Bericht Spurenelementstatus Kleine Wiederkaeuer im Oeko

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Bericht Spurenelementstatus Kleine Wiederkaeuer im Oeko
Untersuchungsvorhaben in der
ökologischen Tierhaltung
in Niedersachsen 2005
Spurenelementstatus bei kleinen Wiederkäuern
im Ökologischen Landbau
- Vergleichende Untersuchung zum Spurenelementstatus von Wildwiederkäuern am gleichen Standort
Gefördert aus Mitteln des
Niedersächsischen Ministeriums für den
ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft
und Verbraucherschutz
I
Impressum
Herausgeber
Landwirtschaftskammer Niedersachsen
Fachbereich Ökologischer Landbau
Johannssenstr. 10
30159 Hannover
Projektdurchführung
Dr. E. Humann-Ziehank & Prof. Dr. M. Ganter
Klinik für kleine Klauentiere
Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover
Bischofsholer Damm 15
D-30173 Hannover
I
Inhaltsverzeichnis
1.
EINLEITUNG .......................................................................................................... 1
2.
PROJEKTDURCHFÜHRUNG ..................................................................................... 2
3.
2.1
Der landwirtschaftliche Betrieb .....................................................................2
2.2
Kooperation und Absprachen mit der örtlichen Jägerschaft .....................3
2.3
Auswahl der zu untersuchenden Tiere im Bestand .....................................3
2.4
Klinische Untersuchung der Schafe..............................................................3
2.5
Probengewinnung bei den Schafen ..............................................................3
2.6
Probengewinnung beim Rehwild...................................................................3
2.7
Methoden der Labordiagnostischen Untersuchungen................................4
2.7.1
Blutuntersuchungen (Schafe) ........................................................................4
2.7.2
Untersuchung des Lebergewebes (Schafe/Rehwild)...................................4
ERGEBNISSE ........................................................................................................ 5
3.1
Allgemeiner Gesundheitsstatus der Schafe .................................................5
3.2
Ergebnis der klinisch-chemischen Blutuntersuchungen der Schafe ........5
3.3
Ergebnisse der Untersuchung auf Spurenelemente in den Blutproben
der Schafe ........................................................................................................6
3.4
4.
5.
Spurenelementgehalte im Lebergewebe der Schafe und Rehe...........……6
DISKUSSION ......................................................................................................... 6
4.1
Allgemeiner Gesundheitsstatus der Schafe .................................................6
4.2
Spurenelementstatus Schafe .........................................................................7
4.3
Spurenelementstatus Rehwild .......................................................................9
4.4
Versorgungsstatus der Schafe im Vergleich zum Rehwild.......................10
BESTANDSBERATUNG ......................................................................................... 12
5.1
Empfehlungen für den Versuchsbetrieb .....................................................12
5.2
Exemplarische Beratungsempfehlungen in drei anderen
Schaf-/Ziegenbeständen mit Spurenelementimbalancen..........................13
5.2.1
Herde A ............................................................................................................13
5.2.2
Herde B ............................................................................................................14
5.2.3
Herde C ............................................................................................................15
6.
FAZIT ................................................................................................................. 16
7.
LITERATUR ......................................................................................................... 17
II
1.
EINLEITUNG
An der Klinik für kleine Klauentiere wurden in den Jahren 2004/2005/2006 Projekte
zum Thema „Präventive Tiergesundheit bei kleinen Wiederkäuern im Ökologischen
Landbau“ bearbeitet. Im Rahmen eines Projektes wurden insgesamt drei interdisziplinär besetzte Arbeitstagung zu folgenden Themen durchgeführt: 1. Endoparasiten, 2.
Bakterielle und virale Infektionskrankheiten und 3. Imbalancen in der Spurenelementversorgung. Die Ergebnisse sind bereits publiziert bzw. im Druck. Der Projektbericht
ist unter http://orgprints.org/5381/ einsehbar.
Ergebnisse der dritten Tagung (Spurenelemente) belegten, dass eine Unterversorgung mit Kupfer (Cu), Selen (Se), Vitamin E und Zink (Zn) sehr häufig in Schaf- und
Ziegenbeständen vorliegen. Aufgrund des langen subklinischen Verlaufes bleiben
charakteristische Krankheitssymptome häufig aus, stattdessen zeigen betroffene Bestände schlechte Leistungsdaten und vermehrt so genannte Kümmerer.
Die Ausführungen der Experten aus dem Pflanzenbau der FAL Braunschweig während der Arbeitstagung konnten zeigen, dass die bei uns üblichen Futtergrundlagen
auf Weiden und Wiesen nach Literaturdaten nicht zuverlässig eine ausreichende
Versorgung der Schafe und Ziegen mit Spurenelementen sicherstellen können. Als
ein Grund dafür wird der zunehmend auch im Ökolandbau anzutreffende Verlust an
Biodiversität vermutet. Dem gegenüber steht der Ansatz des Ökolandbaus, durch
eine naturnahe Tierhaltung soweit wie möglich auf den Einsatz zusätzlicher Futtermittel (hier Mineralfutter) zu verzichten. Der Einsatz synthetischer Vitamine ist nach EUÖkoverordnung nur nach Genehmigung möglich. Aufgrund der eigenen Erfahrungen
und aufgrund der Beiträge im oben genannten Workshop sind unter unseren Witterungsbedingungen insbesondere beim Vitamin E Engpässe zu erwarten.
Ziel des nun durchführten Forschungsprojektes war, zu objektivieren, in wieweit die
Annahme einer ausreichenden Versorgung kleiner Wiederkäuer mit Spurenelementen über die natürlichen, lokalen Futtermittel gerechtfertigt ist. Dazu soll neben der
Erhebung des Spurenelementstaus von Schafen eines ökologisch wirtschaftenden
Betriebes ohne Gabe von zusätzlichen Mineralstoffen auch vergleichsweise der Spurenelementstatus der Wildwiederkäuer am gleichen Standort erhoben werden.
1
2.
PROJEKTDURCHFÜHRUNG
2.1
Der landwirtschaftliche Betrieb
Der ausgewählte Betrieb lag in Niedersachen, Landkreis Gifhorn und gehört dem Ökologischen Landbau an. Der Betrieb hält ca. 400 Mutterschafe (Schwarzkopfkreuzungen) mit Nachzucht. In den letzten zwei Jahren waren Moderhinke in allen
Teilherden und Lungenentzündungen im Bestand vermehr aufgetreten. Durch regelmäßige Klauenpflege und -behandlung und Impfung konnte diese Erkrankung zurückgedrängt werden. Zwischenzeitlich konnten weniger als 5 % lahmende Tiere
gezählt werden. In einigen Gruppen wurde gelegentlich ein vermehrter Endoparasitenbefall festgestellt, entwurmt wurde mit Moxidectin und Praziquantel. Die Tiere
zeigten außerdem bei einer Untersuchung Haarlingsbefall, bei den Lämmern traten
vereinzelt Gelenksentzündungen auf. Ein Grundproblem im Bestand ist, das immer
wieder Lämmer mit Abmagerungen, stumpfer Wolle und Kümmern auffallen. Auch die
Muttern sind bezüglich des Körpergewichts sehr unterschiedlich, zwischen gut bemuskelten Tieren fallen in der gleichen Gruppe abgemagerte Tiere auf. Es konnten
bei den regelmäßigen Bestandsbesuchen durch den Schaf- und Ziegengesundheitsdienst der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover und der Landwirtschaftkammer
Niedersachsen keinen weiteren Bestandserkrankungen festgestellt werden. Es findet
nur in sehr geringem Maße Tierverkehr statt, der sich auf den Zukauf von „Zuchtböcken“ beschränkt. Der Bestand verfügt über ausreichend viel Weideland. Mineralfutter wird nicht ständig angeboten, zum Teil sogar über mehrere Monate ausgesetzt.
Genaue Daten über Umbockraten, Aborte, lebendgeborene Lämmer, totgeborene
Lämmer, aufgezogene Lämmer, tägliche Zunahmen oder die Zahl der kümmernden
Tiere in den Teilherden werden nicht registriert. Es ist daher nicht möglich, die Leistung des Bestandes realistisch einzuschätzen.
Im August 2003 war bereits einmal in Blutproben deutlich zu geringe Konzentrationen
an Vitamin E, Selen und Cobalt (Co) gefunden worden.
2
2.2
Kooperation und Absprachen mit der örtlichen Jägerschaft
Die von der Versuchsherde beweidete Fläche liegt im Jagdgebiet von zwei Jägern.
Diese konnten für eine Zusammenarbeit gewonnen werden und sicherten zu, von
dem in den Monaten November und Dezember 2005 erlegten Rehwild aus diesem
Gebiet Leberproben für die Studie zu entnehmen und fachgerecht bei -20°C einzufrieren. Die Jäger schätzen, ca. 10 Stück Rehwild zu erlegen. Probengefäße, Beschriftungsmaterial, Schutzhandschuhe sowie ein Entnahmeprotokoll wurde den
Jägern von Seiten der Projektleitung übergeben.
2.3
Auswahl der zu untersuchenden Tiere im Bestand
Eine Teilherde des Versuchsbetriebes, die seit mindestens neun Monaten nicht mit
Mineralfutter gefüttert und ausschließlich auf einem Standort gehalten worden war,
wurde auf den Mineralstoffstatus untersucht. Dazu wurden 15 Muttern ausgesucht,
die etwa zwischen 1-4 Jahre alt waren.
2.4
Klinische Untersuchung der Schafe
Die Schafe wurden klinisch untersucht, gewogen und für drei Tage in der Tierärztlichen Hochschule separat aufgestallt. In dieser Zeit wurden Sie mit betriebseigenem
Heu gefüttert, Wasser stand zur freien Aufnahme bereit. Eine Trächtigkeit konnte per
Ultraschall nicht festgestellt werden.
2.5
Probengewinnung bei den Schafen
Den 15 Mutterschafen wurde an drei aufeinander folgenden Tagen Blutproben aus
der Vena jugularis entnommen. Dabei kamen als Antikoagulanzien EDTA und Heparin zur Anwendung. Zudem wurde am ersten Tag Serum gewonnen. Am dritten Tag
wurden die Tiere der Schlachtung und Verwertung zugeführt. Von jedem Tier wurde
ein Stück Leber zur Untersuchung auf den Spurenelementgehalt entnommen und bei
-20° C bis zur weiteren Untersuchung eingefroren.
2.6
Probengewinnung beim Rehwild
Eine Nachfrage nach dem Jagderfolg Ende Dezember 2005 ergab, dass die angestrebte Stückzahl noch nicht erreicht werden konnte. Daher wurde beschlossen, die
Probengewinnung beim Rehwild noch bis zum 20. Januar auszuweiten. Trotz dieser
3
Maßnahme konnte nur eine Stückzahl von vier erlegten Tieren für die Untersuchungen herangezogen werden. Die Proben waren frisch entnommen und fachgerecht
verpackt eingefroren worden. Die Abholung und Transport der Proben zur Untersuchung erfolgte per Kurier gekühlt innerhalb von 2 h, so das die Kühlkette nicht unterbrochen wurde.
2.7
Methoden der Labordiagnostischen Untersuchungen
2.7.1
Blutuntersuchungen (Schafe)
2.7.1.1
Klinisch-Chemische Untersuchungen
Aus dem EDTA-Vollblut wurden Hämoglobingehalt mit der Cyanhämiglobin-Methode,
Hämatokrit über die Mikrozentrifugation und Gesamtleukozytenzahl mit der Zählkammer nach Neubauer ermittelt. Aus dem separierten Heparin-Plasma wurden die
Meßgrößen Gesamtprotein (Biuret-Methode), Creatinin (enzymatischer Farbtest
(PAP)) sowie die Enzymaktivitäten den Creatin-Kinase (CK), Aspartat-AminoTransferase
(ASAT),
Glutamat-Dehydrogenase
(GLDH),
Gamma-Glutamyl-
Transferase (GGT) und Alkalische Phosphatase (AP) mittels kinetischen UV-Tests
bestimmt.
2.7.1.2
Spurenelementanalysen
Vitamin E wurde in Plasma als α-Tocopherol mit der HPLC (Rammel et al., 1983)
analysiert. Die Bestimmung von Selen erfolgte im Plasma fluorometrisch nach der
Methode von Koh u. Benson (1983). Zink im Heparin-Plasma wurde mittels Atomabsorptionspektroskopie an allen drei Untersuchungstagen bestimmt. Am Tag drei wurde der Kupfer-Gehalt im Heparin-Plasma in Anlehnung an die Methode von Bickhardt
et al. (1997) mit 4-(3,5-Dibromo-2-pyridylazo)-N-ethyl-N-(3-sulfopropyl)-aniline (3,5DiBrrPASA) als Chromogen durchgeführt.
2.7.2
Untersuchung des Lebergewebes (Schafe/Rehwild)
Das bei der Schlachtung bzw. infolge der Jagt gewonnene Lebergewebe wurde mit
der Atomabsoptionspektroskopie nach nasser Veraschung auf den Zink- und den
Kupfergehalt untersucht. Zudem wurde der Anteil der Trockensubstanz am Lebergesamtgewicht ermittelt. Vitamin E wurde in homogenisiertem Lebergewebe als α4
Tocopherol mit der HPLC (Rammel et al., 1983) analysiert. Die Bestimmung von Selen erfolgte in homogenisiertem Lebergewebe fluorometrisch nach der Methode von
Koh u. Benson (1983).
3.
ERGEBNISSE
3.1
Allgemeiner Gesundheitsstatus der Schafe
Der allgemeine Gesundheitszustand der fünfzehn ausgewählten Tiere wurde als mittelmäßig beurteilt. Die Körperinnentemperatur war bei allen Tiere in physiologischen
Bereich. Das mittlere Körpergewicht der Gruppe betrug 53,2 ± 8 kg, der Ernährungszustand von sechs Tieren wurde als mäßig bis schlecht eingestuft. Die Klauen der
Tiergruppe befanden sind in einem mäßigen bis schlechtem Pflegezustand, in einem
Fall wurde eine mittelgradige Stützbeinlahmheit vorne rechts durch hochgradig zu
langes Klauenhorn mit hochgradiger Moderhinke-Infektion festgestellt. Ein Tier wies
auf der Oberfläche des rechten Ohres eine im Durchmesser ca. 2 cm große unbehaarte, unregelmäßige, stark verhornte Umfangsvermehrung auf. Klinische Hinweise
auf eine Anämie (Blutarmut) gab es nicht. Die Untersuchung des HerzKreislaufsystems, des Atemapparates, der Geschlechtsorgane, der Lymphknoten,
der Verdauungsorgane sowie Haut und Vlies und das Verhalten der Tiere waren ohne besonderen klinischen Befund.
3.2
Ergebnis der klinisch-chemischen Blutuntersuchungen der Schafe
Die hämatologischen Parameter Hämatokrit, Hämoglobin und Gesamtleukozytenzahl,
die Messgröße Creatinin sowie die Enzymaktivitäten von CK, ASAT, GGT und AP
lagen bei allen 15 Tieren innerhalb der Referenzbereiche für Schafe (Bickhardt und
König, 1985). Die mittleren Konzentrationen (Mittelwert ± Standardabweichung) des
Gesamtproteins (71 ± 5,7 g/l) und der GLDH (13,7 ± 4,2 U/l) lagen geringfügig oberhalb der Referenzbereiche.
5
3.3
Ergebnisse der Untersuchung auf Spurenelemente in den Blutproben
der Schafe
Die Untersuchung der Spurenelementgehalte im Blutplasma der Schafe führte zu
folgenden Ergebnissen (Median, p25-p75): Kupfer 17,8 (14,8 – 19,5) µmol/l, Zink
0,54 (0,49 – 0,57) mg/l, Selen 0,051 (0,041 – 0,061) mg/l und Vitamin E 1,88 (1,62 –
2,18) mg/l. Der Referenzwert für Kupfer beträgt 7-24 µmol/l (Bickhardt und König,
1985). Puls (1994) gibt für Zink 0,80 - 1,20 mg/l, für Selen 0,08-0,5 mg/l und für Vitamin E 1,0-5,0 mg/l als Referenzbereiche an.
3.4
Spurenelementgehalte im Lebergewebe der Schafe und Rehe
Die Untersuchung Spurenelementgehalte im Lebergewebe der Schafe und Rehe ergab folgendes Ergebnis:
Kupfer
Leber, mg/kg FS
m
Schafe
Rehe
IQR
(n = 15)
Zink
Leber, mg/kg
FS
m
IQR
(n = 15)
36,3107
81,1-146,0 38,9
48,4
(n = 4)
(n = 4)
26,319,2
8,5 – 28,1 27,5
30,0
Selen
Leber, mg/kg FS
m
IQR
(n = 15)
0,18 –
0,21
0,23
(n = 4)
0,18 –
0,21
0,24
Vitamin E
Leber, mg/kg
FS
m
IQR
(n = 15)
10,2 –
11,5
14,8
(n = 4)
19,028,7
42,3
m = Median; IQR = interquartil range (p 25 - p 75); n = Anzahl der Proben
Aufgrund der geringen Tierzahl bei den Rehen ist ein Vergleich der beiden Tiergruppen unter strengen statistischen Gesichtspunkten nicht sinnvoll. Dennoch ist deutlich
der annähernd gleiche Versorgungsstatus bezüglich Selen erkennbar. Mit Kupfer und
Zink scheinen die Schafe besser versorgt zu sein, wohingegen die Vitamin E Versorgung bei den Rehen höher ist.
4.
DISKUSSION
4.1
Allgemeiner Gesundheitsstatus der Schafe
Die klinische und die labordiagnostische Untersuchung der Schafe lässt erkennen,
dass der Schwerpunkt der gesundheitlichen Beeinträchtigung in der unterschiedli6
chen Gewichtsentwicklung der Tiere sowie im schlechten Zustand der Klauen verstärkt durch eine Moderhinkeinfektion liegt. Eine spezifische Erkrankung weiterer Organsysteme sowie weitere infektiöse Bestandserkrankungen konnten bei diesen
Tieren nicht gefunden werden. Die leicht erhöhten mittleren Werte der leberspezifischen GLDH zeigen zumindest in Hinblick auf die Spannweite von 7 – 20,5 U/l, dass
bei einzelnen Tiere eine leichte Leberzelldegeneration abläuft, wie sie beispielsweise
bei subklinischen Vitamin E/Selen-Mangel beschrieben wurden (Bickhardt et al.
1999). Dem nur ganz leicht erhöhten mittleren Gesamtproteinwert wird keine diagnostische Bedeutung zugemessen.
4.2
Spurenelementstatus Schafe
Der mittlere Kupferstatus der Tiere liegt innerhalb der in der Literatur beschriebenen
physiologischen Bereichen von ca. 20-120 mg Kupfer/kg FS (Humann-Ziehank et al,
2001; van der Schee, 1983; Puls, 1994). Die Spannweite war jedoch innerhalb der 15
Schafe mit 42,6 – 178,9 mg/kg FS ausgesprochen weit. Die hohe Schwankungen
innerhalb einer Tiergruppe lassen auf starke individuelle Unterschiede in der Kupferspeicherung des Einzeltieres schleißen, die auch bereits in früheren Arbeiten beschrieben wurden (Humann-Ziehank et al, 2001). Für die Statuserhebung einer
Herde ist daher eine ausreichend hohe Anzahl von Proben notwendig, um Fehlinterpretationen zu vermeiden. Eine Korrelation der Leber-Kupfergehalte zum Körpergewicht liegt nicht vor. Die Plasma-Kupfergehalte liegen innerhalb der Referenzbereiche
für Schafe (Bickhardt und König, 1985), korrelieren jedoch nicht mit den LeberKupfergehalten. Dieses Ergebnis stimmt mit früheren Arbeiten überein (HumannZiehank et al, 2001) und unterstreicht, dass eine Analyse des Plasma-Kupfergehaltes
zur Bestimmung des Kupferstatus bei Schafen unbrauchbar ist.
Der mittlere Zinkstatus der Schafe liegt mit 38,9 (36,3 – 48,4) mg/kg Leber-FS innerhalb der in der Literatur angegebenen Referenzwerte von 30 – 75 mg/kg Leber-FS
(Puls, 1994), daher kann von einer ausreichenden Zinkversorgung ausgegangen
werden. Die Plasma-Zink-Konzentrationen liegen mit 0,54 (0,49 – 0,57) unterhalb des
von Puls (1994) angegebenen Referenzwertes von 0,8 – 1,2 mg/l. Auch für diese
Meßgröße konnte keine Korrelation zum Leber-Zink-Gehalt der Schafe dargestellt
werden. Generell gibt es bezüglich der Erhebung des Zinkstatus auch in der Literatur
noch viele offene Fragen. Gesichert ist, dass der Plasma-Zink-Gehalt kurzfristig erheblich schwanken kann, z.B. bei Stress durch Lammung, Transport, Fixation u.ä..
7
Daher ist eventuell auch für Zink die Untersuchung von Lebergewebe zu bevorzugen.
Hier besteht noch deutlicher Forschungsbedarf.
Die mittleren Gehalte an Selen sind sowohl im Plasma als auch in der Leber der
Schafe unterhalb des Referenzbereiches von 0,08 mg/l Plasma bzw. 0,25 mg/kg Leber. Die Tiere habe demnach eindeutig einen Selenmangel. Auch in früheren Studien
wurde in Norddeutschland gehäuft Selenmangel bei Wiederkäuern festgestellt
(Boehnke et al., 1997, Humann-Ziehank et al., 2005).
Selen ist kein essentielles Spurenelement für Pflanzen, ein geringer Selengehalt ist
daher für die Futterpflanzen selbst unproblematisch. Beispielsweise werden beim
Deutschen Weidelgrass und bei Weißklee je nach Vegetationsstand die für Schafe
und Ziegen notwendigen Gehalte an Selen (und Kobalt/ Jod) hochgradig unterschritten. Die Düngung von Spurenelementen mit mineralischen Handelsdüngern, die zum
Teil die für die Ernährung von Schafen und Ziegen gewünschten Spurenelemente
enthalten, ist im ökologischen Landbau nur unter engen Voraussetzungen zulässig
und muss durch die Ökokontrollstelle genehmigt werden. Insbesondere muss ein Bedarf der Pflanze durch Pflanzen- und/oder Bodenanalyse nachgewiesen sein. Die
Düngung mit mineralischen Handelsdüngern ist dann zulässig, wenn der festgestellte
Bedarf der Pflanzen im Rahmen der Fruchtwechselwirtschaft mit den in der EUÖkoverordnung genannten Mitteln (Anbau von Leguminosen, Gründüngungspflanzen
bzw. Tiefwurzlern sowie Einsatz ökologischer Wirtschaftsdünger) allein nicht sichergestellt werden kann.
Spurenelementmängel werden sehr häufig aber nicht durch unzureichende Bodengehalte, sondern durch begrenzte Verfügbarkeit der Spurenelemente im Boden verursacht. Nur eindeutig erkannte Spurenelementmängel der Pflanze sollten durch
Düngung behoben werden. Die Anreicherung von Pflanzen auf ein tierphysiologisch
erwünschtes Niveau ist fragwürdig, da für die Spurenelementaufnahme von Pflanzen
unerwünschte Antagonismen ausgelöst werden können (typisch z.B. zwischen Fe,
Mn, Zn, Cu, Mo und Se), schädliche Wirkungen auf Pflanzen möglich sind und gedüngte Spurenelemente leicht durch Festlegung im Boden inaktiviert werden können
(Kratz et al., 2005).
Die Vitamin E –Versorgung der Schafe erscheint gerade noch ausreichend, sie liegt
knapp über dem unteren Grenzwert von 10 mg/kg Leber bzw. 1-5 mg/l Plasma. Vitamin E, das ausschließlich über die Nahrung aufgenommen wird, ist in den Futtermitteln nur begrenzt haltbar. Die vorliegende Studie wurde im Herbst durchgeführt, die
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Vitamin E Gehalt des Weideaufwuchses sind in dieser Jahreszeit bereits abgesunken. Typische Jahreszeit für starken Vitamin E Mangel ist in der Regel der frühe
Frühling, da in dieser Zeit die Reste des nun über Monate gelagerten Winterfutters
verfüttert werden.
4.3
Spurenelementstatus Rehwild
Generell sind in der Literatur wenig Untersuchungen zum Spurenelementstatus des
Rehwilds unter physiologischen Bedingungen zu finden. Die meisten publizierten
Studien wurden aufgrund eines Verdachts der besonderen Belastung der Wildtiere,
beispielsweise infolge industrieller Emissionen vorgenommen. Daten gibt es jedoch
aus einzelnen süddeutschen Waldökosystemen, die als ungestört angesehen wurden
(Hecht,1994). Danach liegen die zu zwei Zeitpunkten (1978 und 1988) erhobenen
mittleren Kupfergehalte (Median) im Lebergewebe von Rehwild bei 11,1 und 13
mg/kg Frischsubstanz (FS). Die Werte schwankten über den zehnjährigen Untersuchungszeitraum nur innerhalb der physiologischen Breiten und wurden mit heterogenen
meteorologischen
und
topographischen
Bedingungen
in
den
Untersuchungsgebieten erklärt. Die in der vorliegenden Studie ermittelten mittleren
Kupfergehalte (Median (p25-p75)) von 19,2 (8,4 – 28) mg/kg FS liegen in einem vergleichbaren Bereich wie die von Hecht (1994) publizierten Werte. Referenzwerte, die
allerdings nur für Rot- und Damwild erstellt wurden, geben einen Referenzbereich
von 25-80 mg/kg FS (Damwild) bzw. 20-120 mg/kg FS (Rotwild) an (Puls, 1994). Der
Kupferstatus der untersuchten Wildtiere ist damit als gerade noch ausreichend bis
grenzwertig zu bezeichnen.
Die mittleren Zinkgehalte (Median) der Leber nahmen in der Studie von Hecht (1994)
von 31,5 mg/kg FS (1978) auf 26,1 mg/kg FS (1988) ab, was mit der zunehmend
besseren Reduktion der industriellen Zink-Emission in Verbindung gebracht wurde. In
der Literatur ist für Wildwiederkäuer ein Referenzwert von 30-60 mg Zink /kg LeberFS (Damwild) bzw. 23-80 mg Zn /kg Leber-FS (Rotwild) angegeben. Damit stellen die
in der vorliegenden Studie ermittelten Zinkgehalte (Median (p25-p75)) von 27,5 (26,3
– 29,9) mg/kg FS eine Versorgung der Tiere am unteren Grenzbereich da.
Eine adäquate Selenversorgung wird für Wild- und Hauswiederkäuer ab einem Gehalt von 0,25 mg Selen/ kg Leber FS angenommen (Puls, 1994). Die ermittelten Se-
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len-Gehalte (Median (p25-p75)) von 0,21 (0,18-0,24) mg/kg FS sprechen daher für
einen Selenmangel des Rehwilds.
Die Vitamin E Versorgung des Rehwilds liegt mit 28,7 (19 – 42,3) mg Vitamin E/kg
Leber FS unter dem Bereich von 40,3 ± 18 mg/kg, der von Haacker (1975) bei Ricken
ermittelt wurde, jedoch deutlich über dem Versorgungsstatus der Schafe.
4.4
Versorgungsstatus der Schafe im Vergleich zum Rehwild
Der Vergleich der beiden Tiergruppen muss aufgrund der bereits beschriebenen
Probleme der Gruppengröße des Rehwilds vorsichtig vorgenommen werden. Auffällige Unterschiede bestehen jedoch insbesondere bezüglich des Kupfer- und Vitamin E
Status. Der deutlich niedrigere Leberkupfergehalt des Rehwilds muss möglicherweise
mit geringeren „Normalwerten“ bei dieser Spezies in Verbindung gebracht werden,
die auf einem anderen Resorptions- und Speicherverhalten für dieses Spurenelement
beruhen. Leider sind keine klassisch erhobenen Referenzwerte für diese Tierart für
Deutschland vorhanden. Im Vergleich zu den oben genannten Daten von Hecht
(1994), die immerhin auf über 1000 untersuchten Rehen beruhen, sind die Kupfergehalte der hier untersuchten Rehe aber als scheinbar ‚normal’ zu bezeichnen. Auch
kürzlich im Rahmen eines bisher unveröffentlichtem anderen Projektes analysiertes
Lebergewebe von niedersächsischen Rehwild ergab Mittelwerte in gleichen Größenordnungen. Damit relativiert sich der große zahlenmäßige Unterschied zu den Schafen, deren Mittel ebenfalls im tierartspezifischen Referenzbereich liegt. Zu beachten
ist grundsätzlich bei der Beurteilung der Schwermetallgehalte von geschossenem
Rehwild, dass die Projektile zu Teil erhebliche Mengen Kupfer enthalten. Beim Aufprall verteilen sich feinste Teilchen davon in den Organen und verfälschen damit
möglicherweise bei der Gewebeanalyse den nativen Wert (Hecht, 2006).
Die Zinkversorgung scheint bei beiden Tierarten ähnlich im unteren Bereich der als
adäquat angesehenen Spanne angesiedelt zu sein. Das Reh scheint durch seine äußerst selektive Futteraufnahme hier keine Vorteile zu haben. Die den Wildwiederkäuern alternativ zur Verfügung stehenden Feldgehölze bieten nach einer von Rahmann
(2004) in Schleswig-Holstein durchgeführten Studie nur in vier von 16 untersuchten
Gehölzen deutlich höhere Zinkgehalte in Blättern als Weidegräser.
10
Die Selenversorgung ist für beide Spezies ungenügend. Der großflächig in Norddeutschland angenommene Selenmangel, der für einige Regionen wie Weser-Ems
(Boenke et a., 1997) und Ostfriesland (Heikens, 1992) bereits in Futtermitteln nachgewiesen wurde, scheint sich damit im gesamten Nahrungsangebot wieder zu spiegeln und den Wildwiederkäuern keine Vorteile durch die Aufnahme selektierter
Konzentratnahrung zu bieten. Die Studie von Rahmann (2004) untermauert diese
Annahme, da nur in Blättern eines von 16 untersuchten Feldgehölzen ernährungsphysiologisch interessante Selengehalte vorlagen. Die auch für Menschen in Nordeuropa angenommene Selenunterversorgung betrifft somit scheinbar generell auch
kleine Wild- und Hauswiederkäuer.
Auffällig ist die deutlich bessere Vitamin E - Versorgung des Rehwilds. Grundsätzlich
muss eine starke jahreszeitliche Abhängigkeit der Vitamin E - Zufuhr über das Futter
beachtet werden. Jedoch ermöglicht offenbar die selektive Futteraufnahme dem
Rehwild eine bessere Vitamin E - Aufnahme in Zeiten, in denen den gepferchten
Schafen größtenteils nur älterer, evtl. überständiger Weideaufwuchs zur Verfügung
steht. Haacker (1975) beschrieb zu dem auch bereits erhebliche individuell unterschiedliche Vitamin E -Gehalte innerhalb der gleichen Wildart sowie eine deutliche
jahreszeitliche Abhängigkeit mit besserem Versorgungsstatus bei Sommeräsungsverhältnissen.
Als Schlussfolgerung in Bezug auf die Fragestellung dieser Studie ist herauszustellen, dass eine Substitution von tierphysiologisch notwenigen Spurenelementen an
Schafe durch Mineralfutter auf jeden Fall notwenig erscheint, wenn entsprechende
Mangelsituationen (hier Selen) nachgewiesen wurden bzw. aufgrund der geographischen Lage sehr wahrscheinlich sind. Selenmangel scheint die Anfälligkeit der Tiere
für allgemeine Infektionen, Fruchtbarkeitsstörungen, Eutererkrankungen und mangelndes Wachstum zu begünstigen. Die bei Lämmern klassische Muskeldystrophie
wird allerdings in dieser Extremform heute bei extensiver Haltung seltener gesehen,
eher sind so genannte Kümmerer typisch für Herden mit Selenmangel. Bei Jungtieren
(Kälbern) wurde in Feldversuchen in einem Selenmangelgebiet eine deutlich verminderte Infektanfälligkeit sowie eine deutlich bessere Gewichtszunahme nach Substitution von Selen festgestellt (Jachens, 1993). Es ist anzunehmen, dass auch den
Wildwiederkäuern eine Behebung des Selen-Mangels gesundheitliche Vorteile bringen würde. Die deutlich bessere Vitamin E Versorgung des Wildes unterstreicht, dass
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von einer guten Versorgung der Schafe allein durch den Weideaufwuchs nicht auszugehen ist, insbesondere bei Verfütterung von konserviertem Winterfutter (Heu, Silage). Im vorliegenden Fall ist der sonst häufig anzutreffende Kupfer- und/oder
Zinkmangel für den untersuchten Bestand nicht zutreffend, dennoch sollten aus den
Erfahrungen der Klinik für kleine Klauentiere der Stiftung Tierärztliche Hochschule
Hannover Schaf- und besonders Ziegenbetriebe bei unspezifischen Gesundheitsproblemen auf einem Mangel an diesen Spurenelementen untersucht werden. Dabei
ist davon auszugehen, dass die Betriebsform ökologisch/konventionell bei vorwiegender Verfütterung von betriebseigenem Grundfutter eine untergeordnete Rolle
spielt. Kleinen Wiederkäuern stehen generell eher die landwirtschaftlich minderwertigen Flächen zu Verfügung, der Einfluss intensiver Düngung ist in der Regel gering.
Zu Bedenken ist der erhebliche Eintrag von Kupfer und Zink in den Weideaufwuchs
über das Ausbringen von Schweine- und Geflügeldung. Hier muss beachtet werden,
dass laut Literatur wiederholt auch Überversorgungen/Vergiftungen der Tiere auf diesem Wege erfolgten. Eine regelmäßige Statuserhebung durch Untersuchung von
Schlachtlebern ist in diesem Fall dringend anzuraten. Wanderschäfer sollten bei intensiver Beweidung von abgeernteten Äcker bzw. Zwischenfrüchten Informationen
über erfolgte Düngungen einholen.
5.
BESTANDSBERATUNG
5.1
Empfehlungen für den Versuchsbetrieb
Aufgrund der regelmäßigen tierärztlichen Untersuchung des Bestandes im Rahmen
eines Betreuungsvertrages kann der Gesundheitsstatus der Herde gut eingeschätzt
werden. Es besteht die günstige Situation, dass der Bestand im wesentlichen nur
zwei Gesundheitsprobleme aufweist: Moderhinke und Spurenelementmangel. Die
begonnene Moderhinkesanierung sollte konsequent fortgesetzt werden. Bei Nachlassen der Maßnahmen ist mit einem massiven Rückfall zu rechnen, da der Erreger
noch nicht aus der Herde getilgt werden konnte. Der hohe Anteil an kümmernden
Lämmern und mageren Alttieren ist mit hoher Wahrscheinlichkeit vorwiegend durch
den nachgewiesenen Spurenelementmangel begründet. Hier wir empfohlen, allen
Tieren der Herde ganzjährig täglich eine Mineralfutteraufnahme zu ermöglichen. Das
Mineralfutter sollte hohe Gehalte an Selen (mind. 50-60 mg/kg) und Zink (min. 4000 –
12
6000 mg) aufweisen. Dabei sollte auch eine bestandsspezifische Mischung mit dem
Mineralfutterhersteller besprochen werden. Laut Futtermittelverordnung darf der Selenegehalt in der Gesamtration maximal 0,5 mg/kg Trockensubstanz betragen. Kann
eine Aufnahme der vom Hersteller empfohlenen Mineralfuttermenge (z.B. 30
g/Tier/Tag) nicht gewährleistet werden, ist eine zusätzliche Injektionsbehandlung mit
Vitamin E/Selen zu empfehlen. Dabei sollten die tragenden Muttern ca. 6 Wochen vor
dem Lammtermin und die Lämmer in der 10. Lebenswoche behandelt werden. Zudem können einzelne Kümmerer wiederholt behandelt werden. Dabei sollte über eine
dauerhafte Kennzeichnung des Tieres und Protokollierung der Behandlungserfolg
nachvollzogen werden. Etwas sechs Monate nach Einführung der Mineralfuttergabe
(evtl. plus Injektionsbehandlung) sollte anhand von Blut- oder Leberproben der Herdenstatus und der Erfolg der getroffenen Maßnahmen erneut überprüft werden.
Es wird grundsätzlich empfohlen, die regelmäßige Aufzeichnung von produktionsbezogenen Leistungsdaten als Routine in den Bestand einzuführen.
5.2
Exemplarische Beratungsempfehlungen in drei
/Ziegenbeständen mit Spurenelementimbalancen
5.2.1
Herde A
anderen
Schaf-
Eine Ziegenherde eines Ökobetriebes in einer Mittelgebirgslage wurde ab dem Jahr
2000 neu aufgebaut. Sie ist CAE (Caprine Arthritis und Enzephalitis) unverdächtig.
Erste gesundheitliche Probleme traten im Jahr 2003 mit Pasteurellose auf. Es wurden
im Jahr 2004 vier lebensschwache Lämmer geboren, fünf Lämmer verendeten. Die
postmortale Untersuchung ergab einen deutlich zu niedrigen Cu-Gehalt in der Leber
(4,3 mg/kg Frischsubstanz (FS)) und einen zu geringen Vitamin E Gehalt (1,45 mg/kg
FS). Selen und Blei lagen im Referenzbereich. Die Lämmer und Muttern wurden daraufhin mit Vitamin E/ Selen per Injektion behandelt und es wurde ein Mineralfutter für
Rinder (wegen des höheren Cu-Gehaltes) angeboten. Der Cu-Mangel wurde als
hauptsächlich verantwortlich für die hochgradigen Lämmerverluste angesehen. Es
folgten bis zum Sommer noch erhebliche weitere Verluste, nur vier Bocklämmer (von
34) und 17 weibliche Lämmer (von 20) überlebten. Die anderen starben vorwiegend
unter der Symptomatik eines klinischen Kupfermangels. Erschwerend kamen noch
Kombinationen mit Clostridiosen, E. coli-Enteritis und Kokzidiosen hinzu.
13
Im Herbst 2004 wurde weiterhin ein Rindermineralleckstein angeboten und die tragenden Ziegen mit 2%iger CuSO4-Lösung 3 mal in monatlichen Abstand oral behandelt. Da CuSO4 keine Arzneimittelzulassung hat, ist dieses Verfahren rechtlich
gesehen problematisch.
Im Frühjahr 2005 sind von 49 Lämmern sechs gestorben. Von den fünf untersuchten
Tieren hatte nur eins einen zu niedrigen Cu-Gehalt in der Leber.
Dem Bestand wurde die Empfehlung gegeben, den Ziegen zukünftig spezielles, Cuhaltiges Mineralfutter, welches homogen in das Kraftfutter eingemischt wird, zu verabreichen. Die prinzipiell sinnvolle Applikation von kupferhaltigen Copinox-Boli ist in
Deutschland nicht zugelassen.
5.2.2
Herde B
Die Wanderschafherde eines Ökobetriebes mit ca. 1000 Mutterschafen zeigte 2001
neben Haarlingsbefall eine auffällig unterschiedliche Gewichtszunahmen bei den
Lämmern. Bei verendeten Lämmern konnten bereits in der Vergangenheit in der Sektion zu geringe Konzentrationen an Vitamin E und Selen in der Leber festgestellt
werden. Der Bestand führte daraufhin eine Substitution per Injektion zu Zeitpunkt der
Schur ein. Dennoch wurden weiter bei verendeten Lämmern zu geringe Gehalte an
Vitamin E und Selen festgestellt. Empfohlen wurde die Gabe von Vitamin/Selen als
Injektion an alle Muttertiere im letzten Drittel der Trächtigkeit. Im Jahr 2002 wurde bei
zwei Lämmern zudem ein Kobaltmangel diagnostiziert und bei einem perakut verendeten Lamm im Lebergewebe ein hochgradiger Kupfermangel festgestellt. Daraufhin
wurde die Gabe eine Mineralfutters mit Kupferanteil empfohlen. Diese Empfehlung
wurde allerdings mit dem dringenden Hinweis verknüpft, dass der Herdenstatus regelmäßig in Lebern von Schlachtschafen zu überprüfen ist, um Überversorgungen
vorzubeugen. Diese Empfehlung wurde 2002 in Form einer Gabe von RinderMineralfutter (1200 mg Kupfer, 3000 mg Vitamin E, 40 mg Selen, 20 mg Kobalt u.a.)
an die hochtragenden Muttern umgesetzt, nach der Lammung wurde Schafmineralfutter mit 40 mg Selen, 35 mg Kobalt und 1000 mg Vitamin E verfüttert.
Vermutlich durch Zukäufe und über den Kontakt zu Ratten wurden 2002 in den Bestand diverse Krankheiten eingeschleppt wie Lippengrind, Paratuberkulose, Chorioptes-Räude und Haarlinge. Zudem wurden Verlammungen, insbesondere bei den
Zutretern, infolge Chlamydieninfektionen festegestellt. Zur Bekämpfung wurde die
Ektoparasitenbehandlung per Aufgußlösung, eine Badebehandlung gegen Räude
14
sowie eine Impfung aller Zutreter gegen Chlamydien angeraten. Ein Merzung der Paratuberkulose-verdächtigen Tiere wurde empfohlen und zudem ein gezielt Sanierung
in Absprache mit dem Veterinäramt in Erwägung gezogen.
Im Jahr 2004/2005 hatte sich der Gesundheitszustand der Gesamtherde deutlich
verbessert. Es wurde allerdings erneut Selenmangel bei Lämmern und Mutterschafen
bestätigt.
Dieser Fall zeigt, dass Bestandsprobleme äußert vielfältig sein können und im ungünstigsten Fall auch geballt zu einem Zeitpunkt auftreten. Gezielte Untersuchung,
Impfungen und konsequente Maßnahmen, die sich häufig vor allem auf das sofortige
Herausnehmen und Verwerten verdächtiger Tiere konzentrieren, kann zwar nicht unbedingt eine Tilgung der Erkrankung, sehr wohl aber eine deutliche Verbesserung
des Gesundheitszustandes einer Herde erreicht werden. Dem schon seit Jahren wiederholt festgestellte Mangel an dem Spurenelement Selen, aber auch an Kupfer und
Kobalt wurde offensichtlich nicht effektiv genug gegengesteuert. Möglicherweise haben die weiteren Bestandsprobleme alle Handlungskapazitäten des Schäfers gebunden. Die Versorgung mit Mineralstoffen ist bei großen Herden mit vielen Tierherden
mit Entfernungen von bis zu 50 km nicht immer zuverlässig zu garantieren.
5.2.3
Herde C
Eine seit 2001 von Schafgesundheitsdienst betreute, neu aufgebaute Herde (ca. 30
Muttern) liegt geographisch in einem Gebiet, in dem ein geringer Selengehalt im
Weideaufwuchs vermutet wird. Bei dem ersten Bestandsbesuch vielen vor allem Tiere mit hochgradigem Juckreiz auf, was auf massiven Haarlingsbefall zurückzuführen
war. Neben der Behandlung gegen Haarlinge wurde die regelmäßig Behandlung der
Muttern in der Hochträchtigkeit mit Vitamin E/Selen per Injektion empfohlen. Parasitologisch war der Bestand in den Jahren 2001 – 2005 sehr heterogen, die regelmäßig
entnommenen Sammelkotproben ergaben neben unauffälligen auch eindeutig behandlungswürdige Befunde. Im Herbst 2002 wurden unter den Lämmern 20% Kümmerer und bis dahin 14% verendete Lämmer registriert. Die übrigen Lämmer waren in
einem mäßigen Ernährungszustand. Labordiagnostisch wurde zu diesem Zeitpunkt
ein behandlungswürdiger Wurmbefall sowie ein Selenmangel im Blut festgestellt. Im
Mai 2003 lagen die Lammverluste immer noch bei 18%. Die Empfehlung der planmäßigen Substitution von Vitamin E/Selen wurde erneut gegeben. Wegen einiger
Todesfälle in Folge einer Breinierenerkrankung (perakute Infektion mit Clostridium
15
perfringens) in den Jahren 2002/2003 wurde eine Impfung dagegen empfohlen, die
im Jahr 2004 begonnen wurde.
Im Jahr 2005 konnten von 99 geborenen Lämmern (davon 87 lebend geborene) nur
69 Lämmer aufgezogen werden, was einer Gesamtlämmerverlust von ca. 31 % entspricht. Die Jungtiere waren insgesamt in einem mäßig bis schlechtem Ernährungszustand. Etwa 10% der Lämmer waren als so genannte Kümmerer (mager,
kleinwüchsig, stumpfe Wolle) zu identifizieren. Labordiagnostisch konnte erneut ein
hochgradiger Selenmangel festgestellt werden. Rückblickend ergab sich zudem, das
die seit 2001 gegebene Empfehlung der Substitution von Selen trotz Verschreibung
des Medikamentes nur unzureichend nachgekommen wurde. Es ist daher davon
auszugehen, dass die permanent vorliegende Unterversorgung mit Selen in der Herde die hohen Lammverluste begünstigt hat. Dabei steht nicht die klassische „Weißmuskelkrankheit“
in
Vordergrund,
sondern
die
vermehrte
Anfälligkeit
der
Selenmangeltiere für Infektionskrankheiten sowie das verminderte Körperwachstum.
6.
FAZIT
Die Annahme, dass bei naturnaher Haltung Mineralstoffmangel nicht auftritt, kann
bezüglich Selen in Norddeutschland nicht gehalten werden. Der Versorgungsstatus
mit Zink und Kupfer muss bestandsspezifisch abgeklärt werden. Die Vitamin E Versorgung ist ebenfalls zu beobachten, wobei vor allem jahreszeitliche Schwankungen
im Grundfutter einkalkuliert werden müssen. Das Rehwild scheint aus der selektiven
Konzentrataufnahme nur in Bezug auf die Vitamin E Versorgung eindeutige Vorteile
in Bezug auf die Spurenelementversorgung ziehen zu können.
16
7.
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