Schule

Transcription

Schule
Die
berufsbildende
Zeitschrift des
Bundesverbandes der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen
April 2013
Schule
4
Tec2Screen®
Mit dem neuen Lernbegleiter in die Dimension
des Connected Learning: Besser lernen,
schneller verstehen, länger behalten.
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Inhalt
Die
berufsbildende
Schule
Zeitschrift des
Bundesverbandes der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen
**
**
**
LEITARTIKEL
Berthold Gehlert
Kompetenzorientierung –
Leitidee, nicht Stressprogramm
**
24. Deutscher Berufsschultag
Heft 4
UNTERRICHT
125
BLBS-NACHRICHTEN
BLBS und vlbs-NRW – Repräsentanten für
berufliche Bildung auf der didacta 2013 in Köln 131
106
– Programm des 24. Deutschen Berufsschultages
und der Vertreterversammlung
107
Garanten für den Ausbildungserfolg
131
– Arbeitskreise
107
Dienst-, Tarif- und Versorgungsrecht:
Länderexperten des BLBS trafen sich in Berlin
132
– Schulstruktur im Bundesland Brandenburg
108
MINT-Lehrer-Spitzengespräch in Berlin
133
– Beispiel eines Oberstufenzentrums in
Brandenburg: Eduard-MaurerOberstufenzentrum Henningdorf
108
**
NACHRICHTEN AUS DEN LÄNDERN
134
Der BLBS zum Gespräch beim DIHK
109
**
NACHRICHTEN135
**
LITERATUR136
Pressemitteilung des BLBS vom 18.02.2013:
Die beruflichen Schulen mit einbeziehen
**
April 2013
Tobias Greiner, Markus Emmerling
Handys an Berufsschulen – wegdrücken
oder annehmen?
105
BLBS-AKTUELL
– Anfahrtsplan zu den Tagungsorten
65. Jahrgang
109
THEMEN
Fritz Többe
Organisationskultur und Schulentwicklung –
Zur Problematik des Anerkennungsbegriffs
110
24. Deutscher Berufsschultag
Harald Strating, Josef Thöle
Konzept und Erfahrungen mit dem Studiengang Quereinstiegsmaster LBS Elektro- und
Metalltechnik an der Universität Osnabrück
115
Manfred Bönsch
Guter Unterricht braucht gute Lerner –
Die Pädagogik einer guten Schule
119
Alexandra Eder, Klaus Rütters
Erprobung kooperativer Fortbildungen von
Lehrkräften und Ausbilder/-innen im
Ausbildungsberuf Mechatroniker/-in
Berufliche Schulen sichern Zukunft
25. bis 27. April 2013 in Potsdam
Anmeldung und Information:
BLBS-Bundesgeschäftsstelle
Friedrichstraße 169/170, 10117 Berlin
E-Mail: [email protected]
Internet: www.blbs.de
122
Die berufsbildende Schule (BbSch) 65 (2013) 4
103
Impressum
Die berufsbildende Schule
Zeitschrift des Bundesverbandes der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen
Schriftleitung:
Aufsätze (Themen, Unterricht), Diskussion, Literatur – Geschäftsführung:
Professor Dr. Andreas Schelten
Lehrstuhl für Pädagogik, Technische Universität München,
Lothstraße 17, D-80335 München
Telefon (0 89) 28 92 42 77, Fax (0 89) 28 92 43 13
E-Mail: [email protected]
http://www.paed.edu.tum.de
Berichte, Nachrichten, Recht, Veranstaltungen, Persönliches:
Oberstudiendirektor Heiko Pohlmann
Kapellenstraße 82, D-82239 Alling
Telefon (0 81 41) 81 85 24, Fax (0 81 41) 5 37 24 05
E-Mail: [email protected]
Autoren/Autorinnen dieses Heftes:
Többe, Fritz, Dr. phil., OStR a. D., Schützenstraße 16, 48529 Nordhorn, E-Mail: [email protected]
Strating, Harald, Dr. Ing., M. A., Lehrbeauftragter Universität Osnabrück, Lehrstuhl für Berufs- und Wirtschaftspädagogik, BBS Bersenbrück, Ravensbergstraße 15, 49593 Bersenbrück,
E-Mail: [email protected]
Thöle, Josef, Leitender Regierungsschuldirektor, Universität Osnabrück, Lehrstuhl für Berufs- und Wirtschaftspädagogik, Katharinenstraße 24, 49078 Osnabrück, E-Mail: [email protected]
Bönsch, Manfred, Dr., Prof., In der Bebie 54, 30539 Hannover, E-Mail: [email protected]
Eder, Alexandra, Dr., Leibniz Universität Hannover, Institut für Berufspädagogik und Erwachsenenbildung, Schloßwender Straße 1, 30159 Hannover, E-Mail: [email protected]
ütters, Klaus, Dr., Prof., Leibniz Universität Hannover, Institut für Berufspädagogik und Erwachsenenbildung, SchloßR
wender Straße 1, 30159 Hannover, E-Mail: [email protected]
Greiner, Tobias, StR, Dipl.-Berufspäd. Univ., Staatlicher Schulpsychologe für berufliche Schulen, Wissenschaftlicher
Mitarbeiter, Technische Universität München, TUM School of Education, Lehrstuhl für Pädagogik, Lothstraße 17,
80335 München, E-Mail: [email protected]
Emmerling, Markus, Studienreferendar an der Städtischen Berufsschule für Informationstechnik, Riesstraße 34,
80992 München
Kleinschmidt, Gottfried, Dr., Prof., Einsteinstraße 21, 71229 Leonberg-Ramtel
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht in jedem Fall die Meinung des Herausgebers oder der Schriftleitung wieder.
Offizielle Äußerungen des Bundes­verbandes der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen werden als solche gekennzeichnet.
Herausgeber:Bundesverband der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen (BLBS), Geschäftsstelle: Friedrichstraße 169/170,
10117 Berlin, Telefon (0 30) 40 81-66 50, Fax (0 30) 40 81-66 51, Internet: www.blbs.de, E-Mail: [email protected]
Vorsitzender: Oberstudiendirektor Berthold Gehlert, E-Mail: [email protected]
Verlag:dbb verlag GmbH, Friedrichstraße 165, 10117 Berlin, Telefon (0 30) 7 26 19 17-0, Sparkasse Köln/Bonn, Konto 21 006
903, Commerzbank Berlin, Konto 073 399 800. Versandort: Geldern. Auflieferort: Duisburg.
Herstellung und: dbb verlag GmbH, Friedrichstraße 165, 10117 Berlin, Internet: www.dbbverlag.de, E-Mail: [email protected].
Anzeigenverwaltung Anzeigen: dbb verlag gmbh, Mediacenter, Dechenstr. 15 A, 40878 Ratingen. Telefon (0 21 02) 7 40 23-0,
Fax (0 21 02) 7 40 23-99, E-Mail: [email protected]. Anzeigenleitung: Petra Optiz-Hannen,
Telefon (0 21 02) 7 40 23-7 15. Anzeigendisposition: Jutta Hammacher, Telefon (0 21 02) 7 40 23-7 10.
Druckauflage: 20.000 Exemplare. Es gilt Anzeigenpreisliste Nr. 50, gültig ab 1. 10. 2012. ISSN 0005-951X.
ErscheinungsweiseDie Zeitschrift erscheint 10-mal jährlich. Bezugspreis jährlich 34,90 Euro, Einzelheft 3,90 Euro, jeweils zuzüglich Porto.
und Bezug:Bestellungen bei Buchhandlungen oder dbb verlag GmbH, Friedrichstraße 165, 10117 Berlin.
Für Mitglieder des Bundesverbandes der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen ist der Bezugspreis im Mitgliedsbeitrag enthalten. Abonnementskündigungen müssen bis zum 10. Dezember beim dbb verlag GmbH, Friedrichstraße 165,
10117 Berlin, eingegangen sein, sonst muss der Bezugspreis für das nächste Jahr bezahlt werden.
Einsendungen:Manuskripte und Leserzuschriften zu den Rubriken der Zeitschrift sind an den jeweiligen Schriftleiter zu senden.
Unaufgefordert eingesandte Bücher werden nicht zurückgeschickt.
Zum Titelbild:
Siehe BLBS-aktuell (Tagungsorte), S. 106 ff. (Gestaltung des Titelbildes: Jutta Köhler, nach Vorlage Oberstufenzentrum I – Technik Potsdam)
104
Die berufsbildende Schule (BbSch) 65 (2013) 4
Leitartikel
Berthold Gehlert
Kompetenzorientierung –
Leitidee, nicht Stressprogramm
Kompetenzorientierung ist nicht neu, aber sie wird allerorten zum bildungspolitischen Hype hochstilisiert. Einige Beiträge auf der eben zu Ende gegangenen didacta in Köln erweckten den Eindruck, dass im neuen Schuljahr aufgrund kompetenzorientierter Lehrpläne alles ganz anders werden würde. Die Rhetorik schaltete dabei gerne auch mal in den StressModus. Da war und ist die Rede vom Paradigmenwechsel, vom Einschwören der Lehrerschaft auf neue Ideen und von neuen Unterrichtschoreografien. Der Kern der Botschaft lautet, dass es in der Schule, wie auch in der betrieblichen Ausbildung,
nicht nur um Wissen, auch nicht nur um Können geht, sondern letztlich (und das ist der Kick) um die Bereitschaft und
Fähigkeit diese in konkreten Situationen auch anzuwenden.
Der Kompetenzbegriff, so wie er heute verstanden wird, versucht berufliche Qualifizierung und (Persönlichkeits-)Bildung
zu einem konsistenten Ansatz zusammenzufassen. Das
Kompetenzmodell des Deutschen Qualifikationsrahmens
(DQR) drückt dies mit den beiden übergeordneten Kompetenzbereichen Fachkompetenz und Personale Kompetenz
auch so aus. Kompetenz bezeichnet im DQR „die Fähigkeit
und Bereitschaft des Einzelnen, Kenntnisse und Fertigkeiten
sowie persönliche, soziale und methodische Fähigkeiten zu
nutzen und sich durchdacht sowie individuell und sozial verantwortlich zu verhalten. Kompetenz wird in diesem Sinne
als umfassende Handlungskompetenz verstanden“. Nun gilt
es aber auch zu unterscheiden zwischen dem, worüber ein
Individuum als Kompetenz im Sinne einer Disposition verfügt und was davon in einer konkreten beruflichen oder alltagsweltlichen Situation als „Performanz“ sichtbar wird. Die
Kompetenzen selbst lassen sich nicht direkt beobachten. Das
macht es offenbar auch so leicht (Papier ist geduldig), dass
Zielvorstellungen zu immer umfangreicheren KompetenzCollagen zusammengeführt werden. Hat sich die KMK 1996
noch auf Fach-, Personal- und Sozialkompetenz geeinigt, hat
sie aktuell nachgelegt und die Humankompetenz (später im
Sinne des DQR als Selbstständigkeit betitelt), Lernkompetenz und kommunikative Kompetenz aufgenommen. Was,
so darf man fragen, ist mit Umweltschutz-Kompetenz, Gender-Kompetenz und Inklusions-Kompetenz?
Solche Rückfragen an den großzügigen Gebrauch des Kompetenzbegriffes durch Bildungsverantwortliche sollen aber
nicht dazu führen, die Kompetenzorientierung als Leitbegriff
für den Unterricht in Misskredit zu bringen. Im Gegenteil.
Der Verzicht auf Überhöhungen und Überdehnungen wird
dazu führen, dass Lehrerinnen und Lehrer sich für das berechtigte und wichtige Anliegen öffnen und die damit verbundenen Denkbahnen und Assoziationsräume für die Gestaltung ihres Unterrichts nutzen.
Sicherlich, die Lehrkräfte an beruflichen Schulen haben
durch ihre berufliche Prägung und ihrer Theorie-Praxis-Verzahnung und dem selbstverständlichen Arbeiten in Fachräumen, Labors und Werkstätten wenig Probleme mit Ziel und
Absicht der Kompetenzorientierung in den Lehrplänen. Aber
die didaktische Ausrichtung, Lernen als Prozess der Selbstorganisation zu verstehen, ist in der praktischen Unterrichtsarbeit dann doch nicht so einfach umzusetzen. Das hat ein-
mal damit zu tun, dass verinnerlichte, da einst erwartete und
trainierte Unterrichtsstrategien nicht auf Knopfdruck über
Bord geworfen werden können. Unseren Lehrerinnen und
Lehrern fehlt es nicht an Flexibilität oder Engagement, sie
haben aber erfahren, dass sie immer wieder mit Lehrmeinungen konfrontiert wurden, die gerade in der Einführungsphase häufig mit zu viel Euphorie beworben wurden. Da war
einst die Wissenschaftsorientierung bzw. Wissenschaftspropädeutik, dann die bis zum Exzess betriebene Operationalisierung der (Fein-)Lernziele, schließlich die konsequente
Handlungsorientierung und die Auflösung der an den Fachwissenschaften orientierten Fächerstruktur zugunsten von
Lernfeldern. Alle diese didaktischen Denkschulen wurden
nur in ihrer Verabsolutierung obsolet, tatsächlich leben sie
nach dem Motto „das Beste aus verschiedenen Welten“ weiter. Natürlich sind Aussagen auch heute noch auf ihre „wissenschaftliche“ Korrektheit zu prüfen, etwa in dem Sinne,
dass sie stets widerspruchsfrei erweiterbar sein müssen. Natürlich hat auch heute noch der Ahnherr der Lernzieloperationalisierung, Mager, mit seinem mahnenden Hinweis recht
„Wer nicht genau weiß, wohin er will, braucht sich nicht zu
wundern, wenn er ganz woanders ankommt!“, auch wenn
selbst entdeckendes Lernen sicherlich spannend und wertvoll ist. Natürlich ist es richtig, auch alle schulischen Lernergebnisse sich in der handelnden Anwendung bewähren zu
lassen. Deshalb wird es angemessen sein, an berufsbildenden Schulen die Kompetenzorientierung nicht mit einer verordneten Aufwallung als dramatischen Paradigmenwechsel
zu „verkaufen“, sondern in überzeugender Weise von einer
Weiterentwicklung der berufspädagogischen Perspektive zu
sprechen und zur Implementation der damit verbunden methodisch-didaktischen Lernarrangements auch Unterstützungssysteme und die Sach- und Personalressourcen zur
Verfügung zu stellen.
Es muss auch erlaubt sein, sich nicht nur mit den Konsequenzen der Kompetenzorientierung auf der Ebene der Einzelschule auseinanderzusetzen, sondern auch danach zu fragen, in welcher Weise das Bildungssystem als Ganzes damit
gesteuert werden soll. Aus dieser Perspektive folgt die Kompetenzorientierung ja ganz anderen Überlegungen. Jedenfalls ist sie nicht nur ein Kind berufspädagogischer Überlegungen in den ministeriellen Amtsstuben. Kompetenzorientierung hat als Steuerungsperspektive etwas mit internationalen Vergleichsstudien (PISA war ein beachtlicher Kata-
Die berufsbildende Schule (BbSch) 65 (2013) 4
105
BLBS-aktuell
lysator) und mit den europäischen Bildungsimpulsen zu tun.
Erst im Gefolge der Vorlage eines Europäischen Qualifikationsrahmens hat sich Deutschland der Entwicklung eines Nationalen Qualifikationsrahmens zugewandt. Der Kompetenzbegriff mit seiner bereits eingangs geschilderten
Ausprägung wurde zum inhaltlichen Dreh- und Angelpunkt.
Wie bekannt, ist es trotz des ursprünglichen Anspruchs, einen bildungsbereichsübergreifenden Qualifikationsrahmen
zu schaffen nicht gelungen, bei den ersten wegweisenden
Einordnungen auch die allgemeinbildenden Qualifikationen
bereits jetzt einvernehmlich den DQR-Niveaustufen zuzuordnen. Dieser Fehlstart wurde mit dem Vorsatz kaschiert,
auf der Grundlage kompetenzorientierter Ausbildungsordnungen und kompetenzorientierter Bildungsstandards alle
Zuordnungen in wenigen Jahren neu zu diskutieren und hoffentlich zu entscheiden. Auch von daher kommt ein enormer
Druck auf die Kultusministerien zu. Mit der Kompetenzorientierung hängt zudem die „Europakompatibilität“ mit der
Zertifizierung von Lerneinheiten (ECVET) und dem „Sichtbarmachen“ von non-formalen und informell erworbenen Kompetenzen zusammen.
>
Berufsbildende Schulen können selbstbewusst ihre Rolle in
dieser Gemengelage spielen. Berufspädagogische Konzepte
nehmen sie gerne auf, ihre Konstante sind berufliche Handlungsfähigkeit und wertegebundene Bildungsziele. Die Steigerung von kompetenzorientierten Lehrplänen ist kompetenter und kompetenzfördernder Unterricht. Und hier
sind die berufsbildendenden Schulen ganz stark. Deshalb
lautet das Motto des 24. Deutschen Berufsschultages am
26. April 2013 in Potsdam auch zu Recht: Berufliche Schule
sichern Zukunft!
Persönliche Anmerkung: Als scheidender BLBS-Bundesvorsitzender habe ich bewusst aus einem größeren Zeithorizont
heraus aktuelle Bemühungen eingeordnet und dabei auch
einige Pointierungen zugelassen. Damit plädiere ich nicht
für passive Strategien. Es geht mir aber um ruhige,
rationale Überzeugungsarbeit. Ebenso liegt mir daran, dass
jede einzelne Lehrkraft sich immer auch die Frage stellt, in
welchen bildungspolitischen Zusammenhang die aktuellen
berufspädagogischen Intentionen einzuordnen sind.
BLBS-aktuell
24. Deutscher Berufsschultag in Potsdam
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Schirmherrschaft für den 24. Deutschen Berufsschultag übernommen. Er findet
vom 25. bis 27. April 2013 in Potsdam statt und ist geprägt durch die Neuwahlen des Bundesvorstands, die öffentlichkeitswirksame Hauptveranstaltung, elf Arbeitskreise und eine umfangreiche Lehr- und Lernmittelausstellung.
Dazu lädt der Bundesverband der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen (BLBS) alle, die an der beruflichen Bildung
interessiert sind, herzlich ein und würde sich sehr über Ihre Anwesenheit freuen.
Beide Tagungsorte, das Oberstufenzentrum I – Technik
(OSZ I) und das Dorint Sanssouci Berlin/Potsdam, befinden
sich in Potsdam in der Jägerallee (siehe Titelseite). Der folgende Anfahrtsplan soll helfen, diese zu finden.
Anfahrtsplan zu den Tagungsorten
– zum Oberstufenzentrum I – Technik (OSZ I)
14469 Potsdam, Jägerallee 23 a, Tel. 0331.2897101
– zum Hotel Dorint Sanssouci Berlin/Potsdam
14469 Potsdam, Jägerallee 20, Tel. 0331.2740
Mit dem Flugzeug
Einstieg am Flughafen Berlin-Tegel in den Bus „TXL“ (Richtung S- und U-Bahnhof Alexanderplatz), Fahrkarte für die
Regionen A, B, und C nötig, Ausstieg am Washingtonplatz/
Hauptbahnhof Berlin;
Einstieg am Hauptbahnhof Berlin in den Regionalzug (RE 1
Richtung Magdeburg) nach Potsdam, Ausstieg am Hauptbahnhof Potsdam;
Einstieg am Hauptbahnhof Potsdam in den Bus Nummer
695 (Richtung Potsdam/Pirschheide Bahnhof), Ausstieg an
der Station Reiterweg/Jägerallee. Das Dorint-Hotel liegt
50 Meter von der Bushaltestelle entfernt.
106
Die berufsbildende Schule (BbSch) 65 (2013) 4
Mit der DB
Einstieg am Hauptbahnhof Berlin in den Regionalzug
(RE 1 Richtung Magdeburg) nach Potsdam, Ausstieg am
Hauptbahnhof Potsdam;
Einstieg am Hauptbahnhof Potsdam in den Bus Nummer
695 (Richtung Potsdam/Pirschheide Bahnhof), Ausstieg an
der Station Reiterweg/Jägerallee. Das Dorint-Hotel liegt 50
Meter von der Bushaltestelle entfernt.
Mit dem Auto
Von Westen aus Richtung Hannover/Magdeburg (A 2):
Weiter über den Berliner Ring (A 10) Richtung Berlin/Hamburg, Abfahrt Potsdam-Nord, weiter in Richtung Potsdam,
in Potsdam-Bornstedt links in die Pappelallee, Richtung
Cecilienhof. Am Ende der Pappelallee steht das Hotel auf der
rechten Seite.
Von Norden aus Richtung Hamburg/Rostock (A 24): Am Dreieck Havelland auf den Berliner Ring (A 10) Richtung
Leipzig/Potsdam, Abfahrt Potsdam-Nord, weiter in Richtung
Potsdam, in Potsdam-Bornstedt links in die Pappelallee,
Richtung Cecilienhof. Am Ende der Pappelallee steht das Hotel auf der rechten Seite.
(Fortsetzung auf S. 108)
BLBS-aktuell
Programm
24. Deutscher Berufsschultag und Vertreterversammlung
vom 25. bis 27. April 2013 in Potsdam
Donnerstag, 25.04.2013
13:30 – 16:00 Uhr
16:00 – 16:30 Uhr
16:30 – 18:00 Uhr
19:00 – 20:00 Uhr
20:00 – 23:00 Uhr
Bundesvertreterversammlung, Teil 1a
Kaffeepause
Bundesvertreterversammlung, Teil 1b
Bürgermeisterempfang
gemeinsames Abendessen
OSZ I – Technik, Lehrerzimmer
OSZ I – Technik, Foyer
OSZ I – Technik, Lehrerzimmer
Rathaus
OSZ Johanna Just
Lehr- und Lernmittelausstellung
Schau Brandenburg
Pressekonferenz
Hauptveranstaltung
Mittagessen
11 Arbeitskreise
Begleitprogramm
Festabend
OSZ I – Technik
OSZ I – Technik, Innenhof
Dorint-Hotel
Dorint-Hotel
OSZ I – Technik, Turnhalle
OSZ I – Technik
Potsdam
Dorint-Hotel
Bundesvertreterversammlung, Teil 2a
Kaffeepause
Bundesvertreterversammlung, Teil 2b
OSZ I – Technik, Lehrerzimmer
OSZ I – Technik, Foyer
OSZ I – Technik, Lehrerzimmer
Freitag, 26.04.2013
09:30 – 17:00 Uhr
09:30 – 16:00 Uhr
10:00 – 10:30 Uhr
11:00 – 13:30 Uhr
13:30 – 15:00 Uhr
15:00 – 18:00 Uhr
15:00 – 18:00 Uhr
20:00 – 24:00 Uhr
Samstag, 27.04.2013
09:00 – 10:30 Uhr 10:30 – 11:00 Uhr
11:00 – 12:30 Uhr Arbeitskreise
Freitag, 26. April 2013 im OSZ I – Technik, 15 Uhr bis 18 Uhr
Thema
1
Die Eingruppierungsproblematik von
tarifbeschäftigten und beamteten Lehrern
2
Innovative Elemente im Referendariat
und in der Berufseintrittsphase, Programme,
Entwicklungen, Erfahrungen
3
Urheberrecht im Schulbereich
4
Anforderungen an und Erfahrungen mit
der Gestaltung von Prüfungen am Beispiel
der Altenpfleger und der medizinischen
Fachangestellten
5
Internationale Netzwerke aufbauen und
weiterentwickeln
6
Von der Praxis der Theorie und der Theorie
der Praxis
7
Leiter
Referent
Raum
Roland Hiepe
Matthias Hohle
Jens Hoffmann
HG 0.42
Prof. Dr.
Günter Pätzold
Wolfgang Förmer
Cerstin Henning
Hartmut Müller
HG 0.31
Wolfgang Lambl
Dr. Stefan Haupt
HG 0.33
Elke Martin
Hildegard Bierstedt
Harald Bielitz
Michael Schubert
EG 1.11
Knut R. Kraft
HG 0.04
Reinhard Stritter
Henning Wilke
Gerd Baumer
Prof. Dr. Andreas Schelten
HG 0.10
Tools für die ersten 100 Tage im Lehrerberuf
Kyra Koschinat
Kathleen Dilg
Elke König
HG 0.17
8
Bestandsaufnahme und Weiterentwicklung
der Beihilfe und Versorgung
Günter Besenfelder
Manfred Till
HG 0.22
9
Körpersprache im Unterricht – soziale
Beziehungskompetenz ist erlernbar
Hans Lehmann
Prof. Dr. Rudi Heidemann
HG 0.01
10
Lehrergesundheit – gesunde Schule
Sabine Mesech
Prof. Dr. Klaus Scheuch
HG 0.15
11
Inklusion an beruflichen Schulen
Wolfgang Herbst
German Denneborg
HG 0.14
Die berufsbildende Schule (BbSch) 65 (2013) 4
107
BLBS-aktuell
Von Süden aus Richtung Leipzig (A 9):
Weiter auf dem Berliner Ring (A 10) Richtung Berlin, anschließend weiter auf der A 115, Abfahrt Potsdam-Babelsberg, in
Potsdam den grünen Hinweisschildern der „Hotelroute“ zum
„DORINT Hotel“ folgen.
Von Osten aus Richtung Frankfurt/Oder (A 12):
Weiter auf dem Berliner Ring (A 10) Richtung Berlin, anschließend weiter auf der A 115, Abfahrt Potsdam-Babelsberg, in
Potsdam den grünen Hinweisschildern der „Hotelroute“ zum
„DORINT Hotel“ folgen.
Schulstruktur im Bundesland Brandenburg
Da Potsdam im Bundesland Brandenburg liegt, soll im Folgenden die Schulstruktur der beruflichen Schulen in Brandenburg, für die das Brandenburgische Schulgesetz die
Grundlage bildet, kurz vorgestellt werden.
Berufliche Schulen an Oberstufenzentren (OSZ): Als berufliche
Schule in öffentlicher Trägerschaft fasst das Oberstufenzentrum in der Sekundarstufe II die Bildungsgänge der Berufsschule, der Berufsfachschule, der Fachoberschule und der
Fachschule zusammen. (...) An beruflichen Schulen des Landes Brandenburg kann außerdem das berufliche Gymnasium vorhanden sein.
Berufliches Gymnasium an Oberstufenzentren (OSZ): Das berufliche Gymnasium setzt die Bildungs- und Erziehungsarbeit der Sekundarstufe I fort, vertieft und erweitert sie. Individuelle Schwerpunktsetzung und vertiefte allgemeine
Bildung führen zur allgemeinen Studierfähigkeit und bereiten auf die Berufs- und Arbeitswelt vor. Mit erfolgreichem
Abschluss des beruflichen Gymnasiums wird die allgemeine
Hochschulreife erworben.
Lehrkräfte (Stand 2012/2013): An den 25 Oberstufenzentren
Brandenburgs unterrichten 1.924 Lehrkräfte, davon 719
Männer und 1.205 Frauen. Somit beträgt der Frauenanteil
62,6 Prozent. Hinzu kommen noch 582 Lehrkräfte an beruflichen Schulen in freier Trägerschaft.
Quelle: www.statistik-berlin-brandenburg.de
Beispiel eines Oberstufenzentrums:
Eduard-Maurer-Oberstufenzentrum Hennigsdorf
in Brandenburg
Altersgemischtes Lernen, Inklusion, Gleichwertigkeit von beruflicher und allgemeiner Bildung, Gemeinschaftsschule –
eine Schule für alle, lebenslanges Lernen, Berufsorientierung, Europäisierung – das alles sind die Schlagwörter und
Oberstufenzentrum Henningsdorf
108
Die berufsbildende Schule (BbSch) 65 (2013) 4
Trends der derzeitigen Bildungspolitik in allen Bundesländern. Dabei wird nicht gesehen, dass es bereits jetzt Bildungshäuser gibt, die alle diese, durchaus wertvollen Errungenschaften, in den letzten Jahren ohne direkte
Unterstützung und zusätzliche Förderung realisieren, unsere Oberstufenzentren.
Das Eduard-Maurer-Oberstufenzentrum EMOSZ befindet
sich in Hennigsdorf vor den Toren Berlins, dem bedeutendsten Industriestandort des Landkreises Oberhavel. Unser
Oberstufenzentrum wurde im Jahre 1991 gegründet und ist
heute eine Ausbildungsstätte, an der jährlich ca. 2.000 Schülerinnen und Schüler eine berufliche Erstausbildung erhalten, das Abitur ablegen oder in der Fachoberschule die Berechtigung zum Besuch der Fachhochschule erlangen. Seit
der Fertigstellung des letzten Bauabschnitts in der Berliner
Straße 78 im November 2005 stehen dem OSZ Fachkabinette für die KFZ-Mechatronik, computergestützte Fertigung,
Robotik, Metalltechnik, Heizung/Lüftung/Sanitär, Elektrotechnik/Elektronik, Bautechnik, Holztechnik, Farbtechnik
und Raumgestaltung, Vermessungstechnik, Mechatronik sowie einfache und vernetzte IT-Systeme zur Verfügung. Außerdem verfügt das Oberstufenzentrum über eine der modernsten Sportstätten, die neben dem Unterrichtssport
auch Hennigsdorfer Sportvereinen ein Zuhause ist.
Die Schülerschaft unserer Schule wohnt wegen der langen
Anfahrtswege teilweise in unserem Wohnheim, das über
116 Betten, vorwiegend in Einzelzimmern, sowie acht Gemeinschaftsräume mit dazugehöriger Küche verfügt. Die
Betreuung erfolgt 24 Stunden von Sonntag bis Freitag.
Folgende Ausbildungsmöglichkeiten bestehen am EMOSZ:
– Berufsvorbereitung und Berufsgrundbildung – zum Nachholen von Abschlüssen der Sek I (Berufsschulreife und erweiterte Berufsschulreife)
– Fachoberschule – mit und ohne Vorliegen eines Berufsabschlusses – FHR
– Berufsfachschule (Assistenten nach Landesrecht)
–B
erufsschule (Theoretischer Teil der dualen Ausbildung)
– F achschule in Teil- und Vollzeit – Technikerausbildung
– Berufsausbildung § 48 SGB – Werkerausbildung
– Berufsorientierung in Kooperation mit regionalen Oberschulen Klasse 7 und 8.
Aktuell ist dadurch der jüngste Besucher unseres OSZ 12 und
der älteste Schüler 46 Jahre. Aus diesem Grund lautet unser
Leitspruch: Man entscheidet sich nicht für einen Bildungsgang, wenn man zu uns kommt, man entscheidet sich für eine
Schule – an der die Zukunft gestaltet wird.
Um die Schülerinnen und Schüler auf die zunehmende Globalisierung vorzubereiten, haben wir ein Partnerschaftsnetzwerk mit NL, DK, PL, FR, SP, CZ, IT, (RUS) aufgebaut. Allein im letzten Jahr waren ca. 150 Schülerinnen und Schüler
in den verschiedensten Ländern. Im Gegenzug organisiert
das EMOSZ auch Praktikumsplätze für seine Partnerschulen
bis zu einer Länge von drei Monaten.
Neben all diesen Aufgaben sind wir zeitgleich noch Ausbildungsschule für Referendare und Studenten, die bei uns ihre
schulpraktischen Studien absolvieren.
Am Oberstufenzentrum unterrichten aktuell 75 Lehrkräfte.
Wir verfügen über eine relativ flache Hierarchie, da es in unserem Land außer für die Schulleitung und Schulaufsicht keinerlei Beförderungsstellen gibt. Schulleiter, stellvertretender Schulleiter und drei Abteilungsleiter/-innen sind für den
ordnungsgemäßen Schulbetrieb verantwortlich. Ein Sozialarbeiter, das Sekretariat und die Hausmeister unterstützen
unsere Arbeit. Die Leitung von Klassen, übergreifende Konferenzen und Fachkonferenzen, die Betreuung von Maschinen, IT-Ausrüstung etc. übernehmen Lehrerinnen und Lehrer aus unserem Hause.
Die Fachaufsicht über die Oberstufenzentren haben die
Staatlichen Schulämter, die wiederum dem Ministerium für
Bildung, Jugend und Sport unterstehen. Die Oberstufenzentren sind mit dem Abschluss des MoSeS-Projektes (Modellvorhaben „Stärkung der Selbstständigkeit von Schulen“) mit
erweiterten Aufgaben betraut worden, die der Leitung einen
größeren Verantwortungsbereich als an allgemeinbildenden
Schulen zulassen. Dieses Instrument muss zwingend weiterentwickelt werden. Natürlich unter Bereitstellung der entsprechenden Ressourcen.
Mit einem Dank an alle Kolleginnen und Kollegen möchten
wir die Vorstellung unseres Oberstufenzentrums, das stellvertretend für alle OSZ in Brandenburg steht, abrunden.
Ohne sie, ohne den täglichen Einsatz aller, wäre eine solide
Ausbildung unserer Schülerinnen und Schüler sowie Auszubildenden nicht möglich.
Peter Mohr, Schulleiter; Thomas Pehle, stellv. Schulleiter
Der BLBS zum Gespräch beim DIHK
Ende Februar fand im Rahmen der verbandlichen Kontaktpflege zwischen dem BLBS und dem Deutschen Industrieund Handelskammertag (DIHK) in Berlin ein Gespräch mit
Dr. Esther Hartwich, Bereichsleiterin für die Ausbildung, und
der Leiterin des Referats Schulpolitik, Berit Heintz, statt. Vom
BLBS nahmen daran der Bundesvorsitzende Berthold Gehlert
und sein designierter Nachfolger, Eugen Straubinger, Schulleiter aus Balingen in Baden-Württemberg, teil. Schwerpunkt des Gedankenaustauschs war der Übergangsbereich
für Jugendliche, die die Ausbildungsreife erlangen wollen,
speziell Maßnahmen und Ergebnisse der Einstiegsqualifikation. Dazu stellte Dr. Hartwich das Modell aus Sachsen-Anhalt mit dem Titel „Einstiegsqualifizierung Plus“ vor, das aus
Sicht des DIHK ein schulischer Weg zur begleitenden Qualifizierung von jungen Menschen sein kann.
Die beiden Vertreter des BLBS wiesen auf die deprimierende
Praxis der oft fehlenden Anrechnungen der Einstiegsqualifikation auf eine nachfolgende Berufsausbildung hin und betonten, dass die beruflichen Schulen als Partner der dualen
Ausbildung auch eine verantwortliche Rolle bei der Einstiegsqualifikation wahrnehmen würden. Sie wiesen zudem
darauf hin, dass es praktisch in allen Bundesländern schulische Maßnahmen (BVJ, BEJ, VAB ...) gibt, die ebenfalls erfolgreich auf eine duale Ausbildung vorbereiten. Knapp angesprochen wurden auch Fragen zur Kammerprüfung. Auf
Nachfrage von Berthold Gehlert wurde vom DIHK bestätigt,
dass die Möglichkeit des § 39, Abs. 2 BBiG zur Einbeziehung
Die Gesprächsteilnehmer:
Eugen
Straubinger,
Dr. Esther
Hartwich und
Berthold Gehlert (von links)
gutachterlicher Stellungnahmen durch die Prüfungsausschüsse genutzt wird. Allerdings nicht, wie im Gesetz empfohlen, durch den vorzugsweisen Rückgriff auf berufliche
Schulen, sondern zur Beteiligung betrieblicher Praktiker in
speziellen Ausbildungsberufen. Hier sieht der BLBS noch erheblichen Gesprächsbedarf.
Grundsätzlich wurde von beiden Seiten Kooperationsbereitschaft signalisiert und großes Interesse geäußert, das begonnene Gespräch weiterzuführen.
BLBS
Pressemitteilung des BLBS vom 18.02.2013
Die beruflichen Schulen mit einbeziehen
Der Bundesverband der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen (BLBS) begrüßt die gemeinsame Initiative des
Bundesministeriums für Arbeit und Soziales und der Bundesagentur für Arbeit „AusBILDUNG wird was – Spätstarter gesucht“, um damit jungen Erwachsenen eine Chance auf Ausbildung einzuräumen.
Der BLBS warnt jedoch davor, auf eine „zerpflückte“, auf verschiedenen Ausbildungsbausteinen aufbauende Ausbildungsstruktur zu setzen. Verschiedenartigste Modelle außerschulischer Bildungsträger haben in den letzten Jahren
gezeigt, dass es bei angelernten jungen Erwachsenen theoretisch hervorragend funktioniert, die in der Praxis erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten auf anerkannte Ausbildungsberufe anzurechnen. In der Umsetzung war dies
jedoch bisher nur in Ausnahmefällen realisierbar. Den Angelernten fällt es in der Regel nicht schwer, sich die fehlenden
Praxisinhalte „ihres ausgeübten angelernten Berufes“ anzueignen. Große Schwierigkeiten gab es jedoch, wenn es um
die dazugehörenden Theorieanteile ging.
Deshalb fordert der BLBS die beiden Aktionsbeteiligten auf,
sich vor Beginn der Kampagne „AusBILDUNG wird was –
Spätstarter gesucht“ mit der zuständigen Berufsschule ins
Benehmen zu setzen. Es muss vorher geklärt werden, in welcher Weise der für einen Ausbildungsberuf unabdingbare
Theorieanteil erlernt werden kann, damit eine Berufsabschlussprüfung erfolgreich werden kann. Deswegen reicht
es aus Sicht des BLBS nicht, die „jungen Leute zu motivieren,
ihre Fähigkeiten zu nutzen und sie auszubauen, ihnen ein
Angebot zu machen und auf die Partner in der Wirtschaft zu
setzen“, wie die Bundesagentur das in ihrer Pressemitteilung
vom 7. Februar 2013 formuliert hat. Wichtig ist es aus Sicht
des BLBS vielmehr, auch die Berufsschulen in das „AngebotsKalkül“ mit einzubeziehen. Aus unserer Sicht ist es unabdingbar, dass die mit im Boot sitzen, die diese Inhalte vermitteln,
denn der Anteil an theoretischen Lerninhalten wird bei allen
Ausbildungsberufen immer größer. Heiko Pohlmann
Die berufsbildende Schule (BbSch) 65 (2013) 4
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Organisationskultur und Schulentwicklung
>
Themen
Fritz Többe
Organisationskultur und Schulentwicklung
– Zur Problematik des Anerkennungsbegriffs
Seit mehr als einem Jahrzehnt steht die teilautonome und eigenverantwortliche Schule im Fokus von Theorie und Praxis
eines mehr oder minder systematischen Entwicklungsprozesses. Der schulische Wandel, der durch die Metapher von der
„lernenden“ Schule charakterisiert ist, verlangt insbesondere von den Lehrenden, den Hauptakteuren, eine veränderte
Professionalität. Grundsätzlich ist das „Weg“ von der verwalteten, staatlich regulierten Schule zur dezentralisierten, mit
neuen „Freiheiten“ ausgestatteten Schule der zu favorisierende Weg. Zu fragen ist allerdings, inwieweit der schwerfällige
Tanker „Schule“ in der Praxis strukturelle Kursänderungen erlaubt. Der hierfür verantwortliche Kapitän (sprich Schulleiter)
ist auf eine rudernde Crew (sprich Lehrkräfte) angewiesen, die – jenseits des altbekannten „Dienstes nach Vorschrift“ – in
kraftvoll-kreativer Anstrengung die Neuorientierung realisiert. Dabei soll eine noch näher zu beschreibende Anerkennung
als ein mögliches „Trimmruder“1 angesehen werden, um Kursänderungen angemessen bewältigen zu können.
1 Gesellschaftliche Ausgangssituation
Moderne Kulturen weisen in triadischer Konstellation die
Strukturmerkmale der Reflexivität, der Profanität und der
Pluralität auf. Hier interessiert primär die Reflexivität. Ihr
prozessuales Pendant findet sie im „reflexiven Zweifel“2, personal in einem derartig inspirierten Zweifler, der sinngemäß
nach Kant den Mut hat, sich seines eigenen Verstandes zu
bedienen. Auf diesem Fundament der Aufklärung gilt es, personal, organisational und gesellschaftlich normative Identitäten3 zu entwickeln. Zweckrationale, effizienzspezifische
Kriterien haben schon seit mehr als einer Dekade in Wirtschaftsorganisationen auf der institutionell-organisatorischen Ebene zur Etablierung eines reflexiven bzw. normativen Managements geführt, welches charakterisiert ist durch
flache Hierarchien, hohe Eigenverantwortung, Selbstabstimmungen der teamorientierten Leistungsträger, permanente
horizontale und vertikale Kommunikations- und Informationspflicht.4
2 Die schulische Adaption
An dieser Stelle soll nicht die Problematik der potenziellen
Vereinnahmung von schulischen Bildungsprozessen durch
„eine Verbetriebswirtschaftlichung des Bildungssystems“5
thematisiert werden. Offenkundig ist, dass eine Bildung, die
sich nicht nur unter Nützlichkeitserwägungen definiert, mit
Effizienzkriterien der Betriebswirtschaft nicht messbar ist.6
Davon abstrahierend ist erst einmal der relativ autonome
Rang der Schule und die damit verbundenen organisationalen „Freiheiten“ grundsätzlich zu begrüßen. Sie führen zu einem veränderten und erweiterten Aufgabenprofil des einzelnen Lehrers. Dazu gehören die teamorientierte Planung
und Durchführung von Unterricht, die zahlreichen außerunterrichtlichen Tätigkeiten, welche letztlich das Ziel haben,
Aktivitäten systematisierend zu implementieren, zu dokumentieren, zu evaluieren. Ebenfalls sind curriculare Transparenzen herzustellen, um Vergleichsmöglichkeiten zu gewährleisten. Gleichwohl ist durch die Teilautonomie die
110
Die berufsbildende Schule (BbSch) 65 (2013) 4
zentrale Entscheidungsbefugnis durch bundeslandspezifische Regelungen nicht aufgehoben. Erlasse und Anweisungen setzen den Rahmen für zu erfüllende Aufgaben. Insbesondere führen schulformspezifische Reformen und
Neuerungen, auch bedingt durch wechselnde politische
Mehrheiten in der föderal strukturierten Bildungslandschaft, zu erheblichen Mehrbelastungen für den schulischen
Lehrkörper.
3 Anerkennung im schulischen Raum
Als Folge lässt sich für den „normalen“ Lehrer aus diesem sich
selbstreferentiell beschleunigenden Belastungsprofil eine gewisse Verschleißwirkung konstatieren, die bestenfalls „nur“
zur „inneren Emigration“ führt, im schlimmsten Fall zum oft
zitierten Burnout. Jedenfalls zählen Lehrer signifikant zu einer der anscheinend höchst belasteten Berufsgruppen: „Bis
zu 95 % gehen vorzeitig in Pension, die meisten wegen psychischer oder psychosomatischer Beschwerden“.7 Mag über
die Validität einer derartigen Prozentzahl und darüber, ob die
Grenze der Belastbarkeit der Lehrer erreicht ist, gestritten
werden, so sind eine „Müdigkeit“8 und der Tenor, der den Sinn
des Ganzen infrage stellt, nicht von der Hand zu weisen. Aussagen wie „Es reicht!“, „Was soll das Ganze?“, „Es bleibt keine Zeit mehr für die Vorbereitung des Unterrichts!“ sind gängiges sprachliches Repertoire bei der Gemütsbeschreibung.9
Einerseits lässt sich bei der Analyse von derartigen emotionalen Befindlichkeiten „biologistisch“ und damit im Sinne
von unabänderlicher Naturgesetzlichkeit argumentieren, indem die Entwicklungsverläufe von Lehrerbiografien betrachtet werden. Danach sind die ersten Phasen des Lehrerdaseins
modellhaft durch entdeckende Experimentierfreudigkeit und
zielgerichtete Aktivitäten zu charakterisieren. Später, in der
zweiten Hälfte der Schullaufbahn, kommt es bei einer großen Anzahl von Lehrern zu zynischen Einstellungen, die mit
Reformfeindlichkeiten zu tun haben und in einem Desengagement, schlimmstenfalls in Bitterkeit enden. Folglich kann
es sein, dass jüngeren Kollegen unterrichtsübergreifende
Aufgaben überlassen werden.10
Themen
An dieser Stelle soll die These vertreten werden, dass nicht
primär das individuelle Alter das entscheidende Merkmal für
die Intensität des Arbeitseinsatzes darstellt, sondern dass
altersunabhängig eine mehr psychologische Kategorie ursächlich für hohe oder mangelnde Leistungsbereitschaft verantwortlich ist. Dabei gerät die Begrifflichkeit der Anerkennung in den Fokus der Betrachtung. Unbestreitbar ist, dass
Reformen – unabhängig von ihrer objektiven Notwendigkeit
– nur dann erfolgreich sein können, wenn sie nicht nur die
formale, sondern auch die emotionale Akzeptanz der sie tragenden Akteure erfahren. Ansonsten bleiben die Reformen
oberflächlich und sie erreichen keine strukturprägende
Durchschlagskraft. Durch welche Anerkennungsstruktur
lässt sich die Situation innerhalb einer Lehrerlaufbahn charakterisieren? Zunächst ist bei der Beantwortung dieser Frage zu berücksichtigen, dass das Meinungsbild zum Lehrerberuf in der Öffentlichkeit ambivalent ist. Einerseits wird der
Lehrerberuf als Halbtagsjob bezeichnet, in dem der Urlaubs­
anteil ein hoher ist und die Unterrichtsgestaltung aus der
„Schublade“ erfolgt. Andererseits wird aber durchaus anerkannt, dass das Lehrerdasein physisch und psychisch sehr
belastend sein kann.11 Die Entlohnungssituation wird, trotz
gravierender Einschnitte in den letzten Jahren, von den
meisten Lehrern als befriedigend angesehen.12 Hier muss die
Frage offen bleiben, inwieweit im berufsbildenden Schulbereich die unterschiedliche Entlohnung von akademisch ausgebildeten Theorielehrern und nicht akademisch ausgebildeten Lehrern für Fachpraxis von den letzteren als ungerecht
empfunden wird und damit eine hochwertige Anerkennungsbrisanz beinhalten kann.
Wohl oder übel haben sich in der Schule bestimmte Anerkennungen ritualisierend etabliert. Im Normalfall wird kein
Lehrer nicht in „den wohl verdienten Ruhestand“ verabschiedet, selbst wenn der so Gewürdigte keine hohe Wertschätzung innerhalb der Lehrerschaft besaß. Gleiches gilt für
Dienstjubiläen, in denen jedem Lehrer „gewissenhafte
Pflichterfüllung“ zum „Wohl der Allgemeinheit“ anerkennend attestiert wird. Insofern lässt sich oberflächlich betrachtet sagen, dass der Lehrer an weiterer Anerkennung
nicht zu arbeiten braucht, da bereits der Beamtenstatus einen weitgehend sicheren Arbeitsplatz garantiert und der geleistete „Treueschwur“ Anerkennung automatisch mitliefert.
Zu betonen ist, dass derartige Anerkennungen durch den Arbeitgeber wichtig, für ein zufrieden stellendes Lehrerdasein
aber nicht ausreichend sind. Die Anerkennung für die unterrichtliche Arbeit durch den Schüler ist ein erheblich bedeutsamerer Faktor für die physische und psychische Stabilität
des Lehrers. Diese Anerkennung zu bekommen hängt einerseits von vielen komplexen Faktoren ab und speist sich aus
subjektiven Gemengelagen, die nicht immer zu angemessenen Bewertungen durch die Schüler führen. Andererseits ist
realistisch zu konstatieren, dass Schüler den schulischen Unterricht eher als lästige Pflicht ansehen, weniger als willkommene Kür. Zudem ist nach einer Allensbach-Studie jeder
zweite Lehrer der Meinung, dass der Umgang mit Schülern
heute schwieriger als früher sei.13 Insofern gilt: In seiner
Haupttätigkeit, der unterrichtlichen Auseinandersetzung
mit dem Schüler, erfährt der Lehrer nicht unbedingt eine ihn
durchgängig erfüllende Anerkennung.14
Im Rahmen der Organisationsstruktur einer Schule ergeben
sich Anerkennungen durch den Tatbestand, dass der Lehrer
sich Aufmerksamkeit und Ansehen bei der Schulleitung und
den Kollegen verschafft, indem er bestimmte Aufgaben
wahrnimmt. Oftmals hat der Schulleiter dabei den aktiven
Part. Er delegiert Aufgaben an Personen seines Vertrauens,
an Personen, die durch hohen Arbeitseinsatz auf sich aufmerksam gemacht haben. Zu gegebener Zeit können damit
Beförderungen verbunden sein.
Eine Minderheit von Lehrern legt aus unterschiedlichsten
Motivlagen auf Beförderungen keinen Wert. Sie argumentieren, dass sie Anerkennung in ausreichendem Maß im unterrichtlichen Rahmen durch die Wertschätzung der Schüler
erfahren. Konkret können das Lehrer mit einem hohen pä­
dagogischen Ethos und einem entsprechenden Eros sein.
Denkbar ist allerdings auch, dass ein derartiger Lehrertyp mit
organisatorischen Aufgaben überfordert ist bzw. sie aus
Gründen der Mehrbelastung ablehnt.
Gleichwohl kann es auch sein, dass ein Lehrer sich über einen langen Zeitraum um eine Beförderung bemüht und diese nicht erhalten hat und dass ein Kollege mit erheblich
­weniger Dienstjahren bei der Vergabe einer Funktionsstelle
vorgezogen worden ist. Das befördert Frustration und führt
möglicherweise zu einer desinteressierten Arbeitshaltung.
Es sind nur wenige, aber ein Lehrertypus, der schon zu Beginn seiner schulischen Laufbahn, ohne jeglichen Leistungsnachweis, nachdrücklich und explizit seine Beförderungswünsche artikuliert und seine strategische Planung nur nach
derartigen Überlegungen ausrichtet, kann dem Schulklima
und der Organisationskultur nicht förderlich sein. Eine derartige „Besessenheit“ auf einen Karrieresprung führt dazu,
dass ein derartiger Typus jede Aufgabe annimmt, um in Bewerbungsgesprächen mit einem breit gelagerten Portfolio
glänzen zu können. Dabei geraten zwangsläufig konkrete
Aufgabenbewältigungen in den Hintergrund, mit denen
man sich schon aus zeitlichen Gründen nur oberflächlich beschäftigen kann, dominant ist der Anerkennung verschaffende Aufstieg, vorrangig in das Schulleitungsteam.
Ausdrücklich muss betont werden, dass das individuelle Streben nach Anerkennung durch Beförderungen grundsätzlich
legitim und als Motivationsanreiz für das Gelingen von Schule durchaus nützlich sein kann. Dass Beförderungen als Mittel der schulischen Anerkennung nur begrenzt tauglich sind,
zeigt sich daran, dass diese nur für wenige möglich sind und
dass oftmals das Procedere im Vorfeld durch seine geringe
Transparenz und durch die erwähnten überzogenen Ambitionen bei den „Nicht-Beförderten“ zu Misstrauen, „Frust“
und anderen kontraproduktiven Verhaltensweisen führen,
also für viele dann diametral zur Anerkennung steht. Gefühlsverletzt sind in der Regel nicht die Beförderten, sondern
die, die den Sprung in eine Funktionsstelle mit höherer Dotierung nicht geschafft haben, obwohl sie nach ihrem eigenen Verständnis ansprechende Leistungen erbracht haben.
Es dürfte deutlich geworden sein, dass sich eine schulische
Anerkennung, die sich auf Beförderungen und ritualisierte
Danksagungen für langjährige Dienste beschränkt, lediglich
Die berufsbildende Schule (BbSch) 65 (2013) 4
111
Organisationskultur und Schulentwicklung
eine reduzierte begriffliche Bandbreite abdeckt. Damit kann
sie nur einen geringen Beitrag zu einer normativen Identitätsbildung im Rahmen der schulischen Organisationskultur
leisten; diese ist für einen nachhaltigen Schulentwicklungsprozess unverzichtbar. Folglich ergibt sich die Frage nach der
Form und Substanz einer Anerkennungsgröße, die gerade im
Zeichen einer verordneten systematischen Schulentwicklung zu dieser Nachhaltigkeit einen organisationskulturellen
Beitrag erbringen kann.
4Zur Genese und erweiterten Struktur der
Anerkennung
Das revolutionäre Subjekt der industriekapitalistischen Gesellschaft war idealtypisch die Arbeiterklasse. Ihre produktions- und alltagsspezifische Situation spiegelte sich in den
betrieblichen und sozialen Beziehungen wider, die als nüchtern-kalkulatorisch, instrumentell, berechnend-willfährig zu
charakterisieren waren.15 Dahinter stand das „große Elend“
des Proletariats. Dieses „soziale Leiden“ in seinen prozessualen Verdinglichungen führte zu einer Verdinglichung des
Denkens, womit eine „Denkgewohnheit, eine habituell erstarrte Perspektive gemeint (ist), durch deren Übernahme
das Subjekt … die Fähigkeit zur interessierten Anteilnahme
verliert“.16 Dieser traditionelle sozialphilosophische Ansatz
wurde von einer modernen Sozialphilosophie dergestalt abgelöst, wonach nicht mehr das unpersönliche „soziale
­Leiden“ im wissenschaftlichen Fokus steht, sondern das individuelle „persönliche Leiden“. Von diesem „kleinen positionsbedingten Elend“ sind mehr oder minder alle Subjekte
betroffen.17 Insofern wurden soziologische Fragestellungen
auf die subjektiven Bedingungen der gesellschaftlichen Akteure ausgedehnt. Hierbei wurde in bewusster Abgrenzung
zum negativen Pol des Leidens als Gegenpol der Terminus
„Anerkennung“ deklariert.18 Dabei ist eine anerkennende
Haltung „Ausdruck der Würdigung der qualitativen Bedeutung, die andere Personen oder Dinge für unseren Daseinsvollzug besitzen“.19 Ein derartiges Anerkennungsverständnis
sprengt die Landläufigkeit des Bisherigen, wonach ausschließlich eine „positivistische“ Begriffsbesetzung, eine
fundamentale Pro-Einstellung dem anderen gegenüber
stattfindet. Insofern sind nicht nur Lob, Auszeichnungen und
Danksagungen Anerkennungsgrößen, sondern selbstredend
ist auch u. a. die Empathie als die Fähigkeit zur einfühlsamen,
verständnisvollen und dialogischen Beachtung des anderen,
wozu auch „konstruktive Kritik“ gehören kann, unverzichtbar. Eine derartig verstandene Anerkennung soll Kriterien
für ein gelungenes Leben liefern.
Anerkennung bleibt oberflächlich, wenn sie „inflationär“ instrumentalisiert wird, indem sie als Alibi dafür benutzt wird,
dass das Gegenüber bestimmte Erwartungen erfüllt. In der
Regel durchschaut der Angesprochene die potentielle
„Falschheit“ der Anerkennung und wird negativ reagieren.
Insofern ist eine authentische Anerkennung das Nonplusul­
tra, durchbricht sie doch den Dunstkreis einer Vereinnahmung, sei sie nun praktischer oder ideologischer Natur. Auf
dieser Ebene der Authentizität lässt sich Anerkennung begrifflich zweiteilen: Zum einen in die intersubjektive Anerkennung, die nur dann optimal funktioniert, wenn zum anderen
eine Selbstanerkennung im Sinne einer Selbstachtung gege-
112
Die berufsbildende Schule (BbSch) 65 (2013) 4
ben ist. Gleichwohl gibt es hier interdependente Bezugsnahmen: Die Anerkennung durch und für den anderen, die
Fremdanerkennung, kann zu einer gesteigerten Selbstachtung führen, selbstredend kann eine ausgeprägte Selbstanerkennung, ohne narzisstische Überhöhung, dem intersubjektiven Anerkennungsprozess förderlich sein.
5 Nutzbarmachen der Anerkennung
Inhärenter und dominierender Bestandteil einer Organisationskultur ist die Anerkennung. Die qualitative Beschaffenheit der Organisationskultur einer Schule bemisst sich d
­ aran,
welche meist verschriftlichten Werte- und Normenkonstellationen den Schulalltag zu prägen versuchen und in welcher
Form die Mitglieder des Schulkörpers diese „Auflagen“ praktizieren.20 Es gibt die bekannte Metapher vom „organisatorischen Eisberg“, wonach in einer Organisation die Sachebene der sichtbare Teil des Eisbergs ist und der viel größere
unsichtbare Teil die Beziehungsebene im schulischen Leben
darstellt.21 Beide Ebenen, sachspezifisch und beziehungsspezifisch strukturiert, stehen in einem interdependenten Spannungsgefüge. Dabei müssen systemische Gesetzmäßigkeiten in ihrem interaktionalen Geflecht berücksichtigt werden,
um zu synthetischen, also konstruktiv-produktiven Lösungen kommen zu können. Diese Systemgesetzlichkeiten im
Verständnis eines „Naturgesetzes“ durchziehen jede Interaktion, ob sie nun auf der Sach- oder Beziehungsebene angesiedelt sind. Es gilt, ihre latente Signifikanz zu manifestieren. Hierfür hat der Kommunikationstrainer Dieter Bischop
eine instruktive Handreichung für Institutionen schlechthin
verfasst. Charakterisiert werden zehn Systemgesetze, die
nach der Relevanz für Gefühlsverletzungen priorisiert sind.
Dabei spielt in jedem systemgesetzlichen Kontext die Anerkennung eine mehr oder minder zentrale Rolle.22
Bevor auf die intersubjektive Anerkennungsproblematik in
ihren systemischen Facetten einzugehen ist, soll vorweg die
Selbstanerkennung thematisiert werden, stellt sie doch, zumindest theoretisch, die conditio sine qua non dar. Selbstanerkennung konturiert sich personal im eingangs erwähnten reflexiven Zweifler, der aus dem Zweifeln auch seine
reflexive Individualität gewinnt. Grundsätzlich ist das nur
möglich, weil ein Wesensmerkmal des Menschen seine „exzentrische Positionalität“ ist. Danach ist der Mensch – im
Gegensatz zum Tier, welches zentrisch positioniert ist – so
zu charakterisieren, dass er sich auf seine Mitte beziehen
kann, ohne sich selbst zu verlassen. Insofern kann der
Mensch sich von außen betrachten und seinen eigenen Zustand reflektieren.23 Selbstredend bedeutet diese genetische
Disposition nicht, dass die reflexive Individualität im Sinne
der Selbstanerkennung und des Selbstbewusstseins bereits
eine stabile Ausprägung hat. Wenn Lehrer z. B. von Schülern
bzw. von Kollegen Anerkennung, in welcher Form auch immer, nicht bekommen, kann das ein Grund für ein defizitäres berufliches Selbstwertgefühl sein und den Aufbau einer
positiven reflexiven Beziehung zu sich selber beeinträchtigen.
Die auch für die Fremdanerkennung entscheidende Frage ist,
durch welche Maßnahmen sich idealerweise präventiv bzw.
kriseninterventionistisch Einfluss auf die Qualität der Aner-
Themen
kennung nehmen lässt. Dabei geht es um eine permanente
adäquate Berufsbegleitung der Lehrkräfte (im besten „Neudeutsch“: Coaching), die sich im Rahmen dieser Einlassung
nur auf das außerunterrichtliche Handlungsfeld der potentiell defizitären Organisationskultur bezieht. Sie erfordert
„supervisionären“ Sachverstand, der vorrangig durch externe Mediatoren und Betreuer zu leisten ist. Der Grundgedanke der Supervision ist die Vermittlung der Einsicht in die eigene Persönlichkeit im Kontext mit der Berufstätigkeit. Nach
einer allgemeine Definition von Supervision „ist (sie) eine
spezifische Beratungsmethode, die dazu eingesetzt wird, Berufspraktiker dabei zu unterstützen, ihre Arbeit kompetenter zu gestalten. Ihr Einsatz ist vor allem dort angezeigt, wo
die Berufsausübung ein tieferes Verständnis bei der Rollenausübung und den rollengebundenen Interaktionen verlangt“.24 Insofern wird deutlich, dass sich Supervision auch
als Entlastungsinstanz bei beruflichem Leidensdruck verstehen lässt. Sicherlich weist eine derartige berufliche Praxisbegleitung problematische Implikationen auf, greift sie doch
auch in die hoch sensible Binnenstruktur der psychischen
Verfasstheit des Einzelnen ein. Aktuell fristet die Supervision, bezogen auf die Schule, ein Schattendasein. Flächendeckende Angebote gibt es im pädagogischen Alltag nicht, obwohl bereits in den 1990er-Jahren die Sinnträchtigkeit von
Supervision in Schulen begründet worden ist.25
Gleichwohl ist zu beachten, dass sich eine verpflichtende
Teilnahme an einer Supervision nur auf einen kognitiven Ansatz beziehen kann, in dem die Wesensmerkmale dieses Instruments an fiktiven Beispielen thematisiert und problematisiert werden. Dadurch sinkt die Hemmschwelle und
steigt die innere Bereitschaft zur Teilnahme an derartigen
Fortbildungen. Jedenfalls kann durch einen angemessenen
Kenntnisstand die präventive emotionale Sensibilität im anerkennungsspezifischen Umgang mit dem eigenen Ich und
mit den anderen gesteigert werden. Darüber hinaus ist der
supervisionäre Ansatz als Wahlangebot für die Lehrkräfte
vorzuhalten, die kriseninterventionistisch darauf freiwillig
zurückgreifen wollen. Diese zweigleisige Ausrichtung der Supervision ist also als allgemeine und unspezifische Pflichtveranstaltung für alle und als konkret-spezifische fakultative Veranstaltung für Nachfragende gedacht. Sie erkennt die
divergierenden Bedeutungswertigkeiten der Supervision für
die mentalen Befindlichkeiten der Akteure an. Die Supervision als Methode der reflexiven Auseinandersetzung mit der
eigenen Persönlichkeitsstruktur im Rahmen der beruflichen
Situation soll in der Finalität primär einen Beitrag zur angemessenen Selbstanerkennung liefern. Selbstredend ist davon auch die Fremdanerkennung tangiert.
Zurück zu den bereits erwähnten Systemgesetzlichkeiten,
die der Sach- und Beziehungsebene unterlegt sind. An dieser Stelle sollen sie für den organisationskulturellen Bereich
der Schulentwicklung fruchtbar gemacht werden. Der systemgesetzliche Imperativ „Neues System hat Vorrang vor altem System“ soll für die Schule dahingehend konkretisiert
werden, dass das neue System der eigenständigen teilautonomen Schule das alte System der staatlich regulierten
Schule abgelöst hat. Dieses Systemgesetz ist hinsichtlich seiner Bedeutungsrelevanz für Gefühlsverletzungen auf Platz
sieben verortet worden.26 Demnach sind andere Systemge-
setze diesem Gesetz vorgeschaltet. Insofern sichert nur das
Wissen und das entsprechende Handeln um die potentiellen
Implikationen dieser vorgeschalteten sechs Gesetze, dass die
Teilautonomie der Schule von den Hauptakteuren, den Lehrern, substantiell anerkannt wird und damit Erfolge zeitigen
kann. Aktiv ist hierbei das schulische Führungspersonal gefragt. An erster Stelle steht das Systemgesetz „Recht auf Zugehörigkeit“. Danach ist der gefühlte Ausschluss aus dem
System „Schule“ oder eines Subsystems „Fachbereich/Fachgruppe“ hinsichtlich der Folgen gravierend. Der betroffene
Lehrer wird keine positive Einstellung, geschweige denn eine
Identifikation mit „seiner“ Schule erreichen.27 An zweiter
Stelle steht als eigenes Systemgesetz das „Recht auf Anerkennung“, wobei zu betonen ist, dass die Anerkennung sich
als bedingungslose Größe in jedem Systemgesetz wiederfindet und insofern eine konkurrenzlose Kategorie darstellt.
Folglich erhält sie auch im Systemgesetz 9 den medialen Status eines „Problemlöseschlüssels“. Ihre Widerspiegelung
zeigt sich in Bezugnahme auf den anderen durch Respekt,
Wertschätzung, Würdigung, Dankbarkeit, Lob, Empathie,
sich Zeit nehmen zum Zuhören und zum Dialog, sich interessieren (aus der Sicht der Schulleitung) für die Arbeit der
Lehrkraft und ihre Eigeninitiativen wohlwollend kritischkonstruktiv, auch durch materielle Hilfe, also generell unterstützend. In der Rangskala hinsichtlich der Bedeutsamkeit
von Gefühlsverletzungen steht an dritter Stelle das Systemgesetz „Recht auf Gleichgewicht von Geben und Nehmen“.
Eine Parität von Geben und Nehmen herzustellen ist äußerst
schwierig, da sich der potenziell ausgeglichene Waagezustand aus der subjektiven Gefühlslage der einzelnen Lehrkraft ergeben kann. Sicher ist nur, dass es ohne Befriedung
aus den vorangegangenen Systemgesetzen der Zugehörigkeit und der Anerkennung keinen tragfähigen Ausgleich und
damit kein Gleichgewicht geben kann.
Die Systemgesetze 4, 5 und 6 bilden einen zusammenhängenden Komplex. Bei einer denkbaren Umkehrung ihrer Ordnung sind zur Problemlösung die Systemgesetze 9 und 10
relevant. Das vierte Systemgesetz lautet „Früher hat Vorrang
vor später“. Im Regelfall heißt es, dass z. B. bei einer anstehenden Beförderung ein dienstälterer Kollege dem dienstjüngeren Kollegen vorgezogen wird. Das hat der Letztere
­anzuerkennen. In der Wertigkeit darunter liegt das Systemgesetz 5, wonach „höhere Verantwortung und höherer Einsatz Vorrang haben“. Auch in schulischen Arbeitsgruppen
mit flachen Hierarchien ist es notwendig, dass eine Lehrkraft
Verantwortung übernimmt („Primus inter pares“), zwangsläufig ist damit mehr Aufwand verbunden. Wird diese Rolle
seriös angenommen, so hat sie den Respekt und die Anerkennung der anderen Teammitglieder verdient. Sollte die
Verantwortungsübernahme zu einem späteren Zeitpunkt zu
einer fachbereichsspezifischen Beförderung führen, so wäre
es unter dem Blickwinkel des vierten Systemgesetzes unter
Loyalitätsaspekten fatal, wenn der beförderte Kollege versuchen sollte, vorhandene Strukturen zu verändern, ohne die
Meinungen und Erfahrungen von dienstälteren Kollegen zu
berücksichtigen. Nachgeordnet ist das Systemgesetz 6 „Höhere Kompetenz/höheres Wissen hat Vorrang“. Demnach
haben z. B. Lehrkräfte, die ohne eine spezielle Lehrbefähigung – bedingt durch Lehrermangel – ein bestimmtes Fach
Die berufsbildende Schule (BbSch) 65 (2013) 4
113
Organisationskultur und Schulentwicklung
zu unterrichten haben, bei potentiellen Veränderungen die
Kompetenz der lehrbefähigten Kollegen dergestalt anzuerkennen, dass sie diese entsprechend konsultieren. Gleichwohl haben die formal kompetenteren Kollegen im Einzelfall die Höherwertigkeit der skizzierten Systemgesetze 5 und
4 reflektierend zu würdigen und dadurch auch anzuerkennen. Z. B. ist es nicht angebracht, dass ein neuer Kollege seine fachspezifischen Ideen durchsetzen will, ohne auf die Befindlichkeiten von dienstälteren Kollegen zu achten.
Insgesamt dürfte es einleuchtend sein, dass systemische
„Verletzungen“ nur durch Dialog und daraus sich ergebende
Handlungen zu einer Anerkennungsrelevanz führen und damit konfliktentschärfend wirken. Das gilt insbesondere
dann, wenn die Systemgesetze 4, 5 und 6 hinsichtlich ihrer
Wertigkeit diametral gewendet werden.28 Zur Konfliktlösung
können die Systemgesetze 9 und 10 beitragen, wonach zum
einen „auszusprechen und anzuerkennen ist, was ist“ und
zum anderen „Ausgleich geschaffen“ wird. Wird z. B. eine
jüngere Lehrkraft einer älteren Lehrkraft bei einer Beförderung vorgezogen, so müssen die Argumente der Schulleitung
durch die nicht beförderte Person authentische Anerkennung finden. Sollte das möglich sein, so gilt es – in welcher
Form auch immer – einen Ausgleich zu schaffen.
Es wird deutlich, dass die Systemgesetze 9 und 10 als Medien der Verhinderung oder Entschärfung von Gefühlsverletzungen eine permanente Bedeutung für alle anderen Systemgesetze aufweisen: Die Anerkennung ist in ihren
zahlreichen Facetten und dialogischen Ausformungen die
zentrale Begrifflichkeit und findet ihre kohärente materiale
Ergänzung im Ausgleich.29
Wenn dieses im Schulalltag zu durchdachten und angemessenen Interaktionen führt – nicht nur im Verhältnis von
Schulleitung zur „gemeinen“ Lehrkraft, sondern auch im Verhältnis der Lehrkräfte untereinander –, dann ist das ein wichtiger Beitrag zu einer Organisationskultur, die diesen Namen
verdient. Und dieser Beitrag ist für den Abbau von Leidensdruck und damit für das Wohlbefinden des lehrenden Schulkörpers unverzichtbar, ist er doch Bedingung für eine Schulentwicklung mit einem hohen Wirkungsgrad. Um eine
derartige „Interaktionskultur“ zu implementieren und zu
etablieren, bedarf es – neben den bereits erwähnten „supervisionären“ Maßnahmen zur Selbstanerkennung – periodisch
wiederkehrender schulinterner Fortbildungen, die sich mit der
Beziehungsebene unter besonderer Berücksichtigung der
Fremdanerkennung in systemischen Verortungen beschäftigen. Hierbei ist gerade das systemische oder auch vernetzte
Denken die entscheidende Stellschraube, um der „überragenden“ Schlüsselqualifikation einer Komplexitätskompetenz30 näherzukommen. Diese Fähigkeit konkretisiert sich inhaltlich und praktisch im Kontext der Entwicklung einer
schulischen Organisationskultur durch die Beschäftigung
mit der hier beschriebenen, systemisch orientierten Anerkennungsproblematik. Darauf aufbauend kann sich eine
Komplexitätstoleranz entwickeln. Sie ist eine Fähigkeit, um
„verschachtelten“ Problemen mit einer souveränen Gelassenheit begegnen zu können. Insgesamt soll damit eine rational-emotional fundierte Sensibilisierung für die Anerkennungsproblematik erreicht werden, durch die potenzielle
114
Die berufsbildende Schule (BbSch) 65 (2013) 4
interpersonale Konflikte im Vorfeld bereits verhindert oder
zumindest entschärft werden können. Folglich benötigt jede
Schule psychologisch geschultes und „komplexitätstaugliches“ Zusatzpersonal. Optimal wäre es, wenn diese Personen nicht als externe, sondern als festangestellte Fortbildner, Berater und Mediatoren tätig sein könnten.31
6Schlussbemerkung
Wahrlich ist eine anerkennungsspezifisch ausgerichtete Organisationskultur kein Alleinstellungsmerkmal für eine gelungene Schulentwicklung. Gleichwohl sollte ihr Bedingungscharakter deutlich geworden sein, wonach das
Kreativitäts- und Innovationspotential der lehrenden Akteure nur dann zum Tragen kommen kann, wenn sie um die
„Trimmruderwirkung“ der Anerkennung wissen und dementsprechend diese psychologisch bedeutsame Kategorie
zur Motivationsbasis in der beschriebenen systemisch komplexen Form nicht nur ihrer außerunterrichtlichen schulischen Arbeit machen können. Ansonsten bleibt es bei einer
„Dienst-nach-Vorschrift-Mentalität“ und in der Folge bei einer weit unter ihren Möglichkeiten bleibenden Schulentwicklung.
Anmerkungen
1 Gerade weil eine systematische Schulentwicklung ein komplexes Verständnis vom Wandel erfordert, stellt sich die Frage nach den sensiblen Druckpunkten im System „Schule“, die unter Umständen schwer zu erkennen
sind, jedoch mit relativ geringem Aufwand große Hebelwirkungen bedeuten können. Eine „herrliche Metapher für den Effekt der Hebelwirkung“ ist
das kleine unscheinbare Trimmruder. Siehe: Senge, P. 1998: Die fünfte Disziplin, Stuttgart, 6. Auflage, S. 83 f.
2 Unterschieden werden der reflexive und der lineare Zweifel. Während
ersterer sich im Rahmen einer diskursiven Modernisierung von Gesellschaft
permanent zur Disposition stellt, strebt letzterer zu einer eindeutigen, sicheren Erkenntnis und zur endgültigen Wahrheitsfindung, hat unerschütterlichen Fortschrittsglauben. Siehe: Geißler, H. 2000: Organisationspädagogik, München, S. 83.
3 An dieser Stelle interessiert primär – bezogen auf den schulischen Lehrkörper – die kollektive Identitätsbildung. Das verschriftlichte schulische Leitbild
ist idealtypisch die wertespezifische Widerspiegelung der kollektiven
Identität, die ein „Wir-Gefühl“ beinhaltet. In Ablehnung eines Kulturrelativismus ist diese kollektive Identität einer universellen Vernunft verpflichtet,
die ihre Werte aus der aufklärerischen Tradition gewinnt. Die normativen
Spezifizierungen werden durch die schulischen Akteure in diskursiver
Auseinandersetzung und letztlich konsensualer Übereinkunft gewonnen.
Weil eine derartige Identitätsbildung mehr ist als die Summe individueller
Identitäten, kann sie als nie abgeschlossen gelten und hat insofern einen
permanent fragilen Vorläufigkeitscharakter. Der Lackmustest hinsichtlich
der „Alltagstauglichkeit“ des Leitbildes, das der kollektiven Identität zugrunde liegt, zeigt sich insbesondere darin, inwieweit die einzelnen Akteure „Anerkennung“ im weitesten Sinn des Wortes erfahren. Diese ist die
Grundlage für jedwede Identifikation mit dem System „Schule“.
4 Der pyramidale Aufbau von Wirtschaftsorganisationen (lineares Management) mit strengen Hierarchien und zentralen Abstimmungen gehört zumindest erkenntnistheoretisch der Vergangenheit an, verhindert er doch
Effizienz und damit einhergehend Produktivität. Siehe: Ebd., S. 80.
5 Borst, E. 2012: Bildung unter den Bedingungen der Beschleunigung. In:
Angermüller, J. u. a. (Redaktion): Solidarische Bildung, Crossover: Experimente selbstorganisierter Wissensproduktion, Hamburg, S. 83 ff.
6Siehe: Krautz, J. 2007: Ware Bildung. Schule und Universität unter dem
Diktat der Ökonomie, München, S. 98 ff.
7 Schwarze-Reiter, K. 2008: Schon im Studium krank, FOCUS Online,
10.01.2008. Konträr zu diesen Befunden steht eine Studie der TU Dresden,
wonach nur ein kleiner Teil der Lehrer Burn-out-Symptome aufweist. Siehe:
Schultz, T. 2008: Gesund und munter, Süddeutsche Zeitung Online,
16.06.2008.
Themen
8 Seinen lesenswerten Essay titelt Byung-Chul Han mit „Müdigkeitsgesellschaft“. Er konstatiert, dass die Disziplinargesellschaft gekennzeichnet ist
durch Verbote, durch das Nicht-Dürfen. Sie ist abgelöst worden von der
Leistungsgesellschaft, die auf die Positivität des Könnens setzt, indem
durch Projektarbeit, mehr Eigeninitiative die Arbeit produktiver und damit
effizienter wird. Hierbei ist das Krankmachende für den Autor „nicht das
Übermaß an Verantwortung und Initiative, sondern der Imperativ der
Leistung als neues Gebot der spätmodernen Arbeitsgesellschaft.“ Damit ist
für den Autor Ermüdung, Erschöpfung, Ausgebranntsein vorprogrammiert.
Han, B.-C. 2011: Müdigkeitsgesellschaft, Berlin, S. 22 f.
als Ideologie. In: WestEnd. Neue Zeitschrift für Sozialforschung, Heft 1,
Frankfurt a. M., S. 51 ff.
19 Honneth, A. 2005, a. a. O., S. 41.
20 Im pädagogischen Kontext kann es keine Werte- und Normenabstinenz
geben.
21Siehe: Philipp, E. 1994 (2. A.): Gute Schule verwirklichen, Weinheim und
Basel, S. 25 f.
22Siehe: Bischop, D. 2010: Coachen und Führen mit System, Kiel, S. 20 ff.
9Siehe: Rosenbusch, H. 2005: Organisationspädagogik der Schule, München,
S. 121 f.
23Siehe: Plessner, H. 1975: Die Stufen des Organischen und der Mensch. Einleitung in die philosophische Anthropologie, Berlin, S. 309 ff.
10Siehe: Terhart, E. 1998: Lehrerberuf: Arbeitsplatz, Biographie, Profession. In:
Altrichter, H. u. a. (Hrsg.): Handbuch zur Schulentwicklung, Innsbruck,
S. 572 ff.
24 Pallasch, W. 1993 (2. A.): Supervision. Neue Formen beruflicher Praxisbegleitung in pädagogischen Arbeitsfeldern, Weinheim, S. 30.
11 Nach einer repräsentativen Allensbach-Studie zum Prestige der Lehrer haben 38 % der Bevölkerung vor diesem Beruf die höchste Achtung. Siehe:
Frankfurter Rundschau vom 25.04.2012, S. 23.
12 Nur 9 % der Lehrer meinen nach der besagten Studie, dass ihr Gehalt zu
niedrig sei. Siehe: Frankfurter Rundschau vom 25.04.2012, S. 1. Auf die
Problematik der finanziellen Ungleichheitbehandlung von verbeamteten
zu angestellten Lehrern kann an dieser Stelle nur hingewiesen werden. Ein
weiteres Problem ist, dass u. a. im Stadtstaat Berlin Berufsanfänger nicht
mehr verbeamtet werden.
13 Siehe: Frankfurter Rundschau vom 25.04.2012, S. 23.
14 Eine andere, an dieser Stelle nicht thematisierte Frage ist es, inwieweit der
Schüler Anerkennung durch den Lehrer im Unterricht erfährt. Auch für
diesen Interaktionsbereich wird die „Entwicklung einer Anerkennungskultur“ dergestalt gefordert, in der der Lehrer als „Anerkennungspädagoge“
auftritt. Siehe: Hafeneger, B. 2012: Interview, Frankfurter Rundschau vom
17.07.2012, S. 23.
15Siehe: Honneth, A. 2005: Verdinglichung, Frankfurt, S. 11.
16 Ebd., S. 39.
17Siehe: Ehrenberg, A. 2011: Das Unbehagen in der Gesellschaft, Berlin, S. 387.
18 Der Philosoph und Soziologe Axel Honneth hat in Fortführung der kritischen
Theorie der Frankfurter Schule im gesellschaftspolitischen Kontext den
Begriff der Anerkennung geprägt. Siehe: Honneth, A. 2004: Anerkennung
25 Ebd., S. 13 ff. Siehe: Irle, K. 2012: Auch Lehrer brauchen einen Coach, Frankfurter Rundschau vom 09.03.2012, S. 22 f.
26Siehe: Bischop, D., a. a. O., S. 23 ff.
27 Die Mechanismen, die zu einem gefühlten Ausschluss führen, weisen wie
die Konfliktlösungsstrategien viele Facetten auf. In zahlreichen Publikationen sind sie ausführlich dargelegt. Siehe: ebd., S. 23 ff.
28 Der Vollständigkeit halber wird das Systemgesetz 8 erwähnt, wonach „das
Gesamtsystem Vorrang vor Einzelpersonen oder Untersystemen“ hat. In
einer Schule ist ein autonomes Agieren eines Fachbereichs einerseits
selbstverständlich und notwendig, soweit es keine Verstöße gegen die
normativen Orientierungen der Schule gibt. Gegebenenfalls müssen der
Schulleiter oder Mitglieder des Schulleitungsteams intervenieren.
29 Insofern lassen sich die Systemgesetze 9 und 10 aus meiner Sicht nicht
priorisieren und sind kohärente Bestandteile der anderen 8 Systemgesetze.
Ergänzend ist zu erwähnen, dass sich viele Konflikte schon dadurch entschärfen lassen, indem es „einfach“ zum Dialog kommt – ohne, dass in
systemischen Zusammenhängen gedacht werden muss.
30 Das Gegenstück zur Komplexitätskompetenz ist das regressive Verbleiben
in eindimensionalem, nur logisch rationalem Denken. Die mehrdimensionale Komplexitätskompetenz wird auch in Schulen implizit durch die Formulierungen von „komplexen Problemen“ angesprochen, ohne sie allerdings explizit zu postulieren.
31 Im universitären Bereich sind anerkennungstheoretische Fragestellungen
zum curricularen Bestandteil der Lehramtsausbildung zu machen.
Harald Strating, Josef Thöle
Konzept und Erfahrungen mit dem Studiengang
Quereinstiegsmaster LBS Elektro- und
Metalltechnik an der Universität Osnabrück
Mit dem Studienangebot „Master Lehramt an berufsbildenden Schulen“ in den Fachrichtungen Metall- und Elektrotechnik reagiert die Universität Osnabrück auf den zunehmenden Bedarf an Lehrkräften in diesen Fächern. Das Konzept des
Studiengangs ist geprägt von einem engen Zusammenwirken von Wissenschaft und Praxis sowie einer persönlichen Betreuung der Studierenden. Die Leitbilder der Lehrveranstaltungen sind „Forschendes Lernen“, „Professionalisierung“ und
„Handlungsorientierung“. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass das Osnabrücker Angebot eine positive Resonanz bei
Studierenden und bei den berufsbildenden Schulen erfährt und besonders regional einen effektiven Beitrag zur Deckung
des Lehrkräftebedarfs leistet.
1Einleitung
Über den aktuellen und künftigen Einstellungsbedarf von
Lehrkräften an berufsbildenden Schulen, insbesondere in
den Mangelfächern Metall- und Elektrotechnik, ist in den ein-
schlägigen Fachzeitschriften und Publikationen, so auch an
dieser Stelle, immer wieder berichtet worden. Einer hohen
Zahl an Pensionierungen standen und stehen auch zukünftig deutlich niedrigere Studierendenzahlen in den LBS-Studiengängen gegenüber. Die Kultusministerkonferenz erwartet
Die berufsbildende Schule (BbSch) 65 (2013) 4
115
Studiengang Quereinstiegsmaster LBS Elektro- und Metalltechnik
für den gesamten berufsbildenden Bereich im Mittel in den
Jahren 2010 bis 2020 einen Lehrereinstellungsbedarf von
3.400 Lehrkräften, dem kalkulierte 2.600 Neubewerber gegenüberstehen (KMK 2011). Für die gewerblichen Fachrichtungen Metall- und Elektrotechnik fällt aller Erfahrung nach
die Unterdeckung noch deutlich größer aus. Die benötigten
ca. 60 Absolventen in diesen Fächern pro Jahr (vgl. Korte
2010) können durch Studierende in den bestehenden Studienangeboten für Berufsschullehrer in Niedersachsen bei Weitem nicht abgedeckt werden. Die Studierendenzahlen sind
in den gegenstandsorientierten Fachrichtungen eher rückläufig, bestenfalls stagnierend (vgl. Seidel, Wemme 2011).
Zur Gewinnung von Absolventen ingenieurwissenschaftlicher Studiengänge, aber auch berufserfahrener Ingenieurinnen und Ingenieure, wurden in der Vergangenheit verschiedenste Maßnahmen und Möglichkeiten umgesetzt, mit
denen ein Seiteneinstieg in den Lehrerberuf ermöglicht und
attraktiv gestaltet werden sollte.
Dass sich bisher eher wenige Ingenieurinnen und Ingenieure für diesen Seiteneinstieg interessiert haben, liegt zweifellos an dem derzeit überaus attraktiven Arbeitsmarkt für diese Berufsgruppe. Ein weiteres wesentliches Argument gegen
die Ausweitung der Möglichkeiten zum Seiteneinstieg in den
Lehrerberuf war bzw. ist allerdings die fehlende wissenschaftlich fundierte Ausbildung der angehenden Lehrkräfte,
deren Bedeutung und Notwendigkeit immer wieder in den
Vordergrund gerückt wird. „Eine zeitgemäße Lehrerbildung“,
so bekräftigte unlängst der BLBS, „ist nur mit universitären
Standards zu gewährleisten“ (BLBS 2009).
2Studiengang Quereinstiegsmaster
LBS Elektro- und Metalltechnik an der
Universität Osnabrück
Hier setzt nun seit einigen Jahren die Universität Osnabrück
Akzente mit nachhaltiger Wirkung, indem sie zum Wintersemester 2005 den sogenannten „Quermasterstudiengang“
zum Lehramt an berufsbildenden Schulen für die Fachrichtungen Metall- und Elektrotechnik einführte und erfolgreich
durchführt.
Zielgruppen/Studienvoraussetzungen
Der Studiengang richtet sich an Absolventinnen und Absolventen eines ingenieurwissenschaftlichen Studiengangs in
den Fachrichtungen Maschinenbau oder Elektrotechnik mit
dem Studienabschluss Bachelor of Science oder Diplom.
Auch Ingenieurinnen und Ingenieure mit mehrjähriger
Berufserfahrung sind potenzielle Kandidaten. Ob ein/e
­
Interessent/-in für dieses Aufbaustudium bzw. den Beruf des
Lehrers geeignet ist, wird in Osnabrück individuell in einem
persönlichen Auswahlgespräch mit hochqualifizierten Experten geklärt. So wird vermieden, dass falsche Berufsvorstellungen bzw. Missverständnisse oder gar fehlende Qualifikationen im persönlichen Bereich zu Fehlentscheidungen
führen.
Master Lehramt an berufsbildenden Schulen FR Elektro-/Metalltechnik (Master of Education) (nicht akkreditiert)
Studienplan Berufs- und Wirtschaftspädagogik inkl. Didaktik der beruflichen Fachrichtungen
Zwei Veranstaltungen zu ausgewählten
Problembereichen in berufspädagogischen Handlungsfeldern
Modul 6: Projektstudien zu
ausgewählten Handlungs- und
Forschungsfeldern der BWP
Projektstudien zu ausgewählten
Handlungs- und Forschungsfeldern der
BWP (Seminar und empirische
Untersuchung)
Modul 5: Didaktik der
beruflichen Fachrichtungen
Grundlagen der Didaktik der
Fachrichtung Elektrotechnik oder
Metalltechnik (Seminar, M 5.1)
Ausgewählte fachrichtungsbezogene Lehr-/
Lernarrangements
(Seminar, M 5.2)
Modul 4: Schulpraktische Studien an
­berufsbildenden Schulen
Vorbereitung auf das Schulpraktikum
(Seminar, M 4.1)
Schulpraktikum (fünfwöchig)
Nachbereitung des
­Schulpraktikums
(Seminar, M 4.2)
Modul 3: Interdisziplinäre Grundlagen
der Analyse beruflichen Lehrens und
Lernens
Psychologische und soziologische
Grundlagen des beruflichen
Lehrens und Lernens
(Seminar, M 3.1)
Methoden beruflicher
Lehr-/Lernforschung
(Vorlesung, M 3.2)
Modul 2: Didaktik beruflicher Lehr-/
Lernprozesse
Ausgewählte Komponenten des
didaktischen Handlungsfeldes
(Seminar, M 2.2)
Theorien und Modelle der
Didaktik beruflichen
­Lehrens und Lernens
(Vorlesung, M 2.1)
Modul 1: Forschungsfelder der BWP
Einführung in die Berufs- und
Wirtschaftspädagogik
(Vorlesung, M 1.1)
Strukturen und
Funktionen beruflicher
Aus- und Weiterbildung
(Seminar, M 1.2)
1. Sem. (WS)
2. Sem. (SS)
Masterarbeit und Abschlusskolloquium
Lehrveranstaltungen zu
ausgewählten Handlungsfeldern
(zwei Wahlveranstaltungen)
3. Sem. (WS)
4. Sem.
(SS)
Abb. 1: Studienplan Berufs- und Wirtschaftspädagogik inkl. Didaktik der beruflichen Fachrichtungen (weitere Informationen: www.bwp.uni-osnabrueck.de)
116
Die berufsbildende Schule (BbSch) 65 (2013) 4
Themen
Aufbau des Studienganges
Das viersemestrige Aufbaustudium gliedert sich in die Bestandteile Berufs- und Wirtschaftspädagogik, Fachdidaktik
sowie das gewählte allgemeinbildende Unterrichtsfach. Der
Gesamtumfang beinhaltet ebenfalls ein zehnwöchiges
Schulpraktikum sowie die abschließende Masterarbeit. Als
allgemeinbildendes Unterrichtsfach können die Studierenden wählen zwischen Deutsch, Englisch, Evangelische Religion, Informatik, Katholische Religion, Mathematik, Physik
oder Sport.
Das Studium der Berufs- und Wirtschaftspädagogik (BWP)
inkl. der Didaktik der beruflichen Fachrichtung wird in sechs
Modulen angeboten. Einführungen in die Forschungsfelder
der BWP (Modul 1), die Didaktik beruflicher Lehr- und Lernprozesse (Modul 2) sowie interdisziplinäre Grundlagen der
Analyse beruflichen Lehrens und Lernens (Modul 3) bilden
das Fundament des Lehramtsstudiengangs.
Im Modul 4 werden die Schulpraktischen Studien vorbereitet, begleitet und nachbereitet. Die Grundlagen der Fachdidaktik in den Fachrichtungen Metall- und Elektrotechnik sind
Gegenstand des Moduls 5, die zur Gestaltung ausgewählter
fachrichtungsbezogener Lehr-/Lernarrangements führen.
Zur Einübung in die eigenständige Bearbeitung wissenschaftlicher Fragestellungen dienen Projektstudien zu ausgewählten Handlungs- und Forschungsfeldern der Berufsund Wirtschaftspädagogik (Modul 6).
Die Auswahl von zwei weiteren Wahlveranstaltungen komplettieren die Anforderungen, die in drei Semestern absolviert werden, um schließlich im vierten Semester das Studium mit der Masterarbeit und einem Abschlusskolloquium
beenden zu können. Damit beträgt der Umfang des Studiums inklusive allgemeinbildendem Unterrichtsfach und
Masterarbeit 120 LP.
3 Konzept des Studiengangs
Seit seiner Einführung erfährt der Studiengang ein großes
Interesse bei (potenziellen) Studierenden, aber auch großen
Zuspruch besonders aus den regionalen berufsbildenden
Schulen, die den Absolventinnen und Absolventen gerne einen Referendariatsplatz anbieten bzw. sie nach dem Ende
des Referendariats einstellen. Der große Erfolg des Studiengangs erklärt sich auch aus dem an der Universität Osnabrück umgesetzten Konzept, das im Wesentlichen auf fünf
Säulen beruht.
Zusammenwirken von Wissenschaft und Praxis
Ein Merkmal des Studiengangs ist die enge Verzahnung von
Wissenschaft und Praxis. So werden die Lehrveranstaltungen in einer für die Studierenden sehr fruchtbaren Mischung
aus Professorinnen und Professoren, wissenschaftlichen
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Universität und
­erfahrenen Lehrkräften aus der Landesschulbehörde, aus berufsbildenden Schulen und aus dem Studienseminar Osnabrück durchgeführt. Neben der unerlässlichen wissenschaftlichen Grundlegung können so die Anforderungen in der
2. Phase der Lehrerbildung durch die Kooperation mit dem
Studienseminar und auch eigene und übermittelte Erfahrungen auf den praktischen Schulalltag durch die Integration
von Lehrkräften theoretisch reflektiert und wissenschaftlich
vertieft werden (vgl. Pohlmann 2011).
Professionalisierung
Das Leitbild Professionalisierung wird in besonderem Maße
in der Vorbereitung, Begleitung und Nachbereitung der Schulpraktischen Studien verfolgt. Zunächst einmal erlangen die
Studierenden einen Überblick über das Praxisfeld Schule. Sie
erstellen Unterrichtsentwürfe und führen wissenschaftliche
Unterrichtsbeobachtungen durch. Die Studierenden sammeln
erste Unterrichtserfahrungen und gewinnen Einblicke in die
Schulorganisation und Schulentwicklung. Dabei setzen sie
sich kriteriengeleitet und reflektiert mit den Tätigkeiten eines
Lehrenden auseinander und überprüfen so auch ihre eigene
Studienwahlentscheidung. Im Rahmen der Nachbereitung
des Schulpraktikums arbeiten die Studierenden systematisch
die eigenen Erfahrungen und Ergebnisse aus dem Schulpraktikum auf und bewerten diese vor dem Hintergrund des bisher erworbenen Wissens neu. Sie erhalten Anregungen, setzen sich mit speziellen Problemen des Berufsfeldes „Lehramt“
auseinander und bearbeiten vertieft didaktische Einzelprobleme. Die Studierenden erhalten somit im Rahmen des Hochschulstudiums zur Lehrerbildung die Gelegenheit, sowohl methodische, als auch inhaltliche und curriculare Aspekte zu
reflektieren und in Bezug auf wissenschaftliche Theoriebildung zu hinterfragen (vgl. Schütte 2012).
Handlungsorientierung
Abb. 2: Merkmale des Studiengang-Konzeptes an der Universität Osnabrück
In den fachdidaktischen Lehrveranstaltungen steht die
Handlungsorientierung als didaktisches Leitbild im Zentrum
der Lehrveranstaltungen. Auf der Grundlage fundierter
­theoretischer Kenntnisse fachrichtungsbezogener Didaktik­
ansätze und fachdidaktischer Aspekte des Lehrens und Lernens sowie über praxisnahe Lehrplan- und Curriculumentwicklung entwickeln und gestalten die Studierenden
handlungsorientierte Lehr-/Lernarrangements. Unter Rückgriff auf Ergebnisse der Unterrichtsforschung sind sie in der
Lage, komplexe Lehr-/Lernarrangements kriteriengeleitet zu
reflektieren und zu evaluieren. Sie berücksichtigen dabei
auch emotionale, motivationale und kognitive Bedingungen
Die berufsbildende Schule (BbSch) 65 (2013) 4
117
Studiengang Quereinstiegsmaster LBS Elektro- und Metalltechnik
des Lernens und Lehrens (z. B. Sozialverhalten, Lehrerverhalten usw.). Die Studierenden reflektieren aktuelle fachdidaktische Diskurse und gestalten und beurteilen Lehr-/Lernarrangements im Hinblick auf einen Ausgleich fachsystematischer und prozeduraler Wissensbestandteile (vgl. Jenewein
2010).
dagogik. Angefangen mit dem Auswahlgespräch vor Aufnahme des Studiums bis hin zu einer Art persönlichem
„Coaching“ wird die Betreuung während des gesamten Studiums durch einen kompetenten, hochqualifizierten Ansprechpartner und Betreuer für die künftigen Lehrkräfte gewährleistet.
Forschendes Lernen
4Bisherige Studierendenzahlen und
Erfahrungen
Ein anderes didaktisches Leitbild im Studium ist das „Forschende Lernen“, das in den Projektstudien zu ausgewählten
Handlungsfeldern besonders verdeutlicht wird. Vorbereitet
durch eine Vorlesung zu Methoden beruflicher Lehr- und
Lernforschung bearbeiten die Studierenden selbst ausgewählte Fragestellungen in den Projektstudien. Zielsetzung
des Forschenden Lernens ist die Entwicklung pädagogischer
Professionalität durch die Erarbeitung und Anwendung von
theoretischem Reflexionswissen, praktischem Handlungswissen und selbstreflexivem Wissen (vgl. Weyland 2011).
Der Ablauf der Projektstudien orientiert sich daher am idealtypischen Ablauf des Forschungsprozesses. Die Studierenden sollen im Rahmen der Projektstudien eine eigene empirische Untersuchung in pädagogischen Praxisfeldern planen,
durchführen, auswerten, interpretieren und präsentieren.
Die Bearbeitung beinhaltet das Literaturstudium zum gewählten Forschungsthema (z. B. zur Unterrichtsentwicklung,
Schulentwicklung); die Nutzung von Methoden der Projektplanung sowie der Methoden empirischer Sozialforschung;
die Konzeption einer Untersuchung einschl. des Erhebungsinstruments und schließlich die Planung, Durchführung, Auswertung und Reflexion der empirischen Untersuchung.
Die von den Studierenden ausgewählten Fragestellungen beziehen sich dabei anders als in überwiegend fachdidaktischen Projekten (vgl. Weiner 2006) nicht auf selbstentwickelte und zu erprobende Lehr-/Lernarrangements, sondern sind
wählbar aus dem gesamten Handlungsfeld der Berufs- und
Wirtschaftspädagogik. Ansatzpunkte können dabei einzelne
didaktische Elemente sein (z. B. Einsatz neuer Medien im Unterricht) oder auch Fragestellungen im Zusammenhang mit
dem Unterrichtsfach (z. B. Sinnperspektiven im Sportunterricht). Bei nicht wenigen Studierenden werden die Projektstudien im Rahmen der Masterarbeit weiterentwickelt.
Intensive persönliche Betreuung
Eine Besonderheit dieses Studiengangs an der Universität
Osnabrück ist die intensive persönliche Betreuung eines jeden Studierenden am Fachgebiet Berufs- und Wirtschaftspä1. Formulierung und Präzisierung der Forschungsfrage
2. Literaturrecherche, Aufarbeitung und Darstellung des theoretischen
Hintergrunds
3. Planung und Vorbereitung der Erhebung
– Entwicklung des Forschungsdesigns
– Konstruktion der Erhebungsinstrumente
– Pretest
4. Datenerhebung (z. B. Interview, Beobachtung, Fragebogen, ...)
5. Auswertung der Befragungsergebnisse
6. Berichterstattung und Präsentation
Abb. 3: Arbeitsphasen der Projektstudien
118
Die berufsbildende Schule (BbSch) 65 (2013) 4
Von Beginn an war das Interesse am neuen Quermasterstudiengang in Osnabrück groß. Im Wintersemester 2005/06
nahmen 18 Studierende das Studium mit der Fachrichtung
Metalltechnik auf sowie zwölf Studierende mit der Fachrichtung Elektrotechnik. Zurzeit (SS 2012) gibt es in beiden Fachrichtungen 47 eingeschriebene Studierende. Seit dem Ende
des ersten Studiendurchgangs in 2007 haben ca. 100 Studierende den Abschluss „Master of Education“ erreicht.
Die Entwicklung des Studienangebotes zeigt, dass ein Bedarf
für Quereinsteiger in das Berufsschullehramt am Standort
Osnabrück zweifellos besteht. Ebenso lässt sich festhalten,
dass ein fundiertes Studienangebot die Nachfrage nach dem
Quereinstieg in das Berufsschullehramt trotz des derzeit guten Arbeitsmarktes für Ingenieure deutlich erhöht. Natürlich
kann die Deckungslücke beim Einstellungsbedarf für Lehrkräfte der Fachrichtungen Metall- und Elektrotechnik nicht
vollständig geschlossen werden. Der hier beschriebene
Quermasterstudiengang war von Anfang an zeitlich befristet und wird voraussichtlich planmäßig im Jahr 2015 auslaufen. Es besteht aber Hoffnung, dass das Angebot mit gleicher
Qualität am Standort Osnabrück bei teilweiser personeller
Kontinuität aufrechterhalten werden kann. Bereits seit 2008
wird in einer Kooperation der Universität Osnabrück mit der
Hochschule Osnabrück ein grundständiger Studiengang angeboten (nähere Informationen dazu unter www.hsosnabrueck.de). Ab 2013 kann bereits mit ersten Absolventinnen und Absolventen aus diesem Studiengang gerechnet
werden.
Literatur
BLBS 2009: Zeitgemäße Lehrerbildung: Nur mit universitären Standards. In: Die
berufsbildende Schule 61(2009)1, S. 5–8.
Jenewein, K. 2010: Handlungsorientiertes Lernen in der Berufsbildung. In: lernen & lehren 25(2010)98, S. 53–55.
KMK 2011: Lehrereinstellungsbedarf und Lehrereinstellungsangebot in der
Bundesrepublik Deutschland Modellrechnung 2010–2020. Juni 2011.
Korte, J. 2010: Lehramt an berufsbildenden Schulen in der Technik – eine anspruchsvolle Alternative zum Ingenieurstudium. In: Berufsbildung im Fokus
(2010) Juni, S. 6.
Pohlmann, H. 2011: Lehrerbildung zwischen Wissenschaftsorientierung und
Praxisbezug. In: Die berufsbildende Schule 63(2011)7/8, S. 318–320.
Schütte, F. 2012: Professionalisierung von Berufsschullehrern/-innen
(1896–2004) – vier Diskurse. In: Die berufsbildende Schule 64(2012)1, S. 6–10.
Seidel, A./Wemme, T. 2011: Nachwuchssorgen im Lehramtsstudium für berufsbildende Schulen. In: Die berufsbildende Schule 63(2011)7/8, S. 220–226.
Weiner, A. 2006: Projektorientierte Ausbildung von Lehrern für berufliche
Schulen. In: Schlattmann, J. (Hrsg.) 2006: Die Bedeutung der Ingenieurpädagogik. Hamburg.
Weyland, U. 2011: Forschendes Lernen als Leitdimension in Schulpraktischen
Studien. Vortrag FH Bielefeld 07.02.2011. http://www.uni-osnabrueck.de/
ZLBDokumente/Vortrag_-_Forschendes_Lernen_in_Schulpraktischen_Studien_
-_Mentorentreffen_2011.pdf.
Themen
Manfred Bönsch
Guter Unterricht braucht gute Lerner –
Die Pädagogik einer guten Schule
Der Beitrag befasst sich mit der Frage, ob die Verhältnisse die Pädagogik bestimmen oder die Pädagogik sich ihre eigenen
Verhältnisse schafft.
1Ausgang
Die Klagen über Verhaltensdefizite und damit störenden
Verhaltens von Schülern und Schülerinnen werden eher stärker als weniger. Die Frage ist, ob das an den Kindern und Jugendlichen, ihren Lebensverhältnissen und ihrer Erziehung
im Elternhaus liegt oder ob die Schule selbst Verursacher von
Verhaltensirregularitäten, gar Verhaltensstörungen ist. Jedenfalls sind die Unsicherheiten in Bezug auf Erziehungsmaximen und Erziehungsregeln bei Eltern und bei Lehrern nicht
unbeträchtlich. Erziehungsratgeber haben Konjunktur, beheben die Probleme aber nicht ohne Weiteres. Die Pluralisierung hat auch in dem hier zu besprechenden Bereich Platz
gegriffen, die Lebensverhältnisse gestalten sich immer wieder schwierig und institutionelle Verstörungen kommen erschwerend hinzu. Damit sind Alltagsphänomene wie eine
unbarmherzige Ablauforganisation (sechs bis acht Stunden
im 45-Minuten-Rhythmus, ständig wechselnde Fächer und
Lehrer), ständige Disziplinierungen (viel still sitzen, das Lernen in größeren Gruppen, Aktivwerden nur nach Aufforderung, viele Leistungskontrollen), die Formalisierung und Entpersönlichung der Interaktionen (man spielt die oder jene
Rolle und lässt sein Ich zu Hause!) gemeint. Die Institution
bestimmt die Rahmenbedingungen und zwingt beide Seiten
(Lehrer wie Schüler) in Verhaltenskorsetts, die eher einengen
als befreien, eher funktionalisierend als persönlichkeitsfördernd wirken.
So kann auch bei besten Absichten die Institution „Schule“
Beziehungen entfremden oder gar Störungen provozieren.
Non-konventionelles Verhalten ist dann der letzte Ausweg
(der Rest von Selbstbehauptung!), Lehrer reduzieren ihre Angebote auf die Vermittlung von Unterrichtsinhalten in sowieso ewig zu knapper Zeit. Man gibt nicht zuviel von sich
selbst (Selbstschutz!). Der Fall der doppelten Beziehungsreduktion ist gegeben. Die Folgen sind wachsende Distanz und
individualisierte Strategien der Spannungsbewältigung, die
dann paradoxerweise als Störungen wahrgenommen werden (Die meint es ja gar nicht ernst mit uns oder: Da komme
ich nur mit rigiden Verhaltensanforderungen durch!).
Der hier zu verfolgende interessante Gedanke ist, ob fehlende Vorstellungen für eine tragfähige Beziehungsarbeit diese
Lage negativ potenziert oder ob ein von einem Kollegium
gemeinsam verfolgtes Erziehungskonzept die „Verhältnisse“
fundamental ändern könnte, sodass beide Seiten gern zur
Schule kommen. Die Abbildung 1 strukturiert die folgenden
Ausführungen in übersichtlicher Form. Drei Prüfpunkte werden angesprochen: Gute Vermittlung, Förderung von Selbstständigkeiten, die Pflege der Beziehungsdimension.
Abb. 1: Die gute Schule und der gute Unterricht (3 Curricula)
2 Die gute Vermittlung
In den letzten 10 bis 25 Jahren fehlte in der Schulpädagogik
eine größere Aufmerksamkeit gegenüber den Basisqualitäten der guten Vermittlung, die ja dann doch das dominierende tägliche Unterrichtsgeschäft ist: Wie mache ich die Vektorrechnung so verständlich und einleuchtend, dass sie von
Schülern positiv aufgenommen wird? Wie bemesse ich den
Informationsumfang und -gehalt einer neuen Lektion? Wie
kann ich Grammatikregeln so vermitteln, dass sie im System
„Sprache“ Sinn machen, mindestens plausibel sind? Kann ich
die Vermittlung so variabel gestalten, dass sie den unterschiedlichen Rezeptionsmodi und Speicherkapazitäten der
so verschiedenen Lerner einigermaßen entsprechen und Lernen damit erfolgreicher werden kann? Das sind einige der
Grundfragen, die dringend konstruktiver Antworten bedürfen.
Ein gutes Vermittlungskonzept bedarf der produktiven Realisierung der Merkmale Struktur/Ordnung und Klarheit/Verständlichkeit. Es muss zielorientiert wirken (Was soll zum
Schluss gelernt sein?) und Transparenz schaffen (Wir gehen
diesen Weg, weil ...) und damit Sinn vermitteln. Immer geht
es um Aufschlüsselungen der Welt und ihrer Objektivationen. Und wenn ein Lehrer durch sein Interesse zu seinen Fächern Infizierungen (Ansteckungen) schafft, wäre dies sicher
die Krönung einer guten Vermittlung.
3 Die Förderung selbstständigen Lernens
Da das Lernen von Schülern und Schülerinnen nicht in der
direkten Verfügung von Lehrenden ist, kommt alles darauf
Die berufsbildende Schule (BbSch) 65 (2013) 4
119
Guter Unterricht braucht gute Lerner
immer wieder besiegbar. Während dies alles
Rückbesinnung auf pädagogische Grundanliegen ist, ist die didaktische Diskussion in Bezug
auf die „Lernausrüstung“ weiter. Das Curriculum der Lernstrategien, Lern- und Arbeitstechniken liegt an sich gut ausgearbeitet vor.
Entscheidend sind dann die vom Unterricht/
von der Schule angebotenen Lerngelegenheiten, die Stück für Stück eine Ausweitung
selbstverantworteten Lernens erlauben. Auch
hier liegen Subkonzepte vor, die nutzbar sind,
kurz dargestellt in der Abbildung 2.
4Der Lehrer/die Lehrerin und
seine/ihre Pädagogik
Abb. 2: Lernkompetenzen und Konzepte selbstständigen und kooperativen Lernens
an, selbstständiges Lernen zu befördern. Unterricht kann geradezu als eine Veranstaltung definiert werden, die Lernen
initiieren und begleiten will. Nun „bricht“ sich dieses Anliegen schnell an den institutionellen Rahmenbedingungen.
Wenn die Zeit schon nicht für die Vermittlung der vorgegebenen Inhalte reicht, wenn kaum eine Entschleunigung möglich ist, wird es schwierig. Trotzdem liegt hier ein zentraler
Entwicklungsbereich, der genuin pädagogische mit didaktisch-methodischen Aspekten verbindet.
Der zentrale Begriff ist der der Selbstkompetenz. Ein Individuum muss lernen, „Verfügung“ über sich und sein Leben zu
gewinnen. Man kann heute drei Subkompetenzen benennen: Selbstverantwortung zu realisieren meint, eine Übereinstimmung von Zielen und Bedürfnissen immer wieder anzustreben, aus der Lageorientierung (das kann ich sowieso
nicht!) in eine Handlungsorientierung (das müsste ich doch
irgendwie schaffen können!) zu gelangen. Sinn zu finden für
die Plackereien des Alltags ist wichtig (da muss ich durch,
weil ...), dabei aber auch eine Art Etappenstrategie zu entwickeln (ich nehme mir erst einmal das vor, dann sehe ich weiter), um sich und den eigenen Möglichkeiten gerecht zu werden, ist hilfreich. Dies kann – individuell gesehen – ein
großes Programm sein! Selbstorganisation meint: den Tag
zu organisieren, sich selbst Ziele zu setzen, ein Zeitmanagement zu entwickeln (wann mache ich was), Aufgaben richtig einzuschätzen und Hilfsmittel-Systeme zu kennen und
zu nutzen. Und wenn dann Selbststeuerung hinzukommt im
Sinne von den Umgang mit sich selbst zu lernen, Selbstdisziplin zu üben, Planungsfähigkeit zu gewinnen, Verabredungen mit anderen eingehen zu können, wäre ein Drittes gewonnen. Das Chaos des Alltags (das ist mir alles zuviel!) wäre
120
Die berufsbildende Schule (BbSch) 65 (2013) 4
Entscheidend sind zum Schluss aber immer die
Qualität und das Maß an personaler Pädagogik, die praktiziert werden können. Alle Verselbstständigungsriten, -posen und -bekundungen in Gestalt von Gleichgültigkeit,
Regelverletzung, Widerständigkeit, gar Fluchtbewegungen können nur zeitweise verdecken,
dass ein Jugendlicher oder junger Erwachsener
Bindung sucht, Achtung und Anerkennung erhofft, Aufmerksamkeit erwartet. Er möchte
sich an Menschen orientieren, die etwas von
dem repräsentieren, was man selbst sein
möchte. Das mag zeitweise oder auch auf Dauer kaum zu erkennen sein, ist aber die heimliche oder auch
offen gezeigte „Sehnsucht“ junger Menschen. Man kann das
Bindungssuche oder die Suche nach einem Vorbild nennen,
es ist und bleibt der fundamentale Anknüpfungspunkt jeder
Pädagogik. Wenn der mitunter harte Panzer von Distanzverhalten und Gleichgültigkeit durchstoßen ist, merkt man,
dass da ein Suchender ist, der sich selbst noch nicht gefunden hat und auf den Anker hofft, der Halt und Orientierung
geben kann. Ohne in eine idealisierende Betulichkeit abzurutschen, kann man sagen, dass der Pädagoge als Person in
allen Sozialisationsinstanzen (Familie, Schule, Jugendarbeit,
Lehrer, Studium) wichtiger denn je ist. In der Spannung von
akzeptierbarer Autorität und Autonomie gewähren liegt die
zentrale Herausforderung. Die häufig unterschätzte pädagogische Kompetenz lässt sich in zwei Grundkategorien beschreiben und bedarf dann der sog. „Transportmittel“, um
Wirkungseffekte im Sinne der Persönlichkeitsförderung zu
erzielen.
4.1Das ganz persönliche Angebot eines Lehrers/
einer Lehrerin
Zunächst ist in Erinnerung zu bringen, dass die Vorbildfunktion entgegen aller (vergangenen) Zeitströmungen nach wie
vor eine große Rolle spielt. Das Bild, das vor einem steht, dem
man nacheifern möchte oder das nach Modifizierungen verlangt, ist als Orientierungshilfe für den, der noch auf der
­Suche nach sich selbst ist, ungemein wichtig. Die Art der Lebensbemeisterung, der Umgang mit Siegen wie mit Niederlagen, die Kommunikationsmodi, die Stellungnahmen zu den
Problemen der Welt und des Alltags, gesellschaftlich-politi-
Themen
sches Engagement, der Umgang mit dem Andersartigen, das
möchte ein junger Mensch schon beispielhaft erleben können. Authentizität statt fremdelnder Rollenausübung, Vertrauensangebote, Verantwortung und Wertschätzung sind
wichtige Qualitäten für die Personenwahrnehmung.
Wenn man sich dieser als pädagogisch zu bezeichnenden
Aufgabe der Persönlichkeitsentwicklung stellt, wird deutlich,
wie komplex und herausfordernd der Lehrerberuf ist.
4.2 Die Axiome pädagogischen Handelns
In der Abbildung 3 ist im linken unteren Bereich die Rede von
den sog. Transportmitteln. Gemeint sind damit die Gestaltungs- und Handlungsmittel, die allein oder besser mit anderen (Parallelkollegen, Jahrgangsteams, Stufenkollegium,
Gesamtkollegium) die tägliche Lernwelt gestalten helfen.
Während von den person-orientierten Handlungselementen schon die Rede war – hier sind sie mit den Begriffen
­pädagogischer Takt, sozialintegrativer Führungsstil und respektvolle Überforderung benannt –, sind die Verlaufsstrukturen, Handlungsgerüste und kommunikativen Kontexte die
weiteren wichtigen Gestaltungselemente. Interessanter Unterricht – hier mit den zwei Merkmalen Aufschlüsselung zunächst fremder Lernbereiche, Infizierung im Sinne des persönlich Interessant-Machens belegt – ist das „Graubrot“ des
Alltages.
Die Axiome pädagogischen Handelns sind mit den sieben
„As“ zu fixieren: Achtung, Aufmerksamkeit, Anerkennung,
Anspruch, Annahme, Angebote und Autonomie. Sie markieren die Grundqualitäten des pädagogischen Umgangs. Trotz
aller institutionellen Einengungen sollten sie die tägliche
Kommunikation bestimmen. Das Gegenüber – immer verstanden als einzigartiges Subjekt – erfährt die für seine Entwicklung wichtigen Perspektivangebote, die sein Sensorium
für Interaktionen entwickeln helfen, schließlich auch sein
Verhalten.
4.3Persönlichkeitsförderung
Für das eigene berufliche Selbstkonzept sind über die fachliche Kompetenz hinaus fünf Bereiche wichtig, die die Zielmargen pädagogischen Handelns ausmachen. Der erste Zielbereich ist die vielfach und gut begründet beschriebene
Trias von Selbst-, Sozial- und Methodenkompetenz. Davon
war schon die Rede. Weniger im Blick ist häufig der anzustrebende intellektuelle Habitus. Gemeint ist damit eine Haltung des prinzipiellen Fragens, des kategorischen Denkens
und der distanzierten Reflexion, also eine gut entwickelte
Metakognition. Der dritte Zielbereich ist die gut auszubalancierende Spannung von Autonomie und Regelorientierung.
Jeder braucht sein Maß an Selbstbestimmung, aber eben
auch den ausgeprägten Willen zur Regelorientierung, um in
befriedigenden und befreienden sozialen Verhältnissen leben zu können. Die heute vielfach zu beobachtenden Tendenzen zu Egoismus, Narzissmus, gar Ansätze eines Autismus (man kreiselt nur noch um sich selbst!) machen diesen
Ansatz besonders wichtig. Und jeder braucht die Austarierung von Resilienz (Widerstandsfähigkeit) und Engagement,
um Anforderungen zu bewältigen und dabei auch noch Eigenkapital einbringen zu können, um nicht früh in die Nähe
des Burnout und der Apathie zu geraten. Schließlich ist ein
tragfähiges und handleitendes Werte- und Normengerüst
gewissermaßen als reflektiertes Über-Ich zu gewinnen.
4.4 Die „Transportmittel“
Da man sich als Lerner auf Dauer nicht nur als Gast in der
Schule empfinden kann, ist der Viererakkord von Regeln, Ritualen, Routinen und Revieren wichtig. Er kann die täglichen
Gewissheiten, Sicherheiten und Verfügbarkeiten geben. Regeln und Routinen bestimmen das Miteinander. Rituale sind
die herausgehobenen Ereignisse, die dem Alltag einen Charakter geben (Ankommen, Begrüßung, Gesprächskreis, Sinnkonferenzen, auch Bewegungs- und Entspannungsübungen,
Tagesschlusskreise usw.). Mit dem Begriff des Reviers sind
die räumlichen Gegebenheiten/Gestaltungen gemeint, die
Verlässlichkeit schaffen und ein bisschen Heimischsein vermitteln (der eigene Arbeitsplatz, die Lernecken, die Pausenräume, die Bibliothek, die Mediothek, Aufenthaltsmöglichkeiten, Interneträume usw.). Das Atmosphärische drückt sich
am ehesten in verlässlichen Beziehungen aus. Es bestehen
klare Verabredungen, gar (Lern-)Verträge. Personelle Verdichtungen im Sinne individueller Zuwendung, Kleingruppenarbeit, Doppelbetreuung durch Tandemlehrer wären für
viele Schüler wichtig, um Schwierigkeiten beim Lernen oder
in den Kontakten zu überwinden.
Das Verharren in der Anonymität, die eine Klasse mit 30
Schülern schafft, ist per se demotivierend und eher lernhemmend. Die Bedeutung der von mir sogenannten personellen
Verdichtungen kann man nicht hoch genug einschätzen, weil
sie aus Isolierung und aktuellen Verständnisschwierigkeiten
herausführen können.
5Schlussbetrachtung
Abb. 3: Pädagogik für Jugendliche/junge Erwachsene – Akzeptierbare
Autorität und Persönlichkeitsförderung
Das insgesamt entwickelte Programm wird plausibel sein.
Die „Abers“ werden aber längst virulent sein. Die Institution
„Schule“ mit den ihr eigenen Gesetzlichkeiten erlaubt
scheinbar nur eine eingeschränktere und rigidere Pädagogik.
Damit ist die entscheidende Frage gegeben: Bestimmen die
Verhältnisse die Pädagogik oder schafft die Pädagogik sich
ihre eigenen Verhältnisse? Im Interesse der Lernenden ist die
Antwort eindeutig: Das Sein darf nicht das Bewusstsein bestimmen. Der Marx’sche Satz ist umzudrehen: Bewusste Pädagogik verändert die Verhältnisse!
Die berufsbildende Schule (BbSch) 65 (2013) 4
121
Erprobung kooperativer Fortbildungen
Alexandra Eder, Klaus Rütters
Erprobung kooperativer Fortbildungen von
Lehrkräften und Ausbilder/-innen im
Ausbildungsberuf Mechatroniker/-in
Die Planung, Umsetzung und Evaluation eines kooperativen Fortbildungskonzeptes in der Region Hannover und die Erfahrungen der beteiligten Akteure stehen im Zentrum des Projektes „Lernortkooperative Fortbildungen von Lehrern/-innen
sowie Ausbildern/-innen in der dualen Ausbildung von Mechatronikern/-innen“ (LeKoMech), der im Zeitraum von Oktober
2009 bis Oktober 2012 durchgeführt wurde. Dabei stellte sich heraus, dass die Umsetzung solcher Konzepte sich nicht als
„toter oder überhöhter Anspruch der Bildungspolitik“1 darstellt, sondern praktikabel und zielführend ist, solange die speziellen Rahmenbedingungen und Bedürfnisse der im Ausbildungsberuf Tätigen berücksichtigt werden und die planende
und koordinierende Arbeit – die zur Umsetzung solcher Konzepte unabdingbar ist – nicht von den Ausbildern und Lehrkräften alleine geleistet werden muss, sondern durch ein „Schnittstellenmanagement“ unterstützt wird.
1Einleitung
Lernortkooperation ist Leitprinzip und systemimmanenter
Bestandteil der dualen beruflichen Erstausbildung in
Deutschland.2 Sie ist strukturell angelegt, wird im Berufsbildungsgesetz von 2005 dezidiert gefordert und in neueren
Rahmenlehrplänen der KMK durch Zuordnung der Lernfelder zu den Ausbildungspositionen vorgedacht.3 Die beobachteten Erscheinungsformen der Lernortkooperation reichen von wechselseitiger Information, über die Abstimmung
von Ausbildungsinhalten/-maßnahmen bis hin zur Umsetzung gemeinsamer Ausbildungs-/Fortbildungsprojekte. Wesentliches Ziel dabei ist, dass Berufsschulen und Betriebe gemeinsam dafür sorgen, dass die Auszubildenden die
notwendigen beruflichen Handlungskompetenzen des jeweiligen Ausbildungsberufs erlangen (vgl. Beicht [u. a.] 2009,
S. 4 f.). Weitere Ziele wurden mannigfaltig formuliert, z. B.
effektive Nutzung von Ressourcen, Erhöhung der Ausbildungsqualität, Anpassung der Ausbildung am regionalen Bedarf, Professionalisierung des Ausbildungspersonals u. a.
(vgl. Euler 2004, S. 134–200).
Häufig werden, wenn über Lernortkooperation diskutiert
wird, Ausbildungsprojekte thematisiert, die von Ausbildern/
-innen und Lehrkräften gemeinsam geplant, durchgeführt
und evaluiert werden. Kooperative Fortbildungen sind weniger im Fokus der berufspädagogischen Diskussion, obwohl
eine gemeinsam geplante und aufeinander a
­ bgestimmte
fachliche und pädagogische Kompetenzverbesserung der
Lehrkräfte und Ausbilder/-innen im Dualen System sehr gut
dazu geeignet ist, im Rahmen eines aktuell im Trend liegenden dezentralen Fortbildungsmanagements (vgl. NiLS 2005,
S. 1) umgesetzt zu werden und damit „schulscharfe“, respektive „bildungsgangscharfe“ Fortbildung des Ausbildungspersonals zu realisieren. In dem im Folgenden dargestellten Projekt „Lernortkooperative Fortbildungen von Lehrern/-innen
sowie Ausbildern/-innen in der dualen Ausbildung von
Mechatronikern/-innen“ (LeKoMech) wurde die Umsetzung
lernortkooperativer Fortbildungen im Ausbildungsberuf
„Mechatroniker“ von November 2009 bis Oktober 2012 in
der Region Hannover erprobt. Die besonderen Ausgangs-
122
Die berufsbildende Schule (BbSch) 65 (2013) 4
punkte, das Konzept, erste Erfahrungen und ein Ausblick
werden im Folgenden dargestellt.
2Besondere Ausgangspunkte des Projektes
„LeKoMech“
Die besondere Motivation, das Projekt LeKoMech durchzuführen, erwuchs u. a. aus dem Bestreben, die im Ausbildungsberuf „Mechatroniker/-in“erforderlichen Kompetenzen in den Fachgebieten Mechanik, Elektrotechnik und
Informationstechnik in der Schule und im Betrieb möglichst
integrativ zu vermitteln. Für den Bereich Mechatronik gibt
es bisher aber kaum speziell ausgebildete Lehrkräfte und
Ausbilder/-innen, weshalb die Ausbildung in der Regel von
Personen durchgeführt werden muss, die Spezialisten in einem der drei Fachgebiete sind. Die Auszubildenden müssen
die vermittelten Kompetenzen bei der Bearbeitung mechatronischer Aufgaben und Projekte aber integriert anwenden
können (vgl. Eder, Rütters 2012, S. 264), was eine entsprechende Unterstützung durch Lehrkräfte und Ausbilder/
-innen erfordert. Das Institut für Berufspädagogik und Erwachsenenbildung der Leibniz Universität Hannover, die Firma Continental, die IHK Hannover und die Berufsbildenden
Schulen Neustadt am Rübenberge – in der zum Projektbeginn 274 Auszubildende im Beruf Mechatroniker/-in ausgebildet wurden – haben deshalb das Projekt „LeKoMech“ initiiert, um fehlende Kompetenzen bei Lehrkräften und
Ausbildern/-innen zu vermitteln bzw. zu fördern. Das wesentliche Ziel dieses Projektes besteht also darin, Ausbilder/
-innen und Lehrkräfte gemeinsam fortzubilden, sodass sie
das komplexe Fachgebiet Mechatronik auf hohem Niveau
fachlich und didaktisch integrativ unterrichten bzw. ausbilden können (vgl. Eder, Rütters, Schlegel 2012, S. 16). Darüber
hinaus soll durch die lernortübergreifenden Fortbildungen
die Zusammenarbeit der Lernorte weiter gestärkt werden.
Für das Projekt wurden neben der Continental AG noch neun
weitere Betriebe (DB-Training, Henniges Automotive GmbH
& Co. KG, Kraft-Wärme-Kopplung GmbH, LPKF Laser & Electronics AG, Miele, Tröster GmbH & Co. KG, üstra Hannoversche Verkehrsbetriebe AG, VW Coaching GmbH, WABCO
Fahrzeugsysteme GmbH) gewonnen, sodass zurzeit 15
Themen
Ausbilder/-innen aus 9 Betrieben und 11 Lehrkräfte der Berufsschule aktiv im Projekt mitwirken.
3Konzept und Vorgehen bei der Durchführung
lernortkooperativer Fortbildungen
Die Organisation der lernortkooperativen Fortbildungsveranstaltungen (vgl. Sailmann, Schulz 2004) gestaltete sich folgendermaßen: In einem ersten Schritt wurde eine Projektplanungsgruppe (PPG) – bestehend aus Lehrkräften der BBS
Neustadt am Rübenberge, ausgewählten Ausbildern/-innen
der beteiligten Firmen, Vertretern/-innen der IHK Hannover
und Vertretern/-innen des Instituts für Berufspädagogik und
Erwachsenenbildung – eingerichtet, die als Entscheidungsund Schnittstellengremium für die geplanten und umgesetzten Projektaktivitäten fungierte (vgl. Abb. 1). Die
­notwendigen operativen Organisations- und Umsetzungsarbeiten wurden im Wesentlichen von einem für das Projekt
an der Universität eingestellten Wissenschaftlichen Mitarbeiters geleistet, der damit die Funktion eines „Schnittstellenmanagers“ übernahm. In einem zweiten Schritt wurde der
Fortbildungsbedarf aller am Projekt beteiligten Ausbilder/
-innen und Lehrkräfte schriftlich ermittelt. Dazu sollten die
Befragten zunächst ihre eigenen Kompetenzen im Hinblick
auf vorgegebene Themen aus den Bereichen Automatisierungstechnik, Informationstechnik und Metalltechnik
­einschätzen, die Relevanz dieser Themen für den Ausbildungsberuf bestimmen und mögliche Schwerpunkte für
Fortbildungsveranstaltungen benennen: z. B. Vermittlung
grundlegender fachlicher Kenntnisse, Anwendung in betriebspraktischen Situationen und didaktische Umsetzung
in der betrieblichen und schulischen Ausbildung. Während
der Projektlaufzeit wurden in zwei solcher Befragungen (online/offline) die Themen: „Hydraulik“ und „SPS“ (Speicherprogrammierbare Steuerung), „Sicherheitstechnik/Robotertechnik“ sowie „Instandhaltung mechatronischer Systeme“
als besonders relevant eingestuft.
4 Erfahrungen und Fazit
Im Laufe des Projektes haben sich die lernortkooperativen
Fortbildungen zu einem festen Bestandteil der Kooperation
in der dualen Ausbildung zum/zur Mechatroniker/-in
etabliert. Sowohl die beteiligten Lehrkräfte als auch
­
Ausbilder/-innen befürworten das Fortbildungskonzept,
nahmen mit großem Interesse an den Fortbildungen teil und
sprechen sich durchgehend für ihre Weiterführung über die
Projektlaufzeit hinaus aus. Die vermittelten fachlichen Inhalte entsprachen bei nahezu allen Beteiligten (n = 13)
„überwiegend bis völlig“ ihren Erwartungen und Bedürfnissen und auch die Qualität der erarbeiteten Konzepte zur didaktischen Umsetzung der Themen in Schule und Betrieb
wurde positiv bewertet. Im Hinblick auf das integrative Ziel
des Modellversuchs, die Lernortkooperation zu verbessern,
gaben die Lehrkräfte und Ausbilder in persönlichen Gesprächen, Workshops und ersten Evaluationsbefragungen an,
dass sie die gemeinsamen Fortbildungen als (überwiegend)
geeignet ansehen, den Ausbildungspartner besser zu verstehen (n = 13). Darüber hinaus haben sie neue Impulse für ihre
Tätigkeiten erhalten (n = 10). Da jede Fortbildungsveranstaltung in einem anderen Ausbildungsbetrieb oder in der Berufsschule durchgeführt wurde, hatten sowohl die Lehrkräfte als auch die betriebsfremden Ausbilder Gelegenheit,
verschiedene Ausbildungsbetriebe bzw. die Schule intensiver kennenzulernen, was die Befragten als interessant eingestuft und als Abwechslung in ihrem beruflichen Alltag erlebt haben. In der Projektlaufzeit entwickelte sich ein Gefühl
der Gruppenzugehörigkeit und eine offene angenehme Gesprächsatmosphäre. Die Lehrkräfte profitierten insbesondere von dem verbesserten Zugang zu betrieblichen Realitäten
und dem Arbeitsprozesswissen der Ausbilder/-innen. Insgesamt kamen die Beteiligten zu dem Fazit, dass die bisher
schon zufriedenstellende Lernortkooperation, die durch die
Umsetzung gemeinsamer Projekte, die Arbeit in Prüfungsausschüssen und regelmäßige Kontakttage entstanden ist,
noch intensiviert und auf einen größeren Personenkreis ausgeweitet wurde.
Auf Basis der Befragungsergebnisse wurde in einem dritten
Schritt nach geeigneten Fortbildungsanbietern gesucht. Aufgrund des großen mechatronischen
Kompetenzspektrums der Projektpartner konnten diese geeignete
Fortbildungsveranstaltungen selbst
anbieten. So führte die BBS Neustadt am Rübenberge Fortbildungen zum Themenbereich „SPS“, die
Firma Continental AG zur „Hydraulik“, VW-Coaching GmbH zur „Sicherheitstechnik/Robotertechnik“
und die Firma Tröster zur „Instandhaltung mechatronischer Systeme“
durch (vgl. Abb. 2). Alle Fortbildungen waren in zwei thematische Abschnitte gegliedert (vgl. Abb. 1). An
zwei Tagen wurden die fachlichen
Schwerpunkte der Themen erarbeitet und an einem daran anschließenden Tag ihre didaktisch-methodische Umsetzung im Unterricht
bzw. in der Ausbildung.
Abb. 1: Konzept zur Durchführung lernortkooperativer Fortbildungen
Die berufsbildende Schule (BbSch) 65 (2013) 4
123
Erprobung kooperativer Fortbildungen
Abb. 2: Mechatronikerausbilder beteiligen sich an
der SPS-Schulung an der
BBS Neustadt am Rübenberge.
Der didaktische Transfer der bearbeiteten technisch fachlichen Themen in die Ausbildung in Schule und Betrieb sollte
noch intensiviert werden. Kern könnten dabei betrieblich relevante Lern- und Arbeitssituationen sein, die vor allem im
schulischen Unterricht noch stärker berücksichtigt werden
sollten. Die Ausbilder könnten so die Rolle der betrieblichen
Experten, die die schulische Arbeit der Lehrkräfte unterstützten, übernehmen. Zur Verbesserung des didaktischen Transfers wurde aber auch vorgeschlagen, Strategien zur Übernahme der Fortbildungsinhalte in die betriebliche Ausbildung
zu erarbeiten. Angedacht sind dazu die Entwicklung von Erkundungsaufträgen, lernortübergreifenden Lern- und Arbeitsaufgaben, gemeinsamen Projekten oder gemeinsamen
Lernträgern. Vergleichende Auseinandersetzungen mit betrieblichen und schulischen Unterrichts- und Ausbildungsmethoden würden ebenfalls einer Verstetigung der Projekt­
idee entsprechen. Insgesamt zeigte sich, dass das realisierte
Fortbildungskonzept in hohem Maße geeignet ist, die angestrebte bildungsgangscharfe Fortbildung von Lehrkräften
und Ausbildern zu realisieren. Darüber hinaus wurden bestehende Kontakte von Lehrkräften und Ausbildern im Bildungsgang gestärkt und neue Kooperationsmöglichkeiten
gefunden. Weiterführende Ergebnisse des Projekts sollen
durch eine quantitative Auswertung der durchgeführten
schriftlichen Befragung der Auszubildenden und der Auswertung qualitativer Interviews mit Ausbildern/-innen und
Lehrkräften gewonnen werden.
Wenn die Projektidee nach Projektende im Oktober 2012
fortgeführt werden soll, stellt sich die Frage, wie die Aufgaben des Schnittstellenmanagements zwischen Schule und
Betrieb wahrgenommen werden können. Insbesondere die
Organisation gemeinsamer Fortbildungen erfordert eine Koordinierungsstelle. Dazu wurden auch bereits Überlegungen
angestellt, eine Arbeitsgruppe an der BBS Neustadt am Rübenberge, dem Innovations- und Zukunftszentrum für Mechatronik in der Region Hannover, einzurichten. Eine Säule
der Lehrerfortbildung in Niedersachsen stellt seit 2012 die
universitäre Lehrerfortbildung dar. Damit stellt sich die Frage, ob diese nicht auch dazu genutzt werden kann, die von
Weiterbildungsexperten häufig als defizitär eingestufte pädagogische Professionalisierung des betrieblichen Ausbildungspersonals4 mit einzubeziehen und eine gemeinsame
124
Die berufsbildende Schule (BbSch) 65 (2013) 4
pädagogische Fortbildung von Lehrkräften und Ausbildern
an den Universitäten einzurichten.
Anmerkungen
1 Vgl. Pätzold, Drees, Thiele 1998, S. 67.
2 Vgl. Schmidt 2004, S. 41 ff.
3 Vgl. KMK 2011; S. 22 ff.
4 Vgl. Meyer (2010), S. 13 ff.
Literatur
Beicht, U./Krewerth, A./Eberhard, V./Granato, M. 2009: Viel Licht – aber auch
Schatten. Qualität dualer Berufsausbildung in Deutschland aus Sicht der Auszubildenden. BiBB-Report. Heft 9, Bonn.
Eder, A./Rütters, K. 2012: Lernortkooperative Fortbildungen von Lehrern/Lehrerinnen und Ausbildern/Ausbilderinnen in der dualen Ausbildung zum Mechatroniker/zur Mechatronikerin. In: Niedermair, G. (Hrsg.) 2012: Kompetenzen
entwickeln, messen und bewerten. Linz. S. 257–280.
Eder, A./Rütters, K./Schlegel T. 2012: Mechatroniker-Ausbildung – Gemeinsames
Lernen. In: Niedersächsische Wirtschaft, Oktober 2012, IHK Hannover, S. 16,
Online: http://www.hannover.ihk.de/fileadmin/data/nw/catalog_771452/
index.html#/16, Zugriff am: 09.10.2012.
Euler, D. (Hrsg.) 2004: Handbuch der Lernortkooperation. Band 1: theoretische
Fundierung. Gütersloh. S. 41–59.
KMK 2011: Rahmenlehrplan für den Ausbildungsberuf Augenoptiker/Augenoptikerin, Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 25.03.2011. Online: http://
www.kmk.org/bildung-schule/berufliche-bildung/rahmenlehrplaene-zuausbildungsberufen-nach-bbighwo/liste.html, Zugriff am: 06.05.2011.
Meyer, R. 2010: Professionalisierung und Professionalität für Tätigkeiten in der
Berufsbildung. In: Enzyklopädie Erziehungswissenschaft Online. Online: http://
www.erzwissonline.de, Zugriff am: 09.09.2012, S. 1–9.
NiLS 2005: „Maßnahmen in der Lehrerbildung bei der Umstrukturierung der
berufsbildenden Schulen – Strukturen zur Verzahnung der 2. und 3. Phase“ –
Niedersächsisches Programmelement: „Einrichtung eines systematischen
Fortbildungsmanagements für/an Regionalen Kompetenzzentren“. Juli 2005,
Niedersächsisches Landesamt für Lehrerbildung und Schulentwicklung (NiLS).
Online: http://www.ubs-modellversuch.de, Zugriff am: 20.07.2010.
Pätzold, G./Drees, G./Thiele H. (Hrsg.) 1998: Kooperation in der beruflichen
Bildung. Grundlagen der Berufs- und Erwachsenenbildung, Band 14. Hohengehren.
Schmidt, H. 2004: Kooperation in der Berufsbildung – ein deutsches Spezifikum?
In: Euler, D. (Hrsg.) 2004: Handbuch der Lernortkooperation. Band 1: theoretische Fundierung. Gütersloh. S. 41–59.
Sailmann, G./Schulz, R. (u. a.) 2004: Zeitnah qualifizieren – Kooperative Fortbildungskonzepte als Antwort auf neue Qualifizierungsbedarfe bei beruflichem
Ausbildungspersonal. Gütersloh.
Unterricht
>
Unterricht
Tobias Greiner, Markus Emmerling
Handys an Berufsschulen – wegdrücken oder
annehmen?
Die Diskussion begann im Jahre 2006 in Bayern, nachdem an einer Hauptschule in Immenstadt im Allgäu Videos mit ex­
tremen Gewaltszenen auf Schülerhandys gefunden wurden. Der Fall sorgte seinerzeit bundesweit für Schlagzeilen. Die Polizei beschlagnahmte daraufhin an dieser Schule 200 Mobiltelefone. Dabei wurden auf 15 der Telefone pornografische und
gewaltverherrlichende – also strafbare – Inhalte gefunden. Als Konsequenz aus diesem und weiteren vergleichbaren Ereignissen erließ das bayerische Landeskabinett im August 2008 in der aktualisierten Schulordnung für die Berufsschulen
in Bayern (BSO) ein absolutes Handyverbot für alle Landesschulen. Der Beitrag nimmt eine Bestandsaufnahme vor, bezüglich des Umgangs mit Mobilfunkgeräten am Beispiel einer Münchner Berufsschule. Er beleuchtet die Auswirkungen des
Mobilfunkverbotes an bayerischen Schulen aus verschiedenen Blickwinkeln.
1Einleitung
Die Schülerinnen und Schüler werden von ihrem Klassenlehrer aufgefordert, ihre Smartphones hervorzuholen und die
eben zusammengestellte Präsentation aus dem klasseneigenen virtuellen Speicher, der Cloud, auf ihre Geräte herunterzuladen, damit sie später zu Hause nochmals die Möglichkeit haben, die an diesem Tag erarbeiteten Unterrichtsinhalte zu wiederholen. Der Lehrer kann dank der Administratorrechte überprüfen, ob jeder Schüler sich die Inhalte
auch heruntergeladen hat. Zudem nutzt die Lehrkraft über
die integrierte Chat-Funktion in der App1, welche eine Ver-
bindung zu dem klasseneigenen Onlinespeicher herstellt,
Hausaufgaben und Bearbeitungsaufträge in Form von Nachrichten an die Schülerinnen und Schüler zu verschicken. So,
oder so ähnlich, könnten in Zukunft Mobilfunkgeräte für den
Berufsschulunterricht genutzt werden. Doch gegenwärtig
ist die Stimmung an den meisten bayerischen Berufsschulen
eine ganz andere: Handys stören das Unterrichtsgeschehen
und lenken die Schülerinnen und Schüler ab. Die Folge sind
Konflikte wegen unerlaubter Nutzung von Mobilfunkgeräten im Schulgebäude zwischen Lehrkräften und ihren Schülern und ein anschließendes Tauziehen um etwaige Sanktionen.
Abb. 1: Welche Medien besitzen Jugendliche selbst? (MPFS: JIM-Studie 2012)
Die berufsbildende Schule (BbSch) 65 (2013) 4
125
Handys an Berufsschulen
2 Mediennutzung – die Jugend von heute
Die JIM-Studien2 der vergangenen Jahre zeigen einen deutlichen Trend: Die Nutzung von Handy und Internet ist den
Heranwachsenden zusehends wichtiger. Laut aktueller JimStudie besitzen inzwischen 96 % der Jugendlichen im Alter
von 12 bis 19 Jahren ein eigenes Handy, wobei die neueren
Geräte meist über einen mobilen Internetzugang verfügen
und die Besitzer diesen jederzeit nutzen können. Diese Tatsache führt dazu, dass Studien zum Mobilfunkverhalten
stets auch den Aspekt einer möglichen Internetnutzung mit
berücksichtigen müssen. Im Jahr 2012 stieg im Vergleich
zum Vorjahr die Ausstattungsrate bei den Befragten mit
Smartphones3 innerhalb eines Jahres von 25 % auf 47 %. Die
zunehmende Vollversorgung mit mobilen internetfähigen
Geräten führt zu einer erhöhten Online-Nutzungsfrequenz
und zeigt die hohe Alltagsrelevanz im Leben der 12- bis
19-Jährigen. Laut Befragung schätzen die Jugendlichen ihre
gesamte durchschnittliche Nutzungsdauer (Mo.–Fr.) des Internets auf 131 Minuten am Tag. Die Abbildung 1 veranschaulicht, welche Medien Jugendliche heutzutage besitzen.
Es überrascht nicht, dass im Jahre 1998 (laut damaliger JIMStudie) das Internet für die Jugendlichen noch eine untergeordnete Rolle spielte. So gaben gerade einmal 18 % aller Befragten (N = 803) an, überhaupt im Internet zu surfen oder
Online-Dienste zu besuchen. Die damalige Internet-Nutzungsdauer klingt aus heutiger Sicht geradezu belustigend:
Als so genannte „Heavy User“ wurden diejenigen Jugendlichen beschrieben, die sich an einem durchschnittlichen Wochentag zwei oder mehr Stunden online bewegten. Der Anteil der intensiven Internetnutzer lag damals mit 17 von 803
Personen bei einer verschwindend geringen Zahl. Obgleich
die neueren Mobilfunkgeräte und insbesondere die Smartphones eine Vielzahl an Nutzungsmöglichkeiten bieten und
eine nicht zu unterschätzende soziale Funktion haben, dürfen mögliche Gefahren und Probleme, welche die neue Technik für die Heranwachsenden in sich birgt, nicht außer Acht
gelassen werden. Denn ein vermehrter Gerätebesitz und die
zunehmende Nutzungsdauer bedeuten nicht automatisch
einen verantwortungsvolleren und kompetenteren Umgang
mit den selbigen. Was das Untersuchungsfeld Handy- und
Internet-Nutzung in Schulen betrifft, so ist bis dato nur eine
sehr schmale punktuelle empirische Befundlage vorzufinden. Dadurch, dass es sich hier um eine sehr eingrenzende
Fragestellung handelt und sich die Brisanz erst in den letzten Jahren he­rauskristallisiert hat, liegen zu diesem Thema
bislang kaum Studien vor.
3Gesetzliche Bestimmungen zur Regelung der
Mobilfunknutzung an bayerischen Schulen
Ausgangslage für die bayerische Staatsregierung im Jahre
2008, einen Beschluss zur Mobilfunknutzung an den Schulen im Freistaat zu fassen, war neben dem Aspekt der Unterrichtsstörung, die Schülerinnen und Schüler wenigstens
während der Schulzeit vor möglichen Gefahren einer intensiven Nutzung zu schützen. Die folgenden Problemfelder
waren mitunter ursächlich für das schulische Mobilfunkgeräteverbot.
126
Die berufsbildende Schule (BbSch) 65 (2013) 4
Verbreitung von Gewalt und Pornografie – Laut JIM-Studie
2012 nutzen immer mehr Jugendliche die Foto- und Videofunktion ihrer Handys. In Zusammenhang mit der Nutzung
des mobilen Internets können so Videomitschnitte oder Filme, beispielsweise mit gewaltdarstellenden und pornografischen Inhalten, besser in den Umlauf gebracht und wesentlich schneller verbreitet werden. Zu den modernen Formen
medialer Gewalt gehören beispielsweise sogenannte „SnuffVideos“4, „Happy-Slapping“5, „Bumfights“6, „Felony Fights“7
oder auch „Mobile/Cyber Bullying“8. Wie groß der tatsächliche Einfluss von Gewaltdarstellungen auf die Entwicklung
von Heranwachsenden ist, wird dabei sehr kontrovers diskutiert. Diese Diskussion in ihrer gesamten Breite darzulegen,
würde an dieser Stelle zu weit führen. Einigkeit besteht darin, dass das Erleben von Gewalt in den Medien im Zusammenspiel mit anderen ungünstigen Faktoren9 zumindest
kurzfristig gewaltfördernd wirkt.
Rassismus und politischer Extremismus – Gerade mit wachsender Bedeutung des Internets als Informations- und
Kommunikationsplattform haben auch politisch extreme
Gruppierungen ihr Gedankengut online verbreitet. Besorgnis­
erregend ist für Aktivisten im Jugendschutz die Tatsache,
dass sich Verfassungsfeinde immer mehr auch in „Social
Communities“10 bewegen und ihre Seiten jugendaffin gestalten. Unsichere und noch nicht urteilsfähige Heranwachsende können ungewollt auf die einschlägigen Webseiten stoßen und durch extremistische Propaganda leicht beeinflusst
werden.
Fanatismus – Das Internet ist ein Verbreitungsmedium, das
leider auch vielen Fanatikern Raum für ihre gefährlichen
Weltanschauungen bietet. So werden vor allem Internetforen häufig missbraucht, um fanatische Ideen zu verbreiten.
Die Fanatiker suchen bewusst den Kontakt zu Kindern und
Jugendlichen, da diese in ihrer Identität noch nicht gefestigt
sind und sich leichter manipulieren lassen. Extreme Gruppierungen gibt es mittlerweile auf nahezu jedem Gebiet, z. B.
zum Thema „Essstörungen“.
Mediensucht – Die Mediensucht gehört zur Kategorie der
„Nicht-Stoffgebundenen Süchte“, wobei Computer, Internet
und Handy ein erhebliches Suchtpotenzial haben. Aus einer
repräsentativen Umfrage aus dem Jahr 2012 geht hervor,
dass über 40.000 Jugendliche in der Schweiz ernsthafte
Suchterscheinungen nach ihrem Mobiltelefon haben – ungefähr jeder Zwanzigste zeigte laut Studie ein Suchtverhalten11 (vgl. ZHAW 2012). In Deutschland dürfte dementsprechend die Zahl der suchtgefährdeten Heranwachsenden bei
mehreren 10.000 liegen.
Werbung und Kostenfalle – Werbung und MerchandisingProdukte sind allgegenwärtig. Für die Hersteller von Konsumgütern spielen Jugendliche eine immer wichtigere Rolle
als Zielgruppe, da sie über eine steigende Kaufkraft verfügen
und über die mobilen internetfähigen Geräte leicht erreichbar sind. Problem ist, dass insbesondere die Jüngeren
oft nicht in der Lage sind, Werbung als solche zu erkennen
und die Absicht von Werbung zu verstehen. Sie werden zum
Kauf (teils unbewusst) verleitet und geraten in die Kostenfalle.
Unterricht
Datenschutz und Datensicherheit – Im „world wide web“
kann man schnell und bequem Kontakte aufnehmen, Meinungen austauschen, Nachrichten schreiben oder einkaufen.
Oft werden dabei umfangreiche persönliche Daten abgefragt, welche unbedarfte Jugendliche bereitwillig preisgeben. Nicht selten werden die Daten zu Werbezwecken weiterverkauft bzw. zu anderen Zwecken missbräuchlich
verwendet.
Urheberrechtsverletzung – Prinzipiell stehen im Internet alle
Inhalte (Texte, Fotos, Bilder) als kopierbare Inhalte oder als
Dateien zum Herunterladen zur Verfügung. Viele Schülerinnen und Schüler verletzen ungewollt durch Handlungen, wie
z. B. Kopieren von Lösungen, Reproduzieren von Referaten
und Hausarbeiten oder Vervielfältigen und Verbreiten von
Bildern, das Urheberrecht. Wird gegen das Urheberrecht verstoßen, hat der Urheber grundsätzlich das Recht auf Schadensersatz. Ein kostenintensiver Prozess kann auf betroffene Personen zukommen.
Abgesehen von den oben aufgezeigten Problemen, die eine
unvorsichtige Nutzung von Handy und Internet mit sich bringen, wären eine ständige Lärmbelästigung durch das Handyklingeln (in allen Variationen) und die damit einhergehende Ablenkung vom Unterrichtsgeschehen einem effektiven
Lernen an Schulen nicht gerade zuträglich. Zudem fürchten
Lehrer Handys in der Schule, da sie den Unterschleif bei Klassenarbeiten erleichtern. Ferner könnten Videoaufnahmen
aus dem Unterrichtssetting den geschützten Rahmen des
Klassenzimmers verlassen. Diese Bedenken seitens der Lehrer sind nicht unberechtigt.
Die aktuelle Schulordnung für die Berufsschulen in Bayern
(kurz BSO) vom 30. August 200812 trägt insbesondere den
neueren Entwicklungen der Mediennutzung von Schülerinnen und Schülern Rechnung. Sie wurde aus mehreren Teilen
des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen abgeleitet. Die Neufassung eben dieses Gesetzes veranlasste die zuständigen Stellen, diese Schulordnung
für Bayern neu zu verfassen. An Berufsschulen gibt es seitdem eine klare Regelung, was den Gebrauch von Mobilfunkgeräten betrifft. Die Schulordnung für die Berufsschulen in
Bayern, geändert durch die Verordnung vom 30. Juni 2011,
hat dies fixiert. Folgende Artikel regeln den Umgang mit Mobilfunkgeräten an bayerischen Schulen:
So steht unter dem Art. 35 Abs. 2 BSO: „(2) 1 Das Mitbringen
und Mitführen von gefährlichen Gegenständen ist den Schülerinnen und Schülern untersagt. 2 Die Schule hat solche Gegenstände wegzunehmen und sicherzustellen. 3 In gleicher
Weise kann die Schule bei sonstigen Gegenständen verfahren, die den Unterricht oder die Ordnung der Schule stören
können oder stören. 4 Über die Rückgabe derartiger Gegenstände entscheidet die Schulleiterin oder der Schulleiter; in
den Fällen des Satzes 2 darf die Rückgabe, soweit dieser
nicht anderweitige Bestimmungen entgegenstehen, bei
minderjährigen Schülerinnen und Schülern nur an die Erziehungsberechtigten erfolgen. 5 Für Mobilfunktelefone und
sonstige digitale Speichermedien gilt die spezielle Regelung
in Art. 56 Abs. 5 BayEUG“ (Art. 35, Abs. 2, BSO).
Die Schule hat folglich das Recht, jegliche Gegenstände zu
konfiszieren, die den Unterricht stören. Bei Mobilfunktelefonen wird auf die spezielle Regelung in Art. 56 Abs. 5 des
Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen verwiesen: „(5) 1 Im Schulgebäude und auf dem
Schulgelände sind Mobilfunktelefone und sonstige digitale
Speichermedien, die nicht zu Unterrichtszwecken verwendet werden, auszuschalten. 2 Die unterrichtende oder die
außerhalb des Unterrichts Aufsicht führende Lehrkraft kann
Ausnahmen gestatten. 3 Bei Zuwiderhandlung kann ein Mobilfunktelefon oder ein sonstiges digitales Speichermedium
vorübergehend einbehalten werden“ (Art. 56, Abs. 5,
BayEUG).
Dementsprechend ist es untersagt, Mobilfunkgeräte auf
dem Schulgelände einzuschalten, das heißt, es ist weder erlaubt Nachrichten wie SMS, E-Mails, Facebook-Nachrichten
o. Ä. zu verschicken, oder gar zu telefonieren. Die Benutzung
kann, wie oben beschrieben, in Ausnahmefällen von der jeweiligen Lehrkraft gestattet werden. Dies wäre zum Beispiel
dann der Fall, wenn der Schüler einen dringenden Anruf des
Ausbildungsbetriebes erwartet oder ein Notfall in der Familie vorliegt. Das Mobilfunkgerät darf im Einverständnis mit
der zuständigen Lehrkraft auch zu Unterrichtszwecken genutzt werden. Ebenfalls ausdrücklich im BayEUG festgehalten ist, dass bei Zuwiderhandlungen den Schülern das Gerät
vorübergehend abgenommen werden darf. Doch die Begrifflichkeit „vorübergehend“ ist hier nicht eindeutig definiert.
Ob bis zum Unterrichtsende, bis zum Ende des Schultages
oder gar bis Ende der Blockwoche, liegt im pädagogischen
Ermessensspielraum der Lehrkraft. Faktoren wie die Schwere des Vergehens oder die Wiederholungstat sollten bei der
Einbehaltungsdauer eine Rolle spielen.
4 Nutzungsverhalten der Berufsschüler
Das Mobilfunkverbot an bayerischen Schulen und der Umgang mit dahingehenden Verstößen seitens der Schülerschaft haben sich im vergangenen Jahrzehnt zu einem zentralen Diskussionspunkt in beinahe jeder Lehrerkonferenz
entwickelt. Doch was spielt sich tatsächlich unter den Schulbänken ab, sobald sich die Schülerinnen und Schüler unbeobachtet fühlen, wenn die Lehrkraft ihren Blick zur Tafel abwendet? Halten sich die Schüler an das Mobilfunkverbot?
Und gehen die Lehrkräfte entschieden bei Zuwiderhandlungen vor oder sehen sie eher darüber hinweg? Die vorliegende Untersuchung spürt diesen Fragen nach und macht
gleichzeitig exemplarisch an einer mittelgroßen Berufsschule13 eine Bestandsaufnahme zur Mobilfunkgerätenutzung
von Berufsschülern außerhalb und vor allem während der
Schulzeit.
Die Datenerhebung fand 2012 an einer mittelgroßen Münchner Berufsschule statt, wobei 501 Schülerinnen14 und Schüler aus 23 Klassen technischer Ausbildungsberufe15 zu ihrem
Nutzungsverhalten in Bezug auf Mobilfunkgeräte befragt
wurden. Die Altersspanne der Befragungsteilnehmer reicht
von 16 bis 38 Jahren, wobei das Durchschnittsalter bei 18,21
Jahren liegt. Ein Großteil der Befragten, beinahe zwei Drittel (N = 318), können einen mittleren Bildungsabschluss
­vorweisen, 31 Schülerinnen und Schüler das Fach- oder All-
Die berufsbildende Schule (BbSch) 65 (2013) 4
127
Handys an Berufsschulen
gemeinabitur. Mittels einer bereichsspezifischen Häufigkeitsanalyse konnten mehrere Fragen zur Handynutzung,
insbesondere mit dem Fokus auf die Unterrichtszeit, eruiert
werden. Folgende aufschlussreiche Befunde brachte die
Schülerumfrage hervor:
–– 75,6 % der Schülerinnen und Schüler besitzen ein Smartphone und nutzen darüber auch das Internet.
–– 40,5 % der befragten Jugendlichen behalten ihr Mobilfunkgerät länger als zwei Jahre.
–– Die durchschnittlichen monatlichen Handykosten belaufen sich auf knapp 30 Euro.
–– Die Befragten verschicken durchschnittlich pro Tag 58
Nachrichten, sei es per SMS, E-Mail, whatsapp oder über
soziale Netzwerke. Ein Großteil der Schülerinnen und
Schüler, etwa 80 %, verschicken auch während des Unterrichts Nachrichten – im Schnitt sind das 16 Nachrichten
während der Unterrichtszeit pro Schultag, das entspricht
(bei einem Berufsschultag von acht Unterrichtsstunden)
zwei versendeten Nachrichten pro Unterrichtsstunde.
–– Lediglich 6,8 % geben an, dass ihr Mobilfunkgerät während
der Unterrichtszeit tatsächlich ausgeschaltet ist. Von den
Probanden, die ihr Handy stets angeschaltet lassen, kontrollieren über zwei Drittel aller Schülerinnen und Schüler
auch während der Stunde ihr Mobilfunkgerät. Ca. 30 % tun
dies mindestens drei- bis viermal pro Unterrichtseinheit,
ein Viertel sogar mindestens fünfmal oder häufiger.
–– Ca. 90 % der Befragten platzieren ihr Handy am Körper
(z. B. in der Hosentasche) oder auf dem Schultisch, nur
etwa jede(r) Zehnte legt sein Mobilfunkgerät in der Schultasche ab.
–– Die meisten Schülerinnen und Schüler (85,8 %) wissen, dass
Regeln zur Handynutzung an Schulen existieren, allerdings
nicht, wie diese lauten. So gehen beispielsweise 15 % der
Befragten davon aus, dass das Handy nur während des Unterrichts ausgeschaltet sein muss. Etwa 35 % wissen um
ein allgemeines Handyverbot im Schulgebäude.
–– Knapp die Hälfte der Befragten wissen zudem nicht, welche Sanktionen das unerlaubte Nutzen des Handys während der Schulzeit nach sich ziehen könnte.
–– Das Gros (zwei Drittel) der Schülerinnen und Schüler ist
für eine uneingeschränkte Nutzung ihrer Handys auch
während der Unterrichtszeit, und das, obwohl sie im Lernen gestört und abgelenkt werden könnten. Der ständigen Erreichbarkeit wird da wesentlich mehr Bedeutung
beigemessen. Außerdem sehen die Schülerinnen und
Schüler in den technischen Möglichkeiten der neuesten
Handygeneration eine Chance, diese für schulische Zwecke, wie z. B. zur Recherche, als Taschenrechner, Wörterbuch oder Notizzettel, nutzbar zu machen.
Aus den Angaben der Schülerinnen und Schüler wird deutlich, welch hohen Stellenwert das Handy – vor allem seit der
Option der Internetfähigkeit – mittlerweile im Leben der
­Heranwachsenden einnimmt. Abbildung 2 zeigt, dass die Befragten auf einer Skala von 1 bis 10, wobei 1 „gar nicht wichtig“ und 10 „äußerst wichtig“ bedeutet, einen Durchschnittswert von 7,26 haben.
Ein weiterer Teil der Untersuchung ging der Frage nach, wie
die Lehrkräfte das Nutzungsverhalten ihrer Schülerinnen
128
Die berufsbildende Schule (BbSch) 65 (2013) 4
Abb. 2: Stellenwert/Wichtigkeit des Handys bzw. Smartphones (Emmerling
2012, S. 69). 1 gar nicht wichtig/10 äußerst wichtig
und Schüler einschätzen und inwieweit sie selbst die rechtlichen Bestimmungen der Handynutzung an ihrer Schule
kennen und auslegen. Als Erhebungsinstrument diente ein
kurzer Lehrerfragebogen, welchen 30 der 58 beschäftigten
Lehrkräfte bearbeiten. Der Altersdurchschnitt der befragten
Pädagogen liegt bei knapp 48 Jahren. 93 % besitzen ein Handy, wovon knapp ein Drittel im Besitz der neuesten Generation von Mobilfunkgeräten ist, eines Smartphones. Die Auswertung des Lehrerfragebogens ergab u. a. folgende
Ergebnisse:
–– 95 % der befragten Lehrkräfte sind sich darüber bewusst
bzw. vermuten, dass ihre Schüler mindestens zwei- bis
viermal pro Unterrichtsstunde auf ihr Handy schauen.
–– Dabei geht nahezu die Hälfte davon aus, dass die Schüler
ihr Handy dabei nicht für schulische Zwecke nutzen, sondern um z. B. über Facebook oder whatsapp ihre sozialen
Kontakte zu pflegen.
–– 50 % des Kollegiums weiß nicht, dass es ein offizielles Handyverbot an bayerischen Schulen gibt. Diese Kollegen meinen, dass es eher (inoffiziell) unerwünscht sei oder die
Nutzung der Geräte nur zu schulischen Zwecken geduldet
wird.
–– Umso überraschender ist die Tatsache, dass 90 % von ihnen den Schülerinnen oder Schülern ihr Mobilfunkgerät
schon einmal abgenommen haben. Einige haben dies sogar schon 20-mal und häufiger innerhalb eines Schuljahres getan. Die Mehrzahl (67 %) behalten das Handy dann
bis zum Unterrichtsende ein.
–– Die Sanktionsmaßnahmen bei unerlaubter Handynutzung
während des Unterrichts werden sehr unterschiedlich
praktiziert. Die gängigste Strafe ist, wie oben beschrieben,
die Abnahme des Gerätes. Ansonsten reicht das Spektrum
der Maßnahmen von Besinnungsaufsatz über Verweis bis
zur körperlichen Ertüchtigung (Liegestütz). Die meisten
belassen es jedoch bei einer Ermahnung.
–– Auf die Frage nach einer möglichen Verwendbarkeit der
Mobilfunkgeräte im Unterricht antworteten 77 % der
Unterricht
Lehrkräfte, dass sich die Geräte gut für Recherchearbeiten
nutzen lassen. Weitere Ideen für die Nutzung haben die
Lehrer jedoch nicht.
Zusammenfassend kann man sagen, dass die Lehrkräfte das
Handy-Nutzungsverhalten ihrer Schülerinnen und Schüler
relativ gut einschätzen können. Ihre Antworten decken sich
weitestgehend mit den Aussagen der Schülerbefragung.
5 Interpretation der Ergebnisse
Es bleibt festzuhalten, dass sich beide Parteien – die Schüler
wie die Lehrer – nicht gänzlich sicher sind, was die Auslegung
des Mobilfunkverbotes und die damit verbundenen Handlungsweisungen an bayerischen Schulen betrifft. Darf das
Handy im Schulgebäude angeschaltet sein? Oder gilt die Regelung nur fürs Klassenzimmer? Besteht diese Regel für die
ganze Schulzeit? Nur in den Unterrichtsstunden oder auch
in den Pausen? Und überhaupt: Was bedeutet „Ausgeschaltet sein“? Ist „lautlos“ auch schon „aus“? Viele Fragen, die
scheinbar zu noch viel mehr Verunsicherung führen, wenngleich die Regelungen laut BSO eindeutig sind.
Da nur ein marginaler Teil der Schülerschaft (6,8 %) das Handy für die Zeit des Unterrichts ausschaltet, könnte man den
Schluss ziehen, dass die restlichen 93,2 % entweder nicht um
das Verbot wissen oder sie dieses bewusst missachten.
85,8 % geben jedoch an, dass bestimmte Regeln existieren,
können diese aber nicht genau benennen – schon gar nicht,
welche Konsequenzen ein Verstoß nach sich ziehen würde.
Hier wäre dringend Aufklärungsarbeit vonnöten, denn wenn
ein Verhalten einerseits nicht erlaubt ist, eine Missachtung
aber nur vereinzelt negative Konsequenzen für den Jugendlichen hat, wird die Regelung als wertlos erachtet. Die Hauptsanktionsmaßnahme, das Konfiszieren des Handys bis Stundenschluss, scheint darüber hinaus eine wenig
abschreckende Wirkung zu haben.
Auch die Lehrkräfte wissen größtenteils nicht, wie die konkrete Umsetzung der BSO bezüglichen Mobilfunknutzung
an Schulen auszusehen hat. Hinzu kommt, dass es keine einheitliche Linie bezüglich der Sanktionsmaßnahmen gibt.
Während die meisten Lehrkräfte über das „Vergehen“ hinwegsehen oder maximal eine Ermahnung aussprechen, gibt
es vereinzelt „Hardliner“, die sich in der Pflicht sehen, den
Erziehungsauftrag gegebenenfalls auch mit relativ harten
Strafen durchzusetzen. Die Inkonsistenz in der Umsetzung
innerhalb des Kollegiums erschwert die Arbeit für die gewissenhaften Lehrerinnen und Lehrer ungemein. Unter der
Schülerschaft findet sich deshalb auch nur wenig Akzeptanz
und Zustimmung in Bezug auf die schulische Handy-Regelung. Denn wenn das gleiche Missverhalten eines Schülers
einmal eine Bestrafung nach sich zieht und ein zweites Mal
gar keine Beachtung findet, werden Regeln ad absurdum geführt.
Während ein Großteil der befragten Schülerinnen und Schüler die neuen Möglichkeiten der Technik gern in den Unterricht integrieren wollen, stehen die Lehrkräfte einer Handynutzung zu schulischen Zwecken eher skeptisch gegenüber.
Dies liegt primär in ihrer Vermutung, dass die Schüler zu sehr
von unterrichtsfernen Dingen, z. B. im Internet surfen, Nach-
richten schreiben oder spielen, abgelenkt werden könnten
und sich dann mit fachfremden Themen beschäftigen würden. Die Skepsis ist nicht unberechtigt, da selbst seitens der
Schüler angegeben wird, dass sie mit ihrem Mobilfunkgerät
auch während der Stunde gehäuft private Kontakte pflegen,
beispielsweise in Form von Nachrichten schreiben. Auch die
Angst vor Filmmitschnitten oder Fotos aus dem Unterrichtsgeschehen lassen die Lehrkräfte in ihrer Entscheidung für ein
bedingungsloses Nutzen der Mobilfunkgeräte an Schulen
eher zurückhaltend agieren.
Bislang, das ergab die Untersuchung, haben sich die Lehrkräfte nur bedingt damit auseinandergesetzt, wie Handys
im und für den Berufsschulunterricht nutzbar gemacht werden könnten. So sehen zwar 77 % der befragten Personen
eine Verwendung der Geräte für den Unterricht; die Ideen
für etwaige Einsatzmöglichkeiten bieten jedoch kein großes
Spektrum. Selbst die Schülerinnen und Schüler, die einen
häufigeren Einsatz des Mediums fordern, sind wenig kreativ. Neben Recherche und Informationsbeschaffung war das
Abfotografieren des Tafelbildes die häufigste Antwort. Die
Frage, warum bislang nur die Hälfte der Lehrer aktiv zur Nutzung im Unterricht auffordern, lässt sich nur schwer beantworten. Zum einen könnte es daran liegen, dass sie selbst
nur bedingt um die Funktionen des Mediums wissen und
sich folglich auch nicht trauen, es im Unterricht einzusetzen.
Zum anderen überwiegt die Angst vor der missbräuchlichen
Handhabung der Handys im Gegensatz zu dem Mehr an
Möglichkeiten, welches das Medium für den Unterricht bieten könnte. Keine der befragten Lehrkräfte gibt in der Befragung die gleichen Gründe an, welche von der bayerischen
Staatsregierung Anstoß für die Mobilfunkdebatte und Anlass für das Verbot an den Schulen waren, nämlich primär
der Schutz des Schülers vor gewaltverherrlichenden oder
pornografischen Inhalten.
6Schlussfolgerungen für einen praktikablen
Umgang mit Mobilfunkgeräten an
bayerischen Schulen
Im Grunde genommen sind alle Diskussionen, die sich um
das Verbot von Mobilfunkgeräten an bayerischen Schulen
drehen, sinnlos. Denn die Rechtslage ist eindeutig: Die Geräte sind auf dem gesamten Schulgelände verboten. Und
dennoch halten sich die Schüler, wie die vorliegende Stichprobe zeigt, nicht daran. Außerdem nutzen die Schülerinnen
und Schüler ihre Mobilfunkgeräte nur selten für schulische
und überwiegend für unterrichtsfremde Zwecke. Auch die
Lehrer sind in der Umsetzung ihres Erziehungsauftrages bezogen auf das Mobilfunkverbot erschreckend inkonsequent.
Fakt ist und bleibt jedoch: Handys sind ein wesentlicher Störfaktor im Unterrichtsgeschehen – für Lehrer und Schüler.
Welche Lösungsmöglichkeiten – unter der Voraussetzung,
dass das Mobilfunkverbot an bayerischen Schulen weiterhin
bestehen bleibt – gibt es nun für die zukünftige Unterrichts­
praxis?
Technische Lösungen für das Problem sind bislang kaum praktikabel. So würde beispielsweise das Einrichten von Stör-, Peilsendern oder Detektoren ein- und ausgehende Mobilfunk-
Die berufsbildende Schule (BbSch) 65 (2013) 4
129
Handys an Berufsschulen
verbindungen verhindern, allerdings auch die Notruffunktionen der Mobilfunkgeräte unterbinden und bei Feuerwehr-/Polizeieinsätzen den Funkverkehr der Einsatzkräfte behindern. Eine Alternative wäre, spezielle Störsender einzubauen, die lediglich die Internetfunktion der Mobilfunkgeräte
blockieren. Hierdurch könnte das Problem der ausfallenden
Notruffunktion umgangen werden, jedoch würden die Schülerinnen und Schüler sämtliche andere Funktionen weiterhin
nutzen können. Außerdem wäre eine Internetrecherche für
den Unterricht mit Hilfe des Handys dann nicht mehr möglich. Das Ministerium für Bildung und Wissenschaft des Landes Schleswig-Holstein sieht zudem durch die Verwendung
von Detektoren einen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte und
sorgt sich um den Datenschutz der Schüler (vgl. sueddeutsche.de 2013).
Sofern eine Schule an einem strikten Verbot festhält, bestünde die Möglichkeit, die Regeln erneut für alle Personen
der Schulfamilie transparent zu machen und eindringlich um
das Einhalten dieser zu appellieren – gegebenenfalls könnte
das auch durch Verhaltensverträge schriftlich fixiert werden.
Nur wenn die Schülerinnen und Schüler wissen, was erlaubt
ist und was nicht, können sie sich daran halten. Gleichzeitig
beweist das gesamte Kollegium im Schulterschluss Einigkeit
bei Verstoß, die vorgegebenen Ordnungsmaßnahmen zu ergreifen. Es stellt sich jedoch die Frage, ob ein erneuter Appell
an die beteiligten Personen zur Einhaltung und konsequenten Umsetzung der Regeln die Zustände an den Schulen tatsächlich verbessern würde.
Der andere Weg bestünde darin, die bisherige Regelung, wie
sie in Art. 56 Abs. 5 des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen beschrieben ist, etwas moderater auszulegen. Hier heißt es, wie bereits beschrieben:
„[…] Die unterrichtende oder die außerhalb des Unterrichts
Aufsicht führende Lehrkraft kann Ausnahmen gestatten“.
Die gesetzliche Maßnahme der bayerischen Staatsregierung
aus dem Jahre 2008 war ein Vorstoß in konsequenter Absicht, nur hat sie – so zeigen die Ergebnisse der Studie – den
Unterrichtsstörfaktor Handy nicht wirklich eingegrenzt.
Auch die täglichen Kontrollen in den Schulen haben sich als
nicht praktikabel herausgestellt und durch das permanente
Tauziehen mit den Schülern um deren Handys und zwecklose Diskussionen geht viel an effektiver Lernzeit verloren. Zudem kommen die Jugendlichen nach wie vor mit jugendfeindlichen Inhalten in Kontakt. „Ein Handy-Verbot ist
unsinnig, weil es das Problem nur vor die Schultür verlagert“
(Chip Online 2009), sagte die Leiterin des GEW-Vorstandsbereiches Schule, Marianne Demmer, seinerzeit gegenüber der
„Berliner Zeitung“ und sprach sich gegen ein Verbot von Mobilfunkgeräten an Schulen aus. Wird man dem Erziehungsund Schutzauftrag gerecht, wenn man versucht, die Jugendlichen für die Zeit in der Schule konsequent vor den
schlechten Einflüssen der Medien abzuschirmen und zu bewahren? Vielmehr ist von den Schulen eine noch intensivere Präventivarbeit gefragt, welche die Gefahren der neuen
Medien im Unterricht immer wieder aufs Neue thematisiert
und an den Erfahrungsstand der Schülerinnen und Schüler
anknüpft. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass Lehrkräfte
intern oder extern geschult werden, damit sie überhaupt
wissen, welche Möglichkeiten die neuesten Mobilfunkgerä-
130
Die berufsbildende Schule (BbSch) 65 (2013) 4
te bieten, aber auch welche Gefahren sich vor allem für die
Jugendlichen daraus ergeben. Erst wenn sich die Lehrkräfte
die vielfältigen Funktionen für den Unterricht nutzbar machen können und eine Arbeitserleichterung darin feststellen,
wird das „umstrittene Medium“ zukünftig in die Unterrichtsplanung Einzug halten. In den neuen Techniken stecken weitaus mehr Möglichkeiten als von den beiden Parteien in der
Befragung genannt wurden, und diese lernfördernden Potenziale entfalten sich nicht von selbst (vgl. Aufenanger
1999, S. 65).
Ein gangbarer Weg wäre beispielsweise, dass die Lehrkräfte
eine Handynutzung außerhalb der Unterrichtszeit, d. h. in
den Pausen und beim Stundenwechsel, dulden und eine Mobilfunknutzung während der Stunden kompromisslos Sanktionen nach sich ziehen würden. Die Mobilfunkgeräte müssen während des Unterrichts ausgeschaltet und durchgängig
in den Taschen der Schülerinnen und Schüler sein. Ausnahme wäre, wenn die zuständige Lehrkraft ausdrücklich die
Nutzung der Handys während des Unterrichts für die Schülerinnen und Schüler erlauben würde. Das Zugeständnis der
Mobilfunknutzung außerhalb des Unterrichts würde sicherlich die Akzeptanz für das Verbot während des Unterrichtsgeschehens seitens der Schülerinnen und Schüler erhöhen.
Für die Lehrer wäre dieser Kompromiss eine große Erleichterung, denn die ständigen Unterbrechungen bei Zuwiderhandlungen und die Ermahnungen kosten sie ebenso viel
Zeit wie Nerven.
„Eine Erziehung im Bereich der Medien sollte hierbei immer
an den Erlebnissen junger Mediennutzer orientiert sein – das
heißt an die aktuelle Lebenssituation, die Bedürfnis- und Gefühlslage, den Erfahrungsstand sowie das Entwicklungsniveau der Heranwachsenden anknüpfen“ (Greiner 2010,
S. 279). Die Frage ist, ob hier ein rigoroses Mobilfunkverbot
an Schulen den Jugendlichen einen angemessenen Umgang
mit denselben wirklich lehrt oder ob nicht eine durch Lehrkräfte begleitete Nutzung die Schülerinnen und Schüler eher
zu einem kritischeren Mediennutzungsverhalten führt.
Anmerkungen
1 Mobile App (Kurzform von Applikation) wird die Anwendungssoftware
für Mobilgeräte bzw. mobile Betriebssysteme bezeichnet.
2 Die JIM-Basisstudie (Jugend, Information, [Multi-]Media-Basisstudie) zum
Umgang von 12- bis 19-Jährigen mit Medien und Information wird im
jährlichen Turnus seit 1998 durchgeführt. Neben einer aktuellen Standortbestimmung sollen die gewonnen Daten unter anderem mögliche Ansatzpunkte für neue Konzepte in der Bildung geben.
3 Mit der Einführung von Apple’s iPhone im Jahre 2007 begann eine neue
Zeitrechnung, was Bedienungsmöglichkeiten von Mobilfunkgeräten betraf – diese Generation von Mobilfunkgeräten wurde „Smartphone“ getauft.
4 Engl.: jemanden auslöschen. Bei diesen Filmen werden Morde filmisch
aufgezeichnet.
5 Engl.: fröhliches Draufschlagen. Ein selbst gedrehtes Video einer Körperverletzung, die v. a. nur wegen des Filmes begangen wird, wird verbreitet.
6 Gezeigt werden meist Drogensüchtige, Obdachlose, Prostituierte und andere Menschen, die durch das soziale Netz gefallen sind. Sie fügen sich für
wenig Geld vor laufender Kamera schwere Verletzungen zu oder stellen
sich bloß.
7 Sie werden zu den Real-Life-Filmen gezählt. Hier werden brutalste Amateurkämpfe gefilmt und ins Netz gestellt.
8 Hierbei werden Personen mithilfe elektronischer Kommunikationsmittel
drangsaliert und bloßgestellt.
BLBS-Nachrichten
9 Als nicht förderliche Bedingungen bzw. Risikofaktoren gelten u. a. anhaltende eigene Gewalterfahrungen, ein niedriger Bildungsstandard, Alkohol- und Drogenmissbrauch.
10 Es handelt sich um lose Verbindungen von Menschen, bei denen die Benutzer online gemeinsame Inhalte erstellen und teilen. Das weltweit
größte soziale Netzwerk ist Facebook.
Bayerische Staatsregierung 2008: Schulordnung für die Berufsschulen in Bayern
(BSO) vom 30. August 2008, München.
Emmerling, M. 2012: Mobilfunkgeräte an bayerischen Berufsschulen – wegdrücken oder annehmen? Diplomarbeit am Lehrstuhl für Pädagogik (Betreuer
T. Greiner), Technische Universität München.
11 Hierzu gehören u. a. Konzentrationsprobleme, Schlafstörungen, physiolog. Entzugserscheinungen.
Greiner, T. 2010: Medien und Medienerziehung – „Mit TV, PC und Internet lernen“. In: Sprungbrett Soziales. Kinderpflege, Sozialpädagogische Assistenz.
Schülerbuch, Berlin, S. 267–281.
12 Mit Ablauf des 31. August 2008 wurde die Schulordnung für die Berufsschulen in Bayern vom 19. Juli 1983 außer Kraft gesetzt.
Internetquellen
13 Insgesamt besuchten im Schuljahr 12/13 ca. 1.900 Schülerinnen und
Schüler die Berufsschule.
14 Bei der Gesamtzahl Befragter (N = 501) waren 43 weibliche Probandinnen, also 8,6 %.
15 Feinwerkmechaniker, Fertigungstechniker, Industriemechaniker, Mecha­
troniker, Technischer Produktdesigner, Werkzeugmechaniker und Zerspannungsmechaniker.
Literatur
Aufenanger, S. 1999: Lernen mit den neuen Medien – Perspektiven für die Erziehung und Unterricht. In: Medien-Generation. Beiträge zum 16. Kongress der
Gesellschaft für Erziehungswissenschaft, Opladen, S. 61–76.
Bayerische Staatsregierung 2000: Bayerisches Gesetz über das Erziehungs- und
Unterrichtswesen (BayEUG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Mai
2000, München.
>
CHIP ONLINE (08.03.2009): Handy-Verbot an Schulen: Sinn oder Unsinn? Verfügbar unter: http://www.chip.de/artikel/Handy-Schule-Helfen-Verbote-ge
gen-Gewalt-und-Mobbing-4_35330854.html (abgerufen am 8. Februar 2013).
MPFS (MEDIENPÄDAGOGISCHER FORSCHUNGSVERBUND SÜDWEST) (1998 &
2012): JIM-Studie 1998 und JIM-Studie 2012. Jugend, Information, (Multi-)Media. Basisuntersuchung zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger. Verfügbar
unter: http://www.mpfs.de/index.php?id=276 (abgerufen am 8. Februar 2013).
SÜDDEUTSCHE.DE (24.01.2013): Detektoren gegen Handy-Schummelei. Verfügbar unter: www.sueddeutsche.de/bildung/schule-in-schleswig-holsteindetektoren-gegen-handy-schummelei-1.1581796 (Abgerufen am 14. Februar
2013).
ZHAW (Züricher Hochschule für Angewandte Wissenschaften) (30.04.2012):
Studie belegt: Handy-Sucht weitverbreitet. Verfügbar unter: http://www.pc
tipp.ch/news/kommunikation/61865/studie_belegt_handy_sucht_
weitverbreitet.html (Abgerufen am 11. Februar 2013).
BLBS-Nachrichten
didacta 2013
BLBS und vlbs-NRW –
Repräsentanten für berufliche
Bildung auf der didacta 2013
in Köln
Als Experten des BLBS konnten auf der
bedeutendsten Bildungsmesse in
Deutschland Wolfgang Lambl über das
Dienst- und Besoldungsrecht, Knut
Kraft über internationale Aspekte der
Berufsbildung und Hans Lehmann und
Eugen Straubinger über die Hochschulzugänge informieren.
Sie haben auf dem gemeinsamen Stand
des BLBS und vlbs die beiden Verbände
ausgezeichnet repräsentiert und haben
Kolleginnen und Kollegen mit Rat und
Tat zur Verfügung gestanden. Zum ersten Mal konnte sich der Arbeitskreis
junger Kollegen/-innen im vlbs auf einem gesonderten Stand des Verbandes
Bildungsmedien präsentieren. Die Begeisterung für den eigenen Beruf wurde unterstützt durch einen Vortrag des
vlbs-Vorsitzenden Wilhelm Schröder
mit dem Titel: „Lehrer/-in am Berufskolleg/beruflichen Schulen: Ein toller
Beruf!“ Auch in diesem Jahr wurde
deutlich, wie vielfältig die Angebote
der berufsbildenden Schulen für Ju-
gendliche, junge Erwachsene und
Umschüler/-innen sind. Alle haben die
Möglichkeit, sich sowohl im Bereich des
Erwerbs von allgemeinbildenden Abschlüssen als auch von Berufsabschlüssen zu qualifizieren. Auch die Weiterbildung ist eine wichtige Aufgabe.
Marktplatz Beruf ist Zukunft
Lehrerinnen und Lehrer an diesen
Schulen sind Experten für berufliche
Bildung, die sich permanent weiterqualifizieren müssen. Die Unterrichtsmaterialien und Fachbücher, die Ausstattungen in Werkstätten und
Laboren sind kontinuierlich den technischen Anforderungen anzupassen.
Dass es sich hierbei um einen Wachstumsmarkt handelt, haben nun auch
die Verlage und Produzenten der Bildungsmedien entdeckt. So wurden die
Vorträge der Experten des BLBS und
vlbs auf dem „Marktplatz Beruf ist Zukunft“ anschließend von Mitgliedern
des Verbandes Bildungsmedien genutzt, um Gespräche über die zukünftige Entwicklung zu führen. Darüber hinaus möchte der didacta-Verband die
berufliche Bildung verstärkt in den
Blick nehmen und Foren zur Kommunikation anbieten.
Die Vertreter des BLBS und vlbs haben
die Kooperationsangebote bei gleicher
Interessenslage gerne angenommen.
Hierzu gehören die Formulierung von
Anforderungen an die Fachliteratur für
die unterschiedlichen Bildungsgänge
an beruflichen Schulen, die Schulungen in spezifischen Fachgebieten, die
sachgerechte Ausstattung von Schulen
und deren Werkstätten, die gegenseitige Berichterstattung in den verbands- und verlagseigenen Medien sowie die Unterstützung in der Sicherung
des Lehrernachwuchses. Spätestens
bei der nächsten didacta in Stuttgart
wird sich zeigen, welche Entwicklungen möglich waren.
Thea Kuhs
Deutsches Handwerksblatt
Garanten für den
Ausbildungserfolg
ZUSAMMENARBEIT: Berufsschule und
Betrieb sollten an einem Strang ziehen
und regelmäßig miteinander sprechen
von Bernhard Lorenz
Heiko Pohlmann kann es gar nicht oft
genug wiederholen: „Der Ausbildungserfolg hängt sehr stark davon ab, wie
Die berufsbildende Schule (BbSch) 65 (2013) 4
131
BLBS-Nachrichten
gut der Betrieb und die Berufsschule
zusammenarbeiten“, sagt der Pressesprecher des Bundesverbandes der
Lehrerinnen und Lehrer an berufsbildenden Schulen (BLBS). Kommunikation ist alles. Den perfekten Zeitpunkt
für ein Gespräch gäbe es allerdings
nicht. Hauptsache, beide Seiten sprächen überhaupt miteinander.
In der Regel ist der erste Ansprechpartner an der Berufsschule der jeweilige
Fachlehrer. „Wer das genau ist, sollten
die Ausbilder zunächst ihren Lehrling
fragen.“ Es steht aber auch im Stundenplan, den die Betriebe von der
Schule anfordern, in manchen Fällen
sogar im Internetauftritt finden und
von dort herunterladen können. Wem
das zu kompliziert ist, der lässt sich telefonisch über das Sekretariat mit dem
Fachlehrer verbinden. Pohlmann: „Sollte der Kollege gerade unterrichten, ruft
er zurück.“ Eines betont der BLBS-Pressesprecher: „Jeder Lehrer ist froh,
wenn der Ausbildungsbetrieb auf ihn
zukommt.“
Die Betriebe können auch außerhalb
der Reihe die Noten ihrer Auszubildenden abfragen. „Ihnen gegenüber sind
die Berufsschulen auskunftspflichtig,
nicht aber den Eltern gegenüber, wenn
die Schüler älter als 18 Jahre sind“, erklärt Heiko Pohlmann. Gehen die Leistungen in den Keller, könnten die
Betriebe anordnen, dass ihre Auszubildenden Nachhilfe nehmen. Diese dürfe allerdings nicht der jeweilige Fachlehrer geben. Wenn alle Stricke reißen,
kann der Lehrling das Schuljahr auch
noch einmal wiederholen. Dazu müsse
der Betrieb dann aber auch den Ausbildungsvertrag verlängern. Bei allen Problemen gilt aus Pohlmanns Sicht: „Die
Auszubildenden müssen merken, dass
Schule und Betrieb gemeinsam an einem Strang ziehen.“
Seit einigen Jahren ist die berufliche
Ausbildung stärker handlungsorientiert ausgerichtet und in den Lehrplänen der Berufsschulen in fächerübergreifende Lernfelder unterteilt. Dass
mehr Wert auf die Praxis gelegt wird,
sieht Pohlmann als Chance für die Betriebe. Die Klassen könnten sich im Unterricht mit konkreten Kundenaufträgen oder Schwierigkeiten bei laufenden
Projekten beschäftigen. „Diesen Input
brauchen wir“, meint der Verbands-
132
sprecher. Schließlich wollen beide Seiten, dass die angehenden Fachkräfte
berufliche Handlungskompetenz erlangen. „Das geht am besten, wenn Betrieb und die Berufsschule zusammenarbeiten.“
Als Manko empfindet er es, dass Berufsschule und Innung am Ende der
Ausbildung jeweils eigene Abschlusszeugnisse austeilen. Das hält Pohlmann in Zeiten des Deutschen und Europäischen Qualifikationsrahmens für
nicht mehr zeitgemäß. Die Vereinigung
der bayerischen Wirtschaft habe dazu
ein entsprechendes Positionspapier
vorgelegt, in dem sie das gemeinsame
Abschlusszeugnis fordert. „Wir als Lehrer an beruflichen Schulen kämpfen
mit allen Mitteln darum, dass es künftig ein gemeinsames Zeugnis gibt“, so
Pohlmann. Das würde die Partnerschaft von Schule und Wirtschaft auch
optisch unterstreichen.
Der Zentralverband des Deutschen
Handwerks (ZDH) hält dagegen: „Partnerschaft ist sinnvoll. Aber Betrieb und
Berufsschule sind zwei unterschiedliche Lernorte, die jeweils eigenständig
ihre Lernergebnisse ausweisen. Aus
unserer Sicht gibt es keinen Grund, das
zu ändern“, so ZDH-Pressesprecher Alexander Legowski.
Quelle:
Deutsches Handwerksblatt Nr. 3,
7. Februar 2013, S. 9
Dienst,- Tarif- und Versorgungsrecht
Länderexperten des BLBS
trafen sich in Berlin
Es ist bereits zu einer guten Tradition
geworden, dass sich die Experten für
Dienst-, Tarif- und Versorgungsrecht
des BLBS einmal jährlich zum Erfahrungsaustausch treffen. Vom 25. bis 27.
Februar fand das diesjährige Treffen als
Seminar der dbb Akademie in Berlin
statt. Themen waren unter anderem
der gewerkschaftliche Rechtsschutz,
die Beamtenpolitik des dbb nach dem
Gewerkschaftstag im November 2012,
die aktuellen Tarifverhandlungen und
die Eingruppierungsproblematik tarifbeschäftigter Lehrkräfte, die Lehrergesundheit und die Seniorenarbeit.
Als Gesprächspartner standen den
20 Teilnehmerinnen und Teilnehmern
Die berufsbildende Schule (BbSch) 65 (2013) 4
Wolfgang Lambl (links) dankt Andreas Krause
(dbb) für seinen Vortrag zum gewerkschaftlichen
Rechtsschutz.
sehr kompetente Referenten wie An­
dreas Krause, Leiter der dbb Dienstleistungszentren, Hans-Ulrich Benra, Stellvertreter des dbb Vorsitzenden und
Fachvorstand Beamtenpolitik, Jens
Weichelt, Vorstandsmitglied der Bundestarifkommission, Willi Russ, Stellvertreter des dbb Vorsitzenden und
Fachvorstand Tarifpolitik und Prof. Dr.
Klaus Scheuch aus Dresden zur Verfügung. In einer sehr angeregten und
konstruktiven Diskussion verständigte
man sich zu aktuellen Fragen der
Beamten-, Tarif- und Seniorenpolitik,
tauschte einschlägige Erfahrungen aus
und suchte nach Antworten auf Fragen, die in den Landesverbänden zu
beantworten sind.
Wolfgang Lambl, Rudolf Keil, Peter Bar
und Roland Hiepe unterstützten das
Seminar mit eigenen Beiträgen. Unser
besonderer Dank gilt Wolfgang Lambl,
Experte für Dienstrecht im BLBS, der in
altbewährter Weise das Seminar sehr
gut vorbereitet und durchgeführt hat.
Bei den derzeit stattfindenden Tarifverhandlungen ist die Tarifierung der
Eingruppierung der Lehrkräfte ein
wichtiger Verhandlungsbestandteil.
Nach ausführlicher Diskussion zu
dieser Problematik formulierten die
Teilnehmer ein Positions- und Forderungspapier an den BLBS-Bundeshauptvorstand, das dieser bei seiner
letzten Sitzung Anfang März in Fulda
angenommen hat. Roland Hiepe, der
den BLBS in der Verhandlungskommission vertritt, wird diese Positionen in
der Bundestarifkommission erläutern.
BLBS-Nachrichten
bisher übersehene Talentreservoire
auch ausgeschöpft werden.
BLBS-Expertengruppe „Tarifrecht“
Positions- und Forderungspapier zu den Tarifverhandlungen
an den Bundesvorstand des BLBS
von den Länderexperten für Dienst-, Tarif- und Versorgungsrecht
Problematik:
Eingruppierung und Vergütung von tarifbeschäftigten Lehrkräften an
staatlichen berufsbildenden Schulen in den Ländern der Bundesrepublik
Die Teilnehmer des Seminars vom 25. bis 27.02.2013 in Berlin sind einheitlich
der Auffassung, dass die derzeitige Eingruppierungs- und Vergütungspraxis
von tarifbeschäftigten Lehrkräften an berufsbildenden Schulen weder zeitgemäß noch anforderungsgerecht ist. Die Vergütung der tarifbeschäftigten
Lehrkräfte muss dauerhaft der Besoldung vergleichbarer beamteter Lehrer entsprechen (einschließlich der Aufstiegsmöglichkeiten).
Deshalb empfehlen wir dem Bundesvorstand, sich zu folgenden Punkten in
den dafür zuständigen Gremien einzusetzen, dass:
1. die Vergütung von „Erfüllern“ der vergleichbarer beamteter Lehrer entspricht (z. B. E 10 entspricht A 10);
2. die Vergütung von Lehrkräften als „Nichterfüller“ nicht mehr als eine Entgeltgruppe unter den „Erfüllern“ liegt und dass diese Lehrkräfte unmittelbar nach Einstellung in den staatlichen Schuldienst die Möglichkeit zur
Nachqualifizierung und damit zur Erlangung der Laufbahnvoraussetzungen
bekommen. Unmittelbar nach erfolgreichem Abschluss der Nachqualifizierung werden sie wie „Erfüller“ vergütet;
3. diese Forderungen statt durch die bisher einseitig von den Arbeitgebern erlassenen TdL-Richtlinie künftig durch einen zwischen Arbeitgebern und den
Gewerkschaften ausgehandelten Tarifvertrag Rechtskraft erlangen.
Berlin, 27. Februar 2013
Einer Einladung des Berliner Landesverbandes folgend besuchten wir am
Nachmittag das Berliner Abgeordnetenhaus. Für die gute Organisation und
das nette Beisammensein bedanken
wir uns bei der Landesvorsitzenden
Margit Jopp und ihrer Schatzmeisterin
Evelin Miethke.
Roland Hiepe
MINT-Lehrer-Spitzengespräch
in Berlin
Der Einladung des Vorstandsvorsitzenden von „MINT Zukunft schaffen“,
Thomas Sattelberger, zum „MINTLehrer-Spitzengespräch“ nach Berlin
folgten die zusammengeschlossenen
Organisationen des Deutschen Lehrerverbandes. Für den BLBS nahm der
stellvertretende Bundesvorsitzende
Wolfgang Herbst an der Veranstaltung
teil. MINT steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik.
Auszüge aus der Pressemitteilung
vom 15.02.2013:
„Unter der Prämisse ,Nur eine gute
MINT-Ausbildung ermöglicht Deutschland eine erfolgreiche Zukunft‘ einigten sich die Teilnehmer auf ein gemeinsames Ziel, dem sie jetzt Gehör
verschaffen werden: Eine starke bundesweite, das Thema treibende Lehrerallianz für mehr exzellente MINT-Bildung und -Ausbildung.
Ihre klaren Forderungen sind:
–– Mit mehr attraktiven Bedingungen
für Frauen und Männer dem MINTFachlehrermangel begegnen, da die
Wirtschaft durch intensive Werbung
für ihre Berufe kaum MINT-Absolventen für das Lehramt übrig lässt.
–– Mit mehr Diversität insbesondere
für Lehrer mit Migrationshintergrund den Lehrberuf attraktiv machen – eine Gewinnsituation für Lehrer, Schüler und Eltern. So können
–– Lehrerstellen, die durch die demografsche Entwicklung frei werden,
im System belassen und so Einstellungskorridore mit integrierter
Lehrerreserve zur Talentförderung
entwickeln.
–– An der Wertschätzung für den
Lehrerberuf muss gearbeitet werden.
–– Bestehende MINT-Initiativen müssen noch viel intensiver mit den
Schulen verknüpft werden, um den
respektablen Mitteleinsatz noch
wirkungsvoller zu machen.
Wichtigstes Ergebnis des mehrstündigen Expertengesprächs: Um allen Potenzialen die richtigen Entwicklungschancen zu ermöglichen, braucht das
Bildungssystem in Deutschland (allgemeinbildende und berufliche Schulen
sowie Hochschulen) Brücken, Übergänge und offene Türen, die vertikale
Durchlässigkeit und Anschlüsse für jeden Abschluss gewährleisten. …
Mehr Querdenken und höhere Anstrengungen für die MINT-Fächer fordert Wolfgang Herbst vom Bundesverband der Lehrerinnen und Lehrer an
beruflichen Schulen (BLBS) und merkt
an: ‚Berufsbildende Schulen fühlen
sich ohnehin schon immer als MINTSchulen – natürlich leistungsorientiert,
denn ohne Leistung geht nichts.‘
Einig sind sich die Bildungsexpertinnen
und -experten darin, dass sich im Spätherbst eine nationale MINT-Lehrerkonferenz darum kümmern wird, wie ihre
Forderungen Realität werden können.
‚Wir wollen der starken Koalitionsfähigkeit der Lehrerverbände mit dieser
Konferenz eine wirksame Plattform
geben‘, argumentieren die Vertreter
des Deutschen Lehrerverbandes und
Thomas Sattelberger von ,MINT Zukunft schaffen‘.
Besonderes Augenmerk wird dieser
Kongress auch auf die MINT-Lehre im
internationalen Vergleich legen, um
letztlich die vorhandenen Potenziale in
Deutschland effektiv zu nutzen.“
Weitere Informationen unter: www.
mintzukunft.de
Andrea Kunwald,
„MINT Zukunft schaffen“/BLBS
Die berufsbildende Schule (BbSch) 65 (2013) 4
133
Nachrichten aus den Ländern
>
Nachrichten aus den Ländern
Bayern
FOS und BOS garantieren die
Durchlässigkeit des bayerischen
Schulwesens
Als „zweiten gleichwertigen Weg zum
Abitur neben dem Gymnasium“ würdigte Bayerns Kultusminister Dr. Ludwig Spaenle den Besuch der Fachoberschule (FOS) und Berufsoberschule
(BOS) in Bayern bei einer Tagung des
Verbandes der Lehrer an Beruflichen
Schulen in Bayern in Fürstenfeldbruck.
Er unterstrich: Gerade die Fach- und
Berufsoberschulen garantierten die
Durchlässigkeit von Bayerns Schulwesen. 43 Prozent aller Hochschulzugangsberechtigungen würden in Bayern über den Weg der beruflichen
Bildung erworben, über 80 Prozent davon an Fach- und Berufsoberschulen,
betonte der Minister. Viele von den Absolventen durchlaufen ein Studium
oder eine qualitätsvolle Ausbildung im
MINT-Bereich und gerade diese werden in besonderer Weise gebraucht.
Aufgrund des Wandels der Gesellschaft und neuer Herausforderungen
durch Globalisierung, Wirtschaft und
Technologie will der Minister die Berufliche Oberschule, unter deren Dach die
Berufsober- und Fachoberschule angesiedelt sind, weiterentwickeln.
Den Weg über die Berufliche Oberschule zur Hochschulreife gehen immer mehr Absolventen der Mittel-,
Wirtschafts- und Realschulen in Bayern mit mittlerem Bildungsabschluss:
Gegenwärtig besuchen rund 55.000 Jugendliche und junge Erwachsene die
bestehenden Fach- und Berufsoberschulen. Auf dem Weg zur Hochschulreife werde den Schülerinnen und
Schülern nichts geschenkt, argumentierte der Minister mit Blick auf das Anforderungsprofil. Ebenso wie die Abiturienten an Gymnasien müssten sich die
Schülerinnen und Schüler an Fachober- und Berufsoberschulen zentralen schriftlichen Abschlussprüfungen
stellen, und zwar in Deutsch, Englisch,
Mathematik, ferner in einem Profilfach.
Auch das Angebot an Ausbildungsrichtungen soll erweitert werden. Derzeit
bestehen fünf Ausbildungsrichtungen:
134
Technik, Wirtschaft und Verwaltung,
Sozialwesen, Gestaltung sowie Agrar-,
Bio- und Umwelttechnologie. Zum
Schuljahr 2013/2014 startet ein Schulversuch mit zwei weiteren Ausbildungsrichtungen: Gesundheit sowie
Internationale Wirtschaft.
StMUK
Nordrhein-Westfalen
Berufsschulen in Not!
Wie wir den Mangel an Berufsschullehrern beheben können
Auf die Berufsschulen der Bundesrepublik Deutschland kommt in den nächsten Jahren ein erheblicher fachspezifischer Lehrermangel zu. Dieser Lehrermangel wird insbesondere in gewerblich-technischen Fachrichtungen auftreten. Das Land NRW kann als das
Bundesland mit den meisten Schülern/
-innen im berufsbildenden Schulsystem als exemplarisch für die gesamte
Bundesrepublik betrachtet werden.
Nach Einschätzung des NRW-Schulministeriums geht die Schülerzahl an den
250 öffentlichen Berufskollegs des
Landes aufgrund des demografischen
Wandels von 600.000 Schülerinnen
und Schülern im Schuljahr 2011/12 um
14 % auf 514.000 im Jahre 2020/21 zurück. Der prognostizierte Schüler-Rückgang von 14 % wird jedoch vom Fachlehrerrückgang in einigen Bereichen
um das 2½- bis dreifache übertroffen.
Bis 2020 werden mindestens 42 %
Fachlehrkräfte für Elektrotechnik, 41 %
für KFZ-Technik und 36 % für Metalltechnik ausscheiden. An gewerblichtechnischen Berufsschulen (Berufskollegs) wird es bis zum Jahr 2020 in
einigen Fachrichtungen eine gewaltige
Versorgungslücke geben, wenn die Politik in den Ländern nicht schleunigst
nachsteuert.
In den nächsten acht Jahren werden
jährlich mindestens 79 Lehrkräfte mit
der Fachrichtung Elektrotechnik und
98 mit der Fachrichtung Metalltechnik
pensioniert. Allein in diesen beiden
Fachrichtungen stand damit zum
Schuljahr 2012/13 177 Pensionierungen ein Angebot von lediglich neun
ausgebildeten Lehrkräften gegenüber.
Die berufsbildende Schule (BbSch) 65 (2013) 4
Zehn-Punkte-Programm des
vlbs-NRW gegen den Lehrermangel
an Berufskollegs
1. Die Politik ist in der Pflicht, Artikel 15 der Landesverfassung NRW
umzusetzen.
2. Bessere Bedingungen an den Universitäten für Berufskolleg-Studierende
3. Übergangs- und Anerkennungsbedingungen für alle Bachelor-Absolventen
4. Aufbaustudiengang für das Lehramt an Berufskollegs
5. Es muss eine zentrale Beratungsund Servicestelle für Fragen der
Lehrerausbildung auf Landesebene
und in jeder Universität eingerichtet werden.
6. Berufsbegleitendes universitäres
Aufbau-Studium für Fachhochschul-Absolventen und Berufsbegleitender Seiteneinstieg als Instrument der kurz- und mittelfristigen
Lehrerbedarfsdeckung sowie Zertifikatskurse
7. Attraktivitätssteigerung für das
Lehramt an Berufskollegs
8. Image und Werbekampagne für das
Lehramt an Berufskollegs
9. Das Land NRW muss umgehend
Maßnahmen zur Bedarfssicherung
ergreifen.
10. Master-Abschluss und Erste Staatsprüfung schließen sich nicht gegenseitig aus. Deshalb schlägt der
vlbs vor, dass neben dem MasterAbschluss auch eine neue Erste
Staatsprüfung eingeführt wird.
Um den zentralen Stellenwert der beruflichen Bildung und der Berufskollegs für den Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen deutlich zu machen,
empfiehlt der vlbs die Einrichtung einer Enquete-Kommission zur Rolle und
Zukunft der beruflichen Bildung und
der Berufskollegs in NRW.
Wilhelm Schröder,
Landesvorsitzender vlbs-NRW
Nachrichten
>
Nachrichten
Leistung lohnt sich –
Unterstützung dazu gibt es
Seit 30 Jahren geben Expertinnen und
Experten des Senior Experten Service
(SES) ehrenamtliche Hilfe zur Selbsthilfe. Weltweit unterstützen sie kleine
und mittlere Unternehmen, staatliche
und nicht staatliche Institutionen und
Einrichtungen der Schul- und Berufsbildung. In Deutschland setzt sich der SES
seit 2006 insbesondere für Schüler und
Auszubildende ein.
2008 hat der SES – eine der größten
deutschen Ehrenamtsorganisationen
für Fach- und Führungskräfte im Ruhestand – zusammen mit den Spitzenverbänden der deutschen Industrie, des
Handwerks und der freien Berufe die
Initiative VerA aufgelegt. VerA steht für
Verhinderung von Abbrüchen und
Stärkung von Jugendlichen in der
Berufsausbildung durch SES-Ausbildungsbegleiter. VerA wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der
Initiative Bildungsketten gefördert.
VerA ist ein Angebot für alle, die in der
Ausbildung auf Schwierigkeiten stoßen und mit dem Gedanken spielen,
ihre Lehre abzubrechen.
Nach dem Datenreport des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) aus
dem Jahre 2012 lösen etwa 22 Prozent
aller Jugendlichen ihren Ausbildungsvertrag vorzeitig, besonders in den ersten zwölf Monaten nach Vertragsbeginn. Ferner verlässt jeder fünfte die
Schule, ohne ausreichende Fähigkeiten
im Rechnen, Schreiben und Lesen zu
besitzen. Auch diese Jugendlichen aber
werden bei dem bestehenden und weiter ansteigenden Fachkräftemangel
dringend gebraucht. Hier helfen der
SES und seine Initiative VerA. SES-Expertinnen und -Experten werden auf
eine VerA-Ausbildungsbegleitung gezielt vorbereitet. Sie beantworten
fachliche Fragen, begleiten Übungen
für die Berufspraxis, unterstützen die
Vorbereitung auf Prüfungen, kümmern
sich um den Ausgleich sprachlicher Defizite, fördern die soziale Kompetenz
und Lernmotivation und stärken das
Vertrauensverhältnis zwischen Auszubildenden und Ausbildern.
In den 30 Jahren seit seiner Gründung
hat der SES über 25.000 Einsätze durchgeführt – über 2.800 davon im Jahre
2012. Die Zahl der registrierten Expertinnen und Experten, Spezialisten, die
das aktive Berufsleben beendet haben,
beläuft sich auf weit über 10.000. Bislang haben etwa 2.000 von ihnen eine
VerA-Schulung durchlaufen. Der SES
nimmt Anfragen nach Ausbildungsbegleitungen von Berufsschulen, den Eltern der Auszubildenden, von Ausbildungsbetrieben oder Kammern
entgegen. Eine VerA-Begleitung findet
auch dann statt, wenn das Ausbildungsverhältnis schon gekündigt worden ist und eine neue Stelle gesucht
werden muss. Seinen Expertinnen und
Experten und auch den Schulen, Ausbildungsbetrieben und Auszubildenden entstehen keine Kosten.
Weitere Informationen: Senior Experten Service (SES), Ausbildungsinitiative
VerA, Buschstraße 2, 53113 Bonn,
[email protected], www.vera.sesbonn.de.
SES/BLBS
Duale Berufsausbildung hat
ein positives Image!
Obwohl immer mehr junge Leute nach
Beendigung der allgemeinbildenden
Schule an die Universitäten und Fachhochschulen drängten und Betriebe
zunehmend Schwierigkeiten hätten,
die von ihnen angebotenen Ausbildungsplätze zu besetzen, genieße die
duale Berufsausbildung in Deutschland einen guten Ruf. So kommentiert
der Präsident des Bundesinstituts für
Berufsbildung (BIBB), Friedrich Hubert
Esser, die Ergebnisse einer Umfrage, die
das BIBB im Herbst 2012 unter mehr
als 1.200 Berufsbildungsfachleuten
durchgeführt hat. Danach halten
knapp 70 % der befragten Expertinnen
und Experten das Image der dualen Berufsausbildung für überwiegend positiv; weitere rund 23 % schätzen es sogar als sehr positiv ein.
Auch wenn die Befragten der dualen
Berufsausbildung insgesamt ein positives Image bescheinigen, heiße das
nicht, die Hände in den Schoß zu legen,
betont Esser. Attraktivitätssteigernde
Maßnahmen seien auch in Zukunft erforderlich, um Jugendliche für eine duale Berufsausbildung zu gewinnen.
Unter möglichen strukturellen Maßnahmen erachten die Fachleute insbesondere den weiteren Ausbau der
Berufsorientierung an den allgemeinbildenden Schulen für besonders erfolgversprechend. Rund 86 % erwarten
hiervon einen positiven Einfluss auf
das Image, das Jugendliche von der dualen Berufsausbildung haben. Positive
Effekte werden auch von einer Erhöhung des Praxisanteils in der Ausbildung erwartet.
Den vollständigen Text der Studie erhalten Sie im Internetangebot des BIBB
unter www.expertenmonitor.de.
BIBB
Deutschland und Italien
verstärken Zusammenarbeit
in der beruflichen Bildung
Die deutsch-italienische Zusammenarbeit in der beruflichen Bildung nimmt
konkrete Formen an. In den Bereichen
Mechatronik, erneuerbare Energien sowie Transport und Logistik werden insgesamt fünf Projekte gemeinsam entwickelt und durchgeführt. Dies
beschloss eine bilaterale Arbeitsgruppe auf ihrem konstituierenden Treffen
in Bologna. Der Arbeitsgruppe gehören
neben dem Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) Vertreter der beteiligten
Ministerien, der Sozialpartner sowie
von Bildungsanbietern aus Deutschland und Italien an.
Die Projekte zielen darauf ab, die Mobilität von Schülern und Auszubildenden zu fördern, die Zusammenarbeit
zwischen Betrieben und Schulen zu
verbessern sowie lernergebnisorientierte Curricula unter Beteiligung der
Sozialpartner zu entwickeln. Grundlage für die deutsch-italienische Zusammenarbeit ist die auf der Konferenz
„Gemeinsam für die Beschäftigung
junger Menschen arbeiten“ am 12. November 2012 in Neapel getroffene Absichtserklärung zwischen dem Bundes-
Die berufsbildende Schule (BbSch) 65 (2013) 4
135
Nachrichten/Literatur
bildungs- und Bundesarbeitsministerium sowie den italienischen Ministerien für Unterricht (MUIR) und Arbeit
(LPS). Die Vereinbarung sieht eine verstärkte Zusammenarbeit in den Bereichen berufliche Bildung und Arbeitsmarkt vor.
Weitere Informationen im Internetangebot des BIBB unter www.bibb.de/
zusammenarbeit_deutschland-italien.
BIBB
dbb Innovationspreis 2013
Der dbb beamtenbund und tarifunion,
Spitzenorganisation der Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes und
der privatisierten Bereiche mit über
1,26 Millionen Mitgliedern, lobt diesen
Award, der mit 50.000 Euro zu den
höchstdotierten Preisen in der Bundesrepublik Deutschland zählt, zum nunmehr dritten Mal aus, um Innovationen aus dem öffentlichen Dienst zu
würdigen – in dem Wissen und der
>
Überzeugung, dass es insbesondere
die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
sind, die gute Ideen für alle haben und
umsetzen.
ternet unter http://www.dbb.de/
innovationspreis.html. dbb
Der dbb Innovationspreis wird im Rahmen des Kongresses „neueVerwaltung“ am 5. Juni 2013 in Leipzig verliehen. Der Kongress steht unter dem
Motto „Digitale Gesellschaft und Verwaltung.“ Er beschäftigt sich mit den
Herausforderungen, die die moderne
Informationstechnik für die Verwaltung bedeutet, die zugleich den demografischen Wandel, finanzielle Einschränkungen
und
wachsende
Aufgaben in Einklang bringen muss.
Als preiswürdige Innovation kommen
daher Vorschläge in Betracht, die das
Motto „Digitale Gesellschaft und Verwaltung“ in allen Verwaltungsebenen
des Bundes, der Länder und Kommunen berücksichtigen.
Beim 9. Bundes-Berufsbildungs-Kongress am 24. und 25. Mai 2013 in Bad
Wildungen stehen abwechslungsreiche Themen auf dem Programm – von
der Neuordnung des Berufes „Kfz-Mechatroniker“ bis hin zu Azubi-Marketing und Social Media. Die zweitägige
Veranstaltung wendet sich an Ausbildungsexperten aus dem technischen
und kaufmännischen Kfz-Bereich sowie Berufsschullehrer, die an Vorträgen, Interviews und Diskussionsrunden teilnehmen. Der Kongress, der die
Ausbildung und das spätere Berufsleben fokussiert, richtet sich auch an
Auszubildende der Branche. Sie können an der Veranstaltung kostenlos
teilnehmen. Anmeldeunterlagen und
Programm sind im Internet unter
www.autoberufe.de verfügbar. ZDK
Detaillierte Informationen zum dbb Innovationspreis 2013 finden Sie im In-
Literatur
Der neue Fischer Weltalmanach 2013 – Zahlen, Daten, Fakten – Schwerpunkt Wasser – mit CD-ROM. S. Fischer Taschenbuch Verlag Frankfurt, Band 72913, 736 Seiten br.
ISBN 978-3-596-72013-2, 29,00 Euro
Der neue Fischer Weltalmanach (2013) enthält auf mehr als
siebenhundert Seiten über eine Viertelmillion aktuelle Daten und stellt das lebenswichtige Thema „Wasser“ in das
Zentrum. Der Weltalmanach ist ein unentbehrliches Nachschlagewerk zum Zeitgeschehen und liefert mit einer großen Fülle an sorgfältig recherchierten und gut abgesicherten Zahlen aus vielen internationalen Quellen einen
objektiven Rückblick auf das vergangene Jahr (Zeitabschnitt
Juli 2011 bis Juli 2012). Einen weiteren Schwerpunkt bilden
die von vierzehn Expertinnen und Experten erarbeiteten
Chroniken der Staaten dieser Erde. Einleitend stellt das Autorenteam fest, dass die Nachrichtenwelt 2011/2012 von
verschiedenen Meldungen aus dem Finanzwesen geprägt
war. Begriffe wie Eurokrise, Bankenrettung, Staatsverschuldung und Abkürzungen wie EFSF und ESM sind immer noch
bestimmend. Dazu kommen noch anschauliche Begriffe wie
„Rettungsschirm“ und „Sparpaket“. Es wird immer schwieriger, in diesem terminologischen Chaos den Durchblick zu behalten!
Das Thema „alternative Energien“ ist ebenso wichtig wie das
Thema „Wasser“. Es ist hellblau unterlegt und wird in Verbindung mit den Länderberichten immer wieder abgehandelt. Zentrale Fragen sind: Wie verteilt sich Wasser weltweit?
136
Effektiv um Nachwuchs werben
Die berufsbildende Schule (BbSch) 65 (2013) 4
In welchen Regionen der Erde besteht eine bedrohliche Wasserknappheit? Wo wird den Menschen der Zugang zu sauberem Trinkwasser verwehrt? Wie ist es um die Wasserqualität der Ozeane bestellt? Welche Staaten nutzen das Wasser
als Energiequelle? Zwar hat die UN bereits 2010 Wasser zum
Menschenrecht erklärt, dennoch ist die Wasserkrise heute
evidenter denn je!
Fischers Weltalmanach hat inzwischen eine über fünfzigjährige Tradition und ist eine nahezu unentbehrliche, sehr wertvolle und detaillierte Informationsquelle für Lehrerinnen
und Lehrer der Sekundarstufe I und II sowie für Kolleginnen
und Kollegen im beruflichen Schulwesen. Die klaren und prägnanten Formulierungen mit korrespondierenden quantitativen Aussagen erhöhen und verbessern die schulpraktische
Verwendbarkeit des Weltalmanachs (2013).
Überzeugend und bestechend sind die quantitativen Informationen und Fakten, die mit hoher Zuverlässigkeit und besonderer Präzision wiedergegeben werden. Markant und besonders hervorzuheben sind die wissenswerten Daten und
Fakten zu insgesamt 195 Staaten der Erde unter besonderer
Berücksichtigung der Politik, Wirtschaft und Umwelt und zu
den Schwerpunktthemen Wasser, Tiefsee, Hunger, Internet
und Raumfahrt. Das ausführliche Register ist nicht nur eine
wertvolle Suchhilfe, sondern kann auch zur Verknüpfung der
Themen beitragen.
Gottfried Kleinschmidt
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