GU - Universität St.Gallen

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GU - Universität St.Gallen
Philipp Thalmann
Kommunikation des Verwaltungsrates
nach Innen und Aussen
Nr. 122 der Reihe DISKUSSIONSPAPIERE des Forschungsinstituts für Arbeit und Arbeitsrecht
an der Universität St. Gallen
St. Gallen, April 2010
I
Vorwort
Art. 716a OR verpflichtet den Verwaltungsrat zur Oberleitung der Aktiengesellschaft. Dazu
gehört auch die Festsetzung der Kommunikationspolitik und deren strategische Ausrichtung. Der
Rahmen dieser Kommunikationspolitik wird durch eine Vielzahl staatlicher Vorschriften gesteckt. Die
vorliegende Arbeit befasst sich mit diesen Regeln und zeigt auf, wie eine solche Kommunikationspolitik bestimmt werden sollte.
Die Arbeit ist an unserem Institut als Masterarbeit entstanden. Sie wurde von Prof. Dr. Roland
Müller als Referent betreut. Es ist nicht üblich Masterarbeiten zu veröffentlichen. Die Qualität der
Arbeit und die Aktualität des Themas erscheinen uns aber genügende Gründe, sie einer weiteren
Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Auch für eine Masterarbeit gilt die akademische Freiheit. Es
versteht sich daher von selbst, dass die in der Arbeit getroffenen Wertungen ausschliesslich die Meinung des Autors widergeben und das FAA nicht binden.
St. Gallen, im April 2010
Prof. Dr. Thomas Geiser
Direktor FAA
II
Inhaltsverzeichnis
I
Abstract ........................................................................................................................................................... I
II
Inhaltsverzeichnis ..........................................................................................................................................II
III
Abkürzungsverzeichnis ................................................................................................................................. V
IV
Literaturverzeichnis ................................................................................................................................... VII
V
Materialienverzeichnis................................................................................................................................ XII
VI
Internetquellenverzeichnis ....................................................................................................................... XIII
1
Einleitung......................................................................................................................................................... 1
1.1
Problemstellung .......................................................................................................................................... 1
1.2
Ziel ............................................................................................................................................................. 2
1.3
Methodik .................................................................................................................................................... 2
1.4
Begriffsbestimmungen ................................................................................................................................ 3
1.5
2
1.4.1
Kommunikation ............................................................................................................................... 3
1.4.2
Unternehmen .................................................................................................................................... 4
1.4.3
Unternehmenskommunikation (Corporate Communication) ........................................................... 5
1.4.4
Verwaltungsrat ................................................................................................................................. 8
1.4.5
Corporate Governance ..................................................................................................................... 9
Abgrenzungen ........................................................................................................................................... 10
Theoretischer Teil ......................................................................................................................................... 12
2.1
Einleitung zum theoretischen Teil ............................................................................................................ 12
2.2
Vorschriften zur Kommunikation ............................................................................................................. 12
2.3
2.2.1
Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht ............................................................................................ 12
a)
Einführung ..................................................................................................................................... 12
b)
Vorschriften ................................................................................................................................... 12
c)
Ergebnis ......................................................................................................................................... 12
2.2.2
Arbeitsrecht .................................................................................................................................... 13
a)
Einführung ..................................................................................................................................... 13
b)
Vorschriften ................................................................................................................................... 14
c)
Ergebnis ......................................................................................................................................... 14
2.2.3
Corporate Governance ................................................................................................................... 14
a)
Einführung ..................................................................................................................................... 14
b)
Vorschriften ................................................................................................................................... 15
c)
Ergebnis ......................................................................................................................................... 17
2.2.4
Zwischenergebnis aus der Analyse der rechtlichen Kommunikationsvorschriften ........................ 18
Umsetzung der Kommunikation ............................................................................................................... 19
2.3.1
Einleitung ....................................................................................................................................... 19
2.3.2
Notwendigkeit einer strategischen Ausrichtung der Kommunikation ............................................ 19
2.3.3
Corporate Communication und Corporate Identity ........................................................................ 21
II
2.4
3
2.3.4
Die Umsetzung der Kommunikation durch den Verwaltungsrat im Einzelnen .............................. 22
a)
Kommunikation den externen Stakeholdern gegenüber ................................................................. 22
b)
Kommunikation der Belegschaft gegenüber .................................................................................. 25
c)
Kommunikation an der Unternehmensspitze ................................................................................. 27
2.3.5
Schranken der Kommunikation ...................................................................................................... 31
a)
Einleitung ....................................................................................................................................... 31
b)
Strafrechtliche Schranken .............................................................................................................. 32
c)
Arbeits- und datenschutzrechtliche Schranken ............................................................................... 32
d)
Immaterialgüter- und wettbewerbsrechtliche Schranken................................................................ 33
e)
Unternehmensinterne Schranken .................................................................................................... 34
Folgerungen aus dem theoretischen Teil .................................................................................................. 36
Praktischer Teil ............................................................................................................................................. 39
3.1
Untersuchungsziel .................................................................................................................................... 39
3.2
Methode .................................................................................................................................................... 39
3.2.1
Stichprobe ...................................................................................................................................... 39
3.2.2
Messinstrumente ............................................................................................................................ 40
3.2.3
Ablauf ............................................................................................................................................ 41
3.3
Untersuchungsgrenzen .............................................................................................................................. 41
3.4
Resultate und Diskussion .......................................................................................................................... 41
3.5
3.6
4
3.4.1
Einleitung ....................................................................................................................................... 41
3.4.2
Unternehmensinterne Vorschriften zur Kommunikation................................................................ 42
a)
Existenz von Kommunikationsvorschriften ................................................................................... 42
b)
Existenz von internen Weisungen zur Kommunikation nach Aussen ............................................ 44
3.4.3
Unternehmensinterne Bedeutung der Kommunikation .................................................................. 46
a)
Kommunikation in Verwaltungsrat und Geschäftsleitung.............................................................. 46
b)
Verbesserung der verwaltungsratsinternen Kommunikation .......................................................... 50
c)
Ermittlung des Unternehmensimages bei den Stakeholdern .......................................................... 52
d)
Bottom-up-Kommunikationswege in den Unternehmen ................................................................ 54
3.4.4
Umsetzung der rechtlichen Kommunikationsvorschriften ............................................................. 56
a)
Rechtliche Kommunikationsvorschriften und Unternehmenskommunikation ............................... 56
b)
Probleme bei der Erfüllung der rechtlichen Kommunikationsvorschriften .................................... 58
Interviews mit Kommunikationsfachleuten .............................................................................................. 58
3.5.1
Einleitung ....................................................................................................................................... 58
3.5.2
Resultate und Diskussion ............................................................................................................... 59
a)
Sensibilisierung des Verwaltungsrats für die kommunikative Funktion ........................................ 59
b)
Das Verwaltungsrats-Kommunikationsreglement .......................................................................... 60
Folgerungen aus dem praktischen Teil ..................................................................................................... 61
Zusammenfassung und Empfehlungen ....................................................................................................... 62
4.1
Zusammenfassung der Ergebnisse ............................................................................................................ 62
III
4.2
4.1.1
Ergebnisse aus dem theoretischen Teil........................................................................................... 62
4.1.2
Ergebnisse aus dem praktischem Teil ............................................................................................ 63
4.1.3
Vergleich der Ergebnisse aus Theorie und Praxis .......................................................................... 64
Empfehlungen........................................................................................................................................... 65
4.2.1
Empfehlungen an Verwaltungsräte ................................................................................................ 65
4.2.2
Empfehlungen an Geschäftsleitungen ............................................................................................ 67
IV
III
Abkürzungsverzeichnis
Abs.
Absatz
AG
Aktiengesellschaft
allg.
allgemein
Art.
Artikel
AS
Amtliche Sammlung des Bundesrechts
Aufl.
Auflage
BankG
Bundesgesetz über die Banken und Sparkassen vom 8. November 1934 (SR 952.0)
BauAV
Verordnung vom 29. Juni 2005 über die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei Bauarbeiten (SR 832.311.141)
BBl
Bundesblatt
Bd.
Band
BEHG
Bundesgesetz über die Börsen und den Effektenhandel vom 24. März 1995 (Börsengesetz,
SR 952.0)
BfS
Bundesamt für Statistik
BGE
Entscheidung des Schweizerischen Bundesgerichtes
BGer
Schweizerisches Bundesgericht
bspw.
beispielsweise
Bst.
Buchstabe
BV
Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
(SR 101)
bzw.
beziehungsweise
CEO
Chief Executive Officer
Diss.
Dissertation
d.h.
das heisst
DSG
Bundesgesetz über den Datenschutz vom 19. Juni 1992 (SR 235.1)
etc.
et cetera
FER
Fachempfehlungen zur Rechnungslegung
gem.
gemäss
GL
Geschäftsleitung
GlG
Bundesgesetz vom 24. März 1995 über die Gleichstellung von Frau und Mann (SR 151.1)
GU
Grossunternehmen (250 oder mehr Vollzeitstellen)
GV
Generalversammlung
HRegV
Handelsregisterverordnung vom 17. Oktober 2007 in der Fassung vom 1. Januar 2008 (SR
221.411)
Hrsg.
Herausgeber
IAS
International Accounting Standards
i.d.R.
in der Regel
IFRS
International Financial Reporting Standards
insb.
insbesondere
KMU
Kleine und mittlere Unternehmen (bis maximal 249 Vollzeitstellen)
KR
Kotierungsreglement der SIX Exchange Regulation vom 1. Juli 2009
V
lit.
litera
m.a.W.
mit anderen Worten
M.E.
Meines Erachtens
m.w.H.
mit weiteren Hinweisen
MIS
Management Information System
MSchG
Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben
(SR 232.11)
MSchV
Markenschutzverordnung vom 23. Dezember 1992. (SR 232.111)
N
Note(n)
Nr.
Nummer
OR
Bundesgesetz betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches
30. März 1911 (Fünfter Teil: Obligationenrecht, SR 220)
RL
Richtlinie(n)
RLAhP
Richtlinie der SIX Swiss Exchange betreffend Ad hoc-Publizität vom 29. Oktober 2008.
RLCG
Richtlinie der SIX Swiss Exchange betreffend Informationen zur Corporate Governance
vom 1. Juli 2009.
RLMT
Richtlinie der SIX Swiss Exchange betreffend Offenlegung von ManagementTransaktionen vom 7. Januar 2005
RLR
Richtlinie der SIX Swiss Exchange betreffend Rechnungslegung vom 29. Oktober 2008.
ROCI
Return on Communication Investment
RS
Rundschreiben
RTVG
Bundesgesetz über Radio und Fernsehen vom 24. März 2006. (SR 784.40)
S.
Seite(n)
SCBP
Swiss Code of Best Practice for Corporate Governance, hrsg. von economiesuisse im Juli
2002, aktualisiert 2007
SHAB
Schweizerisches Handelsamtsblatt
SIX / SIX Exchange
SIX Exchange Regulation (Schweizer Börse)
SR
Systematische Sammlung des Bundesrechts
StGB
Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 (SR 311.0)
Stv.
Stellvertretende(r)
Swiss Code
Swiss Code of Best Practice for Corporate Governance, hrsg. von economiesuisse im Juli
2002, aktualisiert 2007
Swiss GAAP-FER
Fachempfehlungen zur Rechnungslegung (2007), hrsg. von der Stiftung von Fachempfehlungen zur Rechnungslegung (FER)
SWX
Swiss Exchange Regulation (Schweizer Börse, frühere Bezeichnung)
u.a.
unter anderem
US-GAAP
United States Generally Accepted Accounting Principles
usw.
und so weiter
u.v.m.
und viele(s) mehr
UWG
Bundesgesetz vom 19. Dezember 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb (SR 241)
Vgl.
vergleiche
VR
Verwaltungsrat
VRP
Verwaltungsratspräsident
VUV
Verordnung über die Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten vom 19. Dezember
1983. (SR 832.30)
z.B.
zum Beispiel
vom
VI
IV
Literaturverzeichnis
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XI
V
Materialienverzeichnis
˗
Botschaft über die Revision des Aktienrechts vom 23. Februar 1983. BBl 1983 II 745 ff.
˗
Botschaft zur Änderung des Obligationenrechts (Transparenz betreffend Vergütungen an Mitglieder des Verwaltungsrates und der Geschäftsleitung) vom 23. Juni 2004. BBl 2004 4471 ff.
˗
Swiss Code of best Practice for Corporate Governance.
˗
SIX Exchange Regulation. Kommentar zur Ad hoc-Publizitäts- Richtlinie. (Stand: 1. Mai
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˗
SIX Exchange Regulation. Kommentar zur Corporate-Governance Richtlinie. (Stand: 20. September 2007).
˗
Muster eines Kommunikationsreglements, vorgestellt an der VR-ERFA-Tagung am 24.4.2009
in Zürich, von Prof. Dr. Roland Müller, Staad SG.
˗
Muster eines MIS-Konzept für den Verwaltungsrat. Quelle: MÜLLER/LIPP/PLÜSS, 742 f.
˗
Checkliste "Best Board Practice®", entwickelt von der Schweizerischen Vereinigung für Qualitäts- und Management-Systeme (SQS), Zollikofen BE, in fachlicher Begleitung durch die
Verwaltungsrat Management AG, Luzern.
XII
VI
˗
˗
Internetquellenverzeichnis
SIX Exchange Regulation
˗
www.six-exchange-regulation.com
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www.six-exchange-regulation.com/duties/financial_reporting_de.htm.
Economiesuisse, Swiss Code of best Practice for Corporate Governance
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www.economiesuisse.ch
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www.economiesuisse.ch/web/de/pdf%20download%20files/pospap_swiss-code_corpgovern_20080221_de.pdf
˗
˗
KPMG
˗
KPMG-Kommentar zur SWX-Richtline Corporate Governance
˗
www.auditcommittee.ch/library/pdf/KPMG_Kommentar_zur_SWX_Richtlinie(1).pdf
Bundesamt für Statistik
˗
Unternehmensstruktur nach Grösse
˗
www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/06/02/blank/key/01/groesse.html
˗
NOGA Allgemeine Systematik der Wirtschaftszweige
˗
http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/infothek/nomenklaturen/blank/blank/noga0/vu
e_d_ensemble.html
˗
Liste der grössten Industrie-, Handels- und Dienstleistungsunternehmen nach Branchen
˗
˗
www.handelszeitung.ch/pakete/Top-2009-Listen_373548.html
International Financial Reporting Standards (IFRS)
˗
www.ifrsplus.de
˗
www.iasifrs.de
XIII
1
Einleitung
"Kommunikation ist selbstverständlich nicht alles, aber
ohne Kommunikation ist oft alles sehr schnell nichts."
Dieses prägnante Zitat von IWAN RICKENBACHER 1 weist ganz allgemein auf die wichtige
Funktion der Kommunikation hin. Freilich ist es in seinem Kontext zu sehen: RICKENBACHER bezieht
die Aussage auf die Bedeutung der Kommunikation im Unternehmen und kommt in seinem Beitrag
zum Schluss, dass Kommunikation Chefsache sei. In der Tat kann ein Unternehmen durch professionelle Kommunikation eine nachhaltige Reputation aufbauen, die es ihm ermöglicht, kritische Situationen besser zu überstehen und allfällig entstehende Schäden zu begrenzen.
1.1
Problemstellung
Der Verwaltungsrat ist das oberste Leitungsorgan einer Aktiengesellschaft. Seine Aufgaben
lassen sich in normative, strategische, finanzwirtschaftliche, personelle, führungsmässige und kommunikative Funktionen unterteilen. 2 Der Verwaltungsrat ist im Rahmen seiner Oberleitungsaufgabe
mitunter für die Strategie des Unternehmens verantwortlich. Hierzu wird er durch das Obligationenrecht verpflichtet.3 Eine strategische Planung ist auch für den "Einsatz des kommunikationspolitischen
Instrumentariums" notwendig. 4 Der Verwaltungsrat als das für die Strategie des Unternehmens verantwortliche Organ ist somit auch für die grundlegende Festsetzung der Kommunikationsstrategie
verantwortlich.
Unternehmen sind aufgrund von Rechtsvorschriften zur fortwährenden Kommunikation verpflichtet. Solche Verpflichtungen ergeben sich einerseits aus Vorschriften in Gesetzen oder Verordnungen und werden gelegentlich von der Rechtsprechung konkretisiert. Ein Unternehmen kann sich
auch freiwillig dafür entscheiden, Regeln zu beachten, die von privaten Organisationen erlassen worden sind. Hierzu kann es aber auch verpflichtet werden, beispielsweise wenn es sich an einer Börse
kotieren lassen will. Prominent sind im Bereich der juristischen Kommunikationsverpflichtungen
Transparenz- und Publizitätspflichten für börsenkotierte Unternehmen. Andererseits kann sich ein
Unternehmen auch selbst Vorschriften zur Kommunikation auferlegen. Solche können sich in Statuten, Organisationsreglementen oder anderen internen Weisungen finden.
Kommunikation ist auch Gegenstand der Unternehmenskommunikation im betriebswirtschaftlichen Sinn. Vielen Unternehmen ist die sich in den letzten Jahrzehnten verändernde 5 und steigende
Bedeutung der Unternehmenskommunikation bewusst geworden. Vorab kann bereits festgehalten
werden, dass sich die Kommunikation eines Unternehmens keineswegs auf den rechtlich vorgeschriebenen Umfang beschränkt. Ein Unternehmen hat ein essentielles Interesse daran, seine Stakeholder
über deutlich mehr und auch andere als rechtlich vorgeschriebene Inhalte zu informieren. Die Corpo-
1
2
3
4
5
RICKENBACHER, 223.
FELDER, VR und Corporate Governance, 1008 ff.
Art. 716a OR, vgl. dazu statt vieler: BÖCKLI, Aktienrecht, §13, Rz. 306.
BRUHN, ESCH und LANGNER, Handbuch Kommunikation, 9 f., BRUHN, Integrierte Kommunikation, 89, 94.
Vgl. BRUHN, ESCH und LANGNER, Handbuch Kommunikation, 5 ff.; BRUHN, Integrierte Kommunikation, 93.
1
rate Communication 6 ist nämlich die bedeutendste Möglichkeit für das Unternehmen, seine Reputation
zu beeinflussen.7
In der Praxis zeigt sich, dass die kommunikative Aufgabe des Verwaltungsrats häufig vernachlässigt und in der Folge teilweise schlecht wahrgenommen wird. Dies bewiesen beispielsweise
anlässlich der Finanzkrise der Jahre 2008 und 2009 auch bekannte Grossunternehmen in der Schweiz.
1.2
Ziel
Im theoretischen Teil der vorliegenden Arbeit ist einerseits aufzuzeigen, welche rechtlichen
Vorschriften zur Kommunikation für den Verwaltungsrat bestehen. Zudem sollen Grundsätze für die
Wahrnehmung der Kommunikationsaufgabe des Verwaltungsrats aus betriebswirtschaftlicher Perspektive aufgearbeitet werden: Wie sollte der Verwaltungsrat die Kommunikationsaufgabe organisieren? Wo bieten sich ihm Möglichkeiten, selbst aktiv in die Unternehmenskommunikation einzugreifen, um einen Mehrwert für das Unternehmen zu generieren?
Für den praktischen Teil wurden Unternehmen zu den Themen Vorschriften, Bedeutung und
Umsetzung der Kommunikation befragt. Mittels dieser Resultate und den Erkenntnissen aus den geführten Experteninterviews wird die Situation in der Praxis analysiert.
Aus den theoretischen und praktischen Erkenntnissen werden jeweils Schlüsse gezogen und
basierend darauf Empfehlungen für Verwaltungsräte und Geschäftsleitungen abgegeben.
1.3
Methodik
Nachdem in einer Einführung ins Thema dem Leser die Problemstellung und die Zielsetzung
der Arbeit näher gebracht worden sind, erfolgen eine Erläuterung der nötigen Begriffe im Hinblick
darauf, wie sie in der vorliegenden Arbeit verstanden werden und die notwendigen thematischen Abgrenzungen.
Anschliessend wird in einem ersten, theoretischen Teil untersucht, welche rechtlichen Vorschriften zur Kommunikation in der Schweiz existieren, die der Verwaltungsrat einer Aktiengesellschaft zu beachten hat. Dabei werden Gesetze und Verordnungen unter Beizug von Rechtsprechung,
aber auch private Regulierungen wie z.B. das Kotierungsreglement der SIX Swiss Exchange sowie der
Swiss Code of best Practice for Corporate Governance untersucht. Der theoretische Teil beinhaltet
insbesondere auch einen Blick auf betriebswirtschaftliche Aspekte der Kommunikationsaufgabe des
Verwaltungsrats. Dabei steht die Umsetzung der Kommunikation im Zentrum. Beide Aspekte erlauben Feststellungen und Folgerungen.
Im zweiten, praktischen Teil wird zunächst mittels einer Umfrage die praktische Relevanz der
theoretischen Erkenntnisse geprüft. Mit den Ergebnissen werden sodann in Interviews Kommunikationsexperten konfrontiert.
So wird eine Synthese aus theoretischen und praktischen Ergebnissen versucht, aus der weitere Erkenntnisse gewonnen werden. Schliesslich können Empfehlungen zur Kommunikation des Verwaltungsrats für die Praxis unterbreitet werden.
6
7
Zum Begriff vgl. Kapitel 1.4.3.
SEEMANN, 121.
2
1.4
Begriffsbestimmungen
1.4.1 Kommunikation
Kommunikation ist heute allgegenwärtig. Dies entspricht wohl ihrer heutigen Bedeutung.
Dennoch ist es gerade angesichts des inflationären Gebrauchs des Begriffs 8 wichtig, eine klare Begriffsdefinition vorzunehmen.
Der Begriff Kommunikation stammt aus dem Lateinischen9, wo ihm Bedeutungen wie gemeinsam, miteinander, gemeinsam machen, aber auch eine Mitteilung machen, zukommen. Duden
umschreibt Kommunikation als Verständigung untereinander.
Man unterscheidet beim Begriff Kommunikation zwei Aspekte: Einerseits den verhaltenswissenschaftlichen Aspekt, welcher besagt, dass Menschen die Fähigkeit und das Bedürfnis besitzen, in
Beziehung zueinander zu treten und ihre Gedanken und Gefühle einander mitzuteilen. 10 Auf der anderen Seite steht der informationstheoretische Aspekt. Dieser untersucht die Übermittlung von Informationen unter technisch-naturwissenschaftlichen Aspekten. 11 Letzterer ist hier von Bedeutung, weshalb
er im Folgenden genauer betrachtet wird.
Einfacher Kommunikationsvorgang sowie wechselseitige Kommunikation 12
Mittels dieses einfachen, anschaulichen Modells dargestellt, ist Kommunikation der Vorgang
der Übermittlung einer mit Information gefüllten Nachricht von A nach B. 13 Durch Kommunikation
wird Informationsaustausch betrieben 14 und somit Wissen vermittelt 15. Der Kommunikationsbegriff ist
also nicht mit jenem der Information gleichzusetzen: Diese ist vielmehr ein notwendiger Bestandteil
des Kommunikationsprozesses. Somit sind mindestens drei Teile des Kommunikationsprozesses aus8
9
10
11
12
13
14
15
Gl.M. MAST, 10; SIX/GLEICH/GIMMLER, 21; LYCZEK, 17 f.
Von lateinisch communicare, communicatio.
VOLLMER/HOBERG, 37.
VOLLMER/HOBERG, 37.
Eigene Darstellung. Grau hinterlegt ist der einfache Kommunikationsvorgang, der ganze Kreislauf stellt die wechselseitige Kommunikation dar.
Nach SIX/GLEICH/GIMMLER, 21. Diese Begriffserklärung ist enger und für die Zwecke dieser Arbeit besser geeignet als
die bekannte Definition von SCHEITLIN, 30, wonach "Kommunikation (…) das Insgesamt aller Verhaltensweisen, durch
welche menschliche Kontakte entstehen, sich beeinflussen und vertiefen lassen", sei. Zwar ist dieses Modell relativ
einfach gehalten, aber immerhin sind sich die vielfältigen Definitionen über Kommunikation wenigstens über dieses
einfache Modell einig (SIX/GLEICH/GIMMLER, 21).
WATZLAWICK/BEAVIN/JACKSON, 30, welche die Begriffe "Kommunikation" und "Informationsaustausch" gleichsetzen.
SCHMID und LYCZEK, Kommunikationsmanagement, 13.
3
zumachen: ein Sender, eine Information und ein Empfänger. 16 Der Sender ist die Person, welche die
zu übermittelnde Information erzeugt. 17 Er wird auch als Kommunikator bezeichnet. 18 Der Empfänger
ist die Person, welche die Information empfängt. 19 Er wird auch als Rezipient bezeichnet. 20 Was übermittelt wird, bezeichnet man als Botschaft, Information oder Nachricht; 21 es macht den Kommunikationsinhalt aus. 22 Bei wechselseitiger Kommunikation ergeben sich auf Seiten des Kommunikators sowie des Rezipienten jeweils Rollenwechsel, weshalb im Kommunikationsverlauf beide Kommunikator- und Rezipientenaktivitäten ausführen.23
Kommunikation findet auf vier Ebenen statt. Unterschieden werden die Sachebene (sachlicher
Inhalt der Information), die Beziehungsebene (persönliches Verhältnis der miteinander kommunizierenden Personen), die Appellebene (wozu der Rezipient veranlasst werden soll) und die Selbstoffenbarungsebene (was der Kommunikator von sich selbst preisgibt). 24
Zum Senden und Empfangen von Botschaften werden entsprechende Mittel (Medien) benötigt. Bei direkter Kommunikation sind dies die beteiligten Personen selbst. Bei interpersonaler Kommunikation kommen materielle Kommunikationsmittel 25 hinzu und bei einer dritten Kategorie handelt
es sich bei den Medien um die massenmediale Technologieinfrastruktur.26
Allgemein ausgedrückt kann als Zweck der Kommunikation die Lösung eines vorhandenen
Problems angesehen werden. Erreicht wird dieser Zweck durch das eigentliche Ziel der Kommunikation, nämlich die Verständigung untereinander. 27, 28
1.4.2 Unternehmen
Eine Legaldefinition des Unternehmens sucht man im Handelsgesellschaftsrecht vergeblich.
Dennoch stellt das wirtschaftliche Unternehmen den eigentlichen Klammerbegriff hinter dem Handelsrecht dar. 29 Dieses regelt in erster Linie die Träger- und Entscheidungsorganisation eines Unternehmens und setzt somit die Existenz eines Unternehmens voraus, an einem eigentlichen Unternehmensrecht fehlt es aber. 30 Im Arbeitsvertragsrecht des Obligationenrechts findet sich der Begriff des
Betriebs 31. Unter diesem ist die organisatorische Zusammenfassung der persönlichen, sachlichen und
immateriellen Mittel zu verstehen, die der fortgesetzten Verfolgung eines arbeitstechnischen Zweckes
dient und über die Befriedigung des Eigenbedarfs hinausgeht (…). 32 Der Begriff des Betriebs für sich
allein ist aber für den Unternehmensbegriff wiederum zu eng gefasst, kann doch ein Unternehmen
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
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30
31
32
Vgl. SIX/GLEICH/GIMMLER, 21.
VOLLMER/HOBERG, 37.
SIX/GLEICH/GIMMLER, 21.
VOLLMER/HOBERG, 37.
SIX/GLEICH/GIMMLER, 21.
WATZLAWICK/BEAVIN/JACKSON, 30.
SIX/GLEICH/GIMMLER, 21.
Vgl. SIX/GLEICH/GIMMLER, 33.
Vgl. SCHULZ VON THUN, 25 ff.
Z.B. Briefe, Tafeln, Aufkleber, (private) Fotos etc.
Kategorisierung nach SIX/GLEICH/GIMMLER, 21 f.
UNGEHEUER, 31, insb. auch 35.
DYLLICK/MEYER, Managementlehre, 118, nennen als Ziel die Beeinflussung des Adressaten durch den Informationsaustausch. Die Verständigung untereinander kann selbstverständlich auch hierzu dienen. Obige Umschreibung ist auf einem
abstrakteren Niveau anzusiedeln als jene von DYLLICK/MEYER.
NOBEL, Kommunikationsmanagement, 498.
NOBEL, Kommunikationsmanagement, 498.
Dieser Betriebsbegriff ist aber von jenem des Arbeitsgesetzes, welcher inhaltlich breiter gefasst ist, zu unterscheiden:
GEISER, Kommentar ArG, Art. 1 ArG, N7 f.
JACOBI, 9; BK-REHBINDER, OR 333 N2; ZK-STAEHELIN, OR 333 N5.
4
auch aus mehreren Betrieben bestehen. 33 Der Betriebsbegriff ist deshalb für die Definition des Unternehmensbegriffs, wie er in der vorliegenden Arbeit verwendet wird, zu erweitern und wie folgt zu
skizzieren: Ein Unternehmen ist eine organisatorische Einheit, die der wirtschaftlichen (…) Zweckverfolgung dient. 34, 35 Der Unternehmensbegriff in dieser Arbeit beschränkt sich zudem auf Unternehmen
führende Aktiengesellschaften.
1.4.3 Unternehmenskommunikation (Corporate Communication)
Unternehmenskommunikation wird als Teil der Organisationskommunikation 36 verstanden,
wobei der nicht-kommerzielle Sektor ausgeblendet wird. 37 Sie umfasst das Management von Kommunikationsprozessen zwischen der Unternehmung und den Stakeholdern.38 Dazu zählen alle kommunikativen Handlungen von Organisationsmitgliedern, mit denen ein Beitrag zur Aufgabendefinition und
-erfüllung in gewinnorientierten Wirtschaftseinheiten geleistet wird. 39
Die Unternehmenskommunikation dient dem Austausch des Unternehmens mit den Stakeholdern, wobei sie sich je nach Stakeholder in einer andern Arena 40, mit anderen Akteuren, Inhalten, Zielen Bedingungen und in einem anderen Umfang abspielt. 41 Es können vier Arten der Unternehmenskommunikation unterschieden werden: 42
˗
33
34
35
36
37
38
39
40
41
42
43
44
45
Mitarbeiterkommunikation umfasst alle Fälle des Informationsaustausches der Unternehmensmitglieder untereinander. Meist wird darunter die Information der Mitarbeiter im Sinne
einer top-down-Kommunikation verstanden. Sie umfasst aber mehr, nämlich auch das Erarbeiten von Strategien und Organisationsstrukturen, die Herausbildung einer gemeinsamen Unternehmenskultur sowie auch Optimierungen, Weiterentwicklungen und Restrukturierungen der
bestehenden Strukturen. 43 Diese Prozesse erfordern auch die bottom-up-Kommunikation.
Die zentralen Ziele der Mitarbeiterkommunikation sind die folgenden: Durch gut informierte
Mitarbeiter sollen die Koordinationsprozesse und damit auch alle anderen Abläufe optimiert
werden. 44 Die Mitarbeiterkommunikation trägt auch zur Schaffung einer Unternehmenskultur
bei. Diese soll dem Unternehmen ein "Gesicht" verleihen. Dies trägt dazu bei, dass bei den
Mitarbeitenden ein "Wir-Gefühl" im Sinne einer Identifikation der Mitarbeiter mit ihrem Unternehmen entsteht. Auch die Motivation und das Engagement, die Arbeitszufriedenheit und
die Loyalität der Mitarbeiter und letztlich auch die Reputation des Unternehmens kann durch
Mitarbeiterkommunikation positiv beeinflusst werden. 45 Durch gute Mitarbeiterkommunikation wird also ein Mehrwert für das ganze Unternehmen geschaffen. Zudem ist sie auch die Ba-
So auch BK-REHBINDER, OR 319 N7.
Vgl. BK-REHBINDER, OR 319 N7; JACOBI, 16 ff.
Differenzierter (allerdings gleichwohl etwas abstrakt) lässt sich das Unternehmen im Sinne des neuen St. Galler Management-Modells definieren: "Das Unternehmen ist ein in Umweltsphären und Interaktionsthemen eingebettetes, den verschiedenen Stakeholdern fortwährend Beachtung schenkendes komplexes System von Prozessen, das von Ordnungsmomenten getragen wird und sich selbst ständig verbessert." Für das hier vorausgesetzte Begriffsverständnis kann diese
Definition von Unternehmen durchaus als Ergänzung dienen.
Diese bezieht sich nicht nur auf Unternehmen, sondern auf alle Organisationsformen und –typen sowie deren Kommunikationsprozesse.
MAST, 11 (in Anlehnung an ZERFASS).
MAST, 11.
ZERFASS, 287; MAST, 12.
Zum Begriff vgl. SCHMID und LYCZEK, Kommunikationsmanagement, 70 ff.
DYLLICK/MEYER, Managementlehre, 120. Z.B. unterscheiden sich der Umfang und auch die Adressaten der Finanzkommunikation je nachdem, ob eine Gesellschaft börsenkotiert ist.
Nach DYLLICK/MEYER, Managementlehre, 120.
EINWILLER, KLÖFER und NIES, Kommunikationsmanagement, 223; DYLLICK/MEYER, Managementlehre, 121.
Vgl. DYLLICK/MEYER, Managementlehre, 121; EINWILLER, KLÖFER und NIES, Kommunikationsmanagement, 227.
Vgl. MAST, 252 ff.; EINWILLER, KLÖFER und NIES, Kommunikationsmanagement, 227 f.
5
˗
˗
˗
46
47
48
49
50
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60
61
62
sis für erfolgreiche externe Public Relations: Eine uninformierte Belegschaft führt schnell zu
einem inkonsistenten Image des Unternehmens in der Öffentlichkeit.46
Marktkommunikation ist an die Kunden, Lieferanten und die Konkurrenz als externe Anspruchsgruppen gerichtet. 47 Sie orientiert sich in erster Linie an den Produkten und Dienstleistungen des Unternehmens und an den Bedürfnissen der Anspruchsgruppen. 48 Ziel der Marktkommunikation besteht darin, die Nachfrage bestehender und potenzieller Kunden nach dem
eigenen Angebot positiv zu beeinflussen und damit den Absatz von eigenen Produkten und
Dienstleistungen mitunter mittels des Aufbaus eines Unternehmens- und Markenimages bei
den Kunden zu fördern. 49 Dazu werden Mittel wie Verkaufsgespräche, Events, Foren, Sponsoring, Werbung etc. eingesetzt, um die betreffenden Stakeholder anzusprechen. 50
Finanzkommunikation (Investor Relations) betrifft die Beziehungen zu privaten und institutionellen Investoren, Finanzanalysten und Ratingagenturen. Es geht um "die strategisch geplante
und zielgerichtete Gestaltung der Kommunikationsbeziehungen zwischen einem (…) Unternehmen und der Financial Community" 51. Mittels regelmässiger Bekanntgabe finanzieller und
strategischer Informationen des Unternehmens an die Öffentlichkeit wird die Vertrauensbildung und die Erwartungssteuerung gegenüber den Finanzmärkten, die mangels Informationen
über die zukünftige Entwicklung des Unternehmens im Ungewissen wären, bezweckt. 52 Dazu
werden Instrumente wie beispielsweise Geschäftsberichte, Quartalszahlen, Aktionärsbriefe,
Werbung, Factbooks, Online-Dienste, aber auch persönliche Kontakte zu Investoren u.v.m.
genutzt. 53 Letztlich soll damit der Unternehmenswert nachhaltig gesteigert 54 und die Attraktivität des Unternehmens als Investitionsobjekt gesteigert werden.55
Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations) 56 stellt die Rolle und Funktion des Unternehmens in
der Gesellschaft ins Zentrum. 57 Die Begriffsvielfalt zu Public Relations ist gewaltig 58 und der
Begriff wird in der Praxis wie in der Theorie sehr unterschiedlich gefasst. 59 Mittels einer verständlichen und weit verbreiteten Definition lassen sich Public Relations als Management von
Kommunikationsprozessen für Organisationen mit deren Bezugsgruppen umschreiben. 60 Etwas konkreter ausgedrückt kann man darunter die geplante, zielgerichtete Beziehungspflege
zu allen relevanten internen und externen Ziel-/Personen-/Bezugs- und Dialoggruppen, 61
m.a.W. ständiges Werben um öffentliches Vertrauen, verstehen. 62 Ziel ist somit die Schaffung
und Erhaltung von Glaubwürdigkeit, Vertrauen und Akzeptanz für die Unternehmung.
SZAMEITAT, 37; vgl. zur Thematik auch KRAUSS-WEYSSER, 26 ff.
DYLLICK/MEYER, Managementlehre, 122.
DYLLICK/MEYER, Managementlehre, 122.
Nach DYLLICK/MEYER, Managementlehre, 122.
Vgl. ZERFASS, 300 f.
ACHLEITNER, BASSEN und FIESELER, Kommunikationsmanagement, 263.
DYLLICK/MEYER, Managementlehre, 122 f.
Vgl. MAST, 307 ff.
KIRCHHOFF, Praxishandbuch Investor Relations, 32.
Nach MAST, 303 f.
Die Begriffe "Public Relations" und "Öffentlichkeitsarbeit" können (schon deshalb, weil in dieser Arbeit nur Öffentlichkeitsarbeit von wirtschaftlichen Unternehmen betroffen ist; vgl. zur früheren Differenzierung KÖCHER/BIRCHMEIER, 12)
synonym gebraucht werden: SZAMEITAT, 1; MÜLLER/KREIS-MUZZULINI, 9, KÖCHER, 2, SIX/GLEICH/GIMMLER, 236,
m.w.H. Der aktuellen Lehre folgend wird in dieser Arbeit von "Public Relations" gesprochen.
DYLLICK/MEYER, Managementlehre, 123.
Es existieren allein in den USA über 2000 Definitionen: HARLOW, 36; KÖCHER, 2; KÖCHER/BIRCHMEIER, 12.
RÖTTGER/DONGES, Handbuch Unternehmenskommunikation, 106.
SZAMEITAT, 1; MÜLLER/KREIS-MUZZULINI, 23; ähnlich: BEKE-BRAMKAMP/SAMLAND, Handbuch Unternehmenskommunikation, 16.
Insb. zur sozialen und politischen Umwelt.
MÜLLER/KREIS-MUZZULINI, 313.
6
Unternehmenskommunikation kann sowohl aktiv wie auch reaktiv sein. Die aktive (oder agierende) Kommunikation bezeichnet die bewusste und gezielte Bekanntgabe von Informationen aus
eigenem Antrieb heraus. Bei der reaktiven (oder reagierenden) Kommunikation erfolgt die Information seitens des Unternehmens erst als Reaktion auf Anfrage oder Aufforderung. 63 Diese beiden Formen
sind nicht immer zu trennen, sondern können sich auch ergänzen. Seit einigen Jahren wird nämlich
vermehrt eine dialogische Kommunikation im Sinne einer Interaktion mit den Kommunikationszielgruppen, d.h. ein Zusammenspiel von Push- und Pull- bzw. aktiver und reaktiver Kommunikation,
gefordert. 64
Kommunikation im Unternehmen kann nach Innen und nach Aussen gerichtet sein. In der vorliegenden Arbeit betrifft Kommunikation nach Innen oder interne Kommunikation die Kommunikation zwischen dem Verwaltungsrat und der Geschäftsleitung, intern im Verwaltungsrat, gegenüber den
Mitarbeitenden65, aber auch der Generalversammlung als Organ 66 gegenüber. 67 Sie verfolgt den
Zweck, bei den Adressaten Verhaltensweisen, Wahrnehmungen und Einstellungen auszulösen, die zur
Erreichung der Unternehmensziele beitragen. 68 Die Kommunikation nach Aussen ist an die externen
Anspruchsgruppen gerichtet. 69 Zu diesen zählen die Kapitalgeber 70, die Kunden, die Konkurrenz, die
Lieferanten, der Staat und auch die Medien sowie NGO's und letztlich die gesamte Öffentlichkeit, die
mit dem Unternehmen in Kontakt treten kann.
Ziel der Unternehmenskommunikation ist die langfristige Gestaltung der Beziehungen bzw.
des Dialogs zwischen dem Unternehmen und den Stakeholdern mit dem Zweck, dem Unternehmen bei
diesen eine positive Reputation zu verschaffen. Dies gelingt, indem das Unternehmen seine Ziele konsistent in der dafür geeigneten Weise an die verschiedenen Stakeholder kommuniziert. Letztlich kann
hierdurch eine Corporate Identity71 aufgebaut werden: Diese entsteht durch das Zusammenwirken der
Unternehmenskommunikation (Corporate Communication), dem Unternehmensverhalten nach Innen
und Aussen (Corporate Behaviour) und dem Erscheinungsbild des Unternehmens (Corporate Design). 72
Der eigentliche Begriff der Unternehmenskommunikation ist ein betriebswirtschaftlicher. Die
Unternehmenskommunikation spielt sich jedoch in einem rechtlich vorgegebenen Rahmen ab. Dennoch ist eine Unternehmenskommunikation unabdingbar, die im Umfang über den durch die rechtlichen Vorschriften vorgegebenen Rahmen hinaus geht.
63
64
65
66
67
68
69
70
71
72
Vgl. dazu SCHEITLIN, 33.
Vgl. dazu BRUHN, Integrierte Kommunikation, 91.
DYLLICK/MEYER, Managementlehre, 121; SEEMANN, 87; EINWILLER, KLÖFER und NIES, Kommunikationsmanagement,
223 ff. Die Kommunikation den Mitarbeitern und der GV gegenüber kann aber auch als externe Kommunikation verstanden werden. Dahinter steht die Überlegung, dass eine Nachricht, sobald sie die Unternehmensspitze verlassen hat, nicht
mehr vor der Aussenwelt geheim gehalten werden kann. Dieses praxisnahe Verständnis impliziert jedoch auch, dass die
Unterscheidung der Kommunikation nach Innen und Aussen wie folgt gezogen werden muss: Kommunikation nach
Innen findet zwischen VR und GL sowie VR-intern statt. Die Kommunikation nach Aussen ist diejenige zwischen der
Unternehmensspitze (VR und GL) und den externen Stakeholdern, den Mitarbeitern sowie der GV.
Die GV ist das oberste innere Organ: BsK-OR DUBS/TRUFFER, OR 698 N2.
Nicht jedoch dem einzelnen Aktionär gegenüber.
Vgl. SEEMANN, 87; EINWILLER, KLÖFER und NIES, Kommunikationsmanagement, 223 ff.
Gl.M. SEEMANN, 87.
Also insbesondere auch die (einzelnen) Aktionäre.
Zum Begriff "Corporate Identity": MÜLLER/KREIS-MUZZULINI, 303.
Nach der Formel "Corporate Communications + Corporate Behaviour + Corporate Design = Corporate Identity".
Vgl. MÜLLER/KREIS-MUZZULINI, 303.
7
1.4.4 Verwaltungsrat
Der Verwaltungsrat hat gemäss Art. 716 OR die Aufgabe, die Geschäfte der Gesellschaft zu
führen (…). Hierfür hat er weit reichende Kompetenzen: Er kann in allen Angelegenheiten Beschluss
fassen, die nicht nach Gesetz oder Statuten der Generalversammlung zugeteilt sind. Somit ist grundsätzlich er für die Geschäftsführung zuständig. Das Obligationenrecht sieht in Art. 716b aber die Möglichkeit vor, dass der Verwaltungsrat die Geschäftsführung an einzelne Mitglieder oder an Dritte übertragen kann. 73 Dies ist ein Zeichen der grossen Flexibilität, welche die schweizerische Rechtsordnung
in Bezug auf die Leitungsstruktur der Aktiengesellschaft erlaubt.74 Der Verwaltungsrat kann eine Geschäftsleitung einsetzen, die aus einzelnen seiner Mitglieder und/oder Dritten bestehen kann.75 Diese
führt dann die Geschäfte des Unternehmens. Der Begriff der Geschäftsführung ist gesetzlich nicht
definiert. Die Lehre 76 versteht darunter in einer sehr weiten Definition77 sämtliche auf die Verfolgung
des Gesellschaftszweckes gerichteten Tätigkeiten. Die Geschäftsführung bezieht sich aber "nur" auf
die operative Leitung der Gesellschaft. Die Verantwortung78 für die eigentliche Oberleitung verbleibt
immer beim Verwaltungsrat. 79, 80 Dies umfasst das Festlegen der Strategie und der Unternehmenspolitik, die Wahl der Mittel und Ressourcen für die Zielerreichung sowie die Bemühung um das Gleichgewicht zwischen Mitteleinsatz und Zielen, der Erlass der dafür nötigen Weisungen und die Begleitung und Kontrolle der Zielerreichung der Handlungen der Geschäftsleitung. 81, 82 Durch die besonders
wichtige 83 Liste der Kernkompetenzen 84 des Verwaltungsrats in Art. 716a OR werden dem Verwaltungsrat unübertragbare und unentziehbare Kompetenzen zugewiesen, welche ihn zum obersten strategischen Führungsgremium der Aktiengesellschaft 85 machen. Ohne Übertragung der Geschäftsführungsbefugnis steht diese dem Verwaltungsrat gesamthaft zu. 86 Dies ist in der Praxis aber nur selten
empfehlenswert. 87 Es sollte eine den Verhältnissen der jeweiligen Aktiengesellschaft angepasste Regelung getroffen werden. 88 Die Delegation der Geschäftsführungsbefugnis an eine Geschäftsleitung und
die differenzierte Ausgestaltung der Kompetenzen der einzelnen Verwaltungsratsmitglieder ist deshalb
in der Schweiz die Regel. 89
73
74
75
76
77
78
79
80
81
82
83
84
85
86
87
88
89
Freilich hat dies in den Statuten vorgesehen zu sein und nach Massgabe eines Organisationsreglements zu erfolgen.
BBl 1983 II 840, Ziff. 215.11; NOBEL, Corporate Governance, 25 f.
Art. 716b Abs. 1 OR.
Vgl. BsK-OR WATTER/ROTH PELLANDA, OR 716 N9; WEGMÜLLER, 92.
WEGMÜLLER, 92.
Der Verwaltungsrat muss die Oberleitung "wahrnehmen". Das bedeutet, dass er nicht alles selber tun muss, bei ihm liegt
"nur" die Verantwortung. Die Ausarbeitung der Varianten und Vorlagen wird häufig an die Geschäftsleitung übertragen
werden (BÖCKLI, Aktienrecht, §13, Rz. 303a); vgl. auch BÖCKLI, Kernkompetenzen, 32 f.
Art. 716a Abs. 1 Ziff. 1 OR.
Nach WUNDERER, 101 f. ist der VR im strategischen Bereich immer die letzte Entscheidungsinstanz. BÖCKLI, Aktienrecht, §13 Rz. 314b befürwortet deshalb auch ein Vetorecht des VR gegenüber den Beschlüssen der Geschäftsleitung.
Obschon der Begriff der Oberleitung reichlich Diskussionen in der Literatur hervorgerufen hat, steht er inhaltlich wie
oben umschrieben fest: BsK-OR WATTER/ROTH PELLANDA, OR 716a N4; BÖCKLI, Aktienrecht, §13 Rz. 306 ff.; KAMMERER, 142 f.; FORSTMOSER/MEIER-HAYOZ/NOBEL, §30, N 31; MÜLLER/LIPP/PLÜSS, 142 f.; BAUEN/VENTURI, 160; ausführlich KRNETA, OR 716a N1177 ff. Die Ziffern 2. bis 7. sind Konkretisierungen des Oberleitungsbegriffs: BBl 1983 II
921 ff. Ziff. 332.3; BÖCKLI, Aktienrecht, §13 Rz. 308; KRNETA; OR 716a N 1177; BsK-OR WATTER/ROTH PELLANDA,
OR 716a N8.
Die Ziffern 2. bis 7. sind Konkretisierungen des Oberleitungsbegriffs: BBl 1983 II 921 ff. Ziff. 332.3; BÖCKLI, Aktienrecht, §13 Rz. 308; KRNETA; OR 716a N1177; BsK-OR WATTER/ROTH PELLANDA, OR 716a N8; KAMMERER, 138 f.
FORSTMOSER/MEIER-HAYOZ/NOBEL, §20 N19.
WEGMÜLLER, 91.
KRNETA, Einleitende Bemerkungen, N 14. Der Verwaltungsrat wird auch als "Führungs- und Exekutivorgan der Aktiengesellschaft" bezeichnet: WEGMÜLLER, 91.
Art. 716b Abs. 3 OR.
Vgl. hierzu SPRÜNGLI, 41 f.
BAUEN/VENTURI, 155 f.; BÖCKLI, Aktienrecht, §13 Rz. 299. Zu den verschiedenen Organisationstheorien für den Verwaltungsrat vgl. ROTH PELLANDA, Organisation des VR, 32 ff.
BILAND, 63; HORBER, 48.
8
Als oberstes strategisches Führungsorgan hat der Verwaltungsrat die Gesellschaft auch nach
Aussen zu vertreten.90 Die Vertretungsmacht gegenüber Dritten steht jedem Mitglied einzeln und im
von Art. 718a Abs. 1 OR definierten äusserst weit gehenden Umfang 91 zu, sofern Dritte nicht Kenntnis
über eine Beschränkung der Vertretungsbefugnis erlangen. 92
Der Verwaltungsrat besteht mindestens aus einem Mitglied, dem Präsidenten. 93 Zumindest
grössere Gesellschaften haben in der Regel weitere Verwaltungsratsmitglieder, wobei sich die Zahl
der Verwaltungsratsmitglieder in der letzten Zeit meist verkleinert hat.94 Zudem ist ein Sekretär zu
bezeichnen, welcher aber dem Verwaltungsrat nicht angehören muss. 95 Dem Verwaltungsratspräsidenten kommt als Vorsitzendem des Verwaltungsrats Cheffunktion zu. 96 Er ist nicht nur für die Vorbereitung und Leitung der Verwaltungsratssitzungen zuständig, sondern dafür verantwortlich, dass der
Verwaltungsrat als Organ möglichst effizient und gewinnbringend im Interesse der Gesellschaft tätig
ist. 97 Seine genauen Aufgaben im Einzelfall ergeben sich aber aus der jeweiligen Praxis, also den Statuten, dem Organisationsreglement, der Geschäftsordnung und den ungeschriebenen Gepflogenheiten
der jeweiligen Gesellschaft.98
Das Rechtsverhältnis zwischen einem Verwaltungsratsmitglied und der Gesellschaft ist nach
bundesgerichtlicher Rechtsprechung99 und mit der herrschenden Lehre 100 als organschaftliches Verhältnis mit gesellschaftsrechtlicher und vertragsrechtlicher Komponente zu qualifizieren.
Dem Verwaltungsrat kommt der Gesellschaft gegenüber im Sinne einer Verhaltensrichtlinie
auch eine Sorgfalts-, Treue- und Gleichbehandlungspflicht zu. 101
1.4.5 Corporate Governance
Es ist schwierig, den Begriff Corporate Governance ins Deutsche zu übersetzen und dessen
Bedeutung zu klären 102, zumal auch heute noch unter Corporate Governance fast jeder etwas anderes
versteht 103 und sich auch in der Literatur mannigfaltige Definitionen finden.104 Es ist deshalb sinnvoll,
den Begriff Corporate Governance auf einem etwas höheren Abstraktionsniveau zu begreifen: Es geht
um die Problematik von Macht und Kontrolle in komplexen Organisationen.105 Auf die Aktiengesellschaft übertragen betrifft dies die Ausübung einer angemessenen Kontrolle durch die Aktionäre als
Eigentümer der Gesellschaft über die mit Macht ausgestatteten Organe wie Verwaltungsrat und Ge90
91
92
93
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95
96
97
98
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100
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102
103
104
105
Art. 718 OR.
"Alle Rechtshandlungen, die der Zweck der Gesellschaft mit sich bringen kann." Das schliesst nur jene Rechtshandlungen aus, die durch den Gesellschaftszweck ausgeschlossen werden. (BGE 95 II 442, E. 3; 116 II 320, E. 3.a; 111 II 284,
E. 3. b; BsK-OR WATTER, OR 718a N3; BAUEN/VENTURI, 207; MEIER-HAYOZ/NOBEL, §21 N5; WEGMÜLLER, 93;
BÖCKLI, Aktienrecht, §13 Rz. 497; KRNETA, OR 718a, N1966).
BsK-OR WATTER, OR 718 N10; BÖCKLI, Aktienrecht, §13 Rz. 498; WEGMÜLLER, 94; KRNETA, OR 718a, N1980.
Art. 707 Abs. 1 OR.
MÜLLER/LIPP/PLÜSS, 8 f.
Art. 712 Abs. 1 OR.
KRNETA, OR 712, N505.
KRNETA, OR 712, N505.
BÖCKLI, Aktienrecht, §13 Rz. 105.
Die Umstände des Einzelfalls sind – insbesondere in Bezug auf ein existierendes Abhängigkeitsverhältnis z.B. im Fall
einer zusätzlichen Arbeitnehmerstellung – zu berücksichtigen: BGE 130 III 213, E. 2.1; 128 III 129, E. 1. aa; 114 V
213, E. 4. e.
BsK-OR WERNLI, OR 710 N9; MÜLLER, 40 f.; MÜLLER/LIPP/PLÜSS, 31 ff.; KRNETA OR 707 N276; BÖCKLI, Aktienrecht, §13 Rz. 88; FORSTMOSER/MEIER-HAYOZ/NOBEL, §28 N9; GEISER/UHLIG, ZBJV 11/2003, 757 ff., 763.
Art. 717 OR.
Vgl. MÜLLER/LIPP/PLÜSS, 592; BÖCKLI, Aktienrecht, §14, Rz. 22.
MÜLLER/LIPP/PLÜSS, 593; BÖCKLI, Aktienrecht, §14, Rz. 23; FORSTMOSER, Regeln, 9.
Vgl. BÖCKLI/HUGUENIN/DESSEMONTET, 19, WUNDERER, 12 f.
BÖCKLI, Aktienrecht, §14, Rz. 16; MÜLLER/LIPP/PLÜSS, 593.
9
schäftsleitung. Die Corporate-Governance-Problematik bezieht sich primär auf Publikumsgesellschaften, bei denen Eigentum und Geschäftsleitung auseinander fallen106 und thematisiert damit die "Principal Agency-Problematik". 107
Der Swiss Code of Best Practice for Corporate Governance legt auf die Ausrichtung auf das
Aktionärsinteresse, die Transparenz und die Entscheidungsfähigkeit und Effizienz auf oberster Unternehmensebene besonderen Wert. 108 Er beschreibt die Corporate Governance als folgende Leitidee: 109
"Corporate Governance ist die Gesamtheit der auf das Aktionärsinteresse ausgerichteten
Grundsätze, die unter Wahrung von Entscheidungsfähigkeit und Effizienz auf der obersten Unternehmensebene Transparenz und ein ausgewogenes Verhältnis von Führung und Kontrolle anstreben."
Es können bei der Corporate Governance durchgehend drei Ansätze ausgemacht werden: Leitlinien für das Verhalten der Unternehmensspitze, Strukturempfehlungen für die Ausschüsse des Verwaltungsrats sowie Empfehlungen zur Transparenz. 110 Diese Leitlinien führen zur Funktion der Corporate Governance, welche sich als doppelte umschreiben lässt 111: Einerseits ist sie die Spitzenverfassung der Unternehmensführung, in welcher eine sachgerechte Aufgabenfestlegung und zweckmässige
Strukturierung bzw. Zusammensetzung der obersten Leitungsorgane erfolgt; andererseits regelt sie das
Verhältnis der obersten Leitungsorgane zu den Aktionären und den übrigen Stakeholdern.112
1.5
Abgrenzungen
Der Umfang einer Masterarbeit ist beschränkt. Wegen der Breite des bearbeiteten Themas lassen sich Einschränkungen und Abgrenzungen nicht vermeiden, da andernfalls der Rahmen der Arbeit
gesprengt würde. Die Abgrenzungen im Einzelnen sind:
1. Es werden nur schweizerische Aktiengesellschaften betrachtet. Dies gilt insbesondere auch im
Zusammenhang mit der Kotierung an der SIX Swiss Exchange. Es werden grundsätzlich auch
keine ausländischen Rechtsvorschriften untersucht.
2. Bei den internationalen Rechnungslegungsstandards werden nur die IFRS berücksichtigt. Die
US-GAAP und Swiss GAAP FER werden angesichts ihrer eher kleinen Bedeutung bei den an
der SIX Swiss Exchange mit Beteiligungsrechten primärkotierten Gesellschaften 113 ausgeblendet.
3. Die Untersuchung im Rahmen des juristischen Theorieteils beschränkt sich auf Handels- und
Dienstleistungsunternehmen unter Ausschluss der Unternehmen im Kredit- und Versicherungs- sowie Immobiliengewerbe.
4. Bezüglich Corporate Governance ist die Untersuchung auf den Swiss Code of Best Practice
for Corporate Governance beschränkt.
5. Der Beizug von Rechtsprechung beschränkt sich auf jene des Bundesgerichts.
6. Beim Thema Arbeitsrecht wird naheliegender Weise nur auf das privatrechtliche Anstellungsverhältnis eingegangen. Im Rahmen des Diskriminierungsverbots des Gleichstellungsgesetzes
106
107
108
109
110
111
112
113
FORSTMOSER, Regeln, 10.
FORSTMOSER, Regeln, 10.
BÖCKLI, Aktienrecht, §14 Rz. 35 ff.
Ziff. 2.2 SCBP.
BÖCKLI, Aktienrecht, §14 Rz. 9.
MÜLLER/LIPP/PLÜSS, 594.
MÜLLER/LIPP/PLÜSS, 594; vgl. auch BsK-OR WATTER/ROTH PELLANDA, OR 716a N12.
In den Jahren 2007 und 2008 haben lediglich 17 Gesellschaften die US-GAAP und 52 bzw. 50 die Swiss GAAP FER
angewendet, während jeweils über 190 Gesellschaften nach IFRS Rechnung legten. Vgl. die Website der SIX Exchange.
10
7.
8.
9.
10.
11.
können von der Arbeitgeberin Massnahmen zur Verwirklichung der tatsächlichen Gleichstellung von Mann und Frau getroffen werden; diese stellen keine Diskriminierungen dar. 114 Solche Massnahmen könnten auch kommunikativer Natur sein, 115 doch stehen eigentliche Kommunikationsmassnahmen nicht im Vordergrund.116 Es unterbleibt deshalb eine genauere Analyse der Bestimmung in Bezug auf Kommunikationsverpflichtungen. Auf den Personalverleih
wird nicht eingegangen. Der Bereich SR 832.3 (Verhütung von Betriebsunfällen und Berufskrankheiten) wird nur summarisch behandelt.
Das BehiG, das GUMG, das BGSA und die VOSA, das BG über die in die Schweiz entsandte
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie die zugehörige Verordnung117 und auch GAV
(sowie allfällige Allgemeinverbindlicherklärungen von solchen) werden nicht bearbeitet.
Die Themen Krisenbekämpfung, Arbeitsbeschaffung sowie Arbeitslosigkeit werden nicht bearbeitet.
Die Themen Schuldbetreibung und Konkurs werden nicht bearbeitet.
Die Themen Steuern und Abgaben werden nicht bearbeitet.
In den folgenden Bereichen (nach SR) wurden keine einschlägigen Vorschriften gefunden. Sie
werden deshalb in der Arbeit nicht mehr erwähnt:
1
Staat – Volk – Behörden
4
Schule – Wissenschaft – Kultur
5
Landesverteidigung
6
Finanzen
7
Öffentliche Werke – Energie – Verkehr
9
Wirtschaft – Technische Zusammenarbeit
12. Nicht Teil der Untersuchung ist der Bereich der Haftungsfragen (insb. Organhaftung nach Art.
754 OR).
13. Der Frage nach der Klagbarkeit des Informationsanspruchs des Verwaltungsrats 118 wird nicht
nachgegangen.
14. Immaterialgüter- und Lauterkeitsrecht wird nur summarisch behandelt.
15. Das Verwaltungsrats-Kommunikationsreglement ist insbesondere für Unternehmen im Handels- und Dienstleistungsbereich geeignet. Die branchenspezifischen Einschränkungen von
Nr. 3 gelten auch bezüglich des Kommunikationsreglements.
16. Das Thema der Krisenkommunikation wird nur summarisch behandelt. Es handelt sich dabei
um ein eigenes Thema, das im Rahmen dieser Masterarbeit, welche die Kommunikation des
Verwaltungsrats im Allgemeinen behandelt, nicht ausführlich behandelt werden kann.
114
115
116
117
118
Art. 3 Abs. 3 GlG.
Z.B. Weiterbildungen.
Vgl. zum Ganzen: BGE 131 II 361, insb. E. 5; GEISER, Diskriminierung, 560 f.; STREIFF/VON KAENEL, OR 328 N9.
SR 823.20 sowie 823.201.
Vgl. DRUEY, 6 ff.
11
2
Theoretischer Teil
2.1
Einleitung zum theoretischen Teil
Einerseits wird untersucht, welche Vorschriften zur Kommunikation für den Verwaltungsrat
bestehen. Dazu werden juristische Regelwerke untersucht. Im Zentrum steht das Obligationenrecht. Es
werden aber auch andere Gesetze und Verordnungen analysiert. Zudem werden auch Instrumente wie
Regulierungen privater Organisationen daraufhin untersucht, ob sie Vorschriften für die Kommunikation des Verwaltungsrats enthalten. Konkret wird geprüft, welche Kommunikationsvorschriften wem
gegenüber bestehen, was kommuniziert werden muss und wie das zu geschehen hat. Untersuchungsgegenstand ist grundsätzlich alles staatliche schweizerische Recht mit den in Kapitel 1.5 angegebenen
Einschränkungen. Es werden nachfolgend aber nur jene Regelwerke erwähnt, welche effektiv auch
Vorschriften enthalten.
Andererseits wird auch analysiert, worin die Kommunikationsfunktion des Verwaltungsrats
besteht und wie sie wahrgenommen werden sollte, um einen Mehrwert für das Unternehmen zu generieren. Dazu werden konkrete Möglichkeiten aufgezeigt, wie der Verwaltungsrat selbst aktiv eingreifen kann, um die kommunikative Situation zu optimieren.
2.2
Vorschriften zur Kommunikation
2.2.1 Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht
a)
Einführung
Unter dem Titel Gesellschaftsrecht wird untersucht, inwiefern das Recht der Aktiengesellschaft Vorschriften zur Kommunikation für den Verwaltungsrat enthält. Es werden verschiedene Regelwerke auf kommunikationsbezogene Vorschriften analysiert: In erster Linie geht es um die Art. 620
ff. des Obligationenrechts. Ergänzend wird Bezug genommen auf das Börsengesetz und die dazugehörigen Verordnungen, die Handelsregisterverordnung, die IFRS sowie das Immaterialgüterrecht. Ausführlich wird nur auf direkte Verpflichtungen des Verwaltungsrats zur Kommunikation eingegangen.
Indirekte Verpflichtungen und solche, die nur in bestimmten freiwillig entstehenden Situationen zum
Tragen kommen, werden nur summarisch behandelt.
(…)
b)
Vorschriften
(…)
Dieses Kapitel wurde für die Printversion des Diskussionspapiers auf die Einleitung und das
Ergebnis der Untersuchung gekürzt.
c)
Ergebnis
Bereits im Gründungsstadium einer Aktiengesellschaft ist von ihrem (späteren) Verwaltungsrat ein beträchtlicher Kommunikationsaufwand zu betreiben. Erforderliche Auskünfte ans Handelsregister sind u.a. über den öffentlich zu beurkundenden Errichtungsakt, die Statuten, das VR-Protokoll
über seine Konstituierung und den Nachweis, dass die VR-Mitglieder ihre Wahl angenommen haben,
12
usw. beizubringen. 119 Damit wird durch diese Pflichten zur Publizität bereits eine Grundtransparenz
erreicht, indem der Verwaltungsrat Eckdaten der Gesellschaft durch Anmeldung im Handelsregister
der Öffentlichkeit zugänglich macht. Diese Transparenz wird kontinuierlich weitergeführt, in erster
Linie mittels des vom Verwaltungsrat zu erstellenden Geschäftsberichts. Die Rechnungslegungsvorschriften des OR und insbesondere auch die internationalen Rechnungslegungsstandards leisten hierzu
einen wesentlichen Beitrag.
Auch durch die Vorschriften bzw. Kompetenzen zur Oberleitung der Gesellschaft werden dem
Verwaltungsrat diverse Kommunikationsverpflichtungen auferlegt. Diese äussern sich auf oberster
Ebene durch die Pflicht, Weisungen zur Wahrnehmung der Oberleitung und (gegebenenfalls) ein Organisationsreglement zu erlassen. Im Gesetz finden sich überdies zahlreiche einzelfallbezogene Kommunikationsvorschriften für den Verwaltungsrat. 120 Vorgeschrieben wird jeweils, welche Inhalte
kommuniziert werden müssen. Es ist auch geregelt, wem die Informationen zu kommunizieren sind.
Die Adressaten sind die Aktionäre, das Handelsregister und damit die Öffentlichkeit. Mit der Verpflichtung zur Information der Öffentlichkeit wird zwar ein (zu) grosser Adressatenkreis informiert,
diese Regelung macht aber durchaus Sinn. Damit wird erreicht, dass durch die Nutzung eines Informationskanals alle potenziell interessierten Adressaten erreicht werden. Eine einzelfallbezogene Regelung des Adressatenkreises wäre schwierig, höchst unökonomisch und demnach nicht sinnvoll.
Es kann festgestellt werden, dass ein grosser Teil des Gesellschafts- und Kapitalmarktrechts
die Unternehmenskommunikation in einem weiteren Sinne betrifft.121 Viele Kommunikationsvorschriften bezüglich Inhalt und Adressaten der Kommunikation bestehen, aber nirgends wird die Art
und Weise der Kommunikation vorgeschrieben.
Dennoch sind die korrekte Ausführung der Kommunikation und deren Organisation von
höchster Wichtigkeit, wie z.B. Art. 152 StGB zeigt. Der Gesetzgeber legt dem Verwaltungsrat nahe,
für eine gut organisierte Kommunikation zu sorgen, verzichtet aber darauf, eine Ordnung vorzugeben.
2.2.2 Arbeitsrecht
a)
Einführung
An dieser Stelle wird untersucht, inwiefern das Arbeitsrecht in einem weiteren Sinne 122 Vorschriften zur Kommunikation enthält. Eigentlich wäre nach Vorschriften zur Kommunikation des
Verwaltungsrats zu suchen. Die Gesetze sprechen in den einzelnen Artikeln aber immer von einem
Arbeitgeber und nie vom Verwaltungsrat. Deshalb richten sich die Verpflichtungen in erster Linie
nach dem Wortlaut ans Unternehmen und nicht direkt an den Verwaltungsrat. Auch wenn das Gesetz
Verpflichtungen für die Arbeitgeberin enthält, können auch diese, wie sogleich dargelegt wird, den
Verwaltungsrat betreffen: In der vorliegenden Arbeit haben Arbeitgeberinnen immer die Rechtsform
der Aktiengesellschaft. Die Kommunikation (strategischer Entscheide) geschieht bei Personen über
ihre Organe – bei einer juristischen Person in Form der Aktiengesellschaft über den für die Festlegung
der Strategie verantwortlichen Verwaltungsrat. Ein Beispiel soll dies verdeutlichen: Bereits die Beabsichtigung einer Massenentlassung löst das Verfahren nach den Art. 335f f. OR aus. Diese Absicht
119
120
121
122
Vgl. Art. 16 ff. und 43 ff. HRegV.
Vgl. dazu die Liste im Anhang.
So auch NOBEL, Kommunikationsmanagement, 497.
Damit ist gemeint: das Arbeitsvertragsrecht nach Art. 319 bis 362 OR; HArG und HArGV; insbesondere im Rahmen
des Persönlichkeitsschutzes auch das Arbeitsgesetz und die
Verordnungen ArGV 1 bis ArGV 5, die VUV sowie das
GlG und das DSG. Zudem das ATSG, das KVG und die KVV sowie das UVG und die UVV; schliesslich auch das BVG,
das ZGB, das Mitwirkungsgesetz und das BBG.
13
kommt als Ausdruck eines strategischen Entscheids des Verwaltungsrats bei einer Aktiengesellschaft
im Protokoll einer Verwaltungsratssitzung zum Ausdruck.
Deshalb werden in diesem Kapitel alle Vorschriften zur Kommunikation für die Arbeitgeberin
untersucht, wobei in der Präsentation des Ergebnisses eine differenzierte Analyse erfolgt.
b)
Vorschriften
(…)
Dieses Kapitel wurde für die Printversion des Diskussionspapiers auf die Einleitung und das
Ergebnis der Untersuchung gekürzt.
c)
Ergebnis
Es ist festzustellen, dass sich im Arbeitsrecht viele Vorschriften zur Kommunikation der Arbeitgeberin befinden. Es finden sich darin sowohl Vorschriften zur Kommunikation nach Innen wie
auch nach Aussen. Das Gesetz verpflichtet die Arbeitgeberin teilweise direkt zur Kommunikation. 123
Mancherorts finden sich auch Situationen, in denen zwar keine explizite Verpflichtung zur Kommunikation für die Arbeitgeberin besteht, die Kommunikation jedoch Bedingung für das Durchführen der
gesetzlich vorgesehenen Handlung ist. 124 In der Regel haben die Kommunikationspflichten aktive
Kommunikation der Arbeitgeberin zum Gegenstand, meistens dem Arbeitnehmer gegenüber. Als weitere Adressaten der Kommunikation der Arbeitgeberin sind insbesondere Versicherungen und Kontrollbehörden zu nennen.
Die meisten Vorschriften treffen nicht explizit den Verwaltungsrat, sondern die Arbeitgeberin
als solche. Diese wird die Durchführung der Kommunikationsvorgänge an eine zuständige Stelle, z.B.
die Unternehmenskommunikationsabteilung oder die Rechtsabteilung, delegieren. Dennoch ist der
Verwaltungsrat in Einzelfällen selbst kommunikativ gefordert. Vorschriften, die ihn zur Kommunikation verpflichten, sind insbesondere in den Bereichen des Betriebsübergangs, der Kündigung von Geschäftsleitungsmitgliedern und bei Massenentlassungen zu finden.
2.2.3 Corporate Governance
a)
Einführung
Der Swiss Code of Best Practice for Corporate Governance ist eine Empfehlung des Wirtschaftsdachverbandes economiesuisse aus dem Jahr 2002. Er richtet sich an alle Publikumsgesellschaften in der Schweiz, wobei ihm aber auch nicht kotierte Unternehmen Leitideen entnehmen können. 125
Ziel des Swiss Code ist es, einen gemeinsamen Kern der verschiedenartigen Bemühungen um eine
Verbesserung von Corporate-Governance-Aspekten in der Schweiz herauszuarbeiten. Der Swiss Code
enthält insbesondere Vorschriften für Aktionäre und die Generalversammlung sowie zu Aufgaben,
Zusammensetzung und Ausschüssen des Verwaltungsrats. Da der Swiss Code von einer privaten Organisation erlassen wurde, können die Empfehlungen nicht gerichtlich durchgesetzt werden. Da die
Einhaltung der Vorschriften aber über die Basel II-Verordnung auf die Kreditwürdigkeit eines Unternehmens Einfluss haben, erfolgt eine gewisse Selbstregulierung durch den Kreditmarkt. Zudem
123
124
125
Z.B. Die Pflicht zur Mitteilung einer beabsichtigten Massenentlassung ans kantonale Arbeitsamt nach Art. 335g OR.
Z.B. jeweils beim Abschluss des Arbeitsverhältnisses oder der Kündigung.
Ziff. 2.1 SCBP (Präambel).
14
schreibt die SIX in ihrer Corporate-Governance Richtlinie 126, 127 im Anhang die einzelnen offen zu
legenden Informationen bzgl. Kapitalstruktur, Verwaltungsrat und Geschäftsleitung, Entschädigungen,
Beteiligungen und Darlehen, den Mitwirkungsrechten der Aktionäre, Inhalt allfälliger Kontrollwechselklauseln, Revisionsstelle und Informationspolitik vor. Wer sich zur Einhaltung des Swiss Code
verpflichtet hat, muss sich entsprechend dem Grundsatz "comply or explain" an die enthaltenen Vorschriften halten, oder aber Abweichungen erklären. Ziel der Corporate Governance-Richtlinie ist die
Verbesserung der Transparenz in Corporate Governance-Belangen. 128 Sie dient dabei sowohl dem
Anleger- als auch dem Funktionsschutz und soll mittels verschiedener Schlüsselinformationen das
Bewusstsein der der Richtlinie unterworfenen Emittenten sowie aktueller und potenzieller Investoren
für die Bedeutung der Corporate Governance stärken, um letztlich das Ansehen des Schweizer Finanzplatzes zu stärken.129 Diese Informationen sind im Rahmen des Geschäftsberichts zu veröffentlichen. 130 Wegen der Zuständigkeit des Verwaltungsrats zur Erstellung des Geschäftsberichts werden
die offen zu legenden Informationen als Pflichten des Verwaltungsrats betrachtet. Die einzelnen offen
zu legenden Informationen werden im Rahmen dieser Arbeit nicht ausführlich besprochen, es wird
aber der Vollständigkeit halber auf sie hingewiesen.
Es wird nun im folgenden Kapitel untersucht, ob und ggf. welche Vorschriften im Swiss Code
für die Kommunikation des Verwaltungsrats bestehen. Vorab sei bemerkt, dass die Vorschriften teilweise sehr detaillierte Regelungen enthalten. Hier werden nicht alle ausführlich besprochen, aber zumindest thematisiert. Eine vollständige Liste der kommunikationsbezogenen Vorschriften im Swiss
Code findet sich wiederum im Anhang.
b)
Vorschriften
Bereits im ersten Teil mit Namen "Die Aktionäre" sind Vorschriften zur Kommunikation des
Verwaltungsrats zu finden. Sie betreffen die Vorbereitung, Organisation und Durchführung der sowie
die nachträgliche Information über die Generalversammlung und generell die Beziehungspflege des
Verwaltungsrats zu den Aktionären. Im Teil "Verwaltungsrat und Geschäftsleitung" werden die Tätigkeit und die Organisation des Verwaltungsrats sowie die verschiedenen Ausschüsse geregelt.
Die Generalversammlung wird als Ort der Kommunikation benützt. Sie soll als oberstes Organ
der Aktiengesellschaft ihre Aufgabe gut informiert erfüllen können. Das setzt voraus, dass der Verwaltungsrat die Aktionäre so informiert, dass diese ihre Rechte in Kenntnis der wesentlichen Entscheidungsgrundlagen ausüben können. Dies beinhaltet auch Erläuterungen zu den Traktanden und Anträgen des Verwaltungsrats sowie die Bekanntmachung von eingegangenen Anträgen der Aktionäre.131
Die Gesellschaft muss den Aktionären die Teilnahme an der Generalversammlung durch frühzeitige
und klare Festsetzung der Termine erleichtern. Der Verwaltungsrat hat zu diesem Zweck den Termin
möglichst frühzeitig bekanntzugeben; ein allfälliger Stichtag für die Feststellung der zur Ausübung der
Aktionärsrechte Berechtigten sollte nicht mehr als einige Tage vor dem Versammlungstermin liegen. 132
126
127
128
129
130
131
132
Im Wesentlichen gestützt auf Art. 8 Abs. 2 und 3 BEHG.
Zwischen dem Swiss Code und der Corporate Governance-Richtlinie besteht ein enger Zusammenhang. Im Anhang zur
Corporate Governance-Richtlinie werden allgemein all jene Informationen aufgeführt, die ein Unternehmen offen
zu legen hat. Dazu gehören auch bestimmte, im Swiss Code festgelegte Corporate Governance-Standards (Ziff. 30 Swiss
Code). Vgl. KPMG-Kommentar zur SWX-Richtlinie Corporate Governance, 4.
KPMG-Kommentar zur SWX-Richtlinie Corporate Governance, 4.
Vgl. Kommentar zur RLCG, Rz. 2.
Art. 4 und 6 RLCG.
Ziff. 3 SCBP.
Ziff. 4 SCBP.
15
In der Versammlungsorganisation muss gewährleistet werden, dass die Aktionäre sich zu den
Traktanden sachlich und konzis äussern können. Der Vorsitzende – zumeist der Verwaltungsratspräsident – benutzt seine Leitungsbefugnis dazu, die Ausübung des Aktionärsrechts zu gewährleisten, wozu
er die Versammlung ausgewogen und zielgerichtet zu leiten hat. Dadurch sollen auch ausschweifende,
sich wiederholende oder unnötig verletzende Voten vermieden werden. Bei zahlreichen Wortmeldungen kann der Vorsitzende die Redezeit angemessen einschränken. 133
Den Aktionären ist das Recht auf Auskunft und Einsicht 134 organisatorisch zu gewährleisten.
Hierzu beantwortet der Vorsitzende die relevanten Fragen oder lässt sie durch die fachkundigen Personen bzw. die Vorsitzenden der Ausschüsse des Verwaltungsrats beantworten. Komplexe Fragen sind
dem Verwaltungsrat frühzeitig vorzulegen, damit dieser eine Antwort bereitstellen kann. Schliesslich
ist das Protokoll der Generalversammlung so rasch als möglich den Aktionären zugänglich zu machen. 135
Auch zwischen den Generalversammlungen bemüht sich der Verwaltungsrat um den Kontakt
zu den Aktionären. Er hat diese während des Geschäftsjahres über die Entwicklung der Gesellschaft
zu orientieren. Diesbezüglich bieten sich insbesondere schriftliche Berichte oder aber, in erster Linie
bei bedeutenden Aktionären, persönliche Kontakte mit dem Verwaltungsrat an. In diesem Zusammenhang kommt aber dem Gleichbehandlungsgrundsatz 136 grosse Bedeutung zu. 137
Im zweiten Teil mit Titel "Verwaltungsrat und Geschäftsleitung" sind unter Bst. a in den Ziff.
9 ff. die Aufgaben des Verwaltungsrats skizziert. Ziff. 10 stimmt mit Art. 716a OR überein, Ziff. 9
konkretisiert diese Bestimmung und Ziff. 11 regelt den Fall der Delegation der Geschäftsführungsaufgabe an eine Geschäftsleitung (Art. 716b OR). Es wird deshalb hier auf die entsprechenden Ausführungen zum Gesellschaftsrecht verwiesen. 138
Ziff. 14 und 15 SCBP betreffen die Arbeitsweise und den Vorsitz des Verwaltungsrats. Sie
beinhalten Vorschriften zur Kommunikation insbesondere innerhalb des Gremiums wie für kurzfristige Beratungen, Leistungsbesprechungen im Verwaltungsrat und die Verantwortung für den ordnungsgemässen Sitzungsablauf. Überdies kommt dem Verwaltungsratspräsidenten die Aufgabe zu, im Zusammenwirken mit der Geschäftsleitung für eine rechtzeitige Information des Verwaltungsrats über
alle für die Willensbildung und die Überwachung erheblichen Aspekte der Gesellschaft zu sorgen. 139
Der Swiss Code geht damit deutlich über das Obligationenrecht hinaus, das nur davon spricht, dass der
Verwaltungsrat Auskunft verlange könne: Es ist nach dem Swiss Code die Pflicht des Verwaltungsratspräsidenten und der Geschäftsleitung, von sich aus dem Verwaltungsrat rechtzeitig die notwendigen Informationen in einer übersichtlich aufbereiteten Form zu liefern.140 Die für ein Geschäft verantwortlichen Personen sollen an den Sitzungen des Verwaltungsrats möglichst selber anwesend, oder
aber zumindest erreichbar sein. Auch damit wird mittels eines direkten Kontaktes ein optimaler Informationsaustausch im Hinblick auf die Entscheidungen des Verwaltungsrats angestrebt.
133
134
135
136
137
138
139
140
Ziff. 5 SCBP.
Art. 697 OR.
Ziff. 6 SCBP.
Art. 717 Abs. 2 OR; Ziff. 8 Abs. 2 SCBP. Dies gilt insbesondere für spezielle Kontakte zu einzelnen Grossaktionären.
Vgl. Ziff. 8 SCBP.
Vgl. Kapitel 2.2.1.
Ziff. 15 SCBP.
Vgl. Ziff. 15 SCBP; BÖCKLI, Soft law, 987; BÖCKLI, Checks and Balances, 36.
16
Ziff. 20 stellt eine weitere interne Kommunikationsvorschrift auf: Der Verwaltungsrat gibt
sich mindestens einmal jährlich darüber Rechenschaft, ob die für ihn und das Unternehmen anwendbaren Compliance-Grundsätze hinreichend bekannt sind und ihnen dauernd nachgelebt wird.
Die Verwaltungsratsausschüsse, die durch den Verwaltungsrat für bestimmte Sach- oder Personalbereiche zu ernennen sind, müssen Unabhängigkeitskriterien erfüllen. Sie haben bezüglich der
analysierten Bereiche dem Verwaltungsrat gegenüber eine Berichterstattungspflicht. 141 Der Prüfungsausschuss bildet sich ein eigenständiges Urteil über die externe Revision, das interne Kontrollsystem
und den Jahresabschluss. Er muss die Abschlüsse mit dem Finanzchef und dem Leiter der internen
Revision sowie der externen Revision besprechen.142 Der Entschädigungsausschuss kümmert sich um
die Entschädigungspolitik insbesondere auf der obersten Unternehmensebene. Er unterbreitet die
Grundsätze für die Entschädigung der Mitglieder des Verwaltungsrats und der Geschäftsleitung dem
Verwaltungsrat zur Genehmigung. 143 Im Anhang 1 lit. a zum Swiss Code finden sich detaillierte Vorschriften zur Tätigkeit des Entschädigungsausschusses. Ziff. 1 des Anhangs verpflichtet den Verwaltungsrat, über die Ausgestaltung des Entschädigungssystems für die Mitglieder des Verwaltungsrats
und der Geschäftsleitung sowie über die Leitlinien für die Ausgestaltung der beruflichen Vorsorge für
die exekutiven Mitglieder beider Gremien Beschluss zu fassen. Über die Kompetenzen des Entschädigungsausschusses entscheidet der Verwaltungsrat, wobei er sich in der Regel die Genehmigung der
Gesamtentschädigung der Geschäftsleitung und der Entschädigung ihres Vorsitzenden vorbehält. Lit.
b betrifft das Entschädigungssystem im Speziellen. Der Verwaltungsrat gibt dem Entschädigungsausschuss die grundlegenden Elemente des Entschädigungssystems für die Mitglieder des Verwaltungsrats und der Geschäftsleitung vor. 144 Der Verwaltungsrat muss für die Generalversammlung jährlich
einen Entschädigungsbericht erstellen.145 Schliesslich ist die Generalversammlung in geeigneter Form
in die Debatte über das Entschädigungssystem einzubeziehen. Bezüglich des Verfahrens schlägt der
Swiss Code zwei Varianten vor: Entweder erläutert der Verwaltungsratspräsident als Leiter der Sitzung oder der Vorsitzende des Entschädigungsausschusses den Entschädigungsbericht sowie das Entschädigungssystem und beantwortet Fragen. Die andere Variante besteht darin, dass der Verwaltungsrat eine Konsultativabstimmung über das Entschädigungssystem durchzuführen hat. Der Nominierungsausschuss schliesslich legt Grundsätze für die Auswahl von Kandidaten zur Zuwahl in den Verwaltungsrat bzw. für die Wiederwahl fest und bereitet die Auswahl nach diesen Kriterien vor.146
Der Geschäftsbericht muss Angaben zur Corporate Governance enthalten.147 Gemäss Art. 662
Abs. 1 OR wird dieser Bericht durch den Verwaltungsrat erstellt. Die Bestimmung wird in Ziff. 10 des
Anhangs 1 konkretisiert. Diese Bestimmung verpflichtet den Verwaltungsrat, dafür zu sorgen, dass der
Entschädigungsbericht das Entschädigungssystem der Gesellschaft gut verständlich darstellt.
c)
Ergebnis
Im Swiss Code findet sich eine ganze Fülle von Vorschriften zur Kommunikation des Verwaltungsrats. Es handelt sich dabei insbesondere um Konkretisierungen der gesetzlichen Vorschriften im
Gesellschaftsrecht. Die einzelnen Artikel sind sehr detailliert abgefasst und regeln die vorgegebene
141
142
143
144
145
146
147
Vgl. Ziff. 21 f. SCBP.
Ziff. 24 SCBP.
Ziff. 25 SCBP.
Ziff. 3 Abs. 1 SCBP.
Ziff. 8 Anhang 1 SCBP.
Ziff. 27 SCBP.
Ziff. 30 SCBP.
17
Tätigkeit jeweils konkret, wobei viele kann-Vorschriften entsprechend dem Grundsatz "comply or
explain" bestehen.
Die Vorschriften beinhalten einerseits direkte Verpflichtungen des Verwaltungsrats zur Kommunikation, indem nämlich der Verwaltungsrat oder ein Ausschuss desselben verpflichtet werden,
z.B. Besprechungen durchzuführen, Berichte zu erläutern oder Weisungen zu erlassen. Andererseits
sind auch indirekte Verpflichtungen zur Kommunikation zu finden, nämlich dann, wenn der Verwaltungsrat ermächtigt oder verpflichtet wird, eine Aufgabe wahrzunehmen, für deren Durchführung der
Erlass einer Weisung notwendig ist bzw. generell einen Kommunikationsvorgang seitens des Verwaltungsrats voraussetzt. Zudem findet sich noch eine weitere Kategorie von Kommunikationsverpflichtungen für den Verwaltungsrat. Dabei handelt es sich um Transparenzvorschriften, nämlich wenn der
Verwaltungsrat Details über seine Zusammensetzung, seine Entlöhnung oder Beteiligungen der Öffentlichkeit preisgeben muss.
Im Vergleich zum Gesellschaftsrecht finden sich hier aber auch Vorschriften, die nicht nur Inhalt und Adressatenkreis der Kommunikation, sondern teilweise auch deren Art vorschreiben. Besonders erwähnenswert scheint mir diesbezüglich Ziff. 15 SCBP zu sein. Auf dessen Inhalt wird im folgenden Kapitel 2.3.4 aus einer anderen Perspektive noch vertieft eingegangen.
Es wird im Swiss Code in erster Linie zur Kommunikation nach innen (sowohl innerhalb des
Verwaltungsratsgremiums als auch gegenüber der Generalversammlung) und in zweiter Linie nach
Aussen (den einzelnen Aktionären; ferner der Öffentlichkeit gegenüber) verpflichtet.
2.2.4 Zwischenergebnis aus der Analyse der rechtlichen Kommunikationsvorschriften
Bisher wurde untersucht, welche rechtlichen Vorschriften zur Kommunikation bestehen. Die
Kommunikation eines Unternehmens beschränkt sich jedoch nicht auf das rechtlich Vorgeschriebene,
sondern kennt auch andere, nicht durch das Recht motivierte Formen. Wie bei der Analyse der Gesetze und Verordnungen festgestellt werden konnte, finden sich sehr viele Vorschriften zur Kommunikation des Unternehmens im Allgemeinen, aber auch des Verwaltungsrats im Speziellen. 148 Diese beziehen sich jeweils auf den Sender (wer muss kommunizieren?), Inhalt (was muss kommuniziert werden?) und den Adressatenkreis (wem muss kommuniziert werden?). Vorschriften zur Art der Kommunikation (wie muss kommuniziert werden?) sind im staatlichen Recht keine zu finden, werden aber
teilweise durch Corporate Governance-Empfehlungen aufgestellt. 149
Dem staatlichen Recht lassen sich also grundsätzlich keine Hinweise dazu entnehmen, wie die
Kommunikation des Verwaltungsrats auszugestalten ist. Sämtliche Kommunikation des Unternehmens
hat aber immer das Recht als Schranke zu beachten.150 Es ist somit Sache der einzelnen Unternehmen,
148
149
150
Die rechtlichen Kommunikationsvorschriften sind nach Grössenkriterien sowie nach Branche des Unternehmens zu
differenzieren. Bei Grossunternehmen sind in der Regel eine oder mehrere Compliance-Abteilungen für die Einhaltung
der rechtlichen Vorschriften zuständig. Bei kleineren bis mittelgrossen Unternehmen, die über keine Compliance- Abtei
lung verfügen, muss die Einhaltung der rechtlichen Kommunikationsvorschriften aber dennoch sichergestellt werden.
Angesichts der Fülle der zu beachtenden Kommunikationsvorschriften ist es insbesondere in Publikumsgesellschaften,
aber auch schon bei mittelgrossen Unternehmen praktisch unmöglich, dass der Verwaltungsrat alle seine Verpflichtungen
selbst kennt und diese auch rechtzeitig wahrnimmt, die entsprechenden Beschlüsse fasst und den richtigen Inhalt an den
richtigen Adressaten kommuniziert. Es ist also auch hier ein institutionalisiertes Kommunikationsmanagement für die
Einhaltung der rechtlichen Vorschriften nötig.
Hierfür sei insb. auf Ziff. 15 SCBP verwiesen. Beim Swiss Code handelt es sich allerdings um private, nichtstaatliche
Regelwerke, die sich in erster Linie an börsenkotierte Grossunternehmen richten, deren zumindest teilweise Beachtung
aber auch für KMU förderlich sein kann.
Darauf ist in den weiteren Ausführungen noch ausführlich zurückzukommen: Vgl. dazu Kapitel 2.3.5.
18
die Durchführung der Kommunikation im Rahmen der Marktkommunikation, der Mitarbeiterkommunikation, der Public Relations und der Investor Relations unter Beachtung der juristischen Vorschriften wahrzunehmen. 151 Diese Kommunikation wird grundsätzlich freiwillig durchgeführt, obschon
natürlich auch ein nicht unbedeutender Zwang dazu durch die Konkurrenz erzeugt wird. Jedenfalls
kann sich die Kommunikation eines Unternehmens nicht auf die rechtlich vorgeschriebenen Kommunikationsvorschriften beschränken. Vielmehr ist – zumindest in gewissen Bereichen – eine weit darüber hinausgehende, umfassendere Kommunikation notwendig.
Die Kommunikation fällt als Aufgabe von strategischer Bedeutung auch in den Verantwortungsbereich des Verwaltungsrats, welcher zumindest über die Grundsätze der Kommunikationsstrategie zu entscheiden und diese zu überwachen hat. Es ist deshalb danach zu fragen, wie der Verwaltungsrat diese Aufgabe wahrzunehmen hat. Dazu muss im Folgenden die Perspektive über das Recht
hinaus erweitert werden.
2.3
Umsetzung der Kommunikation
2.3.1 Einleitung
Ziel dieses Kapitels ist aufzuzeigen, dass die Kommunikation einer strategischen Ausrichtung
bedarf und dass diese in den Verantwortungsbereich des Verwaltungsrats fällt. Anschliessend wird auf
den Zusammenhang zwischen der Corporate Communication und dem Aufbau der Corporate Identity
eingegangen. Sodann wird analysiert, wie der Verwaltungsrat selbst im Kontakt mit den verschiedenen
Stakeholdern zum Erfolg der einzelnen verschiedenen Bereiche der Kommunikation des Unternehmens beitragen kann. Schliesslich werden auch die Schranken, die für die Kommunikation zu beachten sind, dargestellt.
2.3.2 Notwendigkeit einer strategischen Ausrichtung der Kommunikation
Im Rahmen seiner strategischen Führungsverantwortung ist es auch Aufgabe des Verwaltungsrats, die Grundlagen für die Kommunikationsstrategie zu bestimmen. 152 Die Bedeutung der strategischen Planung der Kommunikation hat sich in den letzten Jahrzehnten verändert, insbesondere in
den letzten Jahren markant zugenommen und ist zum Erfolgsfaktor für ein Unternehmen geworden 153.
Darauf ist an dieser Stelle einzugehen.
Die strategische Ausrichtung der Kommunikationspolitik, die Schaffung und Gewährleistung
eines "in sich geschlossenen und widerspruchsfreien Kommunikationssystems" 154, sorgt für die mittelbis langfristige Schwerpunktlegung der Gesamtkommunikation des Unternehmens sowie den Einsatz
der einzelnen Kommunikationsinstrumente.155 Die Strategie ist zwar nicht zwingend vom Verwaltungsrat selbst zu entwerfen. 156 Meist entscheidet er "nur" über eine Strategie, die ihm (möglichst un151
152
153
154
155
156
Dieses Ergebnis überrascht m.E. nicht. Aufgabe des Staats – und damit des Rechts – ist es nämlich, die notwendigen
infrastrukturellen Voraussetzungen zu schaffen, die das Wirtschaften ermöglichen. Es dürfen den Unternehmen nicht zu
enge Vorgaben für die Ausgestaltung ihrer Tätigkeiten vorgeschrieben werden. Dies ist nach dem in der Schweiz vorherrschenden Wirtschaftsverständnis einer wettbewerbsorientierten Privatwirtschaft an die Privaten delegiert. Vgl.
dazu VALLENDER/VEIT, 8.
FELDER, Management Dossier VR, April 2007, 4, bezeichnet die kommunikative Funktion des Verwaltungsrats als eine
der sechs VR-Funktionen.
BRUHN, ESCH und LANGNER, Handbuch Kommunikation, 6.
BRUHN, Integrierte Kommunikation, 94.
BRUHN, Integrierte Kommunikation, 96.
Vgl. dazu: BÖCKLI, Aktienrecht, §13, Rz. 303a.
19
ter Alternativen) vorgelegt wird. Dies gilt auch für Änderungen der Strategie. Freilich nimmt der Verwaltungsrat in aller Regel auch die Ausführung der Strategie nicht selbst wahr, er trägt "nur" die Verantwortung. Seine kommunikative Aufgabe beinhaltet zudem die Information, Kooperation und Erfolgsevaluation zwischen sich und der Geschäftsleitung, aber auch die Einführung von Konzepten zur
Optimierung der Kommunikation nach Innen und Aussen und damit das Ziel der Sicherung der Unternehmensreputation. 157, 158, 159
In personeller Hinsicht wird die operative Umsetzung der Kommunikationsstrategie vom
Verwaltungsrat in der Regel an die Geschäftsleitung delegiert. Der zuständige Leiter der Gesamtkommunikation ist von Vorteil deren Mitglied oder aber zumindest direkt dem CEO unterstellt.160 Die
Durchführung der einzelnen kommunikativen Massnahmen fällt in den Verantwortungsbereich der
jeweiligen Kommunikations-Fachabteilungsleiter.
Von zentraler Bedeutung sind im Zusammenhang mit der strategischen Ausrichtung der
Kommunikationspolitik drei Erkenntnisse: Das verfügbare Wissen erweitert sich heutzutage exponentiell. 161 Der Mensch sieht sich mithin auch in seiner Rolle als Stakeholder eines Unternehmens fast
zwangsläufig einer Informationsüberflutung, die durch die "neuen Medien" noch deutlich verschärft
wird, ausgeliefert. Damit geht gezwungenermassen der Umstand einher, dass der Mensch als Stakeholder eines Unternehmens jeder einzelnen Information immer weniger Aufmerksamkeit schenken
kann. 162 Dennoch ist insgesamt ein gestiegenes Informationsbedürfnis bei den Unternehmensstakeholdern festzustellen: Die Stakeholder fordern vermehrt Möglichkeiten zur Kommunikationsinteraktion,
zu einer dialogisch aufgebauten Kommunikation mit dem Unternehmen 163 und verlangen je länger je
mehr nach langfristigen, strategischen Informationen über das Unternehmen. 164 Die Unternehmen
stehen insofern auch unter einem massiven Rechtfertigungsdruck gegenüber der Öffentlichkeit, denn
diese beobachtet die Unternehmen genau und reagiert im Falle von aus ihrer Sicht nicht genehmen
Handlungen seitens des Unternehmens 165 unter Umständen mit harscher Kritik. 166 Hier kann die
Kommunikation des Unternehmens einen starken Beitrag leisten. Dies stellt aber eine Herausforderung für die Kommunikationsstrategie dar, denn die Kommunikation mit den Stakeholdern sollte für
beide beteiligten Parteien nutzenstiftend sein. Idealerweise werden nicht nur reaktiv die einzelnen
157
158
159
160
161
162
163
164
165
166
FELDER, Management Dossier VR, April 2007, 4.
Dies beinhaltet auch die Überprüfung der Kommunikationsstrategie. Sinnvoll kann diesbezüglich ein Kommunikationscontrolling (Vgl. PIWINGER/PORÀK, 23) sein, welches durch die Gegenüberstellung von Aufwand und Ertrag die Ermittlung des ROCI ermöglicht. Auch diesbezüglich sei allerdings auf die entstehenden Schwierigkeiten bei der Messbarkeit
hingewiesen.
Immer noch scheint in der Praxis die Meinung verbreitet zu sein, dass mittels des Verfassens des Geschäftsberichts (Art.
662 OR) der Verwaltungsrat seine Kommunikationsaufgabe für das Unternehmen erfüllt habe. Auch die Literatur
schweigt sich grossmehrheitlich über die Kommunikationsfunktion des Verwaltungsrats, abgesehen vom Thema des
Geschäftsberichts, aus. Dem muss nur schon aufgrund der Erkenntnisse in Kapitel 2.2, aber auch aufgrund betriebswirtschaftlicher Überlegungen widersprochen werden: Der Geschäftsbericht ist ein Teil der Kommunikation bzw. der
Kommunikationsstrategie. Der Verwaltungsrat ist aber für die gesamte Kommunikationsstrategie verantwortlich.
Der Leiter Kommunikation muss zeitnah in die kommunikationsbezogenen Entscheidungsprozesse miteinbezogen wer
den. Dafür arbeitet er in kommunikativen Fragen eng mit dem CEO und teilweise auch dem VRP zusammen. Viele Unternehmen sehen denn auch vor, dass der Leiter Kommunikation vom Verwaltungsrat bestimmt wird. Vgl. dazu auch das
VR-Kommunikationsreglement im Anhang.
RICKENBACHER, 211.
Für quantitative Angaben vgl. BRUHN, ESCH und LANGNER, Handbuch Kommunikation, 6.
Vgl. BRUHN, Integrierte Kommunikation, 91; PEDERGNANA/MÜLLER, Management Dossier VR, Dezember 2007, 6.
PEDERGNANA/MÜLLER, Management Dossier VR, Dezember 2007, 4 ff.
Z.B. sozialer oder ökologischer Natur.
PIWINGER/PORÀK, 11 f.
20
Informationswünsche der Stakeholder befriedigt, sondern das Unternehmen geht, strategisch geplant,
aktiv auf die Stakeholder zu. 167
Die oben beschriebenen kommunikationsbezogenen Veränderungen sowie der Umstand, dass
sich die Produkte unterschiedlicher Unternehmen heute aufgrund standardisierter Herstellungsprozesse
immer ähnlicher werden, führt von einem Produktwettbewerb hin zu einem eigentlichen Kommunikationswettbewerb. 168 Unternehmen und ihre Produkte unterscheiden sich durch ihre kommunikative
Positionierung im Markt. Zusätzlich bedarf es aufgrund der zunehmenden Komplexität der Kommunikationsprozesse einer besseren Ausrichtung der einzelnen Kommunikationsinstrumente auf die relevanten Zielgruppen. Hier ist auch der gezielte Einsatz von neuen technologischen Kommunikationsmitteln (Blogs, E-Mail-Newsletters, RSS-Feeds etc.) zu nutzen. Ob das Potenzial dieser Kommunikationsmittel ausgeschöpft wird, ist allerdings stark vom Gelingen der Einbindung in den bestehenden
Kommunikationsmix abhängig. 169
All diese Entwicklungen setzen eine strategische Ausrichtung der Kommunikation voraus.
Nicht geplante, situative Einzelfallkommunikation oder isolierte Produktkommunikation ist diesen
Herausforderungen nicht (mehr) gewachsen.
2.3.3 Corporate Communication und Corporate Identity
Die einzelnen Stakeholder eines Unternehmens haben naturgemäss unterschiedliche Werte
und Bedürfnisse, jeweils ein eigenes Bild (Image) und unterschiedliche Eindrücke vom Unternehmen
sowie auch eigene Wünsche an dieses. 170 Die Gesamtheit aller Stakeholder Images – das Stakeholder
Capital 171 – gilt es für die Unternehmensleitung "anzulegen". 172 Ziel ist die Maximierung dieses Stakeholder Capitals. 173 Dazu müssen die Werte und Interessen der Stakeholder aber zuerst ermittelt werden, damit sie in die Grundsätze für das Unternehmenshandeln einfliessen können.174 Darauf basierend
entsteht ein Unternehmens-Sollbild (Corporate Vision), welches sich vor dem Hintergrund einer
grösstmöglichen Nutzenstiftung an den Interessen der relevanten Stakeholder zu orientieren hat. 175
Auf diese Weise kann vom Unternehmen gezielt stakeholdergerecht gehandelt werden. 176 In Kombination mit einer stakeholdergerechten Kommunikation kann bei den Stakeholdern das gewünschte Image
des Unternehmens gestaltet (bzw. zumindest im beabsichtigten Sinn beeinflusst) werden. 177 Dazu wird
das Wesen des Unternehmens durch die Integration der Stakeholderinteressen und deren Ansprüche in
Prinzipien und Werte gefasst. 178 So wird bezeichnet, was das Unternehmen darstellen soll und ihm
eine eigentliche Identität – die Corporate Identity – verliehen. 179 Diese Identität ermöglicht erst eine
kohärente Corporate Communication ("mit einer Stimme zu sprechen", um ein konsistentes Image zu
verbreiten) und ist ihrerseits Voraussetzung für eine klare Corporate Identity. 180, 181 Die Corporate
167
168
169
170
171
172
173
174
175
176
177
178
179
180
Vgl. NAEF, Management Dossier VR, Februar 2007, 11.
Vgl. BRUHN, Integrierte Kommunikation, 89.
Vgl. BRUHN, Integrierte Kommunikation, 92.
Vgl. BRUHN, Integrierte Kommunikation, 1; SCHMID und LYCZEK, Kommunikationsmanagement, 104.
Begriff nach SCHMID und LYCZEK, Kommunikationsmanagement, 94.
In diesem Sinne SCHMID und LYCZEK, Kommunikationsmanagement, 131.
Vgl. dazu auch SCHMID und LYCZEK, Kommunikationsmanagement, 133.
Vgl. MAST, 104 ff., insb. 108 ff.; SCHMID und LYCZEK, Kommunikationsmanagement, 115, 131; PEDERGNANA/MÜLLER,
Management Dossier VR, Dezember 2007, 3.
SCHMID und LYCZEK, Kommunikationsmanagement, 107, 131; vgl. auch BRUHN, Lexikon, 17.
SCHMID und LYCZEK, Kommunikationsmanagement, 131; vgl. auch MAST 108.
Vgl. SCHMID und LYCZEK, Kommunikationsmanagement, 131.
SCHMID und LYCZEK, Kommunikationsmanagement, 103.
Vgl. SCHMID und LYCZEK, Kommunikationsmanagement, 103; vgl. auch BRUHN, Integrierte Kommunikation, 45 f.
So SCHMID und LYCZEK, Kommunikationsmanagement, 105, welche von einem sich positiv verstärkenden Regelkreis
sprechen. Ähnlich auch BRUHN, Lexikon, 17.
21
Communication ist verantwortlich für die Steuerung der ganz- und einheitlichen Kommunikation des
Unternehmens. 182 Orientieren wird sie sich hierfür an einer konsistenten Corporate Identity. 183 Je besser es gelingt, die Differenz zwischen der unternehmenseigenen Corporate Vision und den Stakeholder-Images zu verkleinern, desto erfolgreicher war die Corporate Communication. 184 Eine professionelle Kommunikation wiederum führt nachgewiesenermassen über ein besseres Image im Durchschnitt zu mehr wirtschaftlichem Erfolg. 185
Weil die verschiedenen Stakeholder immer unterschiedliche Images vom und Ansprüche an
das Unternehmen haben, müssen sie im Hinblick auf die Schaffung einer Corporate Identity gezielt
und individuell angesprochen werden. 186 Wenn dies gelingt, kann über die verschiedenen Stakeholder
hinweg ein konsistentes Erscheinungsbild vom Unternehmen kreiert werden.187 Befürwortet wird deshalb in der Literatur eine integrierte Kommunikation, 188 die eine ganzheitliche Wahrnehmung der
Kommunikationsaufgabe ermöglichen soll.
Grundlegend kann vorab bemerkt werden, dass angesichts der oben erwähnten Punkte die
Kommunikation auf transparente, glaubwürdige Weise geschehen und sich grundsätzlich auf essentielle Punkte, sog. Kernbotschaften 189, beschränken sollte. Letztlich geschieht sämtliche Kommunikation
vor dem Hintergrund des Ziels der Schaffung von Vertrauen. Dieses stellt keinen Soft-Faktor, sondern
einen harten wirtschaftlichen Faktor mit zentralen Auswirkungen auf den Erfolg des Unternehmens
dar. 190 Generiert werden kann Vertrauen nur dann, wenn sämtliche vom Unternehmen ausgesendeten
Kommunikationssignale "nicht nur verständlich, sondern unmissverständlich" sind und so die Informationsbedürfnisse aller Stakeholder logisch stringent befriedigen. 191
Im Folgenden sind die einzelnen Bereiche der Kommunikation, nach Stakeholdern geordnet,
aufzugreifen. Es werden jeweils die Grundlagen gelegt und nach Potenzial für den Verwaltungsrat
gesucht, wie dieser zur Optimierung der Kommunikation beitragen kann. 192
2.3.4 Die Umsetzung der Kommunikation durch den Verwaltungsrat im Einzelnen
a)
Kommunikation den externen Stakeholdern gegenüber
Zunächst wird der Fokus auf die Gruppe der Partner 193 eines Unternehmens, die Lieferanten,
Kunden und Kooperationspartner, gelegt. Während die Konkurrenten eines Unternehmens häufig sehr
genau beobachtet werden, wird für die Pflege der Partnerkontakte vielfach zu wenig investiert.194
181
182
183
184
185
186
187
188
189
190
191
192
193
194
Vgl. dazu auch die "Formel" Corporate Communications + Corporate Design + Corporate Behaviour = Corporate
Identity in Kapitel 1.4.3.
Vgl. SCHMID und LYCZEK, Kommunikationsmanagement, 133; zur Notwendigkeit der integrierten Kommunikation vgl.
FN 355.
SCHMID und LYCZEK, Kommunikationsmanagement, 133.
Vgl. SCHMID und LYCZEK, Kommunikationsmanagement, 132; in diesem Sinne auch STEGER, 21.
ROLKE/KOSS, 33 ff., zum Zusammenhang von wirtschaftlichem Erfolg und Image auch SZAMEITAT, 127 ff.
Vgl. statt vieler: PEDERGNANA/MÜLLER, Management Dossier VR, Dezember 2007, 15.
BRUHN, Kommunikationsmanagement, 516.
Z.B. BRUHN, Integrierte Kommunikation, 1 ff.; BRUHN, Kommunikationsmanagement, 515 f., mit Verweisen; DUNCAN/MORIARTY, 4 ff., insb. 5; ESCH, 16 ff., insb. 18.
So auch SEEMANN, 121.
NAEF, Management Dossier VR, Februar 2007, 5.
PEDERGNANA/MÜLLER, Management Dossier VR, Dezember 2007, 4.
Konkrete Empfehlungen finden sich in Kapitel 4.2.1.
Der Begriff "Partner" ist in diesem Zusammenhang enger als derjenige der Stakeholder zu verstehen. Es fallen nur die
Kunden, Lieferanten und Kooperationspartner darunter.
Vgl. RICKENBACHER, 214.
22
Nichtsdestotrotz stellen diese Partner eine qualitativ sehr gute – wenn nicht die wichtigste 195 – Wissensquelle für das Unternehmen dar. Wie es sich auch bei den Mitarbeitern eines Unternehmens anbietet, diese im Rahmen der Mitarbeiterkommunikation nicht nur top-down zu informieren, sondern aufgrund deren Wissens zur Optimierung des Informationsstands im Unternehmen aktiv in den Kommunikationsprozess zu integrieren, kann es durchaus auch sinnvoll sein, die Partner für die Zwecke des
Unternehmens zu "aktivieren" und so deren Wissen verfügbar zu machen. So kann es in die strategische Lagebeurteilung einfliessen. Stakeholderanalysen sind eine Variante dafür. Da man mit den Partnern aber meist längerfristige Beziehungen pflegt, können auch regelmässige Partnerkontakte zur Wissensgewinnung institutionalisiert werden. Die Pflege der Partnerbeziehungen und damit die Kundenbindung kostet ein Unternehmen nämlich deutlich weniger 196 und ist insbesondere in stagnierenden
Märkten 197 einfacher als die Akquisition eines neuen Partners. Aufgrund der Wachstumsziele wird das
Management aber häufig den Fokus auf neue Märkte und Kunden legen, weshalb hier für den Verwaltungsrat die Gelegenheit besteht, einzugreifen und gegebenenfalls Gegensteuer im Sinne einer Berücksichtigung der "Partner-Aktivierung" zu geben. 198 Wenn der Verwaltungsrat – wozu er durchaus gut
geeignet sein kann – selbst direkte Kontakte zu Partnern pflegen will, sollten diese aber einerseits in
Absprache und Koordination mit dem Management geschehen199 und andererseits sind die Gleichbehandlungspflichten des Aktienrechts sowie der Corporate Governance 200 zu beachten.
Instrumente für die Wissensgewinnung bei den Partnern stellen z.B. Umfragen zur Kundenzufriedenheit dar. Weiter kann zur Pflege der Partnerbeziehungen im Sinne einer Partnerbindung mittels
Anlässen für Kunden, Lieferanten und Kooperationspartner beigetragen werden. Für gewisse Bereiche
bieten sich allenfalls auch gemeinsame Workshops an. Schliesslich ist es bei vielen Unternehmen üblich, interessierte Stakeholder per E-Mail-Newsletter über Neuigkeiten zu informieren.
Eine weitere Stakeholdergruppe wird unter dem Begriff Öffentlichkeit zusammengefasst. In
diesem Zusammenhang soll darunter die über die Medien erreichbare Öffentlichkeit inkl. der Medien
selbst, NGO's, aber auch der Staat 201 erfasst werden. Die zur Verfügung stehenden Mittel sind jene der
Public Relations und des Lobbyings 202. Letzteres dürfte sich für den Verwaltungsrat 203 bei Gelegenheit
selbst zur eigenen Wahrnehmung anbieten und kann sogar zu einer von dessen Kernaufgaben werden.
Dies gilt jedenfalls dann, wenn Verwaltungsräte zu den Entscheidungsgremien und einzelnen Entscheidungsträgern in der Politik und Verwaltung Beziehungen pflegen. 204 Mittels gezielter, exklusiver
für die Entscheidungsfindung relevanter sachlicher Information im richtigen Zeitpunkt kann durch
Lobbying versucht werden, Entscheidungen von Behördenmitgliedern, Parlamentariern und auch Entscheidungsträgern in der Verwaltung im Sinne der Unternehmensziele positiv zu beeinflussen. Die
Public Relations fallen in den Zuständigkeitsbereich der Geschäftsleitung205 und des entsprechenden
Kommunikations- oder PR-Verantwortlichen. Der Verwaltungsrat wird kaum Gelegenheit haben, Public Relations selbst wahrzunehmen, ausser ein Mitglied verfüge über ein hohes Ansehen in der Öffentlichkeit und könne so dazu beitragen, eine Botschaft des Unternehmens besonders glaubwürdig zu
195
196
197
198
199
200
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205
So jedenfalls RICKENBACHER, 214.
RICKENBACHER, 214.
DITTRICH, 13.
Vgl. RICKENBACHER, 214.
RICKENBACHER, 214.
Art. 717 Abs. 2 OR; Ziff. 8 Abs. 2 SCBP.
Insb. Legislative und ggf. Exekutive von Gemeinde- bis Bundesebene sowie alle Instanzen der Verwaltung.
Auch "Public Affairs" genannt; in Lehre und Praxis werden vielfältige Begriffe verwendet.
Bzw. generell für Personen im Unternehmen, die unternehmensintern über die notwendigen Entscheidungskompetenzen
und gegen aussen über die entsprechenden Kontakte verfügen.
Vgl. RICKENBACHER, 216.
Vgl. RICKENBACHER, 215 f.
23
verbreiten. 206 Hier gilt es insbesondere auch dafür zu sorgen, dass die Medien als sehr wirkungsvolle,
schnelle und preisgünstige Kanäle für PR-Botschaften 207 optimal genutzt werden. Der Einfluss der
Medien ist sehr hoch; schlechte Berichterstattung kann, selbst wenn sie unwahr ist, für ein Unternehmen rasch existenzbedrohend werden. Ziele für die Medienberichterstattung über das Unternehmen
sind deshalb, eine faire und umfassende Berichterstattung sicherzustellen sowie den Bekanntheitsgrad
und das Image des Unternehmens positiv zu beeinflussen. 208 Dafür können neben einer laufenden aktuellen alle relevanten Medien ansprechenden Informationsversorgung (das Unternehmen sollte aktiv
auf die Medien zugehen 209) m.E. einzelne Spezialkontakte von Personen im Unternehmen zu Journalisten durchaus nützlich sein. 210 Der Verwaltungsrat kann allenfalls Kontakte zu Journalisten vermitteln. Zumindest muss er aber dafür sorgen, dass die Medienverantwortlichen sich der Wichtigkeit der
professionellen, hartnäckigen und fairen Medienarbeit 211 bewusst sind, die nötigen Kontakte herstellen
und pflegen 212. Gerade im Zusammenhang mit den Medien ist wegen deren grossen Schadenspotenzials für das Unternehmen auch auf ihre Überwachung hinzuweisen. Kommunikationsabteilungen sollten ein fortlaufendes Medienscreening betreiben. Dies beinhaltet das Durchsuchen der wichtigen Tageszeitungen und Online-Newsseiten auf Meldungen über das Unternehmen sowie die Überwachung
von Fernsehen und Radio. Insbesondere aber auch bei neuen Kommunikationsformen wie Blogs, Social Networks und ähnlichem dürfte dringender Handlungsbedarf bestehen. 213 Zusammenfassungen
dieser Medienscreenings können als Executive Summary dem Management (z.B. dem Leiter Unternehmenskommunikation) zugestellt werden.
Die Regulierungsdichte im Bereich der Investor Relations ist hoch. Diverse Transparenz- und
Publizitätspflichten sind gesetzlich oder in Verordnungen vorgeschrieben. 214 Deshalb bleibt kein Spielraum für das Unternehmen, vom geforderten Umfang der Finanzkommunikation nach unten abzuweichen. Vielmehr sollte die rechtlich vorgegebene Plattform bestmöglich genutzt werden, indem mehr
und insbesondere besser als im geforderten Umfang informiert wird. Der Kapitalmarkt ist nämlich für
die Bildung einer fairen Unternehmensbewertung, welche die tatsächliche Performance wiederspiegelt, auf transparente und möglichst vollständige Informationen angewiesen.215 Dem Verwaltungsrat
kommt im Zusammenhang mit der Finanzkommunikation von Gesetzes wegen die Pflicht zur Erstellung des Geschäftsberichts 216 zu. Angesichts des steigenden Informationsanspruchs der Investoren und
der geschrumpften Haltedauer der Anteile 217 stellen sich auch bei den Investor Relations erhöhte Anforderungen. Der Geschäftsbericht sollte deshalb nicht nur die rechtlich geforderten Minimalanforde206
207
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Bspw. Image-Werbung mit einem renommierten Umweltwissenschafter.
Vgl. MÜLLER/KREIS-MUZZULINI, 177.
Vgl. MÜLLER/KREIS-MUZZULINI, 178.
Vgl. z.B. NAEF, Management Dossier VR, Februar 2007, 14 f.
Gl.M. SZAMEITAT, 88. A.M. offenbar NOBEL, Rechtliche Aspekte, 354, der dazu rät, Spezialkontakte zu einzelnen
Medien zu vermeiden. Dazu ist anzumerken, dass es die absolute Gleichbehandlung aller Medien angesichts deren
Vielzahl gar nicht geben kann. Wer aber z.B. als Leiter Kommunikation oder Leiter der Media Relations regelmässig
Kontakte zu einem Journalisten einer Tageszeitung unterhält, erhöht bspw. die Chancen, dass das entsprechende Medienunternehmen bei Gelegenheit eine Reportage über seine Unternehmung erwägt.
MÜLLER/KREIS-MUZZULINI, 178.
Vgl. auch NAEF, Management Dossier VR, Februar 2007, 9.
Wohl ist es schwierig, die privaten Internetauftritte von Mitarbeitenden zu kontrollieren, da diese teilweise schwer zugänglich und meist auf ausländischen Servern gespeichert sind. Unternehmen verfügen diesbezüglich aber auch noch
kaum über Richtlinien für die Mitarbeiter. Mittels einer Regelung könnte dieses Problem zumindest eingedämmt werden,
indem den Mitarbeitenden beispielsweise auch in privaten Internetauftritten verboten wird, über Betriebsinterna zu sprechen. Vgl. dazu das Merkblatt im Kommunikationsreglement im Anhang.
Vgl. dazu Kapitel 2.2.1 sowie z.B. PIWINGER, Praxishandbuch Investor Relations, 3; ACHLEITNER, BASSEN und FIESELER,
Kommunikationsmanagement, 285; für einen Überblick: NOBEL, Kommunikationsmanagement, 497 ff.
ACHLEITNER, BASSEN und FIESELER, Kommunikationsmanagement, 263.
Art. 662 OR; vgl. dazu auch FORSTMOSER, Regeln, 33.
Vgl. PEDERGNANA/MÜLLER, Management Dossier VR, Dezember 2007, 4.
24
rungen erfüllen. Vielmehr soll er sich durch eine transparente und verständliche Darstellung auszeichnen. 218 Eine transparente und umfassende Finanzberichterstattung (möglichst auch mit zukunftsgerichteten, nichtfinanziellen Werten 219) führt zu einem stabileren Aktionariat und bei börslich gehandelten
Anteilen von Unternehmen dadurch zu einer geringeren Volatilität des Aktienkurses. 220 Zudem kann
damit auch dem Problem der unterbewerteten Aktien, über das Managements immer wieder klagen,
begegnet werden: Die Investoren können den Unternehmenswert nur richtig einschätzen, wenn ihnen
die dafür erforderlichen Informationen zur Verfügung stehen. Jenes Management, das meint, sein Unternehmen sei unterbewertet, verfügt den Investoren gegenüber meist über einen Informationsvorsprung, da gewisse Informationen nicht kommuniziert werden (wollen).221 So können sich die Investoren mangels vollständiger Information kein objektives Bild vom Unternehmenswert machen. Deshalb
trägt eine transparente, umfassende Finanzkommunikation auch zu einer objektiven Unternehmensbewertung bei. Der Verwaltungsrat kann im Rahmen seiner Verantwortung für den Geschäftsbericht
entscheidend dazu beitragen.
In der Praxis leitet der Verwaltungsratspräsident meistens auch die Generalversammlung. 222
Auch diese ist ein Instrument der Investor Relations 223 und bietet dem Verwaltungsrat eine gute Gelegenheit für persönlichen Kontakt zu den Investoren, denn anlässlich der Generalversammlung besteht
die Möglichkeit zur ungefilterten, nicht durch Medien beeinflussten Kontaktaufnahme zu vielen –
insbesondere auch privaten – Investoren. 224 Dieser Kommunikationschance kann sich der Verwaltungsrat anlässlich seiner Präsenz an der Generalversammlung gut bedienen. 225
Hinzuweisen ist abschliessend noch auf den Kommunikationskanal Corporate Website als Instrument der Kommunikation, das heutzutage absolut gängig und allen Stakeholdern gegenüber geeignet ist. 226
b)
Kommunikation der Belegschaft gegenüber
Dem gewandelten Bild von der Rolle der Mitarbeiter in einem Unternehmen wird eine reine
top-down-Mitarbeiterkommunikation nicht (mehr) gerecht. Leitende und ausführende Tätigkeiten sind
heute häufig nicht mehr klar voneinander abgrenzbar, sondern verschmelzen in einem dezentralen,
aber ganzheitlichen Aufgabenvollzug. 227 Somit sind auch die Mitarbeiter aufgefordert, selbst mitzudenken und in einem angemessenen Rahmen aktiv mitzugestalten, mitzukontrollieren und somit auch
Mitverantwortung für das Unternehmen zu übernehmen. 228 Dies setzt freilich gut informierte und motivierte Mitarbeiter voraus, die "sich selbst als Teilnehmer im Entscheidungs- und Kommunikationsprozess" 229 erkennen. Zu erreichen ist dies – zumindest in der Theorie – durch einen geeigneten Füh-
218
219
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221
222
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225
226
227
228
229
PEDERGNANA/MÜLLER, Management Dossier VR, Dezember 2007, 4 f.
Z.B. die Innovationsfähigkeit, Forschungspipeline, Verankerung der Marke(n) bei der Zielkundschaft. Vgl. dazu PEDERGNANA/MÜLLER, Management Dossier VR, Dezember 2007, 5. Dies führt freilich zu Schwierigkeiten bei der Messung des immateriellen Erfolges: Vgl. MAUL, Praxishandbuch Investor Relations, 163 ff.
PEDERGNANA/MÜLLER, Management Dossier VR, Dezember 2007, 5.
Vgl. PEDERGNANA/MÜLLER, Management Dossier VR, Dezember 2007, 4 ff.
Vgl. Kapitel 2.2.1.
Vgl. Kapitel 1.4.3; für Übersichten: MAST, 307 ff.; ACHLEITNER, BASSEN und FIESELER, Kommunikationsmanagement,
276 ff.; KIRCHHOFF, Praxishandbuch Investor Relations, 46 ff.
Vgl. SCHMIDT/WOLFARTH, Praxishandbuch Investor Relations, 351; MAST, 310; ACHLEITNER, BASSEN und FIESELER,
Kommunikationsmanagement, 280.
MAST, 310.
Für konkrete Empfehlungen vgl. Kapitel 4.2.2.
ZERFASS, 243; EINWILLER, KLÖFER und NIES, 226.
Vgl. EINWILLER, KLÖFER und NIES, 226; ZERFASS, 243 f.
EINWILLER, KLÖFER und NIES, 226.
25
rungs- und Kommunikationsstil. 230 Bei der Mitarbeiterkommunikation kann diesbezüglich die Beachtung des Primats der innerbetrieblichen Öffentlichkeit 231 zum Erreichen dieses Ziels beitragen. Es ist
nämlich nicht förderlich für die Motivation der Mitarbeiter und überdies ein Zeichen von Geringschätzung, wenn diese die Neuigkeiten über ihre Arbeitgeberin aus den Medien erfahren müssen. Mitarbeiter wollen möglichst schnell zukunftsgerichtete Informationen zu ihrem Unternehmen erhalten, denn
sie sind sich durchaus bewusst, dass ihre Arbeitsstellen mit dem Wohlergehen des Unternehmens zusammenhängen. 232
Diese Überlegungen sind auch im Einklang mit den frühen Ansätzen der Theorien "X" und
"Y" von MC GREGOR. 233 Bereits er lehnte den Führungsstil nach der sog. Theorie X ab. Er befürwortete einen solchen nach der Theorie Y, welche davon ausgeht, dass der Mensch von Natur aus leistungsbereit und von innen heraus motiviert ist. 234 Dies führt dazu, dass er – vorausgesetzt es werden am
Arbeitsplatz motivierende Rahmenbedingungen wie mehr Selbstbestimmung, grössere Verantwortung
und flexiblere Organisationsstrukturen geschaffen – aus eigenem Antrieb heraus diese Verantwortung
auch übernehmen und Eigeninitiative entwickeln wird. 235 Der Mitarbeiter fühlt sich dann auch eher
den Zielen des Unternehmens verpflichtet und wird deshalb auch zugunsten derselben handeln.236
Letztlich wird bei einer Integration in die Entscheidungs- und Kommunikationsprozesse das bei den
Mitarbeitern vorhandene Potenzial zugunsten des Unternehmens besser ausgenutzt. 237
Für die Kommunikation zwischen der Unternehmensspitze und den Mitarbeitern stehen viele
Medien und Wege zur Verfügung. Zu differenzieren ist zwischen Aufwärts-, Abwärts- und Horizontalkommunikation.238 Früher standen top-down-Kommunikationswege wie Instruktionen und Anweisungen auf Merkblättern, Rundschreiben, Broschüren, dem Schwarzen Brett, der Mitarbeiterzeitung
oder Filmvorführungen zwecks Mitarbeiterinformation sowie Betriebsversammlungen 239 im Zentrum.
Die top-down-Kommunikation hat als Führungsinstrument selbstverständlich auch heute noch ihre
Berechtigung. Direkte Kontakte im Rahmen von persönlichen Gesprächen mit Mitarbeitern oder sog.
Management by Walking-around sind (früher wie heute) gute Möglichkeiten für die Horizontalkommunikation und die spezifische Aktivierung des Mitarbeiter-Wissenspools. Sie wirken im Übrigen für
die Mitarbeiter motivierend, indem sie ihr Bedürfnis, gebraucht und ernst genommen zu werden sowie
das Verlangen vieler Mitarbeiter, mit einflussreichen Menschen in Kontakt zu kommen, befriedigen. 240 Insbesondere die elektronischen Medien (unternehmenseigene Website und allfällige interne
Netzwerke (Intranet), E-Mail-Informationen sowie ins Web gestellte Filme) haben heute stark an Be230
231
232
233
234
235
236
237
238
239
240
Vgl. EINWILLER, KLÖFER und NIES, 225 f.
Vgl. HILB, 183. Primat der innerbetrieblichen Öffentlichkeit bedeutet, dass keine Informationen an die Öffentlichkeit
gelangen, bevor nicht die Mitarbeiter informiert wurden.
PEDERGNANA/MÜLLER, Management Dossier VR, Dezember 2007, 5.
Vgl. MC GREGOR, 33 ff., 45 ff.
Vgl. MC GREGOR, 47 f.
Vgl. MC GREGOR, 56.
Vgl. MC GREGOR, 56.
Vgl. MAST, 258; MC GREGOR, 54; EINWILLER, KLÖFER und NIES, 225.
Abwärtskommunikation dient der Informationsverteilung und nutzt die Medien der Mitarbeiterzeitung, Druckschriften, Schwarzes Brett, Betriebsversammlung, Firmenevent sowie das Mitarbeitergespräch. Aufwärtskommunikation dient
der Kommunikation von unteren zu oberen Hierarchieebenen. Instrumente sind Mitarbeiterbefragungen, Vorgesetztenbeurteilungen, betriebliches Vorschlagswesen oder ein Beschwerdemanagement. Die Horizontalkommunikation schliesslich umfasst Formen der Kommunikation, die keiner der beiden anderen Formen
eindeutig zuzuordnen sind. Kanäle
dafür sind das Intranet, die elektronische Textkommunikation (E-Mail, Blog, Chat, SMS etc.), Management by Walkingaround sowie informelle Gespräche. Vgl. dazu EINWILLER, KLÖFER und NIES, 238 ff.; MAST, 254 ff.
Heute ist allerdings eine Tendenz weg von isolierten Vorträgen durch die GL oder den VR hin zu Informationen mit
anschliessenden Apéro oder Lunch für alle Mitarbeiter oder Informationen mit vorangehendem gemeinsamem Frühstück
zu beobachten. Dies dient dem vermehrten Kontakt und Austausch zwischen den Mitarbeitern und dem Management.
MAST, 259.
26
deutung gewonnen. Sie ermöglichen auf günstige Weise eine schnelle Information, die jederzeit wieder verfügbar ist und schaffen überdies auch gute Voraussetzungen für eine Aufwärts- und Horizontalkommunikation. Zu denken ist hierbei an Möglichkeiten wie auf (internen) Foren mit anderen Mitarbeitern und Mitgliedern der Geschäftsleitung zu diskutieren, organisierte Chats mit der Geschäftsleitung, Blogs des CEO's zu kommentieren oder den CEO (oder ggf. den Verwaltungsratspräsident) direkt per E-Mail zu kontaktieren oder auf ihr bzw. sein E-Mail zu antworten241.
Im Rahmen der kommunikativen Aktivierung der Mitarbeiter mittels einer echt dialogisch orientierten, interaktiven Mitarbeiterkommunikation kann sich der Verwaltungsrat für die Implementierung und die Festlegung von Grundsätzen einer geeigneten Kommunikationskultur und des Einbezugs
der Mitarbeiter einsetzen. So kann sich das Unternehmen günstig der Potenziale und des Wissens der
Mitarbeiter bedienen und es wird obendrein für ein motivierendes Arbeitsklima gesorgt. Die Nutzung
des Mitarbeiter-Wissenspools setzt aber bottom-up-Kommunikationskanäle voraus, die auch wirklich
genutzt werden.
Die Kommunikation und deren Kanäle sind der Grösse des Unternehmens 242 sowie der gewünschten Rollenverteilung zwischen Verwaltungsrat und Geschäftsleitung anzupassen. Nicht jeder
Verwaltungsrat will eine aktive Rolle bei der Kommunikation mit der Belegschaft spielen. Er kann,
was in der Praxis häufig vorkommt, die Durchführung der Mitarbeiterkommunikation auch an die
Geschäftsleitung delegieren. Die entsprechende Regelung der Handhabung ist vom Verwaltungsrat
festzulegen. Für kleine und zentral organisierte Unternehmen sind sodann eher direkte Kommunikationsformen geeignet, für dezentral organisierte und grosse Unternehmen können moderne Mittel wie
Blogs, Podcasts oder Foren auf dem Intranet geeignet sein. Je nach Unternehmenskultur sind die geeigneten Mittel zu wählen. Derjenige, der dialogisch über mehrere Hierarchiestufen hinweg kommuniziert, muss sich aber immer der Gratwanderung zwischen Informationsbeschaffung und eigener Kompetenzausstrahlung den Mitarbeitern gegenüber bewusst sein.
c)
Kommunikation an der Unternehmensspitze
Verantwortlich für die Lieferung aller notwendigen Informationen an den Verwaltungsrat sind
der CEO und der Verwaltungsratspräsident.243 Der Präsident ist das Bindeglied zwischen Geschäftsleitung und Verwaltungsrat, aber auch er hat der Geschäftsleitung gegenüber einen Informationsrückstand. 244 Im Rahmen der Kommunikation zwischen Geschäftsleitung und Verwaltungsrat bestimmt
deshalb im Wesentlichen der CEO, welche Information von welcher Qualität der Verwaltungsrat erhält. 245 Evident ist aber, dass ein gut informierter Verwaltungsrat für ein Unternehmen von zentraler
Bedeutung ist. 246, 247 Nur so hat dieser Kenntnis von den strategisch wichtigen Vorgängen im und um
das Unternehmen und kann er seine Entscheide auf der richtigen Grundlage fällen. Weil der CEO
durch seinen Einfluss auf den Informationsfluss zum Verwaltungsrat auch die Güte von dessen Entscheidungen mitbestimmt, 248 ist es nicht angezeigt, dass der CEO entscheidet, welche und wie viel
241
242
243
244
245
246
247
248
Sofern keine Filterungs-Instanz vorgeschaltet ist.
Vgl. NAEF, Management Dossier VR, Februar 2007, 11.
BÖCKLI, Checks and Balances; 36; HILB, 180.
MALIK, Checks and Balances, 49; BÖCKLI, Corporate Governance, 46.
HILB, 179; MACUS, Checks and Balances, 51.
Vgl. z.B. HÖHLER, Vertrauenskrise, 190.
Zur besseren Integration des Verwaltungsrats ins Unternehmensgeschehen und der dadurch möglichen Verkleinerung der
Informationsasymmetrie zwischen Verwaltungsrat und Geschäftsleitung postuliert BÖCKLI dessen Mitarbeit in Audit
Committees sowie HILB und MALIK die Mitwirkung in Projekten von zentraler Bedeutung. Vgl. BÖCKLI, Corporate Governance, 49; HILB, 187; MALIK, 1997, 194.
MACUS, Checks and Balances, 51; HILB, 179.
27
Information er dem Verwaltungsrat zukommen lassen will.249 Er muss vielmehr nach vorgegebenen
Kriterien für den Informationsfluss zum Verwaltungsrat sorgen. Diesbezüglich hat der Verwaltungsrat
(als Gremium) Grundsätze vorzugeben. Im Rahmen seiner Pflicht nach Art. 716a Abs. 2 hat der Verwaltungsrat denn auch für eine angemessene Berichterstattung an seine Mitglieder zu sorgen. 250 Wie
sogleich gezeigt werden kann, ist dies aber nur in beschränktem Ausmass möglich. Der Informationshaushalt zwischen Geschäftsleitung und Verwaltungsrat sowie im Verwaltungsrat selbst bedarf im
Folgenden einer genaueren Betrachtung.
Zu unterscheiden ist zwischen der periodischen Information des Verwaltungsrats einerseits
und der einzelnen Information über wichtige Ereignisse andererseits. 251 Erstere erfolgt als systematisch geordnete Grundinformation 252 regelmässig in periodischen Abständen und in vergleichbarer
Form; Inhalte sind z.B. die Jahresrechnung, kurzfristigere Erfolgsrechnungen, Informationen über
Marktpositionen, Personal, Konkurrenz etc. 253 Eine Regelung bezüglich Inhalt und Fristen kann z.B.
in einem Management-Informations-System getroffen werden.254 Die Information über wichtige Ereignisse betrifft ausserordentliche Vorfälle im und um das Unternehmen. Das Auswahlkriterium bestimmt sich nicht nach einem vorgegebenen Schema, sondern ist die Wichtigkeit des Ereignisses. 255
Wie DRUEY zutreffend feststellt, steht der Verwaltungsrat bezüglich der Definition der Wichtigkeit für
die berichtspflichtigen Informationen zwingend vor einem informationsrechtlichen Dilemma: Wird
der Massstab mittels einer harten Formulierung zu hoch angesetzt, besteht die Gefahr, dass gewisse
Tatsachen durch die Maschen des gespannten Netzes fallen 256; wird der Massstab zu tief angesetzt,
droht Information im Überfluss geliefert zu werden. 257 Gezwungenermassen wird der Verwaltungsrat
weiche Formulierungen (z.B. mittels einer Formulierung wie "ausserordentliche Vorfälle", "für den
Verwaltungsrat von Bedeutung" oder "wichtig") bezüglich der Umschreibung der mitteilungspflichtigen Tatsachen wählen müssen. Das bedeutet aber, dass der effektive Entscheid über die Mitteilung an
die informierende Instanz delegiert wird.258 Dies führt letztlich dazu, dass die kontrollierte Instanz
(Geschäftsleitung) die Information reguliert, die sie der kontrollierenden Instanz (Verwaltungsrat)
zuführen will. Somit bleibt eine doppelte Unsicherheit: Einerseits besteht seitens des Verwaltungsrats
Unsicherheit darüber, ob er (ob von der Geschäftsleitung beabsichtigt oder nicht) alle für ihn wichtigen Informationen erhält. Andererseits ist die Geschäftsleitung darüber im Unsicheren, ob sie ihrerseits dem Verwaltungsrat alle gewünschten Informationen zuführt. Diese Unsicherheiten können nicht
gänzlich beseitigt werden. Es kann aber versucht werden, sie auf ein Minimum zu reduzieren. Dies
kann nur dann gelingen, wenn einerseits durch den Verwaltungsrat möglichst klare Vorgaben 259 gemacht werden und andererseits ein Grundvertrauen zwischen den Gremien Verwaltungsrat und Ge-
249
250
251
252
253
254
255
256
257
258
259
Häufig werden gute Informationen sehr schnell und unverzerrt von der Geschäftsleitung an den Verwaltungsrat weitergeleitet, schlechte Informationen aber eher langsam und beschönigt kommuniziert: BÖCKLI, Corporate Governance, 46 f.
So auch NOBEL, Kommunikationsmanagement, 508.
Zudem ist die Geschäftsleitung natürlich verpflichtet, Fragen des Verwaltungsrats zu beantworten und von diesem
verlangte Unterlagen herauszugeben: Vgl. Art. 715a OR.
DRUEY, Informationspflichten, 11.
Vgl. BÖCKLI, Corporate Governance, 46; DRUEY, Informationspflichten, 11, 12.
Vgl. das MIS-Konzept im Anhang.
DRUEY, Informationspflichten, 12.
Z.B. wenn an eine bestimmte Kategorie von mitteilungsbedürftigen Ereignissen nicht gedacht wurde.
DRUEY, Informationspflichten, 13.
Vgl. zur Thematik DRUEY, Informationspflichten, 13 f.
Solche Vorgaben können z.B. in einem Kommunikationsreglement für den VR, das der GL zur Kenntnis gebracht wird,
festgehalten werden. Indem nicht nur bestimmt wird, dass die "wichtigen" oder "ausserordentlichen" Vorfälle dem VR zu
melden sind, sondern neben diesen Grundsätze zur Umschreibung der Wichtigkeit (allenfalls aus der persönlichen Erfahrung) anschauliche Beispiele gegeben werden, in welchen Fällen eine Information gewünscht wird. So kann die Unsicherheit immerhin verkleinert werden.
28
schäftsleitung vorhanden ist. 260 Weiter bedarf es einer regelmässigen Kontrolle durch den Verwaltungsrat dahingehend, ob die an ihn gelieferten Informationen (insbesondere die über die periodische
Berichterstattung hinausgehenden Informationen über wichtige Ereignisse) seinen Bedürfnissen und
Vorgaben entsprechen. Nötigenfalls sind Änderungen zu veranlassen, weil die Handlungsfähigkeit des
Verwaltungsrats bei schlechter Informationslage nicht mehr gewährleistet ist. Denn bezüglich der
Verantwortlichkeit gilt, dass dem Verantwortlichen (also dem Verwaltungsrat) greifbare, aber nicht
ergriffene Information zugerechnet wird.261 Essentiell ist hierbei auch, dass auch die Geschäftsleitung
ihrerseits über die relevanten Vorkommnisse im Unternehmen informiert sein muss, um diese Informationen überhaupt filtern und gegebenenfalls an den Verwaltungsrat weiterleiten zu können. Deshalb
müssen auch von der Geschäftsleitung Vorschriften darüber, was ihr zu kommunizieren ist, erlassen
werden. Dabei gelten eine Stufe tiefer als beim Verwaltungsrat die gleichen, soeben skizzierten
Grundsätze zur Informationsversorgung, aber auch die dadurch implizierten Ungewissheiten. Deshalb
dürfte es sinnvoll sein, ein internes Kontrollsystem einzurichten.262 Denn nur wenn im Unternehmen
bekannt ist, dass eingerichtete Kontrollen bestehen, kann an der Unternehmensspitze der Satz "no
news is good news" gelten. 263 Die interne Kontrolle stellt einen wesentlichen Faktor für das Grundvertrauen zwischen Verwaltungsrat und Management dar, 264 denn sie kann dazu beitragen, dass schwerwiegendes Informationsversagen unterhalb der Geschäftsleitung von dieser und dem Verwaltungsrat
frühzeitig erkannt wird. 265
Orientieren sollte sich die Kommunikationspolitik des Verwaltungsrats immer an den
Grundsätzen der Vollständigkeit, Objektivität, Verständlichkeit und Rechtzeitigkeit. 266 Vollständige
Kommunikation liegt vor, wenn möglichst auch über Ursachen der jeweiligen Kommunikationsinhalte
informiert wird, also die Informationen in ihrem Kontext kommuniziert werden.267 Die Vollständigkeit
darf aber nicht zur Informationsüberflutung führen, sondern es bedarf einer Beschränkung auf die
wesentlichen, entscheidungsrelevanten Informationen.268 Sodann müssen die Informationen in einer
für den Empfänger verständlichen Sprache übermittelt werden. Dies setzt prägnante, klar gegliederte
und logisch geordnete Informationen269 voraus, in denen die "wesentlichen Aspekte präzise und klar
im Sinne von executive summaries dargelegt werden" 270. Schliesslich hat die Kommunikation der
Information rechtzeitig zu erfolgen, denn die meisten Informationen erhalten ihren Wert erst durch die
Kommunikation im richtigen Zeitpunkt.271 Die wesentlichen Informationen müssen zur rechten Zeit
bei den richtigen Personen verfügbar sein. 272 HILB umschreibt diese Grundsätze als Inhaltsziel der
Kommunikationspolitik des Verwaltungsrats.273 Bei diesem geht es – wie soeben dargelegt – um die
Förderung der Informationstransparenz im Verwaltungsrat "durch gegenseitige, umfassende, wahrheitsgetreue und verständliche Information des Boards und der GL über die finanz-, marktleistungs-,
personal- und umweltwirtschaftlichen Ziele, Probleme und Zusammenhänge des Unternehmens als
260
261
262
263
264
265
266
267
268
269
270
271
272
273
Vgl. MALIK, Checks and Balances, 49.
DRUEY, 23.
Ziff. 19 SCBP; BÖCKLI, Corporate Governance, 49, 53; BÖCKLI, Soft law, 989 f.
BÖCKLI, Corporate Governance, 36.
BÖCKLI, Corporate Governance, 36.
BÖCKLI, Corporate Governance, 50 f.
HILB, 182.
Vgl. HILB, 182; in diesem Sinne auch BÖCKLI, Checks and Balances, 36.
So auch FELDER, VR und Corporate Governance, 1011.
Vgl. HILB, 182; so auch BÖCKLI, Checks and Balances, 36.
BÖCKLI, Checks and Balances, 36.
Vgl. HILB, 182.
RICKENBACHER, 212; ähnlich auch MACUS, Checks and Balances, 53.
HILB, 180.
29
Ganzes und aller wichtiger Organisationseinheiten" 274. Dieses Vorgehen steht auch im Einklang mit
den Empfehlungen des Swiss Code. 275
Dahinter steht die Gewissheit, dass an der Unternehmensspitze (freilich nicht nur dort) Information die Basis allen Vertrauens 276 ist. Zwar ist ein vollständiges Vertrauen auch durch beste, transparente Kommunikation nicht herstellbar, wenn die menschlichen Voraussetzungen 277 dafür nicht
gegeben sind. 278 Dem kann lediglich – aber immerhin – entgegen gehalten werden, dass die Verwaltungsräte als Mitglieder des obersten Organs der Aktiengesellschaft dem Gesellschaftsinteresse verpflichtet sind und sie dieses nicht durch ihr persönliches, unprofessionelles Verhalten beeinträchtigen
dürfen. Der Verwaltungsrat ist schliesslich kein "Kampfplatz von um die Macht streitenden Einzelfiguren", sondern bildet ein Team, das eine unternehmerische Aufgabe zu bewältigen hat. 279 Hierbei ist
die "Schaffung einer (…) Vertrauens- und Lernkultur durch die ständige Verbesserung der gegenseitigen Beziehungen innerhalb des Boards und der GL, zwischen Board und GL sowie zwischen einzelnen Board-Committees und GL-Bereichen", mit dem Ziel der konstruktiven Konfliktlösung, des Abbaus gegenseitiger Vorurteile und der Vermeidung von überflüssigen Auseinandersetzungen in höchstem Masse dienlich. 280 Dieser Prozess – für dessen Sicherung der Verwaltungsrat verantwortlich ist 281
– kann durch verschiedene Faktoren wie Machtkämpfe unter Wissensträgern, fehlendes Vertrauen und
Betriebsblindheit sowie absichtliches "Nicht-Wissen-Wollen" 282 gehemmt werden. Aktive Zuhörfähigkeit und konstruktive Offenheit des Verwaltungsratspräsidenten und des Vorsitzenden der Geschäftsleitung sind hingegen förderlich.283 Letztlich wird ein solcher Dialog auch zum Abbau der
Selbstblindheit der Mitglieder des Verwaltungsrats und zum Aufdecken existierender Probleme 284
beitragen und damit letztlich auch effizienteres Arbeiten ermöglichen. Dies ist das Beziehungsziel der
Kommunikationspolitik des Verwaltungsrats. 285 Dazu ist auch empfehlenswert, dass sich vorerst der
Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung gegenseitig über wichtige Ereignisse informieren und geplante Massnahmen absprechen, bevor die Stakeholder informiert werden.286
Am besten wird man dem Ziel des Aufbaus einer Vertrauenskultur gerecht, wenn möglichst
vollständig und transparent auf direkten Wegen kommuniziert wird: Die direkte mündliche Kommunikation ist "allen anderen Medien in ihrer Wirksamkeit überlegen"287. Spärliche Information hingegen
ist ein Nährboden für Unsicherheit, Gerüchte und schlimmstenfalls gar Verschwörungstheorien 288.
Eine Möglichkeit für eine möglichst weit gehende direkte Kommunikation sind überlappende Kommunikationsgruppen, die z.B. aus einem System von Verwaltungsrats-Geschäftsleitungs274
275
276
277
278
279
280
281
282
283
284
285
286
287
288
HILB, 180; vgl. zur Kommunikationstransparenz auch HEMEL, 284.
Ziff. 15 SCBP.
BÖCKLI, Corporate Governance, 35, vgl. auch NAEF, Management Dossier VR, Februar 2007, 5.
GRUNWALD, Vertrauenskrise, 198 f. nennt folgende Merkmale vertrauenswürdiger Personen (ungewichtete Reihenfolge;
alle Kriterien sind kaum gleichzeitig erfüllbar): Verhaltenskonsistenz/Vorhersagbarkeit/Verlässlichkeit, Erfüllen von
Versprechen, Fairness im Umgang mit anderen, Loyalität (Wohlwollen), moralische Integrität (Ehrlichkeit/Offenheit),
Zuhören können, Diskretheit (Verschwiegenheit), Offenheit (offenes Reden über eigene Ideen und Einstellungen),
Offensein gegenüber anderen Ideen und Meinungen, Fachkompetenz, physische Anwesenheit/Erreichbarkeit.
Gl.M. BREYER-MAYLÄNDER, 21; HILB, 191.
BÖCKLI, Corporate Governance, 38; so auch STAFFELBACH, Checks and Balances, 47.
HILB, 180; ähnlich auch RICKENBACHER, 213 sowie MALIK, Neue Corporate Governance, 224.
Vgl. BÖCKLI, Checks and Balances, 36; RICKENBACHER, 212.
RICKENBACHER, 212; MALIK, Checks and Balances, 49; MALIK, Neue Corporate Governance, 222.
Vgl. HILB, 181 sowie MALIK, Neue Corporate Governance, 222, welcher diese Faktoren als notwendig, nicht aber
hinreichend qualifiziert.
SPRÜNGLI, 146 ff.; HILB, 180.
HILB, 180.
HILB, 183.
HILB, 183.
BREYER-MAYLÄNDER, 21.
30
Kommunikationssitzungen, Geschäftsleitungs-Kommunikationssitzungen und GeschäftsleitungsBereichs-Kommunikationssitzungen bestehen. 289 So bricht der Kontakt zwischen diesen Gremien nie
ab, womit die direkte Kommunikation permanent sichergestellt ist. Dies trifft insbesondere auf Sitzungen zu, bei denen die direkte physische Kommunikation von besonderer Bedeutung ist. Die Möglichkeit, direkt Fragen zu stellen und andere Argumente einzubringen, ist nie grösser als beim direkten
Gespräch. Da dies jedoch nicht immer möglich ist, sind auch andere Kommunikationsformen zu evaluieren. Als relativ gute Alternative zur direkten physischen Kommunikation kommen beispielsweise
Telefongespräche sowie Telefon- und Videokonferenzen für Sitzungen in Frage. 290 Schliesslich wird
ein immer grösserer Teil der Korrespondenz per E-Mail abgewickelt. Die diesbezüglichen Bedenken
WARDS im Hinblick auf die technische Überforderung der Verwaltungsräte 291 dürften in den letzten
Jahren grösstenteils obsolet geworden sein. Dennoch ist im Hinblick auf die Informationseffektivität
gerade auch in Bezug auf die elektronischen Medien zu empfehlen, nur wirklich benötigte292, gut aufbereitete und nach dem one-page-Prinzip zusammengefasste 293 Information dem Verwaltungsrat zuzustellen. Diese Empfehlung wird – so einleuchtend sie sein mag – in der Praxis keinesfalls selbstverständlich beachtet, stellt doch die Information des Verwaltungsrats nach wie vor häufig ein ungelöstes
Problem dar. 294
Der Swiss Code empfiehlt, dass der Verwaltungsrat aus seiner Mitte Ausschüsse einsetzt. Diese analysieren verschiedene bedeutende Sach- und Personalbereiche vertieft und erstatten dem Gesamtverwaltungsrat Bericht. Vom Swiss Code werden drei Ausschüsse empfohlen: der Prüfungs-,
Entschädigungs- und Nominierungsausschuss. Denkbar wäre nun, dass Verwaltungsräte, die beim
Thema Kommunikation Handlungsbedarf erkennen, einen Verwaltungsrats-Ausschuss für Kommunikation einsetzen. Ein möglichst mit kommunikativem Know-how zusammengesetzter Ausschuss kann
die Etablierung eines Bewusstseins für das Thema im Gremium und dem ganzen Unternehmen vorantreiben, die Organisation der Kommunikation mit den nötigen Instrumenten (z.B. ein Kommunikationsreglement für den Verwaltungsrat) schaffen und dem Gremium unterbreiten. Der Ausschuss wäre
auch geeignet, die Wahrnehmung der Kommunikationsaufgabe des Verwaltungsrats und die Kommunikation zwischen Verwaltungsrat und Geschäftsleitungsebene zu überwachen. Schliesslich bedarf die
Kommunikation an der Unternehmensspitze einer regelmässigen Evaluation, um Erfolge zu messen
und Verbesserungspotenziale zu entdecken.
2.3.5 Schranken der Kommunikation
a)
Einleitung
Für die Kommunikation bestehen auch Einschränkungen. Unternehmenskommunikation muss
ganz allgemein wahrheitsgetreu, korrekt und nicht irreführend sein.295 Es darf nicht jede Information
jederzeit jeder Person kommuniziert werden. Im Rahmen der Wahrnehmung seiner strategischen
kommunikativen Aufgabe ist es Aufgabe des Verwaltungsrats, Grundsätze für die interne Auskunftsberechtigung für Informationen festzulegen. Überdies bestehen rechtliche Schranken. Die konkreten
Kommunikationsschranken, die im Zusammenhang mit der Kommunikation zu beachten sind, werden
im Folgenden untersucht.
289
290
291
292
293
294
295
Vgl. HILB, 183 ff.
MÜLLER/LIPP/PLÜSS, 227.
WARD, 6.
WARD, 7.
Vgl. HILB, 182; BÖCKLI, Checks and Balances, 36.
Vgl. BÖCKLI, Checks and Balances, 36.
NOBEL, Kommunikationsmanagement, 497.
31
b)
Strafrechtliche Schranken
Auch im Strafgesetzbuch werden Kommunikationsverbote statuiert. Deren Zweck ist der
Schutz von höher einzustufenden Rechtsgütern als die vermittelten Informationen.296
Verbote bestehen in Bezug auf Unternehmens-Geheimnisse, sogenannte Fabrikations- und
Geschäftsgeheimnisse. Solches Wissen stellt im Unternehmen einen Wettbewerbsfaktor gegenüber der
Konkurrenz dar und sollte im Unternehmen grundsätzlich vertraulich behandelt werden. Das Strafgesetzbuch statuiert demgemäss auch ein Verbot, Geschäftsgeheimnisse zu verraten oder anderweitig
auszunützen. 297 Dieses gilt sowohl für Geheimnisse, die infolge vertraglicher als auch aufgrund gesetzlicher Pflicht bewahrt werden sollten.298
Eine weitere Kommunikationsschranke wird mittels des Bankkundengeheimnisses 299 aufgestellt. Dieses bezieht sich explizit auch auf Organe (wie z.B. den Verwaltungsrat) einer Bank. Das
diesbezügliche Kommunikationsverbot für Organe, Angestellte, Beauftragte und Liquidatoren einer
Bank erfasst alle Daten aus der Geschäftsbeziehung zwischen Kunde und Bank und kann nur in wenigen bedeutenden Fällen eingeschränkt werden.300
Die Vorschriften zur Verletzung des Berufsgeheimnisses konkretisieren Art. 162 StGB bezüglich verschiedener in diesem Kontext relevanter Berufe: Namentlich für Ärzte sowie Anwälte, Treuhänder sowie für zur Verschwiegenheit verpflichteten Revisoren und die in der medizinischen Forschung tätigen Personen bestehen Geheimnispflichten. 301 Solche Personen sind unter Strafdrohung
dazu verpflichtet, Geheimnisse, die ihnen infolge ihres Berufes anvertraut worden sind, oder die sie in
Ausübung ihres Berufs wahrgenommen haben, nicht zu offenbaren.
Schliesslich sei noch auf die Vorschriften zu den Ehrverletzung 302 hingewiesen, welche bei
jeglicher Kommunikation im Unternehmen (nach Innen wie nach Aussen) zu beachten sind.
c)
Arbeits- und datenschutzrechtliche Schranken
Personen, die mit einem Unternehmen im Kontakt stehen, verfügen in gewissen Bereichen
über spezielle Geheimhaltungsinteressen. Solche Personen können – wie sogleich darzulegen ist –
sowohl innerhalb als auch ausserhalb des Unternehmens sein und die Kommunikationsschranke kann
auf einer gesetzlichen oder vertraglichen Grundlage beruhen.
Zunächst handelt es sich dabei um das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers, welches die
Arbeitgeberin zu respektieren und zu schützen hat.303
Sodann ist es dem Arbeitnehmer aufgrund seiner Treuepflicht verboten, Geschäftsgeheimnisse, die er während seiner Tätigkeit für die Arbeitgeberin erfährt, Dritten mitzuteilen. Diese Schweigepflicht gilt in eingeschränktem Mass auch nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.304 Sie ist
auch relevant für allfälliges Whistleblowing des Arbeitnehmers, welches nämlich grundsätzlich im
296
297
298
299
300
301
302
303
304
NOBEL, Rechtliche Aspekte, 263.
Art. 162 StGB.
Ein Beispiel für eine gesetzliche Geheimhaltungspflicht, die sich an die Arbeitnehmer eines Unternehmens richtet, stellt
die arbeitsrechtliche Schweigepflicht gemäss Art. 321a Abs. 4 OR dar (Vgl. dazu sogleich unter d)).
Art. 47 BankG.
NOBEL, Rechtliche Aspekte, 268; z.B. bei Steuerbetrug.
Art. 321 StGB; Art. 321bis OR. Diese sind leges speciales zu Art. 162 StGB.
Art. 173 ff. StGB.
Art. 28 ZGB; Art. 328 OR; diverse Vorschriften im öffentlichen Arbeitnehmerschutzrecht; vgl. dazu ausführlich Kapitel
2.2.1.
Art. 321a Abs. 4 OR; vgl. dazu auch GEISER/MÜLLER, Arbeitsrecht, Rz. 353 f. Strafrechtlichen Schutz hierfür bieten die
Art. 162 sowie 321 f. StGB. Vgl. dazu oben, Abschnitt b).
32
Widerspruch mit der Schweigepflicht steht. Die Verletzung kann aber unter gewissen Umständen gerechtfertigt sein. 305
Im Zusammenhang mit der Datenbearbeitung durch Unternehmen – sei es den Mitarbeitern
oder anderen Stakeholdern wie z.B. Kunden oder Lieferanten gegenüber – sind auch die Bestimmungen des Datenschutzgesetzes 306 zu den kommunikativen Schranken zu beachten. Dabei ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass die Bearbeitung von Personendaten rechtmässig, nach Treu und Glauben
sowie verhältnismässig erfolgen muss. Die Bearbeitung darf zudem nur für den bei der Beschaffung
angegebenen Zweck erfolgen. Diesbezüglich ist zu beachten, dass z.B. bereits im Vorfeld von Betriebsübernahmen sowie M&A-Transaktionen stattfindender Datenaustausch in nicht anonymisierter
Form (z.B. bei einer Due Diligence-Prüfung) auf Konformität mit dem Zweckbindungsgebot zu prüfen
ist. 307 Der Datenbearbeiter hat sich zudem zu vergewissern, dass die bearbeiteten Daten richtig sind
(d.h. die Umstände und Tatsachen, bezogen auf die betroffene Person, sachgerecht wiedergeben 308)
und diese ggf. zu berichtigen. Dies ist auch für den Bearbeiter von Nutzen, denn einen solchen bringen
ihm ohnehin nur richtige Daten.309 Daten müssen durch angemessene technische und organisatorische
Massnahmen gegen unbefugtes Bearbeiten geschützt werden und dürfen nur unter erschwerten Bedingungen ins Ausland bekannt gegeben werden. Dieses Erfordernis ist insbesondere für Fluggesellschaften von Bedeutung. Die USA 310 verlangen nämlich von den Fluggesellschaften (auch schweizerischen), welche die USA anfliegen, elektronischen Zugriff auf viele Passagierdaten. 311 In Bezug auf die
Bekanntgabe solcher Daten ist die zunächst bestehende prekäre Rechtslage – die USA verfügen nicht
über einen dem Schweizerischen Recht gleichwertigen Datenschutz 312 – etwas entschärft worden.
Mittlerweile werden weniger Personendaten erhoben (und auch keine besonders schützenswerten Daten mehr), es besteht eine Zweckbindung der Daten, eine Beschränkung für deren Aufbewahrungsdauer sowie eine Information des Passagiers vor dem Flug. 313
Schliesslich sind unter diesen Punkt auch alle vertraglich vereinbarten Geheimnispflichten zu
subsumieren. Solche können Verwaltungsräte, Mitarbeiter, Mitglieder der Geschäftsleitung und insbesondere auch Kunden und Lieferanten betreffen.
d)
Immaterialgüter- und wettbewerbsrechtliche Schranken
Die Firma der Aktiengesellschaft (wie auch alle anderen Eintragungen im Handelsregister 314)
muss die vom Gesetz vorgeschriebenen, wesentlichen Inhalte enthalten, der Wahrheit entsprechen,
keinen Anlass zu einer Täuschung geben und darf auch dem öffentlichen Interesse nicht widersprechen. 315 Zudem muss die Rechtsform aus der Firma hervorgehen.316 Die Firma steht dem Berechtigten
305
306
307
308
309
310
311
312
313
314
315
316
Vgl. zur Thematik den Vorentwurf zum Schutz bei Meldung von Missständen am Arbeitsplatz (Art. 321abis OR); GEISER/MÜLLER, Arbeitsrecht, Rz. 364; NOBEL, Rechtliche Aspekte, 286 ff.
Vgl. Art. 4 ff. DSG. Ergänzend ist im Übrigen auf Kapitel 2.2.2 zu verweisen.
Vor dem Hintergrund von Art. 4 Abs. 3 DSG (sowie allenfalls Art. 328b OR; umstritten). Vgl. BsK DSG-MAURERLAMBROU/STEINER, Art. 4 DSG N19 f.
BsK DSG-MAURER-LAMBROU/STEINER, Art. 5 DSG N5.
Vgl. BsK DSG-MAURER-LAMBROU/STEINER, Art. 5 DSG N4.
Vgl. den Transportation Security Act vom 19. November 2001.
Vgl. BsK DSG-MAURER-LAMBROU/STEINER, Art. 6 DSG N21 f.
BsK DSG-MAURER-LAMBROU/STEINER, Art. 6 DSG N21.
Vgl. dazu BsK DSG-MAURER-LAMBROU/STEINER, Art. 6 DSG N22.
Art. 26 HRegV.
Art. 944 OR i.V.m. Art. 26 HRegV.
Art. 950 OR.
33
zum ausschliesslichen Gebrauch zu, bei einer Beeinträchtigung dieses Rechts steht ihm die Unterlassungsklage offen und er hat (bei Verschulden) Anrecht auf Schadenersatz.317
Unternehmen verwenden fast immer eigene Marken. Diese müssen graphisch darstellbar
sein, zudem sind die absoluten und relativen Ausschlussgründe zu beachten. 319 Es kann nicht jedes
Zeichen als Marke geschützt werden. Wenn die Marke aber geschützt wurde, verleiht das Markenrecht
dem Inhaber das ausschliessliche Recht, die Marke zur Kennzeichnung der Waren oder Dienstleistungen, für die sie beansprucht wird, zu gebrauchen und darüber zu verfügen. Er kann überdies anderen
verbieten, das Zeichen zu gebrauchen. 320 Ein Unternehmen, das eine Marke registriert, darf diese exklusiv nutzen und kann jedem anderen Unternehmen den Gebrauch verbieten.
318
Insbesondere bei der Werbung sind die Einschränkungen des UWG von Bedeutung. Dabei
handelt es sich z.B. um das Verbot der Herabsetzung von Mitbewerbern durch irreführende, unrichtige
oder unnötig verletzende Äusserungen, das Verbot der Verwendung unzutreffender Titel oder Berufsbezeichnungen, das Verbot von unzulässigen Vergleichen mit Mitbewerbern, das Verbot des besonders aggressiven Verkaufs, der Nachahmung und von irreführenden Angaben über sich selbst. 321 Zudem bestehen gemäss dem Bundesgesetz über Radio und Fernsehen Werbeverbote für Tabak, Alkohol, Heilmittel und medizinische Behandlungen, politische Parteien, religiöse Bekenntnisse sowie für
Schleich- und unterschwellige Werbung. Überdies darf Werbung auch keine religiöse oder politische
Überzeugung herabmindern, irreführend oder unlauter sein oder zu einem Verhalten anregen, welches
die Gesundheit, die Umwelt oder die persönliche Sicherheit gefährdet.322 Im Bereich des Immaterialgüterrechts leistet das Recht also mittels reputationsbezogener Normenkomplexe einen Beitrag zum
Reputationsschutz des Unternehmens. 323
e)
Unternehmensinterne Schranken
Diesbezüglich ist auf die Chinese Walls, die eine Trennung verschiedener Unternehmensteile
sicherstellen sollen, hinzuweisen. 324 Der Begriff ist insbesondere in der Finanzwelt von Bedeutung.
Bezweckt wird mit einer Chinese Wall die Trennung von Abteilungen eines Unternehmens mit unterschiedlichen Zielsetzungen. 325 Informationen dürfen dabei nicht von der einen Abteilung in die andere
gelangen. Damit sollen Interessenkonflikte verhindert werden. Problematisch ist aber, dass wegen der
thematischen Allgemeinzuständigkeit des Verwaltungsrats 326 an der Spitze, wo die Fäden zusammenlaufen, alle Informationen verfügbar sein müssen. Solchen Trennungsinstitutionen wird nach NOBEL
rechtlich aber ohnehin nicht allzu viel Kredit gegeben. 327 Diesbezüglich ist auch das Verbot des Insiderhandels 328 zu beachten. Die Gewähr für einwandfreie Geschäftsführung 329 kann allerdings z.B.
bei einer Bank bereits dann verletzt sein, wenn Informationen, die unterhalb des Insiderwissens einzustufen sind, ausgenützt werden: "Das zivil- und aufsichtsrechtliche Gebot des Handelns nach Treu und
317
318
319
320
321
322
323
324
325
326
327
328
329
Art. 956 OR; vgl. dazu ausführlich VON BÜREN/MARBACH/DUCREY, Rz. 790 ff.
Art. 10 Abs. 1 MSchV.
Art. 2 MSchG; Art. 3 MSchG; vgl. ausführlich zu den Ausschlussgründen VON BÜREN/MARBACH/DUCREY, Rz. 567 ff.
Art. 13 Abs. 1 und Abs. 2 MSchG.
Art. 3 UWG.
Vgl. Art. 2 UWG sowie 10 RTVG.
NOBEL, Kommunikationsmanagement, 501.
Vgl. dazu DRUEY, 18 ff.
Z.B.: Abteilung A prüft den Abschluss eines Unternehmens, Abteilung B führt die Bücher des gleichen Unternehmens.
Welcher vom Bundesgericht immer wieder bestätigt wurde: DRUEY, FN 43.
NOBEL, Aktienrecht, 5 N56. Eine ausführlichere Analyse der Chinese Walls unterbleibt an dieser Stelle, da diese nicht in
den thematisch zentralen Bereich fallen.
Art. 161 StGB.
Art. 3 Abs. 2 lit. c BankG, Art. 10 Abs. 2 lit. d BEHG.
34
Glauben geht weiter als das zur Erfüllung des Straftatbestandes von Art. 161 StGB Verlangte. Eine
Treuwidrigkeit ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn eine Bank Aktien verkauft, obwohl sie sich bewusst ist, dass ein erhebliches kursrelevantes Informationsgefälle zwischen ihr und denjenigen Kreisen
besteht, welche tatsächlich Aktien kaufen." 330 Für gewisse Informationen bestehen also auch Verwertungsverbote.
Hier ist überdies allgemein zu bemerken, dass gewisse sehr brisante Informationen auch nur
ganz kleinen Personenkreisen – allenfalls auch unter Ausschluss des Verwaltungsrats – bekannt sein
dürfen, um Undichtigkeiten und eine unerwünschte Verbreitung möglichst zu vermeiden. 331 Selbstverständlich dürfen solche Informationen auch nicht nach Aussen dringen. Wird dennoch ein falscher
Inhalt kommuniziert, kann dadurch für das Unternehmen je nach preisgegebener Information Schaden
entstehen.
Weiter bestehen ganz allgemein auf allen Hierarchiestufen eines Unternehmens Kommunikationsschranken: Keine Stufe muss restlos alles wissen (auch nicht der Verwaltungsrat), sondern erhält
optimaler Weise genau die für sie relevanten Informationen ohne unnötige Details. 332, 333 Die Informationsallokation hat nämlich letztlich vor dem Hintergrund des Effizienzgedankens zu geschehen. Der
Verwaltungsrat kann für den Informationshaushalt an der Unternehmensspitze ein Funktionendiagramm der Auskunftsberechtigung festlegen. Zudem gibt er möglichst genau vor, welche Informationen ihm von der Geschäftsleitung zu liefern sind. Weitere Regelungen hat der Verwaltungsrat grundsätzlich nicht zu erlassen; seine Zuständigkeit dafür endet auf Stufe Geschäftsleitung.
Das Problem der Grenzen der Kommunikation ist abschliessend auch noch aus einer anderen
Warte zu beleuchten: Jede Information bedarf der Verarbeitung durch den Empfänger, um für diesen
allenfalls einen Nutzen stiften zu können. Vor der Informationsverarbeitung ist aber unklar, ob durch
diese überhaupt ein Nutzen gestiftet wird. 334 Wegen des bei verfügbarer Information meist bestehenden Angebotsüberhangs gegenüber dem Informationsbedürfnis 335 wird sich der Verwaltungsrat womöglich mit dem Problem der Überinformation konfrontiert sehen. Diesbezüglich bedarf es – wie
DRUEY es umschreibt – des "Schutzes vor Information", 336 denn wie oben 337 erläutert, muss der Entscheid über die Wichtigkeit der Information an die informierende Instanz delegiert werden. Der Sender wird aber nicht immer optimal antizipieren, wie viel und welche Information er an den Adressaten
weiterleiten sollte.338 Auch Leitlinien können nur abstrakt formuliert werden. Deshalb wird der Sender
i.d.R. dazu neigen, zur Sicherheit lieber zu viel als zu wenig Information weiterzuleiten. Dadurch entsteht eine Überinformation des Verwaltungsrats, welche seiner Funktionswahrnehmung schadet: 339 Er
wird dazu neigen, die Überinformation nicht oder nur beschränkt zu verarbeiten. 340 Mangels Verarbeitung kann der Verwaltungsrat seine Entscheide nicht mehr auf einer soliden Wissensgrundlage fällen,
was zu unüberlegten oder gar falschen Entscheiden führen wird. Mithin wird so das Funktionieren des
ganzen Unternehmens gefährdet, weshalb es auch aus Gründen des Funktionsschutzes 341 der Begren330
331
332
333
334
335
336
337
338
339
340
341
Urteil des BGer 2A.230/1999, E. 6b.
Vgl. DRUEY, 21.
Vgl. DRUEY, 20 f.
Vgl. dazu oben, Kapitel 2.3.4.
DRUEY, 21.
DRUEY, 21.
Vgl. DRUEY, 21.
Vgl. Kapitel 2.3.4.
DRUEY, 21.
DRUEY, 21.
Überinformation verdrängt gute Information: DRUEY, 22.
DRUEY, 21.
35
zung der Information braucht. Der Verwaltungsrat ist für die Organisation der Kommunikationsstrategie verantwortlich. Er hat deshalb Richtlinien für die ihn zu informierenden Instanzen vorzugeben. Die
gelieferte Information sollte nach DRUEY für den Empfänger zur Verarbeitung zumutbar sein. 342 Dies
ist aber eine sehr abstrakte Formulierung. In erster Linie muss massgebend sein, wie viele Ereignisse
als wichtig eingestuft werden müssen und über welche deshalb informiert werden muss. Deren Häufigkeit lässt sich nämlich meist nicht planen. Die Informationen über die jeweiligen Ereignisse müssen
dann in einer zumutbaren Form abgefasst werden. Eine gute Richtlinie dafür ist das Management
Summary, das möglichst auf einer Seite konzentriert konzis und klar die essentiellen Informationen als
Entscheidungsgrundlagen für den Verwaltungsrat präsentiert.343 Wegen deren beschränkt antizipierbarer Wirkung müssen die Vorgaben vom Verwaltungsrat aber regelmässig – so gut wie aufgrund des
allenfalls eingeschränkten Informationsstandes möglich – auf ihre Zweckmässigkeit überprüft werden.
Wichtig ist diesbezüglich auch, dass, sobald der Verwaltungsrat Unzulänglichkeiten bei seiner Information feststellt, die ihn informierende Instanz davon in Kenntnis setzen sowie Korrekturen anbringen
und durchsetzen muss.
2.4
˗
˗
˗
˗
342
343
344
345
346
Folgerungen aus dem theoretischen Teil
Das staatliche Recht stellt viele Vorschriften zu Absender, Inhalt und Adressat von Kommunikationsverpflichtungen auf. Dem nicht staatlichen Swiss Code lassen sich noch mehr derartige Verpflichtungen, teils aber auch Empfehlungen zur Gestaltung der Kommunikation entnehmen. Sache des Unternehmens ist es, diese Verpflichtungen und alle darüber hinaus gehenden angezeigten Kommunikationshandlungen im Rahmen einer integrierten GesamtKommunikationsstrategie unter Beachtung der Kommunikationsschranken wahrzunehmen.
Erkenntnisse zur Kommunikation des Verwaltungsrats, insbesondere jener zwischen Verwaltungsrat und Geschäftsleitung sowie der verwaltungsratsinternen Kommunikation, lassen sich
vor allem aus Überlegungen zur Corporate Governance gewinnen.
Die Schaffung einer Vertrauensbasis an der Unternehmensspitze sowie gegen Innen wie auch
gegen Aussen ist das oberste Ziel für die Kommunikation des Verwaltungsrats. Zentral ist dafür eine transparente Kommunikationskultur, welche die Ziele der Objektivität (sachlich richtig), Vollständigkeit (auch nach Ursachen fragend, aber nur die wesentlichen, relevanten Informationen enthaltend), Verständlichkeit (einfach344 und kurz, klar gegliedert und logisch geordnet) und Rechtzeitigkeit (so früh, dass Zeit für eine vernünftige Vorbereitung bleibt) verfolgt. Eine integrierte und nachhaltig konsistente Kommunikation ist glaubwürdiger als eine
fragmentarisch und opportunistisch aufbereitete, die leicht manipuliert werden kann. 345
Bei einigen Unternehmen finden sich im Organisationsreglement Bestimmungen zur Kommunikation und teils auch zum Umgang mit Medien. Teilweise werden auch Zuständigkeiten
festgelegt. Dies ist ein guter Ansatz. Allerdings fehlt meist eine detaillierte Zuständigkeitsliste
oder ein Funktionendiagramm. Das Organisationsreglement enthält Bestimmungen zur Ordnung der Geschäftsführung, den Zuständigkeiten und den entsprechenden Aufgaben. 346 Darüber hinaus soll es gemäss BÖCKLI als weitere Inhalte Informationsrechte des Verwaltungsrats, eine interne Informationsordnung des Verwaltungsrats, Schranken für das Auftreten der
einzelnen Verwaltungsratsmitglieder gegenüber Medien und Dritten sowie die Ausgestaltung
DRUEY, 22 f.
Vgl. HILB, 182; BÖCKLI, Checks and Balances, 36.
Möglichst fachjargon-frei.
Vgl. PEDERGNANA/MÜLLER, Management Dossier VR, Dezember 2007, 17.
Art. 716b Abs. 2 OR; VON MOOS-BUSCH, 76; BÖCKLI, Aktienrecht, § 13 Rz. 324 ff.
36
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˗
347
348
349
350
351
352
des IKS enthalten können. 347 M.E. ist das Organisationsreglement nicht die geeignete Stelle,
um eine sauber ausdifferenzierte Reglementierung für das Thema Kommunikation des Verwaltungsrats in der nötigen Tiefe und Breite erstellen zu können. 348 Wohl müssen im Organisationsreglement Bestimmungen zur Kommunikation enthalten sein. Diese sollten aber neben
den absolut zentralen Grundsätzen, Aufgaben und Zuständigkeiten insbesondere auch einen
Verweis enthalten, dass der Verwaltungsrat gestützt auf diese Bestimmung weitere Bestimmungen zur näheren Ausgestaltung der Kommunikation erlassen kann.
Ein adäquates Mittel, wie der Verwaltungsrat seiner Aufgabe der Festlegung der Organisation
nach Art. 716a OR bezüglich der Kommunikation nachkommen kann, ist der Erlass eines
Verwaltungsrats-Kommunikationsreglements. 349 Ein solches soll einerseits Grundsätze für die
Kommunikation des Verwaltungsrats gegen Innen und Aussen sowie auch des Unternehmens
an sich (ein eigentliches Kommunikations-Leitbild) enthalten. Andererseits sollten darin auch
genau definierte Zuständigkeiten für die einzelnen Bereiche der Kommunikation festgelegt
werden, denn gerade diesem Aspekt wird in der Praxis häufig nur ungenügend Rechnung getragen. Auch Merkblätter und Checklisten in einem solchen Reglement sind sinnvoll (bspw.
wie die Mitarbeiter sich bei Medienanfragen zu verhalten haben; Kommunikationskanäle und
Handlungsanweisungen für Krisenfälle 350 etc.). Damit werden die Wege und Zuständigkeiten
für die Kommunikation festgelegt und alle Kommunikationskanäle überwacht, situationsspezifische Kommunikationslösungen mit konkreten Handlungsanweisungen (und ggf. -optionen)
erarbeitet, Entscheidungsprozesse vorbereitet und strukturiert sowie insbesondere auch Risiken vermieden oder zumindest minimiert.351 Daraus resultiert ein echter Effizienzgewinn. Von
Vorteil ist auch, dass ein Reglement schriftlich abgefasst wird. Heute werden für die kommunikationsbezogenen Zuständigkeiten häufig mündliche Absprachen getroffen.352 Dies birgt
aber die Gefahr, dass insbesondere in Krisen und Konfliktfällen Unsicherheiten bestehen können.
Bei der Kommunikation nach Aussen kann der Verwaltungsrat in diversen Bereichen zur Optimierung der Kommunikation beitragen. Die theoretischen Feststellungen haben ergeben,
dass der Verwaltungsrat in folgenden Bereichen die Situation optimieren und so in kommunikativer Hinsicht einen echten Mehrwert für das Unternehmen schaffen kann:
˗ Das Bewusstsein für die Wissensbeschaffung von den Unternehmens-Partnern kann gestärkt und ggf. (re)aktiviert werden.
˗ Lobbying bietet sich für den Verwaltungsrat je nach Situation und personellen Voraussetzungen zur eigenen Wahrnehmung an.
˗ Medienkontakte können ggf. vermittelt und selbst wahrgenommen werden. Zumindest
muss aber für eine Wahrnehmung dieser Kontakte durch die operative Führung gesorgt
werden.
BÖCKLI, Aktienrecht, § 13, Rz. 331, Ziff. 4, 10 und 11.
Auch BÖCKLI (Aktienrecht, § 13, Rz. 331, Ziff. 11) verweist immerhin für das interne Kontrollsystem auf die Möglichkeit eines separaten Reglements.
Vgl. das Muster-Kommunikationsreglement im Anhang. Es handelt sich dabei um eine stark überarbeitete Version des
Reglements gemäss Materialienverzeichnis.
CARREL, 143: "In der Krise wird auch die Information oft zur Krise". Er empfiehlt deshalb für Krisenfälle Kommunikationskonzepte oder Strategien zur Krisenkommunikation, in denen Zuständigkeiten, Auskunftsrechte, Medienmonitoring
usw. geregelt werden. Auch dazu kann ein VR-Kommunikationskonzept dienen, denn zumindest sollten diese wesentlichen Punkte zur Krisenkommunikation festgelegt werden. Vgl. dazu das VR-Kommunikationsreglement im Anhang.
Vgl. dazu auch SCHMIDBAUER/KNÖDLER-BUNTE, 13.
Vgl. dazu das Interview mit Beatrice Tschanz im Anhang.
37
˗
˗
˗
353
354
355
Der Geschäftsbericht sollte übersichtlich und transparent dargestellt sein sowie mit grafischen Darstellungen und möglichst auch nichtfinanziellen Informationen ergänzt werden.
Bei der Kommunikation nach Innen können Feststellungen in den folgenden Bereichen gemacht werden:
˗ Für die Mitarbeiterkommunikation wird ein gut ausgebautes top-down-Informationssystem als kommunikatives Führungsinstrument benötigt. Dies führt dazu, dass die topdown-Kommunikationswege (zwangsläufig) besser ausgebaut sind als die bottom-upKommunikationswege. Dennoch darf der Mitarbeiter-Wissenspool nicht vernachlässigt
werden und sollte, wo sinnvoll, aktiviert werden.
˗ Die Regelung der Kommunikation zwischen Geschäftsleitung und Verwaltungsrat umfasst harte (Inhalt und zeitlicher Rahmen der periodischen Berichterstattung) wie auch
weiche Faktoren 353. Die Regelung der harten Faktoren in einem MIS-Konzept bietet sich
an. Damit wird Klarheit bezüglich der relevanten Daten (Grundsatz der Rechtzeitigkeit)
und des inhaltlichen Umfangs (Grundsatz der Vollständigkeit) der Information des Verwaltungsrats durch die Geschäftsleitung geschaffen. Bezüglich der weichen Faktoren
können lediglich Grundsätze und Beispiele vorgegeben werden, wann eine Information
weitergereicht werden muss. Umso wichtiger ist die persönliche Klärung der informationstechnischen Bedürfnisse zwischen Geschäftsleitung und Verwaltungsrat. Das trägt zur
Bildung einer Vertrauensbasis zwischen diesen beiden Gremien bei, welche nur durch eine transparente Kommunikationskultur erreicht werden kann. Die dafür zu beachtenden
Grundsätze sind jene der Objektivität, Vollständigkeit, Verständlichkeit und Rechtzeitigkeit.
˗ Auch verwaltungsratsintern ist das Hauptziel (nicht nur) in kommunikativer Hinsicht die
Schaffung einer Vertrauenskultur. Diese wird durch das Inhalts- 354 und Beziehungsziel 355
erreicht.
Grundsätzlich ist der Leiter Kommunikation für die Vorbereitung und Durchführung der
Massnahmen für die Kommunikation gegen Innen und Aussen verantwortlich. Punktuell übernehmen diese Funktion aber der CEO oder, je nach Unternehmenskultur, der Verwaltungsratspräsident.
Kommunikation von wichtigen Ereignissen im Einzelfall.
Transparente Information bestehend aus den Grundsätzen der Vollständigkeit, Objektivität, Verständlichkeit und Rechtzeitigkeit.
Zwischenmenschliche Faktoren.
38
3
Praktischer Teil
3.1
Untersuchungsziel
Im praktischen Teil werden die aus dem Theorieteil gewonnenen Erkenntnisse sowie weitere
Fragen zur Kommunikation mittels einer Umfrage bei Schweizer Aktiengesellschaften auf ihre Bedeutung in der Praxis geprüft. Zusätzlich werden Experten zu den Umfrageergebnissen sowie zu einigen
weiteren zentralen Gedanken dieser Arbeit befragt.
Thematisch geht es bei der Umfrage in einem ersten Teil darum, nach Vorschriften zur Kommunikation des Verwaltungsrats, die sich die Unternehmen selbst auferlegen (z.B. in ihren Statuten
und Organisationsreglementen), zu forschen. Sodann wird auf die Thematik des VerwaltungsratsKommunikationsreglements eingegangen. Ziel ist herauszufinden, wie verbreitet solche Reglemente
sind und welche Vor- und Nachteile sich Unternehmen von einem allfälligen Einsatz versprechen. 356
In einem dritten thematischen Teil werden verschiedene Aspekte der Aufmerksamkeit, welche die
Unternehmen generell und der Verwaltungsrat im Speziellen der Kommunikation schenken, erfragt.
Schliesslich wird im letzten Teil die Integration der rechtlichen Kommunikationsverpflichtungen in
die Corporate Communication untersucht.
Die Ergebnisse sollen dazu dienen, Schlüsse im Hinblick auf die Situation in der Praxis zu
ziehen und mögliche Verbesserungen vorzuschlagen. Hierzu werden auch die Erkenntnisse aus den
Interviews mit den Kommunikationsfachleuten benutzt.
3.2
Methode
3.2.1 Stichprobe
Die Zielgruppe (Grundgesamtheit) der Untersuchung sind Aktiengesellschaften in der
Schweiz. Bezüglich der Grösse der Unternehmen wurde eine möglichst grosse Streuung angestrebt.
Auf die Befragung von Mikrounternehmen wurde allerdings verzichtet. Kategorisiert werden können
die befragten Unternehmen einerseits als KMU sowie andererseits als Grossunternehmen gemäss den
Grössenklassen des Bundesamts für Statistik. 357 Danach haben KMU bis zu 249 Vollzeitäquivalente.
Grossunternehmen haben 250 und mehr Vollzeitäquivalente. Eine genauere Unterteilung der KMU in
kleine und mittlere Unternehmen 358 unterbleibt. Diese Unterscheidung lässt jeweils Vergleiche zu, ob
Unterschiede bei den Resultaten bei KMU und Grossunternehmen bestehen. Interessant dürfte insbesondere sein, ob die Resultate der einzelnen Kategorien (KMU oder Grossunternehmen) voneinander
stochastisch unabhängig sind, d.h. ob die Resultate sich aufgrund der Zugehörigkeit zur Kategorie
KMU oder Grossunternehmen voneinander unterscheiden. Dieser Frage wird jeweils nachgegangen.
Die Stichprobe der angefragten Unternehmen wurde aus zwei Pools gesammelt. Einerseits
wurde die Liste der Gönner des Forschungsinstituts für Arbeit und Arbeitsrecht der Universität
St. Gallen (FAA-HSG) benutzt, um die Umfrage an alle darin enthaltenen Unternehmen in der Rechtsform der Aktiengesellschaft zu senden (35 Anfragen, 14 Antworten). Ergänzend wurden 70 Kandida356
357
358
Die Frage nach dem Kommunikationsreglement wird angesichts der qualitativen Aspekte auch in den Experteninterviews
thematisiert, weshalb die Diskussion in einem späteren Abschnitt im Rahmen der Diskussion der Ergebnisse der Interviews erfolgt.
Vgl. http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/06/02/blank/key/01/groesse.html.
Mikrounternehmen wurden nicht befragt.
39
ten aus dem Verzeichnis der grössten Industrie-, Handels- und Dienstleistungsunternehmen nach
Branchen der Handelszeitung zufällig ausgewählt (random sample 359) und angeschrieben (70 Anfragen, 12 Antworten). 360 Somit besteht die gesamte Stichprobe aus zwei Klumpenstichproben 361, 362.
Insgesamt wurden 105 Unternehmen angeschrieben und es wurden 26 ausgefüllte Fragebogen zurückgesandt (n = 26). Das Verhältnis der zurückerhaltenen Fragebogen (8 von KMU; 18 von Grossunternehmen) entspricht nicht der Verteilung in der Realität, wo 99.4% der Unternehmen als KMU und nur
0.6% als Grossunternehmen gelten. 363 Somit besteht eine quotenmässige Überrepräsentation der
Grossunternehmen in der Untersuchung gegenüber der Realität. Aufgrund der Teilung in KMU und
Grossunternehmen ist jedoch ein relativer Vergleich der beiden Kategorien in methodisch korrekter
Weise möglich.
Die zurückgesandten Fragebogen wurden von Unternehmen diverser Branchen364 ausgefüllt.
Die Antworten aus der Kategorie KMU stammen aus folgenden Branchen: verarbeitendes Gewerbe,
Industrie (4); Energie- und Wasserversorgung (2); Handel, Reparatur von Automobilen und Gebrauchsgütern (1) sowie Kredit- und Versicherungsgewerbe (1). Bei den Grossunternehmen sind ausgefüllte Fragebogen aus folgenden Branchen zurückgesandt worden: verarbeitendes Gewerbe, Industrie (6); Energie- und Wasserversorgung (2); Handel, Reparatur von Automobilen und Gebrauchsgütern (1); Gastgewerbe (1); Verkehr und Nachrichtenübermittlung (1); Kredit- und Versicherungsgewerbe (5); Immobilienwesen, Vermietung, Informatik, Forschung und Entwicklung, Erbringung von
Dienstleistungen für Unternehmen (1) sowie Erbringung von sonstigen öffentlichen und persönlichen
Dienstleistungen (1).
Vorliegend wird mit zwei Klumenstichproben gearbeitet. Die Stichproben entsprechen in Bezug auf die Kategorien allerdings nicht der Verteilung in der Realität. Es wurden auch mehr Grossunternehmen als KMU angeschrieben, weshalb in der Stichprobe schon von daher eine deutliche Überrepräsentation der Grossunternehmen gegenüber der Realität besteht. Zudem war die Rücklaufquote
von den angeschriebenen Unternehmen in den einzelnen Kategorien unterschiedlich hoch. Die Klumpenauswahl war auch nicht zufällig, da nur eine beschränkte Anzahl möglicher Klumpen zur Verfügung stand. Die beiden Klumpen sind ihrerseits wiederum nicht repräsentativ zur Grundgesamtheit. Es
entstehen deshalb mehrere Verzerrungen, weshalb die Resultate nicht für die Zielpopulation repräsentativ sind. Somit entsteht eine nicht probabilistische Stichprobe.365
3.2.2 Messinstrumente
Die lancierte Umfrage besteht aus einem Fragebogen mit 9 Fragen zu vier Themenkreisen im
Rahmen der Corporate Communication. Einige Fragen waren mit "ja" oder "nein" zu beantworten
(dichotome Nominalskalierung 366) und teilweise bestand die Möglichkeit der offenen Fragenbeantwortung zur Erläuterung. Bei zwei Fragen konnte aus mehreren Antwortmöglichkeiten ausgewählt wer359
360
361
362
363
364
365
366
Vgl. BORTZ/DÖRING, 394 ff.
Diese Liste teilt bezüglich der Grössenkriterien jedoch primär nach Umsatz und nicht nach Vollzeitstellen ein. Deshalb
sind in dieser Liste auch diverse Unternehmen mit weniger als 249 Vollzeitstellen dabei. Z.B. verfügt eines der an der
Umfrage teilnehmenden Unternehmen aus dieser Liste über 13 Vollzeitstellen.
BORTZ/DÖRING, 394 ff., 481.
Die beiden Klumpen überschnitten sich teilweise (minimal). Nachdem bei der grösseren Stichprobe (Liste der Handelszeitung) die Kandidaten zufällig ausgewählt wurden, waren aber keine Überschneidungen mehr vorhanden.
http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/06/02/blank/key/01/groesse.html.
Die Brancheneinteilung wurde gemäss der allgemeinen Systematik der Wirtschaftszweige NOGA des Bundesamts für
Statistik vorgenommen.
Vgl. BORTZ/DÖRING, 402.
HIRSIG, 5.51 ff.
40
den, wobei bei einer dieser Fragen auch eine eigene Antwort gegeben werden konnte, bei der anderen
hingegen nicht. Der Fragebogen ist wortlautgetreu im Anhang abgedruckt.
3.2.3 Ablauf
Angeschrieben wurden 105 Unternehmen per E-Mail (87) und per Post (18). Die Unternehmen wurden im Begleitbrief darum geben, die Umfrage durch ein Geschäftsleitungs- oder Verwaltungsratsmitglied ausfüllen zu lassen. In den allermeisten Fällen wurde der Bitte entsprochen und die
Umfrage durch ein Geschäftsleitungsmitglied, den Generalsekretär oder den Company Secretary oder
Board Secretary ausgefüllt. Teilweise antworteten auch Mitglieder des Verwaltungsrats oder der Verwaltungsratspräsident selbst. Die Qualität der Antworten war demgemäss praktisch durchwegs hoch;
teilweise wurden Erläuterungen zu einer allfälligen speziellen Firmensituation hinzugefügt. Insgesamt
betrug die Rücklaufquote, nachdem jene Unternehmen, die nicht innert einer Frist von 2 Wochen geantwortet haben, mittels eines Erinnerungs-E-Mails erneut gebeten wurden, die Umfrage ausgefüllt
zurückzusenden, 24.76% (insgesamt 26 Fragebogen mit verwertbaren Antworten wurden zurückgesandt). 367 Wo dies möglich war, wurde der Begleitbrief zum Fragebogen persönlich abgefasst. Zumindest wurde – bei Fehlen einer direkten Ansprechperson – das Unternehmen individuell angesprochen.
In diesem Begleitbrief wurden die Personen nachdrücklich gebeten, an der Umfrage teilzunehmen und
den Fragebogen auszufüllen. Auch wurde auf die vertrauliche Behandlung der erhobenen Daten hingewiesen.
3.3
Untersuchungsgrenzen
Die Untersuchung ist auf Unternehmen in der Schweiz in der Rechtsform der Aktiengesellschaft beschränkt. Für die aus der Methode sich ergebenden Einschränkungen sei auf das vorhergehende Kapitel 3.2 (Beschreibung der Stichprobe, der Messinstrumente und des Untersuchungsablaufs)
verwiesen.
3.4
Resultate und Diskussion
3.4.1 Einleitung
Hier werden die einzelnen Fragen vorgestellt, deren Zweck skizziert und die Resultate diskutiert. 368 Bei den Antworten sind jeweils Angaben zur Gesamtzahl angegeben, da nicht immer alle Fragen beantwortet wurden. Die Reihenfolge der Fragendiskussion folgt den thematischen Gegebenheiten
und nicht der Nummerierung im Fragebogen. Die Auswertung beschränkt sich in diesem Teil auf die
quantitativen Untersuchungen. Qualitative Aspekte der erhaltenen Antworten werden im folgenden
Kapitel 3.5 mittels der an Kommunikationsexperten gerichteten Fragen untersucht.
 Geprüft werden mit den erhaltenen Angaben jeweils zwei Fragen:
1. Weichen die beobachteten von den erwarteten Werten für die jeweilige Kategorie signifikant
ab? 369
367
368
369
Ein solches Vorgehen empfehlen BORTZ/DÖRING, 256 ff.
Der ganze Fragebogen findet sich im Anhang.
Die ersten stellen die erhaltenen Antworten der Unternehmen dar, die letzteren stellen Werte dar, wie sie die Theorie
nahe legt.
41
 Zur Prüfung der Signifikanz der Abweichung wird der eindimensionale Chi-Quadrat-Test benutzt.
Dieser ermöglicht den Untersuch von Werten von einer Merkmalsdimension auf 2 Ausprägungsgrade hin. 370
 Wenn, was aufgrund des eher kleinen Stichprobenumfangs bei den erhaltenen Antworten von den
KMU teilweise zutrifft, mindestens ein Wert der erwarteten Häufigkeit fe unter 5 angesetzt werden
müsste, kann der eindimensionale Chi-Quadrat-Test nicht benutzt werden. 371 In solchen Fällen
wurden die Kategorien KMU und GU, sofern inhaltlich rechtfertigbar, zusammengelegt. 372 Dies
ist auch der Grund, weshalb bei den erwarteten Werten fe für die Berechnungen niemals der Wert
5 unterschritten wird, auch wenn ich eigentlich teilweise von einem stärker divergierenden Verhältnis ausgegangen wäre.
 Der Freiheitsgrad beträgt bei dieser Untersuchung 1 (df = 1). 373
 Die Berechnungen für diese Frage wurden mittels des Programms "Microsoft Office Excel 2007"
mittels der Funktion "Chitest" ausgeführt. Die berechneten Zahlen für die einzelnen Fragen finden
sich im Anhang. 374
2. Sind die Werte für die beiden Kategorien voneinander stochastisch unabhängig?
 Die Berechnungsmethode dafür ist der 4-Felder-Chi-Quadrat-Test. Er dient dazu, Untersuchungen mit 2 Merkmalsdimensionen auf 2 Ausprägungsgrade hin zu untersuchen. 375 Damit kann analysiert werden, ob die zwei untersuchten Merkmale (vorliegend das Merkmal "Unternehmensgrösse" (KMU oder GU) sowie das Merkmal "mit" bzw. "ohne" (Vorschriften, Weisungen etc.)) voneinander stochastisch unabhängig sind.
 Der Freiheitsgrad beträgt bei dieser Untersuchung 1 (df = 1). 376
 Die Berechnungen finden sich jeweils im Anhang.
 Bei beiden Fragen werden jeweils eine Arbeitshypothese (H0) und eine Alternativhypothese (H1) aufgestellt. Wenn die beobachteten Abweichungen statistisch signifikant sind, ist H0 zugunsten der Alternativhypothese H1 zu verwerfen. 377
3.4.2 Unternehmensinterne Vorschriften zur Kommunikation
a)
Existenz von Kommunikationsvorschriften
Die erste Frage war darauf gerichtet, ganz allgemein herauszufinden, ob und ggf. wo sich bei
den befragten Unternehmen Vorschriften zur Kommunikation des Verwaltungsrats finden. Die Frage
wurde in der Annahme, dass vor allem bei KMU eine schlechte Sensibilisierung bestehen und deshalb
kaum Vorschriften vorhanden sein dürften, gestellt (Annahme, dass 30% über keine Vorschriften verfügen). Bei den Grossunternehmen wurde davon ausgegangen, dass etwa bei gleich vielen Probanden
370
371
372
373
374
375
376
377
Vgl. HIRSIG, 5.51. Im Normalfall müssen bei diesem Test die Populationswerte bekannt sein. Vorliegend stehen diese
aber nicht zur Verfügung. Dennoch wende ich das Verfahren an, um überprüfen zu können, ob die aufgrund der Lehre zu
erwartenden Werte von der Praxis aufgenommen wurden. So werden anstelle bekannter Populationswerte die von der
Lehre nahe gelegten Werte genommen. Dies rechtfertigt m.E. die Anwendung des eindimensionalen Chi-Quadrat-Tests
auch ohne bekannte Populationswerte.
Die Chi-Quadrat-Werte würden sonst ohnehin signifikant.
Vgl. zum Vorgehen HIRSIG, 5.51 ff.
Vgl. HIRSIG, 5.53.
Der vom Programm gelieferte Wert bei Eingabe der Variablen fe und fb ist bereits der Signifikanzwert. Das Programm
überspringt den Schritt der Berechnung des Chi-Quadrat-Werts.
Vgl. HIRSIG, 5.70 ff.
Vgl. HIRSIG, 5.71.
Zum Vorgehen vgl. HIRSIG, 5.50 ff.
42
teilweise Vorschriften vorhanden sein dürften sowie nicht (Annahme, dass 50% über Vorschriften
verfügen).
˗
˗
˗
Es sind 26 verwertbare Antworten eingegangen.
Bei 3 von 8 KMU sowie bei 5 von 18 Grossunternehmen existieren überhaupt keine Vorschriften.
Bei 5 von 8 KMU sowie bei 13 von 18 Grossunternehmen existieren Vorschriften:
˗
˗
˗
˗
˗
Bei einem KMU sowie 2 Grossunternehmen sind Vorschriften zur Kommunikation des Verwaltungsrats in den Statuten zu finden.
Bei 5 KMU und bei 8 Grossunternehmen sind Vorschriften zur Kommunikation des Verwaltungsrats im Organisationsreglement zu finden.
1 KMU und 1 Grossunternehmen haben Merkblätter für die Kommunikation des Verwaltungsrats.
Weder bei den KMU noch bei den Grossunternehmen benutzt der Verwaltungsrat ein Kommunikationsreglement. Bei einem Grossunternehmen ist aber ein solches geplant.
In einem KMU sind Vorschriften in Beschlüssen und Protokollen zu finden. Bei 3 Grossunternehmen sind Vorschriften in der Group Media Policy oder dem Board of Directors Charter zu finden.
KMU
6
5
4
3
2
1
0
GU
15
10
erwartet
erwartet
5
beobachtet
beobachtet
0
mit
ohne
Vorschriften Vorschriften
mit
ohne
Vorschriften Vorschriften
Untersuchung 1:
 Die Arbeitshypothese H0 besagt, dass in der Kategorie Grossunternehmen in etwa gleich viele Unternehmen über Vorschriften verfügen wie nicht. Die Anzahl Probanden betrug 18. H0 bedeutet in diesem Fall,
dass jeweils 9 Unternehmen überhaupt über Vorschriften verfügen und 9 keinerlei Vorschriften haben. Die
Alternativhypothese H1 besagt, dass es nicht gleich viele Grossunternehmen sind, die über Vorschriften
verfügen wie solche, die nicht über Vorschriften verfügen.
 Der eindimensionale Chi-Quadrat-Test hat für die Grossunternehmen ergeben, dass die Wahrscheinlichkeit, dass die Abweichungen vom erwarteten Wert zufällig zustande gekommen sind, 5.93% beträgt. Dies
bedeutet, dass fast eine signifikante Abweichung der beobachteten Verteilung von der erwarteten vorliegt.
Mangels Unterschreitung der 5-%-Grenze der Wahrscheinlichkeit kann aber nicht von einer signifikanten
Abweichung gesprochen werden.
 Es kann deshalb zu 5.93% nicht ausgeschlossen werden, dass die Ergebnisse zufällig zustande gekommen
sind. Dieser Wert ist aber angesichts der kleinen Stichprobe schon relativ gut. Es kann also fast davon ausgegangen werden kann, dass die beobachtete Abweichung von der erwarteten Verteilung signifikant ist.
 Für die KMU ist kein eindimensionaler Chi-Quadrat-Test möglich, da der erwartete Wert für KMU ohne
Vorschriften 5 unterschreitet (3).
 Es kann somit nicht geklärt werden, ob die Abweichung vom erwarteten Wert bei den KMU signifikant ist.
43
Untersuchung 2:
 Die Arbeitshypothese H0 besagt, dass die Werte für die beiden Kategorien voneinander stochastisch unabhängig sind. Das heisst, dass davon ausgegangen werden kann, dass die Zugehörigkeit zur Kategorie KMU
oder GU nicht ausschlaggebend ist, ob ein Unternehmen über Vorschriften verfügt oder nicht. Die Alternativhypothese H1 besagt, dass die Werte für die beiden Kategorien zueinander in einem stochastischen Zusammenhang stehen. Das heisst, dass davon ausgegangen werden kann, dass die Zugehörigkeit zur Kategorie KMU oder GU ausschlaggebend ist, ob ein Unternehmen über Vorschriften verfügt oder nicht.
 Der 4-Felder-Chi-Quadrat-Test zur Untersuchung der stochastischen Unabhängigkeit hat in diesem Fall
ergeben, dass die beobachtete Abweichung von der Arbeitshypothese H0 keine Signifikanz aufweist. Somit
kann die Arbeitshypothese H0 nicht verworfen werden.
 Es muss vorliegend davon ausgegangen werden, dass die beobachteten Werte unabhängig von der Zugehörigkeit des Unternehmens zur Kategorie KMU oder Grossunternehmen zustande gekommen sind.
˗
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˗
˗
b)
Die Annahmen für die KMU (Annahme 30% haben Vorschriften, 70% haben keine Vorschriften) wurden somit deutlich übertroffen (Beobachtet: 62.5% haben Vorschriften; 37.5% haben
keine Vorschriften).
Auch bei den Grossunternehmen wurde die Annahme von 50% für Unternehmen mit Vorschriften deutlich übertroffen: Der beobachtete Wert für die Unternehmen mit Vorschriften
beträgt 72.22%; nur 27.78% verfügen über keine Vorschriften. Allerdings ist einschränkend
anzumerken, dass nur mit 94.07%-iger Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann, dass
diese Ergebnisse zufällig zustande gekommen sind. Die beobachteten Werte sind somit knapp
nicht signifikant.
Über beide Kategorien betrachtet verfügen 69.23% der Unternehmen über Vorschriften zur
Kommunikation des Verwaltungsrats; 30.76% verfügen über keinerlei diesbezügliche Vorschriften.
Es ist kein Zusammenhang zwischen der Zugehörigkeit des Unternehmens zu einer Kategorie
und der Tatsache, ob in einem Unternehmen Vorschriften existieren oder nicht, erstellt. Dies
ist einigermassen überraschend, denn es wurde davon ausgegangen, dass insbesondere bei den
KMU eine schlechte Sensibilisierung für das Thema "Kommunikation des Verwaltungsrats"
vorhanden sein dürfte.
Angenommen wurde weiter, dass bei den Grossunternehmen dem Thema ein etwas höheres
Gewicht beigemessen werden dürfte. Dies ist der Fall, und zwar sogar in einem höheren Ausmass als erwartet.
Die vielen Angaben zu anderen Dokumenten als den in der Umfrage vorgegebenen Alternativen (Statuten, Organisationsreglement, Merkblatt, VR-Kommunikationsreglement) lassen darauf schliessen, dass die Reglementierung der Kommunikation des Verwaltungsrats in den Unternehmen, die an der Untersuchung teilgenommen haben, durchaus einen hohen Stellenwert
geniesst.
Existenz von internen Weisungen zur Kommunikation nach Aussen
Die dritte Frage lautete: "Bestehen in Ihrem Unternehmen interne Weisungen für die Mitarbeiter zur Kommunikation gegen Aussen? (Z.B. Mitarbeiter-Merkblatt)". Ziel war dabei, danach zu forschen, ob bspw. klare Richtlinien für Medienanfragen, Checklisten für Spontananfragen oder diesbezügliche Handlungsanweisungen bestehen. Medienanfragen können an jeden Mitarbeiter gelangen.
Nicht jeder Mitarbeiter ist aber zur Auskunftserteilung qualifiziert und auch befugt. Ich bin davon
ausgegangen, dass sich die Unternehmen der Brisanz dieser Fragen bewusst sind und deshalb in relativ
vielen Unternehmen solche Merkblätter existieren (Annahme: 70% für KMU und GU).
44
-
Es sind 25 Antworten eingegangen. Ein Unternehmen hat die Frage nicht beantwortet.
Bei 3 von 8 KMU und 4 von 17 Grossunternehmen existieren keine Weisungen.
Bei 5 von 8 KMU und 13 von 17 Grossunternehmen existieren Weisungen.
KMU
6
5
4
3
2
1
0
GU
15
10
erwartet
beobachtet
mit
Weisungen
ohne
Weisungen
erwartet
5
beobachtet
0
mit
ohne
Weisungen Weisungen
Untersuchung 1:
 Die Arbeitshypothese H0 besagt, dass 70% der Grossunternehmen über Weisungen verfügen und 30%
nicht. Die Probandenzahl betrug 17. H0 bedeutet in diesem Fall, dass 12 Unternehmen über Weisungen
verfügen und 5 nicht. Die Alternativhypothese H1 besagt, dass nicht 12 Grossunternehmen über Weisungen
verfügen und 5 nicht.
 Der eindimensionale Chi-Quadrat-Test hat für die Grossunternehmen ergeben, dass die Wahrscheinlichkeit, dass die beobachteten Abweichungen vom erwarteten Wert zufällig zustande gekommen sind, 59.45%
beträgt. Damit liegt keine signifikante Abweichung von den erwarteten Werten fe vor. H0 ist deshalb nicht
zu verwerfen.
 Für die KMU ist kein eindimensionaler Chi-Quadrat-Test möglich, da die Anzahl der KMU ohne Vorschriften den Wert 5 unterschreitet (3).
 Es kann somit nicht geklärt werden, ob die beobachtete Abweichung vom erwarteten Wert bei den KMU
signifikant ist.
Untersuchung 2:
 Die Arbeitshypothese H0 besagt, dass die Werte für die beiden Kategorien voneinander stochastisch unabhängig sind. Das heisst, dass davon ausgegangen werden kann, dass die Zugehörigkeit zur Kategorie KMU
oder GU nicht ausschlaggebend ist, ob ein Unternehmen über interne Weisungen zur Kommunikation gegen Aussen verfügt oder nicht. Die Alternativhypothese H1 besagt, dass die Werte für die beiden Kategorien zueinander in einem stochastischen Zusammenhang stehen. Das heisst, dass davon ausgegangen werden kann, dass die Zugehörigkeit zur Kategorie KMU oder GU ausschlaggebend ist, ob ein Unternehmen
über interne Weisungen zur Kommunikation gegen Aussen verfügt oder nicht.
 Der 4-Felder-Chi-Quadrat-Test zur Untersuchung der stochastischen Unabhängigkeit hat in diesem Fall
ergeben, dass die Abweichung von der Arbeitshypothese H0 keine Signifikanz aufweist. Somit kann die Arbeitshypothese H0 nicht verworfen werden.
 Es ist vorliegend davon auszugehen, dass die beobachteten Werte unabhängig von der Zugehörigkeit zur
Kategorie KMU oder Grossunternehmen zustande gekommen sind.
˗
˗
Die Annahmen für die KMU (Annahme 70% haben Weisungen; 30% haben keine Weisungen)
wurden somit leicht unterschritten (Beobachtet: 62.50% haben Weisungen; 37.5% haben keine
Weisungen).
Bei den Grossunternehmen liegt der beobachtete Wert für Unternehmen mit Weisungen
(76.47%) nahe beim erwarteten Wert von 70%. Sowohl bei den KMU als auch bei den Gross45
˗
˗
˗
unternehmen bestehen häufig derartige Weisungen. Die Ausgangshypothese ist überdies angesichts der zu 59.45% zufälligen Abweichungen beizubehalten.
Über beide Kategorien betrachtet verfügen 72% der Unternehmen über Weisungen; 28% setzen keine Weisungen ein. Die getroffene Hypothese, dass bei 70% der Unternehmen interne
Weisungen zur Kommunikation nach Aussen vorhanden sind, wurde in etwa bestätigt.
Es ist kein Zusammenhang zwischen der Zugehörigkeit zu einer Kategorie und der Tatsache,
dass das Unternehmen über Weisungen verfügt, erstellt. Dieses Ergebnis widerspricht der
Ausgangshypothese nicht.
Offenbar sind sich die Unternehmen, die am Test teilgenommen haben, mehrheitlich der Vorteile des in der Literatur propagierten "Mit einer Stimme Sprechens" bewusst. Da die Corporate Identity von zentraler Bedeutung für die Wahrnehmung des Unternehmens in der Öffentlichkeit ist, sollten die Unternehmen, die keine diesbezüglichen Weisungen besitzen, dies
überdenken und bei Bedarf handeln.
3.4.3 Unternehmensinterne Bedeutung der Kommunikation
Mittels der folgenden Fragen werden verschiedene Aspekte angesprochen, die Aussagen über
den Bereich der Bedeutung, die der Kommunikation im Unternehmen – in erster Linie durch den
Verwaltungsrat – beigemessen wird.
a)
Kommunikation in Verwaltungsrat und Geschäftsleitung
Die vierte Frage war darauf ausgerichtet, in Erfahrung zu bringen, ob die Unternehmen im
Verwaltungsrat das Thema Kommunikation traktandieren. Zudem wurde nach dem Einsatz von überlappenden Kommunikationsgruppen 378 gefragt. Daraus sollen Rückschlüsse darauf gezogen werden,
inwieweit die Kommunikationsstrategie vom Verwaltungsrat das Unternehmen über die verschiedenen
Hierarchiestufen durchdringt. Es wird bei der Untersuchung davon ausgegangen, dass 72% der Unternehmen (KMU und Grossunternehmen) Geschäftsleitungs-Kommunikationssitzungen abhalten, 28%
hingegen nicht. Für die Geschäftsleitungs-Bereichs-Kommunikationssitzungen wird angenommen,
dass nur 28% der Unternehmen (KMU und Grossunternehmen) solche kennen und 72% nicht, da diese
in der Literatur nur selten vorgeschlagen werden. Bei der Frage nach der Traktandierung des Themas
"Kommunikation im Verwaltungsrat" wurde bei den Annahmen differenziert: 50% der Grossunternehmen würden das Thema traktandieren; bei den KMU wurde der Prozentsatz derjenigen, die das
Thema traktandieren, auf 25% geschätzt.
˗
˗
˗
˗
378
26 Antworten sind eingegangen.
Bei 2 von 8 KMU und bei 10 von 18 Grossunternehmen werden GL-Kommunikationssitzungen abgehalten.
2 von 8 KMU und 6 von 18 Grossunternehmen halten GL-Bereichs-Kommunikationssitzungen ab.
In 3 von 8 KMU und 8 von 18 Grossunternehmen wird das Thema Kommunikation im Verwaltungsrat periodisch / bei Bedarf traktandiert.
Vgl. Kapitel 2.3.4.
46
KMU
7
6
5
4
3
2
1
0
GU
erwartet
beobachtet
14
12
10
8
6
4
2
0
KMU
7
6
5
4
3
2
1
0
erwartet
beobachtet
GU
erwartet
14
12
10
8
6
4
2
0
erwartet
beobachtet
beobachtet
KMU
7
6
5
4
3
2
1
0
GU
erwartet
beobachtet
12
10
8
6
4
2
0
erwartet
beobachtet
47
Untersuchung 1:
 Bei der Frage 4a besagt die Arbeitshypothese H0, dass 72% der Grossunternehmen GeschäftsleitungsKommunikationssitzungen durchführen und 28% nicht. Die Probandenzahl betrug 18. H0 bedeutet in diesem Fall, dass 13 Unternehmen Geschäftsleitungs-Kommunikationssitzungen durchführen und 5 nicht. Die
Alternativhypothese H1 besagt, dass nicht 13 Grossunternehmen Geschäftsleitungs-Kommunikationssitzungen durchführen und 5 nicht.
 Der eindimensionale Chi-Quadrat-Test hat für die Grossunternehmen ergeben, dass die Wahrscheinlichkeit, dass die beobachteten Abweichungen vom erwarteten Wert zufällig zustande gekommen sind, 11.44%
beträgt. Damit liegt keine signifikante Abweichung von den erwarteten Werten fe vor. H0 ist deshalb nicht
zu verwerfen.
 Für die KMU ist kein eindimensionaler Chi-Quadrat-Test möglich, da der erwartete Wert für KMU ohne
Vorschriften 5 unterschreitet (2).
 Es kann somit nicht geklärt werden, ob die beobachtete Abweichung vom erwarteten Wert bei den KMU
signifikant ist.
 Bei der Frage 4b besagt die Arbeitshypothese H0, dass 72% der Grossunternehmen keine Geschäftsleitungs-Bereichs-Kommunikationssitzungen kennen und 28% solche kennen. Die Probandenzahl betrug 18.
H0 bedeutet in diesem Fall, dass 13 Grossunternehmen keine solchen Sitzungen kennen und 5 solche Sitzungen kennen. Die Alternativhypothese H1 besagt, dass nicht 13 Grossunternehmen keine Geschäftsleitungs-Bereichs-Kommunikationssitzungen kennen und 5 solche kennen.
 Der eindimensionale Chi-Quadrat-Test hat für die Grossunternehmen ergeben, dass die Wahrscheinlichkeit, dass die beobachteten Abweichungen vom erwarteten Wert zufällig zustande gekommen sind, 60% beträgt. Damit liegt keine signifikante Abweichung von den erwarteten Werten vor. H0 ist deshalb nicht zu
verwerfen.
 Für die KMU ist kein eindimensionaler Chi-Quadrat-Test möglich, da der erwartete Wert für KMU ohne
Vorschriften 5 unterschreitet (2).
 Es kann somit nicht geklärt werden, ob die beobachtete Abweichung vom erwarteten Wert bei den KMU
signifikant ist.
 Bei der Frage 4c besagt die Arbeitshypothese H0, dass 50% der Grossunternehmen das Thema Kommunikation im Verwaltungsrat traktandieren und 50% dies nicht tun. Die Probandenzahl betrug 18. H0 bedeutet
in diesem Fall, dass in 9 Unternehmen das Thema im Verwaltungsrat traktandiert wird und in 9 nicht. Die
Alternativhypothese H1 besagt, dass nicht in 9 Unternehmen das Thema im Verwaltungsrat traktandiert
wird und in 9 nicht.
 Der eindimensionale Chi-Quadrat-Test hat für die Grossunternehmen ergeben, dass die Wahrscheinlichkeit, dass die Abweichungen vom erwarteten Wert zufällig zustande gekommen sind, 64% beträgt. Damit
liegt keine signifikante Abweichung von den erwarteten Werten fe vor. H0 ist deshalb nicht zu verwerfen.
 Für die KMU ist kein eindimensionaler Chi-Quadrat-Test möglich, da der erwartete Wert für KMU ohne
Vorschriften 5 unterschreitet (3).
 Es kann somit nicht geklärt werden, ob die beobachtete Abweichung vom erwarteten Wert bei den KMU
signifikant ist.
Untersuchung 2:
 Fragen 4a, 4b und 4c: Die Arbeitshypothese H0 besagt bei allen 3 Fragen, dass die Werte für die beiden
Kategorien voneinander stochastisch unabhängig sind. Das heisst, dass davon ausgegangen wird, dass die
Zugehörigkeit zur Kategorie KMU oder GU nicht ausschlaggebend ist, ob ein Unternehmen über die entsprechenden Sitzungen verfügt bzw. das Thema im Verwaltungsrat traktandiert oder nicht. Die Alternativhypothese H1 besagt bei allen 3 Fragen, dass die Werte für die beiden Kategorien in einem stochastischen
48
Zusammenhang zueinander stehen. Das heisst, dass davon ausgegangen werden kann, dass die Zugehörigkeit zur Kategorie KMU oder GU ausschlaggebend ist, ob ein Unternehmen über Vorschriften verfügt oder
nicht.
 Der 4-Felder-Chi-Quadrat-Test zur Untersuchung der stochastischen Unabhängigkeit hat bei allen drei
Antworten ergeben, dass die Abweichungen von der Arbeitshypothese H0 keine Signifikanz aufweisen. Somit kann die Arbeitshypothese H0 bei allen 3 Fragen nicht verworfen werden.
 Es ist vorliegend bei allen 3 Fragen davon auszugehen, dass die beobachteten Werte unabhängig von der
Zugehörigkeit zur Kategorie KMU oder Grossunternehmen zustande gekommen sind.
˗
˗
˗
˗
˗
˗
˗
˗
˗
379
380
Bei den KMU führen 25% der befragten Unternehmen GeschäftsleitungsKommunikationssitzungen durch; 75% verzichten darauf. Dies ist das diametrale Gegenteil
der Annahme.
Bei den Grossunternehmen beträgt der Prozentsatz der Unternehmen, die GeschäftsleitungsKommunikationssitzungen kennen, 55.56%. 44.44% führen keine solchen Sitzungen durch.
Die Annahme wird hier leicht untertroffen. Da die Abweichungen zu 11.44% zufällig sind, ist
die Ausgangshypothese beizubehalten.
Bei den befragten Grossunternehmen ist die Quote der Unternehmen, die GeschäftsleitungsKommunikationssitzungen durchführen, ungleich höher als bei den KMU. Allerdings muss
gemäss Berechnung dennoch von einer stochastischen Unabhängigkeit der Kategorien ausgegangen werden.
Gesamthaft betrachtet halten 46.15% der befragten Unternehmen GeschäftsleitungsKommunikationssitzungen ab, 53.85% halten keine solchen ab.
Insgesamt wird also dem Thema Kommunikation zwischen Verwaltungsrat und Geschäftsleitung keine allzu grosse Bedeutung beigemessen. Offenbar – und dies bestätigen auch die Experteninterviews379 – besteht hier eine schlechte Sensibilisierung für das Thema. Insbesondere
während eines befriedigenden Geschäftsgangs sehe man kaum Anlass, die Kommunikation zu
traktandieren. Dies ändert sich aber allenfalls sehr rasch, wenn die Ergebnisse nicht mehr befriedigen.
25% der befragten KMU halten Geschäftsleitungs-Bereichs-Kommunikationssitzungen ab,
75% halten keine solchen ab. Dies entspricht genau den Erwartungen.
33.33% der Grossunternehmen führen Geschäftsleitungs-Bereichs-Kommunikationssitzungen
durch, 66.67% kennen solche Sitzungen nicht. Dies weicht vom erwarteten Wert (25% bzw.
75%) leicht ab. Die Ausgangshypothese ist hier überdies beizubehalten, denn die Abweichungen sind zu 60% zufällig zustande gekommen.
Über beide Kategorien betrachtet halten 69.23% der Unternehmen keine solchen Sitzungen ab;
30.77% setzen solche Sitzungen ein.
Offenbar sind solche Sitzungen nicht allzu bekannt, weder bei KMU noch bei Grossunternehmen. Das Thema Durchlässigkeit der Kommunikation und der Kommunikationsstrategie
scheint (noch) nicht in der Praxis angekommen zu sein. Dafür sprechen, dass das Thema
Kommunikation schon in den Geschäftsleitungen nur selten ständiges Traktandum ist 380 und
auch das seltene Vorkommen von Geschäftsleitungs-Bereichs-Kommunikationssitzungen in
der Literatur. Solche Sitzungen böten den Vorteil, dass eine Durchlässigkeit der Kommunika-
Vgl. die Interviews mit Beatrice Tschanz und Christian Bretscher im Anhang.
Vgl. das Interview mit Christian Bretscher.
49
tionsstrategie top-down sichergestellt und insbesondere auch bottom-up Rückmeldungen ermöglicht würden.
˗
˗
˗
˗
˗
b)
Im Verwaltungsrat wird bei 44.44% der Grossunternehmen das Thema Kommunikation periodisch traktandiert. 55.56% der Grossunternehmen traktandieren das Thema Kommunikation
im Verwaltungsrat offenbar nicht. Dies entspricht in etwa der erwarteten Prozentzahl (je 50%).
Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die Abweichung zu 64% zufällig zustande gekommen ist,
weshalb die Ausgangshypothese beizubehalten ist.
Bei den KMU traktandieren 37.5% das Thema Kommunikation im Verwaltungsrat, 62.5% jedoch nicht. Dies übertrifft bezüglich der das Thema traktandierenden Unternehmen die Erwartungen leicht (25% mit bzw. 75% ohne Traktandierung).
Gesamthaft wird das Thema Kommunikation im Verwaltungsrat bei 42.31% der befragten Unternehmen traktandiert, bei 57.69% nicht.
Auch im Verwaltungsrat scheint die Sensibilisierung für die Wahrnehmung der Kommunikationsaufgabe häufig schlecht zu sein. 381 Hier besteht Nachholbedarf: Nur wenn das Thema regelmässig traktandiert wird, kann die Kommunikationsstrategie ernsthaft wahrgenommen
werden und insbesondere auch deren Erfolg evaluiert werden.
Es ist bei allen drei Fragen kein Zusammenhang zwischen der Zugehörigkeit zu einer Kategorie (KMU oder Grossunternehmen) und den gegebenen Antworten erstellt.
Verbesserung der verwaltungsratsinternen Kommunikation
Die achte Frage ist auf das allfällige Bedürfnis des Verwaltungsrats, seine interne Kommunikation zu verbessern und diesbezüglich angewandte Massnahmen gerichtet. Es wurde davon ausgegangen, dass insbesondere bei KMU dem Thema Kommunikation des Verwaltungsrats und deren Verbesserung kaum Bedeutung beigemessen würde (Annahme: 25%). Bei den Grossunternehmen wurde
die Sensibilisierung für das Thema auf 50% geschätzt.
˗
˗
˗
381
Es sind 24 Antworten eingegangen. 2 Unternehmen haben die Frage nicht beantwortet.
Bei 6 von 8 KMU und bei 14 von 16 Grossunternehmen besteht kein Bedürfnis, die VRinterne Kommunikation zu verbessern.
Bei 2 von 8 KMU und bei 2 von 16 Grossunternehmen besteht das Bedürfnis, die VR-interne
Kommunikation zu verbessern und es wurden dazu Massnahmen eingeleitet.
Angesichts der Resultate (zwar mit geringer Aussagekraft), aber auch der Interviews mit Manfred Messmer und Christian
Bretscher.
50
KMU
GU
15
7
6
5
4
3
2
1
0
10
erwartet
beobachtet
Verbesserung
5
0
erwartet
beobachtet
keine
Verbesserung
Untersuchung 1:
 Die Arbeitshypothese H0 besagt, dass bei den Grossunternehmen 50% der Verwaltungsräte ihre interne
Kommunikation verbessern wollen und 50% nicht. Die Probandenzahl betrug 16. H0 bedeutet in diesem
Fall, dass 8 Unternehmen die verwaltungsratsinterne Kommunikation verbessern wollen und 8 nicht. Die
Alternativhypothese H1 besagt, dass nicht 8 Verwaltungsräte bei den befragten Grossunternehmen ihre interne Kommunikation verbessern wollen und 8 nicht.
 Der eindimensionale Chi-Quadrat-Test hat für die Grossunternehmen einen hoch signifikanten Wert
(p<0.1%) für die Abweichungen von H0 ergeben.
 Die Wahrscheinlichkeit, dass die beobachteten Abweichungen vom erwarteten Wert zufällig zustande gekommen sind, ist somit äusserst gering.
 Für die KMU ist kein eindimensionaler Chi-Quadrat-Test möglich, da der erwartete Wert für KMU ohne
Vorschriften den Wert 5 unterschreitet (2).
 Es kann somit nicht geklärt werden, ob die beobachtete Abweichung vom erwarteten Wert bei den KMU
signifikant ist.
Untersuchung 2:
 Die Arbeitshypothese H0 besagt, dass die Werte für die beiden Kategorien voneinander stochastisch unabhängig sind. Das heisst, dass davon ausgegangen wird, dass die Zugehörigkeit zur Kategorie KMU oder
GU nicht ausschlaggebend ist, ob der Verwaltungsrat seine interne Kommunikation verbessern will oder
nicht. Die Alternativhypothese H1 besagt, dass die Werte für die beiden Kategorien zueinander in einem
stochastischen Zusammenhang stehen. Das heisst, dass davon ausgegangen werden kann, dass die Zugehörigkeit zur Kategorie KMU oder GU ausschlaggebend ist, ob der Verwaltungsrat seine interne Kommunikation verbessern will oder nicht.
 Der 4-Felder-Chi-Quadrat-Test zur Untersuchung der stochastischen Unabhängigkeit hat in diesem Fall
ergeben, dass die Abweichung von der Arbeitshypothese H0 keine Signifikanz aufweist. Somit kann die Arbeitshypothese H0 nicht verworfen werden.
 Es ist vorliegend davon auszugehen, dass die beobachteten Werte unabhängig von der Zugehörigkeit zur
Kategorie KMU oder Grossunternehmen zustande gekommen sind.
˗
˗
Die Annahmen für die KMU (Annahme: 25% wollen VR-interne Kommunikation verbessern)
wurden somit bestätigt. (Beobachtet: 75% wollen nicht verbessern; 25% wollen verbessern).
Bei den Grossunternehmen lag die Annahme von 50% für Unternehmen mit Verbesserungswunsch sehr deutlich neben den beobachteten Werten (11.11% wollen Verbesserung; 88.89%
wollen keine Verbesserung). Aufgrund der hohen Signifikanz der beobachteten Abweichung
von den erwarteten Werten ist davon auszugehen, dass der Zufall als Grund für die Abweichungen von den erwarteten Werten weitestgehend ausgeschlossen werden kann.
51
˗
˗
˗
˗
˗
˗
c)
Über beide Kategorien betrachtet beträgt die Quote der Unternehmen, die ihre VR-interne
Kommunikation verbessern wollen, 16.67%. 83.33% wünschen keine Verbesserung.
Es ist überdies kein Zusammenhang zwischen der Zugehörigkeit zu einer Unternehmenskategorie und der Tatsache, dass der Verwaltungsrat seine interne Kommunikation verbessern
will, erwiesen.
Die Resultate lassen m.E. drei Schlüsse zu: Eine mögliche Erklärung für die empirisch beobachteten Daten ist, dass über 80% der befragten Unternehmen über eine äusserst gut entwickelte interne Kommunikation im Verwaltungsrat verfügen. Eine weitere Erklärung ist, dass
sich die Unternehmen der Notwendigkeit, die interne Kommunikation im Verwaltungsrat zu
verbessern, nicht bewusst sind. Die dritte Erklärung ist, dass die Frage aufgrund sozialer Erwünschtheit 382 vermehrt nicht ehrlich beantwortet wurde. Dass die Frage falsch verstanden
wurde, erscheint angesichts ihrer einfachen Formulierung als unwahrscheinlich. Zudem ist
aufgrund meiner eigenen Erfahrungen bei den Kontakten mit den Unternehmen auch nicht
damit zu rechnen, dass vermehrt nicht sachkundige Personen die Antworten gegeben hätten.
Ein abschliessendes Urteil lässt sich nicht bilden. Dennoch legen die Ergebnisse zusammen
mit den Erkenntnissen aus den Interviews 383 den Schluss nahe, dass die verwaltungsratsinterne
Kommunikation offenbar meistens (zumindest ausserhalb von Krisenzeiten) gut funktioniert.
Als Gründe dafür können eine zunehmende Professionalisierung insbesondere bei den Aufgaben des Verwaltungsratspräsidenten, aber auch die Existenz kleiner, persönlich überschaubarer Verwaltungsratsgremien angesehen werden. In solchen können infolge einer hohen Entscheidungseffizienz die meisten Probleme gleich direkt gelöst werden.
Das bedeutet aber nun nicht, dass damit das Thema ad acta gelegt werden darf. Vielmehr bedarf es einer Sicherstellung der Beibehaltung dieser guten Praxis, z.B. im Sinne einer Selbstund Fremdevaluation.
Abschliessend ist noch anzumerken, dass die erwarteten Werte zahlenmässig bestätigt wurden.
Für die Werte wurde aber von einem falschen Grund ausgegangen.
Ermittlung des Unternehmensimages bei den Stakeholdern
Die fünfte Frage war auf die Ermittlung des Unternehmensimages bei den Stakeholdern ausgerichtet. Konkret wurden Wege, wie die Unternehmen ihr Image bei den Stakeholdern in Erfahrung
bringen, erfragt. Diesem Thema wird in der Literatur sehr hohes Gewicht beigemessen und Stakeholderanalysen werden nachdrücklich empfohlen. Dementsprechend wurde davon ausgegangen, dass die
Sensibilisierung dafür sowohl bei Grossunternehmen als auch bei KMU hoch ist. (Annahme: 75%
ermitteln ihr Image).
˗
˗
˗
˗
˗
382
383
Es sind 25 Antworten eingegangen. 1 Unternehmen hat die Frage nicht beantwortet.
4 von 8 KMU und 2 von 17 Grossunternehmen ermitteln ihr Image bei den Stakeholdern
nicht.
3 von 8 KMU und 15 von 17 Grossunternehmen ermitteln ihr Image mittels Umfragen bei
(möglicherweise) relevanten Stakeholdern.
Insgesamt ermitteln von den 25 befragten Unternehmen 6 Unternehmen ihr Image nicht, 19
ermitteln es.
1 von 8 KMU und 4 von 18 Grossunternehmen setzen (auch) andere Mittel ein: 1 Grossunternehmen erhebt Kundenfeedbacks, 1 Grossunternehmen führt persönliche Gespräche mit Kun-
Vgl. dazu BORTZ/DÖRING, 232 ff.
Vgl. die Interviews mit Beatrice Tschanz und Christian Bretscher.
52
den, 2 erstellen Medienspiegel, in einem KMU werden Dorf- sowie Kundenfeedbacks erhoben.
KMU und GU
20
15
10
erwartet
5
beobachtet
0
Ermittlung des Images
keine Ermittlung des
Images
Untersuchung 1:
 Die Arbeitshypothese H0 besagt, dass 75% der Unternehmen ihr Image ermitteln und 25% nicht. Um auch
die KMU in die Signifikanzuntersuchung mit einbeziehen zu können, wurden die beiden Kategorien Grossunternehmen und KMU für diesen Test zusammengelegt. M.E. sind keine Gründe ersichtlich, weshalb bei
den beiden Kategorien KMU und GU die erwarteten Werte unterschiedlich sein sollten, was dieses Vorgehen rechtfertigt. 384 Die Probandenzahl betrug 25. H0 bedeutet in diesem Fall, dass 18.75 Unternehmen ihr
Image ermitteln und 6.25 dies nicht tun. Die Alternativhypothese H1 besagt, dass nicht 18.75 Grossunternehmen ihr Image bei den Stakeholdern ermitteln und 6.25 nicht.
 Der eindimensionale Chi-Quadrat-Test hat ergeben, dass keine signifikanten Abweichungen von den erwarteten Werten vorliegen. Die Abweichungen von H0 sind mit 90%iger Wahrscheinlichkeit zufällig zustande gekommen. H0 ist deshalb nicht zu verwerfen.
Untersuchung 2:
 Die Arbeitshypothese H0 besagt, dass die Werte für die beiden Kategorien voneinander stochastisch unabhängig sind. Das heisst, dass davon ausgegangen wird, dass die Zugehörigkeit zur Kategorie KMU oder
GU nicht ausschlaggebend ist, ob ein Unternehmen sein Image bei den Stakeholdern ermittelt oder nicht.
 Die Alternativhypothese H1 besagt, dass die Werte für die beiden Kategorien zueinander in einem stochastischen Zusammenhang stehen. Das heisst, dass davon ausgegangen werden kann, dass die Zugehörigkeit zur Kategorie KMU oder GU ausschlaggebend ist, ob ein Unternehmen sein Image bei den Stakeholdern ermittelt oder nicht.
 Der 4-Felder-Chi-Quadrat-Test zur Untersuchung der stochastischen Unabhängigkeit hat in diesem Fall
ergeben, dass die Abweichung von der Arbeitshypothese H0 sehr signifikant ist. Somit muss die Arbeitshypothese H0 zugunsten von H1 verworfen werden.
 Es ist vorliegend davon auszugehen, dass die Werte abhängig von der Zugehörigkeit zur Kategorie KMU
oder Grossunternehmen zustande gekommen sind.
˗
˗
384
Insgesamt ermitteln 76% der Unternehmen ihr Image bei den Stakeholdern und 24% ermitteln
ihr Image nicht. Dieses Ergebnis entspricht sehr genau der erwarteten Verteilung. Die Abweichungen sind überdies zu 90% zufällig zustande gekommen, sodass die Ausgangshypothese
beizubehalten ist.
Es ist ein Zusammenhang zwischen der Zugehörigkeit zu einer Kategorie und der Frage, ob
Unternehmen ihr Image bei den Stakeholdern ermitteln, erstellt.
Zu diesem Vorgehen vgl. HIRSIG, 5.53.
53
˗
˗
˗
d)
Die getroffene Hypothese, dass ¾ der Unternehmen ihr Image bei den Stakeholdern ermitteln,
wurde empirisch bestätigt. Dabei existieren Unterschiede zwischen der Zugehörigkeit zur Kategorie KMU und Grossunternehmen. Die Grossunternehmen ermitteln ihr Image deutlich
häufiger. Dieser Unterschied ist auf die Zugehörigkeit zu einer Kategorie zurückzuführen.
Die Annahme, dass sowohl KMU als auch Grossunternehmen häufig ihr Image bei den Stakeholdern ermitteln dürften, was in Literatur und Lehre mit Nachdruck empfohlen wird, trifft in
dieser Stichprobe zumindest auf die Grossunternehmen zu.
Diese Erfahrungen machen auch die befragten Experten. Probleme können sich allerdings bei
der Nutzung dieser Image-Ermittlung ergeben. Viele Unternehmen tendieren dazu, zwar ihr
Image zu ermitteln, die erhaltenen Werte dann aber nicht zu nutzen.385 Hier kann der Verwaltungsrat Gegensteuer geben, denn wie gesehen lassen sich aus dem Wissen der Stakeholder für
ein Unternehmen wertvolle Hinweise ziehen.386
Bottom-up-Kommunikationswege in den Unternehmen
In der neunten Frage wird nach institutionalisierten Wegen für die bottom-up-Kommunikation
gefragt. Solche dürften, wenn sie effektiv genutzt werden, einen guten Indikator für die fortgeschrittene Ausgestaltung der Mitarbeiter-Kommunikation in den Unternehmen darstellen, sind doch nach
bisherigen Erkenntnissen die top-down-Wege häufig deutlich besser ausgebaut. 387 Bottom-up-Wege
werden nämlich meist erst nach den top-down-Wegen etabliert. Davon ausgehend, dass die Erkenntnisse aus der Literatur auch auf die Stichprobe zutreffen dürften, wird davon ausgegangen, dass nur
bei 25% der Unternehmen (KMU und GU) solche institutionalisierten Wege bestehen.
-
Es sind 25 Antworten eingegangen. 1 Unternehmen hat die Frage nicht beantwortet.
3 von 8 KMU und 3 von 17 Grossunternehmen verfügen über keine institutionalisierten bottom-up-Kommunikationswege.
5 von 8 KMU und 14 von 17 Grossunternehmen verfügen über institutionalisierte bottom-upKommunikationswege im Unternehmen. Diese sind wie folgt ausgestaltet:
 KMU: Intranet-Feedback; CEO-Chat; Mails an GL/CEO; spezielle Events; Möglichkeit, Verbesserungsvorschläge anzubringen.
 Grossunternehmen: Whistleblowing-Vorschriften (IV); Townhall-Meetings (III); Verbesserungsvorschlagskonzept; MA-Beurteilungs- und Förderungsgespräch (II); CEO/GL-E-Mail (IV);
Feedbackmöglichkeit bei MA-Schulungen; Informationsveranstaltungen der GL sowie der operativen Einheiten; MA-Umfragen (II); Frühstück mit CEO/GL; Get together with CEO-Veranstaltungen; Arbeitnehmervertretung trifft monatlich Leiter HR und mehrmals jährlich GL; MA-Vertretung / Betriebskommission (III); Speak-up-Kultur / bewusst offene Kommunikationskultur (III);
MA-Befragungen; Internet-Blogs; Reporting-Corner-Hotline; Intranet-Feedbackmöglichkeit (II);
spezielle MA-Veranstaltungen.
385
386
387
Vgl. das Interview mit Beatrice Tschanz.
Vgl. Kapitel 2.3.4.
Vgl. MAST, 257; EINWILLER, KLÖFER und NIES, Kommunikationsmanagement, 239.
54
KMU und GU
20
15
10
erwartet
beobachtet
5
0
Mit bottom-up-Kanälen
Ohne bottom-up-Kanäle
Untersuchung 1:
 Die Arbeitshypothese H0 besagt, dass 25% der Unternehmen über institutionalisierte Wege zur bottom-upKommunikation verfügen und 75% nicht. Um auch die KMU in die Signifikanzuntersuchung mit einbeziehen zu können, wurden die beiden Kategorien Grossunternehmen und KMU für diesen Test zusammengelegt. In diesem Fall bestand m.E. kein Grund dazu, die erwarteten Werte pro Kategorie unterschiedlich
festzulegen, was dieses Vorgehen auch im Hinblick auf ein aussagekräftigeres Resultat rechtfertigt. 388 Die
Probandenzahl betrug 25. H0 bedeutet in diesem Fall, dass 6.25 Unternehmen über institutionalisierte bottom-up-Kommunikationswege verfügen und 18.75 nicht. Die Alternativhypothese H1 besagt, dass nicht
6.25 Grossunternehmen über institutionalisierte bottom-up-Kommunikationswege verfügen und 18.75
nicht.
 Der eindimensionale Chi-Quadrat-Test hat ergeben, dass eine hoch signifikante Abweichung (p<0.1%) von
den erwarteten Werten vorliegt. H0 ist deshalb zugunsten von H1 zu verwerfen.
Untersuchung 2:
 Die Arbeitshypothese H0 besagt, dass die Werte für die beiden Kategorien voneinander unabhängig sind.
Das heisst, dass davon ausgegangen wird, dass die Zugehörigkeit zur Kategorie KMU oder GU nicht ausschlaggebend ist, ob ein Unternehmen über institutionalisierte bottom-up-Kommunikationswege verfügt
oder nicht. Die Alternativhypothese H1 besagt, dass die Werte für die beiden Kategorien zueinander in einem stochastischen Zusammenhang stehen. Das heisst, dass davon ausgegangen werden kann, dass die Zugehörigkeit zur Kategorie KMU oder GU ausschlaggebend ist, ob ein Unternehmen über institutionalisierte bottom-up-Kommunikationswege verfügt oder nicht.
 Der 4-Felder-Chi-Quadrat-Test zur Untersuchung der stochastischen Unabhängigkeit hat in diesem Fall
ergeben, dass die Abweichung von der Arbeitshypothese H0 nicht signifikant ist. Somit muss die Arbeitshypothese H0 beibehalten werden.
 Es muss vorliegend davon ausgegangen werden, dass die Werte unabhängig von der Zugehörigkeit zur
Kategorie KMU oder Grossunternehmen zustande gekommen sind.
˗
˗
388
Die Annahmen für die Unternehmen (Annahme: 25% verfügen über institutionalisierte bottom-up-Wege) weichen sehr stark von den empirisch beobachteten Werten (76% verfügen
über institutionalisierte bottom-up-Wege, 24% nicht) ab. Sie entsprechen gar dem Gegenteil
der Erwartung. Die beobachtete Abweichung ist zudem hoch signifikant.
Es ist kein Zusammenhang zwischen der Zugehörigkeit zu einer Kategorie und der Frage, ob
Unternehmen über institutionalisierte bottom-up-Wege verfügen, erstellt.
Zu diesem Vorgehen vgl. HIRISG, 5.53.
55
˗
˗
Die getroffene Hypothese, dass ¾ der Unternehmen über keine institutionalisierten bottom-upWege verfügen, wurde empirisch überhaupt nicht bestätigt. Es besteht offenbar bei den befragten Unternehmen eine hohe Sensibilisierung für das Thema Aufwärtskommunikation. Dies
lassen nur schon die mannigfaltigen Arten, wie die Unternehmen ihre bottom-up-Kommunikation ermöglichen, erahnen.
Anzumerken bleibt allerdings, dass hier nicht beurteilt werden kann, ob die Aufwärtskommunikationswege auch wirklich benutzt werden. Die Experten äussern sich diesbezüglich kritisch. Häufig bestünden bottom-up-Kommunikationswege, die aber aufgrund mangelnden Engagements der Mitarbeiter, falschen Autoritätsdenkens oder weil sie schlicht Alibiübungen
darstellten, nicht benutzt werden. Beurteilt werden könnte die wirkliche Nutzung der bottomup-Kommunikation z.B. anhand der Führung eines firmeninternen Blogs mit Kommentarfunktion, in dem sich der CEO für alle Mitarbeitenden sichtbar mit seinen Absichten und Überlegungen äussert und sich so Anregungen und Kritik stellt. 389
3.4.4 Umsetzung der rechtlichen Kommunikationsvorschriften
a)
Rechtliche Kommunikationsvorschriften und Unternehmenskommunikation
Die sechste Frage ist auf die Integration der rechtlichen Kommunikationsvorschriften in die
Corporate Communication ausgerichtet. Gefragt wurde nach der Einbindung der Beachtung der rechtlichen Kommunikationsvorschriften in die Unternehmenskommunikation. Angesichts der in der Literatur sehr verbreitet geforderten integrierten Kommunikation, allerdings meist ohne Berücksichtigung
der juristischen Seite der Kommunikation, wurde davon ausgegangen, dass eine Einbindung sowohl
bei KMU als auch bei Grossunternehmen kaum verbreitet sein dürfte (Annahme: 25% verfügen über
eine Einbindung).
˗
˗
˗
Es sind 25 Antworten eingegangen. 1 Unternehmen hat die Frage nicht beantwortet.
5 von 8 KMU und 2 von 17 Grossunternehmen haben die rechtlichen Kommunikationsverpflichtungen nicht in die Unternehmenskommunikation eingebunden.
3 von 8 KMU und 15 von 17 Grossunternehmen haben die rechtlichen Kommunikationsverpflichtungen in die Unternehmenskommunikation eingebunden.
KMU und GU
20
15
10
erwartet
beobachtet
5
0
Mit Einbindung
389
Ohne Einbindung
Vgl. hierzu die Interviews mit Manfred Messmer, Beatrice Tschanz und Christian Bretscher.
56
Untersuchung 1:
 Die Arbeitshypothese H0 besagt, dass 25% der Unternehmen über eine Integration der Beachtung der
rechtlichen Kommunikationsvorschriften in die Unternehmenskommunikation verfügen und 75% nicht. Um
auch die KMU in die Signifikanzuntersuchung mit einbeziehen zu können, wurden die beiden Kategorien
Grossunternehmen und KMU für diesen Test zusammengelegt. 390 Die Probandenzahl betrug daher 25. H0
bedeutet in diesem Fall, dass 6.25 Unternehmen über eine Integration verfügen und 18.75 nicht. Die Alternativhypothese H1 besagt, dass nicht 6.25 Unternehmen über eine Integration verfügen und 18.75 nicht.
 Der eindimensionale Chi-Quadrat-Test hat ergeben, dass eine hoch signifikante Abweichung (p<0.1%) von
den erwarteten Werten vorliegt. H0 ist deshalb zugunsten von H1 zu verwerfen.
Untersuchung 2:
 Die Arbeitshypothese H0 besagt, dass die Werte bei den beiden Kategorien voneinander stochastisch unabhängig sind. Das heisst, dass davon ausgegangen wird, dass die Zugehörigkeit zur Kategorie KMU oder
GU nicht ausschlaggebend ist, ob ein Unternehmen die Beachtung der rechtlichen Kommunikationsverpflichtungen in ihre Unternehmenskommunikation eingebunden hat oder nicht.
 Die Alternativhypothese H1 besagt, dass die Werte für die beiden Kategorien zueinander in einem stochastischen Zusammenhang stehen. Das heisst, dass davon ausgegangen werden kann, dass die Zugehörigkeit zur Kategorie KMU oder GU ausschlaggebend ist, ob ein Unternehmen über Vorschriften verfügt oder
nicht.
 Der 4-Felder-Chi-Quadrat-Test zur Untersuchung der stochastischen Unabhängigkeit hat in diesem Fall
einen hoch signifikanten Wert ergeben. Dies besagt, dass die beiden Kategorien nicht in einem unabhängigen Verhältnis stehen (wie dies H0 postuliert) und somit H0 zugunsten von H1, die besagt, dass eine Abhängigkeit besteht, verworfen werden muss.
 Es kann deshalb vorliegend davon ausgegangen werden, dass die beobachteten Werte abhängig von der
Zugehörigkeit zur Kategorie KMU oder Grossunternehmen zustande gekommen sind.
˗
˗
˗
˗
390
Die Annahmen für die Unternehmen (Annahme: 25% verfügen über eine Einbindung) weichen sehr stark von den empirisch beobachteten Werten (72% verfügen über eine Einbindung,
28% nicht) ab, ja entsprechen fast dem diametralen Gegenteil der Erwartung. Die beobachtete
Abweichung ist überdies hoch signifikant.
Es ist ein Zusammenhang zwischen der Zugehörigkeit zu einer Unternehmenskategorie und
der Frage, ob Unternehmen über eine Einbindung der Beachtung der rechtlichen Kommunikationsvorschriften in die Unternehmenskommunikation verfügen, erstellt. Dies hängt m.E. auch
mit der Grösse der Unternehmen und den Konsequenzen für die jeweiligen Kommunikationsabteilungen zusammen. KMU, welche über keine Rechts- oder Kommunikationsabteilungen
verfügen, können eine Integration demnach auch schlechter bewerkstelligen als Grossunternehmen.
Die getroffene Hypothese, dass ¾ der Unternehmen die Beachtung der rechtlichen Kommunikationsvorschriften nicht in die Unternehmenskommunikation integrieren, wurde somit empirisch überhaupt nicht bestätigt. Entgegen den Erwartungen, die aus der Literatur geschlossen
wurden, verfügt zumindest die deutliche Mehrheit der Grossunternehmen über eine Integration
und somit über eine gute Zusammenarbeit der Bereiche Corporate Communication und Legal.
Diese Integration wird gemäss den Angaben der Unternehmen mittels Codes of Conduct, Guidelines, Group Disclosure Policies sowie Reglementen, welche auch die entsprechenden Zuständigkeiten definieren, sichergestellt. Diese breite Verankerung unterstreicht die hohe Aufmerksamkeit, welche die Grossunternehmen dem Thema beimessen.
Zu diesem Vorgehen vgl. HIRISG, 5.53.
57
b)
Probleme bei der Erfüllung der rechtlichen Kommunikationsvorschriften
Siebentens wurde nach Problemen bei der Erfüllung der rechtlichen Kommunikationsvorschriften gefragt. Damit sollten Gründe für Probleme evaluiert und so Hinweise für Praxisempfehlungen zur Verbesserung der Situation ermöglicht werden.
˗
˗
˗
˗
˗
3.5
Sämtliche Unternehmen haben angegeben, keinerlei Probleme zu haben.
Die Chi-Quadrat-Tests sind hier nicht möglich, da bei beiden Kategorien ein beobachteter
Wert jeweils 0 beträgt.
Grundsätzlich muss davon ausgegangen werden, dass die erhaltenen Antworten wahrheitsgetreu abgegeben wurden. Deshalb ist es durchaus möglich, dass sämtliche Unternehmen wirklich keine Probleme mit der Beachtung der rechtlichen Kommunikationsvorschriften haben.
Dennoch kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Ergebnisse angesichts des extrem klaren
Resultats verfälscht zustande gekommen sind. Bei der Fragestellung wurden keine Gegenmassnahmen getroffen. Die allenfalls heikle Fragestellung war direkt sichtbar. Ein Grund für
das klare Ergebnis könnte sein, dass sozial unerwünschte 391 Antworten vermieden wurden.
Somit besitzen die Antworten auf diese Frage m.E. nur eine beschränkte Aussagekraft. Es lassen sich daraus weder Probleme noch Lösungsvorschläge ableiten.
Interviews mit Kommunikationsfachleuten
3.5.1 Einleitung
Im Rahmen des praktischen Teils wurden auch drei Kommunikationsexperten befragt. Ziel
war dabei insbesondere, die praktisch gewonnenen Erkenntnisse mit der Erfahrung von den in der
Branche tätigen Personen zu vergleichen und so qualitativ zu ergänzen. Die schriftlichen Interviews
sind im Anhang abgedruckt.
Bei den Experten handelt es sich um Frau Beatrice Tschanz, Herrn Christian Bretscher und
Herrn Manfred Messmer.
˗
˗
˗
391
392
Beatrice Tschanz war in den 1970-er Jahren Journalistin bei Ringier und später als stellvertretende Chefredakteurin bei der Zeitschrift Annabelle. Mehrfach hatte sie seit 1987 bis 2003
Führungspositionen im Kommunikationsbereich von verschiedenen bekannten Schweizer Unternehmen inne. 392 Seit 2003 ist Frau Tschanz selbständige Kommunikationsberaterin und engagiert sich für Non-Profit-Organisationen. Sie hat derzeit auch mehrere Verwaltungsratsmandate inne.
Christian Bretscher ist Jurist und arbeitet seit 1992 als Kommunikationsberater. Er ist Gründer
und Partner von bretscher+partner und berät in dieser Funktion Führungskräfte aus Wirtschaft,
Verwaltung, Politik und Kultur in Kommunikationsfragen, insbesondere im strategischen und
konzeptionellen Bereich. Auch er ist in mehreren Verwaltungsräten tätig.
Manfred Messmer gründete 1986 die messmerpartner Public Relations AG, eine Agentur für
strategische Kommunikationsberatung. Er berät Führungskräfte und Verwaltungsratspräsidenten von national und international tätigen Unternehmen und Institutionen. Zuvor war er während zwölf Jahren als Journalist tätig, u.a. als stellvertretender Chefredakteur einer Tageszei-
Vgl. zur sozialen Erwünschtheit BORTZ/DÖRING, 232 ff.
Schweizweite Bekanntheit erlangte Frau Tschanz durch ihre professionelle Krisenkommunikation bei der SAir Group
beim Absturz einer Swissair-Maschine in Kanada im Jahr 1998.
58
tung, Korrespondent in New York für Schweizer Tageszeitungen und Chefredakteur zweier
Wochenzeitungen. Er ist auch selbst als Verwaltungsrat tätig.
3.5.2 Resultate und Diskussion
An dieser Stelle werden zwei zentrale Themen im Bereich Verwaltungsrats-Kommunikation
diskutiert. Die restlichen aus den Antworten der Experten gewonnenen Erkenntnisse wurden bereits in
den Diskussionen der Ergebnisse der Umfrage und im theoretischen Teil verwertet.
a)
Sensibilisierung des Verwaltungsrats für die kommunikative Funktion
Die Experten wurden nach ihren Erfahrungen zur Sensibilisierung der Verwaltungsräte für das
Thema Kommunikation befragt.393 Es lässt sich eine Zweiteilung des Themas ausmachen: Einerseits
geht es darum, wie gross das Bewusstsein der Verwaltungsräte für das Thema ist. Andererseits ist
auch die praktische Umsetzung zu betrachten.
Die meisten Verwaltungsräte (zumindest jene der Grossunternehmen) sind sich offenbar
grundsätzlich der Wichtigkeit und strategischen Bedeutung der Kommunikation bewusst. Dennoch
sind bei der Umsetzung starke Defizite auszumachen. Die generelle strategische Planung wird zwar
wahrgenommen, aber in Bezug auf die Verantwortung für die Organisation der Kommunikation nicht
selten unterschätzt und vernachlässigt. Insbesondere werde Kommunikation als Pflicht – ja gar als
Hypothek – wahrgenommen und nicht als Chance empfunden. Wenn aber Kommunikation als Kür
und nicht als Pflicht 394 verstanden würde, böte dies im Sinne einer aktiven Chancenwahrnehmung
Gelegenheit, für das Unternehmen auf kommunikative Art einen Mehrwert zu schaffen. Mit diesen
Aussagen im Einklang stehen auch die Resultate aus der Umfrage. Bei mehr als der Hälfte der Verwaltungsräte (und auch der Geschäftsleitungen) wird das Thema Kommunikation nicht regelmässig
oder überhaupt nicht in den Sitzungen traktandiert. Die seriöse Wahrnehmung der kommunikativen
Aufgabe des Verwaltungsrats bedürfte aber nicht nur eines einmaligen Entscheids über die Strategie
und der Delegation der Ausführung an die Geschäftsleitung, sondern auch einer regelmässigen Reflexion und Erfolgsevaluation durch den Verwaltungsrat. Unsicherheiten bestehen nämlich insbesondere
auch bei den Zuständigkeiten. Der Verwaltungsrat tendiert häufig dazu, die Kommunikation auf die
Geschäftsleitungsebene zu delegieren (meist an den CEO nach dem Motto: "Kommunikation ist Chefsache"). Insofern besteht zwar immerhin eine klare Regel. Häufig sind die Zuständigkeitsabsprachen
aber nur mündlich festgelegt und es fehlt eine schriftliche Ordnung. Dies kann insbesondere dann,
wenn (aus welchen Gründen auch immer) die Solidarität zwischen den Mitgliedern schwindet, zu
Problemen führen. Zudem tendieren Verwaltungsräte dazu, mit der Delegation das Thema als gänzlich
abgeschoben zu betrachten. Dies wiederum birgt die Gefahr, dass mangels genügender Beschäftigung
mit dem Thema unklar ist, in welchen Fällen der Verwaltungsrat selbst eingreifen und die Federführung übernehmen sollte.
Gelöst oder zumindest stark optimiert würden diese Probleme beispielsweise mittels eines
Kommunikationsreglements für den Verwaltungsrat. 395 Wer in guten Zeiten bewusst ein gutes Image
vom Unternehmen aufbaut – und eine gut organisierte Kommunikation leistet hierzu wie gesehen ei-
393
394
395
Im Folgenden wurden die gewonnenen Erkenntnisse aus den Interviews mit Manfred Messmer, Beatrice Tschanz und
Christian Bretscher verwendet.
Vgl. PEDERGNANA/MÜLLER, Management Dossier VR, Dezember 2007, 14 f.
Vgl. sogleich sowie Kapitel 2.4 und das Muster-Kommunikationsreglement im Anhang.
59
nen grundlegenden Beitrag – kann in schwierigen Zeiten davon profitieren (oder aber muss sich spätestens dann Rat von Aussen holen). 396
b)
Das Verwaltungsrats-Kommunikationsreglement
Ein Kommunikationsreglement für den Verwaltungsrat dient dazu, die Grundsätze für die
Kommunikation festzulegen und enthält ein Kommunikationsleitbild. Das Reglement legt personelle
Zuständigkeiten fest und enthält von Vorteil Handlungsanweisungen für kritische Situationen. Es ist
aber kein strategisches Kommunikationskonzept. Die Diskussion dieses Themas beinhaltet die an die
Unternehmen gerichtete Frage nach Vor- und Nachteilen eines Kommunikationsreglements für den
Verwaltungsrat sowie den Einbezug der Expertenmeinungen. 397
Mit einer Frage im Fragebogen wollte die Idee eines Verwaltungsrats-Kommunikationsreglements, unabhängig davon, ob die befragten Unternehmen selbst ein solches verwenden, aus praktischer Sicht auf Zustimmung oder Ablehnung geprüft werden. Keines der befragten Unternehmen
verwendet allerdings ein solches Reglement. Die Rücklaufquote war bei dieser Frage niedriger als bei
den übrigen Fragen. Die Antworten nannten insbesondere den Vorteil der definierten Zuständigkeiten
und des "Vorbereitet Seins". Als Nachteile wurden meist die Gefahr einer Überregulierung und mangelnder Flexibilität genannt.
Alle Experten wiesen darauf hin, dass solche Reglemente in der Praxis überhaupt nicht verbreitet seien. Angesichts des insbesondere bei KMU schlecht verbreiteten Bewusstseins für die Bedeutung der Kommunikationsfunktion des Verwaltungsrats ist auch nicht erstaunlich, dass kein KMU ein
Kommunikationsreglement für den Verwaltungsrat verwendet. Demnach dürften für die KMU Vorteile eines solchen Reglements schon bei der mit der Einführung zusammen hängenden Beschäftigung
des Verwaltungsrats mit dem Thema zu finden sein. Zudem stellt die Festlegung der Zuständigkeiten
einen grossen Vorteil dar, denn insbesondere wenn KMU von Krisen unvorbereitet getroffen werden,
sind sie ohne klare Regelung kaum in der Lage, rasch und professionell zu reagieren. Ihnen fehlt nämlich nur schon auf operativer Ebene eine Kommunikationsabteilung mit dem nötigen Fachwissen, die
das Management und den Verwaltungsrat in kommunikativer Hinsicht unterstützen könnte. Grossunternehmen, insbesondere börsenkotierte, verfügen hingegen immer über strategische Kommunikationskonzepte und eigene Kommunikationsabteilungen. Deshalb dürften hier durchschnittlich eine bessere Vorbereitung, vor allem aber auch bessere Handlungskompetenz auf operativer Ebene für plötzlich eintretende Krisenfälle bestehen. Trotzdem kann ein Kommunikationsreglement auch bei Grossunternehmen, insbesondere im Hinblick auf schriftlich klar fixierte Zuständigkeiten und Checklisten
für Handlungsabläufe in Krisen, Vorteile bringen. Es ist aber immer darauf zu achten, dass das Reglement genau auf die Unternehmenssituation und –bedürfnisse zugeschnitten ist. Dem Argument, ein
Reglement bewirke eine mangelnde Flexibilität, kann, wo nötig, mit entsprechenden Ausnahmeregelungen begegnet werden. Wo dies nicht sinnvoll ist, braucht es auch keine Flexibilität. Auch die Gefahr der Überregulierung erscheint als kaum relevant: Die derzeit eben gerade nicht bestehende (oder
schlecht umgesetzte) Regulierung bedarf überhaupt erst einer grundsätzlichen Regulierung. Dies würde ein Kommunikationsreglement ermöglichen. Auch weitere Nachteile sind m.E. vom Einsatz eines
Kommunikationsreglements für den Verwaltungsrat nicht zu befürchten.
396
397
Die Professionalität muss natürlich auch dann beibehalten werden. Dies ist schwierig, und zwar nicht nur für Kleinbetriebe, wie dies die anschaulichen Beispiele schlechter Kommunikation von Grossbanken in der Anfangsphase der Wirtschaftskrise der Jahre 2008 und 2009 zeigten.
Vgl. für die Aussagen in diesem Kapitel b) generell die Interviews mit Manfred Messmer, Beatrice Tschanz und Christian Bretscher im Anhang.
60
3.6
˗
˗
˗
˗
˗
398
399
400
Folgerungen aus dem praktischen Teil
Die Sensibilisierung für die kommunikative Aufgabe ist bei den Verwaltungsräten sehr unterschiedlich. Einerseits bestehen natürlich Unterschiede bei den Verwaltungsräten der verschiedenen Unternehmen, andererseits aber auch bezüglich der verschiedenen Aspekte der Kommunikation.
Generell kann gesagt werden, dass das theoretische Bewusstsein für die Wichtigkeit bei den
meisten Verwaltungsräten vorhanden ist. Bei der Vorgabe der Kommunikationspolitik und
insbesondere der eigentlichen Wahrnehmung der Kommunikationsfunktion sind aber häufig
Defizite auszumachen. Es besteht mithin Handlungsbedarf bei der Umsetzung. Insbesondere
sind auch Kommunikationsleitbilder auf Stufe Verwaltungsrat kaum verbreitet. 398 In der Regel
existieren Kommunikationskonzepte nur auf operativer Ebene, die aber meist einseitig aus
Marketing-Optik geprägt sind. Dabei würde gerade ein Leitbild ermöglichen, den Unternehmenseigenheiten angepasste Grundsätze für die Kommunikation aufzustellen. Auch ein Kommunikationsreglement für den Verwaltungsrat würde umsetzungstechnische Vorteile 399 bringen. Dennoch sind solche Reglemente kaum verbreitet. Die meisten Unternehmen verfügen
lediglich über knappe Vorschriften zur Kommunikation des Verwaltungsrats im Organisationsreglement. Dies ist m.E. ungenügend. 400
Systematisch müsste verbessert werden, dass in den Gremien Verwaltungsrat und Geschäftsleitung das Thema Kommunikation regelmässig besprochen wird. Eine situative ad hoc-Besprechung je nach Bedarf genügt dem Erfordernis der strategischen Planung und Durchführung der Kommunikation nicht. Auch eine Evaluation des Erfolgs der Kommunikation ist unabdingbar. So können z.B. durch ein Kommunikationscontrolling oder mit Stakeholderbefragungen oder Imageanalysen wertvolle Erkenntnisse gewonnen werden. Diese müssen dann
aber auch verwertet werden. Nur so können die ermittelten Erkenntnisse in die Corporate Vision (Leitbild) und die operativen kommunikativen Massnahmen einfliessen. Dies wiederum
setzt die regelmässige Traktandierung des Themas Kommunikation voraus, und zwar auf den
Ebenen Geschäftsleitung und Verwaltungsrat.
Die meisten befragten Unternehmen verfügen über institutionalisierte bottom-upKommunikationswege. Die deutliche Mehrheit ermittelt auch ihr Image bei den Stakeholdern.
Demnach besteht – eine effektive Nutzung der Instrumente vorausgesetzt – bei den meisten
Unternehmen eine gute Sensibilisierung für die Möglichkeit der Aktivierung der Wissenspools
der Mitarbeiter sowie der Unternehmenspartner.
Die kommunikative Funktion des Verwaltungsrats ist von grundlegender Bedeutung. Dennoch
wird bei vielen Unternehmen diesem Umstand insgesamt noch zu wenig Rechnung getragen.
Die verwaltungsratsinterne Kommunikation funktioniert meist gut. Die Sensibilisierung für
die eigentliche Kommunikationsfunktion des Verwaltungsrats wird in der Mehrheit der befragten Unternehmen von den Verwaltungsräten und auch Geschäftsleitungen aber nur ungenügend wahrgenommen.
Vereinzelt werden Kommunikationsleitbilder von Verwaltungsräten zwar eingeführt, sind dann aber toter Buchstabe.
Die wichtigsten: Orientierung, fixierte Zuständigkeiten, "Vorbereitet sein" für Krisen etc. Vgl. Kapitel 3.5.2 b) sowie das
Kommunikationsreglement im Anhang.
Vgl. dazu Kapitel 2.4.
61
4
Zusammenfassung und Empfehlungen
4.1
Zusammenfassung der Ergebnisse
4.1.1 Ergebnisse aus dem theoretischen Teil
˗
˗
˗
˗
˗
˗
˗
401
402
403
404
Das staatliche Recht enthält viele Kommunikationsvorschriften für Unternehmen und auch für
den Verwaltungsrat. Es regelt den Sender, Inhalt und Adressaten der Kommunikation. Hinweise und Vorschriften in Bezug auf die Art der Kommunikation sind aber nur vereinzelt in
privaten Regelwerken wie dem Swiss Code zu finden.
Es ist die Aufgabe des Verwaltungsrats, im Rahmen seiner Verantwortung für die Strategie
auch die Kommunikationspolitik des Unternehmens zu bestimmen.
In der neueren Literatur wird durchwegs eine integrierte Corporate Communication gefordert.
Eine solche ermöglicht die ganzheitliche Wahrnehmung der Kommunikation durch das Unternehmen, was wiederum ein konsistentes Erscheinungsbild zu verbreiten erlaubt. So kann eine
kohärente Corporate Identity zur Positionierung des Unternehmens bei den Stakeholdern aufgebaut werden. Voraussetzung für den Aufbau einer Corporate Identity, welche die Stakeholder "akzeptieren", setzt die Analyse der Umwelten und Stakeholder voraus. Erst wenn die Bedürfnisse der Stakeholder bekannt sind, können diese in die Kommunikationsplanung einfliessen und kann die Unternehmenskommunikation auf die Stakeholder ausgerichtet werden. Es
sind jedoch keine Empfehlungen in der Literatur über eine Integration der juristischen Seite
der Kommunikation in die Corporate Communication zu finden. Bei der Kommunikation mit
den Stakeholdern ist jeweils zu entscheiden, welche Informationen an welche Stakeholder gelangen sollen und dürfen. Anzustreben ist eine auf die Zielgruppen ausgerichtete Kommunikation. Jedenfalls ist auch bei der Kommunikation mit den Stakeholdern Objektivität, Transparenz, Verständlichkeit und insbesondere auch Nachvollziehbarkeit sowie richtiges Timing essentiell.401
Für die Kommunikation im Verwaltungsrat ist eine von Vertrauen geprägte402, offene Kommunikationskultur, die vollständige und objektive, transparente, verständliche und rechtzeitige 403 Kommunikation beinhaltet, gefordert. So können Effizienzsteigerungen im Gremium erzielt werden.
Auch die Kommunikation zwischen Verwaltungsrat und Geschäftsleitung beinhaltet Herausforderungen. So muss der Informationsfluss zwischen den beiden Gremien rechtzeitig gewährleistet werden. Die Informationen sollten sich auf das Wesentliche beschränken, aber dennoch
alles Entscheidungsrelevante beinhalten. Der Verwaltungsratspräsident dient hierfür als Bindeglied. Vorgaben über zu kommunizierende Inhalte und einzuhaltende Termine kann ein
MIS-Konzept enthalten.
Wenn der Verwaltungsrat selbst direkte Stakeholder-Kontakte pflegen will, hat dies in Absprache mit dem Management und unter Beachtung der juristischen Vorschriften zur Gleichbehandlung der Aktionäre zu geschehen.
Die Stakeholder – insbesondere die Partner 404 eines Unternehmens – eignen sich gut als Wissensquellen für ein Unternehmen. Deren Wissen kann bei Bedarf im Rahmen von Umweltana-
Vgl. HILB, 182, HEMEL, 284 f.
Vgl. HEMEL, 285.
Vgl. HILB, 182.
Zum Begriff vgl. FN 360.
62
˗
˗
˗
lysen, Analysen der Kommunikationsarenen, Stakeholderanalysen sowie der Pflege der Stakeholderkontakte institutionalisiert genutzt werden. Wenn das Management dies wegen seiner
Orientierung auf neue Märkte und Kunden vernachlässigt, kann hier für den Verwaltungsrat
Handlungsbedarf bestehen.
Auch unternehmensintern kann allfällig vorhandenes Wissen der Mitarbeiter aktiviert werden,
um es so für das Unternehmen nutzbar zu machen. Hierzu trägt eine motivierende Arbeitsatmosphäre, in der die Mitarbeiter selbst mitdenken, in angemessenem Rahmen Verantwortung
übernehmen und so betriebliche Abläufe mitgestalten können, bei. Voraussetzung hierfür sind
jedenfalls gut informierte Mitarbeiter, die über die Unternehmensabläufe und aktuellen Geschehnisse im Bild sind. Unbedingt ist der Grundsatz der innerbetrieblichen Öffentlichkeit zu
beachten.
Dienlich für die Kommunikation des Verwaltungsrats, deren Überwachung und Evaluation
könnte auch die Ernennung eines Verwaltungsratsausschusses für Kommunikation sein.
Schliesslich hat die Kommunikation diverse Schranken, seien diese gesetzlicher, vertraglicher
oder aber strategischer Natur, zu beachten.
4.1.2 Ergebnisse aus dem praktischem Teil
˗
˗
˗
405
Das generelle Bewusstsein der Verwaltungsräte für die Bedeutung der Kommunikation ist in
den letzten Jahren offenbar stark angestiegen. Dennoch sind insbesondere bei der Umsetzung
Defizite auszumachen. Dies mag damit zusammenhängen, dass noch zu wenig Kommunikations-Know-how in den Verwaltungsräten vertreten ist. Selten ist Kommunikationskompetenz
ein Kriterium für die Zusammensetzung der Verwaltungsräte.
Kommunikationsreglemente und Kommunikationsleitbilder für den Verwaltungsrat werden in
der Praxis (noch) kaum verwendet. Dennoch bieten sie klare Vorteile: Die Organisation und
die Grundsätze der Kommunikation werden schriftlich festgehalten, es werden die Zuständigkeiten festgelegt und mittels Handlungsanweisungen ist man auch für Krisen gerüstet. Dieses
Rüstzeug sollte unbedingt während guter Zeiten aufgebaut werden, damit in Krisenzeiten sicherer Boden betreten werden kann. Dies ist aus folgendem zentralen Grund notwendig: Manager sind es sich aus ihrem Alltag gewohnt, Situationen in erster Linie gemäss ihrer ökonomischen Bedeutungen und Konsequenzen einzuschätzen. Dies gilt auch in Bezug auf Kommunikationsinhalte. Ein Manager wird deshalb nur selten fähig sein, in einer Krise sofort auf
transparente Weise eine negative Sachlage ehrlich zu kommunizieren. 405
Wie mittels der Auswertung der Fragen aufgezeigt werden konnte, ist die kommunikative
Sensibilisierung bei den befragten Unternehmen sehr unterschiedlich in Bezug auf einzelne
Teilbereiche der Kommunikation:
˗ Die Mehrheit der befragten Unternehmen besitzt Vorschriften zur Kommunikation. Diese
sind bei vielen Unternehmen im Organisationsreglement zu finden. Diejenigen Unternehmen, die über keine Vorschriften verfügen, treffen wohl mündliche Absprachen und
ad hoc-Entscheide.
˗ Gut zwei Drittel der Unternehmen haben Weisungen für ihre Mitarbeitenden zur Kommunikation nach Aussen. Offenbar sind sich die meisten Unternehmen der Wichtigkeit
des einheitlichen Auftritts und der Gefahr, dass Betriebsinterna nicht an die Öffentlichkeit
gelangen sollten, bewusst.
DAUB, 116.
63
˗
˗
˗
˗
˗
˗
Die Mehrheit der befragten Unternehmen traktandiert das Thema Kommunikation nicht
regelmässig im Verwaltungsrat und auch nicht in der Geschäftsleitung. Hier besteht klar
Nachholbedarf: Erst eine regelmässige Traktandierung ermöglicht eine ernsthafte Wahrnehmung der Kommunikationsstrategie und eine Evaluation des Erfolgs der Gesamtkommunikation und der eingesetzten kommunikativen Massnahmen.
Geschäftsleitungs-Bereichs-Kommunikationssitzungen werden selten benutzt.
Die verwaltungsratsinterne Kommunikation funktioniert in den meisten Gremien gut und
es besteht kaum Verbesserungsbedarf.
Die klare Mehrheit der befragten Unternehmen ermittelt ihr Image bei den Stakeholdern.
Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Imageermittlung als "nice-tohave-Instrument" alibimässig eingeführt wird und gar keine effektive Nutzung der Resultate erfolgt. 406 Hierzu konnte die Umfrage natürlich keine Resultate liefern.
Auch über bottom-up-Kommunikationskanäle verfügt eine klare Mehrheit der befragten
Unternehmen, insbesondere die Grossunternehmen. Auch hier besteht das Problem, dass
nicht beurteilt werden kann, ob die Kanäle auch effektiv genutzt werden und nicht einfach des guten Gewissens der Unternehmensführung wegen eingerichtet werden.
Die Mehrheit der befragten Unternehmen hat die Beachtung der rechtlichen Kommunikationsvorschriften in die Corporate Communication eingebunden.
4.1.3 Vergleich der Ergebnisse aus Theorie und Praxis
˗
˗
˗
˗
406
407
408
409
Sowohl für die Kommunikation nach Innen wie auch nach Aussen, aus theoretischer wie praktischer Sicht ist (neben weiteren) das grundlegende Ziel der Transparenz der Kommunikation 407 durch Beachtung der Grundsätze der Vollständigkeit, Objektivität, Verständlichkeit und
Rechtzeitigkeit der Information als Leitlinie zu beachten. Die Grundsätze für die beiden Bereiche der Kommunikation sind weitgehend die gleichen und es drängt sich keine Trennung
der Kommunikation zwischen den Bereichen Innen und Aussen auf. Lediglich eine situative
Abstimmung ist nötig. Die Kommunikation nach Innen und Aussen sollte demnach als aufeinander abgestimmte Einheit wahrgenommen werden.
Die Lehre fordert (insbesondere seit der Lancierung der Corporate Governance-Diskussion)
die Schaffung einer Vertrauenskultur im Gremium Verwaltungsrat. Die diesbezüglichen Forderungen scheinen von der Praxis aufgenommen worden zu sein und von immer mehr Verwaltungsräten bewusst gelebt zu werden. 408 Es zeichnet sich in den letzten Jahren offenbar eine
starke Professionalisierung der Verwaltungsratstätigkeit ab.
Da das staatliche Recht keine Vorschriften über die Art der Kommunikation des Verwaltungsrats aufstellt, liegt es an den Unternehmen, sich selbst Vorschriften vorzugeben. Viele Unternehmen versuchen dieser Aufgabe nachzukommen, indem im Organisationsreglement Vorschriften aufgestellt werden. M.E. genügt dies nicht für eine Regelung der umfangreichen
kommunikativen Aufgabe des Verwaltungsrats. 409 Vielmehr bedürfte es eines Reglements für
die Kommunikation des Verwaltungsrats.
Die integrierte Kommunikation ist heute in der professionellen Praxis Standard. Interessant ist
insbesondere auch angesichts der Expertenmeinungen, dass die befragten Unternehmen mehr-
Vgl. dazu die Interviews mit Manfred Messmer und Beatrice Tschanz.
In diesem Sinne auch FELDER, VR und Corporate Governance, 1011, welcher vom VR als dem transparenzverantwortlichen Gremium spricht.
Vgl. die Umfrageergebnisse und das Interview mit Beatrice Tschanz.
Vgl. Kapitel 2.4.
64
˗
˗
˗
˗
4.2
heitlich eine Integration der rechtlichen Kommunikationsverpflichtungen in die Corporate
Communication vornehmen oder zumindest über eine funktionierende Zusammenarbeit der
Bereiche Legal und Corporate Communications verfügen.
Der Kommunikation zwischen Verwaltungsrat und Geschäftsleitung wird angesichts ihrer
Wichtigkeit für die strategische Entwicklung der Kommunikation in der Praxis noch zu wenig
Bedeutung geschenkt. Hier sind insbesondere die Verwaltungsratspräsidenten gefordert.
Bezüglich des Einbezugs der Mitarbeitenden stellen die befragten Unternehmen verschiedenste Wege zur bottom-up-Kommunikation zur Verfügung. Damit leisten sie den Empfehlungen
in der Literatur Folge. Wichtig ist dabei, dass diese Kanäle auch effektiv genutzt werden.
Auch die Imageermittlung bei den Stakeholdern wird vermehrt vorgenommen, wie dies die Literatur fordert. Allerdings ist auch hier die praktische Umsetzung sicherzustellen. Nur so können die gewonnenen Ergebnisse Nutzen stiftend eingesetzt werden.
Abschliessend lässt sich aufgrund aller gewonnenen theoretischen und praktischen Erkenntnisse der Schluss ziehen, dass die Kommunikation des Verwaltungsrats ein Gebiet ist, in dem
das Recht an seine Grenzen stösst. Illustriert wird dies nur schon dadurch, dass sich im staatlichen Recht keine Vorschriften zur Art und Weise der Kommunikation des Verwaltungsrats
finden. Es liegt somit an den Unternehmen, sich selbst Vorschriften zu geben. Mittels der
Etablierung von Vorschriften ist eine rechtliche Verpflichtung der betroffenen Personen möglich. Dabei ist aber von Bedeutung, dass rechtliche Vorschriften bei der Kommunikation des
Verwaltungsrats in zweifacher Hinsicht nur einen Teil seiner kommunikativen Aufgabe vorgeben können. Erstens ist die Umschreibung der "weichen Faktoren" 410 bzgl. der Informationslieferung von der Geschäftsleitung zum Verwaltungsrat nur abstrakt möglich. Bezüglich
des Entscheids über die Meldung ist zwingend eine Delegation an die Geschäftsleitung nötig.
Zweitens ist das Erreichen des Beziehungsziels 411 der Kommunikation des Verwaltungsrats in
erster Linie nicht rechtlich regelbar, sondern vom erfolgreichen Zusammenwirken der beteiligten Personen abhängig.
Empfehlungen
4.2.1 Empfehlungen an Verwaltungsräte
˗
˗
410
411
412
Die Kommunikation sowie deren Organisation und strategische Planung sind Aufgaben des
Verwaltungsrats. Es lohnt sich deshalb zu prüfen, ob im Verwaltungsrat genügend Kommunikationskompetenz vorhanden ist. Je nach Ergebnis kann es sinnvoll sein, Kommunikationskompetenz als Kriterium für die Zusammensetzung des Verwaltungsrats zu etablieren.
Jedenfalls ist der Einsatz eines Verwaltungsrats-Kommunikationsreglements sinnvoll, und
zwar grundsätzlich unabhängig von der Unternehmensgrösse. 412 Damit lassen sich die Grundsätze der Kommunikation, ein Kommunikationsleitbild, definierte Zuständigkeiten und Handlungsanweisungen für besondere Situationen (wie z.B. für die Kommunikation in bestimmten
Krisenfällen) festlegen. Die Sicherstellung der Information zwischen Geschäftsleitung und
Verwaltungsrat kann über ein MIS-Konzept geschehen, das den inhaltlichen und zeitlichen
Rahmen für die Information des Verwaltungsrats festlegt. Darüber hinaus sollte der Verwal-
Z.B. das Kriterium der Wichtigkeit von Vorfällen, bei dessen Vorliegen die entsprechenden Vorkommnisse dem VR zu
melden sind. Vgl. dazu Kapitel 2.3.4.
Zum Begriff vgl. Kapitel 2.3.4.
Abgesehen von Spezialfällen wie z.B. Ein-Mann-AG's.
65
˗
˗
˗
˗
˗
˗
413
414
415
416
417
tungsrat regelmässig prüfen, ob die ihn erreichenden (insbesondere die über die periodische
Berichterstattung hinausgehenden) Informationen über wichtige Ereignisse seinen Bedürfnissen und Vorgaben entsprechen. Bei Bedarf sind zwingend Änderungen zu veranlassen, da die
Handlungsfähigkeit des Verwaltungsrats bei schlechter Informationslage nicht mehr gewährleistet ist. Denn bezüglich der Verantwortlichkeit ist zu beachten, dass dem Verantwortlichen
(also dem Verwaltungsrat) greifbare, aber nicht ergriffene Information zugerechnet wird.413
Ein Verwaltungsrats-Ausschuss für Kommunikation ermöglicht die effiziente Analyse bestehender kommunikativer Probleme, die Ausarbeitung von Kommunikationsgrundsätzen, die
Etablierung eines Kommunikationsreglements für den Verwaltungsrat (inkl. der Vorgabe von
Handlungsanweisungen und Checklisten für firmenspezifische Spezialsituationen) und
schliesslich auch die Überwachung und Evaluation der Kommunikation.
Es kann sich auszahlen, wenn das Unternehmen über die normale, aktive Medieninformation
hinaus spezielle Kontakte zu Medien pflegt. Als Verwaltungsrat kann man bei Gelegenheit
entweder selber Kontakte zu Journalisten pflegen oder solche vermitteln. Zumindest sollte
man dafür sorgen, dass auf operativer Ebene (z.B. durch den Leiter Kommunikation) der Kontakt zu gewissen Medien bewusst gepflegt wird.
Nur der Verwaltungsrat kann sicherstellen, dass die eingerichteten bottom-upKommunikationskanäle von der Geschäftsleitung effektiv genutzt werden. Er sollte sich regelmässig darüber Rechenschaft ablegen lassen. Gleiches gilt auch für die Verwertung der aus
den Stakeholderanalysen gewonnenen Daten. Eine jährliche Überprüfung wäre dienlich.
Die Stakeholder eines Unternehmens identifizieren sich immer mehr mit "Repräsentanten"
desselben. Es hat demnach für das Unternehmen eine positive identitätsstiftende Wirkung,
wenn in der Öffentlichkeit immer die gleichen Personen 414 für das Unternehmen auftreten.
Der Verwaltungsrat sollte den Leiter der Gesamtkommunikation in Zusammenarbeit mit der
Geschäftsleitung bestimmen. Der Verwaltungsrat entscheidet auch über die allfällige Zugehörigkeit dieses Leiters zur Geschäftsleitung und über die Modalitäten dessen Berichterstattung
an den Verwaltungsrat. Zumindest ist er direkt dem CEO zu unterstellen.
Der Geschäftsbericht fällt zwingend in den Verantwortungsbereich des Verwaltungsrats. Absolut zentral ist eine transparente, verständliche Darstellung. Diese hat zunehmend noch an
Bedeutung gewonnen, denn bereits beim Anschein von Intransparenz oder bei einer unverständlichen Darstellung entsteht bei den Adressaten Misstrauen. 415 Nach Möglichkeit kann im
Geschäftsbericht auch über nichtfinanzielle wesentliche Informationen, die das Geschäftsmodell prägen, berichtet werden. 416 Dienlich für die Darstellung sind Grafiken und insbesondere
auch eine Übersicht über zentrale Kennzahlen, die ein rasches Auffinden von gesuchten Werten erleichtert. 417 Gestalterisch ansprechende und grafisch unterlegte Geschäftsberichte kosten
Geld, sie können sich aber durchaus auszahlen. Nötig sind im einzelnen Unternehmen eine individuelle Abwägung von Aufwand und möglichem Ertrag sowie eine Erfolgsanalyse.
DRUEY, 23.
Bzw. bei kleineren Unternehmen, wo dies möglich ist, jeweils die gleiche Person. Dies kann z.B. der CEO oder der VRP
sein: NAEF, Management Dossier VR, Februar 2007, 8.
Selbst dann, wenn objektiv richtig und nicht bewusst irreführend oder verschleiernd berichtet wird.
Vgl. PEDERGNANA/MÜLLER, Management Dossier VR, Dezember 2007, 16.
So auch PEDERGNANA/MÜLLER, Management Dossier VR, Dezember 2007, 18.
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4.2.2 Empfehlungen an Geschäftsleitungen
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Zur Aktivierung der Partner- und Mitarbeiter-Wissenspools lohnen sich die Unternehmensimageermittlung bei den Stakeholdern sowie die Etablierung von bottom-upKommunikationskanälen. Beide Instrumente müssen genau auf die Situation des Unternehmens und die jeweiligen Bedürfnisse des Managements zugeschnitten sein, um effektiv genutzt werden zu können. Im Sinne eines Nachhakens kann bei sinnvollen Anregungen auch direkt persönlich nachgefragt werden.
Sofern Probleme bei der Beachtung der rechtlichen Kommunikationsvorschriften bestehen,
würde es sich anbieten, durch die Abteilungen Legal und Corporate Communications eine Liste sämtlicher rechtlicher Kommunikationsverpflichtungen des Unternehmens zusammenzustellen zu lassen. Eine Ordnung nach terminlicher Fälligkeit (im Sinne einer Agenda) und/oder
nach Thema (im Sinne eines Nachschlagwerks) wäre möglich.
Grundsätzlich beschränkt sich die Unternehmenskommunikation auf Kernbotschaften. Erst
dem Stakeholder, der bewusst weitere Information wünscht, sollen diese zugänglich gemacht
werden. Der Zugang zur Mehrinformation muss aber einfach sein, die verfügbaren Informationen übersichtlich geordnet und der Transparenz halber so vollständig wie möglich sein. Gerade hier ist es angezeigt, Möglichkeiten zur interaktiven Kommunikation zu schaffen, um die
Effekte der Pull-Kommunikation 418 auch nutzen zu können. Die Corporate Website bietet sich
– da von jeder potenziell interessierten Person sehr schnell von überall aus zugänglich – hervorragend als Kommunikationskanal an. Der steigenden Bedeutung des Internets gerecht werdend und der Informationsüberflutung entgegen wirkend ist eine einfache und übersichtliche,
aber doch professionelle Gestaltung der Website sehr wichtig. 419 Ziel muss es sein, dass sich
neben dem sofort zugänglichen Überblick (Stichwort Kernbotschaften) auch Links für spezielle Stakeholder (z.B. Investoren, Medien), die zu einem grossen Informationspool führen, finden. Die Gesamtverantwortung dafür liegt beim Leiter Kommunikation.
Hinweis:
In der vorliegenden Printversion sind keine Anhänge, auf die im Text teils Bezug genommen
wird, abgedruckt. Die Anhänge sind über das Forschungsinstitut für Arbeit und Arbeitsrecht, FAAHSG, erhältlich. Sie können per Email bei [email protected] bestellt werden.
418
419
Zum Begriff: BREYER-MAYLÄNDER, 76; BRUHN, Integrierte Kommunikation, 91.
Dies ist keineswegs selbstverständlich, wie ich bei der Recherche für die Umfrage auf den Websites der befragten Unternehmen festgestellt habe.
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