Roundtable Finanzvertriebe

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Roundtable Finanzvertriebe
Beraterservices - Berater/Vermittler 2005
Roundtable Finanzvertriebe
Vier Chefs führender Vertriebspools
geben im Gespräch mit Cash. einen
Marktausblick und schildern ihre
Strategien und Visionen.
„Die Erfolgsfaktoren:
Image, Technik“
Die
Teilnehmer
des
Cash.Roundtable-Gesprächs (von links):
Thorsten
Hass,
ASG
AssecuranzService
GmbH,
Dr.
Bernward Maasjost, pma Finanzund Versicherungsmakler GmbH,
Dr. Sebastian Grabmaier, Jung,
DMS & Cie. AG, und Oliver
Pradetto, blau direkt GmbH &
Co.KG
Finanzstärke,
Cash.:Viele
Branchenbeobach
ter gehen davon
aus,
dass
im
Kampf um die
Marktanteile
die
großen
Player
ihre
Vormachtstellung
ausbauen
werden.
Wie
beurteilen
Sie
diese Entwicklung?
Hass:Die hier Anwesenden haben
bereits eine gewisse Größe erreicht. Es
wird auf jeden Fall zu weiteren
Zusammenschlüssen
kommen.
Ich
glaube, dass die derzeit sechs größten
Pools lebensfähig sind. Mit einem
Provisionsvolumen von 20 Millionen
Euro in 2004 fühle ich mich nach sieben
Jahren
im
Markt
sicher.
Eine
Neugründung halte ich derzeit allerdings
für extrem schwierig.
Grabmaier:Das haben wir ja gerade
erlebt. Für Kapitalwerk kam nach vier
Monaten das Aus, weil die Investoren
weniger kapitalkräftig als angenommen
war. Heutzutage einen neuen Pool zu
gründen, heißt ein Multi-Millionen-EuroUnternehmen zu starten. Der Fall
Advisortech hat jedoch klar gezeigt: Es
finden
sich
immer
finanzkräftige
Unternehmen,
die
gestrandete
Marktteilnehmer übernehmen. Der Markt
hilft sich selbst – daher befürchte ich
auch im aktuellen attrax-Fall keine
schwerwiegenden Probleme für die
betroffenen
Makler
und
Kunden.
Insgesamt beobachten wir auf breiter
Ebene einen Konsolidierungsprozess.
Maasjost:Drei Faktoren treiben diesen
Prozess: Margendruck, Beraterhaftpflicht
und das Technologie- und Kostenthema.
Die Frage ist, ob spezielle Lösungen
oder ein breiter Ansatz einen am
schnellsten vorankommen lassen. Wir
haben
uns
für
letztere
Lösung
entschieden und wollen auch durch
Übernahmen
großer
Vertriebsgesellschaften wachsen. Das
hat bis dato nur deswegen noch nicht
statt gefunden, weil schlichtweg die
Qualität
vieler
Targets
äußerst
problematisch ist. Das hat uns bestätigt,
zunächst abzuwarten und die Finanzen
gut
zusammenzuhalten.
In
den
kommenden zwei Jahren werden die
Themen Finanzstärke, Image und
Technik das Tempo des Geschäfts
bestimmen.
Pradetto:Meine Einschätzung ist, dass
am Ende zwei bis drei große Pools für
den Versicherungs- und Fondsbereich
übrig
bleiben.
Weiterhin
werden
vielleicht jeweils zehn Spezialistenpools
für
Gewerbeversicherungen
sowie
technische Lösungen überleben und
zehn weitere, die eher Vertriebe
darstellen mit sehr engen Bindungen an
ihre nominell selbstständigen Partner.
Wir
sollten
in
dieser
Frage
differenzieren: Viele, die sich heute als
Pool bezeichnen, sind eigentlich eher
Finanzvertriebe, was nicht zuletzt ihr
personeller Aufwand zeigt.
07.04.2006
Marktüberblick
Snapshots
DAX PERFORMANCE-INDEX
6.027,60
-3,79 / -0,06%
EUR-USD
1,2187
-0,0012 / -0,10%
Rohöl - BRENT CRUDE OIL...
USD 66,81
-0,10 / -0,15%
DAX PERFORM...
6.027,60
07.04.07.04. 13:01 Xetra
EUR-USD
1,22
07.04.07.04. 13:16
Derivate
DAX PERFORMANCE-INDEX
43 Reverse Convertibles
Grabmaier:Die entscheidende Frage ist,
was will ein Pool sein? Ein Abwickler,
der durch seine Effizienz glänzt, wird
sich als Pool in Richtung Plattform
entwickeln. Wer sich hingegen in
Richtung Vertrieb entwickelt, ist damit
nah am Kunden, am Vertriebspartner,
und
hilft
letzterem,
seine
Beratungsleistung zu erhöhen. Jeder
Pool muss sich in diesem Punkt
entscheiden.
2410 Discount-Zertifikate
28 Indexzertifikate
3 Basket-Zertifikate
984 Hebelprodukte
20 Bonus-Zertifikate
20 Sprintzertifikate
20 Rolling-Discount-Zerti.
7 Garantiezertifikate
1264 Calls
1063 Puts
News
zum DAX
07.04.2006 13:16
Cash.:Welche Mindestanforderungen in
technologischer Hinsicht müssen breit
aufgestellte Player bringen?
Hass:Wie bereits gesagt – zunächst
einmal das nötige Kapital, sodann gute
EDV-Spezialisten und nicht zuletzt eine
Portion Gottvertrauen. Ich will alle 100
ASG-Büroleiter
persönlich
kennen,
schließlich hafte letztendlich ich. Wir
trennen uns konsequent von solchen
Personen, die nicht ihr gesamtes
Geschäft über uns einreichen. ASG
spürt insofern keinen Margendruck. Bei
(FINANZEN.NE...)
DAX am Mittag: Kaum Bewegung vor USArbeitsmarktdaten
07.04.2006 12:30
(dpa-AFX)
AKTIEN IM FOKUS: Autowerte im Minus Absatzzahlen nur kurz im Fokus
07.04.2006 12:02
(FINANZEN.NE...)
Deutsche Post: ver.di fordert 4,5 Prozent
mehr Lohn
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Beraterservices - Berater/Vermittler 2005 07.04.2006
uns gibt es eine Maximalprovision und eine breite Palette
mit 160 Produktpartnern, strukturierter Abrechnung und
Marketingsupport. Auf Provisionsdiskussionen lassen wir
uns nicht mehr ein, da haben wir aus Erfahrungen gelernt.
Fakt ist: Alleine haben viele Vermittler heute keine Chance
mehr, sie brauchen eine Plattform.
Pradetto:Den Ausdruck Gottvertrauen finde ich in diesem
Zusammenhang amüsant und treffend, da viele im Markt
allein dies zur Grundlage ihres Geschäftsmodells machen.
Fast jeder Pool oder Finanzvertrieb weiß mittlerweile, dass
man mit Courtageerhöhungen nicht mehr weiterkommt –
einige arbeiten bereits an der Grenze zum Ruin.
Entscheidend ist: Die Abwicklungsaufgaben werden
vielschichtiger, beim Thema EDV mangelt es im
Wesentlichen an Automatisierung. Ich kenne gute
Verkäufer, die am Tag zwei Termine machen und den
Rest ihrer Zeit im Büro verbringen müssen, um mit der
Technik
zu
kämpfen
–
eine
unglaubliche
Geldverschwendung.
Maasjost:Wir haben viele Ex-Makler unter unserer Fahne,
die teilweise über Jahrzehnte hinweg selbstständig tätig
waren und zwischenzeitlich erkannt haben, dass ihre
Büroorganisation und ihr Know-how an Grenzen stößt. Sie
wollen organisatorisch anders aufgestellt sein, um Erfolg
zu haben. Es gibt ein klares betriebswirtschaftliches
Kriterium: Die Drei- oder Vier-Mann-Büros haben eine
Kostenquote von 35 bis 45 Prozent. Das kann in einem
Pool halbiert werden – ohne dass die Makler in ihrem
Selbstwertgefühl als rechtlich selbstständige 93er
beschnitten werden. Scheitern werden diejenigen, die
versuchen, bloß mit einer Kartei bewaffnet alles alleine zu
machen. Dazu kommt: 80 Prozent der Berater brauchen
eine Heimat, die wir ihnen bieten müssen. Schließlich sind
drei von uns hier in der Runde zunächst anders
angetreten und kommen jetzt aus der reinen
Abwicklungsseite verstärkt auf vertriebliche Unterstützung.
Cash.:Kommen für Sie Ex-Strukturvertriebler als Partner
in Frage?
Cash.:Haben in dieser
Hausaufgaben gemacht?
Hinsicht
alle
Pools
ihre
Pradetto:Nein. Ich behaupte, dass es auf der
Versicherungsseite lediglich zwei Player gibt – übrigens
keiner von den Anwesenden –, die auf dem neuesten
Stand sind. Der Rest hängt technisch Jahre zurück.
Hass:Ihre Aussage halte ich für äußerst gewagt – um das,
was Sie sagen, beurteilen zu können, müssten Sie bei uns
allen einen detaillierten Einblick in die Geschäftszahlen
haben.
Pradetto:Es genügt mir, wenn ich eine Mitarbeiterzahl
jenseits der 50 höre. Heute sollte mit deutlich weniger
Mitarbeitern eine größere Schlagzahl möglich sein als
noch vor wenigen Jahren. Blau direkt propagiert radikale
technische Lösungen. Ich möchte nochmals betonen:
Personal ist mit Abstand der teuerste Faktor für den
Finanzvertrieb. Er wird den meisten Pools und
Vertriebsgesellschaften irgendwann das Genick brechen.
Grabmaier:Das möchte ich nicht unkommentiert lassen.
Für uns sind Mitarbeiter nicht das Teuerste sondern das
Wertvollste, was wir haben. Wenn ein Pool einem Makler
seine individuellen Fragen, die aus dem Kundenkontakt
entstehen, nicht beantworten kann, dann nutzt auch die
beste Abwicklung nichts. Wir wollen jeden einzelnen
Partner erfolgreich machen und sein Vertrauen gewinnen.
Daher investieren wir in Menschen, aber auch in Technik.
Cash.:Woher rekrutieren Sie neue Mitarbeiter?
Grabmaier:Es
ist
einfach,
immer
auf
den
Strukturvertrieben herumzuhacken und ihnen vorzuwerfen,
sie wären ausschließlich Produktverkäufer. Dabei erfüllen
diese Vertriebe eine wichtige volkswirtschaftliche Aufgabe,
denn sie bilden zum großen Teil die Berater der Zukunft
aus. Schließlich sind viele heutige Makler zunächst über
Strukturvertriebe in den Markt gekommen. Unter denen
gibt es durchaus welche, die sehr gut ausbilden.
Maasjost:Eine pauschale Verteufelung halte auch ich für
einen großen Fehler. Es gibt in jedem System
hervorragende
Berater
und
völlige
Loser.
Alle
Vertriebsformen sind durch eine Hierarchie prinzipiell
pyramidisch
aufgebaut.
Ohne
Hierarchie
wäre
Organisation nicht möglich. Wichtig ist die Qualität, das
hat mit der Persönlichkeit und dem Einsatz der Berater für
ihren Job zu tun – nicht mit der Struktur.
Cash.:Markterhebungen zeigen, dass ein großer Teil der
Strukturvertriebler mangels Umsatz sich in schleichender
privater Insolvenz befinden. Deckt sich das mit Ihren
Erfahrungen?
Grabmaier:Durchaus.
Heutzutage
scheinen
einige
Strukturvertriebe nicht mehr Kunden auszubeuten,
sondern eher die Berater. Diese stellen Jahre, meist
Jahrzehnte ihrer Arbeitsleistung dem Vertrieb zur
Verfügung und erhalten keinerlei Anspruch auf Kunden
oder Bestände. Am Ende ihrer Arbeitszeit stehen sie
oftmals vor dem Nichts, manchmal sind sie darüber hinaus
durch Leasing- oder Mietverträge auch noch hoch
verschuldet. Es ist nicht zuletzt unsere Aufgabe, also die
der Pools, diesen Beratern zu zeigen, dass es auch
Alternativen gibt, bei denen sie als Partner behandelt
werden, an ihrer eigenen Leistung partizipieren und einen
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eigenen Kundenbestand aufbauen können.
Maasjost:Es
ist
erschreckend,
wie
wenig
unternehmerisches
Know-how
viele,
die
im
Strukturvertrieb waren, mitbringen. Nach einem Jahr in der
Unabhängigkeit sind sehr viele oft in erheblichen
Schwierigkeiten, weil sie ohne Anlehnung und
Unterstützung nicht existieren können. Diejenigen, die aus
dem Struktursystem herausgefallen sind, sind ohnehin
emotional verbrannt und total kaputt.
Cash.:Apropos Unabhängigkeit – Sie haben zum Teil
große Produktgeber oder sogar Finanziers im Rücken.
Wie kann dabei Objektivität in der Beratung gewährleistet
sein?
Hass:Ich denke, das lässt sich leicht beantworten.
Diejenigen Vertriebe nämlich sind unabhängig, deren
Berater draußen ohne Steuerung agieren können. Insofern
sind
die
großen
Maklerplattformen
und
Vertriebsunterstützungssysteme durchaus als autonom
anzusehen. Wenn jedoch ein großer Produktgeber mit
anderer Strategie beteiligt ist, könnte schnell Druck
aufgebaut werden. Große strukturierte Vertriebe sind
meines Erachtens längst nicht mehr unabhängig. Auch
nicht börsennotierte Unternehmen – denn da geht
Optimierung der Marge oftmals vor Optimierung der
Beratung.
Maasjost:Wir sind unabhängiger als andere, weil wir
besonders finanzstark sind. Auch nimmt unser Investor
Prudential keinen Einfluss auf die Produktauswahl bei pma
und seinen Kooperationspartnern. Die Strategie dieses
Weltkonzerns liegt darin, Finanzdienstleistungsvertrieb zu
fördern.
Grabmaier:Wir verfügen über lange Erfahrung mit großen
Produkthäusern und sind froh, dass wir dennoch
unabhängig sind. Unsere Schwestergesellschaft VCH ist
dabei hilfreich. Als Vertrieb können wir Anforderungen und
Produktwünsche stellen, die weitestgehend umgesetzt
werden. Wir werden also keine Fondsgesellschaft
gründen, die Eigenprodukte vermarktet, sondern lieber
intelligent Produkte für den Markt verpacken. Dafür haben
wir eine weitere Schwesterfirma, die uns Konzepte für
Fondsvermögensverwaltung so strickt, dass wir sie gut im
Beratungsgespräch anbringen können. Ich bin froh, dass
wir keinen großen Player in der Gruppe haben, dessen
Produkte wir verkaufen müssten. So können wir immer
nach den Grundsätzen Best-advice und Best-practice
beraten.
Pradetto:Ich sehe eher Abhängigkeiten im umgekehrten
Sinne. Wir haben uns eigenständig von Null aufwärts
entwickelt, es gibt bei uns keinen extern Beteiligten. Das
kommt uns und unseren Kunden zugute: Wenn wir ein
neues Vergleichsprodukt auf den Markt bringen, erhalten
wir sofort Anrufe von Versicherern, die fragen, was sie tun
müssen, um in den Vergleich zu kommen. Wenn sie nicht
drin sind, finden sie am Markt einfach nicht statt. Wir
können heute sagen, dass Versicherer unseren Partnern
bei den Bedingungen für die Courtagevereinbarung
entgegenkommen müssen, sonst finden sie ebenfalls nicht
mehr in den Vergleichsrechnern statt. Insofern ist Umsatz
ein gutes Mittel, Druck auf Produktanbieter auszuüben.
Cash.:Um zu den Produkten zu kommen – welche Trends
werden 2005 den Markt beherrschen?
Maasjost:Die klassischen kapitalbildenden Tarife werden
nach dem Run im letzten Jahr abnehmen, die
Lebensversicherung in Form der Rentenversicherung wird
als existenziell wichtiges Produkt bestehen bleiben.
Ansonsten bleibt abzuwarten, wie weit sich Fondspolicen
gegen die Sparpläne behaupten können. Viele Angebote
der vordiskontierten Sparpläne bieten noch keinen realen
Nutzen für Kunden und werden daher langfristig schwierig
zu platzieren sein. Und wir müssen uns auf einen ganz
anderen Cash-Flow einstellen. Das große Sterben der
Berater- und Vermittlerkollegen kommt erst noch. Nicht
wenige, die jetzt ihre Einkommensteuererklärung machen,
werden von ihrem Vorauszahlungsbescheid für 2006
plattgemacht.
Grabmaier:Wir sehen die vordiskontierten Sparpläne als
LV-Ersatz vor allem in drei Bereichen: Baufinanzierung,
Ausbildungssowie
Kinderversicherung
und
zur
Realisierung dessen, was wir den „Traum vor 60“
nennen.
Weiterhin
wichtig
ist
die
Fondsvermögensverwaltung für den Kleinsparer. In 2005
werden wir den Einfall von Zertifikaten in den freien
Vermittlermarkt erleben. Banken verkaufen schon jetzt
viermal mehr Zertifikate als Investmentfonds. Außerdem
werden viele Player Haftungsdächer einführen. Unseres
wird im März stehen, unsere Makler können dann ihren
Kunden Hedgefonds und Zertifikate anbieten.
Cash.:Dennoch
bleibt
aber
wohl
das
Umsatzsteuerproblem für Provisionen noch zu lösen?
Grabmaier:Für die uns angeschlossenen selbstständigen
Makler, die für uns Vermittlungsleistungen besorgen,
sehhen
wir
die
allerbesten
Chancen,
dass
Abschlussprovisionen umsatzsteuerfrei bleiben können.
Für Untervermittler in Strukturvertrieben wird die Erhaltung
des Umsatzsteuerprivilegs freilich ungleich schwieriger.
Bis Juli werden wir jedoch auch hierzu gemeinsam mit den
Finanzbehörden und den Verbänden Klarheit schaffen
können. Richtig ist, dass bis dato eine Patentlösung für
alle nicht existiert. Viele superschlaue Steuerberater, die
genau diese behaupten, entpuppen sich als Rattenfänger.
Wir
müssen
letztlich
abwarten,
wie
die
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Beraterservices - Berater/Vermittler 2005 07.04.2006
Finanzverwaltungen im Sommer konkret entscheiden.
Cash.:Kommen wir zum Schluss zum Thema langfristiger
Marktausblick. Von welchen Szenarien gehen Sie aus?
Maasjost:Wir können uns über unseren Markt wirklich
nicht beschweren. Die Steuerreform bringt etwa eine
Milliarde Euro zusätzliche Liquidität bei den Kunden und
steigt nach Schätzung des Bundesfinanzministeriums in
2010 auf über sechs Milliarden Euro an. Zudem führt der
durch die Rentenreform eingeführte Nachhaltigkeitsfaktor
zu
einer
dramatischen
Verschlechterung
der
Versorgungssituation. Der Markt ist per Gesetz demnach
um mindestens 20 Prozent größer geworden.
Hass:Das meine ich auch. Die großen Plattformen werden
in den nächsten Jahren jeweils um 20 bis 30 Prozent
zulegen. Wer Qualitätsberatung bietet, ist auf der
Siegerstraße.
Pradetto:Das Geschäftspotenzial wächst extrem, keine
Frage – aber auch die Transparenz steigt. Dies wird einen
gigantischen
Druck
erzeugen.
Zwar
wird
der
Versorgungsbedarf immer größer, der Staat kann aber
kein Interesse haben, dass die Sparquote steigt, weil er
den Konsum ankurbeln will. Die Courtagen werden
runtergehen, ähnlich wie bei den Kfz-Margen, die
drastisch auf nur mehr fünf bis sieben Prozent im Schnitt
gefallen sind. Diese Vorgänge werden auch bei anderen
Produkten zu beobachten sein, wir sehen die Anfänge
bereits bei Assekuranz-Standardprodukten bis hin zu
Berufsunfähigkeits- und Rentenversicherungen.
hohe Qualifikation des einzelnen Beraters wird auch weiter
durch angemessene Provisionen kompensiert werden.
Zusätzlich zur Qualifikation wird der einzelne Berater
zunehmend mehr Unterstützung durch elektronische
Beratungsplattformen und einen starken Servicepartner
benötigen, auf den er in allen Sparten vertrauen kann.
Pradetto:Sie haben Recht, wenn Sie für den Pool
sprechen, der das Gesamtangebot anbinden muss. Das
gilt aber nicht für den Vermittler. Schauen Sie sich
Spitzenverkäufer an. Die Top Ten im Vertrieb sind niemals
Universalverkäufer, sondern Spezialisten.
Grabmaier:Nein, die Zeiten reinen Produktverkaufs sind
Gott sei dank vorbei. Wir haben den Paradigmenwechsel
hin zum Konzeptverkauf vollzogen. Kunden erwarten
individuelle Beratung. Unsere zehn besten Berater
verkaufen ihren Kunden genau das Produkt, das diese zur
Ergänzung ihres individuellen Produktportfolios benötigen.
Hass:Das ist bei uns genauso. Unsere besten Berater
haben pro Kunde im Schnitt sechs bis zehn Verträge.
Maasjost:Wir sollten bedenken, dass der Markt
hierzulande eine komplett andere Struktur als im restlichen
Europa hat. Wir sind durch Ausschließlichkeitsvertriebe
unverhältnismäßig stark geprägt. Wenn Sie europaweit
vergleichen, können Sie sich entspannen. Denn die
Geschäftsmodelle der am Gespräch Beteiligten sind
extrem
erfolgversprechend.
Der
Ansatz
heißt
ganzheitliche, individuelle Beratung.
Oliver Lepold
Cash.:Können Sie das konkretisieren?
Pradetto:Ich erwarte, dass im Assekuranzbereich die
Courtagen auf 20 Prozent des heutigen Niveaus, im
Personenversicherungsbereich um 50 Prozent innerhalb
der nächsten 15 bis 20 Jahre zurückgesetzt werden. Der
Vertrieb wird daher künftig mit einer besseren Qualität und
einer höheren Schlagzahl arbeiten müssen.
Hass:Im Vergleich zur internen Kostenstruktur beim fest
angestellten
Versicherungsaußendienst
sind
die
Drittvertriebe äußerst günstig. Die Vertriebsvorstände
wollen und brauchen Geschäft. Ab einer gewissen
Größenordnung
gibt
es
garantiert
keine
Provisionssenkungen.
Sicherlich
müssen
die
Assekuranzen sparen, aber nicht beim Maklervertrieb.
Grabmaier:Courtagekürzungen sehen wir höchtens bei
standardisierten Risikovorsorgeprodukten. Völlig anders
sehen wir dies dagegen im Riesenmarkt der
Altersvorsorge, einem beratungsintensiven Geschäftsfeld,
in dem Berater die für den individuellen Kunden beste
Lösung finden und anbieten müssen. Die dafür nötige
Die Zukunft des FinanzvertriebsDie Branche befindet
sich
in
einem
entscheidenden
Strukturwandel.
Verschiedene Trends und Entwicklungen sorgen für
Aufruhr unter Finanzvertrieben und Maklerpools. Fest
steht: Der Finanzvertrieb der Zukunft wird unter neuen
Rahmenbedingungen mit neuen Spielregeln erfolgen.
- So werden sich viele Marktteilnehmer bereits ab 1. Juli
2005 nach Auslaufen der Übergangsregelung mit der
Einführung der Umsatzsteuer auf Provisionen abfinden
müssen (siehe Cashl 3/2005). Dies bedeutet nicht
unerheblichen Kosten- und Verwaltungsaufwand.
- Der Trend zur Marktkonzentration ist in vollem Gange.
Fusionen wie im Fall von Jung, DMS & Cie. oder
strategische
Akquisitionen
von
kleineren
und
mittelständischen Unternehmen wie im Falle von AWD
sind in der Branche an der Tagesordnung. Ohne einen
starken Partner wird es für viele der kleineren und
mittleren Player im Markt zunehmend schwerer, sich zu
behaupten.
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Beraterservices - Berater/Vermittler 2005 07.04.2006
- Der Bereich der Service- und Technik-Unterstützung für
Makler
ist
dabei
symptomatisch
für
den
Konzentrationsprozess.
Während
manche
Abwicklungsplattformen wie Advisortech bereits mangels
ausreichender
Finanzstärke
übernommen
wurden,
schränken andere wie attrax ihren Service ein, und
fokussieren sich anstatt auf unabhängige Berater auf
institutionelle Player.
Vor
dem
Hintergrund
der
anstehenden
Regulierungsmaßnahmen durch die EU-Richtlinien für
Versicherungsvermittlung
(VVR)
und
Wertpapierdienstleistung
(ISD)
werden
europaweit
entscheidende Qualitätsmaßstäbe für den Berufsstand der
Berater
und
Vermittler
eingeführt.
Ohne
eine
Vermögenschaden-Haftpflichtversicherung geht künftig
nichts mehr. Viele freie Berater werden sich daher
Haftungsdächern der großen Vertriebsorganisationen und
Pools anschließen müssen und drohen, damit mittelfristig
in eine schleichende Ausschließlichkeit zu rutschen.
- Die spannende Frage ist: Wer wird im Kampf der
Systeme letztlich mit welcher Strategie obsiegen? Cash.
wird
sich
diesen
Problemen
in
mehreren
Gesprächsrunden mit führenden Marktplayern annehmen.
Den Auftakt machen Vertreter von Maklerpools.
Im der nächsten Ausgabe 05/2005 veröffentlicht Cash.
eine umfassende Service-Übersicht über Maklerpools.
Quelle: Ausgabe: 04/2005
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