Stramonium - Fit mit System!

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Stramonium - Fit mit System!
SVH Folio
Zeitschrift des Schweizerischen Vereins für Homöopathie
1/2011
IN DIESER AUSGABE:
« Datura Stramonium – der Stechapfel » – Arzneimittelbild, HJ. Jenzer, C. Portner, H. Bürgin
« Intoxikationen mit Stramonium » – Fallbeispiele aus dem Archiv von Armin Seideneder
« Die homöopathische Behandlung der Augenkrankheiten » – von Dr. Karl Erhard Weiss
« Gichtische Augenerkrankungen » – von Dr. Julius Hirsch, Augenarzt in Karlsbad
« Homöopathie für Kinder und für die ganze Familie » – von Fabienne Gmür-Gigandet
« Homöopathie bei sexuellen Störungen » – Literatursteckbrief von Maria Schäfgen
« Homöopathische Krankheits-Bilder » – von Alexander Gothe und Julia Drinnenberg
« Die europäische Bibliothek für Homöopathie – Köthen » – von Georg M. Kissling
« Exkursionen in den Alpengarten und den Nationalpark » – von Georg M. Kissling
« Protokoll der 78. SVH Generalversammlung » – von Georg M. Kissling
« Jahresprogramm 2011 » – Vorschau auf das Vereinsjahr
Wichtig
Einladung: 79. SVH Generalversammlung, 30. März 2011, Volkshaus Zürich
www.verein-homoeopathie.ch
Schweizerischer Verein für Homöopathie
CHF 10.- / € 7.-
Arzneimittelbild
„Datura stramonium“ – Der Stechapfel
Arzneimittelbild von Christine Portner, Helen
Bürgin, Hansjürg Jenzer und Georg Kissling
Zur Einleitung eine kleine
Geschichte…
Zum besseren Verständnis der Materia Medica haben wir das Mittel in eine Geschichte verpackt. Die zum Teil deftigen
verbalen Äusserungen entsprechen nicht
dem üblichen Wortschatz der Autoren.
Patrik und David sind beste Freunde;
sie sind beide 9 Jahre alt und gehen gemeinsam zur Schule. Heute ist Mittwoch und
somit schulfreier Nachmittag. David möchte, dass Patrik zu ihm heim kommt, damit
sie sein neues, voll krasses Computergame
spielen können. David ist mit vollem Eifer
und Enthusiasmus am gamen, das heisst, je
mehr schwarz gekleidete Ninjas erschiesst
oder ersticht, je mehr Punkte gewinnt er.
Sowas gefällt David. Patrik findet nicht
wirklich Gefallen an diesem Spiel, er wäre
lieber draussen am Schlitteln. Einmal erschrickt er sogar ziemlich heftig, weil urplötzlich eine Riesenhorde schwarzer Ameisen und anderes Getier über die toten Ninjas
krabbeln und sie in Windeseile auffressen.
Igitt! Ihm wird’s irgendwie ungemütlich
und er ist froh, als Davids Mutter zum Zvieri ruft. Abends, wieder bei sich zu Hause,
spürt Patrik, dass sein Hals etwas trocken
ist, als bekäme er wieder eine Halsentzündung. Seine Mutter reicht ihm ein Glas Wasser, aber er mag es nicht schlucken, nein, er
wird sogar etwas ungehalten und schlägt ihr
fast das Glas aus der Hand. Seine Mutter
schaut ihn etwas befremdet an, zumal er
auch noch eigenartig mit dem Kopf zuckt.
Etwas besorgt fragt sie ihren Sohn, ob er
sich krank fühle, und schickt ihn vorsorglich früher ins Bett.
Die Nachtruhe sollte nicht lange dauern; kaum sind auch Patriks Eltern zu Bett
gegangen und alle Lichter gelöscht worden,
ertönt aus Patriks Zimmer ein gewaltiger
Schrei. Sofort eilen sie in sein Zimmer und
erschrecken über den Anblick ihres Sohnes.
Kerzengerade, mit vor Entsetzen weit aufgerissenen Augen und wild gestikulierend
sitzt Patrik in seinem Bett und ruft nach seinen Eltern. Obwohl sie tröstend auf ihn einreden und ihn beruhigen wollen, haben sie
das Gefühl, er wäre gar nicht richtig wach
und bemerke sie gar nicht.
Seine Mutter befühlt fürsorglich
seine Stirn, fühlt aber keine Hitze, nein, im
Gegenteil, eher eine kalte, ölige Schweissschicht. Also, wenigstens hat er kein Fieber! Sie bringt ihm wieder ein Glas Wasser
und will es ihm an den Mund halten, als
Patrik mit einem gewaltigen, kraftvollen
Handschlag das Glas zertrümmert. Seine
Hand blutet. Entsetzt eilt sein Vater zum
Lichtschalter, um das Ausmass der Verletzung zu begutachten. Zum Glück nur ein
kleiner Schnitt, denkt er, aber erstaunlich,
dass Patrik keine Schmerzen hat. Vollends
verwirrt sind die Eltern, als Patrik sich sehr
schnell beruhigt und, als sei nichts gewesen,
wieder einschläft. „Wahrscheinlich ein Alptraum beruhigen sich die Eltern gegenseitig
und legen sich auch wieder schlafen.
Am Morgen beim Frühstück scheint
Patrik alles vergessen zu haben. Er streicht
sein Brot wie immer, spricht aber nur wenig
und schaut niemanden an. Erst als die Eltern
ihn fragen, ob es ihm besser gehe und seine
Handwunde anschauen wollen, ruft er erbost: “Ich weiss gar nicht, was ihr habt, ihr
seid wohl ein bisschen plemplem! So eine
Scheisse, warum steht eigentlich das Brot so
weit weg und wozu brauchen wir Kerzenlicht, es blendet fürchterlich!“
Mit etwas gemischten Gefühlen und
leicht perplex entlassen die Eltern ihren
Sohn in die Schule; vielleicht schon vorpubertäre Erscheinungen, das kann ja heiter
werden, denken sie.
Der Donnerstag entwickelt sich zu
einem prächtigen, sonnigen Januartag, einer
jener Tage, wo man sich auch im Flachland
wie in den Ferien wähnt. Der Schnee glitzert, die Sonne wärmt und blendet. Da freut
sich doch die ganze Schweiz. Nicht so
Patrik. In der 10 Uhr-Pause geschieht das
Schlimme, eine harmlose Schneeballschlacht artet aus. Patrik spürt, wie ihn eine
seltsame Angst befällt, sobald er die funkelnde Schneewiese erblickt. Ein Schneeball von David streift ihn am Arm, worauf
Patrik wütend losbrüllt und auf seinen
Freund einzuschlagen beginnt. Er kennt sich
selbst nicht mehr! Tobend schlägt er um
sich, beisst in Davids Arm, spuckt ihn an
und drückt ihm auf die Kehle. Dabei lacht
er hämisch und nennt ihn einen Vollarsch
mit Ohren, er tritt ihn mit den Füssen und
schlägt ihn mit den Händen mit einer so unglaublichen Wucht, dass David am Boden
liegen bleibt. „Du bist ganz bestimmt nicht
mehr mein Freund, du spinnst wohl völlig?“, kann David gerade noch rufen, bevor
die Schulglocke klingelt.
Ganz allein trottet Patrik am Mittag
nach Hause. Er vermeidet es, die schöne
Landschaft zu betrachten, so merkt er auch
nicht, dass auf der anderen Strassenseite ein
kleiner schwarzer Hund schwanzwedelnd
auf ihn zukommt. Erst als der Hund an seinen Beinen zu schnüffeln beginnt, kriecht
die Panik in ihm hoch, und er erstarrt. Bocksteif wie ein Brett bleibt er stehen.
Er glaubt, der Hund werde ihn gleich
angreifen und auffressen, genau gleich wie
die Tiere in seinem Traum letzte Nacht.
Jetzt erinnert er sich wieder an den entsetzlichen Alptraum von gestern. „Verpiss dich,
du Scheissköter, fick dich ins Knie und friss
deine Alte, du verdammtes Mistvieh!“
Laut fluchend rennt er davon, stolpert immer wieder über seine eigenen Füsse
und erreicht endlich sein zu Hause, wo seine
Mutter ihn schon mit kummervollem Blick
erwartet. Davids Mutter hat ihr schon telefoniert und ihr vorwurfsvoll über den Ausraster in der Pause berichtet. Etwas hilf- und
verständnislos schaut sie ihren Sohn an,
schliesst ihn in ihre Arme und weiss nur,
dass sie ihn so nicht kennt und dass er Hilfe
braucht. Vielleicht geht sie mit ihm zum
Homöopathen, das wäre gut!
Stramonium
Deutscher Name:
Gemeiner Stechapfel
Synonyme:
Datura stramonium, Teufelsapfel, Tollkraut
Herkunft:
Europa, Asien, Amerika
Familie:
Solanaceae (Nachtschattengewächse)
Verwendete Teile:
Die Urtinktur in der Homöopathie wird aus
dem frisch blühenden Kraut hergestellt.
Miasma:
Psora, Sykose, Syphilis
Der Stechapfel (Datura stramonium)
wurde in früherer Zeit infolge seiner halluzinogenen Wirkungen vielfach in Hexenrezepten verwendet. Die inhaltlichen Alkaloide besitzen die Eigenschaft, das menschliche Bewusstsein zu verändern. Giftexperten
aus Deutschland machten sich um die Jahrhundertwende zur Aufgabe, die in spätmittelalterlichen Hexenbüchern enthaltenen
Anweisungen in Bezug auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen. Bei den Pflanzen, die für
das Experiment erprobt wurden, handelte es
sich um die Tollkirsche (Atropa belladona),
den Stechapfel (Datura stramonium) und
das Bilsenkraut (Hyoscyamus niger).
Nach vorschriftsgemässen Dosierungen wurden die Kräuter miteinander zu einem Brei vermischt und verschiedenen
Testpersonen auf den Körper gestrichen. Innerhalb kurzer Zeit fielen die Probanden in
einen vierundzwanzig Stunden währenden
Schlaf und träumten von wilden Rittern,
ausgelassenen Tänzen und anderen unheimlichen Abenteuern, ähnlich wie sie in mittelalterlichen Hexenberichten erwähnt werden.
Bereits in der Antike war der Stechapfel als Rauschgift in Gebrauch. Es wird
vermutet, dass die Priester des Apollotempels zu Delphi den Rauch der verbrannten Blätter einatmeten, um sich durch
die herbeigeführte Betäubung auf die Prophezeihungszeremonien vorzubereiten.
Der Autor von den „Lehren des Don
Juan“, Carlos Castaneda, schrieb über seine
Gefühle, nachdem er sich unter Anweisung
eines Schamanen der Yaqui-Indianer mit
dem Saft des Stechapfels eingerieben hatte:
„Ich schaute nieder und sah Don Juan unter mir… Ich erblickte den dunklen Himmel
sowie die Wolken, die über mir dahinzogen.
Ich gab meinem Körper einen Ruck, um hinunterblicken zu können. Ich sah die schwarze Masse der Berge. Die Geschwindigkeit,
mit der ich dahinflog, war ausserordentlich.“
Beim Stechapfel handelt es sich um
ein bis 1 Meter grosses Nachtschattengewächs (Solanaceae), welches zur gleichen
Familie gehört wie die Tollkirsche, die Alraune, das Bilsenkraut, der bittersüsse und
der schwarze Nachtschatten, der Tabak, die
Paprika, die Tomate und die Kartoffel.
Aus einer spindelförmigen, weissen
Wurzel erhebt sich der aufrechte, gabelspaltige Stengel, an dem lang gestielte, eiförmige, ungleich buchtig gezähnte, grasgrüne
Blätter wachsen. Vom Juli bis September
erscheinen endständig in den Astgabeln
trichterförmige, weisse meist aufrechtstehende Blüten mit 5-faltigem Saum. Diese
öffnen sich erst in den Abendstunden und
verströmen einen moschusartigen Duft, um
die Schwärmer und langrüsseligen Nachtfalter anzulocken. Die Besuchszeit dauert nur
eine Nacht; mit dem morgendlichen Tageslicht faltet sich die Blüte wieder zusammen,
verwelkt schnell und fällt dann mitsamt dem
Kelch ab. Dann reift eine eiförmige, kastanienähnliche Kapsel mit spitzen Stacheln,
welche bei völliger Reife in 4 Teile auseinanderklafft und zahlreiche linsenförmige,
schwarzbraune Samen freigibt. In der Erde
verstreut keimen diese Samen sehr langsam
und oft erst nach einigen Jahren.
Wo man auch immer dem Stechapfel
begegnet, erzeugt er stets den Eindruck eines Fremdlings. Ein ungebundenes Pflanzenwesen, das plötzlich auftaucht und dann
wieder verschwindet – ein Zigeuner unter
den Pflanzen. Von seinem angestammten
Platze entfernt er sich sprunghaft und erscheint dann unerwartet an einer anderen
Stelle. Es wird vermutet, dass der Stechapfel durch die Zigeuner aus Asien nach
Europa eingeschleppt wurde und sich erstmals 1417 in Deutschland festsetzte.
Heute findet man Stramonium auf
Schutt- und Komposthaufen, an Ödplätzen
und Wegrändern, bevorzugt auf stickstoffhaltigen Böden.
Toxikologie
Die wirksamen Bestandteile von Datura sind die tropanen Alkaloide Atropin,
Scopolamin und Hyoscyamin. Junge Pflanzen enthalten hauptsächlich Scopolamin, ältere Gewächse vor allem Hyoscyamin. Die
Samen sind äusserst giftig. Die Symptome
einer Datura-Vergiftung erscheinen in aller
Regel nach 30 – 60 Minuten und können 1 –
2 Tage lang anhalten. Die ersten Symptome
zeigen sich in trockenen Schleimhäuten,
Durst, erschwertem Schlucken und Sprechen, Verschwommensehen und Lichtscheue. Dann folgen trockenes Fieber, Ver-
wirrtheit, Agitiertheit, Urinretention, Krämpfe und Koma. In fast allen Fällen treten
Halluzinationen auf. Typisch sind visuelle
Halluzinationen in natürlichen Farben (Insekten und andere Tiere), taktile Halluzinationen (von krabbelndem Ungetier), unvernünftiges Verhalten und Gedächtnisverlust
(Amnesie). Das unvernünftige Verhalten
besteht aus komischen Absurditäten oder
aus wahnsinniger Raserei.
Datura Stramonium
bei verschiedenen Autoren
Aufgeschnittene Samenkapseln – Datura Stramonium
Signatur
Betrachtet man die stachelartige Samenkapsel des Stechapfels, so erscheint sie
einem wie ein Morgenstern, der in früheren
Zeiten als Waffe benutzt wurde. Mit dieser
Signatur weist die Pflanze darauf hin, dass
sie eines der gewalttätigsten Mittel der Homöopathie ist und brutale, psychotische Zustände im Sinne des Similegesetzes zu heilen vermag. Die spitzigen Stacheln der
Frucht verdeutlichen aber auch die „stacheligen“ Aggressionen des Stramonium-Patienten, der sich schnell in eine Schlägerei
oder Zankerei verstricken lässt.
Boericke: Die gesamte Gewalt dieses Mittels scheint sich im Gehirn zu verbrauchen,
obgleich auch Haut und Hals einige Störungen zeigen. Unterdrückte Sekretionen und
Exkretionen. Empfindung, als seien die
Glieder vom Körper getrennt. Delirium tremens. Fehlen von Schmerz und Beweglichkeit der Muskeln, besonders der mimischen
und der Fortbewegungsmuskulatur. Sich
kreisförmig windende und anmutige Bewegungen. Parkinson-Syndrom.
Geissler: Stramonium wirkt vor allem auf
das Nervensystem, das sich in einem ungeheuren Aufruhr befindet. Gewalt ist die Reaktion auf diesen Überregungszustand: Unkontrollierte Wut und Gewalttätigkeit
oder massiver Ängste rund um die Themen
Gewalt, Dunkelheit und Tod.
Erregungszustände höchsten Grades mit
wilden Delirien und Konvulsionen. Ein
wichtiges Mittel für akute Erkrankungen
mit hohem Fieber und Delirium. Halluzinationen besonders visuell und akustisch.
Krampfzustände, die beim Anblick von
glänzenden Gegenständen oder von Wasser ausbrechen oder sich verschlimmern.
Auffallendes Fehlen von Schmerzen, trotz
der Heftigkeit der Symptome.
Morrison: Wegen des grossen Ausmasses
an Gewalt in unserer Gesellschaft ist Stramonium zu einem zunehmend häufiger gebrauchten Mittel, vor allem für Kinder, geworden. Wir erwarten oft, bei StramoniumPatienten pathologisch sehr fortgeschrittene
Gemütszustände oder Manien zu sehen,
doch gibt es zahlreiche Patienten, die geistig
völlig normal sind und denen mit diesem
Mittel geholfen werden kann. In solchen
Frühstadien sehen wir nur erste Anzeichen
der Gewalt und Angst, die in fortgeschrittenen Fällen üblich ist. Doch durch die gesamte Pathologie zieht sich eine ungeheure
Intensität und Energie. Stramonium ist ein
wichtiges Mittel bei akuten Erkrankungen
mit Delirium und Fieberkrämpfen.
Die Frucht von Stramonium, der „Stechapfel“ enthält
tausende von Samenkapseln. Alle Pflanzenteile sind
durch die Alkaloide Scopolamin, Hyoscyamin und
Atropin tödlich giftig. Aufgrund der hohen Toxizität
treten bereits bei niedrigen Dosen starke Vergiftungserscheinungen auf: Hautrötungen, Mundtrockenheit,
Schläfrigkeit, Halluzinationen, Verwirrung, Herzrhythmusstörungen, komatöse Zustände, Bewusstlosigkeit.
Der Tod tritt durch Atemlähmung ein. Foto: Kissling
Die Blüten von „Stramonium datura“, dem gemeinen
Stechapfel, sind weiss. Sie wird häufig mit der Engelstrompete verwechselt.
Foto: Wikipedia
Gewalt in Taten, Gedanken und
körperlichen Symptomen
Der zentrale Aspekt von Stramonium
ist Gewalttätigkeit oder Angst vor Gewalt.
Stramonium ist hauptsächlich ein Mittel für
das Nervensystem. Die Gewalt ist anscheinend oft neurologischer Natur und kommt
beinahe als Konvulsion zum Ausdruck. Epilepsie, Strabismus, Schlafstörungen, Gemütserkrankungen in Zusammenhang mit
gestörter Aufmerksamkeit und sogar Schizophrenie sind übliche Manifestationen von
Stramonium, die auf eine zugrunde liegende
Überempfindlichkeit und ein Ungleichgewicht des Nervensystems hinweisen und
helfen, die Gewalt des Mittels zu erklären.
In dieser Art von Erregung und Aufruhr des
Nervensystems ist der Wirkungsbereich dieses Arzneimittels zu suchen. Jede beliebige
neurologische Verletzung kann einen „Stramonium-Zustand“ hervorrufen.
Erwachsene zeigen oft keinerlei gewalttätiges Verhalten, sondern leiden unter
grossen Ängsten. Bei diesen Ängsten dreht
es sich fast immer um Gewalt, Tod oder
Dinge, die Tod symbolisieren (Dunkelheit,
Friedhöfe), aber auch für Gewalt stehen
(Tiere). Oft werden wir bei Stramonium
echten manischen Fällen begegnen. Diese
Patienten können erschreckend gewalttätig
sein. Die Stramonium-Manie kann sogar zu
gemeingefährlichen Wutausbrüchen führen.
Dieses Arzneimittel kann Patienten mit sehr
fortgeschrittenen Gemütserkrankungen heilen und kann auch häufig in der Psychiatrie
eingesetzt werden.
Kinder. Das Kind kann angenehm in
der Sprechstunde sein und wenig oder
nichts von der Gewalttätigkeit zeigen, welche die Eltern beschreiben. Manchmal verfällt das Kind in einen verträumten oder benommenen Zustand, während die Mutter die
Probleme beschreibt. Die Beschwerden beginnen oft nach einem grossen Schreck –
wie einem Autounfall, sexuellem Missbrauch, wenn das Kind Zeuge einer Gewalttat wurde oder nach einer neurologischen
Erkrankung wie Meningitis oder Enzephalitis. Dem einschneidenden Ereignis folgen
oft Alpträume oder entsetzliche Angst
nachts, und schliesslich entwickeln sich
Wutausbrüche und Raserei. Der Zorn ist
unkontrolliert und impulsiv, d. h. ohne
bösartige Hintergedanken. Er bricht hervor,
beinahe krampfartig oder als neurologische
Entladung. Es wäre ungewöhnlich für einen „Stramonium-Patienten“, wenn sich solche Gewalt ohne ebenso intensive Ängste
entwickeln würde. Eltern schweigen sich
möglicherweise aus verschiedenen Gründen
über das volle Ausmass der Pathologie eines
solchen Kindes aus.
Betroffene Organsysteme:
Gehirn, Spinalnerven, Geist und Gemüt,
Kreislauf.
Modalitäten
Verschlimmerung (agg.):
Dunkelheit, Alleinsein, dunkle, bedeckte
Tage, Anblick von glitzernden Gegenständen oder Wasser, Schreck, Nach dem
Schlaf, Versuch zu schlucken, besonders
Flüssigkeiten, Berührt werden, durch unterdrückte Absonderungen.
Besserung (amel.):
Licht, Gesellschaft, Wärme.
Gemüt
Zorn, Raserei und Gewalt. Hat die Fähigkeit, einen Mord zu begehen.
Gewalttätiges Verhalten beliebiger Art –
Beissen, Schlagen, Würgen usw.
Manie mit rotem Gesicht, erweiterten
Pupillen, übermenschlicher Kraft.
Furcht vor dem Tod – besonders vor gewaltsamem Tod oder Ermordung.
Furcht im Dunkeln – schläft bei Licht,
geht ins Bett der Eltern.
Furcht vor Wasser – vor allem, wenn der
Kopf unter Wasser gerät, sogar Furcht vor
der Dusche und vor fliessendem Wasser.
Furcht vor dem Alleinsein – besonders
nachts oder im Dunkeln.
Ängste: Tiere. Hunde. Spiegel und andere
reflektierende Gegenstände. Krankheit. Gespenster. Verletzung. Wahnsinn. Erstickung. Klaustrophobie. Agoraphobie.
Beschwerden nach einem Schreck – vor
allem durch Gewalttaten oder Situationen,
in denen der Patient dem Tode nur knapp
entrinnen konnte.
Nächtliche Panikattacken: Das Kind
schreit auf, fährt hoch, ist angsterfüllt, aber
nicht richtig wach; stellt keinen Kontakt zu
den Eltern her oder denkt vielleicht, die Eltern versuchten, es zu verletzen, anstatt es
zu trösten; erkennt niemanden und kann
sich an nichts erinnern, wenn es richtig
wach ist.
Eifersucht, Geschwätzigkeit, Fluchen,
Lachen, laut und grausam oder wild. Hyperaktive Kinder. Verhaltensstörungen.
Stottern: Der Patient unternimmt grässliche
Anstrengungen, um zu sprechen, schliesslich bricht das Wort explosionsartig aus ihm
heraus.
Frommes, ernstes, flehendes und endloses
Reden. Geschwätzig, murmelnd, lachend,
singend, fluchend, betend und reimend.
Sieht Gespenster, hört Stimmen, spricht
mit Geistern. Spricht in einer fremden Sprache.
Rasche Wechsel von Freude zu Traurigkeit. Wahnideen über seine Identität; hält
sich für gross, doppelt oder glaubt, dass ein
Körperteil fehlt.
Allgemeinsymptome
Konvulsionen, oft heftig. Konvulsionen
bei Kindern. Fieberkrämpfe. Heftiges Delirium, Sonnenstich. Neurologische Erkrankungen als Folge von Kopfverletzung, Impfung, Schreck, Meningitis.
Rucken einzelner Muskeln oder ganzer
Gliedmassen, Tics, Gestikulieren. Unausgeruht nach dem Schlaf.
Augen
Die Augen scheinen hervorzustehen, mit
weit geöffneten starren Augen; erweiterte
Pupillen. Verlust des Sehvermögens; beschwert sich, dass es dunkel ist und verlangt nach Licht.
Strabismus. Diplopie.
Verdauungstrakt
Das Essen schmeckt wie Stroh. Erbrechen
von Schleim und grüner Galle.
Verlangen nach Süssigkeiten.
Stinkende Diarrhoe.
Heftiger Schluckauf.
Vermehrter Durst.
Urogenitaltrakt
Unterdrückter Harn, leere Blase. Heftiges
sexuelles Verlangen, aggressiv, vulgäre
Sprache, häufiger Partnerwechsel. Masturbation. Patienten mit Inzest oder irgendeiner
Form von erschreckendem sexuellem Missbrauch in der Anamnese. Ständiges Berühren der Genitalien.
Kopf
Heftiges Rucken des Kopfes. Kopfverletzung. Starke Kopfschmerzen, schlimmer in
der Sonne. Der Kopf ruckt während der
Kopfschmerzen.
Hebt den Kopf vom Kissen. Schmerz in
der Stirn und über den Augenbrauen, gegen
9 h beginnend; < bis Mittag.
Grimassen. Tics. Zuckungen. Zähneknirschen im Schlaf. Meningitis, Enzephalitis
oder Beschwerden, die eine Folge der beiden Erkrankungen sind.
Brust
Angina pectoris. Arrhythmie.
Chronischer Husten und Bronchitis.
Spasmodisches Asthma.
Extremitäten
Anmutige, rhythmische Bewegungen.
Heftiger Schmerz in der linken Hüfte.
Zittern, Sehnenhüpfen, schwankender Gang.
Haut
Plötzlich leuchtendes Erröten. Hautabszess.
Folgen von unterdrücktem Ausschlag bei
Scharlach, mit Delirium.
Schlaf
Erwacht erschreckt; schreit aus Furcht.
Tiefer, schnarchender Schlaf. Schläfrig,
aber kann nicht schlafen.
Fieber
Reichliche Schweisse, die nicht erleichtern.
Heftiges Fieber.
Differenzialmittel
Hyoscyamus: Manie; bringt seine Sexualität überdurchschnittlich stark zum Aus-
druck; Geschwätzigkeit; Gewalttätigkeit
und Wut; Fluchen; Konvulsionen.
Belladonna: Fieberkrämpfe; Wut und Manie; Angst vor Hunden; erweiterte Pupillen;
vermehrte Körperstärke bei Manie oder Delirium.
Stramonium hat weniger Fieber als Belladonna, aber mehr als Hyoscyamus. Es verursacht mehr eine funktionelle Erregbarkeit
des Gehirnes, aber erreicht niemals den
wirklichen Entzündungszustand von Belladonna.
„Ich sah eine Datura Pflanze und beugte
mich darüber; um die Blüte genauer zu betrachten, als das kleine Indianermädchen,
das uns führte, ganz erschrocken zu meiner
Frau lief und sagte, dass wenn ich die Pflanze berührte, sie mich verrückt machen würde. Die Antwort meiner Frau würde ich gern
vergessen.“
Charles B. Heiser Jr.; Nightshades
Die weissen Blütenkelche von Datura stramonium haben eine unverkennbare Trompeten-Form. Foto: Lukas Bruhin.
Gemüt - Albernes Benehmen
Gemüt - Angst - Dunkelheit; in der
Gemüt - Angst - Geräusche, durch Wasserrauschen
Gemüt - Angst - Tunnel - Zug in einem
Tunnel ist; wenn der
Gemüt - Anzugreifen; Verlangen
Gemüt - Aphasie - Apoplexie - nach
Gemüt - Aphasie - strengt sich lange
an, bevor ein Wort hervorbringt
Gemüt - Argwöhnisch, misstrauisch
Gemüt - Auffahren, Zusammenfahren
- durch Schreck, und wie durch
Gemüt - Beißen - Delirium, im
Gemüt - Beißen - Gegenstände; beißt
Gemüt - Beschimpfen, beleidigen
Gemüt - Beschwerden durch - Zorn Schreck; mit
Gemüt - Betäubung
Gemüt - Beten
Gemüt - Bewusstlosigkeit Gliederzucken, mit
Gemüt - Boshaft
Gemüt - Delirium - Beißen, Verlangen
Gemüt - Delirium - Bewegungen merkwürdig, eigenartig; bewegt sich
Gemüt - Delirium - brummt
Gemüt - Delirium - heftig
Gemüt - Delirium - intermittierend
Gemüt - Delirium - lärmend
Gemüt - Delirium - manisch
Gemüt - Delirium - mild
Gemüt - Delirium - rasend
Gemüt - Delirium - Redseligkeit; mit
Gemüt - Delirium - scheu, versteckt
Gemüt - Delirium - Schmerzen - durch
Gemüt - Delirium - schrecklich
Gemüt - Delirium - Schweiß - mit
Gemüt - Delirium - wild
Gemüt - Delirium tremens - Beten, mit
Gemüt - Delirium tremens - Zunge weißer Farbe der Zunge; mit
Gemüt - Destruktivität,Zerstörungswut
Gemüt - Dunkelheit - agg.
Gemüt - Erregung - abwechselnd mit Konvulsionen
Gemüt - Erregung - Wasser, das
ausgegossen wird; durch Hören von
Gemüt - Erschreckt leicht
Gemüt - Erschreckt leicht Wahnideen, durch
Anz. Mittel
in Rubr.
Stramonium im 3. und 4. Grad
im Repertorium
Grad
Stramonium im Repertorium
3
4
3
93
19
2
3
3
3
3
3
6
12
1
3
3
147
71
3
3
3
3
7
5
108
23
3
3
3
316
40
6
3
3
3
144
7
1
3
3
3
3
3
3
3
3
3
3
3
3
3
3
3
45
28
2
6
49
11
88
37
1
22
36
25
35
2
2
4
3
3
69
29
1
3
2
3
3
195
1
Gemüt - Furcht - allein zu sein nachts
Gemüt - Furcht - Dunkelheit; vor der
Gemüt - Furcht - eingebildeten Dingen; vor eingebildeten
Gemüt - Furcht - engen Räumen; in
Gemüt - Furcht - Geräusche, durch
Gemüt - Furcht - Geräusche, durch rauschendem, fließendem Wasser
Gemüt - Furcht - Hunden, vor
Gemüt - Furcht - Konvulsionen - mit
Gemüt - Furcht - schwarzer Farbe; vor
- allem Schwarzen; vor
Gemüt - Furcht - Tunnels; vor
Gemüt - Furcht - Verletzung; vor selbst verletzt zu werden
Gemüt - Furcht - Wahnideen; durch
Gemüt - Furcht - Wasser, vor
Gemüt - Geisteskrankheit, Wahnsinn boshaft, bösartig
Gemüt - Geisteskrankheit, Wahnsinn Gesellschaft; mit Verlangen nach Licht; und
Gemüt - Geisteskrankheit, Wahnsinn Gesicht - blassem Gesicht; mit
Gemüt – Geisteskrankheit - religiös
Gemüt - Gemütssymptome - begleitet
von - körperlichen Symptomen
Gemüt - Gesellschaft - Verlangen
nach - nachts
Gemüt - Gesten, Gebärden; macht Hände; unwillkürliche Bewegungen
Gemüt - Gesten, Gebärden; macht Hände; unwillkürliche Bewegungen
der - zupft - Bettwäsche; an der
Gemüt - Glänzende Gegenstände Wasseroberfläche agg.
Gemüt - Gleichgültigkeit, Apathie klagt nicht
Gemüt - Gleichgültigkeit, Apathie Leiden; gegen
Gemüt - Hast, Eile - Bewegungen; in
Gemüt - Heftig, vehement Gewalttaten führt; Raserei, die zu
Gemüt - Idiotie - beißen; Verlangen zu
Gemüt - Imbezillität
Gemüt - Impulse, Triebe; krankhafte laufen; zu
Gemüt - Klammert sich an - Kindern;
bei - erwacht in Panik, erkennt
niemanden
Gemüt - Koma
Gemüt - Lachen
Gemüt - Läuft umher
Gemüt - Licht - Verlangen nach
Gemüt - Manie
Gemüt - Menses - während
Gemüt - Moralischem Empfinden;
Mangel an
Gemüt - Murmeln
Gemüt - Nymphomanie
4
4
3
20
104
25
3
3
3
110
58
6
3
3
3
36
1
5
4
3
13
36
3
3
3
5
65
9
3
1
3
6
3
3
26
94
3
5
3
62
3
44
3
3
3
7
3
13
3
3
28
38
3
3
3
2
142
26
4
3
3
3
3
3
3
3
3
155
236
41
33
206
82
68
3
3
70
84
Gemüt - Phantasien - lebhaft
Gemüt - Phantasien - sonderbar,
merkwürdig
Gemüt - Phantasien - übertrieben,
hochfliegend - schrecklich
Gemüt - Phantasien - verworren
Gemüt - Raserei, Tobsucht, Wut
Gemüt - Raserei, Tobsucht, Wut abwechselnd mit - Konvulsionen
Gemüt - Raserei, Tobsucht, Wut gefesselt, angebunden werden; muss
Gemüt - Raserei, Tobsucht, Wut Gewalttätigkeit; mit
Gemüt - Raserei, Tobsucht, Wut Kopfschmerzen; mit
Gemüt - Redseligkeit;
Geschwätzigkeit
Gemüt - Reißt an etwas Gegenstände; zerreißt
Gemüt - Reißt an etwas - zerreißt
Gegenstände; - Kissen mit den
Zähnen; das
Gemüt - Reißt an etwas - sich am
Körper, verletzt sich
Gemüt - Religiöse Gemütsstörungen,
Störungen in bezug auf die Religion beschäftigt; zu sehr mit Religion
Gemüt - Reue
Gemüt - Ruhelosigkeit
Gemüt - Schamlos
Gemüt - Schlagen - Knabe zerkratzt
das Gesicht des Vaters
Gemüt - Schreien - Fieber; während
Gemüt - Seufzen - Hals; mit Fassen
an den
Gemüt - Spät - zu spät; ist immer
Gemüt - Sprache - unnatürlich
Gemüt - Sprache - schweift von einem
Thema zum anderen, abschweifend
Gemüt - Sprache - unverständlich
Gemüt - Sprache unzusammenhängend
Gemüt - Sprechen - sich selbst; mit allein; nur wenn
Gemüt - Springen - Bett; aus dem
Gemüt - Stupor - Gliederzucken, mit
Gemüt - Tanzen - Springen; und
Gemüt - Tollwut, Hydrophobie
Gemüt - Traum; wie in einem
Gemüt - Verhaltensstörungen
Gemüt - Verhaltensstörungen Kindern; bei - Alpträumen; mit
Gemüt - Verhaltensstörungen Kindern; bei - Ängsten; mit
Gemüt - Wahnideen - Ansammlungen
von Dingen, Schwärmen,
Menschenmengen etc.
Gemüt - Wahnideen - Bilder, sieht
Phantome - aufsteigen; aus der Erde
Gemüt - Wahnideen - Bilder,
3
3
37
2
3
9
3
3
3
11
164
1
3
6
3
16
3
11
3
220
4
25
3
2
3
12
4
82
3
3
3
3
93
699
36
1
3
3
14
1
3
3
3
85
52
55
3
3
29
87
3
5
3
3
3
3
3
3
3
53
5
10
61
111
27
1
3
1
3
20
3
1
3
2
Phantome; sieht - neben sich
Gemüt - Wahnideen - Bilder,
Phantome; sieht - schwarze
Gemüt - Wahnideen - dunkel
Gemüt - Wahnideen - Gegenstände Flucht vor Gegenständen
Gemüt - Wahnideen - Gegenstände;
in bezug auf - helle Gegenstände
Gemüt - Wahnideen - Gott - er sei
Gott, dann wieder der Teufel
Gemüt - Wahnideen - greift eingebildeten Erscheinungen; nach
Gemüt - Wahnideen - groß
gewachsen - er oder sie sei groß
Gemüt - Wahnideen - Hunde angreifen; würden ihn
Gemüt - Wahnideen Phantasiegebilde, Illusionen
Gemüt - Wahnideen - Verletzung worden; er sei verletzt
Gemüt - Weinen - Wimmern, Winseln
Kopf - Bewegungen des Kopfes Rollen des Kopfes
Kopf - Entzündung - Hirnhaut
Kopf - Hitze – Kopf - Frost; während
Kopf - Pulsieren - Hinterkopf Bewegung - agg.
Kopf - Rucken des Kopfes - Liegen
auf dem Rücken agg.
Kopf - Schmerz - Hinterkopf - erstreckt
sich zu - Kopf
Kopf - Schmerz - Hinterkopf - Seiten
Auge - Farbe - rot
Auge - Lähmung - Sehnerv
Auge - Offene Augen, geöffnete
Lidspalte - Delirium; mit
Auge - Offene Augen, geöffnete
Lidspalte - krampfhaft
Auge - Photomanie
Auge - Photophobie - Raserei,
Tobsuchtsanfall; bei
Auge - Starren, Stieren Kopfschmerzen, bei
Auge - Starren, Stieren - Punkt; auf
einen
Auge - Vorwölbung
Auge - Pupillen - erweitert
Auge - Pupillen - erweitert Vorwürfen; nach
Sehen - Fehler - Form, Größe und
Entfernung; in bezug auf
Sehen - Trübsichtigkeit, trübes Sehen
- entfernte Gegenstände
Sehen – Trübsichtigkeit - Schweiß unterdrücktem Fußschweiß; nach
Sehen - Verlust des Sehvermögens (=
vorübergehende Blindheit)
Sehen - Verlust des Sehvermögens tagsüber
Sehen - Zusammenlaufen,
3
10
3
3
7
1
3
5
3
1
3
2
3
22
3
3
3
132
3
15
3
3
60
49
3
3
3
77
27
7
3
1
3
18
3
3
3
3
112
269
140
3
3
32
3
3
20
9
3
4
3
11
3
3
3
110
214
1
3
16
3
20
3
13
3
184
3
24
3
51
Ineinanderlaufen – Buchstaben
Gesicht - Ausdruck - erschreckt
Gesicht - Blutandrang
Gesicht - Farbe - blaß - Mund, um den
Gesicht - Farbe - bläulich - Frost; beim
Gesicht - Farbe - rot - Fieber während - agg.
Gesicht - Farbe - rot - Frost - während
Gesicht - Gerunzelt – Stirn Kopfschmerzen; während
Gesicht - Gerunzelt - Stirn,
Stirnrunzeln - Gehirns; bei
Symptomen des
Gesicht - Geschwüre - Lippen
Gesicht - Hitze – mit kalten Füßen
Gesicht - Hitze - kalt - Hände
Gesicht - Hitze - Wangen
Gesicht - Konvulsionen, Spasmen
Gesicht - Krampf - Kiefer - Unterkiefer
Gesicht - Langgezogen, verzogen
Gesicht - Schmerz
Gesicht - Sordes an den Lippen
Gesicht - Verzerrung
Gesicht - Verzerrung - Raserei,
Tobsuchtsanfall; bei
Mund - Sprache - schwierig
Mund - Sprache - schwierig Krämpfe; durch
Mund - Sprache - stotternd
Mund - Sprache - stotternd erschöpft, lange bevor er ein einziges
Wort ausstoßen kann; ist
Mund - Sprache - unklar
Innerer Hals - Farbe - rot
Innerer Hals - Lähmung
Innerer Hals - Schlucken - schwierig Flüssigkeiten
Innerer Hals - Schlucken - unmöglich
Innerer Hals - Schlucken - unmöglich Lähmung, durch
Innerer Hals - Spasmen
Innerer Hals - Spasmen – Schlucken
Innerer Hals - Trockenheit
Innerer Hals - Zusammenschnürung
Äußerer Hals - Zusammenschnürung
Magen - Durst - extrem
Magen - Durst - Schweiß - beim
Magen - Schluckauf
Magen - Schluckauf - heftig
Abdomen - Schmerz - Schweiß - beim
Rektum - Diarrhoe - Kindern, bei
Rektum - Diarrhoe - Schweiß - beim
Rektum - Obstipation
Blase - Harndrang - vergeblich
Nieren - Harnsperre
Urin - Farbe - rot
Urin - Reichlich - Fieber; während
Männliche Genitalien - Sexuelles
Verlangen – exzessiv
3
3
3
3
3
29
153
18
17
74
3
3
60
12
3
3
3
3
3
3
3
3
3
3
3
3
3
65
24
32
94
68
63
98
338
22
103
7
3
3
149
13
3
3
97
1
3
3
3
3
28
137
50
49
3
3
87
27
3
3
3
3
3
3
3
3
3
3
3
3
3
3
3
3
3
3
71
11
379
106
32
242
79
239
29
29
78
25
434
155
113
174
18
60
Männliche Genitalien - Sexuelles
Verlangen - vermehrt - Delirium, im
Weibliche Genitalien - Menses reichlich
Kehlkopf und Trachea - Stimme flexibel, variierbar; wenig
Kehlkopf und Trachea - Stimme heiser, Heiserkeit
Kehlkopf und Trachea - Stimme höher
Kehlkopf und Trachea - Stimme krächzend
Kehlkopf und Trachea - Stimme quiekend, piepsig
Kehlkopf und Trachea - Stimme tonlos, klanglos
Kehlkopf und Trachea - Stimme verloren (= Aphonie)
Atmung - Asthma
Atmung - Seufzend
Husten - Bellend
Husten - Klangvoll, sonor
Husten - Kruppartig
Husten - Tief klingend
Rücken - Kälte -Frost - erstreckt sich
nach unten; den Rücken hinab
Rücken - Opisthotonus
Rücken - Tabes dorsalis
(= Rückenmarksschwindsucht)
Extremitäten - Bewegung konvulsivisch
Extremitäten - Hautausschläge - Füße
- Furunkel
Extremitäten - Hüftgelenksentzündung
Extremitäten - Kälte - Fieber; während
Extremitäten - Kälte - Hände - Hitze,
mit - Gesichtes, des
Extremitäten - Kälte - Unterschenkel
Extremitäten - Kälte - Unterschenkel Fieber; während
Extremitäten - Konvulsionen
Extremitäten - Krummziehen,
Verdrehen der Glieder
Extremitäten - Lockerheit - Gefühl von
Lockerheit - Gelenke
= wie abgelöst)
Extremitäten - Rucken - Arme
Extremitäten - Rucken - Beine
Extremitäten - Rucken - Füße
Extremitäten - Rucken - Hände
Extremitäten - Ruhelosigkeit
Extremitäten - Schmerz - Hüfte
Extremitäten - Zittern
Extremitäten - Zucken
Extremitäten - Zucken - Füße
Extremitäten - Arme; Beschwerden
der - links
Schlaf - Schlaflosigkeit - dunklen
Zimmer; agg. in einem
Frost - Absteigend
3
2
3
400
3
2
3
356
3
16
3
14
3
5
3
24
3
197
3
3
3
3
3
3
3
335
133
70
1
56
7
57
3
3
72
53
3
33
3
7
3
3
3
79
35
20
3
3
135
5
3
3
86
78
3
28
3
3
3
3
3
3
3
3
3
3
62
74
23
18
85
311
185
124
56
133
3
6
3
52
Frost - Entblößen, Entkleiden; beim
Fieber - Fieber, Hitze im allgemeinen
Fieber - Abfolge der Stadien - Hitze begleitet von - Schweiß
Fieber - Äußerliche Hitze
Fieber - Brennende, glühende Hitze rasendem Delirium, mit
Fieber - Continua
Fieber - Continua - zerebral
Fieber - Entblößen - Abneigung gegen
Fieber - Hitze
Fieber - Intensive Hitze - Delirium, mit
Fieber - Intensive Hitze Konvulsionen, mit
Fieber - Schweiß - Hitze, mit
Schweiß - Begleitet von Beschwerden; anderen
Schweiß - Ölig
Schweiß - Symptome - agg. - beim
Schwitzen
Haut - Farbe - rot
Haut - Hautausschläge - Exanthem,
flüchtiges
Haut - Hautausschläge - unterdrückt
Haut - Hautausschläge - Urtikaria knötchenförmig - rosa (= Erythema
nodosum)
Haut - Trocken
Haut - Trocken - brennend
Allgemeines - Analgesie
Allgemeines - Beschwerden - begleitet
von - Gemütssymptomen
Allgemeines - Bewegung unwillkürlich
Allgemeines - Blutwallungen
Allgemeines - Chorea
Allgemeines - Dunkelheit - agg.
Allgemeines - Gefühllosigkeit,
Taubheit - äußerlich
Allgemeines - Gesellschaft - amel.
Allgemeines - Konvulsionen Bewußtsein - mit
Allgemeines - Konvulsionen epileptiform
Allgemeines - Konvulsionen Flüssigkeiten agg.
Allgemeines - Konvulsionen glänzende Gegenstände, durch
Allgemeines - Konvulsionen - helles
Licht, durch
Allgemeines - Konvulsionen - Hitze;
während
Allgemeines - Konvulsionen - Kindern
Allgemeines - Konvulsionen - klonisch
- Fieber; während
Allgemeines - Konvulsionen - Licht;
durch
Allgemeines - Konvulsionen tetanische Starre; Starrkrampf Beweglichkeit der Glieder; mit
3
3
3
70
294
51
3
3
145
4
3
3
3
3
3
3
78
19
75
197
24
7
3
3
109
71
3
3
34
42
3
3
100
123
3
3
91
22
3
3
3
3
217
106
36
94
3
36
3
3
3
3
139
167
56
214
3
3
11
36
3
133
3
5
3
4
3
7
3
35
3
3
93
29
3
12
3
6
Allgemeines - Konvulsionen - tonisch Fieber; während
Allgemeines - Konvulsionen veränderlich, wechselhaft - Charakter;
verändern ihren
Allgemeines - Konvulsionen - Wasser
- Anblick von; beim
Allgemeines - Konvulsionen Wochenbett, im
Allgemeines - Krankheitsgefühl;
unbestimmtes, unklares - anfallsweise
Allgemeines - Lähmung - innerlich
Allgemeines - Ohnmacht
Allgemeines - Puls - abnormal
Allgemeines - Puls - beschleunigt (=
jagend, unzählbar, schnell)
Allgemeines - Puls - beschleunigt klein, und
Allgemeines - Puls - hart
Allgemeines - Puls - klein
Allgemeines - Puls - langsam
Allgemeines - Puls - unregelmäßig
Allgemeines - Puls - voll
Allgemeines - Puls - weich
Allgemeines - Rucke - Muskeln, der
Allgemeines - Ruhelosigkeit
Allgemeines - Schlaf - im - agg.
Allgemeines – nach Schlaf - agg.
Allgemeines -unterdrückte
Schleimhautabsonderung
Allgemeines - Schmerzlosigkeit
gewöhnlich schmerzhafter
Beschwerden
Allgemeines - Schweiß - beim - agg.
Allgemeines - Schweiß - beim - keine
Linderung, verschafft
Allgemeines - Schweiß Beschwerden durch unterdrückten
Allgemeines - Schwindel; bei
Allgemeines - Sinneswahrnehmung;
Täuschungen in bezug auf die
(= Gefühlstäuschungen)
Allgemeines - Speisen und Getränke Getränke - Abneigung - begleitet von Durst
Allgemeines - Speisen und Getränke Wasser - Abneigung
Allgemeines - Verletzungen Verstauchungen
Allgemeines - Zittern - äußerlich Fieber; während
Allgemeines - Zucken
Allgemeines - Zusammenschnürung äußerlich
Allgemeines - Zusammenschnürung innerlich
Allgemeines - Zusammenschnürung innerlich - Krampf der Schließmuskel
von Körperöffnungen
3
25
3
4
3
4
3
75
3
77
3
3
3
3
58
334
122
445
3
81
3
3
3
3
3
3
3
3
3
3
3
181
266
270
265
225
169
132
170
136
115
47
3
27
3
3
87
91
3
88
3
3
96
87
3
29
3
52
3
105
3
43
3
3
233
169
3
154
3
55
Eine sich öffnende Blüte von Datura Stramonium, dem „Stechapfel“
Foto: Armin Seideneder.
Stramonium
Wer ermisst die Aggressionen
Die da in Stramonium wohnen?
Er redet ohne aufzuhören,
Merkt nicht, dass andre dies könnt' stören,
Wenn er Obszönes spricht zumal Ständig fasst er an 's Genital.
Starrt vor sich hin mit wildem Blick
Und findet nicht den Weg zurück
In normales Mass und Ziel Den Mitmenschen wird es zuviel!
Auf keinen Zuspruch er mehr hört,
Nein, er wütet und zerstört!
Blickt er auf Wasseroberflächen,
Gleich muss der Wutanfall ausbrechen,
Denn ausgelöst wird ja durch sie
Des Stechapfels Hydrophobie!
Gegenstände, welche glänzen,
Die Verschlimmerung ergänzen ...
Zu seiner Angst vor Einsamkeit
Kommt noch die Furcht vor Dunkelheit;
Es bleibt der Kranke nicht allein Licht muss und Gesellschaft sein!
Angela von Büdingen
Ein Stramonium-Fall
Rechtsseitige Lungenentzündung
Ein 10-jähriger Junge wurde mit folgenden Symptomen ins Spital eingeliefert.
Gemäss Angaben seiner Mutter litt er unter
Schüttelfrost; Rückenschmerzen mit Fieber.
Er war sehr gesprächig und schien zeitweise
in einem deliranten Zustand sein.
Diagnose
Entzündung des rechten Lungenlappens. Fieber: 39°; Puls 118, Atemfrequenz
32. Fieberdelirium meist nachmittags und
abends. Sehr durstig und gierig nach Flüssigkeit. Immer wieder Versuche, das Bett zu
verlassen. Angstvoller Gesichtsausdruck.
Am nächsten Tag leichte Verschlechterung.
Zu welcher Arznei führt uns wohl Bogers's
Synoptic-Key? Zur Repertorisation bieten
sich folgende Rubriken an:
1. a) Delirium: Allgem. S. 20 siehe Wahrnehmung verändert: S. 34
b) Gemüt: S. 37 Ängstliches Delirium
(Acon..; Apis.; Stram.)
2.
Geschwätzigkeit:
Gemüt: Geschwätzigkeit S. 39
3.
Ängstlicher Gesichtsausdruck: Gesicht
Gesichtsausdruck verändert: S. 55
Analyse
Versuchen wir die Mini-Rubrik
Ängstliches Delirium: Arzneimittel: Acon.;
Apis.; Stram.
Mit diesem Arzneimittelvorschlag
untersuchen wir nun mittels Synopsis des
Synoptic-Key die drei Arzneien auf Ähnlichkeiten bezüglich der Krankheitszeichen.
Dazu schreiben wir für jede einzelne Arznei
die passenden Symptome heraus:
Aconitum:
GEMÜT, Gehirn, Delirium, ängstlich,
Angst, ÄNGSTLICHER GESICHTSAUSDRUCK, BRENNENDER DURST,
Rücken und Kreuzbein wie zerschlagen.
Apis:
Durstlosigkeit: fällt deswegen weg!
Stramonium:
GEHIRN, Furchtsam, Möchte fliehen,
Wechselhaftes Delirium, Redet unaufhörlich, Trockener Hals, mit grossem Durst,
Ziehen im Rücken, Empfindliche Wirbelsäule.
Die Gesamtschau der Symptomatik spricht
mit den beiden Symptomen "Möchte fliehen; Redet unaufhörlich" für Stramonium!
Sicherheitshalber könnten noch die folgenden Rubriken untersucht werden:
1. a) Wahrnehmung verändert S. 34:
Acon.; Arg-n.; Ars.; Bar-c.; BELL.;
Calc.; Cann.; HYOS.; Kali-br.; Lacc.: Lach.; Merc.: Nux-m.; Op.;
Phos.; Ph-ac.; Plat.; STRAM.; Sulf.;
Verat.
2. Eliminierend mit Geschwätzigkeit
S. 39 bleiben: Hyos.; LACH.;
Stram.; Verat.
3. Eliminierend mit Gesichtsausdruck
verändert: S. 55 bleiben: Hyos.;
STRAM.; Verat.
Ein Vergleich mit der Synopse ergibt wiederum Stramonium. In der Tat, abends um
20 Uhr wurden im Abstand von zwei Stunden zwei Gaben Stramonium M verabreicht.
Bereits vor Mitternacht veränderte sich der
Zustand des Patienten, er begann stark zu
schwitzen und fiel um 1 Uhr morgens in tiefen Schlaf. Zustand am Morgen: Temperatur normal, Geistes- und Lungensymptome
sind verschwunden! Rückfallslose Genesung.
Intoxikationen mit Stramonium
Eine Sammlung von Vergiftungsfällen mit Datura stramonium finden sich im
„Materia medica Projekt“ von Armin Seidender. Auszug mit freundlicher Genehmigung: www.seideneder.de
Protokolle von Vergiftungsfällen
Ein 3-jähriger Knabe (andere Kinder
erzählten, er habe morgens einen kleinen
stacheligen Apfel gegessen) war plötzlich
von eigentümlichen krampfhaften Zuckungen und Delirien befallen worden; der sehr
kräftige und für sein Alter grosse Knabe lag
nachmittags mit hoch gerötetem Gesicht,
funkelnden Augen und fortwährenden unruhigen Bewegungen der Glieder und des
ganzen Körpers in seinem Bett, bald hörend
und anscheinend verstehend, wenn man ihn
ansprach, bald auf nichts achtend und wie
bewusstlos, offenbar mit allerlei Bildern und
Halluzinationen beschäftigt; der ganze
Körper war in fortwährender Bewegung, die
Muskeln spielten, sehr ähnlich wie man es
bei Veitstanz sieht; die schnell wechselnden
Gesichtszüge verzogen sich immer wieder
zum Lächeln und nahmen nur zwischendurch den Ausdruck des Erstaunens, des
freudigen Schreckens an; die Lippen bewegten sich wie beim eifrigen Sprechen,
spitzen sich öfter wie zum Pfeifen; der
Mund wurde öfter aufgerissen und schnappte; die Zunge fuhr schnell zwischen den
Lippen hervor und leckte hin und her; der
ganze Kopf wurde bald vorwärts, bald rückwärts geworfen, das Rückgrat und der ganze
Körper machten krampfhafte Windungen; es
schien, als würden immer wieder vergebliche Anstrengungen zum Aufrichten gemacht; Arme und Beine waren in beständiger Bewegung, nicht zuckend, aber unsicher
und zwecklos; die Hände fuhren am häufigsten nach dem Gesicht, scheuerten und
kratzen auf der Brust oder am Hals; dann
sanken die Arme plötzlich für einen Augen-
blick erschlafft herab, der Körper brach wie
ermüdet zusammen und gleich darauf begann das Muskelspiel von Neuem; das Gesicht war dabei dunkel gerötet, wie von Blut
strotzend, die Augen weit aufgerissen, wild
funkelnd, aber mehr unbeweglich und starr;
die Pupillen sehr erweitert und gegen Licht
kaum reagierend; das Gehör schien sehr abgestumpft, aber zwischendurch doch auch
wieder einmal ganz fein, Mund und Zunge
waren trocken und (wie die Lippen) hochrot, die Sprachwerkzeuge waren teilweise
gelähmt, der Knabe versuchte zwar fortwährend und sehr hastig zu sprechen, aber
es kamen selten Worte hervor, sondern es
war bloss ein Bellen und Stammeln, ein Gemurmel; dagegen gelang es ihm öfter ein
paar Töne zu singen oder auch einige Male
zu pfeifen und dazwischen lachte er dann
wieder öfter laut auf; die Stimme klang heiser und kreischend.
Dass auch im Halse krampfhafte
Muskelzusammenziehungen und eine Art
Lähmung stattfanden, war daraus zu erkennen, dass das Schlucken sehr erschwert und
es kaum möglich war, dem Kranken etwas
Getränk oder auch nur einen Löffel Arznei
beizubringen, obgleich er anscheinend vor
Durst lechtzte, das Gefühl der Zuschnürung
im Schlunde war wohl auch die Ursache,
warum er mit den Händen so oft und vorzugsweise nach dem Munde und dem Halse
fuhr. Der Knabe bemerkte in der Regel
nichts um sich her, er erkannte die Eltern
und Geschwister nicht, hörte nicht auf ihre
Ansprache, fühlte es nicht, wenn man ihn
anfasste, usw. und war doch in einer furchtbaren Aufregung, einer fortwährenden unbewussten geistigen Tätigkeit; Gesichtsausdruck und Gestikulationen verrieten, dass
die lebhaftesten Phantasietäuschungen ihn
umgaukelten, dass namentlich freundliche
und zwischendurch schreckhafte Vorstellungen auf ihn einstürmten; öfterer unbewusster, aber mehr tropfenweise oder wenigstens nicht in einem Strahle erfolgender
Harnabgang. Sehr charakteristische Fiebererscheinungen; der Widerspruch zwischen
der glühenden Hitze und Röte des Kopfs
und Gesichts und der Kühle und Blässe des
übrigen Körpers, zwischen der Temperatur
von nur 35,7° in der Achselgrube und dem
kleinen und schwachen Puls von 162 bei
nur wenig beschleunigtem und mehr erschwertem, zuweilen etwas krampfhaftem
Atmen; Hände und Füsse fühlten sich entschieden kalt an und hatten öfter einen bläulichen Schein. Die ganze Haut war trocken.
Die Temperatur im Munde zu messen, war
leider bei der fortwährenden krampfhaften
Bewegung desselben unmöglich.
Ein etwa 5½-jähriger Knabe von
gesundem Körperbau und lebhaftem Temperament hatte nachmittags gegen 17 Uhr
eine nicht unbeträchtliche Quantität Stechapfelsamen zu sich genommen. Gegen 19
Uhr schien den nicht informierten Eltern der
Knabe berauscht zu sein; er sprach viel mit
schwerer Sprache, war heiter, die Augen
glänzten. Nach 2 Stunden Konvulsionen, anfangs vorzüglich im Gesicht, nachher auch
an anderen Teilen des Körpers, bald stärker,
bald schwächer; kurz darauf wurde er ganz
wahnsinnig, erkannte weder seine Eltern,
noch seine Geschwister und merkte nicht
(reagierte nicht) auf die ihm vorgelegten
Fragen; Unruhe immer heftiger, Pupillen erweitert; Gesicht aufgetrieben, rot; die Arterien schlugen schnell und stark; eine periodische Wut brach aus; mit Heftigkeit ging er
auf die Menschen in der Stube los und versuchte, sie zu beissen; Stimme hoch, kreischend, misstönend, meistens nicht mehr
verständlich; Unterleib gespannt und hart.
Eine 22-jährige Näherin von kräftigem und gesundem Körperbau hatte bei einem Abendspaziergang ziemlich viele Samen des Stechapfels genossen. Nachdem sie
am folgenden Tag um 11 Uhr mit gutem
Appetit zu Mittag gegessen, klagte sie eine
halbe Stunde nachher, dass sie den ganzen
Tag Kopfweh und Schwindel gehabt habe,
seit dem Essen alle Gegenstände doppelt sehe und Neigung zum Erbrechen habe. Bald
nachher erbrach sie sich auch wirklich
zweimal schnell hintereinander, fing an, irre
zu reden und ungewöhnlich rasche Bewegungen mit den Augen und Händen zu machen. Diese Zufälle nahmen schnell zu, man
hielt sie für wahnsinnig. Nachmittags lag sie
im Bett, atmete langsam und tief, ihr Gesicht war sehr gerötet, die Züge desselben
verändert, der Blick stier, die Augenlider
weit geöffnet, die Augen selbst etwas hervorgetrieben, die Pupillen im höchsten
Grad erweitert, ganz unbeweglich und für
das Licht völlig unempfindlich; die Bindehaut war mit vielen Blutgefässen, welche
wie mit einer schmutzig gefärbten Flüssigkeit injiziert aussahen, durchzogen, was der
Kranken ein sehr widriges Aussehen gab.
Sie erkannte niemand, äusserte sich
selbst auf das heftigste Zurufen nicht im
geringsten, drehte den Kopf beständig von
einer zur anderen Seite; derselbe war heiss,
auf der Stirn stand Schweiss; die Haut des
ganzen übrigen Körpers war gerötet, trokken und heiss; der Puls ziemlich häufig und
gespannt; an einzelnen Gesichtsmuskeln,
Fingern und Zehen fortwährend Zuckungen,
ja der ganze Körper wurde öfters wie durch
einen elektrischen Schlag erschüttert; das
Beibringen von Brechmitteln gelang nur mit
Mühe, da der Unterkiefer krampfhaft an den
Oberkiefer gezogen war, die Kranke beständig den Kopf bewegte, beim Versuch, den
Mund mit Gewalt zu öffnen, mit Händen
und Füssen tobte und das Beigebrachte nur
mit grosser Anstrengung hinunterschluckte.
Abends 20 Uhr Gesichtsröte und
konvulsivische Bewegungen etwas weniger,
alles Übrige gleich; keine Öffnung; Puls gespannt, intermittiert manchmal, 90 Schläge;
höchst unruhige Nacht, die Kranke warf
sich beständig im Bett hin und her. Am Tag
darauf erfolgte eine ziemlich feste Stuhlausleerung; Befinden wie gestern, sie verdrehte
die Augen und hatte beständiges Sehnenhüpfen; Atem beschleunigt und starkes Spannen im Unterkiefer; später vier dünnflüssige
Stühle; Röte des Gesichts verminderte sich,
Puls weniger gespannt und ruhiger; die
Kranke greift öfters ächzend an die vordere
Seite des Halses; am nächsten Morgen verlor sie zwei Unzen schwarzen Blutes durch
die Nase und bald darauf trat allgemeiner,
warmer Schweiss unter grossser Erleichterung ein; die Gesichtsfarbe ward natürlicher;
die Kranke zeigte Bewusstsein, hatte einen
Lichtschein, doch erkannte sie noch niemand; sie lallt einzelne vernehmliche Worte,
will etwas erzählen, kann aber keinen Satz
zusammenbringen, indem sie, scheinbar das
rechte Wort nicht findet und auf einmal
stockt, worüber sie sich unwillig gebärdet;
die Spannung im Unterkiefer ist geringer,
das Schlucken noch sehr erschwert, Pupillen noch stark erweitert, doch etwas beweglicher; ein vor die Augen gehaltenes Licht
ist ihr lästig; Puls 80, voll und weich; der
gelassene Urin ist ziemlich dick und trübe.
Ein 2½-jähriges Mädchen ass eine
unbekannte Menge Stramoniumkörner; danach zunächst ausserordentliche Heiterkeit,
durch extravagante Handlungen und Worte
ausgedrückt; abwechselnd lachend, schreiend und singend, was mit der grössten
Schnelligkeit abwechselte; mitunter sprang
sie mit vieler Heftigkeit auf und schrie, sie
würde fallen; dann drängte sie sich ebenso
schreckhaft an ihre Mutter, als wenn sie in
einen Abgrund stürzen würde; bald wurde
sie ruhig, dann pfiff sie und wies darauf mit
dem Finger auf Mouches volantes, die sie
mit dem Auge und der Hand verfolgte und
zu erhaschen suchte.
Gesicht so intensiv scharlachrot, wie
ich es beim Scharlach noch niemals gesehen; Haut heiss, Puls sehr rasch, Zunge und
Hals trocken und rot, Zunge glänzend vor
Trockenheit; Gesicht, Hals und Brust mit einer grossen Zahl kleiner, glänzender, sternförmiger Petechien bedeckt; unbequemes
Jucken der ganzen Haut; die Zerebralsymptome minderten sich allmählich bis Mitternacht, wo das Mädchen einschlief; drei Tage darauf ist sie ganz wohl, doch die Petechien waren erst nach elf Tagen völlig verschwunden.
Ein 4-jähriger Knabe hatte ungefähr 10 - 12 Gran Stramoniumextrakt verschluckt. Sofort stellte sich Rausch ein, Lachen, Verzerren des Gesichts, starrer Blick,
bald darauf konvulsivische Seitenbewegungen des Kopfes, die in allgemeine Zuckungen
übergingen, mit Schluckkrampf und Zähneknirschen. Der Körper wird wie von elektrischen Schlägen durchzuckt. Gesicht gerötet,
Pupille erweitert bei starrem Blick, Konjunktiva und Augenlider geschwollen und
bläulich injiziert. Temperatur etwas erhöht,
Puls 120 - 130, Unempfindlichkeit der Sinne, jedoch Schmerzhaftigkeit beim Berühren. Die Pupille blieb drei Tage lang erweitert, auch war der Kranke lange Zeit reizbar
und empfindlich gegen Gemütseindrücke.
Ein 5-jähriges Mädchen, kräftigen
Körperbaues, hatte gestern Nachmittag Körner von einem unreifen Stramoniumapfel
gegessen; abends gegen 18 Uhr hatte sie
über Bauchschmerzen geklagt, welche sich
nach dem Genuss von etwas Branntwein
gelegt hatten; im Bett war sie eingeschlafen,
hatte sich aber herumgewälzt und war, trotzdem dabei aus demselben gefallen, nicht
aus dem Schlaf zu erwecken gewesen; im
Schlaf habe sie das Gesicht verzogen, ohne
dass dasselbe seine Farbe verändert habe;
um 2:30 Uhr am anderen Morgen sei sie erwacht, sehr aufgeregt gewesen, habe viel
gesprochen, geweint, gesungen, gebetet, als
ob sie lese; dann habe sie gespielt und mit
den von ihr für anwesend gehaltenen Geschwistern gezankt; sie erkannte ihre Umgebung nur in lichten Augenblicken (die aber
sehr selten und unvollkommen waren); sie
glaubte, es liege jemand neben ihr, suchte
und haschte mit den Händen herum, wand
die Bettdecke zusammen, kaute darauf, entblösste sich, verdrehte beständig den Kopf
und die Augen, zeigte eine ausserordentliche Bilderjagd und hatte jeden Augenblick
etwas anderes vor; man sah und hörte, wie
sich die Vorstellungen in ihrer Phantasie
rasch folgten und veränderten; sie sprach
von Hunden, Katzen, Nattern und hatte mit
diesen zu tun; daher furchterregende Vor-
stellungen; sie war seit 2:30 Uhr schlaflos;
hatte mit den Gliedern gezuckt und die Daumen eingeschlagen; das Kind richtete sich
oft in die Höhe, hob das Kreuz auf, gestikulierte mit den Händen, als ob sie stets ihren
Vorstellungen entsprechend etwas damit
verrichten wollte, schlug und biss seine Umgebung, küsste meine Hand und zitterte
beim Aufstehen.
Pupillen weit, unbeweglich, Gesicht
rot und aufgedunsen, Stirn rot, Lippen trokken und spröde, Zunge gelblich belegt, empfindlich beim Darauffassen, feucht, Puls
nicht zu fühlen, das Herz schlägt rasch und
schnell, Haut an den Extremitäten leicht gerötet, nach Fingerdruck schnell wiederkehrend; kein Durst, trinkt nur unter gewaltsamer Aufnötigung; Trinken von schwarzem
Kaffee, verdünntem Essig ohne besonderen
Erfolg; unter Anwendung von Belladonna
C30 in Wasser, zweistündlich, trat gegen 24
Uhr Schlaf ein, der bis morgens währte und
aus dem sie mit vollem Verstand erwachte.
Eine ganze fünfköpfige Familie
(alle hatten von Stechapfel gegessen) wirkte
ausserordentlich lächerlich; die Kinder
lachten, schrien, sangen, tanzten und spielten alle nur vorstellbaren Possen; sie hatten
keine korrekte Einschätzung über die Entfernung oder die Grösse von Gegenständen,
streckten die Hände nach Objekten auf der
gegenüberliegenden Seite des Raumes aus
und stiessen mit Personen und Dingen zusammen, die sie als entfernt wahrzunehmen
schienen; die Nagelköpfe im Boden waren
Geldmünzen, die sie eifrig aufzusammeln
suchten; ein Junge wähnte sich wohl unbekleidet, griff sich den Hut eines Studenten,
fuhr mit dem Fuss hinein, mit beiden Händen an der Krempe ziehend und begann zu
klagen, dass er „seine Hosen nicht anziehen
könne“; die Eltern ermahnten zwar ihre
Kinder öfters, sich zusammenzunehmen,
doch ihr eigenes Handeln war ebenso exzentrisch und so boten sie eine lächerliche Vorstellung von Familienführung.
Zusammenfassung
Stramonium ist eine Arznei bei Entsetzen. (Aconit, Spongia). „Das Schreckenerregende ist bei Stram. allerdings vorherrschend. Schreckenvolle Phantasiebilder;
er glaubt Gespenster zu sehen. Schreckende
Vorstellungen bemächtigten sich seiner
Seele, und in den Gesichtszügen drückt sich
Schreck und Furcht aus. Grosse Angst vor
Dunkelheit und Alleinsein. Fürchtet den
Tod und weint die ganze Zeit. Der erste Anblick von Gegenständen oder Personen erregt Furcht, und der Patient starrt sie solange voller Entsetzen an, bis er bemerkt, dass
es keinen Grund gibt, sich zu fürchten.
„Das Kind wacht voller Schrecken, erkennt
niemanden mehr, schreit unter grosser Furcht, klammert sich an die Umstehenden.“
Schreckenerregende Halluzinationen. Ein
Mann wurde auf einen sehr heftigen
Schreck hin geisteskrank; er spricht unzusammenhängend, schlägt um sich, rast,
spuckt dem Wärter ins Gesicht zerreisst seine Kleider, singt, gibt sich für Gott aus und
darauf für den Teufel; will nicht antworten
und vermeidet den Blick anderer; Pupillen
kontrahiert; Augen eingefallen; kann nicht
schlafen noch essen; 1 Tropfen Stramonium
C3; nach einer Verschlimmerung von mehreren Stunden Schlaf und danach völlige
Heilung. Akute Manie; Patient ist zeitweise
tobsüchtig, zerreisst seine Kleider, hat Halluzinationen, starken Tätigkeitsdrang, droht
oft mit dem Messer. Ein 36-jähriger Mann
war seit mehreren Monaten wahnsinnig,
angekündigt durch Irren im Geldzählen
Aderaufschlitzen um „sich Luft zu machen“,
Misstrauen, Furcht vor Dieben, Hexen, etc.;
er glaubt in der Gruft zu liegen, beichte,
betet, verlangt erschlagen zu werden, will
andere erschlagen, lacht immer, als wenn er
gekitzelt würde; will von allen geküsst sein,
singt, schlägt rasend um sich, springt auf,
lässt sich von den Wächtern nicht halten,
muss gebunden werden; er hält die Wächter
für Hunde und bellt, um sich ihnen verständlich zu machen; er spricht plötzlich jüdisch, was er früher nie hören liess, und
glaubt, das Haus sei von Wagen voll Juden
und Gänsen umstellt, die ihm den Hintern
zeigten, schreit wütend, sie möchten sich
umkehren; er ist sehr bleich, isst nichts,
sieht starr, stetes Spiel der Gesichtsmuskeln; er zeigt den Daumen durch die Finger,
spuckt den Arzt an, Tag und Nacht schlaflos, eine einzige Gabe Stramonium C9 heilte in einigen Tagen. Fehlender Schmerz:
Diese betäubende Pflanze zeigt in ihrer
Erstwirkung, ausser sehr unangenehmen
Gefühlen, die Versuchs-Person doch nicht
mit dem Namen „Schmerz“ belegen kann,
durchaus keine eigentliche Schmerzen.
Wirklich als Schmerz deutlich gefühlte Empfindungen entstehen bloss in der Nachwirkung durch die nachgängige Reaktion des
Organismus, der nicht nur zum Gegensatze
der gefühlstötenden Einwirkung des Stechapfels die natürliche, sondern, wie nach
grossen Gaben Stechapfels, selbst krankhaft
erhöhete Empfindung (Schmerz) hervorbringt. Fehlen des Schmerzes ist charakteristisch für Stramonium, ausgenommen
bei Abszessen, besonders wenn das linke
Hüftgelenk affiziert ist, in welchem Falle er
so intensiv sein kann, dass der Kranke in
Konvulsionen verfällt oder die heftigen
Schmerzen ihn zur Verzweiflung treiben.
Taubheit, unempfänglich, unempfindlich,
gefühllos, schmerzlos, fehlend oder betäubender Schmerz. Höchste Unempfindlichkeit aller Sinne. Gefühllosigkeit. Bei
starren Augen und ganz eiterten, unbeweglichen Pupillen sah er nichts, erkannte Niemand von den Seinigen, fuhr mit den Händen immer herum, als wenn er etwas greifen
wollte und stampfte mit den Füssen. Unterdrückte Ausscheidungen: (Verat.), weder
Urin noch Stuhl geht ab (Led.), Stuhl zurückgehalten (Cocc., Sil.). Zum Harnen war
er sehr oft genötigt, aber der Harn zögerte
jedes Mal eine Minute, ehe er kam und obgleich er nur tropfte, ging er doch den Vormittag in grosser Menge ab (nach 4 und 5
Stunden). Hautausschläge unterdrückt
(Ail., Ars., Bry., Cupr., Sulph., Zinc.) Unterdrückte Hautausschläge oder wenn ein Ausschlag nicht herauskommt. Stramonium ist
anzuwenden bei Beginn des Scharlachs,
wenn der Ausschlag ausbleibt und das Gehirn leidet, doch besteht weniger Fieber und
Halssymptome, als es bei Belladonna der
Fall ist. Es kann Harnverhaltung dabei sein,
was für Stramonium charakteristisch ist,
wenn der Kranke frei von Schmerz oder anderem Unbehagen ist. Hautausschläge verzögert (Ant-t., Ars., Bry.) Scharlach, ähnlich Belladonna, doch ist der Ausschlag weniger hell, zeigt eine Neigung zurückzugehen oder zu verblassen, Harn von geringerer
Menge oder unterdrückte Absonderung;
parenchymatöse Nephritis, Delirium, Halluzinationen, Konvulsionen; grosse Tockenheit des Halses, zu häufigem Trinken nötigend; Geschwulst oder Lähmung der Zunge,
die aus dem Mund hängt. Masern; in einer
Epidemie fand ich, dass Stramonium bei
starkem erethischem Fieberzustand dem
Aconitum vorzuziehen war, weil ich bei
einigen Kindern beim Eintritt des Fiebers
noch vor dem Ausbruch der Masern, bei
hochrotem, aufgedunsenem Gesicht, grosse
Körperhitze mit starkem Schweiss, die Art
ängstlichen Deliriums antraf, welche Stramonium eigentümlich ist: die Kinder sahen
schreckhafte Gestalten, Ratten, Mäuse, vor
denen sie sich entsetzten und zu verbergen
suchten, und auch war bei einigen eine
krampfhafte Affektion des Schlundes vorhanden, welche das Schlucken beschwerlich
machte; Stramonium C12 mässigte das Fieber, machte das Delirium nach eingetretener
Ruhe und Schlaf verschwinden, und erleichterte den Ausbruch der Masern, deren Verlauf regelmässig blieb und wobei der länger
anhaltende Husten bisweilen einer Nachhilfe bedurfte. Eiter unterdrückt (Bry., Dulc.,
Lach., Puls., Sil., Sulph.) Panaritium mit
unerträglichen, zur Verzweiflung treibenden
Schmerzen; erleichtert den Schmerz bei der
Eiterung. Unterdrückungen (Mez., Thuj.,
Verat.) Delirium potatorum eines jungen
Mannes von 28 Jahren, wie die meisten
Buckligen klein, untersetzt und breitschultrig; seine Umgebung hatte schon seit mehreren Tagen ein unruhiges, unstetes Wesen
an ihm wahrgenommen; ja er sprach und
sah oft Dinge, die der Wirklichkeit nicht
entsprachen; sein Appetit war fast auf den
Nullpunkt gesunken, desto mehr aber hatte
er jener Tage, wo wir eine tropische Hitze
hatten, an Bier und Branntwein zu sich
genommen; in den Nächten war er unruhig,
fast schlaflos; die letzte Nacht hatte er ohne
Schlaf zugebracht, war von innerer Unruhe
gepeinigt mehrmals aufgestanden, hatte allerlei Personen und Gestalten gesehen und
mit ihnen gesprochen; nach einem Gottesdienst in dicker, heisser Luft gab er an, vom
Prediger gehört zu haben, er sei zum Tode
verurteilt und zwar mittels eines Blitzschlages, und er sah fortwährend in die Luft, ob
der für ihn bestimmte Blitz noch nicht herniederführe; er beantwortete meine Fragen
meist verständig, sprang jedoch bald hiervon auf seine subjektiven Phantasien und
Phantasmata über; bei der Untersuchung
fand ich die Blasengegend bei ihm aufgetrieben, und es ward mir berichtet, dass das
Urinieren in den letzten Tagen sehr verringert, ja seit gestern fast gänzlich unterdrückt sei; besonders fiel mir an ihm eine
bläuliche Färbung wie von dekoloriertem
ekchymotischem Blut an dem hinteren Drittel des Penis wie auch des Hodensackes auf;
keine Orchitis, keine Gonorrhoe; jene Färbung will Patient nach einem vor kurzer
Zeit gepflogenen Koitus, bei dem er sich
über Gebühr angestrengt, bewirkt haben;
der Stuhl war verstopft, die Zunge wässrig
weiss belegt; an der Leber liess sich nichts
abnormes nachweisen, die Konjunktiva war
schmutziggelblich; beim Lesen waren ihm
die Buchstaben verschwommen, indem sie
vor den Augen herumtanzten; er sprach in
einem fort vor sich hin, betete mehrere Male
hintereinander das Vaterunser, immer noch
ängstlich den Blitzstrahl erwartend; Beben
und Zittern der Glieder. Gesteigerte Beweglichkeit. (Camph., Croc.) Die merkwürdige Beweglichkeit, Hast und Eilfertigkeit
im Benehmen des Stramonium-Kranken ist
bemerkenswert, das psychische Leiden gibt
sich durch eine ungemeine Agilität zu erkennen. Ebenso erzeugt dieses Kraut in seiner Erstwirkung Leichtbeweglichkeit der
dem Willen unterworfenen Muskeln und Unterdrückung aller Absonderungen und Ausleerungen, wovon in der Nachwirkung das
Gegenteil entsteht, nämlich Lähmung der
Muskeln und übermässige Ab- und Aussonderungen. Heilwirkend hingegen beruhigt er
in angemessener Gabe einige krampfhafte
Muskelbewegungen und stellt gehemmte
Ausleerungen wieder her in mehreren Fällen, wo Schmerzlosigkeit vorwaltet. Bewegungen der Hände, als fürchte sich das nach
hinten gebogene Kind in jedem Augenblick
tief hinabzufallen. Bewegungen, lebhaft
(Coff.) Merkwürdige, unwillkürliche Bewegungen, grosse Agilität. Bewegungen
automatisch (Bell., Lyc.) Bewusstlosigkeit;
Schnarchen; Herabhängen des Unterkiefers; Zuckungen der Hände und Füsse; Rollen der Augen; erweiterte, unbewegliche
Pupillen; automatische Bewegungen; Umhergreifen mit den Händen; kühle Haut;
Puls leicht beschleunigt, mit aussetzen einzelner Schläge; grösste Schwierigkeiten
beim Schlucken von Flüssigem. Geistesverrückung der Trunkebolde; ein Kranker, welchen eine stete Unruhe hin und her trieb,
sah aus allen Winkeln des Zimmers Menschen hervorkommen, welche er bekomplimentierte und anredete; hierauf machte er
sonderbare Bewegungen mit Händen und
Füssen und auf mein Befragen, was er da
treibe, antwortete er: „er wickle Seide auf“,
deren Farbe er immer blau angab: Stramonium C9 hob das Übel schnell. Bewegungen,
Rückwärtstreten (einziges Mittel im Repertorium). Bewegungen, unkontrolliert,
graziös oder rhytmisch (Elaps coralinus,
Agaricus muscarius) Die krampfhaften Bewegungen von Stramonium charakterisieren
sich eher durch Grazie als durch Eckigkeit;
sie sind mehr kreisförmig als ruckend. Dieser Zustand wird besonders bei kleinen Kindern bemerkt, wenn ein Exanthem nicht
herauskommt. Stramonium wirkt besser auf
Kinder und junge Leute als Belladonna.
Nehmen wir zum Beispiel einen Fall von
Masern. Der Ausschlag kommt nicht richtig
heraus, das Kind ist heiss, sein Gesicht hellrot; es wirft sich umher, schreit erschreckt
auf, sobald es einschläft; erkennt niemanden; seine Bewegungen sind zwar konvulsivisch, aber nicht ruckend und eckig. Das ist
ein Fall für Stramonium. Bewegungen hastig, kreisend, graziös. Bei Chorea können
krampfartige Zuckungen der Wirbelsäule
und des ganzen Körpers auftreten, die groteske Bewegungen und Gesten hervorrufen.
Eine besondere Eigentümlichkeit von Stramonium besteht darin, dass die unteren Extremitäten andauernd drehende oder kreisende Bewegungen ausführen, die zuweilen
recht graziös erscheinen können. Konvulsionen des Kopfes und der Arme, mit Schluckauf. Wahnsinn: Ein 40-jähriger Mann, hager, erwachte vor drei Wochen mit Zeichen
von Wahnsinn; lautes Lachen; macht wahre
Seiltänzersprünge, es schien, als schwebte
er nur auf den Fussspitzen; ist verdriesslich
wie einer, der nicht ausgeschlafen hat. (geheilt mit Stramonium). Nervöses Zittern.
Zittern der Arme beim Essen. Zittern
mit der gesunden Hand beim Essen. Zittern
des einen und mehrerer Glieder. Zittern der
Hände, wenn er zugreift. Die Zunge ist gelähmt, oder wenn er sie herausstrecken will,
so zittert sie, wie beim Nervenfieber. Zittern
der Lippen, Hände und Füsse. Anhaltendes
Zittern der Füsse. Zitternder, schwacher,
ungleicher, zuweilen aussetzender Puls. Zittern im Delirium: Delirium tremens; sprach viel vor sich hin; wollte das Bett verlassen; Durst sehr erheblich; profuser, fötider,
warmer Schweiss; an der Haut der unteren
Extremitäten, welche stark schwitzen, ein
roter, körnchenartiger, juckend brennender
Ausschlag (Lichen); stark zitternde Glieder;
Puls klein; gestörtes Sensorium; er irrt sich
in der Zeit, spricht von allerlei Geschichten,
die in seinem Büro vorgefallen sein sollen,
und hält fest daran, wenn seine Frau ihm
dieselben ausreden will; es erschienen ihm
auch Personen – aber nichts Fratzenhaftes.
Zucken von Gesichtsmuskeln, oder von
einzelnen oder isolierten Gruppen von Muskeln, vor allem der oberen Körperhälfte.
Zittern der Lippen. Konvulsionen wie etwa
bei Epilepsie, doch ohne Bewusstseinsverlust. Die eine Körperseite verkrampft, die
andere gelähmt. Hinzuzufügen ist: Furchen
in der Stirn. Das Gesicht ist zusammengezogen mit Runzeln in der Stirn. Krämpfe von
Larynx; Speiseröhre. Schluckakt erschwert.
Konvulsionen, bei Bewusstein (Cina, Ign.)
Rückenmarkserschütterung: Ein 10-jähriger
skrofulöser Knabe fiel von einer Schaukel
und wurde bewusstlos aufgehoben; auf kalte
Umschläge kehrte nach einer Stunde das
Bewusstsein zurück; Kopfschmerz und Erbrechen beim Aufrichten; Arnika; am nächsten Tag subjektives Wohlbefinden; am 4.
Tag plötzlich allgemeine klonische Krämpfe, welche mehrmals wiederkehrten und 5
bis 10 Minuten dauerten, danach Müdigkeit
und Schläfrigkeit, ohne schlafen zu können,
nirgends Schmerzen, noch eine schmerzhafte Stelle; Bewusstsein klar; Rückenmarkserschütterung; Stramonium C2, stündlich 3
Tage liess die Anfälle schwächer und seltener auftreten und beseitigte sie noch denselben Tag dauernd. Konvulsioen bei Fieber: Ein Knabe von 12½ Jahren leidet seit
seinem dritten Jahr an einem eigentümlichen Fieber, in den ersten 6 Jahren mit Atembeschwerden, von dem behandelnden Arzt
Asthma genannt, mit bläulicher Färbung
des Gesichts einhergehend; jetzt tritt das
Fieber etwa alle 2 bis 3 Wochen ein, mit Intermissionen von ebenso langer Dauer; dasselbe tritt täglich und zwar nachmittags zwischen 15 und 16 Uhr ein, ohne Kälte, oft
nur erkennbar durch Messung der Temperatur, die dann zwischen 38 und 40° Celsius
schwankt, kein Schweiss; bei dem Fieber
ausserordentliche Beweglichkeit; er schreibt unausgesetzt, wobei er aber nicht im
Stande ist, Buchstaben zu machen; „er kritzelt darauf los“, verzerrt dabei das Gesicht,
auch zum Lachen, spricht ausserordentlich
viel; kein Durst; Dauer des Fiebers verschieden; nachts viele Träume, aber nicht ängstlich; Pupille durchaus normal; ebenso die
Funktionen; nur das Gehör ist etwas geschwächt, besonders bei dem Anfall; litt an
allerlei Visionen; durch Stramonium C6,
morgens und abends jedes Mal 1 Tropfen
nach 8 Tagen geheilt.
Quelle: „Materia
medica Projekt“ – www.seideneder.de