Bericht als PDF... - Bundesinitiative :: Integration und Fernsehen

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Bericht als PDF... - Bundesinitiative :: Integration und Fernsehen
Werte- und Bildungsvermittlung durch die Daily Soap:
Unterhaltungsfernsehen als neues Instrument zur
gesellschaftlichen Integration türkischer Jugendlicher
Pilotprojekt des Sozialministeriums Baden-Württemberg
gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds
"Einsatz Neuer Medien zur Verbesserung der Bildungs- und Ausbildungsfähigkeit für
türkische Jugendliche in Baden-Württemberg"
(Titel des ESF-Projekts)
Forschungsbericht
ZKM | Institut für Medien und Wirtschaft
Michael Mangold, Christoph Schneider & Robert Soultanian
Aktualisierte und inhaltlich überarbeitete Fassung
Karlsruhe, Juli 2004
Gefördert durch:
ZENTRUM FÜR KUNST UND MEDIENTECHNOLOGIE
Institut für Medien und Wirtschaft
Werte- und Bildungsvermittlung durch die Neuen Medien:
Unterhaltungsfernsehen als neues Instrument zur gesellschaftlichen Integration türkischer Jugendlicher
Pilotprojekt des Sozialministeriums Baden-Württemberg gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds
"Einsatz Neuer Medien zur Verbesserung der Bildungs- und Ausbildungsfähigkeit für türkische Jugendliche in Baden-Württemberg"
(Titel des ESF-Projekts)
Forschungsbericht
ZKM | Institut für Medien und Wirtschaft
Michael Mangold & Robert Soultanian
Aktualisierte und inhaltlich überarbeitete Fassung
Karlsruhe, Juli 2004
1
2
Inhaltsverzeichnis
1 Vorwort
5
2 Migration, Integration und Neue Medien
11
2.1
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11
2.2
Die Rolle der Medien im Kontext gesellschaftlicher Integration . . . .
14
2.2.1
14
Medienlandschaft und Mediennutzung im Umbruch . . . . .
2.2.1.1
Unterhaltungskultur . . . . . . . . . . . . . . . . .
14
Die Dynamik der IT-Wirtschaft und der mediale Arbeitsmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
26
Die Rolle der Medien im Migrationskontext . . . . . . . . . .
30
2.2.1.2
2.2.2
Die Veränderung der medialen Informations- und
3 Die türkische Bevölkerung in Deutschland und Baden-Württemberg
3.1
3.2
39
Gesellschaftliche Integrationsprofile der türkischen Bevölkerung . . .
39
3.1.1
Soziostrukturelle und allgemeine Merkmale . . . . . . . . . .
40
3.1.2
Schule, Ausbildung und berufliche Stellung . . . . . . . . . .
44
3.1.3
Kulturelle Aspekte der Integration . . . . . . . . . . . . . . .
52
3.1.4
Staatsbürgerschaft und Staatsbürgerschaftswunsch . . . . . .
55
3.1.5
Deutsch-türkische Kontakte . . . . . . . . . . . . . . . . . .
56
3.1.6
Politische Einstellungen und Vertrauen in Institutionen . . . .
58
3.1.7
Zur Situation der türkischen Jugend . . . . . . . . . . . . . .
59
Medien und Mediennutzung der türkischen Bevölkerung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
62
3.2.1
Allgemeine Mediennutzungsprofile . . . . . . . . . . . . . .
62
3.2.2
Migrationsbezogene Inhalte deutscher und türkischer Sender .
74
3.2.3
Die kommende Generation: Kinder, Jugendliche und ihr Me-
3.2.4
dienalltag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
76
3.2.3.1
Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
76
3.2.3.2
Jugendliche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
78
3.2.3.3
Technikinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
80
Mediennutzung und Integration der türkischen Bevölkerung in
Deutschland: Zusammenfassende Bemerkungen
. . . . . . .
4 Innovative Integrationspotentiale der Medien: Zwei Skizzen
4.1
Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2
Die edukative Soap Opera: Serialität, Strukturanalyse und Akkultura-
87
87
tionspotential . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
88
4.2.1
Serialität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
88
4.2.2
Die Struktur der Soap Opera . . . . . . . . . . . . . . . . . .
90
4.2.3
Die Eignung des Genres zur Etablierung sozialer Lernprozesse
93
4.2.4
Eine neue Soap Opera und die deutsch-türkische Migrationsliteratur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.3
83
99
Das Internet als Akkulturationsinstrument: Virtuelle Interaktionsplattformen, thematische Moderation und Berufsberatung im Internetcafé . 103
4.3.1
Kommunikationsnetzwerke im Internet . . . . . . . . . . . . 104
4.3.2
Internetcafés als Berufsberatungszentren für Migranten . . . . 105
5 Schluss
111
6 Literaturverzeichnis
115
4
Kapitel 1
Vorwort
Mit der PISA-Studie setzte erneut eine lebhafte Diskussion um die Qualität der Bildung und die Fähigkeit der Gesellschaft ein, diese allen Personengruppen in der Bundesrepublik Deutschland auf wirksame Weise zugänglich zu machen. Von Anfang an
bestand jedoch die Gefahr, dass als Heilmittel für die hier dokumentierte Misere zwar
finanzielle Aufstockungen der Bildungsetats und u.U. auch neue begriffliche Labels
angekündigt, im Kern aber die alte Bildungspraxis erhalten bleiben würde.
Bildungsvermittlung ist immer noch durch eine starke Formalisierung und Verschulung gekennzeichnet. Verbunden ist diese entweder mit einer sich immer noch hartnäckig haltenden Vorstellung von Verzicht, Mühsal und Strenge, oder mit einer seit den
60er Jahren sich zunehmend ausdifferenzierenden erziehungstheoretischen Ideenvielfalt, deren innovative gesellschaftliche Wirkung sich aber oft genug in weltanschaulich
geprägter Experimentierfreudigkeit oder in innerdisziplinären Auseinandersetzungen
verflüchtigt. Es wird immer deutlicher, dass vor dem Hintergrund solcher Debatten
und eines solchen Bildungsbegriffes auf die Anforderungen wirtschaftlicher, wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Dynamik nicht mehr adäquat reagiert werden kann.
Tatsächlich versperren die mit diesem Begriff verbundenen Sicht- und Vorgehensweisen bezüglich des Inhaltes, der angemessenen Instrumente und der Nutzungsbedingungen von Bildungsvermittlung vielen Bevölkerungsgruppen von vornherein den Zugang
auch schon zu elementaren Bildungsformen. Ein derartiges Versagen kann sich aber
eine moderne Gesellschaft, deren Fortbestand und Wohlstand direkt vom vernünftigen Umgang mit Bildung und Wissen abhängt, nicht leisten. Denn der systematische
Ausschluss bestimmter Gruppen aus diesem Bereich äußert sich nicht nur in niedrigen
Zugangszahlen zu höheren Bildungsinstitutionen, sondern beeinträchtigt mittelfristig
auch beispielsweise den Fachkräftenachwuchs, zieht erhebliche fiskalische Belastungen nach sich und gefährdet nicht zuletzt den sozialen Frieden.
5
Die PISA-Studie verdeutlicht u.a. die völlig unzureichende Teilhabe von jungen Migranten am Bildungsprozess. Um diese Migrantengruppen stärker einzubeziehen, führen Appelle an Disziplin und Eigenverantwortung ebenso wenig zum Ziel wie primär
finanzielle Anreize – zumindest, solange sie nicht in ein neues, offeneres und früher ansetzendes Konzept der Bildungsvermittlung eingebunden werden. Der Kern des
Problems liegt jedoch offenkundig im Fehlen auch schon der grundlegendsten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Integration von Kindern mit Migrationshintergrund in
das deutsche Bildungssystem. Erst wenn eine entsprechende Basis etabliert ist, kann
sinnvoll an Eigenverantwortung, Disziplin und "rationale" Investition in das eigene
Humankapital appelliert werden.
Zu diesem Zweck muss zunächst der Bildungsbegriff um die der eigentlichen Bildungstätigkeit, der vorgängigen Wertvorstellungen und der grundlegenden Handlungsmuster erweitert werden. Es handelt sich bei näherer Betrachtung jedoch nicht um einzelne Vorstellungen, sondern vielmehr um die für Individuen in sich stimmige und sich
wechselseitig stützenden Ensembles von Wahrnehmungsschemata, aber auch Denkund Handlungsschemata. Derartige Ordnungsmuster, die der Soziologe Pierre Bourdieu mit dem Begriff des "Habitus" analysierte, sind je nach sozialer Schicht oder
Milieu sehr unterschiedlich ausgeprägt.
Daraus folgt, dass bei dem Bemühen um Bildungsvermittlung an sogenannte bildungsferne Personengruppen möglichst direkt an ihre Wahrnehmungsschemata angeknüpft
werden muss, um in einem nächsten Schritt die in diesen Strukturen verankerten Barrieren zu überwinden. Es gilt somit Maßnahmen zu entwickeln, die unter Berücksichtigung des jeweiligen Habitus zunächst einen Zugang zur Zielgruppe schaffen, um nachfolgend positive Einstellungen gegenüber der Bildungsaktivität zu generieren. Erst auf
dieser Grundlage hat ein Bildungsangebot überhaupt eine Chance, angenommen zu
werden. Die Entwicklung eines solchen "Low-Level-Entry-Maßnahmentypus", der die
Zugangsschwelle zur Bildung absenkt, indem er sich auf die Veränderung von Schemata richtet und damit erst einen Zugang zur Bildung eröffnet, steht im Zentrum des
Forschungsprojekts "Einsatz Neuer Medien zur Verbesserung der Bildungs- und Ausbildungsfähigkeit für türkische Jugendliche in Baden-Württemberg", finanziert vom
Sozialministerium Baden-Württemberg aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds.
Im Rahmen dieses Projekts wurde prototypisch anhand der Zielgruppe der türkischen
Jugendlichen eine derartige Vorgehensweise erarbeitet. Die Teilhabe dieser Zielgruppe
an Bildung ist in Baden-Württemberg wie in der gesamten Bundesrepublik Deutschland unterdurchschnittlich ausgeprägt und war in den vergangenen Jahren sogar rückläufig. Vor diesem Hintergrund kann die wirtschaftliche und soziale Integration nicht
in gewünschtem Maße erfolgen.
6
Daher stellt sich die Frage, auf welchem Weg der Zugang zu türkischen Jugendlichen erfolgen kann. Das Medium Fernsehen erscheint dafür geradezu prädestiniert.
Liegt die Fernsehnutzung bei der deutschen Bevölkerung bei ca. drei Stunden pro Tag,
so sehen Türkinnen und Türken1 in Deutschland täglich durchschnittlich nahezu fünf
Stunden fern. Dabei wird das deutsche Fernsehen von der türkischen Bevölkerung in
erster Linie als Unterhaltungsmedium genutzt. Das ebenfalls konsumierte Fernsehen
aus der Türkei wird dagegen von der Nachrichtenrezeption dominiert. Weiter weist das
Nutzungsprofil der türkischen Bevölkerung starke Unterschiede zwischen den Altersgruppen auf: Während bis kurz vor dem 30. Lebensjahr die ausschließliche Nutzung
deutschsprachiger Medien vorherrscht, steigt die Nutzung lediglich türkischsprachiger
Medien bei Personen ab 40 Jahren deutlich an.
Entsprechend muss sich das Low-Level-Entry-Instrumentarium an den Möglichkeiten
orientieren, die die deutsche TV-Unterhaltung für ein solches Vorhaben bietet. Ähnlich wie bei deutschen Jugendlichen rangieren Actionfilme, Daily Soaps und (Pop)Musiksendungen bei der Zielgruppe auf der Hitliste ganz oben. Ist der Einfluss häufig
konsumierter Sendungen auf die Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsschemata bei
Jugendlichen auch überdeutlich, so erfolgte bislang kein gezielter Einsatz dieser Unterhaltungsgenres für Bildungszwecke in Deutschland, und nach unseren Recherchen
auch lediglich sehr rudimentär in der Europäischen Union. Mit dem Konzept, dessen
Ziel es ist, diese Vermittlungsprozesse zu erschließen, um etablierte Konventionen zu
verändern bzw. alternative Werte zu generieren, betritt das ZKM Neuland. Dabei wird
auch deutlich, dass der enge Horizont der traditionellen Bildungsvermittlung erweitert
werden muss und anstelle einer expliziten Erläuterung (mit sprichwörtlich erhobenem
Zeigefinger) eher auf implizit wirkende und in die Lebenswelt der Jugendszene integrierte Inhalte abzuzielen ist.
Welch enormes Potential eine niedrigschwellige Bildungsvermittlung durch TV-Unterhaltungssendungen birgt, wird durch eine Studie aus dem Londoner Southall belegt.
Am Beispiel der pakistanischen Migrantengruppe untersucht die Autorin Marie Gillespie die Entstehung einer britisch-asiatischen Identität. Dabei zeigt sie, wie sich
durch die Auseinandersetzung mit den Traditionen der Elternkultur, durch die Einbindung in eine Peergroup und die im Wesentlichen über das Fernsehen vermittelte
britische Lebensweise eine Doppelexistenz ausbildet, die beide Lebensorientierungen
enthält. Die von Gillespie erzielten Befunde sind grundsätzlich auf die Situation in der
Bundesrepublik Deutschland übertragbar. Auch hier vermittelt jugendorientierte TVUnterhaltung identitätsstiftende Werte und prägt damit bestimmte Einstellungen, so
1 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit und Vereinfachung wird im Folgenden auf die Nennung der
weiblichen Form verzichtet, dennoch beziehen sich die Ausführungen selbstverständlich sowohl auf Frauen als auch auf Männer.
7
z.B. gegenüber dem Absolvieren einer Berufsausbildung oder dem Lesen. Entscheidend ist dabei der Umstand, dass diese Prozesse bislang lediglich unter der Hand und
oftmals in sozial unerwünschter Form, so z.B. in der Vermittlung von Klischees, ihre
Wirkung entfalteten, aber noch nicht in einer reflektierten und zielorientierten Weise
in Gang gesetzt wurden.
Vor diesem Hintergrund erscheint es geradezu zwingend, den entscheidenden Einfluss
der Fernseh-unterhaltung auf die Ausbildung grundlegender Verhaltensorientierungen
nicht dem Zufall oder dem kommerziellen Interesse von Privatsendern zu überlassen,
sondern diesen Prozess von öffentlicher Seite aus auf der Grundlage wissenschaftlich
fundierter Forschung gezielt zu unterstützen. Die weitgehend ungebrochene Tradierung des vermeintlichen Gegensatzes von Unterhaltung und Bildung, wie insbesondere
in der deutschen Kultur verankert, verhinderte bislang bereits das Gedankenspiel mit
der Erschließung solcher Möglichkeiten. Nun geht es jedoch nicht darum, das Konzept der unterhaltenden Wissensvermittlung, das in den 90er Jahren als "Infotainment"
im großen Stil die Erwachsenen erreichte, einfach zu übernehmen. Ebenso wenig geht
es darum, ein spezifisches Angebot ausschließlich für Jugendliche zu entwerfen. Das
Ziel von neu zu entwickelnden Programmkonzepten besteht vielmehr darin, die Orientierungsmuster, welche die Grundlage für den eigentlichen Bildungsprozess bilden,
intelligent in eine interessante und somit unterhaltsame Handlung zu integrieren. Die
türkische Jugendkultur in Deutschland bietet eine große Materialfülle für derartige
Storys, die nicht nur junge Türkinnen und Türken, sondern auch deutsche Jugendliche
fesseln können.
Der aufgezeigte Weg könnte letztlich dazu beitragen, den von Bourdieu als "Schicksalsliebe" – amor fati – bezeichneten Mechanismus der Perpetuierung einmal entstandener Deutungsmuster aufzubrechen und Jugendliche für Bildung zu gewinnen. Dabei
sollten in den nächsten Schritten der Projektarbeit die Erfahrungen im Kontext der
Entwicklung neuer Formate und Programmorientierungen des Unterhaltungsfernsehens für die Integration von jugendlichen Migranten als prototypische Erfahrungen für
weitere Zielgruppen analysiert werden. Insgesamt könnte mit der skizzierten Vorgehensweise in den nächsten Jahren ein genereller Zugang zur Einbindung aller Bevölkerungsgruppen in die Wissensgesellschaft entwickelt werden.
Im vorliegenden Bericht werden die angesprochenen Aspekte, von der Ausgangssituation der Integration der Migranten, über die Rolle der Medien in diesem Prozess, weiter
über die Darstellung der Situation der türkischen Bevölkerung und ihrer Mediennutzung anhand der statistischen Daten dahingehend analysiert, dass die Perspektiven des
Internets und vor allem des Fernsehens sichtbar werden. Anhand von Beispielen aus
dem Ausland werden Vorschläge zur Gestaltung bzw. zur Entwicklung neuer Formate
erarbeitet.
8
Im separat eingereichten "Prozessbericht" zum Projekt wurde ergänzend der Teil der
Forschungsarbeit dokumentiert, der die Beratung gegenüber Sendeanstalten und Produktionsfirmen sowie die Vorbereitung der Soap Opera unter dem Titel "Zwei Welten"
betrifft. Jene Arbeit trägt den Titel "Prozessbericht", weil sie den Gang der Projektarbeit dokumentiert und ebenso aufzeigt, welche Schritte im Anschlussprojekt 2003/2004
unternommen werden sollen. Die wissenschaftlichen Grundlagen für den Prozessbericht sind in der folgenden Untersuchung zusammengeführt.
Der vorliegende Forschungsbericht ist die aktualisierte Fassung eines vorläufigen Arbeitsberichts aus dem Jahr 2002. An der Überarbeitung haben mitgewirkt: Olga Artes,
Vanessa Diemand, Christina Lindner und Eduard Schäfers. Ihnen sei herzlich gedankt
für ihre tatkräftige Unterstützung.
Innovative Vorhaben werden allenthalben eingefordert. Jeder der mit ihrer Entwicklung und Umsetzung Erfahrung hat, weiß jedoch, dass sie stets auf "natürliche Widerstände" treffen, bedeuten doch Neuerungen jeglicher Art immer auch ein Überwinden
von Gewohnheiten und institutionellen Beharrlichkeiten. Die Förderrichtlinien des Europäischen Sozialfonds ermöglichten die Forschungsarbeit der Autoren, obwohl sich
die Forschung im Rahmen des Projekts in keine der etablierten Fachdisziplinen einordnen lässt. Mit der Unterstützung von einer Reihe engagierter Vertreter im Sozialministerium Baden-Württemberg erhielten die Autoren die Gelegenheit, die Grundlagen für
neue Wege der Schaffung von Bildungsvoraussetzungen zu entwickeln. Unser Dank
ist daher nicht der konventionelle und mehr oder weniger pflichtgemäße Dank an die
Förderer. Denn die Mitarbeiter des Sozialministeriums haben maßgeblich dazu beigetragen, dass der vorliegende Bericht und darüber hinaus auch ein neues Konzept zur
Integration jener Bevölkerungsgruppen in die Wissensgesellschaft entstehen konnte,
die die breite Basis der Bevölkerungspyramide darstellen. In diesem Sinne danken wir
den Mitarbeitern des Referats 22 im Sozialministerium Baden-Württemberg sehr herzlich: Albert Bonnet, Werner Fingerle, Robert Hahn, Rolf-Dieter Krey und Dr. Joachim
Kohler unterstützten die Projektarbeit von der Anfangsphase an, für die Möglichkeit
der Fortführung der Arbeit danken wir sehr herzlich Ursula Jäger und Dr. Frank Wiehe.
9
10
Kapitel 2
Migration, Integration und Neue
Medien
2.1 Einleitung
Nachdem das Zuwanderungsgesetz am 09. Juli 2004 im Bundesrat die letzte parlamentarische Hürde genommen hat, werden die neuen Regelungen zum 01. Januar 2005 in
Kraft treten. Die Verabschiedung verdeutlicht einen erzielten gesellschaftspolitischen
Hauptnenner, auf den sich die Parteien geeinigt haben. Es gilt nun die erreichte Gemeinsamkeit in möglichst wirkungsvolle Maßnahmen umzusetzen.
Voraussetzung wirkungsvollen Handelns ist jedoch eine klare Bestimmung der Zielsetzung und der zur Verfügung stehenden Mittel für ihre Erlangung. Auf der Grundlage
einer differenzierten Problemanalyse und einer klaren Zielorientierung können auch
unter den gegenwärtig erschwerten Bedingungen, zu denen insbesondere die Anspannung der öffentlichen Haushalte zu zählen ist, intelligente Lösungen entwickelt und
effizient eingesetzt werden. Zur Zielorientierung gehört insbesondere eine inhaltliche
Bestimmung der Integration der Einwanderer in Deutschland.
Ein gehaltvoller Begriff der Integration kann sich nicht in einem restringierten Sinn
auf eine bloße formale Eingliederung von Einwanderern in die institutionellen Teilbereiche der Gesellschaft beschränken. Es geht vielmehr um einen doppelten Prozess,
innerhalb dessen Migranten Veränderungen aktiv mittragen müssen und in dem gleichzeitig die Aufnahmegesellschaft ihrerseits Bedingungen schaffen muss, um jene Veränderungen überhaupt zu ermöglichen. Integration ist in diesem Sinn ein wechselseitiges Unterfangen. Der eine Teil des Prozesses bezieht sich auf Veränderungen im
Sinne einer Akkulturation, mittels derer zentrale Werte einer Gesellschaft seitens der
Migranten übernommen werden und deren Kern Verfassungsgrundwerte bilden. Blo11
ße Verfassungsmäßigkeit, so wichtig diese Grundlage auch ist, reicht jedoch nicht aus,
um den Prozess einer wirklich umfassenden Teilhabe in allen Lebensbereichen der Gesellschaft in Gang zu setzen. Sie ist gebunden an die Übernahme zusätzlicher Werte,
ohne dass dabei der Übernahmeprozess zugleich in eine vollständige Anpassung im
Sinne einer Assimilation übergehen muss. Von diesen zusätzlichen Werten sind innerhalb einer stark auf Erwerbstätigkeit und Leistung gerichteten Gesellschaft jene fraglos
besonders bedeutsam, die den Bildungsaktivitäten zugrundeliegen. Bildung wird hier
verstanden im ganz basalen Sinn einer reflektierten Auseinandersetzung mit der sozialen Umwelt, mit dem Ziel ihres Verstehens und somit der Möglichkeit des kundigen
Einwirkens auf sie. Eine derart verstandene Bildung ist die wesentliche Voraussetzung für die Fähigkeit, eigenständige Entscheidungen über die eigene Existenz treffen
zu können. Es geht daher letztlich um die Entwicklung von Fähigkeiten zur Urteilsbildung und damit um die Autonomie des Individuums. Die diesen Fähigkeiten zur
Urteilsbildung zugrundeliegenden Wertvorstellungen werden in unterschiedlichen Lebensbereichen vermittelt, wobei dem familialen und innerhalb eines sozialen Milieus
erfolgenden Vermittlungsprozessen eine vorrangige Bedeutung zukommt. Hohe Bedeutung kommt im Weiteren den schulischen und medialen Vermittlungsprozessen zu.
Besonders wirkungsvoll sind die Vermittlungsprozesse, wenn durch mehrere wichtige Lebensbereiche korrespondierende Vorstellungen dargeboten werden. Ein wesentliches Ergebnis der nachfolgenden Darstellung vorwegnehmend kann jedoch konstatiert
werden, dass die Veränderung von einmal etablierten Wertvorstellungen und kulturellen Deutungsschemata durch keinen anderen Vermittlungsweg innerhalb so kurzer Zeit
und so nachhaltig erfolgen kann, wie durch das Fernsehen. Ein basaler Aspekt sozialen
Wandels – der Wandel von Wertvorstellungen und der darauf gründenen Handlungsorientierungen – ist offenkundig stark von medialen Prozessen abhängig. Wünschenswerte Veränderungen auf der Ebene der Wertvorstellungen und der Deutungsschemata,
die nicht nur für Bildungsaktivitäten relevant sind, können daher über die Medien und
insbesondere über das Fernsehen induziert werden.
Der Wandel von Wertvorstellungen läuft jedoch weitgehend ins Leere sofern nicht zugleich Bedingungen geschaffen werden, unter denen die Individuen ihre geänderten
Handlungsorientierungen erfolgreich umsetzen können. So können veränderte Wertvorstellungen, die wiederholt auf unveränderliche strukturelle Gegebenheiten treffen,
nach längerer Zeit erfolglosen Bemühens, in gesellschaftlich äußerst kritische soziale
Schließungstendenzen münden. Mit anderen Worten: Wenn Migranten bestrebt sind,
die offenkundig zur gesellschaftlichen Integration und damit zur Anerkennung erforderlichen Handlungsmuster der Aufnahmegesellschaft zu übernehmen, ohne dass
dies auf Erfolg stößt, ist eine soziale Abschottung und gleichzeitig eine Rückwendung
auf die angestammten Werte und Handlungsorientierungen der Migranten sehr wahr12
scheinlich. Nicht gratifizierte Verhaltensänderungen kippen dann um in nur noch sehr
schwer zu kontrollierendes soziales Handeln mit dem geradezu dramatischen Aspekt
einer hohen Beständigkeit, wenn nicht der Irreversibilität. Es gibt Hinweise darauf,
dass sich in der Bundesrepublik Deutschland eine derartige soziale Schließung zumindest teilweise bereits vollzogen hat. Es gilt daher möglichst schnell, diesen Prozessen
entgegenzuwirken.
Virulentester Mangel und zugleich wichtigster Ansatzpunkt des Handelns ist der bereits genannte Bildungsbereich, genauer gesagt, die Chance auf Teilhabe an Bildung
und damit an regulärer Beschäftigung. Sie ist aus sozialen Gründen prioritär, da sie
die eigenständige und letztlich auf die eigenen Kräfte sich stützende Integration beinhaltet. Sie ist gleichzeitig aus wirtschaftlichen Gründen außerordentlich bedeutsam,
da eine erfolgreiche Bildungsbeteiligung einen wesentlichen Beitrag zur Bewältigung
der Fachkräftelücke in der Bundesrepublik Deutschland zu leisten vermag. Das zusammenwirken sozialer und wirtschaftlicher Faktoren könnte ausreichende Impulse
für Veränderungen im Bildungsbereich bewirken. Der vorliegende Forschungsbericht
möchte hierzu einen Beitrag leisten.
Ziel der Arbeit ist es daher – ausgehend von der expliziten Darlegung der Problematik
der Bildungs- und Ausbildungschancen türkischer Jugendlicher – praktiable Lösungsansätze zur Verbesserung dieser Situation zu liefern. Der Forschungsbericht wendet
sich der Darstellung eines prototypischen Lösungsansatzes anhand der türkischen Migranten zu, da sie den größten Anteil der in Deutschland ansässigen Ausländer ausmachen. Die im abschließenden Kapitel angeführten Konzepte für eine integrationsstiftende Praxis basieren auf einer langfristigen Werte- und Bildungsvermittlung über
die Unterhaltungsmedien und eröffnen die Möglichkeit, einer wechselseitigen Veränderung der Einstellungen von Migranten sowie seitens der Mitglieder der Aufnahmegesellschaft.
Im Zentrum steht daher die Rolle der Medien im Kontext der gesellschaftlichen Integration. Auf der Grundlage empirischer Befunde der in Baden-Württemberg lebenden türkischen Bevölkerung bezüglich ihrer demographischen, kulturellen und sozialen Aspekte sowie den Ergebnissen bezüglich der türkischen Mediennutzung werden Schlussfolgerungen für eine zukunftsweisende Integrationspraxis dargestellt. Die
Möglichkeiten einer medialen Integrationspraxis werden durch die Beispiele einer
edukativen Soap Opera und des Internets als Akkulturationsinstrument konkretisiert.
13
2.2 Die Rolle der Medien im Kontext gesellschaftlicher Integration
Sowohl Integrationspolitik, die gesellschaftliche Aufklärung über Migrationsverhältnisse als auch die Migranten selbst, ihre Beziehungen zur Aufnahmegesellschaft sowie
die Beziehungen zu ihrer Heimat sind grundlegend auf eine differenzierte Medienpraxis angewiesen. So lässt sich zeigen, dass über die Entwicklung der heutigen Medienlandschaft die gesellschaftliche Integration und die modernen Medien essentiell
miteinander verknüpft sind. Es kann davon ausgegangen werden, dass der Integrationsgrad eng mit der individuellen Mediennutzung zusammenhängt, eine Hypothese,
die in Kapitel 3.2 näher betrachtet wird. Ein ausgeprägtes Informationsbedürfnis des
Individuums gegenüber seinem Lebensumfeld weist auf eine entsprechend intensive
Einbindung hin. Die Rolle der Medien im Kontext der gesellschaftlichen Integration
gibt daher offenkundig Auskunft über den Stand der Integration. Dies bedeutet auch,
dass der Prozess der Eingliederung fortschreitet, sofern es gelingt, die Migranten an
die deutschen Medien zu binden, was jedoch nicht mit dem Verlust der Bindung an
die Medien des jeweiligen Herkunftslandes einhergehen muss. Eine Reihe weiterer
Zusammenhänge, wie z.B. die Bedeutung der Medien für eine zukunftsweisende Beschäftigung, verdeutlichen die besonders wichtige Stellung der Medien im Prozess der
Integration von Migranten in die Aufnahmegesellschaft.
2.2.1 Medienlandschaft und Mediennutzung im Umbruch
Die Medien nehmen in der aktuellen gesellschaftlichen Entwicklung vielfältige Rollen
ein. Es lassen sich mindestens eine inhaltsbezogene und eine ökonomische Dimension unterscheiden. Zum einen stehen die Informations- und Unterhaltungsstrukturen
sowie die Bereitstellung von Partizipationsmöglichkeiten und der Ausbau einer dynamischen demokratischen Öffentlichkeit im Vordergrund. Zum anderen präsentiert
sich der Bereich der Medien, gerade auch durch den Entwicklungsschub in den Informationstechnologien, der Alltagsintegration des PC’s und der Internetnutzung, als ein
äußerst innovationsstarkes, sich schnell ausdifferenzierendes Berufsfeld.
2.2.1.1
Die Veränderung der medialen Informations- und Unterhaltungskultur
Die zentrale informations-, unterhaltungs- und öffentlichkeitsbezogene Rolle der Medien lässt sich anschaulich skizzieren, indem man die Erhebungen des durchschnittlichen Freizeitverhaltens der Bevölkerung betrachtet. Dabei wird sichtbar, dass die
sozialwissenschaftliche Beschreibung unserer Gesellschaft als eine wesentlich medial
14
geprägte Gesellschaft ihre Berechtigung hat. Die Medien, insbesondere das Fernsehen
und neuerdings auch die Arbeits- und Freizeitbeschäftigung mit dem PC, nehmen im
Tagesverlauf der meisten Menschen einen ganz erheblichen Raum ein.
Das Ausmaß der medialen Durchdringung der heutigen Alltagswelt lässt sich anhand
folgender ausgewählter Zahlenbeispiele aufzeigen: So verfügten im Jahr 2002 von 38,7
Mio. Haushalten in Deutschland1 36,35 Mio. über ein Fernsehgerät. Zusätzlich stand
schon vor fünf Jahren in zwei Dritteln der Wohnungen ein Videogerät, mit dem sowohl
Fernsehsendungen aufgenommen als auch Leihkassetten mit Kinofilmen abgespielt
wurden. Mehr als 50 % der Haushalte sind mit einem Kabelanschluss versorgt, 38 %
der Fernsehhaushalte verfügten im Jahr 2002 über eine Satellitenempfangsanlage, so
dass die meisten Menschen einen tatsächlichen Zugriff auf das breite Angebot und die
Vielfalt der Anbieter haben.2
Das Ausmaß der tatsächlichen Mediennutzung zeigt sich in den Daten zum Zeitbudget
der Zuschauer. So liegt die durchschnittliche Sehdauer in Deutschland für das Fernsehen im Jahr 2002 bei 198 Minuten pro Tag, also bei über drei Stunden täglich. Zieht
man die gesamten Nutzungszeiten der audiovisuellen Medien inklusive Hörfunk, Video, Tonträger sowie die PC-Nutzung zusammen, so ergibt sich im Jahr 2002 eine
durchschnittliche Gesamtdauer von 439 Minuten.3 Es ist somit ein Quantum von über
sieben Stunden massenmedialer Rezeption pro Tag beobachtbar, während man beispielsweise mit personaler Kommunikation von Mensch zu Mensch im Durchschnitt
lediglich eineinhalb Stunden täglich verbringt.4
Wenn wir also heute von Kultur oder auch von Alltagskultur sprechen, meinen wir
vor allem eine mediendurchzogene Kultur oder kurz: Medienkultur. Konsum ist in der
medialen Gesellschaft entweder Medienkonsum oder aber ein mediengeleiteter und
-gestützter Konsum, denn die medialen Angebote sind ständig von Werbebotschaften aller Art durchzogen. Private Sendeanstalten dürfen nach den Regeln der Rundfunkstaatsverträge nahezu immer, die öffentlich-rechtlichen Anstalten zumindest bis
20 Uhr Werbung schalten. Darüber hinaus sind zahlreiche Sendungen zusätzlich gesponsert. Die vielen Werbesendungen, aber auch die im normalen Programm laufenden Magazine und Filme bieten täglich Modelle sozialer Identität, Lebensstile und
Verhaltensmuster. Diese Bildwelten beeinflussen Einstellungen und Wahrnehmungen
der Zuschauer im Alltag, also auch das, was er begehrt und was er sich unter einer
gelungenen Existenz vorstellt.
Mit der Einführung des dualen Rundfunksystems in Deutschland im Jahre 1984, das
1 Statistisches
Bundesamt 2003: S. 9
Perspektiven Basisdaten 2002: S. 6f
3 Ebenda: S. 68
4 Vgl. hierzu Dichanz 1998; Kiefer 1999
2 Media
15
nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes ein geregeltes Nebeneinander von
öffentlich-rechtlichen und privaten Anbietern ermöglicht, ist die Unterhaltung zum beherrschenden Element der Medienkultur geworden.5 War das Fernsehen zuvor eine
quasi-staatliche Institution, so hat sich seither eine Entwicklung herausgebildet, infolge derer alle Sender ständig um Quoten- und Marktanteile konkurrieren müssen. Dieser Kampf um die Vorreiterrolle auf dem Fernsehmarkt hat dazu geführt, dass die vom
Publikum hauptsächlich nachgefragten Unterhaltungsformate einen großen Anteil in
der Programmstruktur der privaten, aber zunehmend auch der öffentlich-rechtlichen
Medienanstalten ausmachen. Der zur Bertelsmann-Gruppe zählende Marktführer RTL
sendete im Jahr 2001 beispielsweise nicht weniger als 32 % fiktionale Unterhaltung,
Filme und Serien, und 19 % nichtfiktionale Unterhaltungsshows; demgegenüber aber
nur 20 % Informations- und Bildungssendungen. Bei dem vor allem beim jüngeren
Publikum beliebten Sender ProSieben der Kirch-Gruppe fanden sich im gleichen Zeitraum 47 % Filme und Serien sowie 15 % Unterhaltungsshows bei insgesamt knapp
15 % Informationssendungen. Dabei muss zusätzlich berücksichtigt werden, dass die
Privaten in ihren Informationsformaten vor allem auf ”Infotainment” und "human
touch" Angebote setzen, ein weiteres Indiz für die Allgegenwart der Unterhaltung.
Bei der ARD sehen die Zahlen etwas anders aus: Auf Informationsprogramme entfallen hier etwa 40 %, während die fiktionale Unterhaltung in Filmen und Serien 29 %
und die Shows ca. 9 % ausmachen.6
Allerdings muss eingeräumt werden, dass die beobachtbaren Konvergenzbewegungen
zwischen öffent-lich-rechtlichen und privaten Angeboten nicht immer zu Lasten der
Qualität gehen. So haben Sender wie RTL durchaus ihre Maßstäbe für eigene Produktionen, insbesondere für die mit großem Aufwand hergestellten TV-Filme, zunehmend
höher angesetzt. Es lässt sich also keine einfache Verfallsgeschichte aufzeichnen, sondern die Diversifizierung eines Marktes beobachten, auf dem schließlich neben n-tv
und dem öffentlich-rechtlichen Ableger Phoenix im Januar 2000 mit N24 ein weiterer
Nachrichtenkanal die Arbeit aufgenommen hat.
Obwohl die meisten privaten Fernsehanbieter bis zur Jahrtausendwende ihre Anlaufverluste noch nicht wieder ausgleichen konnten – lediglich RTL als europaweit größter Werbeträger und ProSieben arbeiteten in diesem Zeitraum gewinnbringend – stellt
sich der TV-bezogene Medienmarkt als ausgesprochene Wachstumsbranche dar. Mit
immerhin ca. 12.000 Beschäftigten Ende der 90er Jahre ist hier durchaus ein relevanter
Wirtschaftsfaktor vorhanden.7
Im Zuge dieser Entwicklung wurden die Medien schließlich auch für den Bereich der
5 Pfetsch
1991
Perspektiven Basisdaten 2002: S. 23
7 Meyn 1999
6 Media
16
Bildungs- und Politikvermittlung genutzt.8 Der Aufstieg einer breit differenzierten Unterhaltungskultur ins Zentrum der modernen Gesellschaft hat auch das Interesse der
Politik geweckt, gerade durch die Medien kann sie die politikverdrossenen und desinteressierten Wähler in ihrer Rolle als Fernsehzuschauer noch erreichen. Im Gegenzug haben die Unterhaltungsmacher zunehmend auf politische Akteure, Themen und
Geschehnisse zurückgegriffen, um ihre Bildwelten anschaulich und realitätsnah zu gestalten. Weiterhin präsentiert sich eine stetig steigende Zahl von Bildungsformaten in
der Form reiner Unterhaltungssendungen.
Die 90er Jahre wurden so auch in Deutschland zur Epoche der Entwicklung des "Edutainment" und des "Polittainment". In diesem Sinne ist es durchaus nicht überzogen,
in der Omnipräsenz medial inszenierter Unterhaltungsangebote ein wesentliches Charakteristikum der Gegenwartsgesellschaft zu sehen.
Um den Begriff der Unterhaltung explizieren zu können, werden im Allgemeinen Gegenbegriffe verwendet. So greift man im Bereich der Medien- und Kommunikationswissenschaft traditionellerweise auf die Dichotomie "Unterhaltung" versus "Information" zurück. Dieser konstruierte Gegensatz dient auch heute noch dazu, in der Diskussion über das duale Rundfunksystem die Qualität der öffentlich-rechtlichen Anbieter
im Informationssektor gegenüber den unterhaltungsorientierten Angeboten der Privaten zu betonen.
Bei näherer Betrachtung der Medienrealität wird hingegen deutlich, dass diese Grenzziehung sich nicht mehr eindeutig vollziehen lässt. Gerade in der Medienkultur unserer Gegenwartsgesellschaften wird Information zunehmend in unterhaltend inszenierten Rahmungen, als "Infotainment" oder "Dokutainment" dargeboten.9 Damit Informationsangebote auf dem Medienmarkt ihre Zielgruppe erreichen, müssen ästhetisch
ansprechende Gestaltungen dabei ebenso berücksichtigt werden wie beispielsweise
Elemente der Spannungsdramaturgie. Keine Nachrichtensendung kann heute das Publikum mit dem bloßen Vorlesen von Meldungen an sich binden, sondern benötigt
insbesondere zur Veranschaulichung abstrakter Sachverhalte eingängige Grafiken und
Computeranimationen.
Aber nicht nur die Präsentationstechnik hat sich geändert, auch bei der Auswahl der
Themen und Gegenstände findet die Unterhaltungswelt immer stärker Berücksichtigung. Das gilt insbesondere für den Bereich des Sports, der heute sogar zu einem
festen Bestandteil der traditionellen Tagesschau geworden ist. Zudem finden Berichte
über Prominente verstärkt Eingang in die klassischen Nachrichtensendungen.
Neben diesen internen Veränderungen ist die Herausbildung von offenbar neuen Gen8 Sarcinelli
9 Wittwen
1998; Hoffmann/Sarcinelli 1999
1995; Nieland/Schicha 2000
17
res zu beobachten, die die traditionellen Grenzen zwischen Information und Unterhaltung problemlos überschreiten. Ein Beispiel dafür sind die in den 90er Jahren entstandenen "Doku-Soaps", die zuerst bei der BBC entwickelt und dann schnell von zahlreichen anderen europäischen Sendern aufgegriffen wurden. In der "Doku-Soap" finden
zwei Formate zueinander, die als geradezu klassische Vertreter ihres jeweiligen Sektors gelten können: Einmal der "Dokumentarfilm", der Realität möglichst authentisch
und genau abbilden will, und die "Soap Opera", die mit dem Anspruch auf alltagsrealitätsnahe Unterhaltung frei erfundene Geschichten erzählt. Die "Doku-Soap" nun sucht
die Geschichten direkt in der Wirklichkeit auf, verarbeitet und präsentiert sie aber mit
den dramaturgischen Mitteln der Unterhaltungsserie.
Auf der anderen Seite der Medienentwicklungsprozesse werden durch klassische Unterhaltungssendungen durchaus Informationen vermittelt. Dies gilt etwa für die neuerdings an Publikumserfolg kaum noch zu überbietenden Quizshows, die immer auch
den pädagogischen Anspruch auf Bildungsvermittlung erheben.
Vor allem werden jedoch in Spielfilmen und Serien eine Vielzahl an Kenntnissen über
psychische Mechanismen und soziale Zusammenhänge vermittelt, die von den Zuschauern unbewusst benutzt werden, um Probleme der eigenen Alltagswelt zu reflektieren, zu begreifen und besser in den Griff zu bekommen. Beispielsweise wie sich
innerhalb der Familie Generationsprobleme lösen lassen, wie man als alleinerziehende
Mutter besser ein unabhängiges Leben realisiert, welche Möglichkeiten es gibt, um
eine in die Lieblosigkeit geratene Zweierbeziehung wiederzubeleben – auf diese und
viele weitere Fragen wissen die fiktionalen Welten der Fernsehunterhaltung Antworten
zu formulieren, die vom Publikum durchaus als realitätsrelevant angesehen werden.10
In der auf diese Weise medial geformten Gesellschaft sind die Medien zur zentralen Infrastruktur der Kommunikation geworden. Das erste Spezifikum massenmedialer
Kommunikation besteht darin, dass die Zugänglichkeit von Nachrichten, Informationen oder auch Bildern für potentiell jeden Bürger gewährleistet wird. Die Reichweite
des politischen Diskurses ist insbesondere mit den elektronischen Medien so stark erweitert worden, dass selbst die aktuellsten Nachrichten innerhalb kürzester Zeit von
verschiedenen Menschen aufgenommen werden können.
Das zweite damit eng zusammenhängende Charakteristikum liegt in einer Veränderung der raum-zeitlichen Ordnung von Kommunikation. Raumgrenzen können mittels
moderner Technologie mühelos überwunden werden, und die Mediennutzer werden in
die Lage versetzt, in ihrem eigenen Wohnzimmer an einem wichtigen Ereignis irgendwo in der Welt teilzunehmen. Der Erfahrungsraum des Einzelnen ist auf diese Weise
erweitert, die Komplexität des alltäglichen Lebens immens gesteigert worden.
10 Kepplinger/Tullius
1995
18
Darüber hinaus haben sich mit der Internationalisierung der Medienprogramme auch
die Räume des kulturell Selbstverständlichen verändert. Ein deutscher Zuschauer wird
über die Kino- und Fernsehprogramme mit Bildwelten aus fremden Kulturen und daher auch mit ganz anderen "Normalitäten" konfrontiert. Erfahrungsbeschleunigung
und globale Gleichzeitigkeit sind ein allgegenwärtiges Merkmal der medialen Durchdringung unserer alltäglichen Realität.
Ein weiteres Spezifikum medialer Kommunikation besteht in der eingeschränkten bzw.
verzögerten Entgegnungsmöglichkeit. Trotz aller neueren Partizipationsmöglichkeiten
bei der Programmgestaltung (etwa im Live-Gespräch) ist die mediale Situation doch
vorrangig eine rezeptive und unterscheidet sich so prinzipiell von der auf Gegenseitigkeit beruhenden Alltagskommunikation.
Diese eingeschränkte Interaktivität der Massenmedien hat aber dennoch – ihrer vielbeschworenen anonymisierenden und vereinsamenden Wirkungen zum Trotz – eine
vergemeinschaftende Wirkung. Auf der Ebene der Anschlusskommunikation geben
die Medien gemeinsame Themen und Kommunikationsanlässe vor. Darüber hinaus ergeben sich die Wirkungen sogenannter virtueller Vergemeinschaftungsprozesse. Die
Medien vermitteln zugleich mit ihren inhaltlichen Angeboten die Gewissheit, dass all
dies auf genau die gleiche Weise auch von einer Vielzahl anderer Personen rezipiert
wird. Man bewegt sich in einem wohldefinierten und geordneten medialen Bezugsraum, der auch von der Mehrzahl der anderen Bürger geteilt und genutzt wird.
Medien sind daher Institutionen, die die sozialen Interaktionen und Kommunikationen
der Gesellschaft tragen und beeinflussen, sie prägen die Elemente und die Struktur, die
Verselbstverständlichung und Veralltäglichung von bestimmten Wahrnehmungs- und
Verstehensprozessen. Daher können Medien auch Initiatoren und Katalysatoren von
Veränderungen sozialer Wahrnehmung sein.11
Was in Deutschland noch neu und fremd anmutet, hat in den USA bereits eine lange
Tradition. Die Unterhaltungskultur war in der amerikanischen Gesellschaft nie in gleichem Maße jenen Verdächtigungen ausgesetzt, die von den europäischen Eliten immer wieder gegen das Populäre vorgebracht werden. Radikale Demokratisierung und
radikale Marktorientierung haben den amerikanischen Unterhaltungsangeboten immer
einen hohen Status an Legitimität zugesichert. Mit der gleichen Selbstverständlichkeit
wurde in vielen Bereichen des sozialen Lebens – einschließlich der Politik – erwartet,
dass sie ihrerseits ebenfalls Unterhaltungsqualitäten aufweisen.
11 Ein Beispiel hierfür ist die Lindenstraße. Hinter der Fassade einer durchschnittlichen, eher traditionellen Mietshauswelt entfaltet sich eine Welt sozialer Brüche, ein Sammelsurium sozialer Beziehungen,
innerhalb deren z.B. homosexuelle Bindungen mit Pflegekindern ausgestattet sind und Trennungen und
neue Bindungen zur Tagesordnung gehören. Nicht mehr die traditionellen Formen konsistenter Lebensführung, sondern eine Realität alternativer Lebens- und Bindungsformen werden hier über die Jahre zur
gesellschaftlichen Normalform verselbstverständlicht.
19
Die USA avancierte mit dem Aufstieg der Massenmedien Film und Fernsehen zur
weltweit führenden Nation im Bereich der Unterhaltungsindustrie. In den Vereinigten
Staaten waren Film und Fernsehen von Beginn an Markenprodukte mit der primären
Zielsetzung der Publikumsgewinnung.
Den strukturellen Umbruch des Fernsehmarktes markierte in den 50er Jahren der Wechsel vom tradierten Sponsoringsystem zum Direktverkauf von Werbezeiten, welche in
die normalen Sendungen eingefügt wurden. Der Werbespot ist so die grundlegende
Determinante eines jeden Programms. Die Sender begannen, Einschaltquoten messen
zu lassen und die Preise der Werbezeiten entsprechend der Größe des erreichten Publikums auszurichten. Das einzige große Ziel aller Angebote, die ins Fernsehen aufgenommen wurden, war nun die Maximierung der Zuschauerzahlen und damit die Steigerung der Werbeeinnahmen. Anspruchsvolle Sendungen wanderten in die Peripherie
der Sendezeiten oder wurden ganz aus dem Programm genommen. Dagegen setzten
sich leicht konsumierbare Unterhaltungssendungen durch, deren Inhalte immer nah
am kulturellen Mainstream liegen mussten.
Mit diesem Prozess der umfassenden Kommerzialisierung, im Zuge derer Werbepreise
von bis zu 900.000 $ für dreißig Sekunden Werbung erzielt wurden, fand auch der
Aufstieg der großen Networks ABC, NBC, CBS und später FOX statt. Diese Anbieter,
die örtliche Fernsehstationen jeweils mit ihrem Material versorgten, beherrschten vor
allem in den 80er und 90er Jahren den Fernsehmarkt nahezu vollständig. Öffentlichrechtliche Anbieter nach europäischem Muster hat es auf dem amerikanischen Markt
nie gegeben.
Die Kommerzialisierung des Fernsehens wurde in den letzten Jahrzehnten von einer Politisierung begleitet – nicht zuletzt deshalb, weil die politischen Parteien und
Kandidaten mittlerweile zu wichtigen Werbekunden der Sender geworden sind. Da es
öffentlich-rechtlich garantierte Werbezeiten für wahlkämpfende Parteien, wie sie in
Deutschland üblich sind, in den USA nicht gibt, müssen sich Politmanager ihre Fernsehzeiten einkaufen. Gegenwärtig werden rund 50 % der gesamten Wahlkampfetats
für Werbespots ausgegeben.
Politische Inhalte und moderne Lebensbewältigung sind aber auch in den fiktionalen
Spielserien des amerikanischen Fernsehens häufig verwendete Sujets. So findet sich
weibliche Emanzipationspolitik beispielsweise in Serien wie Roseanne oder Murphy
Brown, die zeigen, wie Frauen eigenständig ihr Leben zwischen Beruf und Familie
jenseits traditioneller Familienformen gestalten können.
Politik ist in den Serien und Sitcoms omnipräsent, da hier im Produktionsablauf schnell
auf aktuelle Ereignisse reagiert werden kann. In den Simpsons beispielsweise, einer
seit über zehn Jahren erfolgreich im Prime-Time-Programm gesendeten Zeichentrick20
serie, werden humoristisch verpackte kritsche Anmerkungen auf den US-politischen
Apparat und seine Akteure eingebaut.
Festzuhalten bleibt daher, dass die Medienkultur und damit auch die politische Kultur in Deutschland durch die Charakteristika des amerikanischen Marktes nachhaltig
geprägt wurden. Die nach 1945 auf den Markt strömenden amerikanischen Unterhaltungsangebote bewirkten nicht nur eine weitreichende Modernisierung und Verwestlichung der Alltagskultur, sondern formten auch nachhaltig Wertorientierungen und
politische Einstellungen.12 US-Importware dominierte über lange Zeit hinweg nicht
nur die Kinos, sondern auch weite Teile des Unterhaltungsangebotes im Fernsehen.
Serien wie Kojak, Magnum, Dallas oder Denver Clan prägten den deutschen Fernsehalltag. Das Ausmaß der Importe nahm sogar unmittelbar nach der Etablierung des
dualen Rundfunksystems noch drastisch zu, weil die privaten Anbieter sich zunächst
mit billiger US-Ware, insbesondere mit "Soap Operas" und "Sitcoms" eindeckten.
Dieser Trend ist nun zwar seit einigen Jahren rückläufig, da deutsche Eigenproduktionen beim deutschen Publikum inzwischen zunehmend besser ankommen. Dennoch
werden auch diese inländischen Produktionen, wie Spielshows, Quizshows, Commedies, Soap Operas oder Sitcoms fast ausschließlich nach amerikanischen Vorbildern
gefertigt.
Die sich so weiter ausdifferenzierende, um eine Unterhaltungskultur zentrierte Medienlandschaft, lässt sich zudem folgendermaßen charakterisieren: Sie stellt zum einen
ein gemeinsames, übergeordnetes, populär-kulturelles Bezugssystem dar, das etwaigen Tendenzen sozialer Fragmentierung entgegenwirkt. Die Medienkultur hat hier die
Funktion eines übergeordneten Rahmens, sie liefert Gesprächsstoff und gemeinsam
geteilte narrative Strukturen.
Außerdem kommt es in diesem sozialen Raum zu einer partiellen Überschreitung von
Schichtgrenzen: Amerikanische Blockbuster werden von den meisten Gesellschaftsmitgliedern – von Professoren ebenso wie von Angestellten, Arbeitern oder Schülern
– rezipiert, wobei das narrative und bildliche Repertoire in den Alltagsdiskurs integriert wird. Die Erreichbarkeit ist im Rahmen der Unterhaltungsöffentlichkeit größer
als beispielsweise von speziellen Bildungsangeboten, wie z.B. Fortbildungskursen.
Diese Integration in den Alltag hat viele Formen: Sie kann zum einen vom einfachen
themenbezogenen Gespräch bis hin zur aktiven, in Gruppen organisierten Medienrezeption und aktiven Teilnahme an der Gestaltung von Sendungen oder gemeinschaftlich organisierten Protesten reichen.13 Zum anderen stellt die so strukturierte Unterhaltungsöffentlichkeit Orientierungsmuster bereit, schafft die Möglichkeit für einen
12 Bude/Greiner
1999
den USA haben beispielsweise christliche Gruppen mitunter mehr als 10.000 Mitglieder zum
Protest gegen bestimmte Sendungen mobilisieren können. Hier hat sich ein stabiler Zusammenhang von
13 In
21
Konsens oder stabilisiert einen bestehenden. So haben Fernsehserien einen erheblichen Anteil an der Herausbildung eines öffentlichen Meinungskonsenses. Toleranz
gegenüber eigen- oder fremdkulturellen Minderheiten bzw. die Ablehnung von Ausländerfeindlichkeit und Rechtsradikalismus werden in einer Vielzahl von Vorabendserien täglich auf dem Bildschirm reproduziert. Kritisch anzumerken bleibt in diesem
Zusammenhang, dass ein Großteil dieser Formate in erheblichem Maße mit Stereotypen arbeitet und der Einsatz der Wertevermittlung bislang zumeist willkürlich und
ohne die Beratung fundierter Fachkräfte erfolgt.
Unterhaltungskultur in diesem Sinne eröffnet gemeinschaftliche Kommunikationsbereiche, steuert und bündelt Aufmerksamkeit, stiftet orientierungsleitende öffentliche
Meinung, tradiert oder modifiziert politisch-kulturelle Traditionsbestände und bietet
Modelle individueller und kollektiver Identität. Medienunterhaltung stellt für die Gesellschaft einen Raum zur Verfügung, in dem Bestände von kollektiv geteilten Vorstellungen, Werten und Identitätsentwürfen immer wieder neu inszeniert und gefestigt
werden. Dieser Tatbestand lässt sich als Vorhandensein einer primären gesellschaftlich
wirksamen Mediensozialisation bezeichnen.
In der wissenschaftlichen Diskussion ist bislang wenig beachtet worden, was die Durchdringung der Alltagswelt durch die bildgewaltigen Welten unserer Medienunterhaltung
für die Konstitution der demokratischen Öffentlichkeit bedeutet. Traditionell wurde
eher der Niedergang von Öffentlichkeit, beispielsweise von Hannah Arendt, Jürgen
Habermas oder auch von Richard Sennett, diagnostiziert.14 Vor allem Sennetts Ausführungen über die Tyrannei der Intimität haben vor dem Hintergrund einer Medienkultur, in der das klassische öffentliche Räsonnement immer mehr in den Hintergrund
tritt und private Angelegenheiten immer häufiger zum Gegenstand öffentlicher Ausstellung gemacht werden, viel Aufmerksamkeit erregt. Sennetts berühmtes Bild von
der rein rezeptiven "schweigenden Masse" muss jedoch vor dem Hintergrund aktueller
Entwicklungen revidiert werden. Zahlreiche Studien belegen, dass in der die Mediennutzung begleitenden und an sie anschließenden Kommunikation über das, was gesehen und gehört wurde, ausgiebig diskutiert wird.15 In der sozialen Interaktion findet
demnach durchaus im Anschluss an die Medienrezeption eine Meinungsäußerung und
-bildung statt, die auch in politisches und soziales Handeln münden kann.
Überdies finden sich in der gegenwärtigen Medienlandschaft eine Reihe von Sendeformaten, für die die aktive Partizipation des Publikums zu einem konstitutiven Bestandteil geworden ist. Das Spektrum dieser Partizipationsformen beginnt bei rudimentären
medienbezogener öffentlicher Kommunikation und Kontrolle herausgebildet, indem Interessengruppen
aller Art Stellung nehmen, Protest einlegen oder auch Sendungen und Formate positiv unterstützen.
14 Arendt 1960; Habermas 1990; Sennet 1983
15 Dahlgren 1995
22
Formen wie Wunschoptionen für Musiktitel und führt über Fragen und Problemvorträge bis zu Angeboten, die sich hauptsächlich aus Gesprächsanteilen der Zuschauer
zusammensetzen.
Weiterhin wird das Publikum in Talk- und Gameshows beteiligt, da hier der Diskussion
und Mitbestimmung Raum gegeben wird. In politischen Diskussionssendungen ist es
nach dem amerikanischen Vorbild der Electronic Townhall mittlerweile üblich, das
Publikum in Fragen und Kommentaren zu Wort kommen zu lassen.
In diesem Zusammenhang erhält zudem die neue Komplementarität von Fernsehen
und Internet immer mehr Gewicht. Die meisten TV-Angebote haben heute einen interaktiven Internetkanal zum Publikum eröffnet, durch den Anregungen, Fragen und
Kommentare in die mediale Kommunikation eingebracht werden können.
Das Fernsehen steht demzufolge nicht nur aufgrund der internen Konkurrenzstruktur der Sender, der Dualität von öffentlich-rechtlichem Gesellschaftsauftrag und Quotenkampf der Privaten und den zukünftig weiter in den Pay-TV-Bereich reichenden
Differenzierungen, unter starkem Veränderungsdruck, sondern es muss sich auch im
Verhältnis zu den Neuen Medien, insbesondere nach dem Siegeszug des Internets, neu
in der Medienlandschaft verorten und behaupten.
Die gängige Marketingstrategie für PCs arbeitet gewöhnlich mit einem Arsenal von
gesellschaftlichen und kulturellen Fortschrittsutopien und stellt so die Zukunft der gesellschaftlichen Rolle des Fernsehens generell in Frage. Den Werbekampagnen gemäß
erweitern Computer die Kommunikationsmöglichkeiten und vergrößern bzw. verbessern damit die familialen und freundschaftlichen Netzwerke, das demokratische Leben
und die ökonomische Prosperität. Außerdem katalysieren sie die Entwicklung der Intelligenz und des Kenntniserwerbes von Kindern und Jugendlichen und schaffen so die
Grundlage für eine hochproduktive Wissensgesellschaft der Zukunft.
So werden die Vorzüge der Computernutzung gegenüber jenen des Fernsehens meist in
Bezug auf diese hypothetischen sozial-kulturellen Vorzüge definiert. Der Rechnergebrauch ist interaktiv, Fernsehen – zumindest motorisch betrachet – rein passiv-rezeptiv.
Wenn TV-Angebote nur in stereotyper kommerzialisierter Weise unterhalten, bietet
der Umgang mit entsprechender Computersoftware und mit dem Internet erzieherisch
wertvolle und die Kreativität fördernde Herausforderungen.
Diese optimistische Vision trifft aktuell aber nur in sehr eingeschränktem Maße zu. Die
genannten Herausforderungen der heutigen Fernsehkultur werden branchenintern mit
großer Flexibilität erfolgreich angenommen. Von der Neustrukturierung des traditionellen Bildungsfernsehens bis hin zu Formen attraktiver und breit rezipierter Bildungsund Lernangebote, über ein immer weiter gefächertes Unterhaltungsangebot hin zu einem mit großen Unterhaltungsqualitäten unterlegten Informations- und Nachrichten23
angebot bildet gerade das Fernsehen das auch in Zukunft durch nichts zu ersetzende
Zentrum einer "multimedialen Gesellschaft".
Auch die voraussichtlich in naher Zukunft ebenso wie der TV-Bereich in den Alltag integrierte PC-Nutzung einschließlich des Internets wird daran nichts ändern. Eine sich
schon in den letzten Jahren abzeichnende Kooperation beider Medien lässt im Gegenteil schon jetzt die zukünftige Entwicklung einer weitaus intensiveren Zusammenarbeit
von Fernsehen und Internet greifbar werden.
Diese wechselseitige Synergietendenz wird offensichtlich, wenn man betrachtet, dass
ganze Bereiche des TV-Angebotes bereits jetzt über den Computer transportiert werden, während andererseits das Fernsehen eifrig darum bemüht ist, die Internetnutzung
der Zuschauer voranzutreiben. Die Beziehungen zwischen beiden Medienbereichen
sind auf verschiedenen Ebenen angesiedelt: So gibt es die großen wirtschaftlichen Beziehungen und weltweit angelegten Vermarktungsstrategien. Auf diese Weise wird die
Verbindung von TV und Internet stark von den großen Providerfirmen gestützt, die als
Kunden große Unternehmen erreichen wollen, die stark in der TV-Werbung engagiert
sind.
Auch Firmen wie Microsoft sind bestrebt, den medialen Unterhaltungssektor über Investitionen und Einstiege bei Medienfirmen zu erschließen. Hier wurde neben dem Erwerb von Anteilen an Medienfirmen auch ein eigenes interaktives TV-Netzwerk aufgebaut und ganze Unterhaltungssoftwaresortimente nach TV- oder Filmmustern entworfen. Weiterhin unterhält Microsoft, zusammen mit NBC den 24 Stunden Nachrichtenund online-Informationsservice MSNBC. Ebenso existieren "joint ventures" mit dem
Kabelnetz Black Entertainment TV, mit Spielbergs Dreamworks Produktionsfirma und
mit der Paramount TV-Group. Infolgedessen erhärtet sich der bereits bestehende Eindruck, dass Microsoft sich in eine reine Medienfirma transformieren wird. Man denke
in diesem Zusammenhang beispielsweise an AOL mit seinem breit gefächerten TVbezogenen Angebot, das möglichst viele Privat- und Werbekunden erreichen soll.
Auf der anderen Seite versuchen bestimmte Firmen ökonomisch relevante Gesellschaftsschichten mit geringerem PC-Nutzungsanteil dadurch zu erreichen, dass Hardund Software zur Verfügung gestellt werden, mit der ein TV-Gerät in einen Internetbrowser umgewandelt werden kann. So soll der Netzzugang allen Bevölkerungsteilen
auch ohne PCs und PC-Kenntnisse in einer traditionell vertrauten Medienumgebung
offenstehen.
Von Seiten des Fernsehens wird ein intensives Werben und Sponsoring für die Internetnutzung betrieben. Mit eigenen Homepages, Online-Kommunikation, E-Mail und
Chatrooms bis hin zur Möglichkeit der aktiven Mitarbeit an der Programmgestaltung
werden die zuschauer- und kundenbindenden Möglichkeiten des Netzes in hohem Ma24
ße ausgeschöpft.
Andererseits wird diese Entwicklung auf technologischer Ebene von der immer umfassenderen multimedialen Ausstattung der Rechner beispielsweise mit Videomöglichkeiten, TV-Tunerkarten oder den immer leistungsfähiger werdenden Prozessoren und
Graphikkarten getragen.
In vielen Haushalten sind inzwischen PC und TV in einem Raum gleichermaßen präsent: Oft läuft der Fernseher, während am Computer gearbeitet, gesurft oder gespielt
wird. Ebenso, wie der Computer Eingang in diese Lebensräume gewinnt, verlieren sich
die strikten Grenzen zwischen Freizeit und Beruf, öffentlicher und privater Sphäre.16
Mit der breiten Popularisierung des Internets nähert sich dieses Medium in Präsentationsformen und Inhalten immer mehr den vertrauten Formen der Massenmedien an.
Wie bereits erwähnt, werden Sport, Science Fiction, Homeshopping, Nachrichtenmagazine und "Cyber"-Soap Operas angeboten. Letztere etwa mit täglich aktualisierten
Neuigkeiten über die Hauptcharaktere und ihre Serienwelt. Tatsächlich sind die "master genres" im Internet die traditionellen SciFis, Soap Operas und Talkshows.
Wie die Fernseh- und Rezeptionsforschung konstatiert, besteht eine der herausragenden Hauptfunktionen des TV im modernen Alltagsleben in der Bereitstellung einer
"lingua franca", also in der Vorgabe einer inhaltlichen, überregionalen, schicht- und
milieuübergreifenden Konversationsmöglichkeit. Die Sozialität des Gespräches über
die TV-Erlebnisse ist in der Regel bedeutungsvoller als die TV-Rezeption selbst.
Diese Einsicht bestätigt sich aufs neue, betrachtet man die Nutzung des Internets als
regionales oder sogar internationales TV- und filmbezogenes Gesprächsforum. Hier
findet sich ein unübersehbares Angebot von Chatrooms, welche eigens für Film- und
Fernsehfans, die sich über ihren TV-Konsum, ihre Lieblingsserien oder über alles
Brandaktuelle in der TV-Szene austauschen wollen, eingerichtet wurden. Sie liefern
aber auch Kommunikationsmöglichkeiten mit den Serienstars selbst, geben kritische
Vorschläge, Kommentare und Meinungsäußerungen bis hin zur aktiven Mitwirkung
der Seriengestaltung.
Das Internet stellt sich in der Tat über weite Strecken als Marktplatz von TV-Materialien
dar, mit vielen Tausenden von offiziellen und inoffiziellen Websites, die zusammen
eine Art nationaler und internationaler TV-zentrierter Medienöffentlichkeit konstituieren. Suchmaschinen bringen im Netz nachweislich drei- bis viermal soviel Einträge
bei TV-bezogenen Stichworten als bei solchen aus anderen Themenbereichen.
16 Kling
1996
25
2.2.1.2
Die Dynamik der IT-Wirtschaft und der mediale Arbeitsmarkt
Neben der traditionellen Durchdringung der Alltagswelt mit TV und Hörfunk vollzieht
sich mit der Weiterentwicklung und der Bereitstellung der breitbandbasierten digitalen Übertragungstechnik eine weitere mediale Umstrukturierung des privaten als auch
des öffentlichen Lebens. 99 % der Haushalte der Industrienationen sind heute über
Telefonleitungen miteinander verbunden. Mittels Modems sind über diese Leitungen
Datenübertragungsraten bis zu 56 Kbit/s, über ISDN bis zu 128 Kbit/s erzielbar. Doch
schon heute werden diese Möglichkeiten des Datentransfers durch den raschen Ausbau
der DSL-Technologie mit Übertragungsraten bis zu drei MBit/s und der auf Fernsehkabeltechnik beruhenden Breitbandvernetzung mit Übertragungsraten bis zu 30 Mbit/s
revolutioniert. Es ist davon auszugehen, dass unter dem globalen Entwicklungsdruck
innerhalb der nächsten Jahre Systemlösungen etabliert werden, die eine bidirektionale Breitbandvernetzung der meisten Haushalte erlauben. Mit diesen Möglichkeiten
des Datentransfers sind beispielsweise auch der intensiven Vernetzung von Schulen,
Universitäten, Firmen und Behörden kaum Grenzen gesetzt. Der Einsatz moderner
Informations- und Kommunikationstechnologien bietet völlig neue Möglichkeiten des
Lernens und Lehrens. Die Neuen Medien fügen der bisherigen Bildungspraxis nicht
lediglich nur weitere Lehr- und Lernvarianten hinzu, sondern stellen gänzlich neue
Bildungsformen bereit, die in vielen Bereichen ein Umdenken erfordern.
Die globale Entwicklung in dieser Hinsicht ist in vollem Gange: Kanada ist nach Aussage der nationalen SchoolNet-Initiative das erste Land der Welt, in dem alle Schulen im Unterricht das Internet nutzen können. In den USA läuft seit Jahren das von
der Clinton-Regierung in Gang gebrachte Milliardenprojekt des "Technology Literacy Challenge", um auch bisher nicht vernetzten öffentlichen Schulen einen Zugang
zum Internet zu ermöglichen, auch in Schweden gibt es ähnliche landesweite Projekte. In Finnland werden die Schulen an Hochgeschwindigkeitsnetze angeschlossen. In
Großbritannien startete schon 1995 die Initiative "Superhighways in der Bildung – der
Weg nach vorne" und die Europäische Kommission veranstaltet seit 1997 europaweit
"Netdays", d.h. Aktionstage rund um Internet und Multimedia an den Schulen.
Zusätzlich wurden schon ab Mitte der 90er Jahre in fast allen hochtechnisierten Ländern Rahmen- und Strategiepläne entwickelt, die den Weg in die Informationsgesellschaft leiten bzw. ebnen sollen und dabei dem Bildungswesen eine Schlüsselstellung
zuweisen. Die wesentlichen Handlungsfelder bestehen dabei in der elektronischen Vernetzung von Schulen und der Integration in bestehende nationale und internationale
Netzwerkstrukturen, in der Verbesserung der Schulausstattungen mit Multimediacomputern, in breiten Qualifizierungsmaßnahmen für Lehrer und in der Entwicklung von
Inhalten, die für das medial modernisierte Bildungswesen am Geeignetsten sind.
26
Die Telekommunikationsinfrastruktur ist inzwischen ein globales Netzwerk, von dessen Leistungs- und Ausbaufähigkeit allerdings nicht nur der informations- und freizeitbezogene Alltag der privaten Haushalte, sondern auch die wirtschaftliche Produktivität
der Industrienationen insgesamt in höchstem Maße abhängt.
Getragen wird dieser Prozess im Bereich der technologischen Entwicklung von:
• Der exponentiellen Steigerungsrate der Rechnerprozessorenleistung: Wurden im
Jahr 1995 Prozessoren mit Taktfrequenzen von 100 MHz eingeführt, so waren es
2002 drei GHz. Seit 1965 wurde insgesamt eine Verdopplung der Verarbeitungsleistung in jeweils 18 Monaten beobachtet, dieser Trend scheint sich zumindest
bis 2010 fortzusetzen. Ebenso werden im gleichen Maße sinkende Kosten für
die entsprechende Rechnerleistung beobachtet.
• Der exponentiell steigenden Hauptspeicher- und Festplattenkapazität, die ebenfalls eine Verdopplung alle 18 Monate aufweist: Die Festplattenkapazität stieg
in den letzten zehn Jahren sogar noch schneller als die Prozessorenleistung. War
beispielsweise 1995 Jahre die Gigabytegrenze standardgemäß überschritten, so
liegt der Standard privater Nutzer 2004 bei 120 Gigabyte und darüber. Durch die
hinzu kommende Möglichkeit der Selbstgestaltung von Speichermedien, beispielsweise selbsterstellte CD-ROMs oder DVDs, sind dem Speichervolumen,
der Zugriffsmöglichkeit und der Abrufbarkeit der gespeicherten Inhalte zukünftig kaum noch Grenzen gesetzt.
• Fortschritten auf dem Gebiet der Datenkompression: Diese Kompression erlaubt
die Reduzierung der für die Medienübertragung erforderlichen Bandbreite auf
einen Bruchteil, wobei auf der Empfängerseite das Ursprungssignal mit konstanter, geringer Verzögerung und unwesentlichen Qualitätseinbußen wiederhergestellt werden kann. Für eine hochqualitative MPEG2-Kompression beispielsweise sind Kompressionsraten von 25:1 (6 MBit/s) gegenüber unkomprimiertem
Videoformat üblich, während sich mit MPEG4 im hochqualitativen Bereich Raten um 100:1 (1,5 MBit/s) und bei noch tolerabler Qualität bis über 2000:1 (64
KBit/s) erzielen lassen.
• Der Entwicklung neuer Endgeräte: Um elektronische Medien nutzen zu können,
sind als Schnittstelle zwischen Technologie und menschlichen Wahrnehmungsund Handlungssystemen Ein- und Ausgabegeräte erforderlich. Mit der zunehmenden Aufrüstung von PCs zu Multimedia-Endgeräten und der rasanten Entwicklung von Spielkonsolen, erwächst dem traditionellen Fernsehen teilweise
Konkurrenz. Die Nutzerakzeptanz eines Endgerätes spielt eine entscheidende
27
Rolle bei der Durchsetzung neuer Technologien. Für die PC-Nutzung ist beispielsweise die Entwicklung und breite Vermarktung von Flachbildschirmen
von großer Bedeutung. Diese sind nicht nur wesentlich gesundheitsverträglicher, energie- und platzsparender, sondern lassen sich auch beispielsweise als
Fernseh- und Datenendgerät an die Wand hängen oder in andere Geräte integrieren.
• Der Entwicklung hochintegrativer Multimediatechnologien, die ein hohes Maß
an Interaktionsmöglichkeiten erlauben und so Kommunikations-, Unterhaltungsoder Lernprozesse in einen plastischen Erlebniskontext einzubetten gestatten.
• Der sich schnell entwickelnden Handytechnologie: Hier sind mittlerweile nicht
nur die klassischen Telefonfunktionen, sondern auch der gesamte Bereich des
digitalen Datentransfers und die Vernetzung mit beliebigen Rechner- und Datentransfersystemen integrierbar. Auch hier sind Bandbreite und Anwendungsradius in rasantem Wachstum begriffen.
Die Neuen Medien werden die klassischen Medien allerdings nicht ersetzen, sondern
jene ergänzen und sich in Konkurrenz- und Syntheseprozessen selbst transformieren und modernisieren. Auch in Zukunft werden Bücher, Zeitungen und Zeitschriften ebenso wie Radio und Fernsehen weiterhin Bestand haben. Die technologische
Entwicklung wird es allerdings ermöglichen, völlig neue multimediale Formate zu
erzeugen. Wie diese neuen Produkte aussehen und wie sie genutzt werden, wird in hohem Maße vom Anwender abhängen. Realistisch scheint allerdings, dass der Nutzer
auch weiterhin Rezipient bleiben und nur partiell agierend und produzierend eingreifen wird.
Fernsehen ist nach wie vor der umsatzstärkste Teilbereich der Medien. Die neuen
Möglichkeiten der Digitaltechnik werden die Produktionsmöglichkeiten des Fernsehens weiter verändern, sie werden Sehgewohnheiten beeinflussen und Auswirkungen
auf das Nutzerverhalten haben. Dies wird das Fernsehen in seiner heutigen Gestalt
einem massiven Innovationsdruck aussetzen. Allerdings zeichnen sich hybride Nutzungsmuster ab: Fernsehen wird in weiten Bereichen ins Internet übertragen, viele
Multimediaanwendungen laufen letztlich auf einen erweiterten Fernsehgebrauch hinaus, wie beispielsweise das Herunterladen und Austauschen von Filmen, die Einspeicherung und Bearbeitung von Videos und DVDs. Allerdings zeichnen sich diese Anwendungserweiterungen durch tiefere Einblicke und breitere Interaktionsmöglichkeiten als das klassische Fernsehen und Home-Video aus.
Der Fernsehmarkt basiert mittlerweile auf der Grundlage dreier Finanzierungselemente: Rundfunkgebühren, Werbeeinnahmen (Free-TV) und Einzelabrechnung nach Nut28
zung (Pay-TV).
Es ist jedoch langfristig sinnvoll, dass eine Fernsehgrundversorgung durch das öffentlich-rechtliche Angebot erfolgt. Aufgabe der öffentlich-rechtlichen Sender ist es auch
weiterhin, mit dem Anspruch auf Ausgewogenheit zu informieren, zu bilden, Partizipationen zu ermöglichen sowie zu unterhalten und sich dabei quotenunabhängig auch
qualitativ hochwertiger, weniger spektakulärer Themenbereiche anzunehmen.
Nicht nur für die Nutzer der neuen Medienlandschaft ist die Welt in schnellem Wandel
begriffen. Auch für die Produktionszentren und den sich von diesen ausgehend entfaltenden Arbeitsmärkten, ist eine enorme Ausweitung und Differenzierung zu erwarten.
Die Multimedialität des Angebotes findet sich gespiegelt in einer Tätigkeitsbedarfsvielfalt wider. Neue Berufsbilder vom Multimediaproduzenten über den Onlineredakteur, dem Webmaster und dem Screendesigner bis hin zu denjenigen der verschiedenen medialen Servicebereiche, sind entstanden und werden sich weiter ausbreiten bzw.
ausdifferenzieren.
Auch die Arbeitsabläufe verändern sich. Die breitbandige Vernetzung führt u.a. dazu, dass viele berufliche Tätigkeiten vermehrt auch von zu Hause ausgeführt werden
können.
Der Bildungssektor bedient sich ebenso zunehmend der Neuen Medien und der zukunftstragenden Technologien und Konzeptionen. Mit fortschreitender Leistungsfähigkeit der Rechner entstehen immer ausgefeiltere intelligente Tutoren- und Trainersysteme, die Lernverhalten, Stärken und Schwächen ihrer Nutzer erkennen und Lerninhalte auf höchst variable und individuell anpassungsfähige Weise vermitteln.
Auch für Weiterbildungswege ergeben sich völlig neue Möglichkeiten, da der Nutzer
zu jeder beliebigen Zeit vermittels jedes beliebigen Netzzugangs seine individuellen
Lerninhalte studieren bzw. vertiefen kann und dabei in den verschiedensten, von der
Animation, über Film bis hin zum direkten Kontakt mit Lehrern und Professoren reichende Online-Hilfe finden kann.
Die skizzierte doppelte Rolle der Medien bezüglich der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Einflüsse ist insbesondere im Kontext der Migrationsproblematik von
größter Bedeutung. Sowohl die gesellschaftsgestalterische Funktion der Medien im
Rahmen der oben beschriebenen Unterhaltungskultur, als auch die ökonomische Dimension der Ausdifferenzierung eines medialen Arbeitsmarktes sind unmittelbar mit
der Integrationsdynamik verbunden. So ist für Migranten die medial vermittelte Teilnahme am gesellschaftlichen Geschehen ebenso wichtig, wie die medienbezogene
Freizeitgestaltung oder die Möglichkeit einer Teilhabe am medialen Arbeitsmarkt.
29
2.2.2 Die Rolle der Medien im Migrationskontext
Sowohl in der Soziologie und Ökonomie, als auch in der Politikwissenschaft findet seit
Jahren eine intensive Beschäftigung mit dem Migrationsthema statt. In der Deutschen
Gesellschaft für Soziologie arbeitet eine Sektion "Migrationsforschung", in der deutschen Vereinigung für politische Wissenschaft ein Arbeitskreis "Migrationspolitik".
Innerhalb der Kommunikationswissenschaften lässt sich beispielsweise die Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Publizistik und Kommunikationswissenschaft mit
dem Titel "Dialog der Kulturen" finden. Auch im Bereich der internationalen Kulturwissenschaften ist die theoretische und empirische Auseinandersetzung mit diesem
Thema eine zentrale Frage.
Inzwischen gibt es in der Bundesrepublik zahlreiche Institute und Einrichtungen, die
zum Thema Migration forschen, wie z.B. das Europäische Migrationszentrum an der
FU Berlin, das Institut für Migrationsforschung und interkulturelle Studien an der Universität Osnabrück, die Forschungsstelle für interkulturelle Studien an der Universität
Köln oder das Zentrum für Zuwanderung Nordrhein-Westfalen.
Integration vollzieht sich in vielen gesellschaftlichen Bereichen und Sektoren. Ein zentraler Bereich ist die mediale Integration, die Eingliederung der ethnischen Minderheiten in das Mediensystem und die mediale Öffentlichkeit der Aufnahmegesellschaft. In
der deutschen Diskussion um die Integration der Zuwanderer wurde die Problematik
der medialen Integration bisher jedoch stark vernachlässigt. Kommunikationswissenschaftler, Politikwissenschaftler oder Soziologen haben sich nur vereinzelt dieser Thematik angenommen, aber einen interdisziplinären Forschungsschwerpunkt zu diesem
Themenbereich gibt es bis heute nicht. So bedurfte es beispielsweise der EU-Initiative
eines "Europäischen Jahres gegen Rassismus", um bei den Kommunikationswissenschaften und der Publizistik ein breiteres Engagement für dieses Thema hervorzurufen.
Beispielhaft für eine international sehr fortgeschrittene Multikulturalismuspolitik und
einer konzentrierten Medienvermittlung ist Kanada, das sich seit über 25 Jahren mit
großer Überzeugung als multikulturelle Gesellschaft versteht. Seit 1971 ist der Multikulturalismus ein zentrales Leitbild der kanadischen Politik und zunehmend auch ein
wichtiger Bestandteil der kanadischen Identität. Die Theorie und Politik des Multikulturalismus wird, wenn auch mit unterschiedlichen Nuancierungen, von allen Parteien
getragen und von der Mehrheit der Bevölkerung akzeptiert.
Dieser offizielle Multikulturalismus löste in der westlichen akademischen Welt geradezu einen Boom in der Migrationsforschung hinsichtlich der Möglichkeiten und
Grenzen kultureller Integration und des ethnischen Pluralismus aus.
30
Die Theorie des kanadischen Multikulturalismus beruht auf fünf Prinzipien: auf der
positiven Bejahung und Anerkennung der ethnischen Vielfalt, einschließlich der Gleichberechtigung und Chancengleichheit von ethnischen Gruppen; dem Prinzip der verfassungs- und menschenrechtlichen Einheit in der Vielheit; der Annahme der Produktivität und des gesellschaftlichen wie ökonomischen Vorteiles der ethnischen Pluralität;
der gesteigerten Sensibilität für die prinzipielle kulturelle Verankerung der menschlichen Existenz als Grundlage gerade auch der liberalen demokratischen Gesellschaft
und schließlich in der Einsicht in die Notwendigkeit eines umfassenden und differenzierten politischen Managements des kulturellen Pluralismus.
Die Betrachtung der medialen Integrationsprozesse in der kanadischen Gesellschaft
beruht jedoch auf einer weit zurückreichenden, mehrstufigen Entwicklung. Als erste
Phase kann ein Abschnitt der Anerkennung und Spezifikation des Problems identifiziert werden, in der besonders die Sozialwissenschaften mit ihrem deskriptiven und
analytischen Repertoire eine zentrale Rolle spielten. Die wissenschaftliche Thematisierung und Eingrenzung der Problematik setzte daraufhin eine verstärkte Suche nach
Lösungen in Politik und Medieninstitutionen in Gang.
Heute lässt sich die Etablierung gelungener Lösungen und die Institutionalisierung eines differenzierten medialen Integrations- und Multikulturalismusmanagements in Kanada erkennen. Im Zuge dieser Entwicklung wurden u.a. Richtlinien für eine ethnisch
verantwortungsvolle mediale Berichterstattung sowie ein Katalog von Antidiskriminierungsregeln ausgearbeitet. Außerdem wurden Programme für ein Sensitivitätstraining für Journalisten und Medienmanager entwickelt und als obligatorisch eingeführt.
Große Wirksamkeit hatte in Kanada schließlich die Einführung eines ganzen Bündels
von Maßnahmen, dass u.a. auch gesetzliche Neuerungen umfasste, die die Verstärkung
der personellen Präsenz von Minoritäten in den Medien zum Ziel hatten. Die Angehörigen der Minderheiten sollten nicht nur in den ethnischen Segmenten der Öffentlichkeit, also den medialen ethnischen Nischen, sondern gerade auch im Mainstream der
mehrheitsgesellschaftlichen Öffentlichkeit der Massenmedien präsent sein.
In Deutschland wird das Problem des medialen Integrationsdefizits bislang eher zurückhaltend anerkannt und diskutiert. Im Zuge des oben geschilderten institutionellen
Ausbaus der allgemeinen Migrationsforschung wird aber neuerdings zunehmend eine
Intensivierung der Zusammenarbeit innerhalb der Wissenschaftsdisziplinen, der Politik und den Medienanstalten erwogen: Hier ist aktuell der im Juni 2004 von Dr. Henning Scherf vorgeschlagene "Integrationskanal" zu nennen, dessen Konzept ein eigens
für die in Deutschland lebenden Ausländer entwickeltes Fernsehprogramm vorsieht.
Zuvor beschäftigten sich beispielsweise die Hamburgische Anstalt für Neue Medien in Kooperation mit der Ausländerbeauftragten der Stadt Hamburg, die Abteilung
Arbeits- und Sozialpolitik der Friedrich-Ebert-Stiftung, sowie der SWR und der SFB
31
mit dem Verhältnis von Migranten und Medien. Von Seiten der Politik ist zudem der
Vorstoß des damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog zu erwähnen, der in einer
vielbeachteten und vielzitierten Rede den Dialog der Kulturen forderte und in diesem Zusammenhang auch explizit von den neuen Herausforderungen für die Medien
sprach.
Das Verhältnis von Migranten und Medien selbst ist längst in dynamischer Veränderung begriffen. Dies betrifft die Bereiche der Medienstrukturen sowie auch die Medieninhalte und Mediennutzung.
Im Juni 1999 beispielsweise ging in Berlin mit Radyo Metropol das erste rein türkische Radio in Deutschland auf Sendung; die Zielgruppe der über 200.000 in Berlin
lebenden Türken wird nachweislich mit diesem Hörfunkangebot gut und umfassend
erreicht. Inzwischen etablierte sich nach dem Erfolg der Zeitschrift Türkis ebenso die
deutsch-türkische Jugendzeitschrift etap. Sie wendet sich in deutscher Sprache an die
"Deutsch-Türken", wie sie sich selbst bezeichnen. Außerdem zeugen die wachsenden
Erfolge deutsch-türkischer Regisseure, wie Fatih Akin, Popstars wie Tarkan, Popgruppen wie 2. Generation oder Autoren wie Feridun Zaimoglu, Emine Sevgi Özdemar,
Jakob Arjouni und Celil Oker von einer in beeindruckendem Maße ansteigenden transkulturellen Dynamik.
Neben diesen Veränderungen sind die Versuche der öffentlich-rechtlichen Anstalten,
nicht nur Ausländerprogramme – wie etwa den Sender Multikulti auf SFB4 oder Radio International im SWR oder Funkhaus Europa im WDR – zu nennen, sondern auch
Berufschancen für Migranten im Medienbereich zu erschließen. Ein europäisches Modellprojekt "More Colour in the Media" versucht beispielsweise, eine gezielte Ausbildungsförderung in diesem Sinne zu betreiben. Dieses Projekt wird seit den 80er
Jahren in den Niederlanden praktiziert, andere europäische Länder haben sich angeschlossen. Seit 1996 werden in Deutschland im Adolf-Grimme-Institut in Zusammenarbeit mit den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Angehörige von ethnischen
Minderheiten zu Journalisten ausgebildet, in der Hoffnung, dass diese später auch in
den Mainstream-Institutionen der deutschen Medien eine Anstellung finden.
Obwohl die Forschung den gesamten Themenkomplex der medialen Integration in
Deutschland bislang vernachlässigt, ist es offensichtlich, dass die skizzierte vielschichtige und starke Rolle der Medien in der Gesellschaft auch den Kontext der Migrationsproblematiken zentral betrifft. Sowohl die gesellschaftsgestalterische Rolle der Medien
im Bereich der Information, der Herstellung von Öffentlichkeit und der Unterhaltung,
als auch die ökonomische Dimension der Ausdifferenzierung eines medialen Arbeitsmarktes, sind unmittelbar mit der Integrationsdynamik verbunden. Denn ebenso wie
für die übrige Bevölkerung gilt für Migranten die Wichtigkeit einer medial vermittel32
ten Teilnahme am Gesellschaftsgeschehen, der medialen Freizeitgestaltung oder auch
der Möglichkeit einer Teilnahme in medialen Arbeitsmarktbereichen.
Bei Information oder Unterhaltung geht es jedoch um mehr als bloße Medienrezeption. Im Hinblick auf die Partizipation an gesellschaftlicher Öffentlichkeit besitzen die
Medien für Migranten entscheidende Funktionen: Im Vordergrund steht hier die immense Bedeutung des durch die Medien vermittelten Bildes der Migranten und der
Migrationsproblematik. In der "Informationsgesellschaft" hängt eine aufnahmebereite oder ablehnende Einstellung, ein Gefühl der Fremdheit, des Unverständnisses oder
andererseits der Nähe und der Vertrautheit mit den ausländischen Minderheiten stark
von den gesellschaftsweit vorgetragenen medialen Präsentationen dieser Gruppen ab.
Zur Informations- und Unterhaltungsfunktion gehören in diesem Kontext die Beschreibungen der Zuwanderer und ihrer Situation, wie sie dem Publikum der Aufnahmegesellschaft seitens der Medien präsentiert werden. Die Kommunikations- und Medienwissenschaften zeichnen hier ein einheitliches Bild der grundsätzlichen Negativneigung der migrationsbezogenen Berichterstattung. Wenn beispielsweise überhaupt von
ausländischen Arbeitnehmern berichtet wird, dann sehr häufig im Zusammenhang mit
Kriminalität. Viele Medien definieren implizit die Migrations- und Migrantenproblematik als "Türken"-, "Asylanten"- oder "Wirtschafts- und Scheinasylantenproblem".
Boulevardformate berichten über fremd erscheinende Kulturen meist in einem exotischen Unterhaltungsrahmen und in Tourismuskontexten.
Die Berichterstattung über Migranten orientiert sich an aktuellen Ereignissen und vernachlässigt häufig gesellschaftliche und kulturelle Hintergrundinformationen. Besonders im Fernsehen werden negative Ereignisse dramatisiert, wodurch die Folgen weltweiter Migrationsprozesse und das Entstehen multikultureller Strukturen in einer Semantik der "Gefahr" und der latenten oder offenen "Bedrohung" präsentiert werden.
Die vorhandenen und zukünftigen sozialen Wandlungsprozesse werden überwiegend
nicht als entscheid- und gestaltbar, sondern als katastrophal und schicksalhaft dargestellt.
Selten berichten Medien in Deutschland über ethnische Minderheiten in ihrer Rolle
als Arbeitnehmer, Unternehmer, Beitrags- und Steuerzahler, Nachbar oder Mitbürger.
Ebenso selten wird, sowohl auf regionaler als auch auf bundesweiter Ebene, über Migranten als geschätzte Arbeitskollegen, freundliche Gastwirte, über gute und schlechte
Erfahrungen in einem fremden Land, über den Alltag, Identitätsprobleme, Befindlichkeiten, Wünsche oder Ängste berichtet.
Kaum erwähnt wird darüber hinaus folgende Tatsache: Arbeitsmigranten machen auch
heute noch ein unverzichtbares Segment des deutschen Arbeitsmarktes aus. In der Regel konkurrieren sie nicht mit Deutschen um Arbeitsplätze, sondern werden dort ein33
gesetzt, wo keine deutschen Arbeitnehmer zur Verfügung stehen. Wenig Beachtung
in der medialen Darstellung findet zudem die Tatsache von zunehmend erfolgreichen
Unternehmensgründungen von Migranten. So waren 2002 beispielsweise 290.000 Arbeitnehmer bei 56.800 türkischen Selbständigen beschäftigt, 17 % der Beschäftigen
waren Deutsche17 – eine Tatsache, die weniger die mediale Alltagsöffentlichkeit, als
vielmehr die Wirtschaft und die Migrationswissenschaftler in Erstaunen und Nachdenken versetzt.
Zuletzt besteht ein öffentliches Aufmerksamkeitsdefizit auch bezüglich der Gesetzestreue der Arbeitsmigranten, die sich im Durchschnitt sogar gesetzestreuer erweisen
als Deutsche mit vergleichbarem Sozialprofil. Studien der 90er Jahre haben qualitative Befragungen zu Fremdbildern, Motivation und Akzeptanzpotentialen deutscher,
italienischer und türkischer Fernsehzuschauer gegenüber fremden Kulturen durchgeführt. Ziel war es u.a., die analysierten Zusammenhänge für die praktische Fernseharbeit nutzbar zu machen. Die Ergebnisse zeigen, dass deutsche Zuschauer die Länder
mit einem ihnen vertrauten kulturellen Kontext sympathisch und interessant finden.
Islamische Kulturen stoßen hingegen auf Unverständnis. Die Türkei ist den meisten
Befragten trotz zunehmender touristischer Attraktivität auch weiterhin kulturell und
gesellschaftlich fremd. All dies zeigt die Dringlichkeit einer auch inhaltlichen Neustrukturierung dieses gesellschaftlichen Bereiches der medialen Integrationsproblematik.
Des Weiteren spielen die Medien aus der Heimat der Migranten eine bedeutende Rolle. Hier geht es um den informationellen wie auch um einen emotionalen identitätsstabilisierenden Heimatbezug oder aber auch um die Möglichkeit der Aufklärung über
das Aufnahmeland und der Hilfe bei der dortigen Orientierung. Außerdem bilden die
heimatlichen Medien eine Verbindung zu den im Herkunftsland verbliebenen Menschen, im Sinne eines medial aufrechterhaltenen gemeinsamen Kommunikationskontextes und der Erweiterung des Verständnisses der zu Hause Gebliebenen bezüglich der
Situation der eigenen Mitbürger in der Fremde. Die im Aufnahmeland rezipierbaren
Medienangebote des Heimatlandes sind notwendige Ressource der eigenen sprachlichen und kulturellen Identität, außerdem wären ohne ihre zudem emotionale Rückbindungsfunktion die erforschten negativen somatischen und psychischen Belastungen
wesentlich ausgeprägter.
Auf der anderen Seite wäre ein von den Medien des Herkunftslandes angebotenes breites Informationsprogramm über Politik und Gesellschaft des Aufnahmelandes wünschenswert. Studien über das von türkischen Medien vermittelte Deutschlandbild zeigen allerdings eindeutig, dass Deutschland und die in Deutschland lebenden Türken
17 ZfT
Stiftung
Zentrum
für
online.de/de/aktuelles/pressemitteilungen/detail.php
34
Türkeistudien
2003:
www.zft-
für die türkischen Fernsehsender nur eine geringe Rolle spielen. Die Konturen eines Deutschlandbildes erscheinen, aufgrund der nur seltenen Bezugnahmen auf dieses Land und seine Gesellschaft, lediglich fragmentarisch. Bei den kommerziellen
Privatsendern der Türkei ist Deutschland lediglich in den Nachrichten ein Thema.
Ausschnitte eines lebendigeren Deutschlandbildes werden in Unterhaltungsmagazinen, beispielsweise bei TRT–INT deutlicher. Da hier aber eine Stärkung der Bindung
der Migranten an die Heimat im Vordergrund steht, fällt das auf diese Weise vermittelte
Deutschlandbild eher einseitig und vergleichsweise flach aus.
Eine weitere Rolle der Medien liegt in der alltäglichen kulturellen Vermittlung zwischen Migranten und Aufnahmebevölkerung. Hierbei geht es um die enormen Möglichkeiten eines gegenseitigen Kennen-, Akzeptieren- und Schätzenlernens: Medienformate, die im fiktionalen Unterhaltungsrahmen beide Kulturen ansprechen, schaffen
gemeinsame Gesprächsgrundlagen, Interessenbezüge und Erfahrungshorizonte. Vertrauen – zu Recht als grundlegendes gesellschaftliches "Bindemittel" wiederentdeckt
und ins Zentrum der Aufmerksamkeit seitens der sozialwissenschaftlichen Disziplinen
gerückt – entsteht nur infolge gegenseitiger Kenntnisnahme, und nicht im Rahmen
ökonomischer Transaktionsprozesse oder bloßen "Informationsaustausches". Zudem
geht es um ein gegenseitiges Aufdecken von Besonderheiten: Man muss sich kennen,
um sich einschätzen zu können, oder um überhaupt die spezifischen Probleme der Migration zu begreifen.
Nicht zuletzt geht es um gesellschaftliche und soziale Anerkennung: Mediale Formate können den Statusaufbau ermöglichen und schaffen so eine Plattform, Dank derer
sich die Migranten ernstgenommen fühlen können, wenn sie als Bestandteil der geteilten positiven Medienöffentlichkeit zu einem realen gesellschaftlichen Faktor werden. Weiterhin geht es um den Erwerb gesellschaftlicher Kenntnisse: Es ist erfolgversprechender, anhand von positiv rezipierten Vorbildern Verhaltensweisen anzunehmen
bzw. Aufklärung zu akzeptieren, als sich fremde Normen- und Werte oder Handlungsmuster über Broschüren oder formelle Institutionenhilfe anzueigenen.
Die Vermittlung zwischen der Mehrheitsgesellschaft und den Migranten könnte also
durch den in der vorliegenden Untersuchung entwickelten Ansatz der Mediennutzung
effektiv in Angriff genommen werden – praktische Vorschläge zur Realisierung dieser
Überlegungen werden im Verlauf des Kapitels 4 dieser Arbeit noch näher verdeutlicht. Im Medienproduktionsalltag finden jene Möglichkeiten bislang kaum Anwendung. Die Einrichtung türkischer Rundfunksender spricht lediglich ein rein türkisches
Publikum an und läuft so Gefahr, die kulturelle Segregation zu fördern anstatt zur Integration beizutragen. Auch die Edition türkischer Mode- und Lifestylezeitschriften oder
ein sporadisches Auftauchen der Migrationsproblematik in deutschen fiktionalen Unterhaltungsprogrammen oder Kindersendungen ergreifen nicht die Chancen einer weit
35
ausbaufähigen integrationsbezogenen Medienkultur. Fernsehen als gezielt einsetzbares
Leitmedium wird in dieser Hinsicht nach wie vor nicht als tragende Integrationsinstanz
erkannt, insbesondere hinsichtlich der zeitgemäßen Verbindung von Unterhaltung mit
sozialer und kultureller Kompetenzvermittlung.
Der im Rahmen dieser Arbeit aufgezeigte neue Weg soll verdeutlichen, dass gerade die Entertainmentformate des Fernsehens die besten Voraussetzungen bieten, um
breite Bevölkerungsschichten zu erreichen und über lange Zeiträume hinweg regelmäßig zu binden. Als unverzichtbarer Teil des Alltags der Migranten und der deutschen
Bevölkerung gleichermaßen können Unterhaltungsformate die Verständigungsbereitschaft mobilisieren die Motivation der Rezipienten zur Verhaltensübernahme wie kein
anderes Medium aktivieren.
Ein in dieser Weise genutztes Medium erweitert sich zu einem Forum gegenseitiger gesellschaftlicher Anerkennung bzw. zu einer gesellschaftlichen Instanz, die beispielsweise dem Auftrag der demokratischen Öffentlichkeitsgestaltung der öffentlichrechtlichen Medienanstalten eine ausgebaute und spezielle Dimension hinzufügen.
Was schließlich die ökonomische Dimension der Medien im Migrationskontext betrifft, sollte gerade die Entwicklung der IT-Wirtschaft und die oben schon detailliert beschriebene Ausweitung eines differenzierten medialen Arbeitsmarktes im Zentrum der
Aufmerksamkeit all jener Entscheidungsträger stehen, die sich eine verstärkte berufliche Eingliederung bestimmter Migrantengruppen zum Ziel gesetzt haben. Im Hinblick
auf ein ausgeprägtes Technikinteresse sowie auf vorhandene Medien- und Mediennutzungsaffinitäten lassen sich Ausbildungs- und Berufsfelder erschließen, die nicht nur
fragile ad hoc Lösungen für die temporäre Arbeitsmarktintegration darstellen, sondern
auf einer stabilen Motivations- und Interessengrundlage langfristige Berufsmöglichkeiten für Zuwanderer bieten können.
Bezüglich der wesentlichen Rolle der Medien im Migrationskontext und der bestehenden Desiderate lässt sich abschließend ein praxisorientierter wissenschaftlicher Konsens zusammenfassen: Medien dienen der reflexiven Selbstbezugnahme und Selbstbeobachtung einer Gesellschaft. Presse und Rundfunk informieren zeitnah und bieten daneben allgemeine überregionale inhaltliche Kommunikationskontexte. Fernsehen dient
in modernen Gesellschaften darüber hinaus (und in der aktuellen Entwicklung immer
stärker) der Unterhaltung und Zerstreuung. Die Beobachtungs- und Reflexionsfunktion
der Medien beschränkt sich realiter gerade bezüglich der Migrationsthematik zumeist
auf die Heraushebung des rein Aktuellen, der Negativität und der Konflikthaftigkeit
von Ereignissen. Attraktivität und die Glaubwürdigkeit des Angebotes spielen hierbei
eine entscheidende Rolle für das Publikum.
Hinsichtlich einer möglichen Verbesserung der Integrationssituation sind besonders
36
die Journalisten, Drehbuchautoren, Produzenten aber auch das gezielte Hinzuziehen
wissenschaftlicher Fachkräfte bezüglich der Medienwirkungsprozesse und migrationsspezifischer Themenkompexe bei der Bearbeitung von ausländerpolitischen und
multikulturell relevanten Themen zu beachten. Ein weiterer Bereich der praxisbezogenen Forschung betrifft die Anlässe, aufgrund derer Multikulturalismus, kulturelle
Integration oder Migrationsprobleme überhaupt zum Thema gemacht werden, was sowohl für das Informations- als auch für das Unterhaltungsangebot gilt. Systematisch
vergleichende Analysen sind notwendig, um inhaltliche wie formale Auswahlkriterien
und die in ihnen vorherrschende Perspektivität im Bereich der Werbung, der Nachrichten und der Unterhaltung aufzudecken und zeitgemäßer zu gestalten. Des Weiteren sind Inhaltsanalysen der Darstellung fremder Kulturen, nicht nur in Nachrichten
und Reportagen, sondern auch in Serien, Shows und Spielfilmen, von großer Bedeutung. Gerade diese Angebote sind für die Integrationsleistung der Medien in modernen
Gesellschaften äußerst relevant.
Im Bereich der Darstellungspotentiale der Sender im Allgemeinen, wird den öffentlichrechtlichen Fernsehanstalten große Kompetenz für qualitativ hochwertige Sendungen
über fremde Kulturen bestätigt. Die privaten Anbieter hingegen präsentieren bislang
Ausländerthemen eher auf sensationsbezogene Art und Weise.
Sodann muss die konstante Problemfixiertheit zugunsten der Darstellung alltäglicher
Normalität, positiver Erfahrungen und gelungener Modelle des Zusammenlebens ersetzt werden. Mehrfachstigmatisierungen von "Ausländern" als Nichteuropäer sollten
vermieden werden. In den USA wird in den Medien mittlerweile die Nennung von
Staatsangehörigkeit oder Hautfarbe wenn irgend möglich umgangen. Migranten müssen als sozial autonome, politische Personen in den Medien hör- und sichtbar gemacht
werden. Berichte über geglückte Verständigung und Zusammenarbeit zwischen Migranten und Gruppen der Mehrheitsgesellschaft auf lokaler wie überregionaler Ebene
würden z.B. positive Modelle und Vorbilder liefern.
Die wirtschaftlichen Leistungen ausländischer Arbeitnehmer müssen ebenfalls thematisiert werden. Der Gründungsboom bei türkischen Unternehmen ist ein aktuelles wirtschaftspolitisches Thema, das jedoch eng mit der Problematik der mangelnden Verortung ausländischer Arbeitnehmer auf dem deutschen Arbeitsmarkt verbunden ist und
deshalb kritisch hinterfragt werden muss.
Die Medienkompetenz der in Deutschland lebenden Zuwanderer muss ausgebaut und
gefördert werden. Die Fähigkeit, neue Hard- und Software handhaben zu können, die
Kompetenz im Umgang mit dem Internet und dem Einloggen bzw. Arbeiten in Netzwerkstrukturen sind nicht nur notwendige Voraussetzungen für den zukünftigen Berufseinstieg oder -aufstieg, sondern auch grundlegende Fertigkeiten des sich selbst37
ständig informierenden und am gesellschaftlichen Geschehen teilnehmenden Bürgers.
Die Personalpolitik der Sender und Redaktionen müsste zudem vermehrt Chancen
bieten, qualifizierte ausländische Arbeitnehmer in repräsentative Positionen einzustellen, auf diese Weise werden positive mediale Identifikationsmöglichkeiten geschaffen.
Lebenspraktische Vorbilder gelungener Migrantenkarrieren zeigen wesentlich größere
Wirkung als offizielle Empfehlungen von Seiten öffentlicher Institutionen. Sollte sich
dies niederschlagen in den Programmangeboten öffentlich-rechtlicher und vielleicht
auch mittelbar in privaten Sendern, könnte ein sehr wirkungsvoller Beitrag zur Integration geleistet werden. Wobei anzumerken ist, dass die finanziellen Mehraufwendungen äußerst gering wären und daher eine entsprechende Veränderung auch unter
den Bedingungen knapper öffentlicher Mittel erfolgen kann.
Sowohl die vorangegangene Analyse der Rolle der Medien im Migrationskontext als
auch der sozial- und medienwissenschaftliche Konsens bezüglich einer erforderlichen
Umgestaltung der migrationsbezogenen Medienpraxis liefern den analytischen Bezugsrahmen für zwei innovative Mediengestaltungen, wie sie in Kapitel 4 dieser Studie
entwickelt werden. Die empirische Basis für die Anwendbarkeit dieser Konzepte in
der Praxis muss jedoch auf einer detaillierten Kenntnis der Integrationsformen und der
Mediennutzung der türkischen Bevölkerung in Deutschland bzw. Baden-Württemberg
basieren; die empirische Analyse dieser Themen wird im Folgenden dargestellt.
38
Kapitel 3
Die türkische Bevölkerung in
Deutschland und
Baden-Württemberg
3.1 Gesellschaftliche Integrationsprofile der türkischen Bevölkerung
Die Begegnung von Aufnahmegesellschaft und zuwandernden Ethnien erweist sich in
vielen Aspekten als konflikt- und problembeladen. Fremdenfeindliche Eskalationen in
Deutschland haben deutlich vor Augen geführt, welche Konfliktpotentiale durch das
interkulturelle Zusammenleben und die Wandlung einer ethnisch relativ homogenen
Gesellschaft zu einer Gesellschaft mit hohem ethnischen Integrationsanteil entstehen
können.
Der Wandel zur multi-ethnischen Gesellschaft ist ein generelles Merkmal zunehmender Modernisierung und Globalisierung, denn die sogenannten "modernen" Gesellschaften zeichnen sich durch niedrige Geburtenraten, Überalterungsprozesse der ansässigen Bevölkerung und einen dadurch dringend erforderlichen Zuwanderungsbedarf aus. Niedrige Geburtenziffern erzeugen einen ökonomisch und soziodemographisch bedingten Bedarf an Arbeitsmigranten aus anderen Gesellschaften, denn weder
die Wirtschaft noch das soziale Sicherungssystem können den drastischen Bevölkerungsrückgang unbeschadet überstehen. Die geregelte Zuwanderung und die Integration der Zugewanderten bzw. der zukünftig noch Zuwandernden wird vor diesem Hintergrund eine der großen Aufgaben der kommenden Jahrzehnte bleiben.
39
3.1.1 Soziostrukturelle und allgemeine Merkmale
In Deutschland hat sich das multi-ethnische Segment der Sozialstruktur in den letzten
vier Jahrzehnten von ca. 1 % auf knapp 9 % erweitert. Rechnet man zudem die neu
eingebürgerten Bevölkerungsteile und jene mit doppelter Staatsbürgerschaft zu diesen
Zahlen hinzu, so machen die ethnischen Minderheiten derzeit ca. 14 bis 15 % der
Wohnbevölkerung aus. Die soziodemographischen Prognoserechnungen gehen davon
aus, dass sich der Umfang dieses Segmentes in den nächsten drei Jahrzehnten mehr als
verdoppeln wird.
Im Jahr 2002 lebten mehr als 7,3 Millionen Menschen mit ausländischem Pass in
Deutschland, was einem Anteil von 8,9 % gemessen an der Gesamtbevölkerung entspricht. Mit gut 1,9 Millionen entstammt der größte Teil der ausländischen Bevölkerungsgruppe der Türkei. Gemessen an der ausländischen Bevölkerung sind das 26,1 %,
gemessen an der Gesamtbevölkerung 2,3 %.1
Tabelle 3.1 zeigt, dass Baden-Württemberg mit 12,2 % einen um 3,3 Prozentpunkte
höheren Anteil an Ausländern aufweist als der Bundesdurchschnitt. Auch in BadenWürttemberg sind die Einwohner türkischer Herkunft die mit Abstand größte Bevölkerungsgruppe anderer Nationen.
Tabelle 3.1: Gesamte und ausländische Bevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland und in Baden-Württemberg in Tausend (2002).
Insgesamt
Deutschland
BaWü
82.440,3
10.661,3
Ausländer
n
%
7.335,6 8,9
1.297,7 12,2
Davon Türken
n
%*
1.912,2 2,3
322,8
3,0
Quelle: Eigene Berechnungen nach Daten des Statistischen Bundesamtes und des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg. Stand: 31.12.2002.
* Anteil an der Gesamtbevölkerung. Der Anteil der türkischen Bevölkerung an der ausländischen Bevölkerung insgesamt beträgt in der BRD 26,1 % und in Baden-Württemberg 24,9 %.
Die Altersstruktur der in Baden-Württemberg lebenden Ausländer weist das für die
Bundesrepublik Deutschland typische Bild auf: Die Alterskohorten unter 30 Jahren
sind überproportional stark besetzt, fast 25 % aller in Baden-Württemberg lebenden
Türken sind unter 15 Jahre alt, mehr als 40 % sind 25 Jahre oder jünger. Im Vergleich
dazu sind in der deutschen Bevölkerung die älteren Alterskohorten stark überproportional vertreten. Dieser Altersstrukturunterschied wird sich in Zukunft durch die rück1 Statistisches
Bundesamt 2003. Statistisches Jahrbuch 2003: S. 65
40
läufigen Geburtenraten auf Seiten der deutschen Bevölkerung trotz sukzessiven Angleichungsprozessen der Fertilität bei der türkischen Bevölkerung weiter ausprägen.
Tabelle 3.2: Gesamte und ausländische Bevölkerung in Baden-Württemberg nach Alterskohorten (2002).
Alter
Unter 15
15-17
18 - 20
21 - 24
25 - 30
Über 30
Insgesamt
Insgesamt
n
%
1.740.197
16,3
357.733
3,4
361.267
3,4
504.746
4,7
629.825
5,9
7.067.552
66,3
10.661.320 100,0
Ausländer
n
%
199.022
15,9
43.718
3,5
51.342
4,1
96.945
7,7
146.071
11,7
715.920
57,1
1.253.018 100,0
Davon Türken
n
%
75.658
23,4
15.606
4,8
15.371
4,8
25.832
8,0
36.567
11,3
153.815 47,6
322.849 100,0
Quelle: Eigene Berechnungen nach Daten des Statistischen Landesamtes BadenWürttemberg. Stand: 31.12.2002.
Angesichts dieser Daten und Prognosen werden Fragen des Zusammenlebens von
Deutschen und Ausländern sowie die Problemdimensionen der Migrationsthematik in
den kommenden Jahren und Jahrzehnten zu einer der Kernfragen der deutschen Gesellschaft überhaupt.
Ein wesentlicher Detailaspekt dieser Rahmenproblematik betrifft Formen der aktuellen ökonomischen Eingliederung von Migranten in Deutschland, insbesondere im
Hinblick auf die durch sie entstehende Angebots- und Nachfrageerweiterung.
So ist beispielsweise die Zahl der ausländischen Unternehmen, die in Deutschland
produzieren und Dienstleistungen erbringen in den letzten Jahren deutlich gestiegen.
Gleichzeitig richtet sich das allgemeine wirtschaftliche Interesse auch auf ausländische
Konsumenten, die sowohl von politischen als auch von unternehmerischen Entscheidungsträgern zunehmend als wichtiger Wirtschaftsfaktor entdeckt werden. Dabei sind
ausländische Unternehmen sowie die ausländischen Konsumenten auch aufgrund ihrer
stetig steigenden wirtschaftlichen Potenz von großer Bedeutung.
Im Zuge der Anwerbevereinbarungen Anfang der 60er Jahre2 setzte die Zuwanderung
ausländischer Arbeitskräfte in die Bundesrepublik Deutschland in großem Umfang
ein. Heute ist unbestritten, dass nicht nur die deutsche Industrie von der Arbeitskraft
dieser durchschnittlich 20- bis 30-jährigen Männer und Frauen profitierte, sondern
auch das deutsche Sozialsicherungssystem. Bis zum Anwerbestop 1973 bestand die
2 Am
30. Oktober 1961 unterzeichneten Deutschland und die Türkei ein Abkommen, um "Gastarbeiter" aus Anatolien anzuwerben.
41
ausländische Bevölkerung in Deutschland hauptsächlich aus männlichen Erwerbstätigen. Erst später holten viele der ausländischen Arbeitskräften ihre Frauen und weitere
Familienmitglieder nach Deutschland. Infolge dieser Entwicklung hat sich der Anteil
der weiblichen Bevölkerung bis 1997 auf ca. 50 % erhöht.
Die Rückkehrhoffnungen der "Gastarbeitergeneration" erwiesen sich für viele als Illusion, aus dem vorläufigen Aufenthalt wurde ein Dauerzustand.3 So lebten Ende 1997
etwa 30 % aller Migranten und Migrantinnen schon 20 Jahre und länger in Deutschland, 40 % hatten Aufenthaltszeiten von mehr als 15 Jahren und die Hälfte von mehr
als zehn Jahren nachzuweisen. Bei den Türken liegt diese Zahl noch weitaus höher.
Zum genannten Zeitpunkt lebten fast zwei Drittel aller Türken bereits zehn Jahre und
länger in der Bundesrepublik.4 Eine zu Beginn des Jahres 1999 vom Zentrum für Türkeistudien durchgeführte Untersuchung zeigt weiterhin, dass derzeit knapp 75 % der
türkischen Bevölkerung in Deutschland keine Rückkehrabsichten hegt. Infolge dieser
migrationsgeschichtlichen Entwicklung, die ebenso für andere Migrantengruppen in
Deutschland gilt, sind die ehemaligen Arbeitsmigranten zu Inländern geworden, die
ihre gesellschaftliche und wirtschaftliche Zukunft in Deutschland planen und verwirklichen wollen.
Die Investitions- und Existenzgründungsbestrebungen sowie die produktive und konsumtive Potenz der Migranten hat sich daher ebenfalls nach Deutschland verlagert. So
wird beispielsweise der Wunsch nach einer ursprünglich in den Herkunftsländern geplanten Selbstständigkeit seit Jahren vermehrt in Deutschland realisiert.5 Ein weiteres
Indiz für die langfristige Verlagerung des Lebensmittelpunktes nach Deutschland ist
die Tatsache, dass auf dem Wohnungsmarkt vielfach ein Übergang vom Mietsegment
hin zum Eigentumssegment festzustellen ist.
Mit den Arbeitsmigranten kamen ebenfalls spezifische Bedürfnisse bezüglich landestypischer Waren und migrationsspezifischer Dienstleistungen nach Deutschland, die
von den deutschen Anbietern kaum befriedigt werden konnten. Aufgrund dieser Mangelsituation entstanden bereits Mitte der 60er Jahre die ersten ausländischen Betriebe und Unternehmen in den Ballungsräumen. Die ersten ausländischen Selbstständigen gründeten u.a. Lebensmittelgeschäfte, Import/Export-Unternehmen, Reisebüros,
Übersetzungsdienste, Teestuben oder Imbisse. Beispielhaft hierfür sind die türkischen
3 Die ersten "Gastarbeiter" wurden mit Blaskapellen und Blumen empfangen. Sie sollten die durch den
Mauerbau verschärfte Knappheit auf dem Arbeitsmarkt entspannen und das deutsche Wirtschaftswunder
retten – und dann gehen. So wünschten es sich nicht nur deutsche Politiker. Auch die meisten Türken
konnten sich damals nicht vorstellen, dauerhaft in Deutschland zu bleiben.
4 Die lange Aufenthaltsdauer der türkischen Bevölkerung entspricht allerdings nicht dem offiziellen
Aufenthaltsstatus: Von den insgesamt 2,11 Millionen in der Bundesrepublik lebenden Türken hatten Ende 1998 nur ca. 500.000 eine Aufenthaltsberechtigung (23,7 %), 750.000 eine befristete, 610.000 eine
unbefristete Aufenthaltsgenehmigung. Vgl. Bericht der Ausländerbeauftragten 2000: S. 15.
5 Sen/Goldberg 1996.
42
Lebensmittelgeschäfte, deren Zahl in den 80er und 90er Jahren stark zugenommen hat.
Parallel zu dieser Entwicklung entdeckten die Deutschen die Herkunftsländer der Migranten als Urlaubsziele, was nicht nur einer boomenden Tourismusbranche zugute
kam, sondern auch die Deutschen mit den fremden Kulturen der Migranten in Berührung brachte. Dies wiederum förderte die Geschäftstätigkeit vieler kleinerer ausländischer Unternehmen, die dadurch eine vermehrt deutsche Kundschaft verzeichnen
konnten. Die so gesteigerte Nachfrage nach Angeboten ausländischer Produkte sowie
die steigende Zahl türkischer Migranten führte u.a. dazu, dass heute beispielsweise
türkische Lebensmittel nicht mehr aus der Türkei importiert, sondern größtenteils in
Deutschland selbst hergestellt werden.
Eine weitere Gruppe unter den Lebensmittelproduzenten sind deutsch-türkische "joint
ventures", die die technologische und betriebswirtschaftliche Kompetenz deutscher
Produzenten mit dem zielgruppenspezifischen Know-how des türkischen Unternehmers verbinden. Als Folge dieser Entwicklung findet man beispielsweise seit längerem türkische Stammprodukte wie Fladenbrot oder bestimmte Wurst- und Käsesorten
in den Standardsortiments deutscher Supermärkte. Im Lebensmittelbereich hat sich
damit schon weitgehend eine Entwicklung vom ehemaligen ethnischen Nischenmarkt
zum Standardmarktsegment vollzogen.
Geschäfte und Produkte von ausländischen Gewerbetreibenden sind mittlerweile elementarer Bestandteil der deutschen Alltagskultur geworden. Pizza, Cappuccino, Döner
Kebap und Gyros gehören zur deutschen Esskultur wie Bratwurst oder Schweinebraten. Auch im Bereich der Dienstleistungen, im Handwerk, im Baugewerbe und in den
innovativen Technologien erweitern ausländische Anbieter die Angebotsstruktur.
Gleichwohl wird deutlich, dass die von den Migranten betriebenen Unternehmen noch
immer mehrheitlich der Nischenökonomie angehören und die Diffusion in weitere,
insbesondere technologisch innovative Beschäftigungsbereiche sehr gering ist. Es ist
auch die Gefahr der Schließung der sozialen Lebenswelten durch derartige Nischen zu
nennen. In den nächsten Jahren wird es insgesamt verstärkt darauf ankommen, der oftmals anzutreffenden unternehmerischen Orientierung auch in qualitativ höheren und
für die bundesdeutsche Wirtschaft zentralen Zukunftsbereichen Chancen zur Entfaltung zu geben.
Die demografischen Veränderungen, insbesondere das altersbedingte Ausscheiden von
qualifizierten Fachkräften wird in den nächsten Jahren einen erheblichen Fachkräftebedarf nach sich ziehen, so dass auch aus wirtschaftlichen Gründen ein Übergang aus der
ethnischen Nischenökonomie in die Schlüsselbereiche der Wirtschaft wünschenswert
ist. Ein derartiger Wandel ist jedoch stark von der Bildungsbeteiligung der Migranten
abhängig, die nachfolgend näher betrachtet wird und in einen ersten Ausblick zu den
43
Möglichkeiten des Eingriffs über die eingangs skizzierte mediale Vermittlung mündet.
3.1.2 Schule, Ausbildung und berufliche Stellung
Bis Mitte der 90er Jahre nahmen in Deutschland lebende junge Ausländer zunehmend
an der schulischen, beruflichen sowie Hochschulausbildung teil und erwarben formal
höhere Bildungsabschlüsse. Diese Entwicklung ist jedoch in den letzten Jahren nicht
nur ins Stocken geraten, sondern vor allem an beruflichen Schulen und im Bereich der
Lehre als rückläufig zu bezeichnen.
2001 lag die Bildungsbeteiligung junger Ausländer im Alter von 15 bis 20 Jahren in
der Bundesrepublik bei 68 %. Sie lag damit deutlich unter jener der gleichaltrigen
Deutschen, die eine Beteiligung von etwa 93 % aufwiesen.6 Im Bereich der Bildungsbeteiligung ist demzufolge die Diskrepanz zwischen Deutschen und Ausländern groß.
Tabelle 3.3: Schüler an allgemeinbildenden Schulen in Baden-Württemberg von 1990 2003.
Schuljahr
1990/91
1991/92
1992/93
1993/94
1994/95
1995/96
1996/97
1997/98
1998/99
1999/00
2000/01
2001/02
2002/03
Insgesamt
n
1.055.224
1.075.574
1.103.375
1.133.068
1.162.694
1.196.738
1.224.403
1.249.228
1.264.264
1.279.762
1.287.946
1.295.537
1.300.739
Ausländer
n
%
150.958 14,3
153.236 14,2
159.391 14,4
162.804 14,4
164.717 14,2
167.576 14,0
169.559 13,8
168.767 13,5
165.510 13,1
166.589 13,0
164.673 12,8
164.872 12,7
163.970 12,6
Davon Türken
n
%
58.758 5,6
58.850 5,5
58.861 5,3
59.016 5,2
59.585 5,1
61.525 5,1
63.512 5,2
65.396 5,2
67.888 5,3
67.888 5,3
68.977 5,4
69.470 5,4
69.499 5,3
Quelle: Eigene Berechnungen nach Daten des Statistischen Landesamtes
Baden-Württemberg. Stand: 9.10.2002.
6 DIW Wochenbericht 39/03: Die Bildungsbeteiligung bezieht sich auf allgemein bildende Schulen,
Berufschulen und Hochschulen. Einbezogen werden auch Personen in berufsvorbereitenden Maßnahmen
der Bundesanstalt für Arbeit. Die Hochschulbeteiligung bezieht sich hingegen nur auf Bildungsinländer.
44
Der Besuch von allgemeinbildenden Schulen ausländischer Jugendlicher hat in BadenWürttemberg bis 1993 stetig zugenommen. Jedoch, wie die vorgehende Tabelle 3.3
zeigt, sinkt ab diesem Jahr die Beteiligung ausländischer Kinder an allgemeinbildenden Schulen kontinuierlich ab, obwohl der Anteil der Ausländer in den entsprechenden
Alterskohorten im selben Zeitraum deutlich gestiegen ist. Bei den jungen türkischen
Migranten verhält es sich folgendermaßen: Bis 1995 ist der Schulbesuch rückläufig,
danach steigt er leicht an, inzwischen ist erneut eine Stagnation zu beobachten.
Insgesamt haben 83 % der in Deutschland lebenden Türken eine Schulausbildung absolviert, wobei der etwas größere Teil die Schule in Deutschland abgeschlossen hat,
ein kleinerer Anteil in der Türkei. Die Altersgruppe der 30 bis 39-jährigen Türken
hat etwa zu gleichen Teilen entweder eine deutsche oder eine türkische Schule absolviert. Diese Alterskohorte steht damit in der Mitte zwischen zwei Schulgenerationen:
die Jüngeren haben vorwiegend deutsche, die Älteren vorwiegend türkische Schulen
besucht.7
Differenziert man die allgemeinbildenden Schulen nach Schulart, ergibt sich folgendes
Bild:
Tabelle 3.4: Ausländische und türkische Schüler an allgemeinbildenden Schulen nach
Schularten in Baden-Württemberg im Schuljahr 2002/2003.
Grund- und
Hauptschulen
Sonderschulen
Realschulen
Gymnasien
Sonstige
Schulen*
Insgesamt
Deutsche Schüler
n
%
670.291
51,5
Ausländische Schüler
n
%
118.737
72,4
Türkische Schüler
n
%
54.237
78,1
54.565
4,2
13.718
8,4
5.124
7,4
243.210
307.204
25.469
18,7
23,6
2,0
17.242
12.846
1.427
10,5
7,8
0,9
6.665
3.094
360
9,6
4,5
0,5
1.300.739
100,0
163.970
100,0
69.470
100,0
Quelle: Eigene Berechnungen nach Daten des Statistischen Landesamtes
Baden-Württemberg. Stand: 9.10.2002.
* Waldorfschulen oder integrierte Orientierungsstufen
Im Schuljahr 2002/03 besuchten die türkischen Heranwachsenden in Baden-Württemberg mit Abstand am häufigsten Grund- und Hauptschulen, was einem Anteil von
7 Medienforschung
2001: Tab. 7
45
knapp 80 % entspricht. 9,6 % besuchten zum genannten Zeitpunkt eine Realschule,
weitere 7,4 % eine Sonderschule und lediglich 4,5 % ein Gymnasium. Im Vergleich
dazu besuchten deutsche Schüler zu 51,5 % Grund- und Hauptschulen, zu 18,7 %
Realschulen, zu 4,2 % Sonderschulen und 23,6 % Gymnasien. Das sind fast 20 Prozentpunkte mehr deutsche als türkische Schüler, die ein Gymnasium besuchen.
Betrachtet man diese Angaben mittels differenzierterer Erfassungkriterien, so fallen
die Ergebnisse noch drastischer aus, da die amtliche Statistik Schülergruppen allein
gemäß ihrer Staatsangehörigkeit erfasst. Aufgrund dessen sind in den oben genannten Daten auch jene Schüler als Deutsche in die Statistik eingegangen, die bereits
eingebürgert worden sind oder bei Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten
haben, auch wenn ihre Eltern bzw. ein Elternteil eine ausländische Staatsangehörigkeit besitzen. Unterscheidet man diese ”deutsche” Schülergruppe nun aber hinsichtlich
des vorhandenen Migrationshintergrundes, so sind 28,8 % der 15-jährigen Schüler in
Baden-Württemberg im Jahr 2000 Jugendliche mit Migrationshintergrund. Infolgedessen muss der tatsächliche soziale Unterschichtungsprozess im Bildungsbereich noch
weitaus stärker ausgeprägt sein, als in den obigen Angaben ersichtlich wird. 8
Nicht nur, dass Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund auf Realschulen
und Gymnasien deutlich unterrepäsentiert sind, darüber hinaus weisen die ausländischen Schüler tiefgreifende Leistungsdefizite auf. Hier liefern die Ergebnisse der
PISA-Studie genaue Angaben, die zudem erstmals eine differenzierte Einteilung der
Schülerschaft in drei Teilgruppen leistet: Eine Gruppe bezieht sich auf die ”native students”, also in Deutschland geborene Schüler, von denen mindestens ein Elternteil in
Deutschland geboren wurde. Eine weitere Gruppe umfasst die ”first-generation students”, d.h. Schüler, die in Deutschland geboren sind, deren Eltern aber noch im Ausland geboren wurden und erst später zugewandert sind. Die dritte Gruppe der ”nonnative students”, beinhaltet im Ausland geborene und später nach Deutschland zugewanderte Kinder und Jugendliche.
Gerade bezüglich der Lesekompetenz, die für den Erfolg in allen Schulfächern und damit den Wechsel in eine Realschule bzw. ein Gymnasium entscheidend ist, schneiden
die ”first-generation students” und die ”non-native students” bedeutend schlechter als
die ”native students” ab. Erwartungsgemäß am schlechtesten sind die Ergebnisse im
Bereich der Leseleistungen, der mathematischen und naturwissenschaftlichen Kompetenzen für die Gruppe der ”non-native students”, die darüber hinaus zu Hause ihre
Landesprache und nicht deutsch sprechen.9
Eine entscheidende Frage ist nun – und hier stützen sich die folgenden Aussagen wieder auf amtliche Statistiken – ob die ausländischen und hier insbesondere die türki8 Cortina
9 OECD
et al. 2003: Tab. 2.5
2001: www.pisa.oecd.org/knowledge/chap6/h.htm
46
schen Jugendlichen trotz dieser Leistungsdefizite das deutsche Schulsystem erfolgreich durchlaufen haben. Waren es noch 1980 erst etwa 27 % mit einer abgeschlossenen Schulausbildung, hat sich diese Zahl bis 1995 deutlich auf fast 87 % erhöht.10 Am
höchsten ist der Anteil ohne Schulausbildung unter den älteren türkischen Migranten.
In den jüngeren Generationen steigt der Anteil derjenigen mit Schulausbildung jedoch
deutlich an. Von den unter 30-Jährigen haben "nur" noch 10 % die Schule ohne Abschluss verlassen. Der am häufigsten erreichte Schulabschluss ist der Hauptschulabschluss, den 68 % absolviert haben. Die Mittlere Reife haben ca. 23 % abgeschlossen,
das Abitur allerdings lediglich 6 %.
Die positive Bedeutung einer abgeschlossenen Schulbildung in Deutschland zeigt sich
deutlich beim Berufseinmündungsprozess junger Türken, wie es dem nachfolgenden
Diagramm zu entnehmen ist.
Abbildung 3.1: Berufseinmündungsprozess junger Türken in Prozent (2002).
Sonstiges
Sonstiges
Keinerlei Tätigkeit
Keine Angaben
Heirat und
Gründung einer Familie
Keinerlei Tätigkeit
Gelegenheitsarbeiten
Berufstätigkeit begonnen
Keine Angaben
Berufsausbildung
begonnen
3.1
3.3
3
6.4
6.5
11.2
66.5
Heirat und Gründung einer
Familie
Gelegenheitsarbeiten
Berufstätigkeit begonnen
Berufsausbildung begonnen
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
50
55
60
65
70
Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung 2002: S. 200.
Fast 70 % haben im Anschluss an den erfolgreichen Schulbesuch eine Berufsausbildung begonnen, allerdings sind lediglich 11 % direkt in die Berufstätigkeit übergewechselt.
Dennoch sollten diese Ergebnisse nicht über die dramatische Situation türkischer Jugendlichen bei der Ausbildungsbeteiligung in Deutschland und Baden-Württemberg
hinwegtäuschen. In Deutschland gehen die Zahlen der Ausbildungsverträge von jungen Ausländern zurück. Waren es im Jahr 1997 noch 110.000 ausländische Auszubil10 Vgl.
Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung 1997. Die Daten entstammen einer Repräsentativerhebung.
47
dende (8,7 %), so sind es im Jahr 2001 nur noch 92.000 (6,8 %).11 Im Jahr 2002 waren
von 1,6 Mio. Auszubildenden nur noch 85.000 ausländischer Herkunft (5,3 %).12
Dieser Rückgang ist ein Indiz für zunehmende Schwierigkeiten bei der Eingliederung
junger Ausländer in die Ausbildung an beruflichen Schulen und in die Lehre. Unter
den beruflichen Schulen haben diejenigen mit alleiniger beruflicher Ausbildung oder
in Zusammenarbeit mit Betrieben oder überbetrieblichen Ausbildungswerkstätten ein
deutliches Übergewicht. Der Rückgang im Schulbesuch ist vor allem hier zu beobachten, während an anderen beruflichen Schularten und Schulen mit berufsorientierter Ausbildung (Berufsober-, Fachober-, technische Oberschulen etc.) ein Zuwachs zu
verzeichnen ist. Die letzteren Bildungsgänge führen allerdings zum größten Teil zu
keinem Berufsabschluss, sind keine Ausbildungsberufe nach dem Berufsbildungsgesetz und vermitteln nur selten eine Berechtigung für den Zugang zu höheren Bildungsgängen.
2002 wurden die ausländischen Lehrlinge vor allem bei Industrie, Handel und Handwerk beschäftigt, wobei der Handwerksbereich nach wie vor der Berufsbereich mit
dem höchsten Ausländeranteil (6,0 %) ist.13
Besonders schwach ist die Ausbildungsbeteiligung bei türkischen Mädchen und Frauen ausgeprägt. Da sie die quantitativ stärkste Gruppe unter den ausländischen Jugendlichen darstellen, ist dies besonders problematisch.
Das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg führt die rückgehende Ausbildungsquote im Wesentlichen auf die demographische Entwicklung, auf Sprachdefizite, abweichende Wertvorstellungen, den starken Einfluss familialer Strukturen und auf mangelnde Kenntnisse über das duale Ausbildungssystem zurück. Die mangelnde Integration der ausländischen Jugendlichen auf dem Schul- und Ausbildungssektor verweist
demnach auf weitreichende Defizite der Eingliederung in das gesamtgesellschaftliche
System Deutschlands. Zugleich wird damit die Dringlichkeit der gezielten Vermittlung
von bildungsbezogenen Wertvorstellungen deutlich, die der eigentlichen Bildungsaktivität vorausgehen. Schulische Einrichtungen, wie praktisch alle expliziten Bildungsangebote setzen eine mehr oder weniger ausgeprägte Basisbereitschaft zugunsten der
Bildung voraus und können Defizite dieser Voraussetzungen nur sehr rudimentär ausgleichen. Wie in Kapitel 4 im Einzelnen ausgeführt wird, kann die Vermittlung eben
jener Voraussetzungen, die offenkundig auch nicht in der Familie generiert werden, in
besonders wirkungsvoller Weise durch Fernsehunterhaltungsformate erfolgen.
Die unterdurchschnittliche Bildungsbeteiligung findet ihren entsprechenden Niederschlag im Übergang in den Arbeitsmarkt. Einwohner ausländischer Herkunft, und
11 Bundesministerium
für Bildung und Forschung 2003: Berufsbildungsbericht 2003: S. 89
Bundesamt 2003b: www.destatis.de/basis/d/biwiku/beruftab11.htm
13 Statistisches Bundesamt 2003c: www.destatis.de/basis/d/biwiku/beruftab4.htm
12 Statistisches
48
hier wieder vor allem türkische Migranten, sind in Deutschland und ebenso in BadenWürttemberg am stärksten von Arbeitslosigkeit betroffen. Eine Trendwende ist nicht
abzusehen: einerseits aufgrund der bleibenden Mängel im Bildungs- und Ausbildungssektor, andererseits durch den wirtschaftlichen und technologischen Strukturwandel,
wodurch der Anteil der Arbeitsstellen für un- und angelernte Arbeitnehmer sinkt.
So reduziert die seit Jahren auf hohem Niveau stagnierende Arbeitslosigkeit weiterhin die Chancen der ausländischen Arbeitnehmer auf dem deutschen Arbeitsmarkt.
Betrug die Arbeitslosenquote der ausländischen Arbeitnehmer im Jahr 1980 noch ca.
5 %, stieg sie im Jahr 2002 bis auf 17,8 % an,14 während sich die allgemeine Arbeitslosenquote im Vergleich von etwa 3,5 % auf 10,5 % erhöhte. Von der allgemeinen
Arbeitslosigkeit sind insbesondere türkische Arbeitnehmer betroffen, deren Arbeitslosenquote lag 2002 bei 22,7 %.15
14 Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration 2003: www.integrationsbeauftragte.de/download/datentab29.pdf
15 Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration 2003a: www.integrationsbeauftragte.de/download/datentab33.pdf
49
Abbildung 3.2: Arbeitslose in Deutschland in Prozent der Erwerbspersonen 19932002.
24
23
22
21
1993
20
1994
19
1995
18
1996
17
1997
16
1998
15
1999
14
2000
2001
13
2002
12
Arbeitslosenquote Ausländer Arbeitslosenquote insgesamt Arbeitslosenquote Türken
15.1
8.3
17.4
16.2
8.8
18.9
16.6
9.0
19.2
18.9
10.0
22.5
20.4
10.7
24.0
Arbeitslosenquote Ausländer
19.6
9.8
22.7
Arbeitslosenquote insgesamt
18.4
11.2
Arbeitslosenquote Türken 22.5
16.4
10.0
20.2
16.5
10.1
21.3
17.8
10.5
22.7
11
10
9
8
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
Quelle:
Integrationsbeauftragte
der
Bundesregierung,
Arbeitslosenquote
ausländischer
Arbeitnehmer
nach
Herkunftsländern,
www.integrationsbeauftragte.de/download/datentab33.pdf,
Integrationsbeauftragte
der Bundesregierung, Entwicklung der Ausländerarbeitslosigkeit und Ausländerbeschäftigung, www.integrationsbeauftragte.de/download/datentab29.pdf
Die stark steigende Arbeitslosigkeit sowie die Veränderung der Sozialstruktur durch
Erhöhung des Frauen- und Kinderanteiles, die steigende Verbleibabsicht und die verbesserte rechtliche und soziale Stellung bilden die allgemeinen Rahmenbedingungen
für die verstärkte Hinwendung zu Selbständigkeit und Unternehmensgründung.
So entwickelte der in den 80er und 90er Jahren einsetzende Gründerboom eine besondere Dynamik. Erfolgreiche Unternehmer der eigenen ethnischen Gruppe besaßen
Vorbildfunktion, so dass die nachkommende Generation aus den Erfolgen und Erfahrungen etablierter Unternehmer Zuversicht für das eigene unternehmerische Vorhaben
schöpften. Zudem förderte die Präsenz des Themas "Selbständigkeit" in den türkischsprachigen Medien das Klima zugunsten weiterer Existenzgründungen.
Dem entsprechend hat sich die Zahl der ausländischen Selbständigen im Zeitraum
von 1988 bis 1998 weit mehr als verdoppelt. Unter diesen machen die Türken mit
einem Anteil von über 18 % die größte Gruppe aus, gefolgt von italienischen und
griechischen Migranten.
Die türkischen Unternehmer haben auch in anderer Hinsicht wirtschaftliches Wachstum zu verzeichnen: Studien des Zentrums für Türkeistudien zufolge betrug ihr Umsatzvolumen im Jahre 2002 etwa 26 Milliarden EUR, ihr gesamtes Investitionsvolumen
50
etwa 6,5 Milliarden EUR.16
Die jährliche Kaufkraft der türkischen Bevölkerung in Deutschland beträgt etwa 17
Milliarden EUR, 97 % des Nettoeinkommens wird in Deutschland ausgegeben.17
Der Trend zur Neugründung ausländischer Unternehmen wird aller Voraussicht nach
auch in Zukunft anhalten, ebenso wie die hohe Konsumneigung der Migranten. Die im
Vergleich zur deutschen Bevölkerung junge Migrantenbevölkerung führt zu einer erhöhten Konsumnachfrage. Insbesondere jene Jugendliche mit Migrationshintergrund,
die in Deutschland sozialisiert wurden, werden sich bezüglich des Konsumverhaltens
zunehmend von ihren Elterngenerationen unterscheiden.18
Wie bereits im vorhergehenden Abschnitt erwähnt, ist das von Migranten, insbesondere von der türkischen Population, bezüglich der Unternehmensgründungen festzustellende Engagement für die deutsche Wirtschaft insgesamt von Bedeutung. Die ausgeprägten Potentiale im Bereich der kaufmännischen Tätigkeiten, zusammen mit einem
ausgeprägten Sparverhalten und hoher allgemeiner Leistungsbereitschaft bilden eine
wichtige Grundlage für erfolgreiche Existenzgründungen. Diese Aktivitäten werden
bislang in der medialen Öffentlichkeit nicht mit der notwendigen Aufmerksamkeit bedacht. Eine gezielte Thematisierung dieser Zusammenhänge würde einen positiven
Eindruck vom Wirtschaftsbeitrag der Türken in Deutschland erzeugen und so ein positives Selbst- bzw. Fremdbild in der Minderheiten- bzw. Mehrheitsbevölkerung fördern.19
Zugleich ermöglicht die Präsenz dieser Thematik in den Medien, Kenntnisse über ökonomische Abläufe und Notwendigkeiten in Deutschland zu vermitteln. Dies ist für die
türkischen Unternehmer deshalb von Wichtigkeit, da sich fehlende Sprach- und Branchenkenntnisse, eine meist sehr geringe Eigenkapitalausstattung und auch fehlende
Erfahrung mit der kaufmännischen Betriebsführung negativ auf die türkische Unternehmenspraxis auswirken. Dies und der Mangel an betriebswirtschaftlicher Beratung
und Information, erschwert nicht nur die Gründung von neuen, sondern gefährdet auch
die Existenz schon bestehender Betriebe. So müssen nach Angaben des türkischen
Versorgungswerkes (VTU) in Deutschland nahezu 70 % aller türkischstämmigen Selbständigen in den ersten beiden Jahren wieder aufgeben.
16 ZfT
Stiftung
Zentrum
für
Türkeistudien
2003:
www.zftonline.de/de/aktuelles/pressemitteilungen/detail.php
17 Agentur für Medien und Kommunikation Lab One GmbH 2002: Lebenswelten Deutschtürken 2002.
18 Vgl. Sen/Goldberg 1996; Statistisches Bundesamt 2000; Zentrum für Türkeistudien 2000.
19 Im Kontext eigener Vorarbeiten zum Thema "Schaffung von Immobilienwerten durch Migranten"
wurde bei Sparkassen und Banken ermittelt, dass beispielsweise die Disziplin bei der Tilgung von Darlehen sehr hoch und insgesamt das Kreditausfallsrisiko bei diesen Personengruppen geringer ist als bei
deutschen Darlehensnehmern.
51
3.1.3 Kulturelle Aspekte der Integration
Der Grad der Integration wird nicht allein an der Bildungs- bzw. Arbeitsmarktbeteiligung von Mitgranten gemessen, sondern muss zudem anhand von kulturellen bzw.
sprachlichen und verschiedenen sozialen Kompetenzen bestimmt werden. Letztere
sind stark von der Verweildauer der Einwanderer abhängig. Während die erste Generation der Türken noch deutlich in der traditionellen türkischen Kultur verwurzelt ist,
lernt die zweite und dritte Generation die Türkei hauptsächlich über Erzählungen der
Eltern und Verwandten, aus den Medien und über jährliche Urlaubsreisen kennen.20
Ihr Lebensmittelpunkt liegt jedoch eindeutig in Deutschland. Schwierigkeiten ergeben sich jedoch aus der doppelseitigen Sozialisation der türksichen Heranwachsenden:
Zum einen sind sie geprägt durch die türkische Enkulturation in der Familie, zum anderen werden sie in deutschen Institutionen wie Kindergärten und Schulen sozialisiert.
Verschiedene Faktoren, führen deshalb – neben der beschriebenen Integrationsmängel
im Bildungs- und Ausbildungswesen – zu einer unvollständigen gesellschaftlichen Integration türkischer Migranten in Deutschland. Trotz des räumlichen Wurzelschlagens
in Deutschland, entstehen demzufolge Defizite in der sozial-kulturellen Integration in
die Aufnahmegesellschaft.
Ein zentraler Aspekt, bezüglich dessen sich deutsche und türkische Bevölkerungsgruppen unterscheiden, liegt in der jeweiligen Bedeutung von Religion und Religiosität im
Alltag. Der muslimische Glaube und seine kulturelle und soziale Bedeutung für Migranten und Aufnahmeland kann im Rahmen dieser Forschungsarbeit nicht grundlegend erörtert werden und wird deshalb nur in Kürze skizziert. Für die in diesem Bericht
entwickelten Möglichkeiten einer medialen Integrationspraxis wäre jedoch in Zukunft
eine tiefergehende Analyse der Einstellungen bezüglich verschiedener Religionen in
der Mehrheits- und Minderheitsgesellschaft zu leisten. 85% der türkischstämmigen
Migranten gehört im Jahr 2001 der muslimischen Glaubensgemeinschaft an, 10 %
zählen sich zu keiner Kirchengemeinschaft und ca. 5 % sind Teil einer christlichen
Glaubensgemeinschaft.21 Für 62 % der türkischen Bevölkerung ist Religion wichtig
oder sehr wichtig, für 17 % ist sie mittel wichtig und für 15 % wenig bis gar nicht
wichtig, 6 % geben an, nicht religiös zu sein. Auch in der jüngeren Altersgruppe räumen nur wenige (unter 15 %) der Religion für ihren Alltag eine unwesentliche Rolle
ein. Im Vergleich dazu trägt nur für weniger als 20 % der Deutschen die Religion im
Alltag eine wichtige Bedeutung.22
20 Über
50 % der in Deutschland lebenden Türken reist mindestens einmal im Jahr in die türkische
Heimat, ebenso viele telefonieren häufiger als einmal im Monat mit Freunden und Familienangehörigen
in der Türkei. Siehe hierzu Medienforschung 2001: Tab. 24, Tab. 25.
21 Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung 2002: Tab. 7.12
22 Medienforschung 2001: S. 11, Tab. 6a
52
Laut einer Umfrage im Dezember 2001 unter 1003 Türken in Berlin, sind 35 % der
Befragten der Ansicht, dass Ablehnung und Misstrauen gegenüber Muslimen im Anschluss an die Terroranschläge vom 09. September 2001 zugenommen haben. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass infolge dieser Entwicklung von 77 % der
Türken in Berlin der Ansicht sind, dass Gespräche zwischen Muslimen und NichtMuslimen Abhilfe und Aufklärung stiften können.23 Diese grundsätzlich festzustellende kulturelle Offenheit kann seitens der Medien aufgegriffen werden, um Barrieren
in Bezug auf religös-bestimmte Vorurteile und Unkenntnis zwischen den Kulturen zu
überwinden.
Ein weiterer Indikator für den Grad der Integration von Migranten in die Mehrheitsgesellschaft ist die Sprachkompetenz. Das Beherrschen der deutschen Sprache entscheidet über das Ausmaß der Möglichkeiten der sozialen, gesellschaftlichen, politischen
und wirtschaftlichen Teilnahme in der Gesellschaft. Nach eigener Einschätzung sprechen über 90 % der in Deutschland lebenden Türken gut oder sehr gut türkisch, etwa
75 % können ihre Muttersprache darüberhinaus gut bzw. sehr gut schreiben. Deutliche Defizite, besonders im Schreiben der türkischen Sprache, weisen jüngere Befragte
besonders in der Altersgruppe zwischen 14 und 18 Jahren auf. Nur ca. 60 % besitzt
schriftsprachliche Kompetenzen.
Die Kenntnisse der deutschen Sprache sind dagegen weitaus weniger gut ausgeprägt.
Nur knapp mehr als 70 % verstehen die deutsche Sprache gut oder sehr gut, gute bis
sehr gute Schreibkompetenzen sind dagegen bei nur 46 % vorhanden.24 ’25
23 Ausländerbeauftragte
des Senats Berlin 2002.
2001: S. 13
25 Vgl. hierzu auch Granato 2001, die sich u.a. mit der Sprachkompetenz türkischer Kinder im Alter
von 6 bis 13 Jahren befasste.
24 Medienforschung
53
Abbildung 3.3: Gute bis sehr gute Sprachkompetenzen (2001).
türkisch
100
95
93
deutsch
90
82
80
70
Prozent
76
72
65
60
55
46
50
40
30
20
10
0
Verstehen
Sprechen
Lesen
Schreiben
Quelle: Medienforschung 2001: S. 13; N = 1761.
Für die deutsche Sprachkompetenz spielt das Lebensalter, die Aufenthaltsdauer und
die Geburt in Deutschland eine entscheidende Rolle: Die bis 29-Jährigen (also die dritte Generation der in Deutschland lebenden/geborenen Türken) haben die geringsten
Defizite; mit zunehmendem Alter werden diese jedoch gravierender. Die Türken der
zweiten Generation, die 30- bis 49-Jährigen, liegen im Mittel. Die wenigsten Sprachprobleme haben die in Deutschland geborenen Türken.26
Die alltägliche Sprachpraxis wird durch die privaten, schulischen, beruflichen und öffentlichen sozialen Beziehungen beeinflusst. Im Alltag sprechen ca. 37 % der Befragten beinahe ausschließlich türkisch und ca. 38 % etwa gleichviel türkisch und deutsch;
etwa 25 % sprechen im Tagesverlauf überwiegend deutsch. Bei den bis 29-Jährigen
tritt die türkische Alltagssprache in den Hintergrund.
An erster Stelle steht für diese Gruppe die doppelte Sprachbenutzung, an zweiter der
beinahe ausschließliche Gebrauch der deutschen Sprache. Demgegenüber lässt sich
feststellen, dass sich die älteren türkischen Bevölkerungssegmente immer mehr auf
eine homogene türkische Alltagssprachkultur hinbewegen.27
"Wenige Sprachprobleme" und ein zunehmender Gebrauch der deutschen Sprache bei
den jungen Türken sind allerdings nicht gleichzusetzen mit ausreichenden Kompetenzen im Bezug auf die für die Ausbildung relevante hochdeutsche Sprache. Die Er26 Medienforschung
27 Medienforschung
2001
2001
54
gebnisse der PISA-Studie haben diese Problematik eindeutig illustriert. Gerade die
sprachlichen Mißstände führen zu weitreichenden Problemen im weiteren Schul- und
Ausbildungsverlauf. In der bereits angesprochenen Berliner Studie kommt ein deutliches Bewusstsein für diese Problematik zum Ausdruck. So sprechen sich 71 % für
die Einrichtung von Deutschunterricht in Kindertagesstätten aus, um auf diese Weise
den Schuleinstieg und -verlauf positiv zu beeinflussen. Auf die Frage "Es wird diskutiert, neuen Zuwanderern, z. B. nachziehende Familienangehörige, Integrations- und
Sprachkurse unmittelbar nach dem Zuzug anzubieten. Sind Sie für oder gegen solche
zügigen Integrations- und Sprachkursangebote?" haben 95 % der befragten Türken
mit "Dafür" geantwortet, nur 3 % waren dagegen, 2 % antworteten mit "Weiß nicht".28
Diese deutliche Bereitschaft zum Lernen der deutschen Sprache sollte sich positiv auf
die im Januar 2005 in Kraft tretende Praxis der Integrationskurse für Ausländer auswirken.
3.1.4 Staatsbürgerschaft und Staatsbürgerschaftswunsch
Ein weiterer Indikator gesellschaftlicher Integration ist die Aufenthaltsplanung und
der ausdrückliche Staatsbürgerschaftswunsch von Migranten. Im Jahr 2001 sind sich
56 % der türkischen Bevölkerung sicher, in Deutschland bleiben zu wollen. Ca. 40 %
sind unentschlossen, 3 % wollen zehn Jahre und mehr bleiben.29 Interesse an einer
Rückkehr in das Heimatland haben ca. 27 %, 17 % haben keinerlei Interesse an einer
Rückkehr und 56 % sind unentschlossen.30
Bezogen auf die Staatsbürgerschaft lässt sich laut der o.g. Berliner Umfrage anführen,
dass bereits 21 % der Türken die deutsche Staatsbürgerschaft haben, 15 % haben einen
Antrag gestellt und 28 % wollen den Antrag demnächst stellen. Nur 35 % haben nicht
vor, die deutsche Staatsbürgerschaft zu beantragen.31
28 Ausländerbeauftragte
29 Bundesministerium
30 Ebenda:
des Senats Berlin 2002
für Arbeit und Sozialordnung 2002: Tab. 11.13
Tab. 11.18
31 Ausländerbeauftragte
des Senats Berlin 2002. Es wird davon ausgegangen, dass die Ergebnisse unter
den türkischen Einwohnern Berlins auf Gesamtdeutschland übertragen werden können.
55
Abbildung 3.4: Staatsbürgerschaft bzw. Staatsbürgerschaftswunsch (2001)
diagr_4.ps not found!
Quelle: Medienforschung 2001: S. 83.
Das Interesse an der deutschen Staatsbürgerschaft hängt in starkem Maße vom Alter
der Befragten ab. 73 % der über 45-Jährigen lehnen die deutsche Staatsbürgerschaft
ab, wohingegen nur 30 % der unter 25-Jährigen diese Ablehnung teilen.32
3.1.5 Deutsch-türkische Kontakte
Das Ausmaß der persönlichen Kontakte zwischen In- und Ausländern kann als Indikator für das Ausmaß der sozialen Integration betrachtet werden. 55 % der Türken hat
regelmäßigen Kontakt mit deutschen Freunden und Bekannten, bei den Jugendlichen
(14- bis 18-Jährigen) sind es sogar über 80 %. Andererseits gibt es eine Gruppe von
13 % der über 50-Jährigen, die sich nie mit deutschen Freunden trifft.33 Insbesondere
die jüngere türkische Bevölkerung in Deutschland findet es gut, wenn "ihre Landsleute
viele deutsche Bekannte und Freunde haben". 92 % der 14- bis 18-Jährigen begrüßen
dies. Ähnlich verhält es sich bei den 19- bis 29-Jährigen mit 88 % Zustimmung zu
deutschen Kontakten. Diese Zahl nimmt mit zunehmendem Alter ab: Nur 52 % der
über 60-Jährigen heißen deutsch-türkische Kontakte Willkommen.34
Die Einstellung zu binationalen Ehen gibt Auskunft über das Maß der empfundenen
bzw. gelebten kulturellen Nähe zweier Nationalitäten und die Offenheit beider ethnischer Gruppen. Die Akzeptanz inter-ethnischer Ehen durch türkischstämmige Eltern
hat im Verlauf der Jahre zwischen 1985 und 1995 stark zugenommen, so dass Mitte der
90er etwa die Hälfte der türkischen Eltern deutsch-türkische Ehen akzeptieren konnten. Im Jahr 2000 erklärten sich hingegen nur noch ein Drittel mit binationalen Ehen
32 Bundesministerium
33 Medienforschung
34 Ebenda:
für Arbeit und Sozialordnung 2002: Tab. 12.16, 12.17
2001: Tab. 27
Tab. 29
56
einverstanden. Bei den unter 40-Jährigen gibt es ca. 57 % Zustimmung und positive
Beurteilung, die Älteren, besonders die über 49-Jährigen, verneinen deutsch-türkische
Ehen zu 41 %.35
Ein weiterer Indikator für den Grad der Integration von Türken in die deutsche Alltagskultur ist das Vereinsleben. Gut 30 % der Türken sind Mitglied in mehreren Vereinen,
in der jüngsten Gruppe der bis 19jährigen sind es sogar über 40 %. Bei Letzteren spielen deutsche Vereine die Hauptrolle; bei den über 40jährigen hingegen überwiegend
türkische Vereine.36 Erneut zeigt sich hinsichtlich dieses Gesichtspunktes, dass sich
die junge Generation der türkischen Bevölkerung in Deutschland weitaus stärker in
verschiedenen Bereichen des deutschen Alltagslebens einzubringen versucht.
Die allgemeinen, das Aufnahmeland betreffenden Informationsinteressen von Seiten
der ethnischen Minderheiten sind ein weiteres Indiz für eine gelingende Integration.
Während bis auf 10 % alle in Deutschland lebenden Türken über aktuelle Ereignisse
in der Türkei informiert sein wollen,37 sind nur etwa 38 % der Befragten an Geschehnissen in Deutschland interessiert.38 Das deutschlandbezogene Informationsinteresse
steigt jedoch mit zunehmender Aufenthaltsdauer der türkischen Gruppen in der Bundesrepublik kontinuierlich an.
Informationen speziell über die deutsche Politik werden eher gering geschätzt. So finden nur etwa 25 % eine aktuelle politische Informiertheit erstrebenswert. Auch bleibt
hier ein positiver Jugendeffekt deutlich aus, türkische Jugendliche sind am wenigsten
an deutscher Politik interessiert.39 Anders verhält es sich allerdings, wenn es um politische Ereignisse geht, die die in Deutschland lebenden Türken direkt oder indirekt
betreffen. Diese werden aufmerksam rezipiert und diskutiert. Themen wie beispielsweise Ausländerfeindlichkeit, Rechtsextremismus und Arbeitslosigkeit in bestimmten
Wirtschaftsbereichen wollen ca. 70 % der Befragten genau verfolgen.40
Dieses spezifische Interesse ist u.E. insgesamt ein sehr wichtiger Ankerpunkt für die
Vermittlung von Informationen und von weiteren Zusammenhängen. Es zeigt, dass die
Darstellung der eigenen Lebenssituation in Deutschland, sofern sie in der Öffentlichkeit thematisiert wird, sehr aufmerksam wahrgenommen wird. Dies beinhaltet zugleich
eine Aufforderung an die Medien, die entsprechenden Themenbereiche speziell für das
jugendliche Publikum der türkischen Migranten aufzubereiten.
35 Medienforschung
2001: Tab. 30
36 Ebenda:
Tab. 31
37 Ebenda: Tab. 32
38 Ebenda: Tab. 34
39 Ebenda: Tab. 35
40 Ebenda: Tab. 36
57
3.1.6 Politische Einstellungen und Vertrauen in Institutionen
Abschließend sollen im Folgenden die politischen Einstellungen und das Vertrauen
der Migranten gegenüber deutschen Institutionen als Integrationsindikator behandelt
werden. Hier lässt sich feststellen, dass die türkischen Migranten den deutschen Institutionen je mehr vertrauen, desto stärker diese Institutionen mit der privaten Alltagswelt der Türken in Beziehung stehen. 76 % aller Türken haben großes Vertrauen in das
deutsche Gesundheitssystem, 61 % in das deutsche Schulsystem. Ämtern und Behörden inklusive der Polizei und den Gerichten einerseits sowie den Sozialeinrichtungen
für Türken andererseits wird von etwa 43 % starkes Vertrauen entgegen gebracht. Parteien (15 %) und Gewerkschaften (22 %) dagegen wird mit Abstand am wenigsten
Vertrauen entgegengebracht.41
Abbildung 3.5: Vertrauen in deutsche Institutionen (2001).
Sozialeinrichtungen
43
für Türken
Ärzte/Krankenhäuser
76
Schulen
61
Polizei/Gerichte
43
Ämter/Behörden
42
Gewerkschaften
22
Parteien
15
0
10
20
30
40
50
60
70
80
Prozent
Quelle: Medienforschung 2001: S. 98; N = 1761
Die Einstellung zur Politik hat mehrere Aspekte: Einerseits stimmen fast 90 % der Türken der Aussage zu, dass Deutschland im Ganzen betrachtet ein gutes Land zum Leben
sei, andererseits besteht, wie gezeigt, eine Distanz zur deutschen Politik, die voraus41 Medienforschung
2001: S. 98
58
sichtlich als Ausdruck einer allgemeinen politischen Entfremdung von Migranten zu
bewerten ist. Ca. 50 % der befragten Türkinnen und Türken finden Politik zu kompliziert, um sich damit wirklich auseinanderzusetzen. Viele der Befragten sind darüber
hinaus der Meinung, dass die Arbeit deutscher Politiker relevanter für die deutsche
Bevölkerung ist als für die in Deutschland lebenden Türken.42 Der politische Organisationsgrad ist relativ niedrig: nur etwa 4 % sind Mitglieder in politischen Parteien oder
politischen Vereinigungen – und dies ist zu 75 % eine Partei des Herkunftslandes.43
Soll die Integration der Migranten in der Bundesrepublik Deutschland gelingen, so
müssen erhebliche Anstrengungen unternommen werden, um diese sehr geringe Einbindung in das politische Leben zu überwinden. Sie ist jedoch auch Ausdruck der
geringen aktiven Beteiligungsmöglichkeiten in der Politik, die Ansatzpunkte des Handelns sind entsprechend in der Ausweitung dieser Partizipationsangebote zu suchen.
Bezüglich der Medien stehen hier vielfältige Möglichkeiten der Thematisierung in
Wissens- und in Unterhaltungsformaten zur Verfügung, wie sie in Kapitel 4 beispielhaft dargestellt werden.44
3.1.7 Zur Situation der türkischen Jugend
In der Jugendphase erfolgen grundlegende Weichenstellungen bezüglich der schulischen Ausbildung und damit verbunden bilden sich insgesamt die Verlaufsformen einer mehr oder minder ausgeprägten Integration heraus. Daher gilt der Situation der
jugendlichen Migranten, hier insbesondere die der türkischen Jugendlichen, besondere Aufmerksamkeit.
Die zweite und dritte Generation der in Deutschland geborenen bzw. hier aufgewachsenen Türken haben die Absicht, ihr Leben in Deutschland fortzusetzen. Dafür sprechen nicht nur die – zumindest im Vergleich zu den Aussichten in der Türkei – besseren Lebensbedingungen bzw. Berufs- und Ausbildungschancen, sondern auch die aufgebauten sozialen Netzwerke und die Entfremdung von der Türkei. Aufgrund dieser
kämpfen die in Deutschland aufgewachsenen Türken mit einer ambivalenten Lebenssituation: Ein Großteil von ihnen ist weder in der deutschen, noch in der türkischen
Kultur vollständig verwurzelt. Einerseits werden sie in deutschen Institutionen bzw.
in deutscher Umgebung sozialisiert, zugleich erfolgt die frühkindliche Enkulturation
innerhalb ihrer türkischen Familie und Gemeinde. Infolgedessen entwickeln sie eine
Mischidentität, aufgrund derer sie in der Türkei weder Fisch noch Fleisch sind und als
sogenannte "Deutschlinge" abgestempelt werden, die sich durch ihren Deutschlandaufenthalt von der Heimatkultur entfremdet haben.
42 Medienforschung
2001: Tab. 38
für Arbeit und Sozialordnung 2002: Tab. 10.2
44 Wagner et al. 2001; Mangold 2000; von Bardeleben und Troltsch 2000
43 Bundesministerium
59
Die ambivalente Stellung der türkischen Jugendlichen bezieht sich jedoch nicht nur auf
ihr Verhältnis zum Heimatland; als ebenso zwiespältig erweist sich ihre innerfamiliäre
Situation. Während sie schon früh in Kontakt mit deutschen Institutionen und sozialen wie kulturellen Gepflogenheiten treten, ist die erste Generation ihrer Eltern noch
in der Türkei sozialisiert worden. Aufgrund dessen kommt es innerfamiliär zu Problemen: einerseits praktischer Natur, z.B. bezüglich der Beratung und Hilfe im Hinblick
auf Schule, Berufsausbildung und den Umgang mit deutschen Einrichtungen, da die
Eltern mit dem deutschen Bildungssystem und den deutschen Strukturen selbst kaum
vertraut sind. Andererseits erfolgt eine zwiespältige emotionale Beziehung: Die Kinder beherrschen die deutsche Sprache besser als ihre Eltern sowie sie auch andere
Elemente der deutschen Kultur übernehmen. Darüber hinaus entschließen sie sich zumeist für einen dauerhaften Verbleib in diesem Land. Für die Eltern hingegen bleibt
die türkische Kultur bestimmend, so dass sie auch weiterhin eine Rückkehr in Betracht
ziehen.
Zu dieser Ambivalenz innerhalb der Familie treten die "üblichen" Generationenkonflikte hinzu, wobei die traditionelle Rollenverteilung in türkischen Familien häufig in
starkem Kontrast zu jener der deutschen Familienkonstellationen steht und damit weitere Anpassungsschwierigkeiten hervorruft. Zudem erschwert die durchschnittlich hohe Arbeitsbelastung der Eltern die umfassende Betreuung der Kinder. Doch gerade
jene regelmäßige Unterstützung bei der Gestaltung des Schulalltages und die Beziehungen bzw. das Engagement der türkischen Eltern in der Schule ihrer Kinder sind von
größter Bedeutung für deren Bildungserfolge. Kinder von Eltern, die frühzeitig Kontakt zur Schule und zu den Lehrern aufnehmen und sich im deutschen Bildungswesen
auskennen, haben durchschnittlich bedeutend höhere Chancen auf überdurchschnittlich gute Schullaufbahnen und entsprechende größere berufliche Karrierechancen.
Wesentlich prägend ist der Umstand, dass die Informiertheit der Eltern bezüglich des
deutschen Bildungssystems, sofern wenigstens bruchstückhaft vorhanden, zumeist aus
den Medien, d.h. hauptsächlich aus dem Fernsehen stammen, wenn nicht Bekannte,
Freunde oder auch engagierte deutsche Lehrer eine praktische Beratung liefern. Die
bei der deutschen Bevölkerung erfolgende Vermittlung von Wissen über das Bildungssystem und die Bewertung der Teilbereiche erfolgt ebenfalls in erheblichem Ausmaß
über das soziale Umfeld und die Medien. Der wesentliche Unterschied liegt hierbei
darin, dass grundlegendes Wissen in den jeweiligen Milieus bereits vielfältig verankert ist und lediglich erweitert und aktualisiert wird bzw. eine allmähliche Veränderung
hinsichtlich der Bewertung erfährt. Jede soziale Schicht bzw. jedes soziale Milieu tradiert einen mehr oder weniger spezifischen Bestand an Kenntnissen, Bewertungen und
Präferenzen gegenüber der Bildung, der gebrochen über die soziale Kommunikation
60
und maßgeblich beeinflusst durch das Fernsehen zu Bildungsentscheidungen führt.45
Die Vermittlungsprozesse verdeutlichen u.E. die enormen Möglichkeiten, das bei den
Migranten sozial verankerte Wissen über das Bildungssystem in Deutschland durch
intelligent konzipierte Fernsehformate zu erweitern und somit Voraussetzungen für
reflektierte und kenntnisreiche Bildungsentscheidungen zu schaffen. Gerade in der Situation der zwischen zwei Kulturen stehenden türkischen Jugendlichen gewinnt z.B.
die Kommunikation über attraktive Fernsehserien in Peergroups und auch in der Familie eine enorme Bedeutung und kann so nachhaltig die Bildungspräferenzen verändern.
Die Schulzeit wird von vielen türkischen Jugendlichen, wie es sicher auch bei den
meisten ihrer deutschen Altersgenossen der Fall ist, eher unreflektiert "absolviert" und
weniger als eine Lehr- und Ausbildungsphase wahrgenommen, in der man sich weiterbildet, für eine Ausbildung entscheidet und seine berufliche Zukunft zumindest ansatzweise entwirft. Viele türkische Schüler beenden ihre Schulzeit in der Folge, ohne
konkrete Pläne für die kommende Lebens- und Ausbildungsphase entwickelt zu haben.
Zudem ist während der Schulausbildung die Konzentration auf das Freizeitleben stark
ausgeprägt. Hier wird das soziale Leben in den vielfältigen Formen einer stark medienzentrierten Jugendkultur entfaltet. Ein spezifischer Sprach-, Musik- und Kleidungsstil sowie die daran geknüpften Gruppenzugehörigkeiten, wie sportliche Aktivitäten,
Jugendzentren, türkische Diskos und Treffpunkte, bilden zentrale Elemente der Jugendkultur. Hier geht es um soziale Zugehörigkeit, das Vergnügen und den speziell
jugendlichen, auf einen im "Hier und Jetzt" bezogenen Lebensstil.
Diese mangelhaft ausgeprägte Lebens- und Ausbildungsplanung verstärkt für türkische Jugendliche die negativen Folgen der z.T. defizitären Leistungen in der Schule sowie die ungenügende Einbindung und Kenntnis der Wertestrukturen und Rollenerwartungen einer erfolgreichen Berufslaufbahn in Deutschland. Nach der Schulzeit
spielen deshalb v.a. die Beziehungen im türkischen Netzwerk eine zukunftsentscheidende Rolle: In vielen Fällen folgt die Arbeit in einem türkischen Unternehmen eines Verwandten oder Freundes, zumeist in Form von un- und angelernte Tätigkeiten.
An dieser Stelle wird deutlich, dass die türkischen Jugendlichen noch immer keine
feste Positionierung in der deutschen Gesellschaft gefunden haben, obwohl sie räumlich bereits ein integrierter Teil der Mehrheitsbevölkerung sind. Die unbefriedigende
schulische Entwicklung sowie die enge Bindung an die türkische Gemeinschaft führen
nach der Loslösung aus der schulischen Sozialisation zurück in die türkischen Beziehungsstrukturen. Die Beschäftigung im Unternehmen eines Verwandten hilft über den
45 Die
Bedeutung der milieuspezifischen Vorstellungen zur Bildung wurde von den Autoren am Beispiel der deutschen Facharbeiter in der Industrie empirisch untersucht. Siehe hierzu den Bericht an die
Europäische Kommission: Mangold u.a. 2001: Berufliche Entwicklungswege von Facharbeitern im modernisierten Betrieb, Tübingen 2001
61
Ausbildungs- oder Arbeitslosenstatus hinweg, verhilft aber zu keiner weiterführenden
Lebensplanung oder zu einer Ausbildung. Auf diese Weise entwickelt sich ein integrativer Rückschritt aus den politischen, sozialen und gesellschaftlichen Bereichen der
Mehrheitskultur, wodurch sich die "Selbstethnisierung" und Ausgrenzung der türkischen Bevölkerung vertieft.
Die Vorstellungen vom Lebensglück seitens türkischer Jugendlicher sind vor allem auf
ein glückliches Familienleben, Liebespartnerschaften, materiellen Wohlstand bezogen,
der aber in vielen Fällen durch Schicksal und Fortune und nur in wenigen Fällen durch
die eigene Leistung als erreichbar gedacht wird. Weiterhin treten inzwischen durch die
Medien generierte Wunschvorstellungen verstärkt hervor: So träumen viele türkische
Jugendliche von Film- und Schauspielerkarrieren oder sehen sich im Rampenlicht von
Musik- oder anderen Showbiz-Events. Der Traum von einer Karriere im Entertainmentbereich ist sicher kein typisch türkischer Wunsch. An diesem Punkt treffen sich
die Vorstellungen der ausländischen und deutschen Jugendlichen trotz unterschiedlicher kultureller Lebensentwürfe und -chancen Dank der beiderseitigen Rezeption der
aktuellen Medienangebote. Fernsehformate wie Popstars oder Star Search werden von
beiden Nationalitäten gleichermaßen rezipiert. Darüber hinaus wird dieses Interesse
auch von beiden Seiten in die Tat umgesetzt: An jenen Casting-Shows nehmen sowohl
deutsche als auch türkische, aber auch Bewerber anderer Nationalitäten teil.
3.2 Medien und Mediennutzung der türkischen Bevölkerung
in Deutschland
3.2.1 Allgemeine Mediennutzungsprofile
Seit Mitte der 80er Jahre hat sich die türkische Medienlandschaft mindestens ebenso
stark verändert, wie die türkische Community selbst. Relativ unbeachtet von der deutschen Öffentlichkeit und der Migrationsforschung hat sich neben der deutschen auch
eine türkische Medienlandschaft entwickelt. Mittlerweile gibt es Medien von und für
Migranten, bei denen Sendungen deutscher Rundfunkanstalten für die in Deutschland
lebenden Migranten konzipiert werden.
Unter anderen hat auch das Zentrum für Türkeistudien 1996 im Rahmen einer umfassenden Studie, die im Auftrag des Bundespresseamtes durchgeführt wurde, den Medienkonsum der türkischen Bevölkerung in Deutschland untersucht. Die Ergebnisse
bestätigen eine hohe Inanspruchnahme türkischsprachiger Medien auf Seiten türkischer Migranten.
62
In den 60er und 70er Jahren hat sich in Deutschland ein umfangreicher türkischer Kinomarkt mit türkischen Verleihfilmen entwickelt, im Laufe der 70er und 80er Jahre
waren es türkische Videofilme, die verstärkt von den in Deutschland lebenden Türken
konsumiert wurden. Seit Anfang der 90er Jahre, also seit Beginn des privaten Fernsehens in der Türkei, werden zunehmend auch türkische Fernsehsender in Deutschland
empfangen.
Parallel zu dieser Entwicklung drängten ab den frühen 60er Jahren die in der Türkei
veröffentlichten Printmedien speziell auf den deutschen Medienmarkt. Heute werden
mindestens acht überregionale türkische Tageszeitungen in Deutschland vertrieben.
Zu diesen zählen die als liberal-nationalistisch geltende und auflagenstärkste Hürriyet, mit einer deutschen Auflage von ca. 110.000 sowie die konservativ-religiösnationalistische Türkiye mit einer Auflagenstärke von etwa 40.000. Darüber hinaus
gibt es die liberale Sabah mit einer Auflage von ca. 16.000, die konservativ-religiös
orientierte Zaman mit ca. 13.000, die religiös-fundamentalistische Milli Gazete mit ca.
12.000, die links-orientierte Evrensel mit einer deutschen Auflage von ca. 8.000 und
die kurdisch-nationalistische Özgür Politika mit einer Auflage von ca. 4.000. Daneben
werden in Deutschland zwei Sportzeitungen Fotospor und Fanatik sowie seit 1990
auch die Wochenzeitungen Dünya-Hafta, eine Wirtschaftszeitung mit einer Auflagenhöhe von ca. 3.000 und die linksliberale Cumhuriyet-Hafta mit einer bundesweiten
Auflage von ca. 5.000 vertrieben.46
Zudem existieren sechs Boulevardzeitungen: Die Hafta Sonu, der Türkstar, die Alem,
das Show Magazin, die Samdan und die Manset. Neben diesen Deutschland- und Europaausgaben der in der Türkei erscheinenden Zeitungen gibt es mittlerweile auch eine Presse, die vollständig von privaten Anbietern in Deutschland oder von türkischen
Organisationen gestaltet wird. Diese erscheinen meist 14-tägig. In Hessen beispielsweise wird eine solche Zeitung mit dem Namen Toplum vertrieben. Die heute in der
Bundesrepublik gedruckten türkischen Tageszeitungen sind privatwirtschaftlich organisiert und werden von türkischen Redakteuren in Istanbul und Frankfurt am Main
gestaltet.
Angesichts der ca. 200 Journalisten, die in der Bundesrepublik für türkische Zeitungen tätig sind, wird klar, dass sich die Zeitungen nicht mehr ausschließlich mit den
Entwicklungen in der Heimat beschäftigen, sondern sich auch zunehmend mit den
Belangen der in Europa lebenden Migranten auseinandersetzen. Neben der Funktion der Brückenbildung zur Heimat, die zu Beginn sicherlich dominierte, übernehmen
sie heute eine wichtige Funktion als Sprachrohr der Migranten. Fast jede Zeitung hat
durchschnittlich drei bis vier Europa-Seiten, auf denen vorwiegend über politische,
46 Güntürk
1999: S. 137: Alle Angaben beziehen sich auf die jeweilige Auflagenstärke in Deutschland.
63
gesellschaftliche und kulturelle Entwicklungen jeder Art berichtet wird, welche die in
Deutschland lebende türkische Bevölkerung betreffen. Außerdem wird den Migranten
dadurch eine Diskussionsplattform geboten, welche von ihnen mit großem Interesse
rezipiert wird.
Die Entwicklung des türkischen Fernsehmarktes in Deutschland verlief zeitgleich mit
dem Einzug des Privatfernsehens in der Türkei. Bis Anfang der 90er Jahre sendete in
Deutschland lediglich der staatliche Sender TRT, der seit Februar 1990 ein Programm
lediglich für die in Europa lebenden Türken ausstrahlt und seit 1991 über Kabel zu
empfangen ist. Der erste türkische Privatsender in Deutschland war Star1. Die danach
gegründeten privaten TV- Gesellschaften begannen, ihr Programm teilweise auch über
Satellit in Europa auszustrahlen. So kamen immer mehr Privatsender wie Show TV,
HBB, Tele On, Kanal 6, atv, TGRT, Kanal D und Kanal 7 hinzu.
Die meisten der privaten Sender sind rein kommerziell ausgerichtet, wobei einige
von ihnen durch ihre politische Ausrichtung hervortreten. TGRT z.B. vertritt eine
nationalistisch-religiöse Richtung, ähnlich wie die Tageszeitung Türkiye, beide Medien gehören zur Ihlas-Holding. MED TV sendete bis vor kurzem auch in kurdischer
Sprache und wurde von der PKK kontrolliert. Ein dritter Sender ist Kanal 7, welcher
der ehemaligen islamistischen Wohlfahrts-Partei und der jetzigen Tugend-Partei nahesteht. Bei den in Deutschland zu empfangenden Fernsehsendern muss also zwischen
den staatlichen Sendern, den rein kommerziell ausgerichteten und den politisch ausgerichteten Privatsendern unterschieden werden.
Grundsätzlich kann eine vermehrte Rezeption von verschiedenen türkischsprachigen
Medien wie Zeitungen, Fernsehen und Rundfunk festgestellt werden. Dies hängt wesentlich von der alters- sowie schichtspezifisch verteilten deutschen Sprachkompetenz
ab. Für die Türken der ersten Generation spielen sicherlich Sprachprobleme die größte
Rolle bei der Entscheidung für den vermehrten Rückgriff auf die Medienangebote des
Heimatlandes. Informationen über gesellschaftliche und politische Entwicklungen und
Ereignisse in Deutschland sind den verschiedenen türkischen Alters- und Sozialgruppen also in unterschiedlichem Maße zugänglich.
Seit den 60er Jahren hat sich die ARD ihrem gesetzlichen Integrationsauftrag entsprechend mit verschiedenen Fernsehprogrammen an die Migranten in der Bundesrepublik gewandt. Man informierte verstärkt über Deutschland, Ratgeber und Unterhaltungssendungen wurden speziell für das türkische Publikum konzipiert und man versuchte, beide Kulturen einander gesellschaftlich und kulturell näherzubringen. Bald
zeigte sich jedoch, dass die Zuwanderer zwar den Wunsch hatten, in die deutsche
Gesellschaft eingegliedert zu werden, andererseits aber Sendungen bevorzugten, die
ihre eigene Sprache und Kultur vermittelten. Die Tatsache, dass sich im Zuge dieser
64
Entwicklung der türkische Videomarkt in Deutschland in umfangreicher Weise ausweiten konnte, zeigt deutlich, dass die Migranten das von deutschen Sendern gebotene
Programm als unzulänglich empfanden. Auch dienten die türkischen Medien und Programme zur Aufrechterhaltung einer engen Heimatbindung und trugen sicherlich zur
Stabilisierung einer in der schwierigen Migrationsituation besonders wichtigen kulturellen Zugehörigkeit bei.
Bei der zweiten und dritten, größtenteils in Deutschland aufgewachsenen Generation, zeichnet sich jedoch eine andere Entwicklung ab: Die junge Generation greift,
trotz durchschnittlich guter Verständigungs-Sprachkenntnisse, aus gewachsenem kulturellem Selbstwertgefühl vermehrt zu heimatlichen Medien. Diese neue Bindung der
jungen Generation an die Kultur und Sprache des Herkunftslandes ihrer Eltern, bei
gleichzeitigem Festhalten an einer partiellen deutschen Identität und Zugehörigkeit ist
beispielsweise an der Entwicklung des türkischen Musikmarktes, insbesondere dem
boomenden "Türkisch-Pop" erkennbar. Parallel hierzu haben sich in Deutschland auch
türkische Kneipen und Diskotheken für eine rein türkische, zumeist jugendliche Klientel entwickelt. In fast jeder deutschen Stadt gibt es eine Reihe von Diskotheken, die
ausschließlich von Türken besucht werden.
Zusammenfassend machen die Untersuchungen von 200147 und 200248 eine verstärkte
Segregationstendenz im Bereich der Mediennutzung bei der türkischen Bevölkerung in
Deutschland deutlich, wobei die Gründe für diesen Prozess schwer auszumachen sind.
Mögliche Ursachen könnten das stark vergrößerte Angebot sein, auf das die Mehrzahl
der Bevölkerung seit den 90er Jahren zurückgreifen kann. Aber auch eine Tendenz zur
verstärkten Renationalisierung und Islamisierung – deren Ursprünge ganz außerhalb
des Bereiches der Medienentwicklung zu suchen wären – könnten Impulse für die vollzogene mediale Segregation gegeben haben. Plausibel erscheint auch die Erklärung
eines über die Jahre gewachsenen Integrationsdefizits bzw. ein Versagen deutscher
Integrations- und Medienpolitik. Möglicherweise sind diese vielgestaltigen Tendenzen
schließlich nur Teil einer Entwicklung, die weniger von zunehmender Segregation, als
vielmehr von der Ausbildung einer hybriden Alltagskultur, einer deutsch-türkischen
Mischidentität der jungen Generationen geprägt ist.
47 Medienforschung
2001
für Arbeit und Sozialordnung 2002: S. 51f, Tab. 8.1, Tab. 8.2, Tab. 8.3
48 Bundesministerium
65
Dass das Letztere am wahrscheinlichsten zutreffend ist, zeigen die neuesten umfangreichen Untersuchungen zur Mediennutzung der türkischen Bevölkerung in Deutschland, die im Auftrag der Bundesregierung vorgenommen wurden. Hier offenbart sich
ein mittlerweile weiter differenziertes und in einigen Aspekten verändertes Bild:
Das Fernsehen nimmt in der türkischen Bevölkerung bei der Mediennutzung einen dominanten Stellenwert ein. Gemessen an der täglichen Nutzungsdauer oder Einschaltzeit rangiert das Fernsehen mit 95 % mit weitem Abstand vor dem Radio (anders
als bei der deutschen Bevölkerung). Nach dem Fernsehen wird am häufigsten auf
das Buch zurückgegriffen (86 %). Das Radio (58 %) tritt hinter Video (79 %), Zeitschriften (72 %) und Zeitungen (71 %) zurück und liegt damit deutlich an letzter Stelle.49 Differenziert man aus der Perspektive der regelmäßigen Mediennutzung zwischen
türkisch- und deutschsprachigen Medien, kann man insgesamt (im Unterschied zu anderen Ausländergruppen wie Italienern, ehem. Jugoslawen, Griechen) eine Priorität
muttersprachlicher Medien feststellen, die sich aber nicht in gleicher Weise über alle
Medienarten erstreckt. Während, wie die nachfolgende Tabelle zeigt, bei den Printmedien deutlich häufiger auf türkischsprachige Publikationen zurückgegriffen wird,
rangiert in Bezug auf die Einschalthäufigkeit mittlerweile das deutschsprachige Fernsehen vor dem türkischsprachigen.
Tabelle 3.5: Mediennutzung im Überblick (2001).
Fernsehen
türkischsprachig
deutschsprachig
Hörfunk
türkischsprachig
deutschsprachig
Tageszeitungen
türkischsprachig
deutschsprachig
Videofilme
Zeitschriften
Bücher
95
77
85
58
23
49
71
53
51
79
72
86
Quelle: Medienforschung 2001: S. 102f. (N = 1761); Angaben in Prozent.
Im Erhebungsjahr 2000 lag die Fernsehnutzung der deutschen Bevölkerung bei ca. drei
Stunden pro Tag, Radio wird etwa dreieinhalb Stunden täglich gehört.50 Demgegen49 Medienforschung
50 Media
2001: S. 102f
Perspektiven Basisdaten 2002: S. 65
66
über sehen Türken täglich im Durchschnitt bis zu fünf Stunden fern und das Fernsehen
rangiert in der türkischen Bevölkerungsgruppe mit weitem Abstand vor dem Radio.
50 % der in Deutschland lebenden Türken bevorzugen eine Mischung aus deutsch- und
türkischsprachigen Medien. 28 % benutzen sogar fast ausschließlich deutschsprachige,
17 % bevorzugen ausschließlich türkische Medien.51
Wie im Abschnitt über die Integrationsprofile der türkischen Bevölkerung bezüglich
der deutschen Sprachkompetenz bereits hervorgehoben wurde, ist auch hier eine klare
Zuordnung zu Altersgruppen zu verzeichnen: Die ausschließliche Nutzung türkischsprachiger Medien steigt in der Altersgruppe ab 40 deutlich an, während die ausschließliche Nutzung deutschsprachiger Medien bei den bis 29-Jährigen weit über dem
Durchschnitt liegt.52
Tabelle 3.6: Zeitungsnutzung in Prozent (2001).
Häufig
Manchmal
Nie
Keine Angabe
Türkische Printmedien
34,5
49,4
16,0
-
Deutsche Printmedien
25,8
44,4
29,8
-
Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung 2002: Tab. 8.1.
Die Nutzung deutsch- oder türkischsprachiger Zeitungen ist ebenfalls deutlich vom
Alter abhängig. So lesen die unter 29-Jährigen weitaus häufiger deutsche Zeitungen,
die älteren Jahrgangsgruppen bevorzugen dagegen eher Zeitungen in ihrer Heimatsprache.53 Die unterschiedlichen deutsch- und türkischsprachigen Tageszeitungen nehmen
dabei folgenden Stellenwert ein:
51 Medienforschung
2001: Tab. 45
52 Ebenda
53 Ebenda:
Tab. 48
67
Tabelle 3.7: Stellenwert von Tageszeitungen (2001).
Rang
1
2
3
4
5
6
Deutschsprachige Tageszeitungen
Türkischsprachige Tageszeitungen
Hürriyet
BILD-Zeitung
Regionale Tageszeitung
Sabah **
Türkiye
Überregionale Tageszeitung
7
8
Milliyet
Star
%*
38
28
26
19
7
6
5
5
Quelle: Medienforschung 2001: S. 120; N = 1761
* Maximal 3 Nennungen pro Person. ** Mittlerweile eingestellt.
Mit 38 % der Nennungen nimmt die türkische Tageszeitung Hürriyet mit Abstand den
ersten Platz ein, gefolgt von der BILD-Zeitung (28 %), unterschiedlichen Regionalzeitungen (26 %) und der Zeitung Sabah (19 %), die allerdings inzwischen eingestellt
wurde. Andere Tageszeitungen wie beispielsweise deutsche überregionale Tageszeitungen, aber auch weitere türkischsprachige Blätter, genießen kaum Aufmerksamkeit.
Inhaltlich sind die Leser der türkischsprachigen Tageszeitungen vor allem an den Rubriken "Aktuelle Politik" und "Aus aller Welt" interessiert. In deutschen Zeitungen
liegt das Nutzungsinteresse in erster Linie an den Welt- und Lokalnachrichten. An
dritter Stelle stehen die Sportnachrichten, andere rubrikenspezifische Zeitungsangebote spielen kaum eine Rolle.54
Die Nutzungsintensität von Radio- und Fernsehsendungen in deutscher Sprache ist
recht hoch, fällt aber wiederum im Vergleich mit anderen in Deutschland lebenden
Ausländergruppen deutlich geringer aus. Diese nutzen durchschnittlich zu 60 % deutsche Sendungen, unter den Türken sind dies nur etwa 47 %.55
Im Hinblick auf die Generationen ergeben sich ähnliche Nutzungsmuster wie bei den
Printmedien. Insgesamt liegt die Nutzungshäufigkeit der deutschen Bild- und Tonmedien in allen Altersgruppen deutlich über jener der Printmedien.
54 Medienforschung
2001: S. 36
für Arbeit und Sozialordnung 2002: Tab. 8.5
55 Bundesministerium
68
Tabelle 3.8: Radio- und Fernsehnutzung in Prozent (2001).
Häufig
Manchmal
Nie
Keine Angabe
Türkische Sendungen
54,1
36,6
9,3
-
Deutsche Sendungen
47,2
44,7
7,8
0,2
Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung 2002: Tab. 8.3, 8.5
Etwa die Hälfte der türkischen Migranten nutzt häufig Radio- oder Fernsehsendungen
in deutscher Sprache, nur 7,8 % greifen auf diese Angebote nie zurück. Dagegen sind
es immerhin 9,3 %, die keine türkischen Radio- oder Fernsehsendungen konsumieren.
Auch hat seit den 80er Jahren die Neigung abgenommen, Radio- und Fernsehsendungen deutscher Sender in der jeweiligen Heimatsprache zu nutzen. Trotzdem werden
diese aber nach wie vor von einer Mehrheit der befragten Türken und Türkinnen genutzt.
Der Stellenwert der einzelnen deutsch- und türkischsprachigen Fernsehprogramme
lässt sich Tabelle 3.9 entnehmen. Im Durchschnitt der türkischen Gesamtbevölkerung
in Deutschland kommen sechs deutsche und sechs türkische Sender auf die ersten
zwölf Plätze eines deutsch-türkischen Senderrankings.
Mit Abstand am häufigsten genutzt werden dabei die deutschen Programme RTL (54 %)
und ProSieben (41 %). Der türkische Sender TRT-INT nimmt mit 34 % Rang drei ein,
ARD und ZDF nehmen hingegen lediglich den achten bzw. zehnten Platz ein, was
sicherlich dadurch zu erklären ist, dass das deutsche Fernsehen von der türkischen
Bevölkerung vor allem als Unterhaltungsmedium genutzt wird.
Deutlich an erster Stelle des Nutzungsinteresses stehen "Kino- und Fernsehspielfilme"
(69 %). "Nachrichten" (57 %) sind nur knapp vor "Actionfilme und Krimis" (56 %)
plaziert. "Magazine und Dokumentationen" (27 %) sind – gemessen an den anderen
Angeboten – relativ wenig gefragt.56
56 Medienforschung
2001: Tab. 77
69
Tabelle 3.9: Stellenwert von Fernsehprogrammen (2001).
Rang
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
Deutschsprachige Programme
RTL
ProSieben
Türkischsprachige Programme
TRT-INT
SAT.1
ATV-INT
Show TV
Kanal D
ARD/Das Erste
RTL 2
ZDF
Interstar
TGRT
%*
54
41
34
31
30
30
26
24
22
18
14
13
Quelle: Medienforschung 2001: S. 114; N = 1761.
* Maximal 2 mal 3 Nennungen pro Person.
In unserem Kontext interessiert vor allem auch das Mediennutzungsverhalten türkischer Jugendlicher und Kinder. Daten liegen allerdings nur für die Altersgruppe der
6- bis 13-Jährigen vor. Diese Gruppe sieht täglich oder fast täglich Fernsehen. Der
Fernsehkonsum verteilt sich dabei in folgender Weise auf die verschiedenen Genres:
Im türkischsprachigen Fernsehen stehen dagegen "Nachrichten" (69 %) an erster Stelle des Interesses, gefolgt von türkischen "Kino- und Fernsehspielfilmen" (64 %) und
türkischen "Unterhaltungsserien" (55 %).57
Kinder und Jugendliche türkischer Herkunft sehen besonders häufig, d.h. mindestens
mehrmals wöchentlich "Zeichentrickfilme" (71 %), an zweiter Stelle folgen "Sendungen für Kinder" (66 %) und an dritter Stelle – für die weiteren Ausarbeitungen von
besonderem Interesse – "Daily Soaps" (51 %). Mit zunehmendem Alter wechselt das
Interesse dabei von "Zeichentrickfilmen" und "Kindersendungen" hin zu "Actionfilmen", "Daily Soaps" und "(Pop-)Musiksendungen".58
57 Medienforschung
58 Granato
2001: Tab. 76
2001
70
Abbildung 3.6: Stellenwert von Fernsehsendungen türkischer Kinder und Jugendlicher
(2001).
Nutzung (in %)
71
66
51
41
36
28
27
41
23
22
36
Sendungen
Sendungen
Zeichentrickfilme
Zeichentrickfilme
Sendungen für Kinder
Sendungen
Kinder
„dailyfür
soaps“
Filme für die ganze Familie
„daily soaps“
(Pop-)Musik-sendungen
Tiersendungen
Filme für die ganze
Actionfilme
Familie
Sportsendungen
(Pop-)MusikShowund Quizsendungen
sendungen
Tiersendungen
66
51
28
27
Actionfilme
23
Sportsendungen
Show- und
Quizsendungen
80
71
22
0
10
20
30
40
50
Nutzung in Prozent
60
70
80
Quelle: Granato 2001: S. 28; N = 255
Schließlich soll im Sinne der Vollständigkeit noch ein kurzer Blick auf die Nutzung des
Radios geworfen werden. Dabei unterscheiden sich die Erwartungen an deutsche und
türkische Radioprogramme kaum. In beiden Fällen steht das Musikangebot an erster
Stelle der Nutzungsmotivation (77 bzw. 81 %), gefolgt von Nachrichten und Sportberichterstattungen, was sich in der Präferenz der gehörten Sendungen niederschlägt.59
An oberster Stelle stehen in Baden-Württemberg dementsprechend die Programme
SWR 3 und Radio Regenbogen, deren Fokus im Wesentlichen im Bereich der Popmusik
liegt.
59 Medienforschung
2001: Tab. 78
71
Tabelle 3.10: Stellenwert von Radioprogrammen in Baden-Württemberg (2001).
Rang
1
2
3
4
5
6
7
8
Deutschsprachige Programme
SWR 3
Radio Regenbogen
Türkischsprachige Programme
ARD Ausländerprogramme
Antenne 1
Private Lokalprogramme
RPR 1
Big FM
Radio 7
%*
15
14
14
13
11
9
8
6
Quelle: Medienforschung 2001: S. 118; N = 332.
* Maximal 2 mal 3 Programmnennungen pro Person.
Abschließend stellt sich die Frage, ob sich mittels der vorliegenden Daten der Mediennutzung Aussagen über den Integrationsstatus der türkischen Bevölkerung in Deutschland treffen lassen und ob bezüglich der Mediennutzung unterschiedliche Integrationsmuster identifiziert und beschrieben werden können.
Dieser Frage gingen die Autoren der Studie "Mediennutzung und Integration der türkischen Bevölkerung in Deutschland"60 (2001) nach. Eine differenzierte Analyse der
Mediennutzung zeigte allerdings, dass sich weder mit Hilfe des Alters noch mit anderen Variablen eindeutige Gruppen identifizieren lassen, die sich im Hinblick auf
ihren Integrationsstatus signifikant ähnlich sind. Deshalb griffen die Autoren der Untersuchung auf die Methode der hierarchischen Clusteranalyse zurück, da diese zum
einen eine "mehrfach synchrone Betrachtung der relevanten Eigenschaften" erlaubte
und zum anderen zwischen den Variablengruppen "Integration" und "Mediennutzung"
eine theoretische Identifizierung homogener Gruppen ermöglichte.61
Mit diesem Verfahren konnten sich sechs unterschiedliche Gruppen (Integrationstypen) identifizieren lassen. Bei drei dieser Gruppen, die mehr als die Hälfte der Befragten umfassten (56 %), konnte ein hoher Integrationsstatus festgestellt werden. Diese
Gruppen haben die deutsche Staatsbürgerschaft oder ein überdurchschnittliches Interesse an ihr und planen einen vergleichsweise längeren Aufenthalt in Deutschland. Zwei
Gruppen muss man als wenig oder gar desintegriert bezeichnen, die sechste Gruppe ist
vergleichsweise aufgeschlossen, aber eher wenig integriert.
60 Medienforschung
61 Ebenda:
2001: Tab. 78
S. 37ff
72
Die so identifizierten Integrationstypen korrespondieren nun deutlich mit soziodemographischen Eigenschaften:
• Je höher der Integrationsgrad, desto jünger sind die Befragten.
• Die Befragten ohne Schulabschluss sind schlechter integriert.
• Befragte mit einer formal höheren Bildung sind besser integriert.
• Berufstätigkeit hat einen positiven Einfluss auf den Integrationsstatus.
• Alleinlebende Personen sind häufiger in den integrierten Gruppen zu finden als
Verheiratete, was wiederum stark mit der Variable "Alter" zusammenhängt.
• Die Größe der Stadt hat Einfluss auf Integration: Befragte in größeren Städten befinden sich häufiger innerhalb der integrierten Gruppen. Von einer stärkeren Abkapselung ("Ghettoisierung") der türkischen Minderheiten in Großstädten
kann deshalb jedoch nicht gesprochen werden.
• Die Religiosität ist bei den hochintegrierten Gruppen vergleichsweise schwach
ausgeprägt, während sie bei den schwächer integrierten Gruppen von großer Bedeutung.
Die verschiedenen Integrationsprofile spiegeln nun in folgender Weise die unterschiedlichen Mediennutzungsmuster wider. Insgesamt lässt sich die These bestätigen, dass
der Integrationsgrad mit der individuellen Mediennutzung zusammenhängt. Allerdings
verläuft er nicht parallel zur Stärke der sozialen Integration:
• Die Nutzung der deutschen und türkischen Fernsehprogramme verläuft spiegelbildlich. Während die hoch integrierten Gruppen bei der Nutzung deutschsprachiger Medien (v.a. Fernsehprogramme) sehr stark repräsentiert sind, nutzen die
weniger gut integrierten Gruppen verstärkt türkische Programme (allerdings ist
dieser Zusammenhang nicht deutlich linear).
• Das Interesse an türkischen Tageszeitungen stößt in der am besten integrierten
Gruppe auf äußerst wenig Interesse.
• Je höher der Integrationsgrad, desto größer ist das Informationsbedürfnis über
das direkte Lebensumfeld in Deutschland.
Ein zentraler Befund der Untersuchung "Mediennutzung und Integration der türkischen Bevölkerung in Deutschland" ist die vergleichsweise große Zahl der in Deutschland lebenden Türkinnen und Türken, die als gut bis sehr gut integriert bezeichnet werden können und die mehr als 50 % der Gesamtzahl türkischer Migranten ausmachen.
73
Ein weiterer großer Teil (24 %) ist zwar noch teilweise vergleichsweise schwach integriert, scheint jedoch großes Interesse am sozialen und politischen System der Bundesrepublik Deutschland zu haben. Lediglich etwa 20 % lassen sich als schlecht integriert
und deutlich distanziert gegenüber der deutschen Gesellschaft bezeichnen.
Ein weiterer Befund ist der starke Einfluss des Lebensalters auf den Integrationsprozess: Jüngere Türkinnen und Türken sind durchschnittlich stärker in die deutsche Gesellschaft integriert als ältere Menschen. Zudem spielen bei der Integration eine aktive
Teilnahme am Arbeitsmarkt und eine bessere Schulbildung eine zentrale Rolle.
Schließlich wird deutlich, "dass die unterschiedliche Art und Intensität, mit welcher
sich die Angehörigen der türkischen Bevölkerungsgruppe der deutschen Mehrheitsgesellschaft zuwenden äußerst folgenreich sind für die Art und Weise, wie sie die deutschen und türkischen Medienangebote nutzen. Dabei ist das Fernsehen sicherlich das
Medium, durch das alle unterschiedlichen Integrationstypen am einfachsten zu erreichen sind."62
Zusammenfassend lässt sich somit an den Mediennutzungsprofilen keine ausgeprägte
Segregationstendenz feststellen, im Gegenteil: Gerade bei der jüngeren türkischen Bevölkerung in Deutschland ist der deutschsprachige Mediengebrauch sehr ausgeprägt.
Dies bestätigt auf der Ebene der Mediennutzung auch die schon im Abschnitt über die
Integrationsprofile hervorgehobene Einsicht einer relativ hohen sozialen und sprachlichen Integrationsbereitschaft der jüngeren türkischen Bevölkerung und macht die oben
skizzierten Desiderate im Bereich medialer Integration um so deutlicher. Der hohe
Stellenwert des Fernsehens und die regelmäßige hohe Frequentierung gerade auch der
deutschen Fernsehsender bietet eine stabile Voraussetzung für eine auf mediale Integrationsprozesse abzielende innovative Programmgestaltung.
3.2.2 Migrationsbezogene Inhalte deutscher und türkischer Sender
In Bezug auf das inhaltliche Interesse an den Medienangeboten nehmen bei türkischen
Rezipienten Nachrichten und Informationen über die Türkei und aus türkischer Perspektive den ersten Rang (69 %) ein, dicht gefolgt von türkischen Kino- und Fernsehfilmen. Mehr als 50 % der Zuschauer interessieren sich darüber hinaus auch stark für
türkische Unterhaltungs- und Musiksendungen.63
Das deutsche Fernsehen wird hauptsächlich als Unterhaltungsmedium genutzt. Dies
spiegelt sich auch in der Rangfolge der am meisten genutzten Sender wieder: Die stärker unterhaltungsorientierten Privaten werden gegenüber den weniger unterhaltungsorientierten öffentlich- rechtlichen Sendern signifikant bevorzugt.
62 Medienforschung
63 Ebenda:
2001: S. 53f
Tab. 76
74
Die meisten türkischen Stammnutzer deutscher Sender nennen Kino- und Fernsehfilme, wie oben zu sehen war, an erster Stelle (69 %), knapp dahinter rangieren die
deutschen Fernsehnachrichten.64
Interkultureller Informationsaustausch und die Beachtung der besonderen Situation
der Migranten durch die Medien des Herkunftslandes stellen sicherlich eine wichtige Grundlage für jegliche Integrationsbemühung dar. Allerdings werden Informationen über die deutsche Gesellschaft in den türkischen Medien eher spärlich vermittelt. Die Programmstruktur der türkischen Sender hat sicherlich eher eine Heimatbindung als eine Integration in die bundesrepublikanische Gesellschaft zum Ziel.65 Die
Programmstruktur des staatlichen Senders TRT-INT weist z.B. einen hohen Anteil an
Unterhaltungssendungen auf. Der Anteil an Informationssendungen, die nicht Nachrichtensendungen sind, ist bei TRT-INT deutlich höher als bei kommerziellen Sendern.
Im Vordergrund der Nachrichtensendungen stehen aktuelle innenpolitische Ereignisse der Türkei. TRT-INT hat sich weitgehend auf türkische Produktionen beschränkt,
wohingegen die kommerziellen Sender vor allem ausländische und türkische Serien,
Spielfilme und Zeichentrickfilme ausstrahlen. Musikalische Beiträge sind anders als
in den kommerziellen Sendern, in denen türkische und internationale Pop-Musik läuft,
eher geprägt von türkischer Volksmusik. Dies trägt auch zur Vermittlung einer Heimatidentität bei. Aber auch Reportagen und Dokumentationen über das Heimatland,
seine Geographie, Kultur und Sehenswürdigkeiten machen ca. 8 % der Sendezeit bei
TRT-INT aus. Der Deutschlandbezug von TRT-INT ist nur gering ausgeprägt, meist in
Unterhaltungssendungen wie in Vormittags- oder Mittagsmagazinen.66
Insgesamt zeigt sich, dass die Sender TRT–INT und InterStar in ihren Hauptnachrichtensendungen sehr türkeizentriert berichten. Ereignisse aus europäischen Ländern mit
einem hohen Anteil türkischer Migranten wie die Bundesrepublik fallen in der Regel
unter die allgemeine Auslandsberichterstattung. Bei dieser zeigt sich wiederum, dass
spezielle Fragen der Migration, etwa der sozialen und wirtschaftlichen Lebensbedingungen der in den europäischen Staaten lebenden türkischen Migranten, keine Rolle
zu spielen scheinen. Von der Erfüllung einer migrationsbezogenen Informations- und
Unterstützungsfunktion kann daher nicht gesprochen werden.
Sollten türkische Migranten stark auf dieses Medienangebot zurückgreifen, wäre dieser Umstand daher eher negativ zu bewerten. Die Integration wird hierdurch nicht
gefördert, da die türkischen Migranten nicht mit den Bedingungen des Gastlandes
konfrontiert und damit auch nicht über die dort herrschenden Umstände informiert
werden. Die Frequentierung beider Sender liegt allerdings, wie oben ersichtlich, eher
64 Medienforschung
2001: Tab. 77
65 Sen
2001: S. 104
66 Ebenda: S. 104f
75
im unteren Bereich des Rankings und wird durch die Häufigkeit der Frequentierung
der deutschen Sender mehr als ausgeglichen. Allerdings darf dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch bei den deutschen, und hier besonders bei den am häufigsten
genutzten privaten Sendern, die reine Unterhaltungsfunktion im Vordergrund steht und
speziell migrationsbezogene Themen kaum eine Rolle spielen.
Allerdings verweisen die Ergebnisse auf die Möglichkeit der türkischen Migranten,
mit dem Angebot der türkischen Fernsehsender und dem hohen Anteil an türkischer
Medienunterhaltung die enge informationelle und kulturelle Bindung an das Heimatland zu bewahren.
Hierbei bestätigt sich erneut, dass sich insbesondere fiktionale Fernsehproduktionen
dazu eignen, den Zuschauern über die Identifikation mit den Protagonisten Identitätsmuster zu vermitteln. Durch die Unmittelbarkeit und Emotionalität während der Rezeption kann über die bloße Informationsvermittlung hinaus ein Verständnis oder eine
Vertiefung von Bindungen an die Herkunftskultur erreicht werden. Daneben bieten
diese fiktionalen Genres indirekte Kenntnisse über Kultur und Alltag der Türkei, besonders auch für die in Deutschland geborenen und das Herkunftsland ihrer Eltern nur
aus Erzählungen und von Urlaubsreisen her kennenden Türken der zweiten und dritten
Generation.
3.2.3 Die kommende Generation: Kinder, Jugendliche und ihr Medienalltag
3.2.3.1
Kinder
Kinder aus türkischen Familien, die in Deutschland schon mehrere Jahre leben oder in
Deutschland geboren sind, können sich mehrheitlich in beiden Sprachen gut verständigen, was jedoch wie bereits erwähnt zu einer Sprachkompetenz führt, die nicht dem
ausbildungsrelevanten Hochdeutsch entspricht. Dennoch, entgegen bisherigen Annahmen sprechen und verstehen knapp 90 % der Kinder im Alter von 6 bis 13 Jahren gut
deutsch, gleichzeitig sprechen und verstehen ca. 70 % von ihnen ebenfalls gut türkisch.
43 % der Kinder sprechen tagsüber vorwiegend deutsch, 42 % abwechselnd deutsch
und türkisch.67
Fernsehen ist bei Kindern türkischer wie deutscher Herkunft in eine Reihe anderer
Freizeitaktivitäten eingebettet. 77 % der türkischen Kinder und 73 % der Kinder aus
deutschen Familien sehen in ihrer Freizeit täglich fern, 73 % spielen täglich, über
55 % treffen sich täglich mit Freunden.68 Zu den Lieblingsbeschäftigungen sowohl
67 Granato
68 Ebenda:
2001: S. 7
S. 12
76
türkischer als auch deutscher Kinder gehört, neben dem Fernsehen der Sport sowie die
Beschäftigung mit PC und Multimedia. Mädchen nutzen hierbei den PC häufiger als
Jungen. Gerade in der altersspezifischen Entfaltung der Präferenz der Freizeitaktivitäten zeigt sich eine Parallelität im Verhalten der Kinder unabhängig von ihrer nationalen
Herkunft.69
Kinder haben eine Reihe unterschiedlicher Freizeitpartner, wobei die Eltern, Freunde
und Geschwister am wichtigsten sind, dies gilt für Kinder deutscher wie türkischer
Herkunft gleichermaßen. 69 % der türkischen Kinder verbringen die Freizeit mit den
Eltern, 66 % mit Freunden, etwa 50 % mit den Geschwistern.70
Die Loslösung aus dem familiären Umfeld und der Wusch nach außerfamiliären Freizeitaktivitäten steigt bei den 10- bis 13-Jährigen. Mit zunehmendem Alter gewinnt
daher die Peergroup an Bedeutung und die Eltern verlieren an Stellenwert als Freizeitpartner. Auch diese Entwicklung vollzieht sich bei Kindern deutscher und türkischer
Herkunft gleichermaßen.
81 % der Kinder aus türkischen Familien verbringen ihre Freizeit mehrmals wöchentlich mit türkischen und deutschen Freunden und es bestehen innerhalb verschiedengeschlechtlicher Altersgruppen kaum Unterschiede. Lediglich eine kleine Minderheit
der Kinder aus türkischen Familien hat bezüglich der Freizeitgestaltung eindeutige
Nationalitätenpräferenzen. Weit mehr als zwei Drittel der Kinder trifft sich mit deutschen wie mit türkischen Freunden gleich gern. Die hohe Zustimmung von Freunden
unabhängig von Herkunft und Nationalität gilt sowohl über Alters- als auch über Geschlechtergrenzen hinweg, Mädchen stimmen hierbei mit den Jungen fast völlig überein.71
Knapp 90 % der türkischen Kinder gefällt ihr Leben in Deutschland sehr gut, nur 2
% sind unzufrieden. Für ein weiteres Leben in Deutschland sprechen bei den meisten
Kindern besonders die Freunde und die vertraute und gewohnte Umgebung. Obgleich
die Kontakte zur Türkei und damit zum Herkunftsland der Familie von der Mehrheit
durch ein oder zwei Reisen pro Jahr gepflegt werden, würden es fast 80 % der Kinder
vorziehen, in Deutschland zu bleiben.72 Die Türkei sowie die dort lebenden Verwandten sind für die meist in Deutschland geborenen und hier aufgewachsenen Kinder kein
aktueller lebensweltlicher Bezugspunkt.
69 Granato
2001: S. 13ff
S. 23
71 Granato 2001: S. 23ff
72 Ebenda: S. 33
70 Ebenda:
77
3.2.3.2
Jugendliche
Die Alltagspraxis Jugendlicher mit unterschiedlicher ethnischer Herkunft in der Bundesrepublik lässt sich nicht mehr allein mit den auf nationale und kulturelle Identitäten
bezogenen Orientierungen fassen und erklären. Vielmehr zeigen sich zusehends kulturelle Brechungen, Verschmelzungen und Neubildungen.
Indem dies bei jugendlichen Migranten beachtet und die Bedingungen und Formen
des Gebrauchs medial vermittelter populärkultureller Stile, Statussymbole, Moden und
Marken in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt werden, erscheint auch die mediale Integrationsproblematik in einem anderen Licht. Es sind weniger die klassischen
sozialwissenschaftlichen Unterscheidungen wie etwa Schicht oder nationale Identität,
als vielmehr der gruppenspezifische Umgang mit medienzentrierten populärkulturellen Angeboten, der sowohl die jugendlichen Identitätsbildungsprozesse als auch die
oft konflikthafte Einfügung ins System gesellschaftlicher Rollenmuster beeinflusst.
Dennoch spielt hierbei die Suche nach ethnischen Orientierungsangeboten eine entscheidende Rolle. So entstehen hybride türkisch-deutsche Lebensweltspielräume, in
denen etwa ein Popmusiker wie der aus Deutschland stammende und dort anfänglich
erfolglose Tarkan, große Erfolge in der Türkei feiert und erst vor diesem Hintergrund
äußerst erfolgreich auch das junge türkische Publikum in Deutschland erobert.
Die von solchen Idolen und Musikgruppen transportierten Symbole sowie die von
ihnen repräsentierten Lebensstile sind Ergebnis der besonderen kulturellen deutschtürkischen Mischsituation. Sie finden schnelle Verbreitung und werden von einem
Großteil der jungen Bevölkerung nachgeahmt und reproduziert.
Besondere Bedeutung erhalten diese migrationspezifischen Identitätsbildungsprozesse von Jugendlichen auch durch die inhärente Abgrenzung gegenüber der Elternkultur und des damit einhergehenden Konfliktpotentiales. Gerade Mitglieder von Jugendgangs führen ein "Doppelleben" zwischen der deutschen gesellschaftlichen Umgebung
und der traditionell orientierten Elternkultur. Im alltäglichen Leben werden hier die
Moden, Symbole und Stile der populären Jugendkultur mit denen der Elterntradition vermischt. Kleidung, Musik und bestimmte ritualisierte Verhaltensweisen werden
übernommen, dienen jedoch zugleich der Abgrenzung aber auch der selektiven Aneignung der eigenen kulturellen Tradition. Die Medien spielen eine zentrale Rolle bei
diesen Prozessen jugendlicher Identitätsfindung im Migrationskontext.
Ausgangspunkt der bahnbrechenden Studie von Marie Gillespie bildet die Artikulation kultureller Identität jugendlicher Migranten in Southall/London, deren Eltern aus
dem Pandschab stammen.73 Die Autorin hebt hervor, dass die in Southall lebenden Ju73 Gillespie
1995
78
gendlichen gerade mit Hilfe des Fernsehens eine britisch-asiatische Identität aufbauen
konnten. Zudem werden Neue Medien, wie etwa das Video, zu ganz traditionellen
Zwecken eingesetzt. Beispielsweise werden "Video-Briefe" über Hochzeiten und andere traditionelle Festlichkeiten zu den weit entfernt lebenden Verwandten geschickt.
Die Jugendlichen bilden in Auseinandersetzung mit den Traditionen der Elternkultur
und der im Wesentlichen über das Fernsehen, den Peergroups und heute verstärkt durch
den vielfältigen sozialen Gebrauch des Internets vermittelten britischen Lebensweise eine Art Doppelexistenz, in der Elemente aus beiden gesellschaftlichen Bereichen
durchaus produktiv eingesetzt werden. Hierbei muss zusätzlich betont werden, dass
gerade auch die wesentliche Einflussgröße der heutigen Peergroup-Interaktion ohne
Medien in diesem Maße nicht möglich wäre. Ganz gleich, ob es sich um die Herstellung gemeinsamer Themen- und Interessenhorizonte, um geteilte Idole und Vorbilder
oder lediglich um einen gemeinsamen Zeitvertreib handelt: Fast alle Bereiche dieser
sozialen Netzwerke sind heute medienzentriert oder zumindest medial beeinflusst.
Neben diesen Aspekten übernehmen Medien auch nachweislich die Funktion wichtiger Vorbildlieferanten. Ein im Vergleich zu vergangenen Jahrzehnten deutlich ansteigender Anteil der Jugendlichen, die angeben ein klares Vorbild zu haben, lässt sich
mit einer Verlagerung von Vorbildern aus dem sozialen Nahbereich in den Fernsehund Medienbereich erklären. Es ist angesichts des immer stärkeren Gewichtes, das
den Medien als Sozialisationsinstanz zukommt, nicht verwunderlich, wenn populären
Schauspielern in "Soap Operas", erfolgreichen Models, Sport- und Musikidolen wieder vermehrt Vorbildrollen zugeschrieben werden, die den Jugendlichen, je nach Entwicklungsphase, erfolgversprechende und sozial attraktive Verhaltensmodelle bieten
können.
Allgemein sind es die Jugendlichen aus den weniger gebildeten Elternhäusern, die wesentlich häufiger Vorbilder benennen. Dies steht im Gegensatz zu älteren Forschungen,
gemäß denen der Besitz von Vorbildern seltener Kindern aus den weniger gebildeten
und weniger gut materiell ausgestatteten Elternhäusern und von Migrantenfamilien zugeschrieben wurde. Vorbilder, besonders aus dem Nahbereich, waren im wesentlichen
an die deutsche Mittelschicht, an behütetes Aufwachsen, sowie an einen intergenerationellen Bildungsaufstieg gebunden. Hier galt ein Vorbild zu haben als Tugend.
Heute hingegen können Vorbilder instrumentell genutzt werden: Mit ihrer Hilfe werden wirksame Verhaltens- und Lebensplanungsmodelle für Jugendliche mit mangelnder Schulbildung oder fehlenden finanziellen Ressourcen vermittelt.
Dies stützt die These von der Verlagerung der Vorbilder vom Nah- in den Fernbereich.
Der Ausbau des Wirkungsbereiches der Neuen Medien und die ungebrochen starke
Rolle des Fernsehens führen zu einer fortschreitenden Verallgemeinerung von Erfah79
rung. Die Teilnahme an einer weltweiten Konsumkultur, an den Trends und Stilen
einer globalen Jugendkultur und an schnell wechselnden Moden, ist ebenso wie die
Nutzung der Medien immer breiteren Teilen der Bevölkerung in immer größerem Umfange möglich und wird zum festen Bestandteil des Alltagslebens. Die von den Medien
transportierten Denk-, Wahrnehmungs- und Verhaltensmuster bieten außerdem Vorgaben für eine immer flexibler erscheinende Planung und Handhabung des eigenen Lebensverlaufes durch Einblicke in fremde, aber erfolgreiche Handlungsrepertoires und
attraktiv erscheinende Lebensstile.
Dies wird zusätzlich durch die Tatsache gestützt, dass sowohl deutsche als auch türkische Jugendliche von niedriger biografischer Eigenwirksamkeit (unklares Zukunftsbild, mangelndes Vertrauen in die eigenen Gestaltungsfähigkeiten eines erfolgreichen
Lebensverlaufes, kein hoher Bildungsabschluss) wesentlich häufiger angeben, auf medial vermittelte Vorbilder anzusprechen, als Jugendliche mit hoher biografischer Eigenwirksamkeit.
Ebenso spricht für die These, dass deutsche und ausländische Jugendliche in Großstädten oft überdurchschnittlich starken medialen Vorbildbezug dokumentieren. Dies
ist offenkundig eine Funktion des erhöhten Medien- und TV-Konsums in den Ballungsräumen und Folge der intensiven Vermittlung in den Gleichaltrigengruppen.
Neben dieser grundlegenden Rolle der Medien im Kontext jugendlicher Identitätsproblematik lässt sich bei den türkischen Jugendlichen in Deutschland ein ausdifferenziertes Medienbeziehungs- und Mediennutzungsprofil skizzieren.
3.2.3.3
Technikinteresse
Das Technikinteresse ist bei Jugendlichen abhängig vom Geschlecht. In der JIM-Studie
2003 geben knapp 60 % der Jungen an, dass sie am Thema "Technik" starkes Interesse
haben. Dies trifft hingegen nur auf 13 % der Mädchen zu.74
Bezogen auf das Thema "Auto", geben ebenfalls 60 % der Jungen ein starkes Interesse
an. Bei den Mädchen sind es 22 %. Das Themengebiet "Computer und alles was damit
zu tun hat" interessiert 72 % der Jungen und nur 38 % der Mädchen stark. Anders
sieht es bei dem Thema "Internet" aus: Hier ist die Geschlechterdifferenz nicht mehr
so groß, da 69 % der Jungen und 56 % der Mädchen starkes Interesse am Internet
zeigen.75
Knapp zwei Drittel der Jugendlichen erklären, dass sie sehr an Technik interessiert
sind. Dieses Interesse ist eher eine Domäne männlicher Jugendlicher, sehr interessiert
74 Medienpädagogischer
75 Ebenda:
Forschungsverbund Südwest mpfs 2004: S. 13
S. 12f
80
sind dagegen nur 5 % der Mädchen. Diese Geschlechterdifferenz ist bei deutschen und
ausländischen Jugendlichen etwa gleich. Die sehr technisch interessierten Jugendlichen nennen von 19 vorgegebenen durchschnittlich sieben Interessenfelder: Foto, Optik, Umweltschutz, sowie Technik im Haushalt sind eher weibliche Domänen; Computer, Auto/Motorrad, Multimedia, Funk/Fernsehen und Videotechnik, Weltraumtechnologie, Programmiersprachen, Cyberspace, Elektrotechnik und Biotechnologien sind
eher männliche Interessengebiete.
Weiterhin ist Bildung eindeutig mit Technikinteressen korreliert: je höher das Bildungsniveau, desto größer und breitgefächerter das Interesse. Jugendliche aus gebildeteren Elternhäusern sind grundsätzlich stärker an Technik interessiert, besitzen häufiger einen Computer und nutzen häufiger das Internet als jene aus weniger gebildeten
Familien. Während Auto/Motorrad und Motoren/Maschinen allgemein als Interessenfelder eher bei Jugendlichen aus weniger gebildeten Elternhäusern eine Rolle spielen,
sind Computer, Multimedia, Foto/Optik, Programmiersprachen und Biotechnologien
eher Interessengebiete von Kindern und Jugendlichen aus Familien mit höherem Bildungsniveau.
Handy
Der Handy-Besitz bei Jugendlichen ist generell sehr hoch. Insgesamt haben 86 % der
12- bis 19-Jährigen ein Handy. Bei den über 14-Jährigen sind es 90 % die ein Handy
nutzen, bei den über 18-Jährigen sind es sogar 96 % der Jugendlichen. Der Unterschied
zwischen männlichen und weiblichen Jugendlichen ist marginal (89 % zu 84 %), das
gleiche gilt für den Unterschied von Jugendlichen, die die Hauptschule besuchen zu
Jugendlichen, die auf das Gymnasium gehen (85 % zu 86 %).76 Der Geschlechterunterschied im Handybesitz ist bei den türkischen Jugendlichen sehr viel stärker ausgeprägt als bei den deutschen. Nur etwa 17 % der türkischen Mädchen, aber 39 % der
Jungen besitzen ein Mobiltelefon. Überdurchschnittlich häufig besitzen Jugendliche in
der Altersgruppe zwischen 18 und 24 Jahren ein Handy, ebenso Auszubildende sowie
deutsche, italienische und türkische Studenten.
Der Vergleich nach Bildungsniveau im Elternhaus legt den Schluss nahe, dass ein Handy für Jungen und Mädchen unterschiedliche Bedeutungen und funktionale Rollen besitzt. Mädchen und junge Frauen aus Elternhäusern mit niedrigerem Bildungsniveau
besitzen wesentlich seltener ein Handy als ihre Altersgenossinnen aus Elternhäusern
mit höherem Bildungsniveau. Weibliche Jugendliche aus der mittleren und höheren
Bildungsschicht werden von zu Hause stärker zur familiären und beruflichen Eigenständigkeit und zur Beschäftigung mit technischen Geräten angehalten, als das in den
76 Medienpädagogischer
Forschungsverbund Südwest mpfs 2004: S. 51
81
unteren Bildungsschichten der Fall zu sein scheint. Bei den 15- bis 19-jährigen jungen Männern zeigt sich ein genau umgekehrter Zusammenhang, ein sehr hoher Anteil
der Handynutzung bei den männlichen Jugendlichen der unteren Bildungsschichten.
Dies lässt sich auf die Rolle des Handys als Statusobjekt und seinem Prestigegehalt als
Männlichkeitssymbol zurückführen. Handybesitz und die dazugehörende Techniknutzung spiegelt also deutlich die geschlechtsbezogenen Erziehungsstile der verschiedenen Bildungsschichten wider.
PC und Internet
53 % der Jugendlichen besitzen einen Computer, der am häufigsten zur Nutzung von
Internet/Online-Diensten, Spielen und zum PC-Musikhören benutzt wird.77 Ausländische, speziell italienische und türkische Jugendliche geben hohe Nutzungshäufigkeiten
an. Von den Türken besitzen allerdings nur etwas mehr als 30 % einen eigenen Computer. Allerdings darf hieraus nicht auf eine geringere Frequentierung von PC und
Internet bei den türkischen Jugendlichen geschlossen werden, da diese häufig ihrer
traditionellen Sozialität gemäß, den PC gemeinschaftlich oder in ganzen Gruppen nutzen. Die Erledigung der Hausaufgaben, Lernen, am Computer arbeiten, spielen oder
auch fernsehen sind für deutsche Jugendliche meist typische "Alleinaktivitäten", während türkische Jugendliche diesen bevorzugt mit Freunden und Bekannten nachgehen.
Generell lässt sich festhalten, dass die türkischen wie auch die meisten ausländischen
Jugendlichen wesentlich mehr vergemeinschaftet sind als ihre deutschen Altersgenossen. Der Freundes- oder Bekanntenkreis spielt sich dabei vorrangig in einem türkischdeutsch gemischten Bezugsrahmen ab.
Deutschland stellt einen der größten europäischen Online-Märkte dar: 2003 nutzten
33,1 Millionen Bundesbürger regelmäßig das Internet.78 Die grundsätzliche Nutzerstruktur ist bei deutschen und italienischen Jugendlichen ähnlich, unterscheidet sich
aber zwischen deutschen und türkischen Jugendlichen. Das Internet wird bei den deutschen Jugendlichen zu fast gleichem Anteil von den männlichen und weiblichen Jugendlichen (87 % zu 81 %) genutzt, auch die Altersverteilung spielt kaum eine Rolle,
lediglich der Schulbesuch beeinflusst das Nutzungsverhalten der Jugendlichen (74 %
Hauptschule zu 90 % Gymnasium).79 Im Herbst 2001 hatten 25 % der Türken einen
eigenen Internetzugang, 35 % von diesen surfen über sieben Stunden pro Woche im
Netz.80
77 Medienpädagogischer
Forschungsverbund Südwest mpfs 2004: S. 17, S. 24
Eimeren u. a. 2003: ARD/ZDF-Online-Studie 2003
79 Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest mpfs 2004: S. 32
80 Agentur für Medien und Kommunikation Lab One GmbH (2002): Lebenswelten Deutschtürken
2002. www.deutschtuerken2002.de
78 van
82
Fernsehen
Auch wenn sich die neuen elektronischen Medien schnell verbreiten und im Alltag zunehmend an Bedeutung gewinnen, schränkt dies die Bedeutung des Fernsehens offenbar bislang in keiner Weise ein. Deutsche Jugendliche sehen am Tag ca. zweieinhalb
bis drei Stunden fern, während türkische Jugendliche drei bis fünf Stunden vor dem
Fernseher verbringen.81
Es zeigt sich weiterhin, dass 48 % der türkischen Jugendlichen zwischen 14 und 18
Jahren ausschließlich deutschsprachiges Fernsehen sehen, während nur 10 % von ihnen ausschließlich Sender aus dem Herkunftsland rezipieren.82 Unterschiede in der
Rezeption ergeben sich auch nach Geschlecht. Es ist ein größerer Anteil der männlichen Jugendlichen, die überwiegend deutsche Sender einschalten, während den Sendern aus dem Herkunftsland verstärkt weibliche Jugendliche zusprechen.
3.2.4 Mediennutzung und Integration der türkischen Bevölkerung in
Deutschland: Zusammenfassende Bemerkungen
In der Zeit zwischen 1960 und 1980, vor der gewaltigen Ausdifferenzierung, Entstehung und gesellschaftlichen Omnipräsenz der gegenwärtigen Medienlandschaft, war
das Ziel des Medieneinsatzes im Migrationskontext klar und eindeutig definiert: Es
galt, durch möglichst unverzerrte Präsentationen der türkischen Bevölkerung und Kultur das deutsche Publikum aufzuklären und zu Toleranz und Offenheit gegenüber einer
ausländischen Minderheit zu animieren.
Die ersten fremdsprachigen Hörfunksendungen in den 60er Jahren erschienen als ein
weiterer Schritt hin zu einer der komplexen Migrationssituation angemesseneren Mediengestaltung. Hier artikulierte sich die Einsicht in die notwendige Anerkennung der
Migrantensprachen und Kulturen im Rahmen eines breiter angelegten Integrationsprojektes. Die verfassungsrechtlich zum Integrationsauftrag verpflichtete ARD war hierbei
einer der wesentlichen Initiatoren, dies gilt für den damaligen "Gastarbeiterrundfunk"
genauso wie bezüglich des heutigen SFB "Multikulti"-Programms.
In den 70er und 80er Jahren entwickelt sich ein breiter "inoffizieller" Medienmarkt
in Form von türkischen Videos und Kinofilmen, der u.a. sicherlich als Kompensation
nicht vorhandener Programmangebote deutscher Medieninstitutionen fungiert. Mitte
der 70er gab es, neben einem umfassenden und ständig aktualisierten Videoangebot
mehr als 200 türkische Kinos in der Bundesrepublik.
81 Medienforschung
82 Medienforschung
2001: Tab. 42
2001: Tab. 46
83
Satelliten- und Kabelfernsehen veränderten die türkische Medienlandschaft in Deutschland auf nachhaltige Weise, als Teil der neuen Medienrevolution trugen sie maßgeblich
zur Ausdifferenzierung der gesamten Medienlandschaft bei. Türkische Migranten wurden als Zielgruppe entdeckt. Als Teil von grenzüberschreitenden Technologien ermöglichen diese Medien den in Deutschland lebenden Türken auch eine neue Definition
ihres Verhältnisses zur räumlich weit entfernten Heimat. Diese Raumüberschreitung
Türkei–Deutschland per TV veränderte die Wahrnehmung und Realität in mehrerer
Hinsicht: So führte sie beispielsweise zu einer partiellen Veränderung der einheimischen Realität in der Türkei, wie auch zu einer Entwicklung von lebensweltlichen
Zwischenidentitäten, zu einem partiellen Transfer innenpolitischer Konflikte aus der
Türkei nach Deutschland und zu umfassenderen direkten Einflussmöglichkeiten sowohl nationalistischen als auch religiös-fundamentalistischen Gedankengutes.
Eine weitere Entwicklung der türkischen Integrationsprozesse im Blick auf Medienproduktion und Mediennutzung lässt sich als Herausbildung einer Mischkultur bezeichnen. Wenn die türkisch-deutsche Hip-Hop-Gruppe Cartel davon singt, sie seien
weder Deutsche noch Türken, sondern ”Deutschtürken”, dann ist dies mehr als nur ein
gelungener Liedtext einer erfolgreichen Band mit einem klar abgrenzbaren jugendlichen Publikum. Die Dominanz des Medienakteurs Türkei gegenüber den türkischen
Medienrezipienten in Deutschland hat sich geändert. Die Suche der Jugendlichen nach
Neuem und Eigenem jenseits der Optierung Türkei oder Deutschland gewinnt wiederum Bedeutung für die in der Türkei lebenden Medienrezipienten.
Einerseits stützen Diskriminierungserfahrungen von den in Deutschland lebenden Türken die Politik antiwestlicher und antidemokratischer Fundamentalismen, andererseits
fördern die von der türkischen Bevölkerung in Deutschland gemachten gesellschaftlichen Partizipationserfahrungen, oder die positiven Erfahrungen im Bereich des Konsums oder auch des Gesundheits- und Sozialwesens die deutsch-türkischen Beziehungen in Politik und Wirtschaft.
Das Fernsehen ist das Medium, welches von den in Deutschland lebenden Türken
am meisten genutzt wird. Radio und Tageszeitungen rangieren mit weitem Abstand
hinter der Anziehungskraft der belebten Bilder. Fast jedes Mitglied dieser Population
rezipiert TV, nur jedes Zweite liest Zeitung oder hört Radio.
Die umfangreichste Gruppe der türkischen Bevölkerung in Deutschland ist jene, die
sowohl türkische als auch deutsche Medien nutzt; jeder zweite Türke ist in seiner Mediennutzung zweisprachig. Deutlich größer als jene Gruppe, die ausschließlich türkischsprachige Medien nutzt, ist diejenige, die ausschließlich deutschsprachige Medien rezipiert.
Aus dieser speziellen Kombination der Medien- und Sprachorientierungen der Medi84
ennutzer ergibt sich (wie oben zu sehen war) eine Rangliste der deutsch- und türkischsprachigen Medien. Sie wird von deutschsprachigen Fernsehprogrammen angeführt,
das türkischsprachige Fernsehen liegt auf den nachfolgenden Rängen.
Die wesentlichen Bestimmungsfaktoren der Mediennutzung der in Deutschland lebenden türkischen Bevölkerung sind zum einen ihre Positionierung gegenüber der türkischen und deutschen Gesellschaft, d.h. die bisherige Aufenthaltsdauer, der generelle
Aufenthaltswunsch, die Staatsbürgerschaft bzw. der Staatsbürgerschaftswunsch. Zum
anderen ist als besonderes Zeichen der Sozialisation im einen oder anderen Land zu
werten, wenn die damit verbundene Schulbildung und die im Vergleich zur deutschen
Bevölkerung mit einem deutlich höheren Stellenwert ausgestattete Religion im alltäglichen Leben an Bedeutung zunehmen.
Weitere entscheidende Faktoren sind sowohl die Sprachkompetenz als auch die unterschiedlichen, oben beschriebenen, sich spezifisch aufteilenden kulturellen, sozialen
oder politischen Interessen zwischen Türkei und Deutschland.
Kinder türkischer Herkunft haben in Deutschland keineswegs einseitige Gewohnheiten in Bezug auf ihre Freizeitgestaltung und Mediennutzung. Dies gilt sowohl für die
Art der Freizeitgestaltung und die Wahl der Freizeitpartner als auch für die Medien,
die ihnen in verschiedenen Sprachen zur Verfügung stehen. Die meisten von ihnen
können sich in beiden Sprachen verständigen. Außerdem zeigt sich eine signifikante
Übereinstimmung zwischen Kindern aus deutschen und aus türkischen Familien bezüglich ihrer Freizeitgestaltungspräferenzen und Mediennutzungsformen.
Die interkulturelle Kommunikation muss als ein wichtiger Aspekt der gesellschaftlichen Integration erachtet werden. Im Blick auf die Migrationsproblematik findet seitens der Wissenschaft und der Politik immer häufiger auch die vielschichtige Rolle
der Medien, besonders hinsichtlich einer Neugestaltung des Fernsehens und der vielfältigen Möglichkeiten des Internets Beachtung. Den Medien und insbesondere der
neuen und immer umfassender werdenden Rolle der Mediennutzung als alltäglicher
Bestandteil der Jugendkultur kommt neben den Sozialisationsinstanzen von Familie,
Schule und Peergroup eine zentrale gesellschafts- und kulturprägende Rolle zu. Diese
Wechselwirkung zwischen Integration und Medien wird in der Öffentlichkeit bislang
lediglich erwähnt, nicht aber gezielt genutzt.
Diese Anliegen sind im Falle der türkischen Migranten von besonderer Bedeutung,
da die interkulturelle Kommunikation mit der deutschen Bevölkerung, nicht zuletzt
wegen der dort wieder verstärkt anwachsenden ablehnenden Haltung, weitgehend ausbleibt.
Eine Grundlage für die zukünftig erfolgreiche Bewältigung dieser Integrationsaufgaben ist die vergleichsweise hohe regelmäßige Mediennutzung der Migranten. Neben
85
der hohen Nutzungsrate des Fernsehens werden, im Gegensatz zu den in deutschen
Hörfunksendern angebotenen türkischen Programmen, die speziell eingerichteten rein
türkischen Sender positiv angenommen. Hier liegt ganz offensichtlich ein pragmatisches Auswahlproblem zugrunde. Während der an türkischsprachigen Sendungen interessierte Nutzer in einem deutschsprachigen Sender genau den Tag und die Tageszeit
der oftmals einzigen türkischen Sendung beachten muss, hat er bei einem eigens eingerichteten türkischsprachigen Sender die für die alltägliche dauerhafte Radionutzung
charakteristische Möglichkeit der beständigen Hintergrundinformation bzw. Unterhaltung.
Der Privatsender Radio 94,8 Metropol in Berlin verzeichnet an normalen Tagen ca.
40.000 Berliner Türken als Hörerschaft. Auch in Nordrhein-Westfalen gibt es Pläne,
einen türkischen Hörfunksender zu gründen. Sollte sich diese Entwicklung fortsetzen,
so dürften Medien von und für Migranten in Zukunft das Bild der deutschen Medienlandschaft selbst mitprägen und einen positiven Beitrag zur fortschreitenden gesellschaftlichen Integration der türkischen Bevölkerung leisten.
Für das Fernsehen ist, wie gezeigt, das Verhältnis der deutsch- und türkischsprachigen Rezeption ausgeglichen und damit die Erreichbarkeit der Mehrheit der türkischen
Bevölkerung in Deutschland durch deutsche TV-Sender auf jeden Fall gewährleistet.
Dass auch die Frequentierung türkischer Sender nach der Aufhebung des staatlichen
Fernsehmonopols und der Entstehung etlicher privater Sender in der Türkei, die in
Deutschland über Kabel und über Satellit zu empfangen sind, beständig gestiegen ist,
ändert nichts an diesem Sachverhalt. Dass die Rezeption türkischer Programme nicht
nur den Angehörigen der ersten Generation, sondern auch den in Deutschland geborenen und hier aufgewachsenen Jugendlichen türkischer Herkunft neben der türkeibezogenen Information auch ein Stück heimatlicher Identität bietet, ist eher positiv zu
bewerten und steht der Möglichkeit eines mediengestützten Integrationsprozesses in
der deutschen Fernsehlandschaft nicht im Wege.
"Das Fernsehen erreicht die meisten Menschen, und zwar längst bevor
sie lesen lernen. Weltverständnis, Sinngebung und Standards für "Normalität" werden weitgehend vom Fernsehen geprägt. In dieser Hinsicht ist es
vermutlich schon einflussreicher als Familie und Schule." Dieter Grimm,
199683
83 Dieter
Grimm war bis 1999 Bundesverfassungsrichter für den Bereich Medienrecht.
86
Kapitel 4
Innovative Integrationspotentiale
der Medien: Zwei Skizzen
4.1 Vorbemerkung
In diesem Abschnitt sollen vor dem Hintergrund der bisher dargestellten Erkenntnisse
die Entwürfe zweier Vorschläge innovativer Mediengestaltungen vorgestellt werden,
die insbesondere das Ziel verfolgen, bildungsbezogene Wertvorstellungen, biografische Orientierungen bzw. Handlungsorientierungen in wichtigen Lebensphasen zu vermitteln und in einem basalen Sinn über die Bereitstellung von Handlungsoptionen in
narrativen Kontexten, wie z.B. Unterhaltungsserien, den Fundus an Entscheidungsmöglichkeiten von Jugendlichen zu erweitern.
Das analysierte Mediennutzungsprofil der türkischen Bevölkerung in Deutschland, die
sich wandelnde Medienlandschaft, in deren Zentrum neue Synthesen aus Information und Unterhaltung stehen ("Infotainment", "Edutainment" und "Politainment"), sowie die wichtige sozialintegrative Rolle der Medien lassen folgende Schlussfolgerung
zu: Die Richtung, die eine Mediengestaltung einschlagen muss, um sowohl breite Zuwandererschichten anzusprechen und langfristig zu binden, als auch um geeignete inhaltliche Informations-, Motivations- und Sozialisationsangebote wirksam werden zu
lassen, muss sich an den o.g. Ergebnissen orientieren.
Im Folgenden sollen zwei Formen eines solchen produktiven Medieneinsatzes beschrieben werden. Die eine beruht auf den Möglichkeiten der sich wandelnden TVKultur, die andere auf jenen des Internets.
Die Konstruktion einer besonderen Form von Soap Opera, die mit ihrer hohen gestalterischen Offenheit und Flexibilität ein ideales Forum der Vermittlung von Information sowie sozialen und kulturellen Kompetenzen darstellt, liegt auch hinsichtlich ihrer
87
strukturellen Verbindung von Information und Unterhaltung im Zentrum des oben beschriebenen Trends.
Der Konzeption einer Einrichtung, die Ausbildungsberatung, -förderung und -begleitung im Rahmen eines Internetcafés anbietet, kommt sowohl der türkischen Gemeinschaftsneigung, dem Medien- und Technikinteresse, als auch der Zielsetzung einer
Einbindung der Jugendlichen in die medialen Arbeitsmarktbereiche stark entgegen
und vereint wesentliche Aspekte türkischer Kultur mit neuesten informationsgesellschaftlichen Entwicklungen.
4.2 Die edukative Soap Opera: Serialität, Strukturanalyse
und Akkulturationspotential
4.2.1 Serialität
Serialität stellt das zentrale Merkmal des Fernsehens dar und erstreckt sich auf alle Programmteile. Nachrichten und Informationsmagazine haben ihre Erkennungszeichen
und ihren festen Sendeplatz ebenso wie Talkshows und Unterhaltungsserien. Im fiktionalen Angebotsbereich zählten die Spielserien von Beginn an zu den Hauptangeboten
der Sender. Unabhängig davon, ob sie täglich oder wöchentlich gesendet werden, ob
sie nach dem Episodenprinzip jeweils geschlossen oder mit einer Verschränkung mehrerer Handlungsstränge endlos komponierbar sind, wie die Lindenstraße oder Dallas,
ziehen Serien die Zuschauer immer wieder in großem Umfang vor den Bildschirm.1
Aus der Produktionsperspektive heraus ist Serialität deshalb so zentral, weil jeder
Fernsehsender in der Situation einer marktförmig organisierten Konkurrenz um Quoten darauf bedacht sein muss, möglichst viele Zuschauer möglichst lange auf dem Kanal zu halten. Die einzelnen Sendungen sind daher ganz gezielt so konzipiert, dass der
kontinuierliche Fluss des Gesendeten im Vordergrund der Wahrnehmung steht. Da der
Dauerrezipient das Idealbild eines jeden Anbieters ist, dürfen die einzelnen Sendungen
nicht als Einzelprodukte erscheinen, nach deren Ende man die Medienkommunikation
abschließt. Einzelne Angebote sollen daher auch keine zu intensive Erlebnisintensität
oder Betroffenheit auslösen, da dies die Lust auf die nächste Folge der Serie schmälern würde. Weiterhin wird darauf geachtet, dass die verwendeten Themen-, Personenund Ereignistypen alltagsnah erscheinen, die Probleme und Konflikte unabgeschlossen
bleiben und auf diese Weise serientypische Verlaufsmuster den Ablauf prägen.
In diesen Formaten offerieren die Sender besonders gern Themen, die den Nutzern in
ihrer Alltagswelt hilfreich erscheinen. Dies beginnt bei Ratgebersendungen und Talks1 Giesenfeld/Prugger
1994
88
hows als Foren, in denen mögliche Probleme des Alltags besprochen werden und reicht
bis zu den fiktionalen Spielserien. Allen Modellen ist gemeinsam, dass sie für das
Alltagshandeln Reflexionsanlässe bieten, die die Zuschauer aufgreifen, um sich mit
Bereichen ihrer eigenen Alltagswelt auseinander zu setzen.2
Handlungsstränge, die beispielsweise Beziehungs- und Generationsprobleme und solche von alleinerziehenden Elternteilen aufzeigen, den Umgang mit Krankheit, Leid
oder Tod thematisieren und darüberhinaus entsprechende Lösungen anbieten, werden durchaus auch für den eigenen realen Lebensverlauf ernst genommen. Sie bilden zumindest Orientierungsmuster und Reflexionsanlässe im eigenen Leben der Rezipienten, Spielserien entwickeln dabei eine Alltagsethik, die den Zuschauern auch
grundlegende Wertorientierungen liefert. Ständig werden Konflikte aufgebaut und gelöst, Geschlechterverhältnisse ausgehandelt und biographische Entscheidungssituationen durchlebt.
Eine wichtige Voraussetzung für den Transfer zwischen fiktionaler und realer Welt,
durch den die Zuschauer die Serien als Reflexionsraum und Lebenshilfe nutzen können, ist die Alltagsintegration des Mediums. Die übermittelten Geschichten und unterhaltsam dargebotenen Informationen kommen direkt in die Wohnung und sind aktiv
gestalteter Lebensbestandteil. Das TV-Gerät steht meist in Räumen, in denen auch
viele andere alltägliche Handlungen vollzogen werden. In vielen Haushalten ist das
Fernsehen sogar schon zu einem Hintergrundmedium geworden, auf das man nur zuweilen seine Aufmerksamkeit richtet. Oft wird beim Fernsehen gegessen, telefoniert,
gebügelt oder sogar gelesen. Der Fernsehzuschauer ist im Gegensatz zur konzentrierten Rezeption im Kinosaal mit dem Medium nur lose verkoppelt. Er kann sich jederzeit
abwenden und anderen Aktivitäten nachgehen. Fernsehen ist in diesem Sinne ein sogenanntes "low-involvment" Medium. Außerdem hat der Zuschauer Möglichkeiten, sein
Medienerlebnis zumindest auf elementarer Ebene selbst zu steuern. Er kann um-, aboder den Ton ausschalten, um nur die Bildsequenzen als Hintergrund für andere Aktivitäten zu bewahren, oder auch Sendungen auf Video aufzeichnen, um in der Wahl des
Rezeptionszeitpunktes flexibel zu sein. Dies macht, zusammen mit den genannten inhaltlichen Strukturen, das TV-Medium in einem hohen Maße für die Alltagsintegration
geeignet.
Ein Ausbau der seriellen Unterhaltungsgenres im Sinne einer sozialen und politischen
Reflexion der Gesellschaft findet sich jedoch in Deutschland ebensowenig wie der
Versuch, fiktionale TV-Serien für die Strategien der Politik nutzbar zu machen, wie
dies in den USA und in anderen angelsächsischen Ländern seit langem üblich ist. Eine Ausnahme bildet in diesem Zusammenhang die 1996 vom Bundesministerium für
2 Kepplinger/Tullius
1995
89
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) geleistete finanzielle Unterstützung der ARD-Serie "Klinik unter Palmen" mit mehr als 250.000 DM oder auch die
Unterstützung einer einzelnen Tatortserie, in der die Problematik des Mädchenhandels
und der Prostitution thematisiert wurde. In der Spielhandlung der ARD-Klinikserie
leistete ein Ministerialbeamter an der Seite des Hauptdarstellers wichtige und publikumswirksame Aufklärungsarbeit.3
4.2.2 Die Struktur der Soap Opera
Wie bereits in vorangegangenen Abschnitten aufgezeigt wurde, verweist der relativ
hohe tägliche Fernsehkonsum türkischer Zuwanderer aller Generationen, aber speziell
türkischer Jugendlicher der zweiten und dritten Generation, auf Möglichkeiten des
Einsatzes des Film- und Fernsehmediums bei der Bewältigung von kulturellen und
ökonomischen Integrationsproblemen. Hier bietet sich u.U. insbesondere ein in den
angelsächsischen Ländern schon seit langem erfolgreich erprobtes und zur Vermittlung
sozioökonomischer und kultureller Kenntnisse und Fertigkeiten eingesetztes Genre an,
nämlich das der "Seifenoper" bzw. der "Daily Soap". Dieses Genre ist – ganz entgegen
der populärkulturfeindlichen Perspektiven von Repräsentanten der sogenannten High
Culture – durch seine subtile und komplexe Verflechtung mit dem alltäglichen Leben in
verschiedenen sozialen Milieus besonders gut geeignet, gesellschaftliche Aufklärung,
Wertvorstellungen und alltagspraktische Anleitungen zu transportieren.
Daily Soaps weisen zudem als typisches Serienformat der heutigen Medienkultur einige spezifische Besonderheiten auf, welche speziell die Sehgewohnheiten des jungen
Publikums in den 80er und den 90er Jahren geprägt haben und damit auch den zukünftigen Erwartungshorizont dieses Publikums bestimmen.4
Die in unserem Kontext entscheidenden Strukturmerkmale lassen sich wie folgt zusammenfassen:5
3 Viertel
1996
4 Göttlich/Nieland
1997
folgenden Ausführungen zu Struktur und Wirkung der Seifenoper beruhen auf der Erarbeitung von: medien- und kommunikationswissenschaftlichen Forschungen, internationaler Rezipientenforschung, literatur- und rezeptionstheoretischen Ansätzen, kulturanthropologischen Forschungen und
Analysen zu Struktur und Rezeptionswirkung von täglichen Serien, Sitcoms und Daily Soaps in Großbritannien, Australien, den USA und Deutschland.
5 Die
90
Intensive Verflechung mit dem alltäglichen Leben:
• Daily Soaps werden täglich gesendet, sie sind Bestandteil des Lebens, der Geselligkeit und der täglichen Konversation. Ganze Zuschauergruppen treffen sich
regelmäßig, um erfolgreiche und aktuelle Soaps zusammen zu genießen und zu
diskutieren.
• Soaps thematisieren alltägliches Leben in den ihrer Grundthematik entsprechenden und typischen Selektions- und Poinitierungsweisen, sie problematisieren
und spiegeln Alltagsperspektiven wider und schaffen zudem neue Sichtweisen,
• Daily Soaps werden zum umfassenden Gossip-Thema und häufig sogar zur gleichberechtigten parasozialen Wirklichkeit der Rezipienten, sie sind also auch quasirealer Erlebnisbestandteil des Alltags.
Narrative Grundstruktur:
• Der lebensweltliche Bezug der Daily Soap zeigt sich in der auf alltägliche Lebensverlaufsprozesse, auf außergewöhnliche Ereignisse und auf Problembewältigungen aller Art abzielenden Erzählstruktur. Diese erzeugt mit den Mitteln der
Vereinfachung, der Typisierung und der Erweckung konstanter Neugier nachweislich starke Aufmerksamkeits- und Konzentrationspotentiale und anhaltende
präzise Erinnerungsmuster.
• Die einfache und stringente Form ermöglicht andererseits aber die Aufnahme
nahezu aller gängigen narrativen Stilmittel oder gattungsbezogener Ausdrucksformen. So finden sich neben tragischen Elementen auch komödienhafte und
satirische, parabolische oder melodramatische Segmente, so etwa bei der Darstellung von Familienkonflikten beim Einkauf im städtischen Supermarkt.
Erweitertes narratives Repertoire:
• Durch die direkte inhaltliche Bezugnahme zu lebensweltlichen Kontexten vermag es das Genre, konkrete Lebensverläufe in ihrer Gesamtheit darzustellen.
Dies lässt die Verwirklichung oder das Scheitern von längerfristigen Planungen
und Vorhaben oder von ganzen Lebensplänen der Protagonisten ebenso sichtbar werden, wie das Voranschreiten von sozialen Lernprozessen oder ein erfahrungsinduzierter Wandel von Werteeinstellungen. Dementsprechend umfassen
die Aktivitäten der Zuschauer von Daily Soaps die Verarbeitung und Beeinflussung des Rezipierten auf eine Art, die beträchtlich von derjenigen abweicht, die
91
andere Erzählungen erfordern. Sowohl die inhaltliche als auch die reale Kontinuität der Sendungsfolgen erzeugen im regelmäßigen Zuschauer einen größeren
Vorrat an Wissen über Charaktere und vergangene Ereignisse als in jedem anderen Genre. Es erstaunt daher nicht, dass Jugendliche über Jahre hin auf eine
Weise mit gewohnten Familienserien aufwachsen, als wären diese eine Erweiterung ihres eigenen familialen Lebens.
• Ein weiteres, an Raffinesse kaum zu überbietendes Repertoire der Daily Soap
liegt im Ausschöpfen von Reflexivitätspotentialen. Hier sei nur die Möglichkeit
erwähnt, im Erzählverlauf der Serie selbst den Einsatz von Soap Operas als Akkulturationsinstrument zu thematisieren, beispielsweise um so den Zuschauer
noch nachdrücklicher auf die zu vermittelnden Sachverhalte zu verweisen.
• Weiterhin bietet die Daily Soap die Möglichkeit einer umfassenden Konkretisierung abstrakter Sachverhalte. Durch die Personifikation von Einstellungspositionen, die Vereinfachung von Sozialstrukturen und Institutionen, die Darstellung
theoretischer Einsichten als konkrete Interaktionsprozesse und die Umformung
ideeller Lebensverlaufsmodelle in reale Lebensverläufe lassen sich komplexe
gesellschaftswissenschaftliche und ethisch-normative Sachverhalte in lebensweltlichpersonifizierten Prozessen abbilden. Von der Funktionsweise gesellschaftlicher
Institutionen, über die Wirkung ökonomischer Wandlungsprozesse bis hin zu
ethischen und ethnischen Grundpositionen lässt sich die gesellschaftliche Wirklichkeit im Prozedere des Alltagslebens verständlich und verfügbar gestalten
und authentisch darstellen.
Detailgetreuer Zielgruppen-Zuschnitt:
• Sowohl ihre alltagsweltliche Einbettung als auch ihre Erzählstruktur machen
die Daily Soap zu einem TV-Genre, dass sich wie kaum ein anderes auf die
Merkmale der angestrebten Zielgruppenkultur ausrichten lässt. So werden Soaps
nicht nur auf Alters- und Einkommensgruppen, sondern auch bis ins kleinste
Detail auf deren Alltagsjargon, soziale Gebärden, auf Hobbies und Interessen,
auf Marotten und menschliche Schwächen hin quasi maßgeschneidert.
• Diese Möglichkeit der Anmessung erzeugt auch das vielbeachtete Potential personaler Identifikation. Die Daily Soap bietet Rollen- und Statusschemata zur Erprobung in der eigenen Alltagsrealität und vermittelt Handlungs- und Entscheidungsmuster zwischen dem idealisierenden und stark typisierenden Erzählkontext einerseits und der wesentlich diffuseren und komplizierteren sozialen Wirklichkeit andererseits.
92
Hohe Realitätsdurchlässigkeit:
• Soap Operas sind in ihrer Alltagseinbettung und in ihrer Vermittlerrolle zwischen Realität und narrativer Fiktion offen für jede Art von Gastauftritten gesellschaftlicher Persönlichkeiten. So mögen zeitweilig oder regelmäßig Persönlichkeiten des Showbusiness, Musiker, Schauspieler, Sportler oder sogar aus Politik
und Wirtschaft Gast-Rollen einnehmen oder sich im Kontext der Episode in ihrer realen gesellschaftlichen Rolle auftreten, so wie Bundeskanzler Schröder in
einer Episode GZSZ .
• Gerade die Wirkung dieser genreimmanenten Möglichkeit ist besonders beim
jugendlichen Publikum kaum zu überschätzen. Hier sei nur an die Wirkung
der Vorbildhaftigkeit bewunderter und verehrter Persönlichkeiten erinnert. Diese
Annahmen liegen auch den internationalen Kampagnen gegen den Drogenmissbrauch zugrunde, die sich maßgeblich der Einflusskraft prominenter Sportler
bedienen.
• Als letzter Punkt der hier zu betrachtenden wesentlichen Strukturmerkmale von
Daily Soaps muss die Möglichkeit einer hohen inhaltlichen Flexibilität bezüglich aktueller Ereignisse genannt werden. So lassen sich wichtige Ereignisse
und Problemlagen in Gesellschaft, Politik, Wirtschaft oder Kultur direkt in den
Erzählfluss einbinden und einen Bezug zum aktuellen Gesellschaftsprozess aufrechterhalten.
4.2.3 Die Eignung des Genres zur Etablierung sozialer Lernprozesse
Die obigen Ausführungen zu den strukturellen und inhaltlichen Möglichkeiten, die
Soap Operas als tagesbegleitende filmische Erzählform bieten, verweisen direkt auf
ihre hervorragende Eignung als Vermittlungsinstrument eines ganzen Spektrums von
sozialen und kulturellen Motivationen, Werteinstellungen, Fertigkeiten und Kenntnissen.
Die Begleitung des Alltags, das tägliche Erreichen großer Zuschauergruppen, die große
und dauerhaft aufrechterhaltene Aufmerksamkeit, die Konzentrations- und Gedächtniseffekte sowie die Einbindung aktuellen Geschehens und realer Persönlichkeiten
bieten eine Fülle von Möglichkeiten, zur Vermittlung von gesellschaftlichem Wissen,
Informationen, vorbildhaften Verhaltensweisen, menschlichen Vorbildern, Konfliktlösungsstrategien, sozialer Aufklärung oder die Bewusstmachung von vorhandenen gesellschaftlichen Problemlagen auf einfache und einprägsame Weise zu vermitteln.
93
So lassen sich beispielsweise aktuelle ethnische Konflikte auf lebensweltlich realistische Weise thematisieren, Lösungsmöglichkeiten konkret vorleben, überzogen-unrealistische Erwartungen oder unverbesserliche weltanschauliche Positionen mit satirischem Humor karikieren und Informationen über bestehende gesellschaftliche Maßnahmen bezüglich des betreffenden Problemkomplexes gezielt unterbringen.
Der Wegbereiter der kulturintegrativen und sozialaufklärerischen Nutzung einer Variante des Genres ist sicherlich Bill Cosby in den USA gewesen. Wie kaum ein anderes Projekt hat seine täglich ausgestrahlte Cosby Show, eine Mischung aus Comedy
und Seifenoper, zur Identifikation der afroamerikanischen Bevölkerung mit sich selbst,
als Amerikaner und als Schwarze beigetragen – ganz zu schweigen von den sozialen
Aufklärungs- und Sozialisationseffekten, die von dieser Sendung über Jahre hinweg
vermittelt wurden. Sie wurde so über Jahrzehnte hin zu einer aus dem Bewusstsein und
dem Alltagsleben großer Teile der Bevölkerung nicht mehr wegzudenkenden gesellschaftlichen Instanz. In dieser überaus erfolgreichen Daily Sitcom wird beispielsweise
die gesellschaftspolitische Dimension unterhaltsam inszeniert, indem dargestellt wird,
wie Afroamerikaner über das kulturelle Kapital der Bildung ihren sozialen Aufstieg
und ihre Integration in die oberen Mittelschichten der amerikanischen Sozialstruktur
erreichen und dauerhaft sicherstellen können.
Die Cosby Show war eine der erfolgreichsten Serien in der Geschichte des amerikanischen Fernsehens überhaupt. Der schwarze Schauspieler und promovierte Pädagoge
Bill Cosby war in dieser Produktion nicht nur Hauptdarsteller und Zentrum der Serie,
sondern auch Autor und kreativer Leiter. Er versuchte in seiner Serie ein positiveres
Bild der Afroamerikaner zu entwerfen und seine pädagogischen Prinzipien und Ideale
umzusetzen. Die Serie war bei schwarzen und weißen Zuschauern gleichermaßen beliebt. Sie brach vor allem mit denjenigen Stereotypen, die bislang das Bild der kriminellen, "dümmlichen" und arbeitslosen Schwarzen in der Öffentlichkeit geprägt hatten.
Hier wurden durch das Medium Fernsehen gebildete, intelligente und verantwortungsbewusste afroamerikanische Serienfiguren transportiert, die sowohl den Schwarzen als
auch den Weißen ein starkes und positives Bild dieser Bevölkerungsgruppe vermittelten.
Inhaltlich wurde in der Bill Cosby Show am Beispiel der Familie Huxtable auf vergnügliche und sehr unterhaltsame Weise gezeigt, wie zwei akademisch gebildete, in
gut bezahlten Berufen tätige Eltern integriert und harmonisch mit ihren fünf Kindern
zusammenleben. Mit den Huxtables wurde der "american dream", der Tellerwäschermythos, in neuer Form inszeniert. Jeder kann, so die ideelle Botschaft der Serie, den
sozialen Aufstieg schaffen und eine geglückte Existenz durchleben, wenn er mit gutem
Willen, Fleiß und Eigeninitiative ausgestattet genügend Bildungskapital erwirbt.6
6 Zum
Cosby-Ansatz siehe Jhally/Lewis 1992; Fiske 1996; Fuller 1992
94
Ein weiteres Beispiel für die integrative Nutzung von Daily Soaps findet sich in den
USA in den speziell für die lateinamerikanischen Zuwanderer konzipierten Sendungen. Hier wird mit einfachen dramaturgischen Mitteln zum englischen Spracherwerb
angeleitet und motiviert, über die Vorteile und Möglichkeiten von Geburtenkontrolle aufgeklärt oder die Konfrontation der Vorstellungen über Berufslaufbahn und Erwerbsleben zweier so unterschiedlicher Kulturen wie der US-amerikanischen und der
lateinamerikanischen am konkreten Beispiel thematisiert.
In Großbritannien liefern spezielle Daily Soaps den jugendlichen Migranten, beispielsweise der zahlenmäßig starken Gruppe von Zuwanderern pakistanischer Herkunft, den
Stoff für intensive langanhaltende Auseinandersetzungen mit dem angelsächsischen
Familienleben und den nachbarschaftlichen Beziehungsstrukturen. Soziale Beziehungen werden hier nicht nur immitiert, sondern auch reale Verhältnisse auf ihre Tragfähigkeit hin überprüft oder vorgelebte soziale Rollen in ihrer Funktionalität ausprobiert.
Über die familiären Verhältnisse und Beziehungen der Serien-Familien wird regelmäßig ausführlich in Gleichaltrigengruppen diskutiert, hier werden Vergleiche gezogen,
Vorbilder gewählt und Verhaltensweisen differenziert bewertet. Auf diese Weise wird
die Kenntnis der Rezipienten hinsichtlich der Unterschiede und Ähnlichkeiten zwischen den eigenen und den perzipierten Verhältnissen erweitert und ein Bewusstsein
für die große Bedeutung nachbarschaftlicher oder freundschaftlicher Sozialbeziehungen über den begrenzten Bereich der eigenen kulturellen Gruppe hinaus geschaffen.
Das breite Spektrum der mit der Struktur der Soap Opera zur Verfügung gestellten Mittel liefert auch hier die Grundlage für einen in die alltäglichen Gewohnheiten und ins
Selbstverständnis der Rezipienten einfügbaren Prozess sozialer und kultureller Kompetenzentwicklung. Marie Gillespie zeigt beispielsweise in ihrer bahnbrechenden Studie über alltägliche Mediennutzung von Punjabifamilien in London, wie sowohl die
Unterhaltungsgenres als auch die Fernsehnachrichten und sogar die Fernsehwerbung
ein Teil der alltäglichen Lebens- und Kommunikationspraxis dieses Bevölkerungsanteiles werden. Die Autorin führte eine intensive sozialwissenschaftliche Forschung von
1988 bis 1991 in Southall durch, einem dicht besiedelten, multiethnischen Vorort in
West-London, nahe dem Flughafen Heathrow. Die meisten Einwohner sind dort Punjabis, daneben gibt es Minderheiten mit irischem und afrikanischem Hintergrund.
Marie Gillespie lebte und arbeitete in Southall als Lehrerin. In dieser Zeit führte sie
außerdem eine Fragebogenuntersuchung unter ca. 350 Jugendlichen im Alter von 12
bis 18 Jahren durch. Ziel dieser Studie war es herauszufinden, wie Jugendliche sich
in den vielen Kulturen von Southall, in ihrer eigenen Jugendkultur und in Beziehung
zu ihren Elternkulturen wahrnehmen und sich selbst für ihr zukünftiges Leben verorten. Auch hierbei spielten die Muster des Medienkonsums im lokalen Leben, in der
95
Freizeitgestaltung und Schule, in der Erziehung und den Peergroup-Interaktionen eine
entscheidende Rolle.
Insbesondere die weit über die eigentliche Serien- oder Sendungsrezeption hinausgehenden Gespräche, der Klatsch und Tratsch über die medienvermittelten Ereignisse,
stellen die Medienwirkung bei den Migranten auf eine breite alltägliche gesellschaftliche Basis. Die Protagonisten der hier rezipierten Soap Opera werden beispielsweise zu
imaginären Interaktionspartnern, an deren Benehmen, Kleidung, Verhaltensstilen und
Lebensverläufen das eigene Leben der Jugendlichen zumindest teilweise ausgerichtet
wird.
Außerdem bietet gerade die hier betrachtete Soap Opera einen den britischen und den
pakistanischen Alltag der Jugendlichen übergreifenden Bezugsrahmen. Dies liefert eine für jugendliche Migranten so dringend benötigte kommunikative Brücke und eine
Interaktionsgrundlage für das Zusammenleben mit den Jugendlichen des Aufnahmelandes.7 Dies lässt sich auch an einem australischen Beispiel vertiefen: Die Soap Opera
A Country Practice ist die am längsten laufende Serie in der australischen Mediengeschichte. Wie eine Analyse dieser Produktion zeigt, erweisen sich die narrative Flexibilität des Genres und die sozialaufklärerische inhaltliche Strukturierung als Geheimnis
dieses Erfolges. Mit einer Mischung aus einem Krankenhausdrama, einer Arztserie
und dem geschickten Spiel mit den Gegensätzen des ländlichen und des urbanen Lebens in Australien bietet sich einerseits eine nahezu unerschöpfliche Fülle erzählerisch
interessanten Stoffes, andererseits ist dieses gesellschaftliche Umfeld bestens dafür
geeignet, alle Arten medizinischer und gesundheitsbezogener Aufklärung zu transportieren.
So konnte diese Produktion u.a. auch mit großem Erfolg zu einer intensiven AIDSAufklärung breiter Bevölkerungsschichten beitragen. Hierzu wurde beispielsweise eine mehrteilige in sich geschlossene Geschichte eines aus der höheren Mittelschicht
stammenden drogensüchtigen Mädchens in den Serienverlauf eingefügt, deren schließliche AIDS-Erkrankung auf drastische Weise vor Augen führte, dass von dieser Infektionskrankheit nicht nur die Repräsentanten einer urbanen Homosexuellenszene bedroht sind. Diese mittels der engen Zusammenarbeit mit Medizinern, professionellen
Drogenexperten und Sozialarbeitern konzipierten Serienfolgen verhalfen nachweislich
in kurzer Zeit dazu, die damals noch vorherrschende "gay prejudice story" hinsichtlich
der AIDS-Gefahr in Australien endgültig zu entkräften und die Bevölkerung für die
allgemeine Bedrohung zu sensibilisieren.
Gerade diese enge Verflechtung von sozialen Problemen, täglichen aktuellen Ereignissen und einer sich durchziehenden Linie von Serienromanzen ist für den Erfolg
7 Gillespie
1995
96
einer solchen Produktion verantwortlich. Zusätzlich wurde hier allerdings auch besonderer Wert auf die Erreichbarkeit des gesamten Altersspektrums der Zuschauer gelegt.
Die Verknüpfung von Unterhaltung, sozialer Aufklärung und Informationsvermittlung
kann bei entsprechender Konzeption, wie das australische Beispiel zeigt, durchaus alle
Altersgruppen auf gleiche Weise fesseln und über lange Zeiträume hinweg inhaltlich
binden.8
In Deutschland zeigt schließlich das Beispiel der Lindenstraße, welchen dauerhaften
Erfolg eine gelungene Mischung aus Unterhaltung und gesellschaftlich-demokratischer
Sozialisation haben kann. Im Jahre 1985 erschien ein neues Serienformat auf den deutschen Bildschirmen, das sich ungeachtet schlechter Prognosen und Kritiken als Erfolgsmodell erweisen sollte. Das Projekt Lindenstraße, federführend für den WDR von
Filmregisseur und Produzent Hans W. Geißendörfer gefertigt, setzte sich in Anlehnung
an das britische Vorbild Coronation Street zum Ziel, eine Familienserie zu produzieren, die realistischer, problemorientierter und aktualitätsbezogener als alle deutschen
Vorgänger sein sollte und dennoch auf unterhaltungserprobte Instrumentarien der Soap
Opera zurückgreifen wollte.9
Die so entstandene Mischung aus Realismus, Aufklärung und Entertainment hat über
den gesamten Zeitraum der 90er Jahre hinweg zu hohen Marktanteilen geführt. Die Serie, die jeden Sonntagabend auf einem festen Programmplatz verbleibend ausgestrahlt
wird, hat sich zu einer traditionellen Instanz in der deutschen Fernsehlandschaft entwickelt, deren Status beinahe dem der dauerhaft erfolgreichen Tagesschau gleichkommt.
Die Hauptfiguren der Serien sind zum Inventar der öffentlichen Unterhaltung und der
alltäglichen Kommunikation geworden, deren Reichweite die Differenzierungen der
Medienlandschaft, auch über zehn Jahre nach der Einführung des dualen Rundfunksystems mühelos überbrückt. Die Endlosserie bietet den Zuschauern, die vielerorts schon
in Fanclubs organisiert sind, keine geschlossenen Episoden, sondern längere Handlungsbögen und sich allmählich entfaltende Figurenkonstellationen. Die Spannungslinie zwischen den einzelnen Folgen wird jeweils durch den Abbruch der Handlung
mitten in einer offenen Konfliktsituation erzeugt, deren Auflösung erst in der nächsten
Folge geliefert wird.
Mit ihrem Anspruch auf Realismus und Alltagsnähe schließt die Lindenstraße einerseits durchaus an die frühen deutschen Familienserien an. Allerdings heißt Realismus hier, dass die dargestellten Familienstrukturen, die den narrativen Leitfaden
der Serie bilden, Veränderungen unterworfen sind. In den früheren deutschen Familienserien war der Familienverbund eine institutionelle Sicherheit innerhalb des sich
ständig verändernden Lebens; ein Ordnungsfaktor, dessen Funktionieren verlässlichen
8 Tulloch
1999
1996; Jurga 1995
9 Frey-Vor
97
Schutz vor den Anfeindungen und Herausforderungen des Lebens bot. Heute zeigt
sich die Familie als eine im Umbruch befindliche Institution, die den beschleunigten
Demokratisierungs- und Modernisierungsprozessen ausgesetzt ist.
In den Familien der Lindenstraße spiegeln sich (genrespezifisch überzogen) die von
Sozialwissenschaftlern längst beschriebenen Prozesse familialer Veränderungen. An
die Stelle der traditionellen Normalfamilie mit einem verheirateten Elternpaar und ein
bis drei Kindern tritt beispielsweise im Blick auf die gestiegenen Scheidungsraten eine
Vielfalt von Einelternfamilien mit wechselnden Lebensgefährten. Beispielsweise hat
ein homosexuelles Paar die erzieherische Betreuung eines Jungen übernommen, der
aufgrund einer HIV-Infektion seiner alleinerziehenden Mutter zuvor hauptsächlich von
seiner Großmutter versorgt wurde.
Geißendörfer hat die Serie ganz gezielt als ein Forum sozialer und gesellschaftspolitischer Stellungnahmen zum realen alltäglichen Geschehen in Deutschland konzipiert.10
Dies zeigt sich auf einer ersten Ebene durch tagespolitische Kommentare, die beiläufig, aber regelmäßig von den Figuren der Lindenstraße in den Handlungsverlauf eingebracht werden. Aktuelle Wahlgänge, politische Skandale, die Frage der Überschuldung
der öffentlichen Haushalte oder die Ausländerpolitik sind Beispiele dafür, wie aktuelle
Geschehnisse von den entsprechenden Personen in der Serie von verschiedenen Positionen aus thematisiert werden.
Andererseits entfaltet sich die politische Kultur der Serie als Vorführung demokratisch
und sozial engagierter Vorbilder, die dem Zuschauer Handlungsmuster zur mutigen
Einmischung und zum Eintreten für sozial Schwache demonstrieren. Das Fernsehen
wird hier, ganz im Sinne von Friedrich Schillers berühmter Theaterpoetik, zur "moralischen Anstalt", die Bürgertugenden vorführt, ohne die kein demokratisches Gemeinwesen auf Dauer bestehen kann.
Die Lindenstraßen-Bewohner zeichnen sich als Gruppe durch einen stabilen Solidarzusammenhang aus, der manchmal an kommunitaristische Vergemeinschaftungsmodelle
erinnert. Im Ernstfall hält man entgegen sonstiger Differenzen dennoch zusammen und
hilft sich gegenseitig, vor allem dann, wenn die Gemeinschaft von außen bedroht wird.
Die Bürger der Lindenstraße erweisen sich immer wieder als politisch partizipationswillig und stark mobilisierbar. Diese Partizipation findet allerdings hauptsächlich in
außerinstitutionellen Handlungsbereichen statt. Großes Aufsehen erregte etwa der in
einem 30-Sekunden-Spot gesendete und von zwei Privatsendern innerhalb der fiktio10 “Kritik,
Aufklärung, Information, Stellungnahme, freie Meinungsäußerung, ja sogar soziale Manipulation, neben allen erzählerischen Tricks der Dramatisierung, der Emotionalisierung und der Spannung
von a nach b müssen innerhalb des Fernsehspiels und der Fernsehserie genauso möglich sein, wie das
Erzählen und die Rede von Tabus, die Rede über Skandale, die Rede über Wunden und Fehler unserer
Gesellschaft.” (Geißendörfer 1990).
98
nalen Serienwelt ausgestrahlte Aufruf eines Lindenstraßenbewohners, in dem er die
Zuschauer bittet, an einem bestimmten Tag, zu einer bestimmten Uhrzeit, den Strom
abzuschalten, um damit gegen die Nutzung von Kernenergie zu protestieren. Diesem
fiktionalen Aufruf folgten Hunderttausende von Zuschauern bundesweit, indem sie
sämtliche Geräte in ihren Wohnungen ausschalteten. Die Lindenstraße stellt also eine mediale Institution mit einer großen Reichweite bzw. einem Einfluss dar, der an
der Grenzziehung zwischen legitimen und illegitimen Bereichen der sozialen und politischen Kultur Deutschlands aktiv mitwirkt und ein breites Spektrum sozialer und
gesellschaftlicher Aufklärungsaufgaben übernimmt.
Die mit dem Anspruch auf große Realitätsnähe konzipierte Soap Opera bewegt sich allerdings mit ihren Entwürfen einer kommunitaristischen politischen Bürgerkultur eher
im Bereich des Utopischen als in der Wirklichkeit des deutschen Alltages.
Das Genre der familienbezogenen Soap Opera verbleibt hier also letztlich doch, ungeachtet der dargestellten Umbrüche in den Lebensformen, in der Tradition der idealisierenden TV-Erzählung, die die Lösungen für die tiefgreifenden Probleme der Zeit
allein in die Hände von moralisch und solidarisch engagierten Individuen legt.
4.2.4 Eine neue Soap Opera und die deutsch-türkische Migrationsliteratur
Eine potentiell beträchtliche stoffliche Fülle und Variationsbreite für eine speziell auf
Migrationskontexte zugeschnittene Fernsehserie liefert einerseits die Struktur der türkischen Migrations- und Integrationsproblematik von mittlerweile drei Generationen
sowie die sich immer weiter ausdifferenzierenden soziodemographischen Milieus, und
andererseits die sowohl traditional als auch westlich-konsumeristische Jugendkultur.
Die beschriebenen Strukturmerkmale des Genres liefern sehr gute Voraussetzungen,
um ein mediales Integrationsprojekt erfolgreich durchzuführen: die Möglichkeit zur
Einbindung aktuellster Problemlagen und Ereignisse; die Verwendung von Jugendszenen mit ihrer Sprache, Gebärde und Symbolik; die Nutzung von Musik-, Sport-, und
Filmidolen und anderer populärer Vorbilder; die Möglichkeit der Darstellung gelingender Integration und Ausbildungs- sowie Berufsverläufe und die mögliche Aufklärung und Information über bestehende Strukturen und institutionelle Arrangements in
Deutschland.
Neben der Vermittlung von Information und impliziter sozialer und kultureller Kompetenz kann eine solche Produktion auch einen Teil der längst überfälligen breiten medialen Anerkennung der türkischen Minderheit in Deutschland bieten. Darüberhinaus
kann dadurch ein allgemeiner, alltäglicher, kommunikativer Bezugsrahmen für die tür99
kische und die deutsche Bevölkerung gleichermaßen bereitgestellt werden. Eine solche
Produktion müsste natürlich beide Bevölkerungsgruppen ansprechen.
Hier muss nun schließlich noch auf ein in diesem Zusammenhang zentrales Phänomen hingewiesen werden: das der deutsch-türkischen Migrationsliteratur, in der sich
eine über alle statistischen Erhebungsdaten hinausgehende dichte Beschreibung der
Migrationssituation und ihrer vielschichtigen Aspekte und Problematiken findet. Man
gewinnt aus der Perspektive der Beteiligten Einsicht in die Einwanderungssituation.
Dieser Literaturzweig spielt mit verschiedenen Genres: Von der reinen Satire über die
klassische Erzählung bis hin zum Kriminalroman werden gelingende oder misslingende Integration und Selbstverständnis der türkischen Protagonisten dargestellt.
Außerdem werden häufig Darstellungen mit hervorragendem Humor und Selbstironie
geboten sowie ironisierende Analysen der eigenen Situation, der Identitätsfindungsprozesse, der Heimatlosigkeit und auch der deutschen Eigentümlichkeiten im Umgang
mit der türkischen Migrantenbevölkerung, ihrer Kultur und ihrer Religion.11
Schließlich geht es auch um die Auseinandersetzung mit der ökonomischen und politischen Situation der Türken in Deutschland, den Konflikt zwischen dem türkischen
Staat und der islamischen Religion und um das immer noch problematische Verhältnis
zur türkischen Heimat und den Menschen dort, für die die Migranten oft zu entwurzelten "Deutschlingen" geworden sind.12 Beispielhaft hierfür sind:
Feridun Zaimoglu, in der letzten Zeit auch durch seine vermehrte Präsenz im deutschen
Fernsehen bekannt geworden, schreibt in seinen Büchern "Kanak Sprak", "Koppstoff"
oder "Abschaum" über Jugendkultur und die subkulturelle deutsch-türkische Sprachund Ausdruckssymbiose. In seinem neuen Roman "Liebesmale, scharlachrot" erzählt
der Autor in Form eines Briefwechsels zwischen zwei Freunden (beides "Kanakster",
also deutsch-türkische Mischwesen) eine Liebesgeschichte zwischen einem "Deutschländer" und einer Türkin.13
Von großer Bedeutung ist auch Emine Sevgi Özdamars "Mutterzunge", ein mehrteiliger Roman, der in seinen verschiedenen Figuren und den von ihnen erzählten Geschichten die Bedeutung von Sprache, Identität und Kultur zum Thema macht und
von Sprachverlust, von deutsch-türkischen Migrantenschicksalen, vom Aufbruch der
Türkei in die westliche Moderne und vom unsinnigen Verharren in der Tradition und
der konservativ-nationalistischen Reaktion handelt. Überregional bekannt ist auch der
11 Rösch
1992; Zielke-Nadkarny 1993.
sind in die Türkei zurückgekehrte Migranten, die von ihrer türkischen Heimat aufgrund jahrelanger Abwesenheit entfremdet sind und von den Einheimischen als Deutschlinge bezeichnet,
bisweilen auch harsch diskriminiert werden.
13 Zu den im Folgenden genannten Autoren und ihren Werken siehe die separate Auflistung "Deutschtürkische Migrantenliteratur" im Literaturverzeichnis.
12 "Deutschlinge”
100
Krimiautor Jakob Arjouni mit seinem Bestseller "Happy Birthday, Türke", der jüngst
von Doris Dörrie verfilmt wurde.
Zum festen Rezeptionsbestandteil der nicht nur türkischen Leserschaft wird langsam
auch die deutsch-türkische Satire. Im humorvollen Gewand prangert die deutsch-türkische
Satire alle Arten von Entfremdungszuständen und Ungerechtigkeiten an. Sie ist nah am
Zeitgeschehen und nimmt Bezug auf die aktuellen gesellschaftlichen Konflikte. Sie arbeitet wie jegliche Satire mit den Mitteln der Übertreibung, der Tatsachenumkehr und
der Ironie.
Die deutsch-türkische Migrationsliteratur ist ein Teil der internationalen Migrationsliteratur. Diese von eingewanderten Autoren zumeist in deutscher Sprache verfasste
Literatur besteht seit über dreißig Jahren und stellt in der bundesdeutschen Literaturlandschaft das dar, was im US-amerikanischen Sprachraum als "minority-literature"
schon lange eine feste kulturelle Größe darstellt.
Es handelt sich bei den deutsch-türkischen Produktionen um eine Literatur, die aus
dem Blickwinkel der in Deutschland lebenden Minderheiten entsteht und neue Themen und Genres in die deutsche Gegenwartsliteratur einbringt. Themen wie Kulturschock, Heimat, Identität, Fremderfahrung, Sprachverlust u.a. werden von den Autoren unter dem Aspekt ihrer doppelten Herkunft reflektiert. Neben klassischen Genres
wie Lyrik, Kurzprosa und Roman kommen unter dem Einfluss der Herkunftsliteraturen
auch neue Genres hinzu, wie etwa das orientalische Märchen oder Formen und Motive aus der mystischen altosmanischen Dichtung. Andere Genres, wie die erwähnte
Satire, leisten einen wichtigen Beitrag zur Renaissance dieser Gattung innerhalb der
deutschsprachigen Gegenwartsliteratur.
Gerade die deutsch-türkischen Autoren leisten mit ihren zahlreichen Essays zur türkischen Kultur und ihren Übersetzungen türkischer Literatur ins Deutsche auch einen
wichtigen Beitrag zur Kulturvermittlung. Dieser Aspekt misst den Autoren zusätzlich
zu ihrem literarischen Werk eine besondere, zwischen beiden Kulturen vermittelnde
Rolle zu. 14
Beispielhaft für die satirische Darstellung und Aufarbeitung der türkischen Migrantensituation in Deutschland kann Osman Engin, u.a. mit seinen Veröffentlichungen
"Der Deutschling. Alle Dackel umsonst gebissen" oder "Dütschlünd, Dütschlünd übür
üllüs" genannt werden.15
"Oooohh Deutschland, Du Land der tausend Ungerechtigkeiten und bitteren Tränen. Seit Jahren bemühe ich mich intensiv um echte Diskriminie14 Yesilada
1997; Mayr 1997
Weg dieses Autors von Veröffentlichungen beim Express Verlag Berlin zum Rowohlt Verlag in
Hamburg spiegelt die gesellschaftliche Akzeptanz und den Anstieg seiner Bekanntheit wider.
15 Der
101
rung und richtige Ausländerfeindlichkeit. Aber neuerdings werden sogar
die Asylanten unverschämterweise noch mehr diskriminiert als wir alten
Gastarbeiter. Obwohl sie nichts geleistet haben, womit sie das verdient
hätten."16
Hier fordert Engin das Recht ein, als türkischer Gastarbeiter weiterhin die Spitzenposition des meistgeschmähten Ausländers in der Minderheiten-Rangliste der Bundesrepublik einnehmen zu dürfen.
"Bei Allah, was soll ich mit dem Ausländerwahlrecht? Ich kann doch sowieso frei wählen: zwischen Fernsehen und Video, zwischen schwarzen
und roten Socken, zwischen Marlboro und Camel, zwischen Apfel und
Birne, zwischen Mittwochs- und Samstagslotto, zwischen Ausländer oder
Deutschling sein, zwischen langer und kurzer Unterhose. Was verlangt
der Mensch mehr vom Leben?!"17
Oder Engin spielt mit den typischen deutschen Szeneklischees:
"Bei uns zu Hause herrscht große Freudenstimmung. Meine Frau führt
seit einer Stunde alle möglichen Arten von Bauchtanz vor. Mein Sohn
macht Breakdance in Höchstgeschwindigkeit. Und meine Tochter tanzt
"Polonese Blankenese" ganz alleine mit sich selbst. Jetzt wissen alle, dass
wir eine hochintegrierte mitteleuropäische Familie sind."18
Oder er nimmt Bezug auf die Situation der Heimkehr in die Türkei. Sein Held, enttäuscht von den vorgefundenen Verhältnissen dort und der Reaktion seiner Landsleute,
hat jetzt wiederum Heimweh nach Deutschland und fragt sich:
"Entweder habe ich wirklich Heimweh nach Deutschland oder ich habe
mich in all den Jahren in Deutschland so daran gewöhnt, Heimweh zu
haben, dass ich es jetzt immer noch habe, obwohl ich längst schon wieder
in der Türkei bin."19
Wie die meisten anderen Autoren bezieht Osman Engin seine Stoffe aus dem deutschtürkischen Alltag, häufig sind es Familienszenen, die den Rahmen seiner Geschichten
16 Engin
1992: S. 81
17 Ebenda
18 Ebenda
19 Ebenda
102
bilden. So durchzieht der Ehealltag seines in allen Satirebänden wiederkehrenden Helden wie ein roter Faden die Erzählungen: Der Protagonist nennt seine Ehefrau in allen
Bänden "die zweitgrößte Nervensäge des mittleren Orients" und liefert sich mit ihr immer wieder erbitterte Streitereien, während derer allerdings meistens sie die Oberhand
behält. Sie ist ihrem Mann immer ein Stückchen voraus, weiß im deutsch-türkischen
Migrantenalltag besser Bescheid, hat die fünf Kinder auf ihrer Seite und erweist sich
allen großen Männlichkeitsgesten des Hausherrn zum Trotz als das eigentliche Familienoberhaupt. Die Ehekrisen, meistens ausgelöst durch die Ehebrüche des Helden, der
den blonden deutschen Frauen einfach nicht widerstehen kann, führen schließlich zu
Trennung und Scheidung. Da aber beide Partner auf Dauer trotz aller Streitigkeiten
nicht voneinander lassen können, heiraten sie erneut. Es wird ein großes Freudenfest
mit allen Freunden und Verwandten gehalten und die Hochzeitsnacht wird mit fiebriger
Leidenschaft erwartet:
"Oh, wie habe ich mich auf diese Hochzeitsnacht gefreut! Unsere Leidenschaft kennt keine Grenzen! Es sind die vier schönsten Minuten meines
Lebens!
Aber was sehen meine entsetzten Augen?! Kein Blut auf dem Bettlaken!
Trotz ihrer fünf Kinder ist meine Braut keine Jungfrau mehr! Wie konnte
dies nur geschehen? Schande!! Meine Ehre ist am Boden zerstört! Gleich
morgen gebe ich sie wieder ihren Eltern zurück!!"20
Es liegt nahe, auf diesen reichen Schatz an Migrationserfahrung und literarisch-darstellerischem Geschick bei der Konzeption eines medialen Integrationsprojektes wie dem
der Soap Opera zurückzugreifen. Ein solider Sinn für Humor, eine lange Erzähler- und
Literaturtradition, die durchaus auch die finanziell schwachen und weniger gebildeten
Gesellschaftsschichten seit jeher erreicht hat und ein ebenso traditionsreicher Sinn für
Lyrik bieten einem solchen Projekt, neben den bereits genannten Vorzügen, auch von
Seiten der Neigungen der Rezipienten eine solide Grundlage und reichlich Material.
4.3 Das Internet als Akkulturationsinstrument: Virtuelle Interaktionsplattformen, thematische Moderation und Berufsberatung im Internetcafé
Im Folgenden soll ein weiterer Vorschlag präzisiert werden, der u.E. die besonderen
Integrationspotentiale der Neuen Medien auf detaillierte Weise demonstrieren und zur
20 Engin
1992: S. 81
103
Lösung der hier bearbeiteten Probleme beitragen kann.21
4.3.1 Kommunikationsnetzwerke im Internet
Im Zuge der vielfältigen Entwicklung des Internets etablieren sich auch zunehmend sozialintegrierende Instanzen in Form interaktiver Konversations- und Diskussionsplattformen. Einige Forscher gehen soweit, in den virtuellen Kollektiven eine Rückkehr
der "Gemeinschaft" im allgemeinen klassisch-gesellschaftswissenschaftlichen Sinne
zu postulieren. Die Ergebnisse neuerer Studien zu Integrationspotentialen der Neuen Medien zeigen deutlich, dass soziale Beziehungen, etwa vom Typus der Nachbarschaftsbeziehung, durch neue Technologien eine spezielle Art von Wiederbelebung
und Verstärkung erfahren. Dabei muss vorausgesetzt werden, dass die sich in virtuellen Konversationsräumen formierenden Beziehungen und Gruppenkonstellationen
nicht nur weitere Varianten indirekter Kontaktmöglichkeiten darstellen; vielmehr ermutigen die Forschungsergebnisse zu der Behauptung, dass die Nutzung des Internets
nicht pauschal zu einer sozialen Isolierung singulärer Anwender führt, sondern virtuelle Kontakte sowohl zur Erweiterung individuell bestehender sozialer Netzwerke als
auch zur Verdichtung persönlicher Beziehungen führen können.22
Die neuen Strukturen und Möglichkeiten zwischenmenschlicher Kontakte und Kommunikation im Internet lassen sich wie folgt stichpunktartig zusammenfassen.
Sie beinhalten:
• Die Intensivierung von Peergroup-Kontakten.
• Ein Aufbrechen einer oftmals ausschließlichen Festlegung auf Peergroup-Kontakte, im Sinne der häufigen Einbeziehung anderer Gruppen oder des kulturübergreifenden Dialogs.
• Verbale Identitätskonstruktionen, die Beziehungen immens vereinfachen, da das
äußere Erscheinungsbild der beteiligten Personen, die daran geknüpften sozialen
Erwartungen und der in der Face-to-Face-Interaktion immer bestehende Statusverhaltensdruck entfallen (sozialer und psychologischer Entlastungseffekt).
21 Die
Strukturierung dieses Vorschlages beruht, neben systematisch geführten Informations- und Expertengesprächen, auf der Erarbeitung von: neuesten Forschungen über kulturelles Lernen und über
Peer-Learning-Prozesse, internationalen Forschungen über die lebensweltliche Integration Neuer Medien
bei kommenden Anwendergenerationen, Forschungen und Erfahrungen mit Benutzergruppen sogenannte
Multi-User-Dimensions, systematisierten Erfahrungen mit interkulturellen Dialog- und Diskussionsformen aufgrund von Mailing-List-Anwendungen, Forschungen bezüglich netzbasierter "Learning Circles",
Forschungen und Studien über die Integration des Internets und seiner selbstorganisierenden sozialen und
kulturellen Lernwirkungen in Drittweltkulturen, z.B. über die kulturbedingte Assimilation neuer Technologien in Trinidad.
22 Tapscott 1998
104
• Keine ausschließliche Festlegung auf dyadische Interaktion, sondern meistens
gruppenbezogene Interaktionen.
• Die Möglichkeit der vielschichtigen Einbindung von Multimedia-Elementen,
z.B. Fotografien, Videos, Musik, Spiel- oder Lernsoftwareanwendungen.
• Die Etablierung großangelegter länder- und kulturenübergreifender reziproker
Tauschringe und Austauschbeziehungen, wie das bekannteste Beispiel der Musikplattform "Napster".
• Die spontane Herausbildung von normativen Regelcodes, die im zeitlichen Verlauf meist an Komplexität zunehmen und in gewissem Sinne eine die Interaktionen normierende und die Reibungslosigkeit der Interaktion optimierende Evolution durchlaufen.
• Die Herausbildung von symbolischen Ausdrucksmitteln, wie der "Emoticons",
die die grundlegenden menschlichen emotionalen und nonverbalen Ausdrucksformen denotieren, also ein Alphabet basaler Expressivität darstellen. Die Einschränkung auf die mediale Form und die globale Jugendkultur liefern zusätzlich einen die Kommunikation vereindeutigenden Interpretationsrahmen, so dass
auch Sprachbarrieren leicht durchbrochen werden können und interkulturelle
Kommunikation auch mit beschränkten Ausdrucksmitteln auf beeindruckende
Weise möglich wird.
4.3.2 Internetcafés als Berufsberatungszentren für Migranten
Diese schon vorhandenen Formen und Möglichkeiten internetbasierter Interaktion können nun auf einfache und effiziente Weise zu Kulturationsinstrumenten allgemein sowie zu Lern- und Kompetenzentwicklungsnetzwerken im Besonderen transformiert
und ausgebaut werden.
So lassen sich beispielsweise themenzentrierte Diskussionsforen einrichten, die von einem oder mehreren Moderatoren angeleitet und betreut werden. Die Aufgaben solcher
Online-Moderatoren bestehen in der Vorgabe und Vorstrukturierung eines besonderen
Themas, in der Leitung der Diskussion, in der Darbietung von Hilfestellungen und
in erweiterter multimedialer Informationsbeschaffung, wenn die Mittel der Beteiligten
selbst in dieser Hinsicht ausgeschöpft sind, sowie in der Kontrolle themengerechten
Diskussionsverhaltens.
Die inhaltliche Ebene der hier im konkreten Fall zu vermittelnden Inhalte speist sich
aus den vielfältigen Themenaspekten von Berufsausbildung, Weiterbildung, Kompetenzerwerb im Allgemeinen, der Aufklärung der die Berufsausbildung betreffenden
105
institutionellen Rahmenstruktur und der vielfältigen Aspekte konkreter Berufsverläufe
und Karrieremuster, bis hin zur Aufklärung über mögliche Hilfsmittel, kommunale und
staatliche Förderungen: Aus all dem, dessen es bedarf, um eine Berufsausbildung als
erstrebenswert anzusehen, auf der Grundlage von Kenntnissen über Mittel und Möglichkeiten eine Wahl zu treffen und einen Ausbildungs- und Karriereverlauf erfolgreich
in die eigene Hand zu nehmen.
Diese Inhalte sind im Internetforum sehr leicht in multimedialer Weise, etwa durch
Einbindung von Filmen, Videos, interaktiver Simulationssoftware, schon existierender
Lernprogramme oder verbaler Dokumentationen einzubringen und zur allgemeinen
Diskussion zu stellen.
In einer so strukturierten Diskussion kommen schnell alle wesentlichen Probleme,
Hemmnisse, Wissens- und Kenntnislücken der Beteiligten zur Sprache. Hier kann auch
der im Netz immer gegebene überregionale Austausch besonders hilfreich sein. So lassen sich hilfreiche Ratschläge von älteren an jüngere Nutzer, von bereits ins Berufsleben oder einen Ausbildungsprozess Integrierten an neu Hinzukommende vermitteln.
Der multimedial aufbereitete Interaktionsprozess im Internet kann sich zu einem sich
selbst organisierenden, Aufklärungs- und Anleitungsnetzwerk entwickeln, in dem der
Moderator nur noch in Fällen drohender Stagnation und als allgemeine Kontrollinstanz
eingreifen muss.
Das unseren informellen Studien zufolge große Interesse und die häufige Frequentierung von Internetcafés gerade durch türkische Jugendliche – die zu der hier primär anvisierten Problemgruppe zu rechnen sind – legt nahe, den Einrichtungen von
Berufsinformations- und Aufklärungszentren die Form von Internettreffpunkten zu geben. Hier könnte u.a. der Aufbau eines solchen thematisch moderierten Netzwerkes
stattfinden und auch PC-unerfahrenen Jugendlichen der Zugang zu diesem Medium
ermöglicht werden.
Mit der Einrichtung solcher Informationszentren in der Form von Internetcafés lassen sich gleich mehrere wichtige Integrations- und Motivationsziele ins Auge fassen:
Der erste Punkt betrifft die hohe Attraktivität: Die Jugendlichen sind aus eigenem Interesse motiviert, einen solchen Ort regelmäßig aufzusuchen. Die Internettreffpunkte
sollten möglichst wenig von den vorhandenen Treffpunkten abweichen, d.h. sie sollten von den Jugendlichen primär als Orte des Freizeitvergnügens, des Treffens mit
Gleichaltrigen und Gleichgesinnten und der Peer-Kommunikation angesehen werden.
Wird ein Internettreff als Lern- und Informationstreffpunkt deklariert, dürften Interesse und Frequentierung von vornherein gegenüber anderen Jugendeinrichtungen benachteiligt sein. Zudem erzeugt eine gute, technisch auf dem neuesten Stand befindliche Ausstattung gerade bei den technikbegeisterten Jugendlichen eine ganz besondere
106
Anziehungskraft, sowie Respekt und Stolz im Umgang mit den Möglichkeiten dieser
multimedia Umgebung.
Neben diesem hohen Attraktivitätsvorschuss ist das Internet selbst ein ausgezeichnetes Informations-, Aufklärungs- und Lerninstrumentarium. Hier bieten sich die in
der neueren Literatur schon vielfältig aufgezeigten Möglichkeiten, von der einfachen
Informationsbeschaffung, über die aktive Teilnahme an lernproduktiven Diskussionsprozessen bis hin zur Selbstgestaltung eigener kulturspezifischer Informations- und
Lernumgebungen, die die fortgeschrittenen Nutzer ihren weniger erfahrenen Altersgenossen zur Verfügung stellen können.
Bezüglich der strukturellen Möglichkeiten netzbasierter Lernprozesse lassen sich drei
Ebenen unterscheiden und die didaktisch vorteilhaften psychologischen, sozialen und
kulturellen Aspekte der multimedialen Lernsituation hervorheben:
Neben einer möglichst handlichen und didaktisch ausgereiften, auf maximale Interaktivität ausgerichteten Strukturierung ist die Einbettung der Lerninhalte in alltägliche
lebensweltliche Kontexte von größter Wichtigkeit. Die inhaltlichen Problemstellungen
und Aufgaben können in der Internetumgebung bestens im Blick auf schon vertraute
alltägliche Probleme und kognitive Herausforderungen konzipiert, und so schon vorhandenes Wissen und vorhandene Kompetenzen verfügbar gemacht werden. Weiterhin
kann die alters- und bezugsgruppenspezifische Alltagskultur der Lernenden bei der inhaltlichen Präsentation im netzbasierten Lernprozess sehr gut berücksichtigt werden.
Im Hinblick auf die Ergebnisse aktueller lern- und motivationspsychologischer Forschungen erscheint es unverzichtbar, in den Lernprozess von Beginn an Formen reflexiver Selbstthematisierung der Lernenden bezüglich ihrer eigenen Fähigkeiten und der
eigenen Motivationsstruktur einzubauen. Der produktive Umgang mit lernbedingten
Frustrationen hängt in entscheidendem Maße von den Konzeptionen ab, die sich die
Betreffenden von ihrer eigenen Intelligenz und ihren Fähigkeiten machen. Gerade die
multimediale Arbeitsumgebung scheint bestens dafür geeignet, neben den inhaltlichen
auch die reflexiven Perspektiven in den Lernprozess zu integrieren.
Erfolg oder Misserfolg von Lernvorhaben hängen in entscheidendem Maße von der
Struktur der sozialen Kontexte ab, in denen sie realisiert werden. Formen genuin kollaborativen Lernens, durch die sich jeder Lernprozess als Forschungs- und Explorationsprozess eines Teams entwickelt und nicht als bloße Präsentation von Ergebnissen
erfahren wird, lassen sich im Rahmen virtueller Arbeitsgruppen und problemorientierter Chat-Foren in völlig neuer Art und Weise realisieren.23
Zugleich bietet sich im Internetcafé mit den beschriebenen Motivations-, Informationsund Lernmöglichkeiten auch ein weites Feld beruflicher Möglichkeiten an: Hierzu zäh23 Vgl.
u.a. Dweck 1999
107
len all jene Tätigkeiten, die im Bereich der Strukturierung, des Auf- und Ausbaues, der
Weiterentwicklung bzw. Wartung und serviceleistender Betreuung der Neuen Medien
selbst anzusiedeln sind. Hier ließe sich direkt, ausgehend von der FreizeitgestaltungsUmgebung des Internetcafés, über ein kundiges Aufklärungs- und Motivationsmanagement, bis hin zum konkreten Kennenlernen berufsbezogener Tätigkeiten und Ausbildungsinhalte alles auf einen Punkt hin und an einem Ort konzentrieren. Die besondere
Strukturierung solcher Treffpunkte im Hinblick auf Information, Motivation und Anleitung zur Integration in den Arbeitsmarkt ist Voraussetzung für das Gelingen eines
solchen Projektes.
Den schon erwähnten Studien und eigenen Vorarbeiten gemäß muss bei einer solchen
Strukturierung besonders die Einbettung der berufsbezogenen Informations- und Lernziele in die spezifischen Vorgaben der betreffenden Jugendkultur angestrebt werden.
Dies aber stellt einen motivations- und kognitionspsychologischen Vorteil dar. Die
Einbettung von Kompetenzerwerbsprozessen in eine lebensweltlich vertraute soziale
Umgebung ist – ebenso wie der Wissenserwerb auf der Grundlage von PeergroupInteraktionen – ein phylo- wie ontogenetisch ursprünglicher Lernmodus, dessen effizienzsteigernde Wirkungen gerade die Forschungen zum internetbasierten sozialen
Lernen neuerdings verstärkt hervorheben.
Hier lässt sich die Forderung anschließen, die spezifischen Informations-, Aufklärungsund Lernangebote möglichst detailliert in die am Treffpunkt vorhandene türkische Jugendkultur einzugliedern. Die Aufklärung über berufliche Karrierechancen, Bedingungen und Möglichkeiten von Berufsausbildung wie auch bezüglich der grundsätzlichen
gesellschaftlichen Attraktivität von Berufstätigkeit und Berufskarriere stößt nur dann
nicht von vornherein auf Ignoranz und Ablehnung, wenn sie in der entsprechenden
Sprache der Jugendlichen und unter Bezugnahme auf deren Sozialstatus, auf vorhandene Rollen- und Selbstbildgefüge und mit dem zelebrierten sozialen Ausdrucksrepertoire betrieben wird.
Hier bietet sich als mit Abstand attraktivste Möglichkeit der Einsatz von befähigten
und eigens geschulten oder zumindest intensiv instruierten türkischen Coaches oder
Moderatoren an. Diese Personen sollten selbst der Szene angehören und über die Ausdrucksmittel und das entsprechende jugendkulturelle Insiderwissen verfügen.
Ein weiterer Vorzug der Einrichtung von ausbildungsbezogenen Kompetenzerwerbszentren als Internetcafés liegt in dem besonderen Transferstatus von Freizeit und Beruf bzw. von Freizeitgestaltung und Kompetenzerwerb, den das Internet als vielfältiges
Informations-, Lern- und Unterhaltungsmedium besitzt.
So kann von zu Hause aus ebenso einfach und produktiv auf die gebotenen Informationsgehalte und virtuellen sozialen Netzwerkstrukturen zurückgegriffen werden, wie
108
von den eigens hierfür eingerichteten Räumlichkeiten. Dies ließe sich durch ein spezielles für die weiterführende private Nutzung konzipiertes Angebot, etwa ein inhaltlich
moderiertes Diskussions- und Lernnetzwerk und eigene Websites, die sich durch ein
stetig aktualisiertes Informationsangebot sowie durch eine weit verzweigte Linkstruktur auszeichnen, bewerkstelligen. Auf diese Weise könnten Beratung, Betreuung und
besonders auch die themenspezifische Peergroup-Diskussion zu jeder Zeit auch außerhalb der Treffpunkte weitergeführt werden.
Zu den speziellen Angeboten könnten beispielsweise auch die auf dem Prinzip der
Mailing-List basierenden Diskussionsforen und die Einrichtung von thematisch moderierten Chat-Foren sowie besondere interaktive Informationssoftware zählen. Sie
könnten auf leicht verständliche Weise in das Wesen der Berufsausbildung und die
dazugehörigen Institutionen des Arbeitsmarktes und der berufsimmanenten Karrieremöglichkeiten einführen.
Als letzter, aber ungleich gewichtiger Punkt der hier erläuterten Konzeption sei noch
die Möglichkeit erwähnt, die besondere soziale Bedeutung des Internets zu nutzen,
um über das bei den Jugendlichen geweckte und entfaltete Interesse auch die Elterngeneration miteinzubeziehen. Kinder und Jugendliche nehmen das Internet und neue
Technologien als einen selbstverständlichen Bestandteil ihrer Lebenswelt an und integrieren diese Neuerungen in ihre alltäglichen Aktivitäten. Diese Selbstverständlichkeit
im Umgang mit Neuen Medien könnte von den türkischen Kindern und Jugendlichen
an ihre Elterngeneration herantragen werden. Dadurch könnte die Nutzung von Neuen
Medien zu Hause eingeführt werden, wobei sich den Eltern ein mit hohem sozialen
Status ausgestattetes, interaktives Informations- und kulturelles Teilnahmeforum erschließen würde.
109
110
Kapitel 5
Schluss
Die Bedeutung der Medien, insbesondere der Neuen Medien, für die Integration von
Migranten in die Aufnahmegesellschaft ist kaum zu überschätzen. Ist auch die Forschungssituation in diesem Themensegment noch sehr unbefriedigend, so kann gleichwohl auf der Grundlage der bislang im Rahmen des Forschungsprojekts erzielten Erkenntnisse bereits ein Beitrag für die Praxis zugunsten einer umfassenderen Integration mit Hilfe der Neuen Medien geleistet werden. Die Ergebnisse machen deutlich,
dass die analysierten Zusammenhänge zwischen Bildungsvoraussetzungen, familialer
Sozialisation und den Möglichkeiten der Einwirkung durch das öffentlich-rechtliche
Fernsehen, von grundsätzlicher Bedeutung für die Einbindung aller Bevölkerungsgruppen in den Wandel hin zu einer Wissensgesellschaft sind. Damit zeigt sich zudem,
dass aus einer intensiven Auseinandersetzung mit den Schwierigkeiten der Integration
auch neue Impulse für das Gemeinwesen entstehen können.
Im Zentrum des Projekts steht die Frage nach den Möglichkeiten durch Bildungsaktivitäten die Integration der Migranten, insbesondere der jugendlichen Migranten zu
verbessern. Die Ergebnisse aus der sozialwissenschaftlichen Bildungsforschung – die
im vorliegenden Bericht nicht näher dargelegt wurden – konstatieren eine traditionell sehr starke Verknüpfung zwischen Bildung, Erwerb und sozialer Position in der
Bundesrepublik und gehen sogar von einer zunehmenden Bedeutung der Bildung für
den Berufsstatus aus.1 Dies gilt als Grundlage für die im Rahmen des Forschungsberichts entwickelten Lösungen: Wird Integration als Chance auf gleiche Teilhabe an
allen Lebensbereichen betrachtet, so bedeutet dies, dass der Bildungszugang einer der
wichtigsten Faktoren für die gesamtgesellschaftliche Integration ist.
Dieser Bildungszugang ist jedoch – wie vielfach belegt – für Migranten und Inländer keineswegs gleich. Vielmehr haben sich vielfältige Facetten der Chancenungleich1 Müller
2001
111
heit im Laufe der Jahrzehnte nicht aufgelöst, sondern zu einer sich wechselseitig stützenden, sozialen Struktur verfestigt. Vor dem Hintergrund eigener empirischer Untersuchungen zur Wirkung von durch den Europäischen Sozialfonds (ESF) finanzierten
Qualifizierungsmaßnahmen2 wurde deutlich, dass die traditionellen Förderinstrumente
zur Verbesserung der Bildungssituation nur unzureichend in der Lage sind, Disparitäten in der Teilhabe zu reduzieren. Es spricht zudem sehr viel dafür, dass der ernüchternde Befund bezüglich der Wirkung von traditionellen Qualifizierungsmaßnahmen
auch auf andere, sogenannte bildungsferne Personengruppen zutrifft.
Die Ineffizienz vieler Maßnahmen geht dabei letztlich zurück auf fehlende Voraussetzungen bei jenen, die es zu fördern gilt. Mit anderen Worten: Die bei gesellschaftlich
integrierten Personengruppen an ihre Kinder über Prozesse der familialen Sozialisation vermittelten Wertvorstellungen bezüglich Leistung, Eigenverantwortlichkeit und
Bildung, sind bei vielen jugendlichen Migranten und weiteren bildungsfernen Personengruppen nicht im erforderlichen Maße vorhanden. Bildungsangebote werden daher von Letzteren kaum angenommen und eigene Bildungsaktivitäten erfolgen nur
sehr unzureichend. Vor diesem Hintergrund können auch Sanktionen nur sehr eingeschränkt eine Verhaltensänderung bewirken, da Bildung sich auf eine spezifische innere Disposition gründet, die eng an Freude, Interesse und Neugierde in Bezug auf das
Lernen gebunden ist und somit nicht mit externem Druck vereinbar ist.
Die eigentliche Ursache der Ineffizienz vieler Bildungsmaßnahmen, insbesondere für
jugendliche Migranten, liegt daher in der stillschweigenden Annahme einer unmittelbar in Gang zu setzenden Aktivität, die jedoch an spezifische Voraussetzungen gebunden ist. Es geht somit entscheidend darum, zunächst jene Voraussetzungen zu schaffen,
damit im Anschluss daran Bildungsangebote angenommen werden und sich Eigenständigkeit und Eigenverantwortlichkeit gegenüber der Bildung entwickeln können.
Mit diesem Zwischenergebnis unserer Forschung lassen sich nunmehr für die Sozialwissenschaft, aber auch für die Wirtschaftspolitik und insbesondere für die Bildungspolitik weitere wichtige Schritte unternehmen. Ohne an dieser Stelle die Tragweite dieses Zwischenergebnisses für die einzelnen Politikfelder näher erläutern zu können, soll
lediglich darauf hingewiesen werden, dass letztlich alle Arbeitsmarktmaßnahmen, die
eine qualifizierende Komponente enthalten, von einer Grundbereitschaft des Lernens
ausgehen. Seit Ende der 90er Jahre werden in der Berufsbildungsforschung die Schlagwörter ”Kompetenzentwicklung” bzw. ”selbstorganisiertes Lernen”3 diskutiert.4 Beide
Fähigkeiten sollen unter den veränderten wirtschaftlichen Bedingungen den Beschäftigten den Weg in die Wissensgesellschaft weisen.
2 Erpenbeck/Sauer
2000; Mangold/Soultanian 2001
2000
4 Mangold/Soultanian 2001
3 Erpenbeck/Sauer
112
Diese hohen Erwartungen, die gegenwärtig und in noch höherem Maße zukünftig an
die Jugendlichen herangetragen werden, können jedoch nur erfüllt werden, wenn bei
allen Bevölkerungsgruppen auf die oben genannten Grundlagen der Bildungsaneignung rekurriert werden kann. Stellen doch selbstorganisierte Bildungsprozesse wesentlich höhere Anforderungen an das Individuum hinsichtlich einer Verinnerlichung
der bildungsbezogenen Werte, als dies noch zu einer Zeit der Fall war, in der es lediglich um die Aneignung von extern als relevant bewertetem Wissen ging. Da die
Eigenverantwortung und Selbstorganisation bezüglich der Bildung bereits fester Bestandteil nationaler und europäischer Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik ist und
die mit ihnen verbundenen Metakompetenzen bei den Individuen stillschweigend erwartet werden, droht eine neue und noch tiefer reichende Spaltung, die die Integration
von bildungsfernen Personengruppen in den Arbeitsmarkt zusätzlich erschwert. Dies
betrifft in besonderem Maße die Migranten.
Diese Entwicklung kann jedoch abgewendet werden, wenn das Augenmerk auf die Bildungsvoraussetzungen bzw. auf die Möglichkeiten der Schaffung dieser Voraussetzungen gerichtet wird. Wie im vorliegenden Forschungsbericht dargestellt wurde, stehen
insbesondere durch das Unterhaltungsfernsehen sehr attraktive Möglichkeiten zur Verfügung, die Dispositionen von Jugendlichen zugunsten einer eigenständigen Bildungstätigkeit zu verändern. Auch das Internet kann hierbei eine wichtige Rolle einnehmen.
Aus den vielfältigen Möglichkeiten im Kontext des Fernsehens sind zwei analytisch
zu trennende Optionen grundsätzlich hervorzuheben. So kann einerseits Wissen – z.B.
über die Funktionsweise von Institutionen, wie der Bundesagentur für Arbeit, neue
Förderbestimmungen wie jene, die durch die Zusammenlegung der Arbeitslosen- und
Sozialhilfe entstanden sind – und andererseits komplexere Handlungsmuster – z.B. der
Umgang mit sozialen Konflikten in der Schule oder am Ausbildungsplatz – in narrativen Fernsehunterhaltungsformaten vermittelt werden. Bei näherer Betrachtung können daher auch für die Bildung grundlegende Handlungsmuster, wie z.B. jene einer
systematischen, reflektierten und geduldigen Auseinandersetzung mit einem Problem,
als modellhaft zu übernehmende Handlungsmuster in Unterhaltungsformate integriert
werden.
Dabei wird das Ziel der Übernahme der Handlungsmuster nur erreicht, wenn u.a. die
Unterhaltungswirkung sehr ausgeprägt ist. Es ist davon auszugehen, dass die Unterhaltungseffekte weitgehend unabhängig von der Art der dargebotenen Handlungsmuster wirksam sind und insofern keine grundsätzlichen Probleme bei der Verknüpfung
von narrativ integrierten spezifischen Handlungsmustern und einem hohen Unterhaltungswert auftreten. Mit anderen Worten: Ob sich in einer Soap Opera ein türkischer
Darsteller mit Hilfe von Aushilfstätigkeiten in einem Gemüseladen, in einer Diskothek
oder einer Werkstatt über die Runden schlägt, oder ob er eine naturwissenschaftlich113
technische Berufsausbildung absolviert, ist für den Unterhaltungswert zunächst relativ
irrelevant. Im ersten Fall würde jedoch ein Klischee reproduziert, das sowohl seitens
der Migranten als auch seitens der Inländer negative Wirkungen hervorbringt. Im zweiten Fall jedoch würde ein Klischee überwunden und eine positive Anregung für die Berufswahl vermittelt. Die soziale Realität der Situation von Migranten in Deutschland
würde sich sukzessive verändern und die Integration in einem inhaltlich gehaltvollen
Sinn verwirklichen lassen, sofern die Wirkung der Darstellung von Handlungen und
Kontexten entsprechend reflektiert berücksichtigt würde.
Der vorliegende Forschungsbericht wollte hierzu einen ersten Beitrag leisten, wohl
wissend, dass noch zahlreiche Fragen unbeantwortet sind. So nicht zuletzt ethische
Fragen, die mit einer zielgerichteten Beeinflussung von Jugendlichen über das Unterhaltungsfernsehen verbunden sind, aber auch die Problematik der Übertragbarkeit
der Vorgehensweise auf andere bildungsferne Personengruppen und darüber hinaus
die Frage nach neuen Chancen, die sich aus der gegenwärtig sich vollziehenden Digitalisierung des Fernsehens für die Integration von Migranten ergeben. Des Weiteren
wäre natürlich besonders wichtig sicherzustellen, dass die gewonnenen Erkenntnisse
aus der Untersuchung auch nachhaltig bei der Produktion von Unterhaltungsformaten
berücksichtigt werden.
Die letztgenannte Aufgabe wird aufgrund der Beharrlichkeit großer Institutionen und
der tief verankerten stereotypen Vorstellungen über Migranten sowie der traditionellen
Ansichten über die Beziehung zwischen Bildung und Unterhaltung erhebliche Mühe bereiten. Gleichwohl können über die skizzierten Vermittlungswege weitgehend
kostenneutral, zeitnah und zugleich mit langfristiger Wirkung wesentliche soziale und
wirtschaftliche Ziele gleichermaßen erreicht werden. Die genannten Forschungsfragen
bzw. Aufgaben der Umsetzung stehen daher im Zentrum der im Jahr 2004 laufenden
Arbeit des ZKM | Instituts für Medien und Wirtschaft im Auftrag des Sozialministeriums Baden-Württemberg bzw. befinden sich in Vorbereitung.
114
Kapitel 6
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