer genialen Kombination von Techniken,
welche die untere, mittlere und obere Stufe einbeziehen, welche eine Reihe von
sehr interessanten Möglichkeiten erlauben. Wer karate studieren möchte, muß
solche Punkte in den kata suchen und an ihrer Würdigung arbeiten.
Technik 37 – uraken-uchi :
Angriff zum Punkt zwischen Nase und Oberlippe (philtrum) des Gegners.
Vergleiche Figur 34 in Tekki Shodan (Technik 29).
Technik 43 – otoshi-uke :
Stampfe mit dem rechten Fuß kräftig auf, gleichzeitig schlage mit dem rechten
Hammerblock den gegnerischen Angriff zur oberen Stufe nach unten.
Technik 46, 47 – chudan-tsuki :
Die Bedeutung dieser Bewegungen ist, daß man einen Faustangriff von der
Seite greift und einwärts zieht, während man zur gleichen Zeit die Seite des
Gegners auf einem Punkt unter der Achselhöhle angreift.
Solche Formen wie Empi, Gankaku und die vorgestellte Jion sind
ausgezeichnete Formen, durch die sich immer mehr Verständnis einstellt, je
länger man sie übt.
TEN NO KATA OMOTE
Die Ten no Kata stellt eine Einführungskata für Partnerübungen dar und ist
somit eine Kata für das Selbsttraining von Kampfübungen. Man muß sich immer
einen Angreifer vorstellen und diese Form fleißig üben.
Diese Form besteht aus drei Teilen :
1. Die Teile A bis D, die aus den grundlegenden Stößen bestehen.
2. Die Teile E bis G, die Kombinationen von Blöcken in mittlerer Stufe und
einem Stoß enthalten.
3. Die Teile H bis J, die Kombinationen von Blöcken in oberer Stufe und
einem Stoß enthalten.
Die grundlegenden Fauststöße bestehen zum einem aus dem Vorstoßen und
Drehen der Faust und zum anderen aus Angriffen zur Mitte oder nach oben. Die
Stellungen können der natürliche Stand, die Vorwärtsstellung, die
Rückwärtsstellung und die unbewegliche Stellung sein.
Die Kombination von Block in mittlerer Stufe und einem Fauststoß ist nützlich
zur Abwehr eines Angreifers, der zur mittleren Stufe angreift. Es wird mit einem
Stoß gekontert. Diese Kombination kommt in den Teilen dreimal vor.
Entsprechend ist die Kombination von Aufwärtsblock und Stoß. Sie ist nützlich
zur Abwehr eines Angreifers, der zur oberen Stufe angreift. Es wird mit einem
Stoß gekontert. Diese Kombination ist dreimal in der Form enthalten.
Beim Üben der Block-Stoß-Kombinationen sollten Block und Stoß zuerst als
einzelne Bewegungen geübt werden., so wie es auf den Fotos zu sehen ist.
Das Prinzip der Kombinationen besteht aber in einer Bewegung. Nachdem die
Bewegung erlernt wurde, sollte sie als Ganzes ausgeführt werden.
Bei allen Faust- oder Speerhandangriffen sollte der Moment des Brennpunktes
(Kimete, Genauigkeit, entscheidender Stoß) von einem kräftigen Kiai begleitet
sein.
Zu jeder Zeit stelle Dir einen wirklichen Angreifer vor und führe die Form mit
voller Kraft aus. Halte Deine Augen fest auf den vorgestellten Angreifer
gerichtet und halte Deinen Geist wachsam und bereit.
A.
Vorwärtsangriff zur mittleren Stufe.
Yoi. Einnehmen der natürlichen Stellung, wie es in Abbildung 1 zu sehen ist.
Reguliere und sammle die Kraft im Unterbauch und stehe ruhig. Sei bereit,
auf jede Sache zu reagieren.
1. Führe einen rechten mittleren Vorwärtsstoß aus. Die Faust kann zu Beginn
zur Hüfte zurückgezogen werden, bevor sie nach vorn stößt. Es sollte aber
klar sein, daß, nachdem die Technik erlernt wurde, der Stoß aus der YoiPosition der Faust gestartet werden sollte. Der Stoß wird in der
Vorwärtsstellung ausgeführt.
2. Zurückgehen zur Yoi-Position. Diese Bewegung ist langsam auszuführen.
3. Führe einen linken mittleren Vorwärtsfauststoß aus (siehe Abbildung 3).
4. Zurückgehen zur Yoi-Position.
B.
1.
2.
3.
4.
C.
1.
2.
3.
4.
D.
Vorwärtsstoß zur oberen Stufe.
Diese Bewegung ist die gleiche wie in A1, außer das der Angriff ein Angriff
nach oben ist.
Diese Bewegung ist entsprechend der von A2.
Diese Bewegung ist ähnlich der von B1, außer das jetzt die linke Faust
statt der rechten die Bewegung ausführt, wie in Abbildung 5 zu sehen ist.
Diese Bewegung ist entsprechend der von A4.
Entgegengesetzter Stoß zur mittleren Stufe.
Führe einen rechten entgegengesetzten Stoß aus, wie in Abbildung 6 zu
sehen ist. Während Du mit dem linken Fuß vorwärts gehst, stoße die
rechte Faust zu einem entgegengesetzten Stoß.
Zurückgehen zur Yoi-Position.
Führe einen linken mittleren entgegengesetzten Stoß aus.
Zurückgehen zur Yoi-Position.
Entgegengesetzter Stoß zur oberen Stufe.
Diese Serie ist gleich zur Serie-C, außer das die Angriffe zur oberen Stufe
ausgeführt werden (siehe Abbildungen 8 und 9).
E.
1.
2.
3.
4.
6.
F.
G.
1.
Block nach unten, Angriff zur mittleren Stufe. Von dieser Serie an (bis zur
Serie J) sind immer sechs Bewegungen zu zeigen, obwohl in der
Anwendung eine Block-Angriff-Kombination als eine einzige Bewegung
ausgeführt wird und sich die Bewegungen pro Serie dadurch auf vier
Bewegungen reduzieren.
Man setze den rechten Fuß einen Schritt zurück und nehme eine linke
unbewegliche Stellung ein, gleichzeitig führt man einen linken Block nach
unten aus, wie in Abbildung 10 zu sehen ist. Man stelle sich einen Angriff
zum Unterleib oder zum Solarplexus vor, der mit einem Abwärtsblock mit
der linken Faust abgewehrt wird.
Man führe einen entgegengesetzten Stoß zur mittleren Stufe aus, wie es in
Abbildung 11 zu sehen ist; in der praktischen Übung sollen 1und 2 als eine
Bewegung ausgeführt werden.
Man gehe zurück zur yòi Position.
und 5.
Diese sind das Spiegelbild der Bewegungen 1 und 2, unter
Berücksichtigung der Gegebenheiten.
Man gehe zurück zur yòi Position.
Unterarmblock in mittlerer Stufe, entgegengesetzter Stoß zur mittleren
Stufe. Die Reihenfolge ist gleich zu der in E beschriebenen, außer das statt
des Blockes nach unten ein Unterarmblock zur mittleren Stufe ausgeführt
wird, wie man es auf den Abbildungen 14 und 16 sieht.
Schwerthandblock in mittlerer Stufe, Speerhandstoß in mittlerer Stufe.
Man setze den rechten Fuß zurück und nehme eine linke
Rückwärtsstellung ein und führe einen Schwerthandblock zur mittleren
Stufe aus, wie in Abbildung 18 zu sehen ist.
2. Man greife mit einem rechten Speerhandstoß an, wie in Abbildung 19 zu
sehen ist, es lohnt sich, dem Wechsel von der Rückwärtsstellung zur
unbeweglichen Stellung besondere Aufmerksamkeit zu widmen.
3. Man gehe zurück zur yòi Position.
4. und 5.
Diese sind das Spiegelbild der Bewegungen 1 und 2, unter
Berücksichtigung der Gegebenheiten.
6. Man gehe zurück zur yòi Position.
In den Serien H bis J sind die Bewegungen 4 bis 6 analog den Bewegungen
wie sie in diesem Abschnitt erläutert wurden, weshalb sie in der weiteren
Beschreibung weggelassen werden.
H.
1.
2.
3.
4.
I.
1.
2.
3.
J.
1.
2.
3.
Hochklappender Block mit der Schwerthand in der oberen Stufe (shutòbarai), Angriff zur oberen Stufe.
Man setze den rechten Fuß zurück und führe einen linken
Schwerthandblock zur oberen Stufe aus, wie in Abbildung 22 zu sehen ist.
Die Absicht besteht hier darin, einen Angriff des Gegners zur oberen Stufe
wegzublocken.
Man führe einen rechten entgegengesetzten Stoß zur oberen Stufe aus,
wie in Abbildung 23 zu sehen ist.
Man gehe zurück zur yòi Position.
bis 6.
Beachte die Bemerkungen in Sektion G hinsichtlich dieser
Bewegungen.
Aufwärtsblock zur oberen Stufe, entgegengesetzter Stoß zur mittleren
Stufe.
Man führe einen linken Aufwärtsblock zur oberen Stufe aus, wie in
Abbildung 26 zu sehen ist. Die Absicht besteht hier darin, unter den obere
Stufe Angriff des Gegners auszuweichen und diesen wegzublocken.
Man führe einen rechten entgegengesetzten Stoß zur mittleren Stufe aus.
Man gehe zurück zur yòi Position.
Eisenhammerblock zur oberen Stufe (uchikomi), Angriff zur mittleren Stufe.
Man setze den rechten Fuß einen Schritt zurück in eine unbewegliche
Stellung während man mit der linken Faust einen Eisenhammerblock
ausführt, wie in Abbildung 30 zu sehen ist (d.h. man hebe die linke Faust
hoch über den Kopf, schlage sie dann in einer halbkreisförmigen
Bewegung abwärts). Die Bedeutung liegt hier in der Abwehr des
gegnerischen Angriffs zur oberen Stufe durch Drehung des Körpers in eine
schräge Stellung, während der Angriff wegblockt wird.
Man führe einen rechten entgegengesetzten Stoß zur mittleren Stufe aus.
Man gehe zurück zur yòi Position.
KAPITEL 5
Abgesprochene Kämpfe
BEDEUTUNG DES KÄMPFENS
Der Kampf (kumite) ist eine Übungsform, die dazu dient, die Angriffs- und
Verteidigungstechniken, welche in den kata geübt wurden, unter realistischeren
Bedingungen anzuwenden, wobei durch vorherige Absprache ein Partner den
offensiven und der andere den defensiven Part übernimmt. Es ist für einen
motivierten jungen Mann vielleicht schwierig, den Zweck der kata zu erkennen,
so daß er es interessant findet sich im Kampf zu üben, sobald er einige
Fertigkeiten in den kata erlangt und wenn er einen geeigneten Partner und
einen passenden Platz gefunden hat. Man sollte jedoch betonen, daß der
Kampf ohne die kata und die Übung der kata nicht existieren kann, und
natürlich dürfen sich keine verderbenden Einflüsse aus den Kampfübungen auf
die kata auswirken. Wenn jemand sich zu sehr für Kampfübungen begeistert,
besteht die Gefahr, daß sich seine kata verschlechtern. Letzten Endes sollte
karate in erster Linie auf der kata aufbauen und das Kämpfen sollte als eine
unterstützende Methode angesehen werden.
Es wurde lange Zeit gesagt, es gäbe keine erste Hand (sente) im Karate 1. und
ob man kata oder kumite übt, die vordere Faust dient der Verteidigung und die
Faust, die hinten gehalten wird, dient dem Angriff. Konsequent folgt dem
Blocken eines gegnerischen Angriffs mit der vorderen Faust unmittelbar (ohne
die geringste Verzögerung) das Zerstören den Gegners mit der hinteren Faust.
Wenn in diesem Moment auch nur die geringste Verzögerung in der Bewegung
auftritt, wird man unvermeidlich in die mißliche Lage gebracht die defensive
Rolle beizubehalten. Das japanische Sprichwort go no sen o toru bedeutet
einfach „Verteidigung ist gleich Angriff.“ Dies sollte einem das Verhältnis
zwischen Verteidigung und Angriff klarmachen. Es gibt jedoch Zeiten, abhängig
von dem Moment oder entsprechend veränderter Situationen, da die defensive
zur offensiven Hand wird. Das wird „hente“ („Wechsel der Hände“) genannt, und
oftmals ist diese Variante effektiver als die orthodoxe Auslegung. Die effektive
Anwendung dieser Technik zeigt den technischen Stand von jemandem.
Die vordere Hand in Verteidigungshaltung und die hintere Hand in
Angriffsposition haben folgende verschiedene Gegensätze in sich:
vordere (defensive) Hand
tote Hand (shi-te)
weibliche Hand (me-te)
yang Hand (yô no te)
normale Hand (sei no te)
hintere (offensive) Hand
lebende Hand (katsu-te)
männliche Hand (o-te)
yin Hand (in no te)
nicht normale Hand (ki no te)
Unsere Älteren haben gesagt, daß „die Essenz des Kampfes zwischen sei und
ki [oder dem Normalen und dem Unnormalen] liegt und ohne die
____________________________________
1.
Die Bedeutung ist, daß sich im Karate kein Vorteil für den ergibt, der den ersten Angriff
ausführt. [Anmerkung des Übersetzers]
Bedeutung der Kämpfens
211
Fähigkeit zu erlangen, von sei in ki und ki in sei zu wechseln, wie kann man da
einen Sieg erringen?“ Und genauso „Wie yin und yang keinen Anfang haben
und Bewegung und Bewegungslosigkeit nicht auftreten, wer kann gewinnen als
der, der den Dô [Weg] kennt?“, so liegt die Essenz des Karate wahrhaftig
zwischen ki und sei oder in (yin) und yô (yang), diejenigen, welche Karate
studieren, sollten gründlich über diese Worte nachsinnen.
Eine Technik, die als eine der geheimen Techniken des Karate bezeichnet
wurde, ist der Dreieck Sprung (sankaku tobi). Diese Technik wird genutzt um
aus kritischen Leben-oder-Tod Situationen, wie im Kampf am Rande einer
hohen Klippe, zu entkommen und plötzlich die Positionen zu tauschen, indem
man im Dreieck springt und die Offensive übernimmt. Es ist nicht so, wie es
gewöhnlich und fälschlicherweise auf den Straßen geschildert wird, daß man
irgendwie springt. Man lernt diese Technik durch langes Training. Es gibt die
Ten no Kata Ura, dreifach Absprache (sambon-gumite), einfach Absprache
(ippon-gumite) als grundlegende Kampfübungen und ohne Absprache (jiyù
kumite) zum Üben des Kämpfens.
Grundlegende Kampfübungen
TEN NO KATA URA
Ten no Kata Ura ist die erste Übungsform, bei der ein Gegner beteiligt ist. Bis
zu diesem Punkt stellte man sich im Training den Gegner nur vor, aber durch
die Beteiligung eines echten Gegners entsteht eine gewisse Gefahr und
gleichzeitig ist mehr Ernsthaftigkeit erforderlich. Diese zusätzliche Belastung
macht es extrem wichtig, eine korrekte Position aufrecht zu erhalten und die
Faust einen Zoll vor dem Vitalpunkt zu stoppen. Zu Beginn der Übung stehen
sich beide Teilnehmer in entsprechender Distanz zwischen sich gegenüber,
wobei man nicht vergessen darf, sich vor dem Gegner mit bescheidenem Geist
zu verbeugen. Dies wird auch am Ende der Übung ausgeführt.
Die sechs Abschnitte dieses ura Teiles der Ten no Kata bestehen aus den
Abschnitten E bis J des omote Teils der kata, welcher so zusammen gestellt
wurde, daß er mit zwei Leuten zusammen ausgeführt werden kann.
Beim Üben sollten die Partner vereinbaren, abwechselnd den Teil des
Angreifers und des Verteidigers zu übernehmen.
Sowohl Angreifer als auch Verteidiger, sollten ausreichend Spannung in den
Unterbauch (tanden) legen und genau in dem Moment, wo die Technik
angewandt wird, einen kiai ausstoßen.
Beim Üben sollten sich Angreifer und Verteidiger mit Ernsthaftigkeit darum
bemühen, ihr Bestes zu geben.
Man sollte mit dem Vorsatz trainieren, daß Block und Angriff in einer Bewegung
ausgeführt werden.
Die Distanz, die zwischen den Gegnern eingehalten werden muß, ist genau zu
studieren.
Dreifach Abgesprochener Kampf (SAMBON-GUMITE)
Wie bei Ten no Kata bereits erwähnt, verbeugen sich die Gegner voreinander,
nachdem sie eine Position in entsprechendem Abstand voneinander
eingenommen haben. Danach geht der Angreifer auf das Kommando yoi mit
seinem rechten Fuß einen Schritt zurück und nimmt die Abwärtsblockposition
ein, während der Verteidiger in der natürlichen Stellung bleibt, wie es in
Abbildung 3 zu sehen ist. Dann führt der Angreifer, mit der Vorstellung dem
Gegner keine Möglichkeit zu geben seinen Angriff zu blocken, einen Stoß nach
vorn aus, gleichzeitig ist es für den Verteidiger wichtig, vorbereitet zu sein, um
auf jeden Angriff reagieren zu können; die Aufmerksamkeit sollte nicht durch
Rücksichtnahme auf die korrekte Form abgelenkt werden.
Auf die aufeinanderfolgenden Zählzeiten eins, zwei und drei führt der Angreifer
seine Stöße zur oberen, mittleren oder unteren Stufe aus, je nach dem, wie es
vor der Übung vereinbart wurde. Der Verteidiger geht zurück, führt Blöcke aus
wie den aufsteigenden Block auf obere Stufe, den Abwärtsblock usw., und
gleichzeitig mit dem letzten Block nach der dritten Zählzeit greift er einen der
Vitalpunkte des Gegners an, wie das Philtrum, den solar plexus usw. als
entscheidenden Schlag. Auf das Kommando „Yame“ oder „Naore“ zieht der
Angreifer seinen vorderen Fuß zurück und der Verteidiger nimmt seinen
hinteren Fuß nach vorn, so daß sich beide wieder in der natürlichen Stellung
gegenüber stehen, und bis das Kommando „Yasume“ („Ausruhen“) gegeben
wird, dürfen die Gegner weder ihre Augen noch ihre Glieder unnötig bewegen.
Das wird als „zurückhaltender Geist“ bezeichnet, daß heißt, man soll seine
Wachsamkeit behalten (in der Literatur „verbleibender Geist“, oder zanshin).
Die dreifach Absprache wird als Serie von drei wechselnden Bewegungen
ausgeführt: rechts, links, rechts mit der einen Seite und dann mit der anderen.
Danach wird der Verteidiger zum Angreifer und umgekehrt, übe wiederholend.
Der Anfänger trainiert die Angriffs- und Abwehrtechniken auf die Zählzeiten ein,
zwei und drei; in dieser Zeit ist es wichtig darauf zu achten, daß die korrekte
Stellung der Hüften und der Beine und des gesamten Körpers beibehalten wird,
aber mit schrittweiser Verbesserung beginnt man oikomi zu trainieren. Mit
anderen Worten, anstatt die Zählzeiten eins, zwei und drei einzuhalten, führt
der Angreifer seine Stoßserie schnell aus, um die Initiative zu behalten,
während der Verteidiger seinerseits versucht die Initiative an sich zu reißen. Der
Angreifer trainiert so, daß er dem Verteidiger überwältigt und ihm keine Chance
einer Erholung gibt; genauso muß der Verteidiger üben seinen Körper so zu
kontrollieren, daß er vor den Angriffen ausweichen kann und für sich die
geheime Kunst entdecken, wie er dem Tod um Haaresbreite entkommt.
Einfach Abgesprochener Kampf (IPPON-GUMITE)
Nachdem man sich voreinander verbeugt hat, gehen die Gegner schnell
auseinander und nehmen eine Stellung in entsprechender Distanz ein, wie es in
Abbildung 3 zu sehen ist; der Angreifer kontrolliert seinen Atemrhythmus und
seine Distanz und greift den Gegner in einem Bereich an, der vor dem Kampf
festgelegt wurde. Es kann ein Angriff zur oberen, mittleren oder unteren Stufe
oder ein Fußangriff sein. (Trittechniken wurden im einzelnen im Kapitel 2
erklärt) Der Verteidiger bewegt sich nach vorn, hinten oder zu einer Seite,
macht einen Block und führt schnell eine entscheidende Technik aus.
Währenddessen sollte der Angreifer mit Methoden experimentieren, wie er die
entscheidende Technik des Verteidigers unwirksam machen und mit einer
entscheidenden Technik seinerseits antworten kann. Anders als in der dreifach
Absprache wird die entscheidende Technik bereits nach einem Angriff
ausgeführt. Die genaue Einhaltung der geeigneten Distanz (ma) ist dabei
außerordentlich wichtig.
KAMPF MIT TRITTEN
Trittechniken sind eine Besonderheit des Karate, sie werden jedoch nicht so oft
wie Handtechniken angewendet. Weiterhin sollte man nicht vergessen, daß
man sich Moment des Trittes, während man auf einem Bein steht, in einer
unvorteilhaften Position befindet, so daß Tritte immer mit diesem Gedanken im
Geist geübt werden sollten.
Fußtritte gegen Fauststöße (tsuki). Wenn der Gegner mit einem rechten
Fauststoß zur oberen Stufe angreift, wird dieser Angriff mit einem
aufsteigenden Block auf oberer Stufe abgewehrt, gefolgt von einem
Vorwärtsfußtritt mit dem rechten Fuß in die Leistengegend des Gegners.
Natürlich kann genauso der linke Fuß für diesen Angriff eingesetzt werden. In
Abhängigkeit von der Distanz zum Gegner kann man zum Tritt vor oder zurück
gleiten. Vergleiche Abbildung 1.
Wenn der Gegner mit einem rechten Fauststoß zur mittleren Stufe
angreift, gleite man in eine Stellung schräg zum Gegner und greife diesen mit
einem Halbkreisfußtritt zur Leistengegend oder zum solar plexus an. Vergleiche
Abbildung 2.
Wenn der Gegner mit einem rechten Fauststoß zur oberen Stufe
angreift, trete man mit einem gestoßenem Seitwärtstritt (yoko geri) in die Seite
des Gegners, dieser Angriff wird gleichzeitig mit dem Beginn des gegnerischen
Angriffes ausgeführt. Vergleiche Abbildung 3.
Wenn der Gegner mit einem rechten Fauststoß zur oberen Stufe
angreift, senke man den Körper ein wenig und führe einen geschnappten
Seitwärtsfußtritt mit dem rechten Fuß in die Achselhöhle des Gegners aus (waki
kage, ein Vitalpunkt). Vergleiche Abbildung 4.
Blocktechniken gegen Tritte. Wenn der Gegner mit einem
Vorwärtsfußtritt mit dem rechten Fuß angreift, nehme man eine schräge
Stellung auf seiner rechten Seite ein und blocke den Tritt mit der linken Faust,
greife das Gesicht des Gegners oder seinen solar plexus mit der rechten Faust
an. Vergleiche Abbildungen 5 und 6.
Wenn der Gegner mit einem gestoßenem Seitwärtsfußtritt mit dem
rechten Fuß zu Brust oder solar plexus angreift, nehme man eine schräge
Stellung ein und trete mit einem Vorwärtsfußtritt mit dem rechten Fuß zu den
Hoden des Gegners. Vergleiche Abbildungen 7 und 8.
Wenn der Gegner mit einem geschnappten Seitwärtsfußtritt (yoko-geri
keage) angreift, dabei in den Angriff hinein springt und mit seinem rechten Fuß
tritt, nehme man eine schräge Stellung ein und gleichzeitig schlage man einen
linken Fauststoß oder Vorwärtsfußtritt mit dem rechten Fuß zu den Hoden des
Gegners. Vergleiche Abbildungen 7 und 8.
Wenn der Gegner mit einem Halbkreisfußtritt (mawashigeri) mit dem
rechten Fuß zur Seite angreift, zu Brust oder solar plexus, gehe man einen
halben Schritt in eine schräge Stellung zurück, weiche dem Tritt aus, nutze den
Vorteil schnell aus um heran zu gehen und die Seite des Gegners mit einem
linken Fauststoß anzugreifen. Vergleiche Abbildung 9. Oder spring mit dem
Beginn des gegnerischen Trittes und greife den solar plexus des Gegners mit
einem rechten Fauststoß an. Vergleiche Abbildung 10.
Die oben stehenden Erklärungen betreffen nur die Grundlagen der
Kampfübungen, man sollte diese ausprobieren und andere Kampftechniken
üben und dadurch eine Anzahl unterschiedlicher Formen von Angriffen und
Blöcken üben.
220
ABGESPROCHENE KÄMPFE
FREIKAMPF
Bisher wurden vor dem Üben zwischen Angreifer und Verteidiger wichtige
Festlegungen abgesprochen, so die Art des Angriffes, die auf einen Faustangriff
zur oberen, mittleren oder unteren Stufe und Fußangriffe begrenzt war. Im
Freikampf (jiyû kumite) dagegen gibt es keine vorgegebenen Regeln wer
Angreifer oder Verteidiger ist und genauso kann man frei angreifen, es gibt
jedoch eine Vereinbarung: die Angriffe werden kurz vor den Vitalpunkten
gestoppt, wobei nur ein geringer Abstand bleibt.
Ohne langes und ständig wiederholendes Training kann man den Gegner leicht
unbeabsichtigt verletzen, so daß man sich immer wieder daran erinnern muß,
mit seinen Fähigkeiten zur Kontrolle seines Angriffes sehr vorsichtig zu sein,
bevor man sich zum Freikampf entschließt. Anfänger sollten es auf jeden Fall
unterlassen, sich unachtsam im Freikampf zu üben. Wenn jemand die richtige
Distanz und die Gelegenheit gefunden hat, so daß die entscheidende Technik
ausgeführt werden kann, ist kein stoßen oder greifen mehr erlaubt, da in einem
echten Zweikampf dieser dann beendet wäre. Oft sieht man Kämpfe, die an
Hahnenkämpfe erinnern, diejenigen, die an solchen Kämpfen teilnehmen
gehören zu denen, die wirklich nichts davon verstehen, was ein nicht
abgesprochener Kampf ist; sie werden niemals auch nur annähernd das hohe
Niveau eines Angriffs erkennen, der niemals den Vitalpunkt verfehlt und der die
Essenz der karate Technik darstellt. Es ist zu hoffen, daß der Abschnitt der
Trainingsmethoden genau studiert und verstanden wird.
Weiterhin ist der Zweikampf bis zum Ippon-gumite ein Prozeß des Erlernens
von Defensiv- und Offensivtechniken, im Freikampf jedoch wurden die
Einschränkungen der Aktionen aufgehoben und man kann es mit Duellen in
anderen Kampfkünsten vergleichen, wo alle möglichen Defensiv- und
Offensivtechniken genutzt werden können. Es ist wichtig dies im Geist zu
behalten und das besondere Mysterium, das dem Freikampf innewohnt, zu
verstehen.
IAI
Einen Kampf, bei dessen Beginn sich Angreifer und Verteidiger gegenüber
sitzen, nennt man iai. Es ist nur eine Anwendung der Grundtechniken, wie sie in
den anderen Formen beschrieben wurden. Deshalb sollten die erlernten Grundund Kampfformen einzeln studiert und angewendet werden. Wenn die
Kampfübungen unterteilt werden sollten, könnte man sie in zwei Situationen
trennen: in Angriffe von vorn und von hinten. Diese könnten weiterhin in Angriffe
unterteilt werden, bei denen ein Handgelenk ergriffen wird, beide Handgelenke
ergriffen werden, Würgen usw., wobei man in der Lage sein muß, jedem Angriff
mit einer Unzahl verschiedener Gegenangriffe zu antworten.²
_________________________________________
2.
Diese Erklärungen und Vorführungen wurden durch den Übersetzer als Ergänzung des
originalen Textes hinzugefügt.
IAI
223
A1. Verteidiger und Angreifer sitzen sich gegenüber. Sie verbeugen sich.
2. Der Angreifer bewegt sein rechtes Bein in Richtung des Verteidigers und
greift mit der rechten Hand dessen linkes Handgelenk, siehe Abb.3.
3. Der Verteidiger dreht sich zu seiner linken Seite, mit der Drehung der
Hüften und des Körpers gleitet sein linkes Knie zurück, er bricht das
Gleichgewicht des Angreifers. Gleichzeitig zieht der Verteidiger seinen
rechten Arm zu seiner linken Schulter.
4. Der Verteidiger schlägt mit einer rechten Schwerthand zur rechten Schläfe
oder zum Nacken.
B1. Aus der sitzenden Position setzt der Angreifer das rechte Bein vor, greift
das rechte Handgelenk des Verteidigers mit der linken Hand und den
rechten Arm mit der rechten Hand.
2. Der Verteidiger dreht sein rechtes Handgelenk im Uhrzeigersinn über die
beiden Arme des Angreifers und hebt sein rechtes Knie, er bricht das
Gleichgewicht des Angreifers.
3. Der Verteidiger läßt sofort einen linken Faustangriff zum Gesicht des
Angreifers folgen. Vergleiche Abbildung 6.
C1. Aus dem Sitzen setzt der Angreifer sein rechtes Bein in Richtung des
Verteidigers und führt einen rechten Vorwärtsstoß zum Gesicht aus.
2. Der Verteidiger blockt den Stoß mit einem rechten Aufwärtsblock.
3. Der Verteidiger erfaßt das rechte Handgelenk des Angreifers mit seiner
rechten Hand und zieht den Arm zu seiner eigenen rechten Hüfte,
gleichzeitig mit einer Drehung auf dem rechten Knie und Wegschieben des
linken Beines. Vergleiche Abbildung 8.
4. Der Verteidiger stößt mit der linken Faust in die rechte Körperseite des
Angreifers.
D1. Aus dem Sitzen setzt der Angreifer sein rechtes Bein vor und führt einen
rechten Vorwärtsstoß zum Gesicht aus, wie bei C1. vergl.Abb.9.
2. Der Verteidiger blockt den Stoß mit einem rechten Aufwärtsblock.
3. Der Verteidiger erfaßt das rechte Handgelenk des Angreifers mit der linken
Hand und zieht den Arm zu seiner eigenen linken Hüfte, gleichzeitig mit
einer Drehung und Wegschieben des rechten Beines.
4. Der Verteidiger läßt sofort einen rechten Faustangriff zum Gesicht des
Angreifers folgen.
E1. Der Angreifer umklammert den sitzenden Verteidiger von hinten über den
Armen, wie es in Abbildung 11 zu sehen ist.
2. Durch Hochreißen des rechten Armes und des rechten Beines sprengt der
Verteidiger den Griff des Angreifers und schlägt seinen linken Ellenbogen
zum solar plexus des Angreifers.
3. Der Verteidiger läßt einen linken Schwerthandangriff zur Leiste des
Angreifers folgen.
F1. Aus dem Sitzen bewegt der Angreifer sein rechtes Bein in Richtung
Verteidiger und führt einen rechten Vorwärtsstoß zum Gesicht aus.
2. Der Verteidiger weicht dem Stoß aus, indem er auf seine linke Seite fällt,
seinen Oberkörper mit den Handflächen am Boden abstützt und einen
Halbkreisfußtritt zum solar plexus tritt. vergl. Abb.14.
G1. Aus dem Sitzen bewegt der Angreifer sein rechtes Bein in Richtung
Verteidiger und führt einen rechten Vorwärtsstoß zum Gesicht aus.
2. Der Verteidiger entkommt dem Stoß, indem er rückwärts fallend auf die
linke Körperseite gleitet, seinen Oberkörper mit beiden Handflächen am
Boden abstützt und einen gestoßenen Seitwärtsfußtritt zur mittleren Stufe
tritt. Vergleiche Abbildung 15.
WURFTECHNIKEN
Im Vergleich zu den weichen Techniken des jujitsu, kann man sagen, daß die
des Karate hart sind, aber Härte schließt Weichheit und Weichheit Härte ein.
Mit anderen Worten, man benötigt Weichheit um hart zu werden und Härte ist
notwendig um weich zu werden, Weichheit und Härte sind eins.
Im Karate sind Schlag-, Stoß- und Trittechniken nicht die einzigen Methoden;
Wurftechniken (nagewaza) und Gelenkhebel gehören ebenfalls dazu. Abhängig
von der Stärke und den Fähigkeiten des Gegners ist es nicht immer nötig starke
Techniken, wie Schläge, Stöße oder Tritte anzuwenden, sondern entsprechend
der Situation kann man auch weichere Techniken einsetzen, wie Würfe, und in
dieser Vielseitigkeit liegt ein unsäglicher Reiz. Ob Wurf- oder Hebeltechniken,
es gibt wie in der Beschreibung des Kampfes und des iai unzählige Techniken,
das wichtigste dabei ist jedoch, sich auf den Gegner einzustellen, so daß die
Anwendung der Techniken dem Ermessen des Auswählenden unterliegt. Man
muß immer daran denken, daß die Essenz des Karate in einem einzigen Schlag
oder Tritt liegt und wenn man niemals von einem Gegner festgehalten wurde
oder mit ihm gerungen hat, muß man sehr vorsichtig sein, um nicht besiegt zu
werden, während man versucht einen Gegner zu werfen oder einen Hebel
anzusetzen.
Zu den Wurftechniken gehören byôbudaoshi, komanage, kubiwa,
katawaguruma, tsubamegaeshi, yaridama, taniotoshi, udewa, sakatsuchi und
andere.³ All diese Techniken sollten in Zusammenhang mit den Grundkata
studiert werden.
_________________________________________
3.
Diese Erklärungen und Vorführungen wurden durch den Übersetzer als Ergänzung des
originalen Textes hinzugefügt.
WURFTECHNIKEN227
Byôbudaoshi (Einen faltbaren Wandschirm umwerfen)
1. Der Gegner greift die obere Stufe aus der Abwärtsblock-Stellung an.
2. Man blocke mit der geöffneten linken Hand, während man das rechte
Bein zurücksetzt.
3. Gleichzeitig mit dem Setzen des rechten Beines hinter das rechte Bein des
Gegners greife man mit einem rechten Handballen das Kinn des Gegners
an und fege das Bein des Gegners.
Komanage (Drehender Wipfel)
1. Der Gegner greift die obere Stufe aus der Abwärtsblock-Stellung an.
2. Gleichzeitig mit dem Zurücksetzen des linken Beines blocke man den
gegnerischen Angriff mit dem rechten Handgelenk. Vergleiche Abbildung
4.
3. Man erfasse das rechte Handgelenk des Gegners während die linke Hand
in seine Achselhöhle platziert wird, gleichzeitig gehe man mit dem linken
Fuß nach vorn.
4. Man drücke den gegnerischen Arm abwärts und zu seiner rechten Seite
während man sich auf dem linken Fuß nach rechts dreht.
Kubiwa (Den Hals umfassen)
1. Der Gegner greift die obere Stufe aus der Abwärtsblock-Stellung an.
2. Man setze den linken Fuß zurück und blocke den gegnerischen Angriff zur
oberen Stufe mit dem rechten Handgelenk, ziehe den gegnerischen Arm
abwärts und nach rechts.
3. Man gleite mit dem rechten Fuß nach vorn und greife gleichzeitig das Kinn
des Gegners an, wie es in Abbildung 8 zu sehen ist.
4. Während der rechte Fuß weiter nach vorn gleitet umfasse man den
gegnerischen Hals mit dem rechten Arm. Man drücke den Kopf und den
Oberkörper des Gegners nach hinten und werfe den Gegner zu Boden.
Katawaguruma (Halbes Rad)
1. Der Gegner greift die obere Stufe aus der Abwärtsblock-Stellung an.
2. Man blocke den Angriff des Gegners durch Herunterziehen mit dem
rechten Handgelenk, während man das linke Bein zurücksetzt.
3. Man gleite mit dem rechten Bein nach vorn, auf die Innenseite des rechten
Beines des Gegners, während man mit dem rechten Arm den Hals des
Gegners umgreift und die linke Hand von innen hinter dem gegnerischen
rechten Oberschenkel platziert.
4. Man hebe das rechte Bein des Gegners hoch und ziehe seinen Hals zur
eigenen rechten Seite herüber, hebe ihn an und werfe ihn. Vergleiche
Abbildung 12.
Tsubamegaeshi (V-Kurve der Schwalbe)
1. Der Gegner greift die obere Stufe aus der Abwärtsblock-Stellung an.
2. Man setze das linke Bein zurück während man einen Scherenblock zur
oberen Stufe ausführt.
3. Man erfasse das rechte Handgelenk des Gegners mit der linke Hand und
ziehe ihn vorwärts, während man sein Gesicht mit einem rechten
Faustrückenschlag angreift, wie es in Abbildung 14 zu sehen ist.
4. Man erfasse den Ellenbogen des Gegners mit der rechten Hand, drehe
sich entgegen dem Uhrzeigersinn auf dem rechten Bein, senke den Körper
und knie sich auf das linke Knie und ziehe am Arm des Gegners bis dieser
geworfen ist.
Yaridama (Einen Ball aufspießen)
1. Der Gegner greift die obere Stufe aus der Abwärtsblock-Stellung an.
2. Man setze das rechte Bein nach vorn, während man den gegnerischen
Angriff zur oberen Stufe mit der linken Hand blockt und die rechte Hand im
Schritt des Gegners platziert.
3. Man ziehe den rechten Arm des Gegners vorwärts während man ihn
anhebt und wirft.
Taniotoshi (Auf eine Klippe stoßen)
1. Der Gegner greift die obere Stufe aus der Abwärtsblock-Stellung an.
2. Man setze das linke Bein zurück, gleichzeitig blocke man den Angriff des
Gegners mit der linken Hand und stoße mit der rechten Faust zu seinem
solar plexus.
3. Man gehe mit dem rechten Bein am rechten Bein des Gegners vorbei
während man seinen Oberarm mit dem rechten Arm erfaßt. Vergleiche
Abbildung 20.
4. Man werfe den Gegner mit einer Bewegung der Hüften nieder.
Udewa (Mit dem Arm umfassen)
1. Der Gegner greift mit einem Zweihandangriff an.
2. Man setze das linke Bein zurück und führe einen beidhändigen
aufsteigenden Block zur oberen Stufe aus. Vergleiche Abbildung 23.
3. Man gleite mit dem rechten Fuß nach vorn und führe einen beidhändigen
Hammerfaustschlag in die Seiten des Gegners aus.
4. Man gleite tiefer und hebe den Gegner aus.
Sakatsuchi (Nach unten drehend hämmern)
1. Der Gegner greift mit einem rechten Vorwärtsfauststoß zur oberen Stufe
an.
2. Man setze das linke Bein zurück während man mit dem rechten Arm einen
aufsteigenden Block zur oberen Stufe ausführt.
3. Man gleite mit der rechten Schulter unter die Achselhöhle des Gegners
während man mit dem rechten Bein nach vorn gleitet, lasse die Hüften
fallen und platziere die linke Hand hinter dem linken Oberschenkel des
Gegners, wie es in Abbildung 27 zu sehen ist.
4. Hebe den Gegner an, kippe ihn um und treibe seinen Kopf in den Boden.
WAFFEN UND KARATE-DÔ
Im karate wurden die bloßen Hände und Füße von Beginn an als Klingen
angesehen und man sollte auch mit diesem Gedanken üben, daß sie
schneiden, wenn sie treffen, deshalb gibt es keinen Grund besonders vorsichtig
zu sein, wenn man mit einer Waffe konfrontiert wird, aber man sollte trotzdem
erwähnen, daß die Distanz und Körperbewegung sich der Art der Waffe, die der
Gegner verwendet, angepaßt werden müssen.
Wenn man ausreichende Fähigkeiten durch das Üben erlangt hat, sollten ein
Schwert, ein Dolch, ein Stock usw. beim Üben verwendet werden, um
Techniken gegen diese Waffen zu erlernen und sich mental darauf einzustellen.
Andererseits beginnt man natürlich die Bereitschaft zum Einsatz der Füße,
Ellenbogen und der freien Hand zu verlieren, wenn man eine Waffe benutzt.
Sollte ein Gegner die Waffe neutralisieren, kann man schwächer als ein
unbewaffneter Mann werden.
Wenn man einmal mit einer Waffe konfrontiert wird, sind ein Mantel und die
Schuhe von Nutzen und auch ein Taschentuch oder ein Blatt Papier können
abhängig von ihrer Anwendung zu effektiven Verteidigungswaffen werden. Als
andere Verteidigungsmöglichkeiten kann man dem Gegner ins Gesicht
spucken, einen kiai ausstoßen, auf seinen Fuß treten oder mit den Händen
klatschen, um den Gegner abzulenken. Merke dir deshalb diese Methoden,
denn man kann damit einen Gegner mit einer Waffe leicht kontrollieren.
SELBSTVERTEIDIGUNG FÜR FRAUEN
Frauenselbstverteidigung vermittelt irgendwie das Gefühl von Härte und
Männlichkeit und unglücklicherweise führt das zu dem Mißverständnis in der
Öffentlichkeit, daß das Üben von karate zu Ungraziösität führen würde, was
nicht immer der Fall ist. Ein gesunder Geist in einem gesunden Körper ist ein
Sprichwort, das nicht nur für Männer, sondern auch für Frauen gilt. Dieses
Sprichwort kann so verändert werden, „Ein gesundes Kind in einer gesunden
Mutter.“ Es wird eindeutiger, wenn man sagt, daß die Frauenselbstverteidigung
Körperkultur und Gymnastik mit beinhaltet, und nicht nur Selbstverteidigung.
Gesundheit beschränkt sich nicht nur auf einen gesunden Körper, sondern muß
mit einem gesunden Geist kombiniert werden. Weiter kann man der Meinung
sein, daß das Ziel des karate die Entfaltung des Geistes der Demut oder
Bescheidenheit ist. Es sollte niemals Einwände gegen ein Training für die
Entfaltung eines gesunden Geistes, eines gesunden Körpers und eines sanften
Gemüts geben, was zur gleichen Zeit dem Erlernen der Selbstverteidigung
dient. Dieser Abschnitt sollte mit den oben erwähnten Gedanken im Kopf
durchgelesen werden.
ZIELE
Das Ziel der Kampfkünste war schon immer, sich selbst zu verteidigen und
nicht andere anzugreifen, und für die Selbstverteidigung der Frauen gilt dies
besonders. Wenn eine körperlich zarte Frau dem mit körperlicher
WAFFEN UND KARATE-DÒ
233
Gewalt ausgeführten Angriff eines Rohlings gegenübersteht, ist es nahezu
unmöglich, sich selbst zu verteidigen. Wie bereits erwähnt, wenn man
angegriffen wird, ist es möglich der Gefahr leicht zu entkommen, wenn man
Kenntnisse in der Selbstverteidigung besitzt; deshalb sollten die Grundlagen
der Selbstverteidigung jederzeit anwendungsbereit sein. Die vergleichsweise
schwache Frau muß bei ihrem Selbstschutz die Kraft des Gegners durch ihre
Geschwindigkeit und besonders durch ihre genauen Angriffe auf die Vitalpunkte
ausgleichen. Um dies zu erreichen, muß man regelmäßig üben; ansonsten
zögert man in einer Notsituation oder wird überrascht und vergrößert damit die
Gefahr, anstatt sie zu vermeiden. Man sollte zuerst Formen und
Grundtechniken üben und wenn man besser geworden ist, schließlich mit dem
Kampftraining beginnen, man stelle sich Situationen vor, in die Frauen meist
verwickelt werden und übe diese so oft, daß die Frauen in gefährlichen
Situationen ohne Schaden davonkommen. Das Training ist auch eine sehr gute
Art der Gesundheitsübung und kann zur umfassenden körperlichen Schönheit
der Frauen beitragen, die dazu neigen, ein sitzendes Leben zu führen.
GEHEIME PRINZIPIEN
Primitive Taktiken sind Ursache für ernste Verletzungen (nur ein wenig zu
lernen, ist gefährlich) ist ein Sprichwort, welches oft benutzt wird und genauso
kann manch einer mit geringen Kenntnissen in den Kampfkünsten unvorsichtig
werden und verursacht unglücklicherweise Verletzungen mit lebenslangen
Auswirkungen, so daß man sich ständig daran erinnern sollte, vorsichtig zu
sein.
Das geheime Prinzip der Kampfkünste ist nicht den Angreifer zu besiegen,
sondern einer Begegnung auszuweichen, bevor sie stattfindet. Ein Objekt eines
Angriffes zu werden ist ein Zeichen dafür, daß es eine Lücke in jemandes
Deckung gab und es ist wichtig, jederzeit auf der Hut zu sein. Man sollte es so
weit wie möglich vermeiden, nachts allein spazieren zu gehen, und wenn es
nicht anders geht, dann sollte man einen Umweg machen, um gefährliche
Gegenden zu meiden.
Wenn man trotz dieser Vorsichtsmaßnahmen durch einen unglücklichen Zufall
von Rowdys angegriffen werden sollte, ist es besser, wegzulaufen. So weit wie
möglich wegzulaufen und Schutz in einem Haus zu suchen oder nach Hilfe zu
rufen, sind die besten Formen der Selbstverteidigung. Oftmals suchen Frauen
aus Schüchternheit nicht den Schutz in fremden Häusern oder ersuchen
jemanden um Hilfe, auch wenn die Gefahr besteht, körperlichen Schaden zu
nehmen. In solchen Situationen zurückhaltend zu sein bedeutet, den Angreifer
noch zu unterstützen.
Wenn es keinen anderen Ausweg mehr gibt oder man gefangen wurde bevor
die Möglichkeit zur Flucht bestand, erst dann sollte man sich dazu entschließen,
Techniken der Selbstverteidigung anzuwenden. Selbst in diesen Situationen
sollte man niemals die Absicht eines Angriffs zeigen, sondern den Angreifer
unvorsichtig werden lassen. In diesem Moment sollte man angreifen, seine
ganze Kraft auf den Schlag auf einen Vitalpunkt konzentrieren, und dann diesen
Überraschungsmoment nutzen um zu fliehen und Schutz oder Hilfe zu suchen.
Am wichtigsten ist es, ständig wachsam zu sein ohne aufzufallen und in einer
solchen Situation von Anfang an geistesgegenwärtig zu handeln, bis die
Situation unter Kontrolle ist.
Wenn man den einen Schlag gegen den Angreifer ausführt, kann man nicht
genug hervorheben, die gesamte Kraft einzusetzen und besonderen Wert auf
die genaue Ausführung zu legen. Sollte dieser eine Schlag unwirksam sein,
wird der Angreifer noch gewalttätiger werden, ein Punkt, den man nicht
vergessen sollte. Die Bedeutung dessen, die gesamte Kraft
234
ABGESPROCHENE KÄMPFE
einzusetzen und sein Herz und seine Seele in den einen Versuch zu legen
wurde schon hervorgehoben, aber es ist genauso wichtig, dies nur zu tun,
nachdem man zu dem rationalen Schluß gekommen ist, daß es keinen anderen
Ausweg mehr gibt.
TRAININGSMETHODEN
Die Methoden des Übens der Selbstverteidigung sollten gemäß Kapitel 4, Teil 2
„Trainingshinweise“, und hinsichtlich der Tritt- und Stoßtechniken gemäß
Kapitel 2, „Grundlegende Elemente“, studiert werden. Während des Übens
sollte man sich verschiedene Situationen vorstellen, besonders Kampf, iai und
Ausweichtechniken (tori-te). Der Angreifer kann die Handgelenke, die Kleidung,
den Nacken oder andere Körperteile ergreifen und man muß diesem Versuch
des Greifens entkommen und sofort einen Gegenangriffe folgen lassen. Der
Punkt, den man sich ins Gedächtnis zurückrufen sollte, ist die Schnelligkeit des
Gegenangriffs, welcher beinahe gleichzeitig mit der Befreiung aus dem Griff des
Angreifers ausgeführt wird. Die Techniken zur Befreiung und für den
Gegenangriff sollten zuerst einzeln analysiert und geübt werden, man sollte
jedoch Schritt für Schritt den Punkt erreichen, wo Block und Angriff gleichzeitig
ausgeführt werden können.
Befreiungstechniken können gegen greifende Angriffe von vorn, von der Seiten
und von hinten angewendet werden. Angriffe von vorn schließen solche
Techniken wie das Ergreifen eines oder beider Handgelenke, des Kragens, der
Haare oder Umklammerungen usw. ein, Angriffe von der Seite wie das
Ergreifen des Handgelenks oder des Genicks, genauso sind die Angriffe von
hinten ähnlich, wie das Ergreifen des Handgelenks, des Kragens oder
Umklammerungen usw. Es kann Situationen geben, wo mehrere Angreifer von
beiden Seiten oder von vorn und von hinten angreifen. Denke über solche
Situationen nach, überlege immer und übe gegen solche Angriffe.
SELBSTVERTEIDIGUNG FÜR FRAUEN
235
VITALPUNKTE DES
MENSCHLICHEN KÖRPERS
KAPITEL 6
ERKLÄRUNG
Für jemanden, der Karate-dô trainiert, ist es vorteilhaft, etwas über die
Vitalpunkte (jintai kyûsho) des Körpers zu wissen. Wenn zum Beispiel das
Gesicht mit der selben Kraft erst an irgendeinem Punkt und dann an einem
Vitalpunkt getroffen wird, ist ein deutlicher Unterschied in der Schlagwirkung zu
erkennen. Mit anderen Worten, Vitalpunkte sind genau festgelegte Punkte am
Körper, an denen ein Schlag vergleichbare Wirkung zeigt. Vitalpunkte sind
lebenswichtige Punkte und die Mehrzahl dieser Körperpunkte werden bei der
moxa-Kräuterverbrennung angewendet [im Orient], und sind Vitalpunkte, die
seit Ewigkeiten bekannt sind. Mit anderen Worten, alle Punkte des Körpers, wo
den Nerven ein Schock gegeben werden kann, können als Vitalpunkte
bezeichnet werden. Allgemein wird gesagt, daß die seit Ewigkeiten bekannten
Vitalpunkte des karate und jûdô und die Punkte des moxa dieselben sind,
obgleich die Punkte des moxa, die sich an schwierig anzugreifenden Stellen
befinden oder relativ uneffektiv sind, nicht zu den Vitalpunkten des karate oder
jûdô zu zählen sind. Da die Ziele des moxa und die des karate oder jûdô
unterschiedlich sind, ist die Existenz von Unterschieden nur natürlich. Es gibt
somit auch verschiedene Vitalpunkte im karate, die im moxa oder jûdô nicht zu
den Vitalpunkten zählen. Ein Fingerstoß in die Augen, ein Tritt unter das Kinn
des Gegners oder ein Schlag mit der Faust auf den unteren Teil des Kinns (oft
im Boxen angewendet) sind einige gute Beispiele für Vitalpunkte, die im karate,
aber nicht im moxa oder jûdô genutzt werden.
Der folgende Abschnitt, welcher die Vitalpunkte im Einzelnen beschreibt, ist in
„Todesursachen“ und „Ursachen für Bewußtseinsverlust“ unterteilt. Es gibt
jedoch bis jetzt keine klare Trennlinie in der Klassifizierung. Man sollte die
Vitalpunkte am besten nach der Wirkung eines mit ausreichender Kraft
ausgeführten Angriffs unterscheiden, bei dem entweder der Tod oder bei
vergleichbaren Angriff nur Bewußtlosigkeit eintritt; tatsächlich ruft ein Angriff auf
einen Punkt mit eventueller Todesfolge, wie der solar plexus, nur
Bewußtlosigkeit oder nicht einmal das hervor, wenn der Angriff nicht mit
ausreichender Kraft ausgeführt wurde. Genauso können Bereiche, wie die Brust
oder der Bauch, die nicht als Tod verursachend gelten, wenn sie durch eine gut
trainierte Faust getroffen werden, den Tod durch innere Verletzungen
hervorrufen. Kurz gesagt ist ein Vitalpunkt nur ein Punkt, an dem ein Schlag
verhältnismäßig wirksam ist.
Die Wirksamkeit eines Schlages ist nicht nur von der Kraft des Schlages selbst
abhängig, die Wirksamkeit ist auch abhängig von der derzeitigen Verfassung
der Person, die getroffen wird und ob sie gut trainiert ist.
ERKLÄRUNG
239
Wenn jemand gut trainiert ist, ist er in der Lage einem Angriff standzuhalten, der
normalerweise zum Tode führen könnte. Man denke an die trainierte Brust
eines Ringers. Auf eine starke Brust, welche sich durch ständiges Training
entwickelt hat, wird der Schlag eines Amateurs keine Wirkung haben.
Mein Lehrer, Meister Itosu, hatte einen Körper, der mit einem gußeisernen
Rumpf vergleichbar war. Es gab viele Gelegenheiten auf Feiern, wo jeder etwas
getrunken hatte und einige der jüngeren Mitglieder den Lehrer schlagen wollten,
aber der Meister lächelte und nippte an seinem Wein, ohne ein Zeichen, daß er
die Schläge auch nur wahrnimmt. Der menschliche Körper kann sich durch
Training zu einem solch starken Körper, wie dem des Meisters Itosu entwickeln,
so daß die, die karate trainieren, zusammen mit dem Training der Arme und
Beine für starke Angriffe, durch unablässiges Training auch steinerne oder
stählerne Körper entwickeln sollten.
DIE VITALEN PUNKTE
Die gebräuchlichsten Namen für die Vitalpunkte wurden auch hier verwendet
und die Punkte, die noch keinen Namen hatten, wurden zur besseren
Verständlichkeit mit Namen versehen. Da keine Tests zur Klassifizierung in
tödliche und Bewußtlosigkeit verursachende Punkte durchgeführt werden
können, wurden das Wissen, aus Aufzeichnungen und mündlicher
Überlieferung, als Grundlage verwendet. Die folgende Klassifizierung ist als
gesicherter als alle bisher veröffentlichten anzusehen. (Die Zahlen in den
Klammern stimmen mit denen in den Abbildungen 1 und 2 auf Seite 238
überein.)
VORDERSEITE: KOPF UND GESICHT
Scheitelnaht (tendò):
Linie, an welcher der vordere Knochen und die
seitlichen Knochen zusammentreffen. Todesursache ist eine schwere
Gewalteinwirkung auf das Gehirn und eine Unterbrechung der Schädelnerven.
(1)
Stirnfontanelle (tentò):
Gebiet am Kopf zwischen der Stirn und der
Scheitelnaht, das bei einem neugeborenem Säugling noch nicht
zusammengewachsen ist und die Pulsationen des Gehirns erkennen läßt.
Todesursache ist Gehirnerschütterung und Gewalteinwirkung auf die
Schädelnerven. (2)
Schläfe (kasumi): Insbesondere die Naht zwischen Wangenknochen und
Stirnknochen. Bewußtlosigkeit resultiert aus einer Gewalteinwirkung auf die
Schädelnerven, was einen Verlust der sensorischen und motorischen
Funktionen bewirkt. (3)
Augengegend (seidon): Oberer und unterer Teil der Augenhöhle. Verlust
des Bewußtseins kommt von einer Gewalteinwirkung auf das Gehirn, was zum
Verlust der Nervenkontrolle führt. (4)
Augapfel (gansei):
Verlust des Bewußtseins wird durch eine schwere
Gewalteinwirkung auf das Gehirn verursacht, die zu einer Unterbrechung der
Schädelnerven und zum Verlust der sensorischen und motorischen Funktionen
führt. (5)
Nasenwurzel (uto):
Der Punkt an der Wurzel der Nase zwischen den
Augen. Bewußtlosigkeit resultiert aus einer schweren Gewalteinwirkung auf das
Gehirn, die zu einer Unterbrechung der Schädelnerven und zum Verlust der
sensorischen und motorischen Funktionen führt. (6)
240
DIE VITALEN PUNKTE
Kieferknochennaht (jinchù):
Zusammentreffen des rechten und linken
Oberkieferknochens unter der Nase. Bewußtlosigkeit kommt von einer
Gewalteinwirkung auf die Schädelnerven und dem Verlust der sensorischen
und motorischen Funktionen. (7)
Unterkiefermitte (gekon): Ungefähr einen halben Zoll unter der Unterlippe.
Bewußtlosigkeit resultiert aus der Gewalteinwirkung auf die Schädelnerven und
dem Verlust der sensorischen und motorischen Funktionen. (8)
Kieferwurzel (mikazuki):
Untere Kante des Unterkiefers; auch die
Knochenverbindung unter und vor den Ohren. Bewußtlosigkeit kommt von einer
Erschütterung des Gehirns und dem Verlust der Nervenkoordination. (9) (Dies
ist ein Vitaler Punkt im karate, obwohl er in einigen Schulen des judo nicht als
solcher angesehen wird.)
Ein Schlag auf gleich welchen der Vitalpunkte im Gesicht verursacht eine
Gewalteinwirkung auf die Schädelnerven, was zum Verlust der
Nervenkoordination und des Bewußtseins führt und einen Gefäßschock bewirkt.
Es gibt 12 Schädelnerven, die sensorische, motorische oder kombinierte
Funktionen besitzen, dies sind in Reihenfolge :
der Riechnerv, Sehnerv,
Oculomotorius, Trochlearis, Drillingsnerv, Abducens, Gesichtsnerv, Hör- und
Gleichgewichtsnerv, Zungenbein-Rachennerv, Vagusnerv, Akzessorius und
Unterzungennerv.
VORDERSEITE: MITTLERER BEREICH
Halsseite (matsukaze): Die Länge des Sternocleidomastoideus [seitlicher
Halsmuskel von unter dem Ohr bis zum Schlüsselbein, Kopfdrehmuskel].
Bewußtlosigkeit wird verursacht durch Gewalteinwirkung auf die
Halsschlagader und den pneumogastrischen Nerv, was zu einem Schock und
zum Verlust der sensorischen und motorischen Funktionen führt. (10)
Graben über dem Schlüsselbein (murasame): Auf jeder Seite des Halses
der vordere Teil der Kehle, gerade über dem Schlüsselbein, am Beginn des
seitlichen Kopfdrehmuskels. Bewußtlosigkeit kommt von Gewalteinwirkung auf
die Arterie unter dem Schlüsselbein und den Unterzungennerv, was einen
Schock und den Verlust der motorischen Funktionen verursacht. (11)
Kerbe über dem Brustbein (hichù): Einbuchtung auf der Oberfläche des
Halses zum Bauch hin zwischen dem Brustbeinknochen und dem Kehlkopf.
Blockieren der Luftröhre führt zum Verlust des Bewußtseins(12)
Brustwinkel (tanchù):
Gerade unterhalb des Zusammentreffens von
Brustbein und Handgriff [oberster Abschnitt des Brustbeins, nahezu runder
Knochen]. Verlust des Bewußtseins kommt von einer Gewalteinwirkung auf das
Herz, die Bronchien, den Oberkörper versorgende Schlagadern und die
Lungenarterie, was zu Störungen des Atemsystems und zu Schock führt. (13)
Schwertfortsatz (kyòsen): Unterer Abschnitt des Brustbeins. Verlust des
Bewußtseins kommt von schwerer Gewalteinwirkung auf Leber, Magen und
Herz, die zu einem Schock und zu Störungen des Nervensystems führt, was
den Verlust der motorischen Funktionen nach sich zieht. (14)
Solarplexus (suigetsu):
Mulde gerade unterhalb des Brustbeins.
Bewußtlosigkeit kommt von Gewalteinwirkung auf Magen und Leber, was die
angrenzenden Regionen darüber und darunter schädigt. Dies hat seinerseits
wieder Auswirkungen auf die Nerven und führt somit zum Funktionsverlust der
inneren Organe. (15)
Punkt ca. einen Zoll unter dem Nabel (myòjò, tanden):
Verlust des
Bewußtseins wird verursacht durch Gewalteinwirkung auf den Dünndarm
DIE VITALEN PUNKTE
241
und die Blase sowie auf die großen Blutgefäße und Nerven im Bauch, was zu
Schock und zum Verlust der motorischen Funktion führt. (16)
Gebiet unter den Achselhöhlen (kyòei):
Vierter Rippenzwischenraum.
Bewußtlosigkeit kommt von einer schweren Gewalteinwirkung auf die Lungen
und die damit verbundenen Nerven, was zu einem Verlust der Lungenfunktion
führt, zum Atemstopp und zu Kreislaufversagen. (17)
Gebiet unter den Brustwarzen (ganka): Zwischen den fünften und sechsten
Rippen auf jeder Seite. Ursachen für Bewußtlosigkeit sind ähnlich wie beim
vorigen Punkt, d.h. Verlust der Lungenfunktion, Atemstopp und
Kreislaufversagen. (18)
Bauch, hypochondrisches Gebiet (denkò): Siebter Rippenzwischenraum.
Die Ursache für den Verlust des Bewußtseins ist für die linke und die rechte
Seite unterschiedlich. Auf der rechten Seite ist es die schwere
Gewalteinwirkung auf die Leber, die zu einem Verlust der mit der Leber und
Lungen verbundenen Nervenfunktionen führt. Auf der linken Seite liegt es an
einer schweren Gewalteinwirkung auf Magen und Milz mit Auswirkungen auf
Herz und Lungen, was zu einem Verlust der mit Herz und Lungen verbundenen
Nervenfunktionen führt. (19)
Bauch, Lendengegend (inazuma):
Elfter Rippenzwischenraum. Die
Ursachen für den Verlust des Bewußtseins unterscheiden sich von der linken
zur rechten Seite und sind nahezu dieselben wie bei der hypochondrischen
Gegend. (20)
Angriffe auf die Vitalpunkte, die in der Brust- und Bauchgegend liegen,
führen in erster Linie zu einer Verletzung der inneren Organe mit negativen
Auswirkungen auf das Rückenmark und das sympathische Nervensystem. Dies
wiederum zieht die Gehirnnerven in Mitleidenschaft und führt zu
Bewußtlosigkeit durch Schock und durch den Verlust der sensorischen und
motorischen Funktionen und durch das folgende Aussetzen der Atmung. Es ist
hier zu bemerken, daß Angriffe auf Vitalpunkte am Kopf zwar auch zum Verlust
der sensorischen und motorischen Funktionen, aber nicht immer auch zum
Aussetzen der Atmung führen.
Innenseite des Handgelenks (uchi shakutaku):
Zwischen dem radialen
Handbeugemuskel und den Beugemuskeln der Finger. Ein Angriff auf diesen
Punkt führt zu Gewalteinwirkung auf den darunterliegenden Nerv und die
Schlagader. Dies bewirkt eine ungewöhnliche Art von Schmerz, der die Brustund Halsregion in Mitleidenschaft zieht und einen Verlust der motorischen
Funktionen und des Bewußtseins nach sich zieht. (21)
Handrücken (shukò):
Insbesondere die Punkte zwischen Daumen und
Zeigefinger sowie zwischen Mittel- und Ringfinger. Verlust des Bewußtseins
kommt von einem Schock auf den mittleren Armnerv, was zu einem
ungewöhnlichen Schmerz in der Brust- und Halsgegend führt, der den Verlust
der motorischen Funktionen nach sich zieht. Ein ähnliches Ergebnis ist zu
erwarten, wenn man auf irgendeinen Knochen des Handrückens schlägt. (22)
VORDERSEITE: UNTERER BEREICH
Leistengegend (yakò): Innere Gegend am Ansatz des Oberschenkels; Teil
der Muskulatur der Schambeinknochen. Bewußtseinsverlust entsteht durch die
Gewalteinwirkung auf die darunterliegende Schlagader und den Nerv
[Oberschenkelnerv] sowie auf den inneren Schenkelnerv. Dies verursacht einen
ungewöhnlichen Schmerz in der Hüfte und im Bauch, der zu Verlust der
motorischen Funktionen führt. (23)
Oberschenkel weiter unten, seitlich (fukuto): Mittlerer Teil des seitlichen
Vastusmuskels. Ursache für den Verlust des Bewußtseins ist ein Krampf des
Muskels im Oberschenkel, der zu Schmerzen im Unterbauch und dem
Versagen der motorischen Funktionen des Beines führt. (24)
innerer Knöchel (naike, uchikurubushi, uchikurobushi): Der Punkt gerade
242
DIE VITALEN PUNKTE
unterhalb der Verdickung des Schienbeines. Obwohl dieser Begriff gewöhnlich
den untersten Teil des Schienbeinknochens bezeichnet, d.h. die innere
Oberfläche des Fußknöchels, ist mit uchikurobushi als Angriffspunkt ein Punkt
auf der inneren Oberfläche des Sprungbeinknochens gerade unterhalb des
Knöchels gemeint. Ursache für den Verlust des Bewußtseins ist
Gewalteinwirkung auf die Schienbeinschlagader, was eine ungewöhnliche Art
von Schmerz in der Hüftgegend verursacht, die zu einem Verlust der
motorischen Funktionen führt. (25)
Fußrist (kòri):
Der mittlere Teil auf der oberen Seite des Fußes. Der
Angriffspunkt liegt von der Mitte aus etwas nach innen zwischen den Sehnen
der großen Zehe und der zweiten Zehe. Ursache für die Bewußtlosigkeit ist
Gewalteinwirkung auf den Nerv in der inneren Fußsohle, die
Schienbeinschlagader und den tiefen Wadenbeinnerv, was zu einem
ungewöhnlichen Schmerz im Bein, der Hüfte und im Bauch führt, der den
Verlust der motorischen Funktionen verursacht. (26)
seitliche Fußoberfläche (sòin, kusagakure): Gerade unterhalb des Ansatzes
des vierten und fünften Zwischenknochenmuskels. Die Gründe für den Verlust
des Bewußtseins sind gleichen wie im letzten Punkt. (27)
Mitte des Wadenbeines (kòkotsu, mukòzune): Ein Angriff zu diesem Punkt
führt zu einer Verletzung des Wadenbeinnervs, was schwere Schmerzen und
den Verlust der aufrechten Haltung nach sich zieht. (28)
Hoden (kinteki):
Ursache für den Verlust des Bewußtseins ist schwere
Gewalteinwirkung auf die Nerven und Arterien der Hoden und der Leisten,
wodurch die Hoden sich heben und damit den Verlust der motorischen
Funktionen und die Unfähigkeit zu atmen verursachen. (29)
RÜCKSEITE: OBERER BEREICH
Ausbuchtung hinter dem Ohr (dokko): Zwischen dem Warzenfortsatz [hinter
der Ohrmuschel] und dem Unterkiefer. Bewußtlosigkeit kommt von
Gewalteinwirkung auf die Schädelnerven und das Rückenmark, was zum
Verlust der sensorischen und motorischen Funktionen führt. (30)
Nacken (keichù): Dritter Halswirbelzwischenraum. Bewußtlosigkeit kommt
von schwerer Gewalteinwirkung auf das Großhirn, die Schädelnerven und das
Rückenmark, was zum Verlust der sensorischen und motorischen Funktionen
führt. (31)
RÜCKSEITE: MITTLERER BEREICH
Mittlere Schulterblattkante (hayauchi):
In der Höhe des dritten
Rippenzwischenraums. Bewußtlosigkeit kommt von einer schweren
Gewalteinwirkung auf die Lungen und das Rückenmark, was zu
Atemschwierigkeiten führt und zu Störungen des Blutkreislaufs in Verbindung
mit dem Verlust der motorischen Funktionen. (32)
Raum zwischen dem fünften und sechsten Brustwirbel (kassatsu):
Bewußtlosigkeit kommt von Gewalteinwirkung auf Rückenmark, Aorta, Herz
und Lungen, was zu Verlust der sensorischen und motorischen Funktionen führt
und ein Aussetzen der Atmung nach sich zieht. (33)
Lendengegend (ushiro denkò): Die jeweils linken und rechten Seiten des
neunten und elften Brustwirbels. Die beiden Seiten des neunten Brustwirbels
werden allgemein als shakkatsu denkò bezeichnet, und es heißt, daß man
durch Pressen dieser beiden Punkte mit den Daumen einen Krampf beseitigen
kann. Die beiden Seiten des elften Brustwirbels jedoch sind effektivere Punkte
für einen Angriff. Ursache für den Verlust des Bewußtseins ist schwere
Gewalteinwirkung auf die Nieren und die damit verbundenen Nerven und
Blutgefäße, was dann zum Schock und Verlust der motorischen Funktionen
führt. (34)
DIE VITALEN PUNKTE
243
Steißbein (bitei): Ursache für Bewußtlosigkeit ist Gewalteinwirkung auf das
gesamte Rückenmark. Dies führt zu einem Schock auf das Gehirn und zum
Verlust der sensorischen und motorischen Funktionen. (35)
Oberarm, rückwärtige Oberfläche (wanjun): Mittlerer Teil zwischen Bizeps
und Trizeps. Bewußtlosigkeit kommt von einer Gewalteinwirkung auf den
Ellennerv, den mittleren Armnerv und die Blutgefäße des Oberarms, was zu
einer ungewöhnlichen Art von Schmerz in Brust und Hals sowie zum Verlust der
motorischen Funktionen führt. (36)
Seitliche Oberfläche des Ellenbogens (chùkitsu, hijizume): Bewußtlosigkeit
kommt von Gewalteinwirkung auf den Ellennerv, was einen ungewöhnlichen
Schmerz in Brust und Hals verursacht und mit dem Verlust der motorischen
Funktionen einhergeht. (37)
Rückseite des Handgelenks (sotoshakutaku): Raum zwischen den Enden
von Elle und Speiche. Ursache für Bewußtlosigkeit ist Gewalteinwirkung auf
den mittleren Armnerv und Verlust der motorischen Funktionen. (38)
RÜCKSEITE: UNTERER BEREICH
Gesäßfalte (ushiro inazuma): Auf der hinteren Seite der mittlere Teil am
Ansatz des Oberschenkels, gerade unterhalb des Gesäßes. Ursache für den
Verlust des Bewußtseins ist Gewalteinwirkung auf den Ischiasnerv, was zu
einem ungewöhnlichen Schmerz in der Bauch- und Hüftgegend führt und den
Verlust der motorischen Funktionen nach sich zieht. (39)
Unterer Teil des Schollenmuskels (kusanagi): Ursache für den Verlust des
Bewußtseins ist Gewalteinwirkung auf die Schienbeinschlagader und den
Schienbeinnerv, was zu einem ungewöhnlichen Schmerz in der Bauch- und
Hüftgegend und zum Verlust der motorischen Funktionen führt. (40)
244
DIE VITALEN PUNKTE
KAPITEL 7
GRUNDSÄTZE FÜR DIE SCHÜLER
KAPITEL 7 GRUNDSÄTZE FÜR DIE SCHÜLER
Das Wort „bu“ in budô (Kampfkunst) wird mit dem chinesischen Schriftzeichen
für „Stopp“ geschrieben, welches zwei gekreuzte Hellebarden, mit der
Bedeutung Auseinandersetzungen zu stoppen, zeigt. Da Karate budô ist, sollte
über diese Bedeutung nachgedacht und die Fäuste nicht achtlos benutzt
werden.
Jugend ist Gerechtigkeit und Energie. Die Energie wird durch bu (Kampfkünste)
entfaltet und sie fließt manchmal in gute und manchmal in schlechte Taten.
Wenn man dem Karate-dô richtig folgt, wird der Charakter verbessert und man
verteidigt die Gerechtigkeit, wenn es jedoch in böser Absicht angewendet wird,
verdirbt es die Gesellschaft und die Menschlichkeit.
Gewalt wird als letztes Mittel angewendet, wenn Menschlichkeit und
Gerechtigkeit sich nicht durchsetzen können, aber wenn die Faust einfach ohne
Rücksicht benutzt wird, verliert derjenige den Respekt der anderen und wird
schäbig behandelt, während er für die barbarische Tat getadelt wird. Zu jeder
Zeit wird die temperamentvolle Jugend in den besten Jahren zu unbesonnenem
Reden und Handeln neigen, so daß Umsicht von wesentlicher Bedeutung ist.
Man muß Würde ohne Wildheit besitzen. Die Kampfkünste müssen einen zu
dieser Größe führen. Man wird nicht rücksichtslos handeln mit der Absicht und
zu dem Zweck jemanden in Schwierigkeiten zu bringen. Meister und Heilige
mögen als Einfaltspinsel erscheinen. Diejenigen, die überheblich sind, erklären
der Welt, daß sie angehende Gelehrte oder Kampfkünstler sind.
Stillstand ist zu bedauern; diejenigen die denken, daß sie alles gelernt hätten
und eingebildete Aufschneider werden, ihre eigenen Verdienste proklamieren
nachdem sie die Bewegungen einiger kata gelernt und etwas Geschicklichkeit
in ihren Bewegungen erlangt haben, können nicht als ernsthafte Schüler der
Kampfkünste angesehen werden.
Man sagt, daß ein Wurm, der einen Zoll lang ist, eine Seele von einem halben
Zoll hat; wenn man seine Fähigkeiten im Karate erweitert, muß man sorgfältiger
auf seine Reden achten. Weiter heißt es, je höher der Baum, desto stärker der
Wind, aber widersteht die Weide nicht auch dem Wind? Genauso muß ein
Schüler des Karate-dô gutes Benehmen und Bescheidenheit als höchste
Tugend ansehen.
Mengzi [Mencius; bedeutender Vertreter des Konfuzianismus, 4.Jh.v.u.Z.]
sagte: „Wenn der Himmel einem Mann ein wichtiges Amt übertragen will, wird
er zu diesem Zweck zuerst sein Herz verbittern, ihn seine Knochen und Sehnen
anstrengen lassen, seinen Körper Hunger leiden lassen, ihm Not und Armut
geben und seine Unternehmungen stören. Auf diesen Weg wird er seinen
Willen fördern, seine Natur stärken und das befähigt ihn dazu Dinge zu
vollbringen, zu denen er sonst nicht in der Lage gewesen wäre.“
Wenn die eigene Selbsteinschätzung falsch ist, egal wie gering der Gegner sein
mag, werde ich dann nicht ängstlich sein? Wenn die eigene Selbsteinschätzung
richtig ist, werde ich auch gegen tausend oder zehntausend Männer gehen.
Ein Gentleman sollte immer sanft und niemals drohend sein; nah, doch sich
niemals anbieten; töten, doch nie erniedrigen; kein Zeichen von
GRUNDSÄTZE FÜR DIE SCHÜLER
247
Anstößigkeit ist in seiner Wohnung zu finden; seine Nahrung ist niemals
schwer; selbst ein kleiner Fehler wird korrigiert, es gibt jedoch keine
Anschuldigung. Das ist die Stärke des Willens.
Ein Gentleman muß tolerant und willensstark sein. Die Verantwortung ist groß
und der Weg ist lang. Erfülle wohlwollend dein Leben lang deine Pflicht. Das ist
sicher eine wichtige Mission. Es ist eine Lebensaufgabe, wirklich eine lange
Reise.
Wenn ein einfacher Mann verspottet wird, wird er sein Schwert ziehen und im
Kampf sein Leben riskieren, aber er wird deshalb nicht als mutiger Mann
bezeichnet. Ein wirklich großer Mann läßt sich weder stören, wenn er plötzlich
mit einem unerwarteten Ereignis oder einer Krise konfrontiert wird, noch ist er
zornig, wenn er sich unverschuldet in solchen Situationen befindet, und deshalb
ist sein Herz groß und sein Ziel hoch.
Acht wichtige Regeln des karate:
Der Geist ist eins mit Himmel und Erde.
Der Biorhythmus des Körpers gleicht dem von Sonne und
Mond.
Das Gesetz schließt Strenge und Nachsicht ein.
Handle entsprechend der Zeit und den Veränderungen.
Die Techniken passieren wenn die Leere gefunden ist.
Das Ma [Zwischenraum] benötigt Vorstoß und Rückzug,
Trennung und Vereinigung.
Die Augen übersehen nicht die geringste Veränderung.
Die Ohren hören in alle Richtungen.
Deshalb sage ich: Erkenne den Feind und erkenne dich; in hundert
Schlachten wirst du nicht in Gefahr sein.
Wenn du den Feind ignorierst, aber dich selbst erkennst, sind deine
Chancen zu gewinnen oder zu verlieren gleich.
Wenn du sowohl deinen Feind, als auch dich selbst ignorierst, wirst du
sicher in jeder Schlacht in Gefahr sein.
In hundert Schlachten hundert Siege zu erringen ist nicht die höchste
Fähigkeit. Den Feind ohne Kampf zu unterwerfen ist die höchste Kunst.
Wenn Raubvögel angreifen, stürzen sie hinab, ohne ihre Flügel
auszubreiten. Wenn Raubtiere angreifen wollen, schleichen sie sich mit
angelegten Ohren an. Genauso erscheint ein Weiser immer etwas teilnahmslos
bevor er handelt.
Lin Hung-nien sagt, ein Stein ohne Wasser darin ist hart. Ein natürlicher
Magnet ohne Wasser in sich ist dicht. Wenn ein Körper innen hart und außen
undurchlässig ist, wie kann er jemals durchdrungen werden? Wenn etwas eine
Öffnung hat, kann es gefüllt werden. Wenn etwas einen Hohlraum von einem
Zoll hat, wird dieser Hohlraum mit einem Zoll Wasser gefüllt werden.
248
GRUNDSÄTZE FÜR DIE SCHÜLER
Ich war nicht in der Lage, die ursprüngliche Herkunft des oben stehenden
kambun [chinesische Gedichtform] herauszufinden. Viele Experten, die ich
gesprochen habe, glauben, daß es so, wie es hier steht, nicht vollständig oder
nicht richtig ist. Aus diesem Grund habe ich es vorgezogen, hier nicht meine
persönliche Auslegung dieses Abschnittes darzulegen und mich damit der
Gefahr der falschen Übersetzung auszusetzen. Deshalb habe ich diese
chinesischen Sätze nicht übersetzt. [Anmerkung des Übersetzers]
GRUNDSÄTZE FÜR DIE SCHÜLER
249
Von Andreas Knörnschild wurden folgende Teile davon übersetzt. Alle anderen
Punkte konnte er nicht vollständig übersetzen
Einleitung zu den alten Regeln (nicht vollständig)
? Diese Regeln müssen oft wiederholt werden.
? Der Geist muß frei sein am Morgen.
? Das Blut muß mittags ruhig durch die Adern fließen um diese Regeln zu
verstehen.
? Diese Regeln sollten über Generationen erhalten bleiben.
? Sie nutzen nur, wenn sie richtig angewendet werden, wenn sie
mißbraucht werden, schaden sie.
? Jemand, der das Tor durchschreitet muß seinen Geist schulen.
? Diese Regeln sind einfach und doch kompliziert, das ist das Besondere
daran.
? Der Grund aufzustehen und diesen Weg zu beschreiten ist, seine
Begabung und seine Geschicklichkeit zu verbessern und seine
Persönlichkeit zu vervollkommnen.
? Jemand, der diese Regeln vernachlässigt, wird es sicher schwerer haben.
? Gewöhnlich siegt in einem Kampf gleich starker Gegner die Vernunft.
? Der Kampf ist kein Spiel.
? Wenn die Leere gefunden ist, nutze diese Regeln.
? Es ist schlecht nur oberflächlich zu studieren, die Stärke einer Person ist
davon abhängig, ob sie beim durchschreiten des Tores auf alles (oben,
unten, rechts, links) achtet.
? Wenn die Leere gefunden ist, wird man stark sein.
? Wenn diese Regel falsch angewendet wird, führt sie nur bergab.
? Bewege dich oben wie ein frei fliegender Schmetterling, nach unten
geschickt, als wenn du einen Fisch im Wasser fangen willst, und du wirst
die Kraft eines Tigers besitzen.
? Hart, weich, die Leere ist alles.
? Härte führt zu einem weichen Ganzen.
? Weichheit führt zu einem harten Ganzen.
? Legt man die Härte ab, kommt die Weichheit zu Vorschein.
Erläuterung der Regeln:
? Will man nach Osten angreifen, muß man erst nach Westen schlagen.
? Will man den Himmel angreifen, muß man erst seine Stützen
zerbrechen.
? Gebrauche den Körper nie in der falschen Haltung.
Im Buch „KEMPO Die Kunst des Kampfes“, von A.Dolin, auf Seite 348-350
steht, daß diese anonyme klassische Abhandlung in altchinesischer Sprache
als historisches Dokument dem Buch Funakoshis beigelegt war. Dieses Traktat,
welches zur Hälfte in Prosa und zur Hälfte in Reimform geschrieben ist, stammt
aus der Feder eines Traditionsträgers des shaolinschen Kempo. Das genaue
Entstehungsjahr ist unbekannt. Derartige Instruktionen in Form des Makimono
gab es in allen großen Karate-Schulen.
„Diese Kunst soll man nur zum Wohle der Menschen anwenden und niemals,
um ihnen Schaden zuzufügen. Nur derjenige, der mit seiner Seele die
menschliche Natur versteht, kann der Lehre teilhaftig werden.
Diese Kunst untergliedert sich in eine leichte (oberflächliche) und in eine
schwere (tiefgehende). Deshalb muß man, um die wahre Meisterschaft in vielen
Formen zu erlangen, sie stets gleichzeitig in ihrem Zusammenhang mit der
Lehre festigen. Wenn man hier unachtsam ist, wird man viele Schwierigkeiten
haben, denn die unachtsamen Schüler verdienen es, daß man mit ihnen wie mit
Verbrechern umgeht, die unschuldige Menschen verprügelt haben, solche muß
man in Ketten legen.“
„Bedenke, der Kampf ist kein Spiel mit einem Spielzeug! Sobald du die Leere
siehst (in der Verteidigung des Gegners), stoße in sie hinein. Sobald du siehst,
daß der Gegner zurückweicht, setze ihm nach! Wichtig ist es, immer richtig zu
berechnen. Sei stets darum besorgt, die (geistige) Berührung (mit dem Gegner)
nicht zu verlieren!
Solche, die zufällig zusehen, machen sich lustig über meine kleinkarierte Kunst,
daß ich immer wieder nach oben blicke und nach unten, nach rechts und nach
links, und dabei die Bewegung (des Gegners) betrachte. Doch genau dies ist
die (echte) Kunst des Nahkampfes.
Den Regeln zufolge muß man (als Antwort auf einen Angriff des Gegners)
plötzlich einen Gegenangriff starten. Hat die Gegenattacke ihr Ziel erreicht, so
muß man den zurückweichenden Gegner hartnäckig verfolgen. Sobald der
Gegner sich öffnet, schlag auf ihn ein. Versetze ihm einen Schlag, weiche
zurück und nähere dich dann von neuem. Die Regel besagt, daß man sich dem
Gegner abwechselnd nähern und von ihm zurückweichen soll. Oben müssen
die Bewegungen (der Arme) an zwei flatternde Schmetterlinge erinnern; unten
(mit den Beinen) muß man wie ein geschickter Fischer handeln, der einen Fisch
an der Angel hat.
Kräftig und ungestüm wie ein Tiger und ein Wolf; ungestüm wie ein wilder Tiger,
so müssen wir uns im Zweikampf verhalten.
Sehr wichtig ist es, die Mittel zum Ansetzen der Kraft zu begreifen, (das Gesetz)
der Kombination von Härte und Sanftheit, so wie die Wirklichkeit es erfordert.
Das Harte geht über in das Sanfte, das Sanfte geht über in das Harte. Wo das
Harte gebrochen wird, tritt das Sanfte zutage. Der Körper schwankt von einer
Seite zur anderen, die Füße (sie ändern rasch ihre Stellung) treten von einem
Ort auf den anderen und tragen dabei den Körper – und so kannst du in
tausend Tore eindringen. Doch die Gesetze des Angreifens und des
Zurückweichens kann man nicht mit den üblichen Sinnen begreifen.
Willst du von Osten angreifen, dann versetz zuerst einen Schlag von Westen,
Willst du zu einem entscheidenden Angriff übergehen, dann mußt du den
Widerstand des Gegners brechen.
Willst du den Gegner von vorn packen, dann sei darauf gefaßt, seinem Yin zu
begegnen. Denn er wird versuchen, sich zu befreien.
Er kann dir einen Antwortschlag mit dem Bein versetzen. Wehre dich, nachdem
du deine Hand `flach` gemacht hast, schlage gegen sein Knie.
Beim Schlag mit dem Bein mußt du bemüht sein, einen `Haken`auszuführen
(Beinstellen).
Wenn man dich aber am Bein gepackt hat, laß dich rückwärts fallen.
Doch dann beim Zusammenwirken der Arme und Beine darf nicht der geringste
Durchblick existieren.
Willst du mit dem Bein von vorn schlagen, dann tue erst so, als ob du vom
Rücken angreifen willst.
Sobald der Gegner zu Boden gestürzt ist, stürz dich auf ihn, gib`s ihm, und der
Sieg ist dein.
Willst du den Gegner (mit dem Arm) angreifen, dann agiere zuerst mit dem
rechten Knie.
Nähert er sich mit seinem `chinesischen Apfel` (Adamsapfel), dann stoß deine
Finger in den `Kampferbaum`(die Trachea).
Hat er dich an den Haaren gepackt und zieht, befreie dich mit Hilfe der Nägel.
Willst du den Gegner vom Rücken her angreifen, nutze die Kraft des Harten
und Sanften.
Hat er dich auf den Boden geworfen, dann tritt ihn in seinen `Stolz` (die
Genitalien).
Willst du einen Gegner umbringen, dann stoße ihm den Finger in die Gurgel.
Willst du ihm mit einem Bein einen Schlag versetzen, versetz ihm zuerst mit
dem Arm einen Stoß.
Hat der Gegner dich auf dem Boden im Griff (Schwitzkasten), befreie dich mit
Hilfe des Knies.
Ist der Gegner kräftig gebaut und hoch an Wuchs, dann greif ihn in der
Körpermitte an (Brust, Bauch).
Wenn er dich an der Kehle gepackt hat, (befreie dich) mit einem kräftigen
Armhieb.
Hat er dich an den Haaren gepackt und versucht, dir den Kopf umzudrehen,
dann versetz ihm einen kräftigen geraden Faustschlag.
Hat der Gegner dich von hinten gepackt, dann schlage kräftig mit dem Kopf
nach hinten.
Hat der Gegner dich fest von vorn umklammert, dann benutze die Knie (für
einen Schlagt in die Genitalien).
Führt der Gegner mit den Beinen einen hohen Schlag aus, dann mußt du dich
ducken und hinter seinen Rücken gelangen.
Will er einen Schlag mit dem Bein in mittlerer Höhe anbringen, dann ist die
beste Methode, sich fallen zu lassen.
Hat er dich unten (an den Beinen) gepackt, wirst du vergeblich versuchen
stehenzubleiben (du mußt dich weich fallen lassen).
Bewege dich vorwärts, laß den Gegner nicht nah heran, und gib ihm keine
Chance, dich mit dem Bein zu erwischen.“
ANHANG
WIE MAN EINEN MAKIWARA BAUT
STEHENDE MAKIWARA
Im Karate-dò wird das makiwara (Strohgepolsteter Schlagpfosten)
hauptsächlich genutzt, um die Fäuste und Füße zu entwickeln. Es ist wichtig,
die beständige Entwicklung der Fäuste und Füße durch das Üben am makiwara
gleichzeitig mit der Verbesserung der Techniken durch das Üben der kata und
der Kampfübungen (kumite) durchzuführen.
Das makiwara ist aus Reisstroh gefertigt, welches zuerst mit einer Schnur in
eine Form von ungefähr fünfzehn und ein halben Zoll in der Breite und zwei und
einen halben bis vier Zoll Dicke gebündelt wurde, und danach fest mit einem
Strohseil umbunden, wie es in der Zeichnung unten zu sehen ist. Das Strohseil
sollte so dick wie möglich sein, und es sollte mit einem Holzhammer flach und
weich gemacht werden.
Der Pfosten sollte etwa sieben Fuß in der Länge und vier und einen halben Zoll
im Durchmesser sein; und etwa neununddreißig Zoll in die Erde versenkt
werden, so daß etwa fünfundvierzig Zoll oberhalb des Bodens verbleiben. Die
Länge oberhalb des Bodens wird natürlich unterschiedlich sein, entsprechend
der Körperhöhe des Übenden. Zur Vorbeugung vor Verrottung des im Boden
befindlichen Teils, kann man es leicht ankohlen oder mit Teer behandeln.
Der über der Erde befindliche Teil des Pfostens ist schräg geschnitten, so daß
der obere Teil etwa einen halben Zoll dünner ist. Dies trägt zur Flexibilität bei
und beugt Verletzungen der Faustknöchel bei Fauststößen vor. Das makiwara
sollte leicht unter dem oberen Ende am Pfosten befestigt werden, so wie es in
der Zeichnung auf der vorhergehenden Seite zu sehen ist.
Ist kein Raum für ein makiwara vorhanden, kann man ihn an der Veranda
anbringen, so daß man es dort benutzen kann.
Das für das makiwara verwendete Stroh ist anfällig für Feuchtigkeit. Deshalb
schütze man es vor Regen, eine Hülle aus Holz oder Metall, ähnlich der
Zeichnung auf der vorhergehenden Seite, kann als Haube dienen.
HÄNGENDE MAKIWARA
Hängende makiwara (wie in der Zeichnung auf der vorhergehenden Seite zu
sehen) bestehen aus einem Bündel Stroh, welches auf etwa sechsundzwanzig
Zoll Länge zugeschnitten wurde und mit Hanfseil zu einem Bündel von ungefähr
dreizehn Zoll im Durchmesser zusammengebunden wurde; denn Strohseil geht
überall kaputt, wenn man es bei einem makiwara von ungefähr fünfundzwanzig
Pfund Gesamtgewicht verwendet. Es sollte ähnlich den makiwara Zielen sein,
wie sie beim japanischen Bogenschießen (kyùdò) verwendet werden. Diese
makiwara hängen an Hanfseilen, welche nahe beider Enden des Bündels
befestigt wurden, etwa in Brusthöhe, und es wird zum Üben für Stoß- und
Trittechniken genutzt.
Diese Art des Übens ist nicht begrenzt auf die besondere Art eines hängenden
makiwara. Makiwara sind eine einfache Möglichkeit, weil sie billig und einfach
herzustellen sind; dies kann jeder mit etwas Einfallsreichtum tun, ohne viel
Aufwand, und mit leicht zu beschaffenden und geeignetem Material.