Historie - VDE

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Historie - VDE
KAPITEL
1»
Historie
1.1
Ritzen, Meißeln, Gravieren
1.1.1
Felsgravuren
1
Ca. 30000 Jahre alt sind die ältesten erhaltenen Manifestationen kulturellen
Schaffens des Menschen. Es sind Tierbilder eingeritzt in Stein, in Höhlen oder auf
Felsen. Sie dienten mythischen und kultischen Zwecken.
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1.1.2
Hieroglyphen
In den späteren Epochen entstand eine Bilderschrift, die Vorstufe zur Schrift, so
genannte Hieroglyphen. Der Ursprung des Wortes Hieroglyphe stammt aus dem
griechischen und kann wörtlich mit heiliges Schnitzwerk übersetzt werden. Die
wohl bekanntesten Hieroglyphen der Ägypter, deren Entstehung auf ca. 4000 v.
Chr. zurückzuführen ist, wurden als Monumentalschrift in Stein gemeißelt oder in
Tonplatten geritzt. Aber auch in anderen Kulturkreisen wie Südamerika, wo sich
die Kultur der Mayas und Azteken entwickelte, und Regionen wie dem Industal
und in Mesopotamien, entwickelten sich Hieroglyphenschriftsysteme, welche
mythischen und religiösen Ursprungs waren und oft als Ornamentalkunst eingesetzt wurden. Vor allem in Ägypten dienten sie repräsentativ zeremoniellen Zwecken und wurden beispielsweise zur Dekoration von Tempeln und Grabanlagen
verwendet.
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1.1.3
Keilschrift
Aus der Bilderschrift entwickelten sich ausgereiftere Schriftsysteme, beispielsweise die Keilschrift, welche sich ca. 3000 v. Chr. in Mesopotamien entwickelte.
Sie war eine Silbenschrift aus 600 Zeichen und wurde vor allem in den höheren
gesellschaftlichen Ständen als Kommunikationsmittel eingesetzt. Mit Hilfe von
Griffeln – Stäbchen aus Holz oder Schilfrohr, die an ihren Enden dreieckig
geschnitzt waren, wurden Kerben in weiche Tontäfelchen hineingedrückt.
Anschließend wurden diese durch Trocknen oder Brennen gehärtet, so dass die
Schriftstücke konserviert werden konnten. Somit waren sie auch transportabel.
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Ritzen, Meißeln, Gravieren
«1.1
| Abb. 1.1 | Felsgravur in Algerien
17
KAPITEL
1»
Historie
1.1.4
Halbreliefs
Verbesserte handwerkliche Fähigkeiten ermöglichten es, detaillierte Bilddarstellungen in Form von Halbreliefs zu erzeugen. Auch sie wurden kunstvoll in Fels
gemeißelt. Reliefdarstellungen finden sich aber auch früh auf Tonstücken und
alten Siegeln. Die Bilddarstellungen waren vorwiegend mythisch – religiösen
Ursprungs.
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Bei der Betrachtung von Stücken mit Halbreliefs spielt das Material meist eine
untergeordnete Rolle. Als Reliefträger können die unterschiedlichsten Materialien
zur Anwendung kommen. Die Kriterien, die im Vordergrund stehen, sind handwerkliche Vollkommenheit und künstlerische Qualität. Eine präzise herausgearbeitete Reliefdarstellung wird ungeachtet des materiellen Wertes als wertvoll empfunden.
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Ritzen, Meißeln, Gravieren
«1.1
| Abb. 1.2 | Indisches Halbrelief
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KAPITEL
1»
Historie
1.2
Stempel- und Siegeldruck
Er ist der Ursprung der heutigen Prägedrucktechnik. Erstmals wurden Schrift- oder
Bildelemente in Stein-, Ton- und später Metallplatten graviert, um diese dann indirekt durch Prägen wiederzugeben. Schrift und Bild waren nun exakt reproduzierbar. Der Stempel- und Siegeldruck ist neben dem Siebdruck die älteste Drucktechnik. Er war vor allem in den frühen mesopotanischen und ägyptischen Kulturen
bekannt und später im antiken Rom weit verbreitet.
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Die Elemente waren entweder erhaben und seitenverkehrt herausgearbeitet, was
ein vertieftes Prägebild ergibt (Tiefprägung) oder sie wurden seitenverkehrt vertieft herausgearbeitet, was zu einem erhabenen Prägebild führt (Hochprägung).
Stempel in zylindrischer Form wurden als Rollensiegel bezeichnet.
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1.2.1
Prägen keramischer Erzeugnisse
Stempel und Siegel dienten anfangs vor allem zur Kennzeichnung und Verzierung
keramischer Erzeugnisse wie Töpfe, Schüssel und Ziegelsteine. Bei den Einwohnern des Industals kamen ab ca. 2300 v. Chr. solche Siegel zur Anwendung. Mit
Bildsymbolen graviert sollten sie das persönliche Eigentum kennzeichnen und
sichern. Auch in orientalischen Tontafeln und römischen Bauziegeln findet man
zahlreiche Siegelabdrücke.
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1.2.2
Münzprägungen
Bereits 650 v. Chr. wurden im Reich der Lyder in Kleinasien erste Münzen geprägt.
Als Münzmaterial wurde Elektron verwendet, was eine natürlich vorkommende
Gold/Silber-Legierung war. In Griechenland kam es um 620 v. Chr. zu Prägungen
von ersten Silbermünzen. In der Folgezeit wurde auch Gold verwendet, bevor 500
v. Chr. auch Kupfer verarbeitet wurde. Die antiken griechischen Münzen Drachme,
Mine, Obole oder Talent zeigten Abbildungen aus der Mythologie sowie von
Pflanzen und Tieren. Denar, As und Sesterz waren die ersten Münzen der Römer
im 3. Jahrhundert v. Chr. Von den Münzprägungen und den Vergoldetechniken in
den frühen Hochkulturen lässt sich das spätere Prägen von Blattgold ableiten.
Gold an sich wird schon wegen seines realen Wertes als wertvoll empfunden. Als
verarbeitetes Material wie bei Münzen oder Schmuck hatte es ebenfalls seit jeher
hohe Bedeutung.
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Stempel- und Siegeldruck
«1.2
| Abb. 1.3 | Römische Münzen
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KAPITEL
1»
Historie
1.2.3
Buchprägungen
Die Entwicklung der heutigen Prägedrucktechnik in der graphischen Industrie ist
bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts hauptsächlich den Buchbindereien und
Buchdruckereien zuzuschreiben.
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Im 6. bis 10. Jahrhundert gab es erste Anwendungen der Prägetechnik in der
Buchherstellung. In Ägypten wurden zahlreiche verzierte Bucheinbände in Form
von Blindprägungen bzw. Farblosprägungen nachgewiesen. Kurz darauf lassen
sich auch die ersten Einbände mit Goldverzierung nachweisen.
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Venezianische Buchbinder übernahmen Mitte des 15. Jahrhunderts das Prägen
mit Blattgold von den Arabern. Für diese Goldprägungen verwendete man Blattgold oder das billigere Zwischengold. Auch farbige Prägungen waren möglich,
hatten aber eine sehr geringe Bedeutung. Die Buchbinder in Europa beherrschten
also seit spätestens Mitte des 15. Jahrhunderts das Prinzip von:
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Farblosprägung (Blindprägung)
farbigen Prägungen
Prägungen mit Blattgold
Die typischen Einbandmaterialien waren anfangs Holzdeckel, welche mit Leder
überzogen wurden. In der Folgezeit wurden diese durch die leichtere und besser
zu verarbeitende Pappe ersetzt.
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Es kamen einfache Stempel aus Eisen und Messing zur Anwendung, welche figürliche und ornamentale Gravierungen aufwiesen. Auch Buchstaben und Ziffern
wurden so dargestellt. Zudem kamen so genannte Streicheisen zur Einprägung
einfacher gerader Linien zur Anwendung. Sie sind mit einem stumpfen Messer
vergleichbar. Eine Weiterentwicklung der Streicheisen waren Filete, welche eine
längere gewölbte Gravierfläche besaßen. Sie wurden wiegend aufgedrückt.
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Später kamen auch Rollenstempel zur Anwendung. Sie ließen sich auf dem Leder
abrollen und somit beliebig lange Schmuckleisten mit wiederholendem Muster
erzeugen. All diese Prägestempel konnten überdies zum Prägen von Blattgold verwendet werden, indem man sie erhitzte. Um eine gute Haftung des Blattgoldes zu
gewährleisten, wurde das Leder mit Eiweiß oder Leimwasser grundiert.
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Stempel- und Siegeldruck
| Abb. 1.4 | Venezianischer Einband
16. Jahrhundert
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| Abb. 1.5 | Venezianischer Einband
17. Jahrhundert
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KAPITEL
1»
Historie
1.3
Technologische Entwicklung
Ende des 15. Jahrhunderts beginnt die technologische Entwicklung des Prägedrucks, welche parallel zu Gutenbergs Buchdruck stattfand. Basierend auf seiner
Buchdruckpresse, eine einfache Spindel- und Stockpresse, entstanden erste Prägepressen. Sie erlaubten einen höheren Anpressdruck, und somit konnten ganze
Prägeplatten – in nachgewiesenen Fällen aus Messing, zur Anwendung kommen.
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Das maschinelle Prägen von Blattgold wurde später durch beheizbare Kniehebelpräge – und Vergoldepressen, welche 1855 konstruiert wurden, erleichtert. Zuvor
mussten die Prägeplatten stets separat erhitzt werden. Der technische Fortschritt
erweiterte gleichzeitig das Anwendungsspektrum. Seit Ende des 18. Jahrhunderts
verarbeiteten die Buchbinder erste Papierwaren wie beispielsweise Wunsch- und
Visitenkarten mit Reliefprägungen.
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1.3.1
Trockenprägedruck
Neben dem Prägen von Blattgold auf Bucheinbänden mittels Buchdruckpressen
kam seit Ende des 17. Jahrhunderts ein weiteres Verfahren zum Goldprägen von
Buntpapieren zur Anwendung. Buntpapiere benutzte man beispielsweise für Festreden, Glückwünsche und Adelsdiplome. Auch als günstige Alternative zur Buchdeckendekoration wurden sie verwendet. Zum Prägen benutzte man Walzenpressen der Kupferdrucker. Zwischen zwei übereinander angeordneten Walzen wurde
eine heiße gravierte Kupferplatte horizontal hindurch gedreht. Auf die Kupferplatte wurden die Goldblättchen, das Buntpapier und weicher Filz gelegt. Dieser
hatte die Funktion einer Gegendruckform. Das Verfahren kam bis Anfang des 19.
Jahrhunderts zur Anwendung. Der Trockenprägedruck trägt seinen Namen weil
seine Farben, die Blattmetalle in jedem Stadium des Druckvorganges trocken sind.
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1.3.2
Flächenprägedruck
Auch der farbige Prägedruck unter Verwendung von flüssigen Druckfarben entwickelte sich Ende des 17. Jahrhunderts als eigenständiges Druckverfahren in Form
des Flächenprägedrucks (Siegelmarkendruck). Er zeichnet sich durch eine farblose
Prägung in farbiger Umgebung aus. Der Prägedruckvorgang wurde in einem
Arbeitsgang vollzogen, wobei die flächigen Teile der Prägedruckplatte eingefärbt
wurden und die prägende Vertiefung ausgespart wurde.
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24
«1.3
Technologische Entwicklung
Im Siegel- und Steuerstempelwesen fand der Flächenprägedruck erste Anwendungen durch einfache Schrauben- oder Spindelpressen, im 19. Jahrhundert bei
der Anwendung für die Siegelmarken und Briefmarkenproduktion mit einer
eigens dafür konstruierten Maschine. Er hat heute kaum noch Bedeutung und
wird nur noch selten praktiziert.
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1.3.3
Vom Kupferstich zum Stahlstichprägedruck
Der Stahlstichprägedruck kann sowohl dem Tiefdruckverfahren als auch dem Prägedruckverfahren zugeordnet werden. Er hat sich aus der viel älteren Technik des
Kupferstichs entwickelt. Um höhere Auflagen zu gewährleisten, gelang es 1820
Stahlplatten gravierfähig zu machen und diese nach der Gravur wieder auf Stahlhärte zu bringen.
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Der Stahlstichprägedruck besticht durch ein dreidimensionales Druckergebnis. Er
ist ein Farbdruck mit gleichzeitiger Hochprägung. Zur Anwendung kommen Stahlstichschnellpressen. Der Stahlstichprägedruck ist vor allem im Akzidenz- und
Wertpapierbereich von Bedeutung.
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| Abb. 1.6 | Trockenprägedruck für Buchdeckendekorationen
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KAPITEL
1»
Historie
1.3.4
Der Prägefoliendruck
Während des 19. Jahrhunderts gründeten sich erste Spezialfirmen für die Herstellung von Papierwaren, und die Buchbinder wurden nach und nach aus der Papierwarenfabrikation verdrängt. Zu diesem Zeitpunkt beginnt auch die Historie des
heutigen Prägefoliendruckes. Der Prägefoliendruck verkörpert den Trockenprägedruck und hat das Prägen mit Blattgold fast vollständig verdrängt. Er zählt zu den
heute am meist verbreitetsten Prägedruckverfahren.
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Zurückzuführen ist das Prägen von farbigen bzw. metallisierten Prägefolien auf
Ernst Oeser, welcher selbst gelernter Buchbinder war. Das Problem helle und
weiße Druckfarbe deckend auf dunkelfarbigen Fotokarton aufzubringen brachte
ihn dazu, eine weiße Farbfolie zu entwickeln, welche mittels beheizbarer Prägepressen deckend übertragen werden konnte. Er mischte Wasser mit Gelatine, Glyzerin und weiße Mineralfarbe und verteilte die flüssige Masse als dünne Schicht
auf eine Glasplatte. Nach dem Aushärten konnte die fertige Prägefolie von der
Glasplatte abgeschält werden. Durch Zumischung verschiedenster Mineralfarben
entstanden so Folien in verschiedenen Farbvariationen. 1892 erhielt er das Patent
zur “Herstellung farbiger Tiefprägungen unter Verwendung farbiger Folien”. Vor
allem Buchbindereien verwendeten seine Folien zur Einbanddekoration.
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1903 erhielt er sein zweites Patent mit dem “Verfahren zur Herstellung von Bronzefolien für den Prägedruck”. Diese Bronzefolien ersetzten beim Prägen das teure
Blattgold. Für diese Folien wurde eine flüssige Masse, bestehend aus Leim und
Glycerin, auf eine Glasplatte aufgetragen. Auf die noch flüssige dünne Schicht
wurde anschließend Bronzepulver gestreut, welches sich mit der Masse verband.
1904 wurde diese Bronzefolie verbessert, indem er eine zusätzliche Lackschicht
(Zaponlack) auftrug. Somit konnte das Oxidieren der Folie verhindert werden.
Diese Folie wurde unter dem Namen “Antioxyd-Bronzefolie” bekannt. Heute ist
diese trägerlose Blattfolie vom Markt verschwunden und wird von einer neuen
Generation Prägefolien vertreten.
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1932 gelang es der Firma Kurz durch Aufdampfen von Gold auf Trägermaterialien
Goldfolien zu erzeugen. Es war die erste metallisierte Prägefolie der Welt. Erst
durch die moderne Konsum- und Werbewirtschaft Anfang der 50er Jahre entwickelte sich der Prägefoliendruck vehement. Erhöhte Ansprüche der Markenartikelindustrie in Bezug auf Werbung und Firmenimage, erhöhte Ansprüche des Verbrauchers gegenüber den Markenartikelherstellern in Bezug auf Verpackung und
Aufmachung der Produkte stellten das gesamte Druckgewerbe vor steigende
qualitative und quantitative Anforderungen.
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«1.3
Technologische Entwicklung
1.3.5
Prägefolien-Druckmaschinen
Durch die sprunghafte Entwicklung des Prägefoliendrucks wurden die bis dahin
fast ausschließlich verwendeten beheizten Kniehebelpräge- und Vergoldepressen
den steigenden Ansprüchen nicht mehr gerecht. Aufgrund des hohen manuellen
Aufwandes waren höhere Auflagen zudem ausgeschlossen.
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1957 entschloss sich daher die Fa. Gietz & Co., Dietlikon (Schweiz), die erste
Druckmaschine für den Prägefoliendruck zu bauen, den so genannten “Folienprägeautomat”, eine Klapptiegelmaschine im Format 32x46 cm. Die Heidelberger
Druckmaschinen AG entwickelte 1959 den “Heidelberger Spezial Stanz- und Prägeautomat GTP”. Dieser war ein Umbau des bewährten Drucktiegels 34/46 cm.
Farbkasten und Walzen wurden entfernt und durch Spulen, Transport- sowie Zugund Aufwickelrollen für Prägefolien ersetzt. Ein neuer beheizbarer Schließrahmen
mit Löchern und Steckschlössern komplettierte den Umbau. Bis Anfang der 70er
Jahre kamen fast ausschließlich diese nach dem Prinzip “Flach auf Flach” arbeitenden Prägetiegel für den Prägefoliendruck zur Anwendung. In Europa kamen erstmals Maschinen im Großformat der Fa. Bobst (Lausanne) auf den Markt. Diese
waren für den Prägefoliendruck umgerüstete Stanzmaschinen mit einem Bogenformat von 92 x 126 cm.
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1972 präsentierte die Heidelberger Druckmaschinen AG eine nach dem Prinzip
“Rund auf Flach” arbeitende Maschine den “Heidelberger Prägezylinder SP”. Sie
war eine aus dem bewährten Buchdruckzylinderprogramm entwickelte Spezialmaschine. Da eine Druckmaschinenfabrik wie Heidelberg für eine rationelle Fertigung hohe Stückzahlen voraussetzen muss die mit Prägefolien-Druckmaschinen
nicht erreicht werden konnten, werden diese Maschinen trotz hoher Qualität
nicht mehr gebaut. Prägezylinder werden heute auf Basis von Buchdruck-Zylindermaschinen von Spezialfirmen hergestellt.
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1995 wurde die erste “Rund auf Rund” arbeitende Prägefolien-Druckmaschine
der Firma Steuer präsentiert. Das “Foil-Jet System” erreicht durch das Rotationsprinzip erstmals Bogenzahlen von über 10000 Bögen in der Stunde.
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