Kurzpulslaser machen Tailored Welded Blanks fit für das Presshärten
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Kurzpulslaser machen Tailored Welded Blanks fit für das Presshärten
Unschlagb Kombinati KURZPULSLASER MACHEN TAILORED WELDED BLANKS FIT FÜR DAS PRESSHÄRTEN Durch das Abtragen der AlSi-Beschichtung mit einem Kurzpulslaser lassen sich Tailored Welded Blanks herstellen, die sich sehr gut presshärten lassen. Bild: Trumpf 18 TITELSTORY BLECH 04 | 2014 are on von Günter Kögel Derzeit laufen Untersuchungen mit dem Kurzpulslaser TruMicro Serie 7000 von Trumpf, um das Verfahren in der industriellen Großserienfertigung effizient einsetzen zu können. Bild: Trumpf Mit dem Siegeszug des Presshärtens im Karosseriebau waren Tailored-Blanks auf dem Rückzug. Doch durch die Kombination von Laserabtragen mit Kurzpulslasern und Laserschweißen macht Andritz Soutec die Tailored-Welded-Blanks fit für das Presshärten und bringt sie zurück auf die Überholspur. Dabei lassen sich in einem Blech extrem hohe Festigkeit und definierte Nachgiebigkeit kombinieren. BLECH 04 | 2014 T I T E L S TO R Y 19 Andritz Soutec hat schon über 120 Anlagen zum Laserschweißen von Tailored-Welded-Blanks installiert. Im Bild eine Soulas LPQ 3600 II zum Schweißen linearer Nähte. Bild: Andritz Soutec I hre Industrietauglichkeit haben Kurz- und Ultrakurzpulslaser in verschiedensten Anwendungen längst bewiesen. Sie schneiden bruchfeste Displaygläser für Smartphones, strukturieren Oberflächen von Dünnschicht-Solarzellen und trennen sogar spröde Keramikteile oder Diamanten. Auch in der Metallbearbeitung finden sich erste, sehr erfolgversprechende Anwendungen. So haben Trumpf, Bosch und die Friedrich-Schiller-Universität Jena für das Bohren von Einspritzdüsen mit ultrakurzen Laserpulsen vor kurzem den Deutschen Zukunftspreis erhalten (siehe BLECH 1/2014). Aber auch die Blechbearbeitung kann mit sehr interessanten und überaus zukunftsträchtigen Anwendungen aufwarten – und zwar bei der Herstellung von pressgehärteten Tailored Welded Blanks. Diese Bauteile kombinieren in einer einzigartigen Weise extreme Festigkeit und definierte Nachgiebigkeit und gelten als eine der Zukunftstechnologien im Automobilbau. Denn mit diesen Blechen lassen sich Strukturteile von Automobilen noch besser als bisher auf die Anforderungen anpassen (Einen ausführlichen Beitrag dazu lesen Sie in der nächsten Ausgabe der BLECH). Laserschweißkopf von Andritz Soutec zur Herstellung von Tailored Welded Blanks mit gekurvten Nähten. Bild: Andritz Soutec 20 TITELSTORY Die große Herausforderung bei der Herstellung dieser presshärtbaren Tailored Welded Blanks ist das Schweißen, da sich das Aluminium der für den Prozess wichtigen AlSi-Beschichtung während des Schweißens nicht mit dem Stahl vermengen darf. Andernfalls entstehen Einlagerungen, welche die Festigkeit der in der Regel lasergeschweißten Naht so reduzieren, dass das Material bei Belastung in der Schweißnaht reißt – im Gegensatz zu den konventionellen, nichtwarmumgeformten Tailored Welded Blanks, die im Grundwerkstoff versagen. Zwischenschicht bleibt erhalten Die besondere Schwierigkeit dabei: Die Beschichtung ist auch noch aus mehreren Lagen aufgebaut: einer Decklage, einer 20 bis 22 µm dicken Aluminium-Silizium-Legierung und der etwa 8 µm dicken Zwischenschicht (Intermediate-Layer). Letztere entsteht während des Auftragens der Beschichtung durch Vermengen der Beschichtungslegierung und dem Grundwerkstoff durch Diffusion. Für den späteren Korrosionsschutz während der Wärmebehandlung ist es notwendig, diese Zwischenschicht auf der Platine zu belassen. Dieses Belassen der Zwischenschicht hat sich ArcelorMittal Tailored Blanks, ein Mitglied der ArcelorMittal Gruppe, patentieren lassen. Zum Abtragen wurden bei ArcelorMittal verschiedene Prozesse wie das Fräsen, Bürsten oder Warmabtragen mit Draht untersucht, doch keines dieser Verfahren hatte die notwendige Performance oder Prozessstabilität. Doch dann stieß ArcelorMittal Tailored Blanks auf den Kurzpulslaser und entwickelte ein laserbasiertes Verfahren zum Schichtabtrag (Ablation). Vorteil für den Kurzpulslaser: Die Zwischenschicht hat gegenüber der Aluminium-Silizium-Decklage einen erhöhten Schmelzpunkt, wodurch diese eine natürliche Barriere darstellt und ein weiteres Abtragen verhindert. Dadurch entsteht ein BLECH 04 | 2014 stabiles Prozessfenster für den Abtragsprozess. Drei Prozesskomponenten beeinflussen diesen Abtragsprozess: das Sublimieren der Beschichtung durch den Energieeintrag, das Einbringen einer Schockwelle in die Beschichtung, so dass sich diese absprengt, sowie das Aufschmelzen der Beschichtung mit anschließendem Wegblasen der flüssigen Schmelze. Andritz Soutec, ein weltweit führender Hersteller von Systemen zum Fertigen von Tailored Welded Blanks, evaluiert aktuell die einzelnen Prozessvarianten im Hinblick auf die Integration in das gesamte Systemportfolio und möchte diese in der industriellen Großfertigung effizient einsetzen. So laufen derzeit Untersuchungen mit dem Kurzpulslaser TruMicro Serie 7000 von Trumpf zusammen mit einer ebenfalls von Trumpf neu entwickelten Bearbeitungsoptik. Bei diesem Prozess wird die Beschichtung mit dem Kurzpulslaser aufgeschmolzen und anschließend weggeblasen – eine Kombination, der Experten ein enormes Potenzial zusprechen. Für Andritz Soutec bietet die Zusammenarbeit mit Trumpf gleich mehrere Vorteile wie weltweites Servicenetz, bekannte Schnittstellen und Programmierungsinterface sowie die Verwendung von Industriestandards. Dazu kommt noch, dass beide Unternehmen schon seit 15 Jahren sehr erfolgreich beim Laserstrahlschweißen zusammenarbeiten, und etwa 80 Prozent aller seitdem ausgelieferten Systeme von Andritz Soutec mit einem Trumpf Laser ausgestattet wurden. Ablation noch in den Kinderschuhen Im Vergleich zum bestens etablierten Laserschweißen steckt der Abtragsprozess allerdings noch in den Kinderschuhen. Nach Einschätzung von Michael Kronthaler, Leiter Process Engineering und Technology Center bei Andritz Soutec, hat der industrielle Einsatz der Kurzpulslasertechnologie „… heute einen Stand erreicht, auf dem das Laserstrahlschweißen von Tailored Welded Blanks vor 10 bis 15 Jahren war. Der Prozess sowie die am Markt verfügbaren Strahlquellen sind neu … “ und die Paramtervielfalt ist noch nicht in allen Bereichen abschließend evaluiert. Mit der Nachfrage nach höherer Prozessperformance müssen die Parameter kontinuierlich neu erarbeitet, evaluiert und für eine 6SigmaAnwendung optimiert werden. Dabei profitiert Andritz Soutec von einer umfassenden Erfahrung aus über 120 installierten Anlagen zum Laserschweißen von Tailored-Welded-Blanks, von denen einige auf Kundenwunsch bereits mit der Trumpf-Abtragstechnik ausgestattet wurden. Allerdings arbeiten alle bislang installierten Systeme im Offline-Betrieb. Das heißt: Der Abtragsprozess erfolgt in einer separaten und nicht mit der Schweißanlage verketteten Station. In dieser werden die Bleche durch zwei Abtragsköpfe mit 22 TITELSTORY Um die Tailored Welded Blanks für das Presshärten verschweißen zu können, wird im Bereich der Schweißnaht auf 3 mm Breite die Beschichtung mit einem Kurzpulslaser definiert abgetragen. Bild: Trumpf zwei separaten Strahlquellen von der Aluminium-Silizium-Beschichtung befreit. Für die Hersteller der Tailored Welded Blanks bedeutet dies jedoch zusätzlichen Aufwand bei der Handhabung der Bleche. Zudem werden abhängig von der erreichten Abtragsgeschwindigkeit und der Ausbringung einer Schweißanlage mehrere Abtragsstationen benötigt, um die notwendigen Platinenteile zur Verfügung zu stellen. Andritz Soutec hat diesen Mehraufwand auf Seiten der Kunden erkannt und arbeitet daher an einer Lösung, beide Prozesse – Abtragen und Schweißen – in einem System zu vereinen. Dies reduziert den Aufwand deutlich und es ist nur eine Frage der Zeit, bis die ersten Maschinen ausgeliefert werden können. Wie beim Laserstrahlschweißen fokussiert sich die Firma auch hier auf höchste Produktivität. Ziel ist eine InlineAnlage, die mit der Geschwindigkeit der Schweißanlage von heute rund 10 m/min eine 3mm breite Abtragsspur generieren kann. W www.trumpf.com / Lasys Halle 4, Stand C 51 www.andritz.com Andritz Soutec AG Andritz Soutec AG ist der führende Hersteller von Schweißsystemen zur Fertigung von „Tailored Welded Products“. Das Portfolio umfasst Anlagen für lineare Nähte (Soulas), gekurvte Nähte (Soutrac) und Rohrprodukte (Soutube). Auf den Anlagen von Soutec werden Rohteile für die Automobil-Karosserien von beinahe allen premium Automobilherstellern gefertigt. 70 Prozent des Umsatzes wird mit Laserstrahlschweißanlagen erwirtschaftet. Des Weiteren bietet Andritz Soutec diverse Rollnaht-Widerstandsschweißmaschinen an, mit denen Bauteile für den HVAC-Bereich sowie Abgaskomponenten zuverlässig und wirtschaftlich produziert werden können. Komplettiert wird das Sortiment durch die bewährte Widerstandsschweißsanlage Contour, die Kraftstofftanks aus Stahl, selbst mit komplexen Geometrien, in der erforderlichen Qualität und Stückzahl schweißt. Der Anlagenhersteller wurde 2012 Teil der internationalen AndritzGruppe. Der Technologiekonzern Andritz erwirtschaftete 2013 einen Umsatz von rund 5,7 Mrd. Euro und beschäftigt etwa 23.800 Mitarbeiter. Zusammen mit der in 2013 akquirierten Schuler Gruppe liefert Andritz Anlagen und Ausrüstungen, die die komplette Prozesskette vom Rollen der Stahlbänder bis zum geformten Bauteil abdecken. Standort der Andritz Soutec AG mit ihren rund 100 Mitarbeitern ist Neftenbach in der Nähe von Winterthur (Schweiz). www.andritz.com www.soutec.com BLECH 04 | 2014 »Industrietauglichkeit längst bewiesen« von Günter Kögel Ultrakurzpulslaser gelten als ‚die‘ Laserstrahlquelle der Zukunft. Wir sprachen mit Dr. Dirk Sutter, Leitung UKP-Laserentwicklung &-Forschung von Trumpf, über das Potenzial dieser Strahlquellen für die Blechbearbeitung – insbesondere bei der für Tailored Welded Blanks wichtigen Ablation. Herr Dr. Sutter, warum sind Ultrakurzpulslaser so gut für die Ablation von Metallen geeignet? Ultrakurz werden Laserpulse mit Piko- und Femtosekunden-Dauer genannt. Derart kurze Pulse ermöglichen andere Mechanismen der Wechselwirkung zwischen Laserstrahl und Material – und erweitern so das Anwendungsgebiet der Lasertechnik. Die Materialbearbeitung mit längeren Pulsen ist immer ein thermischer Prozess, bei dem sich eine Wärmeeinflusszone ausbildet. Die Materialbearbeitung mit ultrakurzen Laserpulsen verläuft grundlegend anders. Während eines Wimpernschlags sendet der Ultrakurzpulslaser bis zu 24.000 Pulse mit enormen Spitzenleistungen aus. Unter diesem „Extrembeschuss“ hat die Materie keine Zeit zu schmelzen. Sie wird einfach herausgeschleudert und verdampft, weshalb man auch von kalter Bearbeitung spricht. So lassen sich feinste Bereiche in der Größe von nur wenigen Millionstel Millimetern – Nanometern – abtragen, und zwar ohne gratbildende Schmelzreste und qualitätsmindernde Materialerwärmung. Wie industrietauglich sind diese Systeme heute? Ihre Industrietauglichkeit haben die Ultrakurzpulslaser in den hochrationalisierten DreischichtfertigunBLECH 04 | 2014 gen verschiedenster Hersteller längst bewiesen, wo sie Millionen von Produkten gleichbleibender Qualität und Präzision bearbeiten. Inzwischen dringt die Technologie in immer neue Bereiche der Großserien- Robotics innovation and more STARMATIK S.r.l. Via Montello 10-8/C 31040 Nervesa della Battaglia Treviso (TV) - Italy Tel. +39 0422 722964 [email protected] www.starmatik.com Ein sehr wichtiges Einsatzgebiet ist zudem die Herstellung von Leiterplatten. Hier nehmen die Strukturgrößen ständig ab, die Packungsdichten zu. Mit dem Ultrakurzpulslaser lassen sich bis zu 1.000 Bohrungen pro Sekunde in die Leiterplatte einbringen. Der kalte Laserabtrag verhindert hierbei eine Karbonisierung der Microvias. Dr. Dirk Sutter, Leitung UKP-Laserentwicklung &-Forschung von Trumpf Bild: Zukunftspreis/Trumpf Fertigung vor und verdrängt dabei konventionelle Methoden wie das mechanische Bohren, das Erodieren oder das chemische Ätzen. Aber auch ganz neue Produkte, die bisher gar nicht herstellbar waren, werden mit dem Ultrakurzpulslaser möglich. Er schneidet medizinische Gefäßstützen aus Polymer-Röhrchen oder bruchfeste Displaygläser für Smartphones, strukturiert Oberflächen von DünnschichtSolarzellen, bohrt haarfeine Löcher in Metalle und trennt hauchdünne Kunststofffolien, spröde Keramikteile, ja sogar Diamanten. Welche Einsatzgebiete in der Blechbearbeitung sind heute bereits realisiert und welche haben Potenzial für die Zukunft? Die ersten Schritte hat Trumpf zusammen mit Bosch und der Friedrich-Schiller-Universität Jena gemacht: Bohrungen in Einspritzdüsen, deren Größe und Form sich durch die ultrakurzen Laserpulse so präzise steuern lässt, dass der Kraftstoff optimal im Inneren des Brennraums verteilt und effizienter verbrannt wird – was bis zu 20 Prozent Kraftstoff und Emissionen einspart. Unter anderem dafür gab es den Deutschen Zukunftspreis. Doch schon wenn man sich im Hause Bosch genauer umsieht, findet man viele weitere spannende Anwendungsfelder wie das SensorElement der Lambdasonde oder das neue Einspritzventil für Ölheizkessel von Bosch Buderus. In letzter Zeit hat der Pikosekundenlaser auch bei mehreren Anwendungen in der Uhrenindustrie gezeigt, wo er seine Vorteile ausspielen kann. So werden bereits Zahnräder sowie bis zu 0,01 mm dünne Sekundenstoppfedern aus Stahlblech ohne jeglichen Verzug ausgeschnitten. 24 TITELSTORY Was unterscheidet die Ultrakurzpulslaser von Trumpf von den Strahlquellen anderer Hersteller? Einzigartig ist die Scheibenlaser-Technologie. Sie erlaubt die weltweit höchsten je erzeugten mittleren Ultrakurzpulsleistungen und zugleich auch höchste Spitzenleistungen. Vor allem ist die präzise und sichere Steuerungstechnik bedeutend: Die patentierte doppelte Regelschleife überwacht jeden einzelnen Pikosekunden-Puls und hält die Leistung und Pulsenergie unabhängig von äußeren Einflüssen exakt auf dem benötigten Niveau. Das passiert über einen externen Modulator, der den Pulsaufbau von der Leistungsregelung entkoppelt und damit immer exakt die eingestellte Leistung und Pulsenergie liefert. Und das bei gleichbleibender Strahlqualität und Pulsdauer. Durch diese Entwicklung bietet Trumpf ein äußerst robustes Laserkonzept, das ohne Einschränkungen für den Einsatz in einer modernen Dreischichtfertigung ausgelegt ist. Dabei muss für die Qualität nicht auf Wirtschaftlichkeit verzichtet werden. Mit einer mittleren Leistung von über 100 Watt sind Trumpfs Laser der TruMicro Serie 5000 die erfolgreichsten industriellen Pikosekundenlaser zur Materialbearbeitung. Wie wirken sich diese Unterschiede beim Einsatz in der Blechbearbeitung aus? Die Investition in eine Ultrakurzpuls-Bearbeitungsmaschine rentiert sich oft sehr schnell, da sich durch die schmelzfreie Bearbeitung von Metallen zuvor notwendige Nachbearbeitungsschritte komplett eliminieren lassen. Zudem erreicht die Anlage aufgrund der hohen Strahlqualität generell eine höhere Präzision bei größter Flexibilität. Das A und O eines Indus trielasers ist dabei die Zuverlässigkeit, und hier können die Trumpf-Kunden auf langjährige Erfahrung vertrauen. Wenn das Werkstück aus Komponenten mit unterschiedlichen thermomechanischen Eigenschaften besteht, so lassen sich oft auch längere, Nanosekunden-Laserpulse zum selektiven Abtrag einsetzen. Trumpfs TruMicro Serie 7000 bietet hier aufgrund deutlich höherer mittlerer Leistung vielfältige Möglichkeiten, zum Beispiel beim Abtrag von AlSi-Schichten in der Schweißvorbereitung. « www.trumpf.com BLECH 04 | 2014