3. Die Entwicklung der Gliederung von preußischen Infanterie

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3. Die Entwicklung der Gliederung von preußischen Infanterie
3. Die Entwicklung der Gliederung von preußischen
Infanterie-Divisionen von 1806 bis 1918 - dargestellt
in Gliederungsbildern
Hinweis: Aus dem Grunde der leichteren Vergleichbarkeit wurde für alle Gliederungsbilder die taktischen
Zeichen der Wehrmacht verwendet (Besondere Anlage 8 zum Mobilmachungsplan (Heer) 1939/40; s. Anhang).
Das Gliederungsbild I zeigt die „Ur“-Division (im Sinne eines selbständigen, gemischten
Kampfverbandes mit eigenen Führungsstäben) am Beispiel einer französischen Division der
Moselarmee im Jahre 1793 (Division Aubert). Sie bestand aus zwei Infanterie-Brigaden mit zusammen neun Bataillonen sowie zwei leichten Infanterie-Bataillonen. Die zwei Kavallerie-Regimenter, eine reitende-, eine Fuß-Kompanie Artillerie und die halbe Pionierkompanie waren nur
zugeteilt, gehörten also nicht etatmäßig zur Division. Die Gesamtstärke betrug 9.135 Mann [1].
Das Gliederungsbild II zeigt eine preußische Division im Jahre 1806 nach der von Scharnhorst durchgesetzten Umgliederung. Im Gegensatz zu den französischen Divisionen waren die
gesamte Kavallerie und Artillerie auf die Divisionen verteilt worden und wurden fester Bestandteil dieser. Die Anzahl der Eskadronen schwankte beim Kavallerie-Regiment zwischen zehn und
zwölf, bei der leichten Kavallerie (Husaren oder Dragoner) zwischen fünf und zehn. Die Gesamtstärke betrug etwa 9.000 Mann [2].
Das Gliederungsbild III zeigt eine preußische Brigade nach dem Jahre 1808. Aufgrund der
Pariser Konvention (1808), durch die Stärke und Einteilung der preußischen Armee festgelegt
wurde, war die geplante Wiederaufstellung der Armee zu sechs gemischten Divisionen nicht
möglich. Es wurden dafür sechs gemischte Brigaden errichtet, die jedoch wie moderne französische Divisionen, in zwei Infanterie- und drei Kavallerie-Regimenter gegliedert waren. Die Infanterie-Regimenter gliederten sich in jeweils drei Bataillone zu je vier Kompanien (8 Kompanien
Musketiere, 4 Kompanien Füsiliere). Die beiden Grenadier-Kompanien jedes Infanterie-Regimentes waren im Frieden in jeder Brigade zu einem Grenadier-Bataillon zusammengefaßt. Zu
jeder Brigade gehörte eine Depot- bzw. Garnisonskompanie sowie ein Jäger-, resp. SchützenBataillon. Als leichte Truppen unterstanden letztere mit den Füsilier-Bataillonen besonderen
Befehlshabern (Brigadiers). Die in drei Brigaden zusammengefaßte Artillerie des preußischen
Heeres, jeweils zwölf Fuß- und drei reitende Kompanien, sollte im Mob-Fall nach den jeweiligen
taktischen Erfordernissen den Feldformationen und Festungen zugeteilt werden. Ebenfalls für
den Ernstall war die Aufstellung einer Pionierkompanie und einer Trainkompanie mit Feldbäk-
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kerei, Mehl- und Brotkolonne pro Brigade vorbereitet. Die Stärke der Brigade betrug etwa 9.000
Mann (inklusive 1/2 Artillerie-Brigade [3].
Gliederungsbild IV zeigt eine preußische Brigade im Jahr 1813. Jeweils vier Brigaden wurden
zu einem Korps zusammengefaßt. Eine Brigade gliederte sich in ein Linien-, ein Reserve- und
ein Landwehr-Regiment, ernsteres zu drei, letzteres zu vier Bataillonen, ein Kavallerie-Regiment
zu vier Eskadrons sowie eine Fußbatterie zu acht Geschützen. Jedes Korps verfügte über eine
Kavallerie- und Artilleriereserve und zwei Feldpionierkompanien. Die Stärke betrug rund 8.000
Mann [4].
Das Gliederungsbild V zeigt eine preußische Infanterie-Division nach der Mobilmachung im
Jahre 1870. Jeweils zwei Infanterie-Divisionen wurden zu einem Korps zusammengefaßt. Eine
Division gliederte sich in zwei Infanterie-Brigaden zu je zwei Infanterie-Regimentern, ein Kavallerie-Regiment und eine Fußartillerie-Abteilung. Die numerisch niedrigere Division eines Korps
hatte zusätzlich ein Jäger-Bataillon. Nachschub und Pioniere waren dem Korps unterstellt (1
Train- und 1 Pionier-Bataillon), welches auch über eine starke Artillerie verfügte (2 FußartillerieAbteilungen, 2 reitende Batterien) [5].
Das Gliederungsbild VI zeigt eine preußische Infanterie-Division nach der Mobilmachung
im Jahre 1914. Sie gliederte sich in zwei Infanterie-Brigaden zu jeweils zwei Infanterie-Regimentern, ein Kavallerie-Regiment, eine Artillerie-Brigade zu zwei Feldartillerie-Regimentern, zwei
Pionierkompanien (bis Ende 1916 bei 50% der Divisionen nur je 1 Pi.Kp.), einen Divisionsbrückentrain und zwei Sanitätskompanien. Die Stärke belief sich auf ungefähr 18.000 Mann [6].
Im Verlauf des Krieges kommt es zu folgenden Veränderungen [7]:
1915: Die Feldartillerie wird zugunsten von Neuaufstellungen vermindert und umgegliedert.
Die Artillerie-Brigadestäbe entfallen, ebenso eines der beiden Feldartillerie Regimenter.
Dem verbleibenden Regiment wird eine Feldhaubitzen-Abteilung (l.FH 98/09) zugeteilt.
Die Anzahl der Geschütze wird von 6 auf 4 je Batterie gekürzt.
1916: Anfang des Jahres wird die Kavallerie neu verteilt. Jeder Infanterie-Division bleibt nur 1
Eskadron.
Im September werden die Maschinengewehrkompanien (13.) verstärkt und auf die Bataillone verteilt. Jedes Bataillon erhält 1 MGK mit 12 MG 08.
Alle Divisionen erhalten im Dezember 1 Divisions-Kraftwagenkolonne.
Im gleichen Monat werden die Divisions-Sanitätstruppen umgegliedert. 1 Sanitätskompanie entfällt, es treten 2 Feldlazarette zur Division.
Vermutlich in diesem Jahr werden bei den Divisionen zur feldmäßigen Nachausbildung
Feldrekruten-Depots etatisiert.
1917: Anfang des Jahres erhält jedes Infanterie-Bataillon 1 Minenwerferzug (4 le.W.) und 1 Granatwerferzug, der aber bereits im August wieder entfällt.
Im Januar werden die Pioniere neu gegliedert. Jede Division erhält 1 Pionier-Bataillon mit
mindestens 2 Kompanien, 1 Minenwerfer-Kompanie (2 s., 2 m., 6 le. Werfer) und einen
Scheinwerferzug. Im gleichen Monat treten die leichten Munitionskolonnen der Artillerieabteilungen zu den Heerestruppen.
Im Februar erhält jede Division einen Artilleriekommandeur (Arko) und 1 Pferdelazarett.
Im März tritt eine Divisions-Fernsprech-Abteilung hinzu.
Im Mai wird aus den Armeetruppen jeder Division 1 Feldschlächterei-Abteilung zugewiesen.
Im Sommer wird jede Infanteriekompanie zunächst mit 2, dann mit 4 MG 08/15 und 2
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Abb. 1: Gliederungsbild I
Abb. 2: Gliederungsbild II
Abb. 3: Gliederungsbild III
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Abb. 4: Gliederungsbild III.
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Abb. 4 Gliederungsbild IV
Granatwerfern ausgestattet.
Im September wird bei den Divisionen im Zuge der Umorganisation der Telegraphentruppe (jetzt: Nachrichtentruppe) ein Stab Divisions-Nachrichten-Kommandeur gebildet. Ihm wird die Divisions-Fernsprech-Abteilung und eine hinzutretende Divisions-Funker-Abteilung unterstellt.
Im Herbst erhält jede Division 1 Bataillon schwerer Artillerie (meist 2 Bttr. s.FH 15 cm,
1 Bttr. 10 cm Kan.), welches aber häufig detachiert ist.
Ende des Jahres werden bei den Infanterie-Regimentsstäben Nachrichten-Abteilungen
aufgestellt, jedoch um die Jahreswende in 4 Züge aufgeteilt und den Regiments- und
Bataillonsstäben zugeteilt.
Das Gliederungsbild VII zeigt eine preußische Infanterie-Division vor Beginn der Frühjahrsoffensive 1918 mit den zuvor beschriebenen Änderungen. Infolge des wieder einsetzenden Bewegungskrieges traten erneut leichte Munitionskolonnen zu den Artillerie-Abteilungen, ebenso 1 Staffelstab mit 3 Munitionskolonnen, 1 Feldschlächterei- und 1 Feldbäckereikolonne [8].
Bis Kriegsende wurden noch folgende Änderungen durchgeführt [9]:
1918: Anfang des Jahres wird die Anzahl der MG (08/15) in den Infanteriekompanien auf 6
erhöht.
Nachdem sich der Angriff festgelaufen hatte traten die Munitionskolonnen wieder zu
den Heerestruppen.
Im August mußte aufgrund abgesunkener Gefechtsstärken bei den meisten Divisionen
des Westheeres 1 Infanteriekompanie jedes Bataillons aufgelöst werden.
Im gleichen Monat werden die Minenwerferkompanien der Pionier-Bataillone aufgelöst.
Dafür erhalten die Bataillone je 6 tragbare Flammenwerfer.
Im September werden die Minenwerferzüge der Bataillone und die aufgelösten Minenwerferkompanien der Pioniere zu je 1 Minenwerferkompanie bei jedem Infanterie-Regiment zusammengefaßt.
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Abb. 5: Gliederungsbild V
Anmerkungen:
[1] nach Angaben aus Fiedler, „Militärgeschichte“, a.a.O., Bd. 2.
[2] nach Angaben aus Nowak/ Hellmann, „Schlacht bei Jena“, a.a.O.
[3] nach Angaben aus Fiedler, „Militärgeschichte“, a.a.O., Bd. 2.
[4] nach Angaben aus Fiedler, „Militärgeschichte“, a.a.O., Bd. 3.
[5] nach Angaben aus Lehmann, „Mobilmachung“, a.a.O., Anl. 9a
[6] nach Angaben aus „Handbuch der Deutschen Militärgeschichte“, a.a.O., Bd. 3, Abschn. V: Graf v. Matuschka,
„Organisationsgeschichte des Heeres 1890 bis 1918“.
[7] ebenda.
[8] ebenda.
[9] ebenda.
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Abb. 6: Gliederungsbild VI
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Abb. 7: Gliederungsbild VII
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