Gesammelte Werke

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Gesammelte Werke
Gesammelte Werke
von Franz Erni
Vieles wär’ mir verborgen geblieben.
Hätt’ ich es nicht aufgeschrieben.
Franz Erni
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Seite 2
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Vorwort
Zum Jahreswechsel 1996 hatte ich spontan begonnen, Gedichte und
kreative Geschichten zu schreiben. Diese erste Schreibphase dauerte
etwa zwei Jahre und endete genau so spontan, wie sie begonnen hatte.
Danach gab es immer wieder kürzere Episoden in denen ich Texte geschrieben habe.
Im Lauf der Zeit entstand die Idee, die Texte in einem Buch zu veröffentlichen. Dieses Vorhaben schlummerte jedoch jahrelang in mir, ohne
dass ich mir konkrete Gedanken darüber gemacht hätte, dieses auch in
die Tat umzusetzen. Doch nach dem Tod meines Vaters schwirrten mir
folgende Gedanken durch den Kopf:
Ich möchte nicht sterben,
ohne meine Texte zu vererben.
Sozusagen zu meinem 50-zigsten habe ich begonnen meine Texte zu
sammeln und zu ordnen. Dabei sind wieder neue, eher kürzere Texte entstanden, die ich zusammen mit den Texten aus dem letzten Jahrtausend
zu einem Büchlein zusammengefasst habe.
Seengen, Juli 2015
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Franz Erni
Seite 3
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Kurztexte
Als ich klein war,
wollten die Eltern,
dass ich artig war.
Jetzt wird mir bewusst,
ich habe nur die halbe Wahrheit verstanden,
sie meinten wohl einzig-artig.
(November 2011)
Jahrelang habe ich gedacht,
Zufriedenheit gedeiht aus dem Erfüllen der Wünsche.
Nun wird mir bewusst,
meine Zufriedenheit wächst,
mit dem, was ich an mir schätze.
(Februar 2010)
Träume in Erinnerungen zu verwandeln,
ist wie aus Holz ein Feuer zu entfachten,
an dem du dich ewig erwärmen kannst.
(Januar 2012)
Wenn Sorgen, wie Geier über dir kreisen,
dann erwecke in ihnen nicht die Hoffnung,
dass sie sich an dir satt fressen zu können,
sondern löse in ihnen die Sorge aus,
dass sie an dir erbärmlich verhungern werden.
(Januar 2009)
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Seite 4
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Gedicht – Engel ohne Flügel
Engel ohne Flügel, sind Menschen,
die dich mit einem Lächeln anstrahlen
und dir damit die Sonne an den Horizont malen.
Engel ohne Flügel, sind Menschen,
die dir erzählen, was sie an dir schätzen,
weil es ihnen spontan in den Sinn kommt.
Engel ohne Flügel, sind Menschen,
die deine Gefühle ohne Worte spüren
weil sie mit dir besonders verbunden sind.
Engel ohne Flügel, sind Menschen,
die dir nah sind,
auch wenn sie nicht da sind.
Engel ohne Flügel, sind Menschen,
deren Flügel du nicht siehst,
aber im Herzen spürst.
(September 2011)
Was ich dir erzählen wollte,
erzähl ich dir nicht,
denn es gibt eine Wahrheit,
die will nicht erzählt,
sondern erfahren werden.
(Mai 2015)
Es gibt etwas in mir,
das sich danach sehnt,
verwirklicht zu werden.
(Mai 2015)
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Seite 5
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Geschichte des Lernens
Eines Tages als das Göttliche durch den Himmel spazierte, entdeckte es
einen Engel, der nachdenklich auf die Erde schaute. Das Göttliche fragte
den Engel: "Was siehst Du denn da?" Der Engel antwortete: "Ich hab'
beobachtet, dass die Menschen spezielle Häuser bauen, sie nennen diese
Häuser Schulen. Da schicken sie ihre Kinder hin, damit diese etwas
lernen."
Darauf antwortete das Göttliche: "Damit die Menschen etwas lernen,
habe ich ihnen doch die Fehler und das Spielen geschenkt." "Das ist ja
gerade das Problem" entgegnete der Engel "Wer in der Schule Fehler
macht, der wird mit schlechten Noten bestraft. Und das Spielen wird
den Kindern dort nur in den Pausen erlaubt."
Mit etwas nachdenklicher Stimme sagte das Göttliche: "Mein Engel, bist
Du Dir da sicher". Der Engel antwortete: "Ja, ich bin mir sicher. Aber es
kommt noch schlimmer. Es gibt Kinder, die fürchten sich sogar vor der
Schule." Ganz erstaunt schaute das Göttliche den Engel an und sagte:
"Ich kann kaum glauben, was Du da sagst - Angst war doch noch nie ein
guter Lehrer."
Mit etwas Traurigkeit in der Stimme antwortete der Engel: "Die Kinder
fürchten sich vor allem vor den schlechten Noten." Das Göttliche griff
sich an den Kopf und sagte leicht entrüstet: "Typisch Mensch - seit er
die Zahlen und das Geld erfunden hat, scheint er den Sinn für das
Wesentliche verloren zu haben."
Das Göttliche wurde immer nachdenklicher und er wanderte hin und her,
runzelte die Stirn – und plötzlich sagte er: "Ich hab's" – es murmelte
noch etwas vor sich hin und zeichnete dann die Form eines Herzen in den
Sand und drückte seinen Zeigefinger mitten in das symbolische Herz."
Ganz erstaunt fragte der Engel: "Was machst Du denn da?" Das
Göttliche antwortete: "Komm schau selber! Ich sende die Neugierde in
die Herzen der Kinder."
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Seite 6
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Geschichte des Lernens
Und wirklich der Engel konnte beobachten, wie die Kinder, die vorhin
noch ganz aufmerksam dem Lehrer zugehört hatten, plötzlich den Lehrer
geradezu mit Fragen bombardierten. Zuerst war der Lehrer noch begeistert vom neuen Interesse der Kinder. Doch schon nach kurzer Zeit
konnte er die vielen Fragen der Kinder nicht mehr beantworten.
So schickte er die Kinder zum Spielen in die Pause. Und die Kinder begannen auf dem Pausenplatz ganz neue Spiele zu kreieren und immer
wieder hörte der Lehrer die Kinder sagen: "Das ist doch, wie ... - Lass uns
das mal so probieren..."
Nur der kleine Fritz liess sich von diesem Treiben scheinbar nicht anstecken. Er hatte sich unter einen Kirschbaum gelegt und schien darunter
zu schlafen. Seine Augen waren zwar geschlossen, doch sein Mund stand
weit offen.
Der Lehrer gesellte sich zu Fritz und fragte ihn: "Willst Du denn nicht
lernen, so wie die anderen Kinder?" "Doch, doch" antwortete Fritz:
"Zuerst habe ich intensiv die Sonne beobachtet, wie sie die Kirschen
reifen lässt und nach meinen Berechnungen sollte mir demnächst eine
Kirsche in meinen Mund fallen."
Als das Göttliche die Worte von Fritz hörte, begann es herzhaft zu
lachen. Und das Göttliche Gelächter schüttelte den Kirschbaum derart,
dass sich eine Kirsche löste und direkt in den Mund des Knaben fiel.
Der Lehrer staunte nicht schlecht, mit weit geöffnetem Mund stand er
da, als wollte er die nächste reife Kirsche erhaschen. Doch nach einiger
Zeit des Staunens stammelte er: "Das kann doch kein Zufall sein?"
Auch der Engel war ganz erstaunt über dem was vorgefallen war und ganz
neugierig fragte er: "Kannst Du mir dies erklären? Mit einem Lächeln auf
den Lippen sagte das Göttliche: "Weisst Du lieber Engel, meine Wunder
und die Phantasie der Kinder soll vorerst mein Geheimnis bleiben, aber es
freut mich, wenn ich Deine Neugierde geweckt habe."
(Herbst 2000)
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Seite 7
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Kurztexte
Wenn du Gutes tun willst
dann erziehe deine Kinder zur Selbst-Verantwortung
und nicht zum Gehorsam,
denn das ist gut für deine Kinder und die Welt.
(November 2010)
Wenn Kinderaugen an deinen Lippen kleben,
ist das ein ganz besonderer Segen.
Wenn ihre Augen voller Aufmerksamkeit strahlen
und sie die Geschichte in Gedanken farbig malen,
und die Zeit nicht wirklich vergeht
sondern in einer neuen Dimension entsteht,
dann erlebst du das Wunder der Geschichten,
in den Augen dieser kleinen Wichten.
(Dezember 2011)
Wer denkt,
wir spielen mit den Kindern
um der Kinder Willen,
der scheint den Sinn des Spielens
nicht begriffen zu haben.
(November 2010)
Weisheit und Macht sind so selten gepaart.
Der Mächtige scheint sich für die Weisheit
nicht wirklich zu interessieren.
Für den Weisen,
scheint die Macht über andere nicht interessant zu sein.
(November 2011)
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Seite 8
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Geschichte – die Kerze
Es war einmal eine Kerze, die machte sich Gedanken, was an ihr das
Wesentliche sei. Zuerst dachte sie: „Ich bestehe ja fast zu hundert
Prozent aus Wachs – also scheint das Wachs das Wesentliche an mir zu
sein.“ Doch dann dachte die Kerze: „Erst der Docht macht mich zur
Kerze – sonst wäre ich ja nur Wachs, also ist der Docht das Wesentliche
an mir.“
Doch dann dachte die Kerze: „Es muss noch etwas anderes geben, das in
mir Wesentlich ist.“ So ging die Kerze zum Spiegel der Erkenntnis und
stellte sich davor und fragte: „Spiegel der Erkenntnis bitte sage mir, was
an mir ist das Wesentliche?“
Der Spiegel blieb für eine Zeit stumm, dann sagte er: „Das Wesentliche
an Dir ist im Moment nicht sichtbar.“ Die Kerze nickte und sagte: „Du
hast Recht – die Flamme ist das Wesentliche an mir. Ich muss brennen,
um das Wesentliche in mir zu erkennen.“
Die Kerze holte ein Streichholz und zündete ihren Docht an und stellte
sich nochmals vor den Spiegel der Erkenntnis und sagte: Spiegel der
Erkenntnis bitte sage mir, was an mir ist das Wesentliche?“ Der Spiegel
blieb für eine Zeit stumm, dann sagte er: „Du hast schon etwas
Wesentliches an Dir entdeckt. Aber das Wesentliche an Dir ist im
Moment nicht erkennbar.“ Die Kerze nickte und sagte: „Du hast Recht –
die Wärme, die ich spende, das ist das Wesentliche an mir.
Dankbar von der neuen Erkenntnis wollte sich die Kerze wieder auf den
Weg nach Hause machen. Da meldete sich die Stimme aus dem Spiegel
und sagte: „Das Wesentliche an Dir hast Du noch nicht erkannt.“
Neugierig blieb die Kerze stehen und schaute wortlos in den Spiegel.
Der Spiegel blieb für eine Zeit stumm, dann sagte er: „Das Wesentliche
an Dir ist, dass Du leuchtest wie ein Stern, so dass man sich noch an Dein
Licht erinnert, wenn Wachs und Docht schon längst erloschen sind.“
(Dezember 2010)
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Seite 9
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Gedicht - Kinder
Als ich noch klein war,
war für mich klar,
der Storch bringt die Kinder
ob im Sommer oder im Winter.
Doch hab' ich nie entdeckt wie er sie in den Bauch der Mütter steckt.
Später hat man mich überzeugt,
Kinder werden wie Bienen gezeugt.
Doch warum die Kinder wirklich kommen,
hab' ich nie vernommen.
Ich glaub, es muss ihr eigener Wille sein,
hier auf unserer Erde zu sein.
So werden Kinder nicht geboren,
sondern sie sind auserkoren,
uns zu zeigen, die Gottesgaben,
die wir längst vergessen haben.
Kinder zeigen uns die wichtigen Sachen
wie Wünschen, Spielen und Lachen.
Und wie wichtig, Geschichten sind,
weiss doch jedes Kind.
Wie wichtig es ist, sich zu entfalten,
lernen wir von diesen kleinen Gestalten.
Und sie geben uns zu versteh'n,
nach dem Umfallen, ist es wichtig wieder aufzusteh'n
(Winter 1996)
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Seite 10
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Geschichte – Adam
Eines schönes Tages, als das Göttliche so durch das Paradies schwebte,
dachte es: "Es gefällt mir was ich erschaffen habe, aber ich glaube, die
Welt ist noch nicht ganz vollkommen." Da kam ein Affe vorbei und wollte
mit dem Göttlichen spielen.
Das Göttliche dachte: "Ach du dummer Affe, immer willst du nur spielen,
siehst du denn nicht, dass die Welt noch nicht vollkommen ist."
Doch dem Affen gefiel die Welt, so wie sie war. Er kletterte am
Göttlichen empor, küsste das Göttliche, um ihm seine Freude zu zeigen.
Als das Göttliche sah wie sich der Affe aufrichtete, kam er auf die Idee
ein neues Geschöpf zu erschaffen, das nach Vollkommenheit streben
sollte.
So formte das Göttliche ein neues Geschöpf nach der Vorlage des Affen,
versah es mit einem aufrechten Gang und schenkte ihm ein neues Gehirn.
In dieses neue Gehirn steckte er das Gefühl, dass die Welt nicht vollkommen sei und den Gedanken nach Vollkommenheit zu streben.
Als das Göttliche die neue Gestalt so betrachtete, bemerkte es, dass es
der Gestalt kein Geschlecht gegeben hatte. So riss es kuzerhand den
Penis des Affen ab und befestigte ihn am neuen Geschöpf und gab dem
neuen Menschen den Namen Adam, was soviel bedeutet wie: "Ab-demAffen-montiert".
So führt der Penis des Mannes noch heute sein selbständiges Affenleben, dass nur Spielen und Küssen im Sinn hat und dies paradiesisch
findet. Und wenn der Penis des Mannes sich aufrichtet, kommen ihm
Gedanken an das paradiesische Leben hoch, dass er als Affe geführt hat.
Und so ist für den heutigen Mann die Welt vollkommen in Ordnung, solange sein Penis aufgerichtet ist.
(1996/1997)
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Seite 11
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Die Entstehung von Eva
Eines Abends kam Adam vor das Himmelstor und sagte: "Mir ist soo
langweilig – ich will spielen." Da fragte das Göttliche: "Ist denn die Welt
schon vollkommen? Darauf antwortete Adam: "Ja – wenn ich jemand zum
Spielen hätte." Das Göttliche schaute Adam etwas seltsam an und sagte
dann: "Es ist schon spät, lass uns morgen nochmals darüber sprechen."
Als Adam tief und fest schlief, schwebte das Göttliche auf die Erde, um
Adams Herz zu operieren. Zuerst musste das Göttliche Adam eine Rippe
entfernen, damit es Adams Herz besser bearbeiten konnte. Doch als das
Göttliche sah, wie traurig Adams Herz schon geworden war, weil er
niemanden zum Spielen hatte, bekam das Göttliche Mitleid mit Adam und
entfernte ihm das traurige Herz und pflanzte ihm ein weniger sensibles
ein. Mit der Rippe und dem sensiblen Herz von Adam formte das Göttliche ein neues Geschöpf. Dem neuen Geschöpf gab es den Namen Eva,
was "Einer-von-Adam" bedeutet.
Als das Göttliche die beiden Geschöpfe so vor sich liegen sah, dachte es:
"Wenn die beiden gleich sind, dann kann ich sie ja nicht mehr unterscheiden." Dem Göttlichen blieb nicht mehr viel Zeit zum Überlegen, denn
die Morgendämmerung nahte und Adam schien aus seinem Schlaf zu erwachen. Als erstes reckte und streckte sich wie gewohnt der Penis von
Adam, um den Tag in Vollkommenheit zu beginnen.
Als das Göttliche dies sah, riess es den Penis von Eva ab und aus der
Wunde wo das Göttliche den Penis weggerissen hatte, formte es zwei
Lippen, so dass Eva nun zwei Münder hatte. Kaum hatte das Göttliche aus
den neuen Lippen den zweiten Mund geformt, begann der untere Mund
auch schon ununterbrochen zu sprechen. Da dies die paradiesische Ruhe
stören würde, drehte das Göttliche den unteren Mund um 180 Grad, so
dass Eva mit diesen Mund nicht mehr sprechen konnte.
So hat Eva noch heute ein unstillbares Mitteilungsbedürfnis von zwei
Mündern. Doch im Laufe der Evolution hat Eva es gelernt, mit den neuen
Lippen ohne Worte sprechen. Es sind ganz spezielle Worte, die Adam
zwar nicht hört, aber trotzdem sehr gut versteht.
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Seite 12
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(1996/1997)
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Seite 13
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Kurztexte
Die Liebe wird genährt,
durch das was wir an einem Menschen schätzen,
und aufgefressen durch den Wunsch,
den Menschen nach unseren eigenen Vorstellungen zu formen.
(Winter 2012)
Manchmal glauben wir, es ist Liebe,
wenn unsere Träume in die gleiche Richtung zeigen.
Aber wahre Liebe ist,
wenn wir uns als die zwei Flügel
eines gemeinsamen Traums verbunden fühlen.
(April 2013)
Kann es denn Liebe sein,
vom Partner zu erwarten,
glücklich gemacht zu werden?
(April 2013)
Eine Frau, die sich bückt
hat mich als Jüngling entzückt.
Eine Frau, die ihre Beine spreizt
war später ein besonderer Reiz.
Nach einer Frau, die angezogen vor mir steht
und mir dabei den Kopf verdreht
hab ich mich danach gesehnt.
Doch eine Frau, die davon beseelt,
was meinem Herzen fehlt,
hab ich dann ausgewählt.
(Januar 2012)
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Seite 14
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Gedicht – Sinnlose Hetz
Plötzlich war ich drin
in diesem Treiben ohne Sinn
gefangen im Netz
der sinnlosen Hetz.
Jeden Tag ein bisschen mehr
lief ich im Kreis umher.
War nur noch am Funktionieren
konnt' mich kaum noch konzentrieren.
Alles wollt' ich immer schneller tun,
fand keine Zeit, mich auszuruh'n.
Immer mehr lief schief,
weil ich kaum noch schlief.
Viele Dinge schob ich vor mir her,
darum wurden sie mir so schwer.
Nur noch Hektik und Verdruss
statt Sinnesfreud' und Genuss.
Falsche Werte haben mir den Kopf verdreht
vergessen wonach mein Herz sich sehnt
immer öfter hab' ich versäumt,
wovon ich eigentlich geträumt.
Immer mehr wurd' mir bewusst,
was ich eigentlich schon immer gewusst,
es ist falsch, immer nur springen,
es ist auch wichtig, in sich zu dringen.
Es hilft mir zu erkennen,
wofür es sich lohnt zu rennen.
Das Tempo dabei ist nicht so wichtig,
Hauptsache der Weg ist richtig.
(Winter 2003)
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Geschichte: Schuld, Sorgen, Sünden und andere Lügen
Als das Göttliche durch den Himmel schwebte, sah es einen Engel, der
mit genicktem Kopf auf einer Wolke sass. Das Göttliche fragte den
Engel: "Was bedrückt Dich?"
Der Engel zuckte die Schultern und sagte: "Ich weiss es nicht genau. Ich
gucke jetzt schon eine zeitlang auf die Erde. Da sehe ich eine Frau, die
nachdenklich auf jemanden zu warten scheint. Und dann kann ich kleinen
Jungen erkennen, der auf einer Bank sitzt und nicht genau zu wissen
scheint, was er tun soll."
Nun schaute das Göttliche ebenfalls zur Erde und sagte: "Ahh, das ist
eine Mutter, die sich Sorgen um ihren Sohn macht. Der kleine Junge ist
ihr Sohn. Er hat wahrscheinlich etwas angestellt und fühlt sich nun
schuldig und getraut sich deshalb nicht nach Hause."
Ganz erstaunt fragte der Engel: "Was sind Sorgen? Und was bedeutet
schuldig?" Darauf antwortete das Göttliche. "Schuld und Sorge sind
keine himmlische Gefühle, die haben diejenigen, die den Teufel erfunden
haben, auf die Erde gebracht."
Mit ungläubiger Stimme fragte der Engel: "Kannst Du mir dies genauer
erklären." Darauf antwortete das Göttliche: "Du als Engel kennst diese
Gefühle nicht. Aber die Menschen bilden sich ein, wenn sie sich Sorgen
machen, könnten sie etwas verhindern oder wenn sie sich schuldig fühlen,
könnten sie etwas Geschehens rückgängig machen."
Darauf meinte der Engel ganz erstaunt: "Kennen die Menschen, denn
nicht die Macht ihrer Gedanken - dass wenn sie an etwas denken, sie es
weder verhindern noch ungeschehen machen können, sondern ganz im
Gegenteil - sie es geradezu verstärken." Mit seufzender Stimme sagte
das Göttliche: "Das ist ja gerade das teuflische an diesen Gefühlen."
Eigentlich wollte das Göttliche schon weiterschweben, da zeigte der
Engel erneut zur Erde und sagte: „Da kniet ein Mann vor einem Kreuz und
scheint irgendwie traurig zu sein.“ Das Göttliche nickte und sagte, dass
ist auch eine traurige Sache.
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Geschichte: Schuld, Sorgen, Sünden und andere Lügen
Dieser Mann hat einen Fehler gemacht und nun bittet er mich jeden
Sonntag um Verzeihung. Aber dieser Mann hat den Fehler gemacht, um
etwas zu lernen und nicht, um sich schuldig zu fühlen. Wenn er seinen
Fehler einsieht, wird er sich selber verzeihen können.“
Der Engel schaute das Göttliche fragend an und sagte: „Und warum, weiss
der Mann dies nicht selbst?“ Das Göttliche antwortete: „Diesem Mann
wurde eingeredet, er habe eine Sünde begonnen, und nun glaubt er, nur
ich könne ihn von dieser Sünde befreien. Aber die Sünden, haben die
Menschen selber erfunden. Aber für alles was die Menschen selbst erschaffen haben, tragen sie selbst die Verantwortung.“
Spontan sagte der Engel: „Welche Menschen haben denn die Sünden erfunden?“ Das Göttliche antwortete mit nachdenklicher Stimme: „Wenn
ich es dir erzählen würde, würdest du es nicht glauben – aber das
Schlimmste ist, sie haben es in meinen Namen getan.“
(Herbst 1999)
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Kurztexte
Knie nieder
aber nicht vor dem Gott,
den sie dir beigebracht haben
Und dann frage dich
Kann es etwas Göttliches geben,
dass Freude daran haben kann,
dich in die Knie zu zwingen.
Und dann
Knie nie wieder nieder
(März 2010)
Die gleichen Mächte,
die einst Jesus ans Kreuz nageln liessen,
haben Jahrhunderte später,
das Christentum geprägt.
(Mai 2013)
Es gibt einen Garten in uns,
wenn wir diesem vom Unkraut befreien,
können unsere Wünsche darin gedeihen.
(Mai 2012)
Dein Herz ist noch nicht rein,
Du musst es von der Last befrei'n,
erst dann kann der Traum in Dir gedeih'n."
(Aus der Geschichte des Wanderers, Juni 2011)
Liebe ist,
in der Raupe
den Schmetterling zu erkennen.
(Februar 2011)
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Seite 19
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Geschichte – Träumer
Es war einmal ein Junge, der schaute in der Schule oft zum Fenster hinaus. Dabei flog er in Gedanken mit den Schmetterlingen um die Wette.
Der Lehrer nannte ihn schon nicht mehr bei seinem richtigen Namen,
sondern rief nur noch "Träumer".
Eines Tages als der Junge aus der Schule kam, da flatterte ihm ein
Schmetterling direkt vor der Nase umher. Der Junge wollte den
Schmetterling fangen, doch der Schmetterling flog immer gerade so
schnell, dass der Junge ihn nicht erwischen konnte.
Der Junge vergass alles um sich herum, er rannte nur noch dem
Schmetterling hinterher. Die Beiden durchquerten eine Wiese und
steuerten auf den Wald zu. Der Junge rannte so schnell er konnte und
schaute auch nicht wohin er lief, er folgte nur dem Schmetterling.
Als der Junge sich völlig ausser Atem ausruhen wollte, stellte er fest,
dass er tief in den Wald gelaufen war. Der Schmetterling war plötzlich
nirgends mehr zu sehen, es war als ob er sich in Luft aufgelöst hätte.
Und weil der Junge nicht genau wusste, wo er war und weil es schon
dunkel geworden war, begann er sich zu fürchten.
Plötzlich schien ein Stern vom Himmel zu fallen. Der Knabe schloss die
Augen, weil das Licht des herab fallenden Stern ihn blendete. Als er
seine Augen wieder öffnete, da sass der Schmetterling, auf einem Baumstrunk und sagte:
Fürchte Dich nicht.
Das Einzige was Du zu fürchten brauchst,
sind Deine unerfüllten Träume.
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Geschichte – Träumer
Der Junge war immer noch etwas ausser Atem, so dass er noch nichts
sagen konnte. Sein intensives Ausatmen war als kleine Nebelwolke vor
seinem Mund zu erkennen. Dann sagte der Schmetterling:
Träume sind der Atem Deines Lebens
atme Deine Träume ein
und atme sie als Erinnerung wieder aus
Die Augen des Jungen begannen wie Sterne in der Nacht zu strahlen. Und
der Schmetterling sagte: "Das Leuchten in deinen Augen, wird dir den
Weg nach Hause weisen. Geh nun nach Hause und leg Dich schlafen und
Deine Träume werden dich begleiten.“
Der Junge machte sich auf den Weg nach Hause. Ass noch eine Kleinigkeit und legte sich dann ins Bett. Aber der Junge konnte nicht einschlafen. So ging er ans Fenster, um die Sterne am Himmel zu
betrachten. Nach dem er die Sterne bewundert hatte, ging er zurück
zum Bett. Als er sich ins Bett legen wollte, sah er, dass sich der
Schmetterling auf sein Kopfkissen gesetzt hatte. Mit ganz sanfter
Stimme sagte der Schmetterling:
Die meisten Menschen betrachten
ihre Träume wie Sterne,
als ein Ideal in weiter Ferne,
ein Ideal, dass sie nie zu erreichen glauben.
Aber du und dein Traum sind eins,
wenn du und die Zeit reif sind,
wirst du aus der Realität der Raupe erwachen,
und dich fühlen, als wären dir Flügel gewachsen.
(Sommer 1997)
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Seite 21
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Gedicht – Brief
Ich streichle mit dem Stift über's Papier
und schreibe diese Zeilen Dir.
Die Wörter verwandeln sich in Sterne,
um Dir zu leuchten in der Ferne.
Doch kannst Du diese Sterne auch seh'n,
oder werden sie als Worte untergeh'n ?
Hast Du diesen Blick für's Feine,
für die kleinen Dinge, die ich meine.
Liebst Du die Berge, Seen und Bäume,
glaubst Du an die Macht Deiner Träume.
Kannst Du herzhaft lachen,
und Dich erfreuen an kleinen Sachen.
Träumst Du davon mit Bäumen zu reden,
Dich mit Vögeln in die Höhe zu heben,
im Meer mit den Fischen zu schwimmen,
um Dich Deiner Phantasie zu besinnen.
Wenn ich tief in Deine Augen schaue,
kann ich Dir dann anvertrauen,
was mich tief im Herzen bewegt,
oder mich voller Lust erregt.
Geniesst Du das Leben mit allen Sinnen,
Glaubst Du an den Sinn in Dir Drinnen.
Dann lass Deine wunderbaren Augen funkeln,
damit ich find den Weg zu Dir im Dunkeln.
(Sommer 1997)
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Seite 22
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Gedicht - Sehnsucht
Ich lieg' allein im Bett
und träume, es wäre nett,
wenn ich eine Frau zum Kuscheln hätt’
und sie mich in den Traum begleiten tät.
Ich wünsch’ mir mit ihr zu lachen,
tolle und verrückte Dinge zu machen.
Unsere Unterschiede zu entdecken,
uns gegenseitig die Lust zu erwecken.
All meine Sinne wollen sie begehren,
um sich mit den ihren zu vermehren.
Ich spür’ den Wunsch, sie zu berühren,
ihre Hände und Zunge überall zu spüren.
All meine Gedanken loszulassen,
um sie in ihrer Ganzheit zu erfassen.
Ganz ohne an mich zu denken,
mich ihr total zu verschenken.
Ich will ihren tiefen Atem spüren,
ihre feuchten Lippen berühren.
Gemeinsam mit ihr zu verschmelzen,
im Geiste, im Körper und im Herzen.
(Sommer 96)
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Adam und Eva Gespräche
An einem ganz gewöhnlichen Tag fühlte sich Adam nicht so gut. Als das
Göttliche dies sah, nahm es die nächste Wolke und reiste auf die Erde,
um nach dem Rechten zu sehen. Das Göttliche fragte Adam: "Was
bedrückt Dich". Adam schaute etwas verlegen in die Welt, denn er hatte
das Göttliche nicht kommen hören. Nach einer kurzen Denkpause sagte
Adam: "Ich weiss es nicht genau, es ist so ein komisches Gefühl."
"Kannst Du das Gefühl ausdrücken? " fragte das Göttliche. Etwas zaghaft
begann Adam zu erzählen: "Weisst Du, manchmal wenn ich mit Eva über
das leidige Thema Hausarbeit diskutiere, da fühle ich mich ein bisschen
schuldig. Und ich verspreche ihr dann mehr zu helfen, aber eigentlich
habe ich gar keine Lust dazu. Und Du kennst Eva ja, bei ihr muss immer
alles blitz-blank sauber sein. "
Das Göttliche runzelte ein wenig die Stirn und sagte: "Dies scheint mir
ein schwieriges Problem zu sein. Aber warum, versprichst Du ihr beim
Putzen zu helfen, wenn Du weder Lust dazu hast, es noch für nötig
hältst?" Ganz erstaunt antwortete Adam: "Eine solche Frage kannst auch
nur Du stellen? Du kennst doch Eva, wenn ich ihr nicht helfe, ist sie am
Abend im Bett so zickig? "
"Ah, jetzt habe ich verstanden" erklärte das Göttliche "Du hilfst Eva
also im Haushalt, damit sie am Abend mit Dir schläft!" "So würde ich es
nicht sagen. Es muss nicht immer Sex sein. Manchmal sehne ich mich
danach einfach mit Eva zu kuscheln" ergänzte Adam. "Ein wirklich
schwieriges Problem – aber ich werde mal schauen, was ich machen kann."
sagte das Göttliche und bestieg wieder seine Wolke und schwebte
Richtung Himmel.
Am nächsten Tag kehrte das Göttliche auf die Erde zurück und da traf
es Eva, die gerade beim Putzen war. Das Göttliche grüsste Eva freundlich
und fragte: "Guten Tag Eva, wie geht es Dir." Ganz erschrocken sah Eva
auf, denn sie hatte das Göttliche nicht kommen hören. "Guten Tag – wie
Du siehst ich bin am Putzen und habe eigentlich keine Zeit." Das
Göttliche schaute sich ein wenig um und sagte dann: "Warum bist Du denn
am Putzen, es scheint mir hier nicht schmutzig zu sein?"
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Adam und Eva Gespräche
"Jetzt fang Du nicht auch noch an" erwiderte Eva "Adam nervt mich
schon genug, mit seinen faulen Ausreden. Ich fühl' mich einfach nicht
wohl, wenn nicht alles blitz-blank sauber ist. Das weiss doch jede Frau,
wie wichtig ein sauberes Heim ist." Das Göttliche verzog ein wenig das
Gesicht, lies sich aber sonst nicht viel anmerken, sondern fragte: "Du
fühlst Dich also besser, wenn Du putzt?"
Ganz erstaunt antwortete Eva: "So etwas, kannst auch nur Du fragen. Du
weisst doch ganz genau, wenn mein Haus nicht blitze-blank sauber ist,
hält Adam mich für eine Schlampe." Mit einem Lächeln im Gesicht sagte
Göttliche: "Wenn Du es sagst, wird es wohl so sein. Hast Du mit Adam
schon mal darüber gesprochen?" "Das ist nicht nötig, das wissen alle – nur
Du scheinst davon keine Ahnung zu haben" antwortete Eva.
Das Göttliche spürte auf diesem Weg kam er nicht weiter. So fragte er:
"Wenn Du jetzt nicht putzen müsstest, was würdest Du dann am liebsten
tun?" "Du kannst Fragen stellen" seufzte Eva: "Wenn Du es wirklich
wissen willst – dann wünscht' ich mir, dass mich Adam mal wieder so
richtig in seine Arme nimmt und mich zärtlich streichelt."
Das Göttliche fasste sich ans Kinn, kratzte sich an der Stirn und einer
Phase des Nachdenkens sagte er: "Wenn die Menschen doch wüssten, wie
viele Probleme nur in ihren Vorstellungen bestehen, dann wären wir dem
Paradies auf Erden schon ein ganzes Stück näher.“
(Herbst 1997)
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Geschichte – Frau im Garten
Es war an einem ganz gewöhnlichen Tag. Eine Frau hatte unangenehme
Arbeiten im Garten zu erledigen. Plötzlich hörte sie einen Vogel, eine
fröhliche Melodie pfeifen. Die Frau legte ihre Arbeit kurz nieder, um den
Vogel zu entdecken. Doch wie sie auch schaute – sie konnte den Vogel
nicht sehen, der diese wunderbare Melodie pfiff. Doch plötzlich schien
sie irgendwie den Gesang des Vogels zu verstehen. Es hörte sich ungefähr so an:
Du musst stille steh'n,
um die Vögel singen zu seh'n.
Du musst nach Innen seh'n,
um ihren Gesang zu versteh'n.
Die Frau horchte nun ganz aufmerksam der Melodie. Doch sie konnte den
Vogel immer noch nicht entdecken. So schloss die Frau ihre Augen, um
dem Gesang intensiver zu lauschen. Und als die Frau die Augen wieder
öffnete, konnte sie den Vogel in Mitten von wunderschönen Blumen, die
ihr vorher gar nicht aufgefallen waren, entdecken. Eigentlich wollte die
Frau wieder weiterarbeiten, um nicht noch mehr Zeit zu verlieren. Doch
dann begann der Vogel zu singen:
Um die schönen Dinge zu geniessen,
musst Du sie mit Zeit begiessen,
nur so können sie gedeihen
und Dir ihre Schönheit verleihen.
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Geschichte – Frau im Garten
So holte die Frau die Giesskanne und tränkte die Blumen. Die Frau hatte
zwar ein klein wenig ein schlechtes Gewissen, weil sie die unangenehme
Arbeit immer noch nicht erledigt hatte. Doch sie dachte: vielleicht geht
es nach einer Pause besser. So holte sie sich einen Apfel und biss
genussvoll hinein – der Apfel schmeckte köstlich. Und plötzlich schien
der Apfel zu ihr zu sagen:
Und Du wirst begreifen,
Geniessen dient dem Reifen.
So wie der Apfel wird erst fein
durch das Licht des Sonnenscheins.
Und für die Unendlichkeit eines Momentes fühlte sie sich so richtig
zufrieden. Und sozusagen mit Links erledigte sie nun die unangenehme
Arbeit. Dabei flog der Frau ein Schmetterling auf die Schultern und
flüsterte ihr ins Ohr:
Eine Veränderung des Bewusstsein'
und ist sie auch noch so klein
wandelt Arbeit, die getan werden muss
in ein kleines Stück Genuss.
(Jahreswechsel 1996/1997)
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Gedicht - Ordnung
Ordnung ist das halbe Leben
doch sie kann mir niemals alles geben.
Will ich Ordnung in mein Leben bringen,
muss ich mich trennen von vielen Dingen.
Muster, die mich hindern am Entfalten,
will ich nicht behalten.
Gedanken, die mich hemmen,
von denen will ich mich trennen.
Gewissen Dreck wollt ich nicht seh’n,
so liess ich ihn unter’n Teppich kehr’n.
Doch auf die Dauer war das nicht klug,
es förderte nur den Selbst-Betrug.
Um mich von der Schuld zu befrei’n
musst‘ ich mir erst selbst verzeih’n.
Und ich liess die Gebote entstauben,
die mir die Lust an der Freude rauben.
Doch es gibt auch Fragen,
die mich plagen.
Und gewisse Gedanken
bringen mich ins wanken.
Denn wer allzu oft am Putzen ist,
den Blick für's Schöne vergisst.
Und wer sich nur am Dreck' orientiert,
das Auge für's Schöne verliert.
Doch stell ich mir vor,
ich steh' vor dem Himmelstor
und mein Leben wär' nicht aufgeräumt
hätt' ich da, nicht was versäumt?
(Frühling 1997)
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Kurze Gedichte
Der Weg zu sich selbst,
kann hart und beschwerlich sein.
Er führt durch das Tal der Tränen,
in dem nur das Alleinsein dich begleitet.
Er führt über Strassen gepflastert mit alter Scheisse;
und erst wenn du den Duft der Erkenntnis darin riechst,
kommst du an den Ort, wo du nackt vor einem Spiegel stehst,
der dir alle deine Schattenseiten schonungslos präsentiert.
Doch wenn du das Licht erkennst,
dass diese Schatten wirft,
dann spürst du,
du bist auf dem Weg zu dir selbst,
einen schönen Schritt weiter gekommen.
(Juli 2012)
Wenn nach all den Jahren,
Himmel und Höhle sich in dir paaren,
Geburt und Tod sich vereinen,
Tränen vor Freude weinen,
der Schmerz zur Erkenntnis wird,
das Verdrängte, das Drängen verliert,
die Raupe in dir stirbt,
der Schmetterling seine Flügel erkennt,
dein Bewusstsein sich von Gut und Böse trennt,
dann bist du auf dem Weg zu dir selbst,
eine Stufe weiter gekommen.
(August 2012)
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Kurztexte
Frauengespräche
Es war einmal eine Tochter, die wollte von ihrer Mutter wissen: „Warum
verbergen die Menschen ihr wahres Ich hinter einer Maske?“ Die Mutter
war etwas erstaunt über die Frage, sagte dann aber: „Dies ist vergleichbar, wenn wir aus dem Hause gehen, ziehen wir auch Kleider an,
damit die andern uns nicht nackt sehen.“
Die Tochter nickte, doch dann sagte sie spontan: „Aber zu Hause haben
wir ja auch Kleider an. Tragen wir denn unsere Masken auch zu Hause?“
Die Mutter schaute ihre Tochter mit erstaunten Augen und sagte: „Ja
das ist wohl leider so, dass wir auch zu Hause, unsere Masken aufbehalten, vor allem wenn wir uns nicht so gut fühlen.“
Die Tochter nickte wieder und sagte: „Dann ziehen wir unsere Masken,
also wie schöne Kleider an, um den andern zu gefallen.“ Die Mutter nickte
ebenfalls und bemerkte: „Da steckt wohl mehr Wahrheit drin, als uns lieb
ist. Und manchmal da lassen wir uns von unseren Kleidern selbst täuschen.
Und vergessen dann, wer wir in Wahrheit sind.“ ergänzte die Mutter. „Du
meinst“ antwortete die Tochter: „Wir lieben unsere Kleider mehr als uns
selbst.“
Die Mutter nickte und sagte: „Da steckt wohl mehr Wahrheit drin als uns
lieb ist. Manchmal achten wir mehr auf die Hülle als auf den Inhalt oder
verwechseln sie sogar.“ Die Tochter schaute die Mutter erstaunt an und
sagte: „Du denkst, die Menschen glauben sie seien ihre Kleider, die sie
jeden Abend ausziehen und am Morgen wieder anziehen.“
Noch bevor die Mutter etwas sagen konnte, sagte die Tochter spontan:
„Aber wenn die Menschen Sex haben, dann ziehen sie ja ihre Kleider aus.
Legen sie dann auch ihre Masken ab?“ Die Mutter schaute die Tochter
ganz erstaunt an, sagte dann: „Wie weit wir beim Sex unsere Masken
fallen lassen können, hängt wohl ein bisschen von unserem Gegenüber ab,
aber eigentlich sollten wir uns für nichts hinter der Maske schämen.“
(Jahreswechsel 2010/2011)
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Seite 30
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Es gibt Menschen, die glauben
Es gibt Menschen, die glauben,
die Liebe sei göttlich und
die Sexualität sei teuflisch.
Es gibt Menschen, die glauben:
Liebe sei geistige Verbundenheit;
Sexualität sei körperliche Verbundenheit.
Es gibt Menschen, die glauben:
Sexualität sei die Kraft, die uns antreibt;
Liebe sei die Energie, die uns anzieht.
Es gibt Menschen, die glauben,
die Liebe sei wie die Äste eines Baumes
und die Sexualität sei wie die Wurzeln des Baumes.
Es gibt Menschen, die glauben:
Sexualität ist Sexualität,
und Liebe ist Liebe.
Es gibt Menschen,
die essen gern Meeresfrüchte,
andere finden dies "grussig".
(Oktober 2011)
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Seite 31
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Kurztexte
Harte Arbeit,
die getan werden muss,
ist nicht hart.
Arbeit,
die nicht wertgeschätzt wird,
das ist hart.
Arbeit,
bei der die Freude wegrationalisiert wurde,
das ist hart.
(Januar 2011)
Wenn es Menschen gibt
die mit Geld ihr Geld verdienen,
und sonst nichts leisten.
Dann müssen die Menschen;
die mit Arbeit ihr Geld verdienen,
immer mehr leisten.
(November 2011)
Wir strampeln uns ab,
wie ein Hamster in seinem Rad,
wir dürfen keine Zeit verlieren,
um immer mehr zu verdienen.
Aber wir haben viel zu spät erkannt,
wir sind dazu verdammt,
den Wachstum nicht nur zu produzieren,
wir müssen ihn auch noch konsumieren.
(Juli 2012)
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Seite 32
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Geschichte – Die Gebote
Als Moses nicht mehr wusste, wie er das Volk führen sollte, wanderte er
auf einen Berg. Weil er vom Aufstieg müde geworden war, setzte er sich
auf einen Stein und ruhte sich aus. Plötzlich brach der Stein entzwei und
Moses erschrak, denn er war inzwischen eingeschlafen und hatte
geträumt, Gott habe ihm im Traum eine Lösung gesandt.
Als Moses den zerbrochenen Stein näher betrachtete, entdeckte er,
dass in den zwei Hälften des Steins eine Schrift zu lesen war. Auf der
einen Seite stand "Erkenne Dich Selbst" und auf der anderen "Lebe
Deine Träume".
Moses dankte Gott für den Hinweis und machte sich auf den Weg zurück
zu seinem Volke. Doch da stolperte er über eine Schlange und die Tafeln
aus Stein fielen zu Boden und zerbrachen.
Als Moses sich bei der Schlange entschuldigen wollte, sagte diese:
"Macht nichts - es tut mir leid, dass deine Steine zerbröckelt sind.
Vielleicht kann ich Dir helfen, neue zu finden." Moses erzählte der
Schlange, dass dies ganz besondere Steine gewesen waren.
Als die Schlange die ganze Geschichte gehört hatte, sagte sie: "Ich
glaube, dass die Steine zerbröckelt sind, ist ein Zeichen Gottes, um dir
zu zeigen, du sollst aus Gottes-Hinweisen neue Gesetze für das Volk
machen. Die zwei Gebote Gottes werden deine Leute sowieso nicht
verstehen, du musst ihnen vor allem sagen, was sie nicht dürfen, sonst
können sie sich nichts darunter vorstellen."
Moses bedankte sich bei der Schlange für den Hinweis und machte sich
sofort daran, Verbote in die zwei neuen Steintafeln zu meisseln. Moses
begann zu meisseln: „Du sollst nicht morden“; „Du sollst nicht stehlen“,
„Du sollst nicht lügen.“
Moses war mit seinem Werk zufrieden und wollte sich auf den Weg
zurück zum Volk machen. Da sagte die Schlange: „Das sind noch nicht
genug Gebote, Dir fallen sicher noch mehr ein. Möchtest Du beispielsweise, dass ein anderer Mann, Dir Dein Weib streitig macht.“
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Geschichte – Die Gebote
Moses fragte: „Soll ich denn schreiben, der Nächste soll nicht mein Weib
begehren.“ Die Schlange schüttelte den Kopf und sagte: „Schreib es
anders rum“. Und Moses meisselte: „Du sollst nicht begehren, deines
Nächsten Weib.“ Dann sagte die Schlange: „Was ist mit Deiner Frau?“
Und Moses schrieb: „Du sollst nicht ehebrechen.“ „Und was ist mit Deinen
Kindern?“ bemerkte die Schlange. Und Moses schrieb: „Du sollst Vater
und Mutter ehren.“
Zufrieden sagte die Schlange: „Das ist schon sehr gut, aber das genügt
noch nicht. Du musst noch schreiben, dass die Gebote von Gott kommen.“
„Aber ich hab ihn doch gar nicht gesehen.“ antwortete Moses. „Dann
schreib das hin“ sagte die Schlange.
Und Moses schrieb: „Du sollst Dir kein Bildnis von Gott machen.“
Zufrieden sagte die Schlange: „Das gefällt mir ausgezeichnet. Jetzt
musst du nur noch das Datum notieren, damit alles seine Richtigkeit hat.
Und weil Moses das Datum nicht kannte, und er nur wusste, dass heute
Sonntag war, meisselte er: „Du sollst den Sonntag heiligen.“
Als Moses sein Werk so betrachtete sagte er: „Aber die reine Wahrheit
ist dies ja nicht.“ Die Schlange nickte und antwortete „Mit der Wahrheit
kann das Volk nichts anfangen. Gib dem Menschen Glauben und Regeln und
sie werden ein vernünftiges Leben führen.“ Moses dachte bei sich: „Dies
ist vielleicht vernünftig, aber ist es auch sinnvoll?“
(Dezember 1999)
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Kurztexte
Die Gier nach mehr,
wächst immer mehr,
weil wir weder schätzen,
was wir haben,
noch wer wir sind. September 2012)
Auf dieser Welt,
läuft vieles verkehrt,
weil sich die Gier
und nicht das Geld,
selbst vermehrt.
(August 2012)
Das Problem der Welt
ist nicht das Geld,
sondern des Menschens Gier,
denn die steckt in keinem andern Tier.
Träume, die man vergisst,
verwelken, wie Blumen,
die man nicht begiesst.
(Sommer 1997)
(Sommer 2002)
Der Teufel treibt das Rad der Zeit,
mit der Peitsche der Dringlichkeit,
bist du vergisst,
was in deinem Herzen ist.
Lass los,
was nicht zu dir gehört
und du wirst angezogen,
von etwas was in dir ist.
Verbinde das,
was dich anzieht,
mit dem,
was dich antreibt.
(Winter 1998)
(November 2012)
Es gibt Menschen,
die sind mit selbst nicht zufrieden,
und machen andere dafür verantwortlich.
(Mai 2010)
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Kurz Texte
Als ich auf die Welt kam,
da spürte ich den Drang, die Welt zu entdecken,
da begegnete ich meinen Eltern, doch meine Eltern,
erzogen mich zu einem gehorsamen Kind.
Als ich in die Schule kam,
da hatte ich den Wunsch, etwas für's Leben zu lernen,
da begegnete ich den Lehrern, doch die Lehrer,
lehrten mich, für die Noten zu lernen.
Als ich in die Kirche ging,
da hatte ich den Traum, mehr über mich zu erfahren,
da begegnete ich dem Pfarrer, doch der Pfarrer,
brachte mir bei, was Sünde ist.
Erst als ich mir selbst begegnet bin,
ergab mein Leben einen Sinn.
(August 2012)
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Gedicht: Frau und Mann
Frau und Mannn sind wie verhext,
sie will Liebe, er will Sex.
Sie will am liebsten Tanzen geh'n.
Er möchte das Spiel am TV seh'n.
Schaut er ihr auf den kurzen Rock
nennt sie ihn geilen Bock.
Wird sie nicht mehr begehrt,
ist es auch verkehrt.
Sie will immer alles bereden,
kann niemals Ruhe geben.
Er möchte' am liebsten Schweigen,
die Sorgen mit Alkohohl vertreiben.
Ab zu gibt's richtig Streit,
oft nur wegen einer Kleinigkeit.
Es laut und hektisch tönt,
bis die beiden wieder versöhnt.
Gibt's dann eine Krise
und Trennung die Devise
ist es ratsam und gut
wenn zusammen reden tut.
(Sommer 1997)
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Gedicht Spiegel
Manchmal können wir uns nicht genügen
und müssen täglich uns belügen,
wenn wir vor dem Spiegel steh’n
und darin unsere Falten seh’n.
Doch die Falten sind nicht so schlimm,
das Übel steckt in unserem Herzen drin.
Wir sind eigentlich blind,
können nicht sehen, wer wir wirklich sind.
Wir versuchen unsere Fehler zu verstecken,
statt unsere Talente zu entdecken.
Unsere Schwächen kennen wir genau,
doch unsere Stärken stellen wir nicht zur Schau.
Die Wahrheit können wir nicht im Spiegel seh'n,
der Spiegel wird stets links und rechts verdreh'n
und niemals das Innen nach Aussen kehr'n,
das Wahre Ich müssen wir mit dem Herzen seh'n.
(Winter 1996)
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