Mit Vorfertigung Bauzeit verkürzen Mit Vorfertigung Bauzeit verkürzen

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Mit Vorfertigung Bauzeit verkürzen Mit Vorfertigung Bauzeit verkürzen
Baustoffe
Mauerwerk
쩦 Wandelemente
Mit Vorfertigung
Bauzeit verkürzen
Am rationellen Bauen geht kein Weg vorbei. Ein probates Mittel, im Mauerwerksbau
Bauzeiten erheblich zu verkürzen und Terminsicherheit auch für die Nachfolgegewerke
zu schaffen, ist der Einsatz geschosshoher Wandelemente aus Ziegeln.
von Martin Mansel
D
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Baugewerbe 1-2/2005
Neben seiner Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter
setzt Kunibert Gerij sich auf politischer Ebene aktiv für die Belange der Ziegelindustrie ein. U.a. ist
er Mitglied im Vorstand der Deutschen Ziegelindustrie e.V., erster
Vorsitzender des Fachverbandes
Ziegelindustrie Nordwest e.V.
und der Arbeitsgemeinschaft Ziegelelementbau e.V. sowie für
Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen und Vorstandsmitglied der unipor-Ziegelinteressengemeinschaft.
Im Einsatz von vorgefertigten
Wandelementen stecken viele SparPotentiale.
Neue Konzepte
für die Innenstädte
Insbesondere setzt sich Gerij
über die Verbandsebene für ein
Umdenken in der Betrachtung
des Modernisierungspotentials
und der damit verbundenen KfwFörderungspolitik ein. Aufgrund
der bautechnisch und wohnungswirtschaftlichen Beurteilung der
Substanz der Wohnungsbestände
vor allem aus dem Zeitraum 1946
bis 1960 sind Sanierungskonzepte unter ökonomischer und
marktorientierter Betrachtung
nicht sinnvoll. Hier bietet sich die
große Chance, unter ökonomischen Gesichtspunkten durch
Abbruch-Neubaukonzepte ein
den veränderten Wohnbedürfnissen angepasstes Neubauvolumen
zu schaffen. Diese Problematik ist
Inhalt des zweiten Teils des Interviews, das wir mit Kunibert Gerij
geführt haben.
Foto: Baustoffwerke Hüning
ie innovative Entwicklung
von geschosshohen Elementen aus Ziegel ist mit
dem Namen Kunibert Gerij verbunden. Er ist geschäftsführender
Gesellschafter der Baustoff- und
Elementwerke Hüning im münsterländischen Olfen-Vinnum. Gegründet wurde das Ziegelwerk
schon im Jahr 1870. Seit 1997 fertigt das mittelständische Unternehmen Wandelemente in einem
eigenen Elementwerk. Weiterhin
im Programm sind Ziegel, Betonfertigteile und Bausysteme. Die
Hüning Unternehmen beschäftigen 55 Mitarbeiter; davon arbeiten 35 in der Ziegel- und Elementproduktion. Hauptabsatzgebiete für Hüning sind NordrheinWestfalen, Belgien und die
Niederlande. Der Gesamtjahresumsatz liegt bei ca. 13Mio. €.
Vor dem Hintergrund der weiteren Öffnung der EU zum Osten
und unter dem Druck der nachteiligen Rahmenbedingungen der
deutschen Produktionsunternehmen und Gewerke investierten die
Unternehmen in neue Techniken
und Dienstleistungen, um im
Wettbewerb gegen Billiglohnländer zu bestehen. Die Hüning
Unternehmen sehen in der Vorfertigung erhebliche Innovationsansätze zur Sicherung des Standortes
für Industrie und Handwerk.
Baugewerbe sprach mit Kunibert Gerij über die Möglichkeiten, die rationelle Vorfertigung
Industrie und Handwerk zur Sicherung des Standorts bietet.
Potentiale im Wohnungsbau
Baugewerbe sprach mit Kunibert Gerij über Vorfertigung und
Möglichkeiten zur Belebung der Wohnungswirtschaft.
Baugewerbe: Herr Gerij, Welche
Bauelemente werden in Ihren Werken gefertigt?
Kunibert Gerij: In den Elementwerken werden geschosshohe und
raumbreite Mauertafeln inklusive
aller Fenster- und Türöffnungen
aus unipor-Ziegel sowie den statisch erforderlichen Bauteilen aus
Beton gefertigt. Nachstehende
Wandarten gehören zum Standard
der Produktion:
왘 Monolithische Außenwandelemente
왘 Außenwandelemente für die Aufbringung von Wärmedämmver-
bundsystemen
Foto: Baugewerbe
Interview
왘 Tragende Außenwandelemente
für zweischalige Wandkonstruktionen
왘 Schallschutzwandelemente für
Wohnungstrenn- und Treppenhauswände
왘 Innenwandelemente
(tragend/nichttragend)
Spezielle Wandarten (z. B. Sichtmauerwerk) können objektbezogen angefordert und produziert
werden.
Zur Umsetzung des gesamtheitlichen Konzepts umfasst das Lieferprogramm zusätzlich Betonfertigdecken, Aufzugsschächte, Nasszellen und Betonfertigtreppen.
Kunibert Gerij
ist geschäftsführender Gesellschafter
der Baustoffwerke Hüning
im münsterländischen Olfen-Vinnum.
Baugewerbe: Welchen Anteil haben geschosshohe Ziegelelemente?
Kunibert Gerij: Geschosshohe
Wandelemente machen ca. 50%
des Gesamtumsatzes der Hüning
Unternehmen aus.
Baugewerbe: Wie werden die
geschosshohen Ziegelelemente gefertigt?
Kunibert Gerij: Der Architektenplan und die Statik sind die Grundlage für die Dimensionierung der
einzelnen Mauertafeln nach ökonomischen Gesichtspunkten.
Für jedes Bauobjekt werden
왘 Elementpläne für die technische
Freigabe und Produktion,
왘 Verladepläne für die Innenladerpaletten mit Vorgabe der Montagereihenfolge,
왘 Übersichtspläne für die Montage auf der Baustelle erstellt.
Das Mauerwerk wird nach DIN
1053 Teil 4 von Facharbeitern auf
halbautomatischen Mauermaschinen gefertigt. Als Produktionsvorlage dient der Elementplan. Dieser gibt Wandstärke,
Mörtelart sowie die statischen
und gestalterischen Dimensionen der Wand vor. Der Mörtel
wird vollautomatisch aufgetragen; die Ziegel werden mithilfe
eines Minikrans versetzt. Nach
drei Tagen Trocknung wird die
Wand dem Montageablauf entsprechend auf Innenladerpaletten verladen.
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Mauerwerk
Foto: Baustoffwerke Hüning
Baustoffe
Baugewerbe: Worin bestehen die
Unterschiede im Bauablauf im
Gegensatz zum herkömmlichen
Mauern?
Kunibert Gerij: Die Montage kann relativ wetterunabhängig erfolgen. Die
Baustelleneinrichtung kann auf ein
Minimum reduziert werden und der
Baubeginn kann flexibel auf die Anforderungen des Auftraggebers gestaltet werden. Durch den Einsatz
von Elementen kann der Bauzeitenplan exakt vorgegeben werden, so
dass auch die Nachfolgegewerke ablaufsicher organisiert werden können.
Der Transport der Mauertafeln erfolgt im Taktverfahren mit selbstentladenden Transportfahrzeugen. Die
Anlieferung der Mauertafeln erfolgt
durch zwei Transportsysteme:
1. Innenladerpaletten bis 3,25 m
Wandhöhe
2. Großpaletten bis 2,80 m Wandhöhe
Die Transportpaletten werden in
Reichweite des Krans abgesetzt und
bieten die wirtschaftliche und montagegerechte Zwischenlagerung der
Mauertafeln an der Baustelle. Die
Transportfähigkeit der Wandelemente wird durch mindestens zwei, über
die gesamte Geschosshöhe eingebrachte Transportanker gewährleistet. Mit dem Kran werden die Elemente über eine Versetztraverse aus
der Transportpalette genommen und
höhen- und fluchtgenau im Mörtelbett abgesetzt. Die maximalen Wandgewichte bis 5 t werden mit einem
Foto: Baustoffwerke Hüning
Beispiel für
den Einsatz
von Wandelementen
im mehrgeschossigen
Wohnungsbau.
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Auch bei größeren Projekten
lässt sich dem
Wunsch nach
kurzer Bauzeit
mit Ziegeln
nachkommen.
Autokran mittlerer Größe versetzt.
Die Positionierung der Mauertafeln
erfolgt anhand des mitgelieferten
Montageplans.
Jedes Element wird lotrecht durch
verstellbare Montagestützen eingewinkelt. Die Verbindung der einzelnen Mauertafeln untereinander erfolgt im Bereich der 3cm breiten
Montagefuge. Zur Montageaussteifung wird werkseitig in den Lagerfugen eine Schlaufenbewehrung angeordnet. Diese Schlaufen greifen nach
dem Versetzen übereinander. Durch
die so gebildeten Bewehrungsringe
wird ein lotrechter Bewehrungsstab
geführt. Nach dem geschosshohen
und vollfugigen Verfüllen der Monta-
gefuge ist eine druck- und zugfeste
Verbindung gewährleistet, die sogar
größer als bei der konventionellen
Verzahnung ist. Die Wände bleiben so
lange gesichert, bis der Mörtel in den
Elementverbindungen erhärtet ist.
Ein Montageteam besteht aus einem
Kranfahrer und drei Facharbeitern.
Welches sind die
wichtigsten wirtschaftlichen Argumente für geschosshohe Elemente?
Baugewerbe:
Kunibert Gerij: Bei der gesamtheitlichen Betrachtung des Bauprozesses
hat die Bauzeitverkürzung einen erheblichen Einfluss auf die gesamten
Baukosten.
So lassen sich die Baukosten durch
den Einsatz vorgefertigter Mauertafeln auf folgenden zwei Ebenen reduzieren:
Ebene 1:
Verarbeiter/Bauunternehmer
Der Verarbeiter hat vor allem mit hohen Lohnnebenkosten und unkalkulierbaren Randstunden zu rechnen.
Die Hauptgründe für diese Kosten
setzen sich wie folgt zusammen:
왘 Vorhalten eines Maschinenparks
für zwölf Monate
왘 Leistungsausfall durch Krankheit
und Witterung (Schlechtwetterregelung)
왘 verspätete Anlieferung der Materialien und Dispositionsfehler sorgen für unkalkulierbare Randstunden auf der Baustelle
왘 hohe und unsichere Personalkosten für Bauleitung
Durch den Einsatz vorgefertigter
Mauertafeln kann er einen Großteil
seiner Baukosten genau kalkulieren
und sogar reduzieren:
왘 durch die fast witterungsunabhängige Montage wird der Arbeitsausfall reduziert und kalkulierbar
왘 durch Liefer- und Bauzeitenplan ist
eine perfekte Personalplanung
auch für die Nachfolgegewerke
möglich
왘 Reduzierung der Baustelleneinrichtung und des Materialverlustes
왘 handwerks- und normgerechtes
Mauerwerk (Gewährleistung)
왘 personelle Einsparung auf der
Baustelle, insbesondere Bauleitung
Hinzu kommt eine höhere Produktivität, die Reduzierung der Lohnkos-
ten und ein schnellerer Umschlag des
Betriebskapitals.
Ebene 2: Investor
Knappe Budgets und Zeitdruck bestimmen oftmals Planung und Ausführung im Wohnungsbau. So ist seit
einiger Zeit zu beobachten, dass
Großinvestoren nicht mehr Qualitätsund Zeitrisiken konventioneller Bauweisen in Kauf nehmen und das vorgefertigte Bauen mit seinen entscheidenden Vorzügen favorisieren.
Folgende Vorteile haben schon viele
Investoren von der vorgefertigten
Bauweise überzeugt:
왘 Einsparung von Zwischenfinanzierungskosten durch Bauzeitverkürzung
왘 frühzeitiger Kapitalrückfluss aus
Mieteinnahmen
왘 vorzeitige Rückzahlung von Hypotheken
왘 Baubeginn bis Spätherbst möglich
왘 reduzierte Zeit- und Lohnkosten
왘 Fenster, Türen und andere Bauteile können durch verbindliche
Maßgenauigkeit der Elemente bereits bei Baubeginn bestellt werden
왘 Termingarantie nach Bauzeiten-
plan
Für Bauträger erfolgt zudem die Zahlung des Kunden nach der sog. »Bauträgerverordnung«. Diese sieht vor,
dass der Bauträger bereits nach Fertigstellung des Rohbaus 58% des
gesamten Kaufpreises erhält – d. h.,
eine schnelle Rohbauerstellung entlastet enorm das Finanzmanagement
des Investors.
Baugewerbe: Generell ist der Ein-
familienhausbau die Domäne des
Ziegels. Für welche Projekte eignen
sich geschosshohe Elemente?
Kunibert Gerij: Grundsätzlich lässt
sich jedes Projekt in Ziegel bzw. mit
Wandelementen aus Ziegel realisieren. Zu unseren Referenzobjekten
gehören neben zahlreichen Einfamilien-, Reihen- und Doppelhäusern
auch Hotelanlagen, Supermärkte, Seniorenresidenzen, öffentliche Bauten
und große Wohnanlagen mit z.B. 250
Wohneinheiten. Denn besonders im
Gewerbe- und Geschosswohnungsbau ist die Hauptforderung der Inves-
toren eine kurze Bauzeit, gewährleistet durch eine schnelle und sichere
Planung des Rohbaus und der Nachfolgegewerke.
Die guten bauphysikalischen Eigenschaften des Ziegels wie z. B. Wärmedämmung und Wärmespeicherung
machen diesen Baustoff gerade im
Zuge der Energieeinsparverordnung
sehr modern und für alle Bauherren
ökonomisch interessant. Die Möglichkeit mit einer monolithischen
Außenwand eine kostengünstige,
langlebige und ökologische Außenwandkonstruktion ohne zusätzliche
Dämmmaßnahmen bauen zu können, bietet enorme Einsparpotentiale und ökologische und langlebige
Wandkonstruktionen. In diesem Bereich ist der Ziegel allen anderen Baustoffen überlegen.
Baugewerbe: Wie beurteilen Sie ihren Markt, wo sehen Sie Entwicklungspotentiale?
Kunibert Gerij: Die Fehleinschätzung
der Politik »Deutschland ist bebaut«
hat zu fatalen Folgen für das Baugewerbe sowie für die Bau- und Wohnungswirtschaft geführt. Die unterdurchschnittliche Eigentumsquote im
internationalen Vergleich, die Altersstruktur des Wohnungsbestandes und
die aufgrund der demografischen Entwicklung veränderten Wohnbedürf-
Altersstruktur des Wohnungsbestandes in NRW
Jahr der
Fertigstellung
Bestand 1.1.1948
1948–1959
1960–1969
1970–1979
1980–1989
1990–2000
Wohnungen
in Tsd.
Anteil
in%
2 521
1732
1486
1262
718
926
29
20
17
15
8
11
geförderte
Wohnungen
in Tsd.
Anteil
geförderte
WE in %
1428
902
546
239
266
68
54
43
33
29
Mauerwerk
nisse werden in fahrlässiger Weise
nicht gewürdigt.
Neue Impulse
für den Wohnungsbau
Die Auswirkungen dieser Signale sind
überzogene Bonitäts- und Eigenkapitalanforderungen der Banken für Investments der Wohnungswirtschaft,
aber auch bei Investitionen für die
Bauindustrie. Folglich werden diese
von Wohnungswirtschaft und Industrie zurückgestellt.
Die Altersstruktur des Wohnungsbestandes, die demografische Entwicklung der Bevölkerung und die daraus
resultierenden veränderten Wohnbedürfnisse machen sicherlich ein Umdenken der Wohnungswirtschaft und
auch der Förderungsinstrumente, u.a.
der KfW, erforderlich. Deshalb braucht
die Wohnungswirtschaft ein »integriertes Infrastrukturprogramm« auch
für die vom Strukturwandel betroffenen Regionen in den alten Bundesländern. Ein solches integratives Programm muss einen anderen, ganzheitlichen Ansatz verfolgen.
Z.B. hat eine vom Ministerium für Städtebau und Wohnen NRW erstellte aktuelle Untersuchung bis zum Jahr
2014 für NRW einen jährlichen Neubaubedarf von ca. 64000 Wohnungen
errechnet. Dieser Neubaubedarf ergibt sich zum gewichtigen Teil als Ersatz für den Abriss, die Zusammenlegung oder Umwandlung von Wohnungen. Es ist – anders als noch vor einem Jahrzehnt – weniger ein Wachstumsbedarf als vielmehr und vor allem ein Erneuerungs- und Anpassungsbedarf. Diese Thematik stellt
sich nicht nur in NRW, sondern auch in
anderen alten Bundesländern.
Aus dem Altersstrukturanteil des Wohnungsbestandes, der ohne weiteres
auf andere Bundesländer zu übertragen ist, kann für die Zukunft ein erhebliches Modernisierungs-(AbbruchNeubau) und Sanierungskonzept abgeleitet werden.
Problematisch ist vor allem die Bausubstanz und der Zuschnitt der Wohnungen, die in der Notsituation nach
dem 2. Weltkrieg, in dem Zeitraum
1946 bis 1960, errichtet wurden. Diese
Wohnungen haben Wohnungsgrundrisse von 45 bis 48 m2 für Familien mit
zwei oder drei Kindern. Für diese Wohnungen sind Sanierungskonzepte unter ökonomischer und marktorientierter Betrachtung nicht sinnvoll.
Die bautechnische und wohnungswirtschaftliche Beurteilung dieser
Wohnungsbestände, die mit dem
Standard des 1. WoBauG errichtet wur-
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den, hat zu dem Ergebnis geführt, dass
eine Renovierung mit Kosten verbunden ist, die deutlich oberhalb der vergleichbaren Neubaukosten liegen.
Bei einem Teil der Wohnungen wurden im Gießkannenprinzip mit Mitteln
des Landes und des Bundes die Fassaden, Dächer und Fenster saniert. Der
Zuschnitt der Wohnung wurde nicht
verändert, so dass die Vermietungschancen nicht verbessert wurden. Aufgrund der Mietbindung im Sozialen
Wohnungsbau war auch kein Spielraum für Mieterhöhungen.
Ein weiteres Problemfeld sind vierund mehrgeschossige Gebäude ohne
Aufzug. Unter Zugrundelegung der
1%igen Stichprobe des Statistischen
Bundesamtes von 1978 ergibt sich folgendes Bild:
In der damaligen Bundesrepublik gab
es rund 565000 Wohngebäude mit sieben und mehr Wohnungen, folglich
mit einem Gesamtwohnungsbestand
von ca. 6,5 Mio. Wohnungen. Unter der
Voraussetzung, dass in den Baujahrgängen bis 1978 lediglich 10% der höhergeschossigen Gebäude einen Aufzug besaßen, gibt es aus diesen Jahrgängen rund 610000 Gebäude mit
knapp 6 Mio. Wohnungen ohne Aufzug. Da auch in den Jahren nach 1978
noch vier Geschosse in erheblicher Anzahl ohne Aufzug gebaut worden sind,
schätzt die Wohnungswirtschaft die
Gesamtzahl der Gebäude ohne Aufzug
in der alten Bundesrepublik auf ca.
650000. Ein zusätzliches Defizit dieser
Wohnungen sind die nicht mehr bedürfnisgerechten Wohnungszuschnitte.
Die oben genannten Zahlen werden
im Übrigen durch die Ergebnisse der
Wohnungszählungen von 1987 erhärtet.
Hier bietet sich die große Chance,
durch Abbruch-Neubaukonzepte ein
sinnvolles, den Wohnbedürfnissen angepasstes Neubauvolumen zu schaffen. Aufgrund der Möglichkeit zur
Neubewertung der Grundstücke zum
Verkehrswert, vor allem in den Ballungszentren, können erhebliche Eigenkapitalpotentiale geschaffen werden.
Ein wichtiger Schritt für die Umsetzung dieses Konzeptes für den geförderten und frei finanzierten Wohnungsbau wäre auch die Erweiterung
der Mittelverwendung der Modernisierungs- und Renovierungsprogramme der KfW für Abbruch-Neubaukonzepte und die Einbindung des Programms »Städteumbau West«. Abrissförderung heißt nicht, Negatives zu
fördern, sondern ein volkswirtschaft-
Foto: Baustoffwerke Hüning
Baustoffe
Vorfertigung im Elementwerk
lich sinnvolles Bauvolumen zu schaffen und eine Chance für die Wohnungswirtschaft durch ein zielgruppenorientiertes Wohnungsangebot
ihre Existenz zu sichern.
Die Kommunen erhalten Wohnraum
für größere, kinderreiche Familien, die
derzeit nur sehr schwer Mietwohnungen mit entsprechendem Zuschnitt
finden. Mit attraktiven und den neuen
Wohnbedürfnissen angepassten Neubauwohnungen in guten Lagen kann
die Abwanderung von solventen Mietern gestoppt und die Zuwanderung
eines neuen Mieterklientels gefördert
werden. Schließlich führt ein Abriss
und Neubau überwiegend zu einer
Verdichtung der Bebauung, die Infrastruktur am Ort wird besser ausgenutzt und eine Versiegelung weiterer
Flächen im Umland unterbleibt.
Des Weiteren können mit dem dargestellten Abbruch- u. Neubaukonzept
wichtige politische Ziele realisiert werden:
왘 Schonung der Grundstücksressourcen
왘 Eindämmung der Stadt-Umlandwanderung
왘 Erhalt der Kaufkraft in den Städten
왘 CO2-Reduzierung
왘 Verbesserung der Standortqualität
왘 fiskalische Vorteile
왘 Schaffung neuer Wohnungsqualität für behinderte und ältere Menschen
Die letzten Jahre haben gezeigt, dass
Wirtschaftswachstum ohne die volkswirtschaftlich unverzichtbare Säule
»Bauwirtschaft« mit ihrer beschäftigungspolitischen Wirkung nicht realisierbar ist. Durch eine Verstetigung der
Bautätigkeit, die zu einer Stabilisierung der Bauwirtschaft führt, kann sichergestellt werden, dass auch in Zukunft noch ein funktionierender Wirtschaftszweig in Deutschland existiert,
der dann die drängenderen Infrastruktur- und Wohnraumprobleme lösen
kann.
Einen beschäftigungspolitisch bedeutenden Wirtschaftszweig durch Fehleinschätzung seiner Wachstumspotentiale in »Wartestellung zu positionieren«, bedeutet in der Konsequenz:
왘 Existenzielle Bedrohung von Wohnungsunternehmen
왘 Wohnungsmangel
왘 Verhinderung von Wirtschaftswachstum
왘 Förderung der Arbeitslosigkeit.
Für die Entwicklung und Umsetzung
ganzheitlicher strategischer Konzepte
zur nachhaltigen Absicherung von Immobilienengagements sind folgende
Maßnahmen erforderlich:
왘 Regionale Infrastrukturanalyse des
Wohnungsbestandes
왘 Regionale Analyse der Substanz des
Wohnungsbestandes
왘 Analyse von Marktentwicklungsszenarien
왘 Ist- und Sollanalyse der Mieterstruktur – zielgruppenorientierte Bedarfs-Analyse der Mieter- und Kundenzielgruppe
왘 Modernisierungs- (Abbruch-Neubau) und/oder Instandsetzungskonzept (Sanierung)
Baugewerbe: Herr Gerij, Vielen
Dank für das Gespräch.