Harzhauser, M., Wanzenböck, G., Zuschin, M. 2006. 12
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Harzhauser, M., Wanzenböck, G., Zuschin, M. 2006. 12
Harzhauser, M., Wanzenböck, G. & Zuschin, M. 2006. 12. Jahrestagung der Österreichischen Paläontologischen Gesellschaft, Tagungsprogramm, Abstracts, Exkursionen. Eigenverlag, Naturhistorisches Museum Wien. 2 12. JAHRESTAGUNG DER ÖSTERREICHISCHEN PALÄONTOLOGISCHEN GESELLSCHAFT Tagungsort Bad Vöslau, Niederösterreich Kursalon Bad Vöslau, Waldwiese, Josefsplatz, 2540 Bad Vöslau, Restaurant Kursalon Tagungsgebühr Mitglieder: € 18,Studenten: € 12,- zusammengestellt von: Mathias Harzhauser (Naturhistorisches Museum Wien) Gerhard Wanzenböck (Bad Vöslau) Martin Zuschin (Department für Paläontologie, Universität Wien) 3 PROGRAMM Freitag, 19. 5. 2006 Vorexkursion Die Paratethys im Großraum Baden Treffpunkt: 9.00, Kursalon Bad Vöslau Ausrüstung: Bergschuhe, Rucksack, Taschenlampe 1. Rauchstallbrunngraben Badener Konglomerat und Bryozoenmergel 2. Schelmenloch und Bohrmuschellöcher Gainfarner Brekzie und Bohrmuschellöcher in triadischen Kalken 3. Begehung von Teilen des Geolehrpfades Bad Vöslau Mesozoische und neogene Ablagerungen 4. Begehung der Felder von Gainfarn Gainfarner Sande und Mergel mit reicher Molluskenfauna 5. im Anschluss gemeinsames Abendessen im Kursalon Bad Vöslau Jahreshauptversammlung der ÖPG im Kursalon Bad Vöslau, 20.00 Samstag, 20. 5. 2006 Vorträge und Posterpräsentation im Seminarraum des Kursalons Bad Vöslau 9.00 Begrüßung 9.10 Einführungsfilm über Bad Vöslau Vorträge 9.20 Wessely, G.: Zur Geologie von Bad Vöslau. – S. 47 10.00 Wagreich, M., Selge, A., Hohenegger, J., Stingl, K, Scholger, R., Pervesler, P., Rupp, Ch., Rögl, F., Coric, S., Khatun, M.: Ergebnisse der Forschungsbohrung Sooß (Miozän, Unteres Badenium). – S. 37 10.20 Göhlich, U. und Chiappe, L.: Federloses Federvieh: Juravenator starki, der neue Raubdinosaurier aus dem Oberjura von Schamhaupten (Bayern). – S. 11 10.40 Kaffeepause 11.00 Meller, B.: Pellendorf - eine niederösterreichische obermiozäne Fundstelle mit bemerkenswerten Pflanzenfossilien. – S. 28 11.20 Nagel, D., Ferguson, D.: Neuseeland – Aotearoa: Maori „Land der langen weißen Wolke“. – S. 32 4 11.40 Minati, K.: Spätmiozäne Ostracoden aus dem Wiener Becken. – S. 29 12.00 Möglichkeit zum gemeinsamen Mittagessen im Restaurant des Kursalon 13.40 Dockner, M.: Schädelmorphologische Unterschiede zwischen rezenten und fossilen Hyänen mittels Computertomographie. – S. 8 14.00 Wanzenböck, G.: Fraß- und Lebensspuren an Mollusken aus der Lokalität Gainfarn NÖ. – S. 38 14.20 Mandic, O., Harzhauser, M.: Evolution in isolierten Ökosystemen: Die neogenen Dinariden-Seen. Welchen Einfluss hatten die Dinariden-Mollusken auf den Pannonischen See? – S. 27 15.00 Gross, M.: Malen ohne Zahlen. Geologische Neogen-Kartierung auf Blatt ÖK 164 Graz. – S. 12 15.20 Kaffeepause 15.40 Vávra, N.: Hofrat Carl August Bobies (1898 – 1958): Geologe, Bryozoologe und Sammler im Bezirk Baden. – S. 35 16.00 Doguzhaeva, L. A., Summesberger, H., Mutvei, H. & Brandstätter, F.: A Late Triassic coleoid cephalopod from the Northern Calcareous Alps of Lunz (Lower Austria; Lunz Formation), with non-mineralized organic remains. – S. 9 16.20 Kroh, A., Harzhauser, M., Piller, W., Reuter, M., Mandic, O. und Berning, B.: Von Acroporen-Teppichen und Elefantenmuscheln. Oberoligozäne Karbonate der Arabischen Platte und ihre Bedeutung für die Entstehung der Indopazifischen Faunenprovinz. – S. 23 16.40 Harzhauser, M., Zuschin, M., Mandic, O., Sovis, W. und Schmid, B. : Das Korneuburger Becken - von der Grabung zur Erlebniswelt. – S. 14 17.00 Steininger, F. F.: Ein Pompej der Paläontologie: Das UNESCO Weltnaturerbe Fossilfundstelle Grube Messel. Ein Zeitfenster im Gedächtnis unseres Planeten Erde“. – S. 33 Poster Draxler, I.: Pollendaten als Blitzlichter der Florengeschichte aus dem Ortszentrum von Bad Vöslau. – S. 10 Hubmann, B., Gaetani, M.: Devonian green-algae, tabulate corals and bioclaustrations from the Karakorum Mountains (Northern Pakistan). – S. 18 Hubmann, B., Gross, M., Schultz, O.: Die Österreichische Paläontologische Gesellschaft: 40 Jahre alt! – S. 7 Kollmann, H. A.: Die Nerineen: Taxonomische Verwirrungen und neue Systematik einer altbekannten Gastropodengruppe. – S. 20 5 Kroh A.: Hemipatagus & Maretia – ähnlich, aber doch nicht gleich. Eine (Seeigel-) Geschichte voll Verwechslungen. – S. 21 Lukeneder, A.: Hosting corals – ammonoids as island for epibionts. Autecological implications from different Early Cretaceous fossil groups (Dolomites, Southern Alps, Italy). – S. 25 Lukeneder, A.: A new Early Cretaceous ammonoid fauna from the Dolomites (Valanginian – Aptian, Southern Alps, Italy). – S. 26 Moser, B., Hubmann, B.: „Biedermeierliche“ Rekonstruktionen geologischer Ökosysteme durch Joseph Kuwasseg. – S. 30 Wessely, G., Ćorić, S., Rögl, F., Zorn, I.: Das Badenium in Thermalwasserbohrungen und Großaufschlüssen von Bad Vöslau. – S. 44 Texte zu den Exkursionen Mandic, O.: Stop Müllendorf – S. 63 Nagel, D.: Stop Merkensteinhöhle (Niederösterreich). – S. 60 Wessely, G.: Zur Geologie von Bad Vöslau. – S. 47 Wessely, G.: Stop Aussichtspunkt Jubiläumswarte am Harzberg. – S. 54 Wessely, G.: Stop Sooß, Schelmenloch. – S. 56 Zuschin, M., Harzhauser, M., Mandic, O.: Stop Gainfarn. – S. 56 Sonntag, 21. 5. 2006 Nachexkursion Treffpunkt: 9.00, Stadtmuseum Bad Vöslau Ausrüstung: Bergschuhe, Rucksack, Taschenlampe 1. Besuch des Stadtmuseums Bad Vöslau 2. Besuch der Bärenhöhle von Merkenstein. Kurzbesichtigung der Burgruine 3. Mittagspause 4. Steinbruch Müllendorf „Fauna des Leithakalkes“ 6 Die Österreichische Paläontologische Gesellschaft: 40 Jahre alt! [Poster] Bernhard Hubmann 1 , Martin Gross 2 und Ortwin Schultz 3 1 Institut für Geologie und Paläontologie, Universität Graz, Heinrichstrasse 24-26, Graz, Austria. 2 Landesmuseum Joanneum, Abteilung für Geologie & Paläontologie, Raubergasse 10, A-8010 Graz 3 Museum Wien, Geologisch-Paläontologische Abteilung, Burgring 7, 1010 Wien. Seit dem 29. Juni 1966 existiert die Österreichische Paläontologische Gesellschaft (ÖPG) als wissenschaftliche Vereinigung, die sich die Förderung der Paläontologie in Österreich zur Aufgabe gestellt hat. In den letzten Jahren kristallisierte sich zusätzlich zur Kontaktplattform für arrivierte und angehende Paläontologen, Erdwissenschaftler und interessierte Laien als weiteres wesentliches Ziel heraus, die Paläontologie der Öffentlichkeit besser verständlich zu machen. Zusätzlich zu Fachvorträgen, die vor allem am Institut für Paläontologie in Wien und Graz seitens der ÖPG durchgeführt wurden finden bereits seit zwei Jahren in Kooperation ÖPG und Joanneum-Verein „populärwissenschaftliche“ Vortragsreihen am Landesmuseum Joanneum in Graz statt. Integratives Element der Gesellschaft ist die Jahrestagung. Seit 1994, als zum ersten Mal eine Tagung in Dornbirn ausgerichtet wurde, fanden 11 weitere derartige Veranstaltungen statt (Graz, 1995; Bad Aussee, 1996; Kötschach-Mauthern 1997; Lunz am See, 1998; Hallein, 1999, Gams bei Hieflau, 2000; Mannersdorf, 2001; Nassfeld in Kärnten, 2002; Zistersdorf, 2003; St. Cassian/Südtirol, 2005; Bad Vöslau, 2006). Zusätzlich zu den Vorträgen werden Exkursionen angeboten, die speziell dem Tagungsgebiet gerecht werden. Die Österreichische Paläontologische Gesellschaft gibt zwar keine eigene Zeitschrift heraus, händigt aber allen Mitgliedern ein aktuelles, i.a. auf die paläontologische Erforschung Österreichs fokussiertes Druckwerk als „Jahresgabe“ aus. Zum Teil werden auch Publikationen und studentische Mitglieder finanziell unterstützt. Derzeit gehören dem Verein der ÖPG 183 Mitglieder an. Der Vorstand besteht neben dem Präsidenten, Vizepräsidenten, Schriftführer, Kassier, Webmaster und zwei Rechnungsprüfern aus 13 Beiratsmitgliedern, die aus sich aus VertreterInnen der Universitätsinstitute (4), Museen (2), der Geologischen Bundesanstalt (1), der Wirtschaft (1) und Privatsammlern (5) zusammensetzen. 7 Schädelmorphologische Unterschiede zwischen rezenten und fossilen Hyänen mittels Computertomographie [Vortrag] Dockner Martin Institut für Paläontologie – Universität Wien Althanstraße 14, A-1090 Wien Die Computertomographie bietet als Messmethode auch der Paläontologie neue Ansätze, wobei auch Serienuntersuchungen möglich sind. Die Stärken dieser zerstörungsfreien Abbildungsmethode liegen in exakten dreidimensionalen Röntgenbildern die mittels entsprechender Computersoftware (Amira, Osirix) weiterbearbeitet werden können. Durch den Aufbau des Bildes in Voxel (= dreidimensionale Pixel) deren Maße und Volumen bekannt sind, ist es möglich genaue Messungen von Strecken, Flächen oder Volumina abstrakter Körper durchzuführen. Das kommt vor allem in der Schädelanatomie verstärkt zum Einsatz, wo Hohlraumvolumina, wie beispielsweise das Endocranium, ohne Beschädigung des Fossils abgebildet und genau berechnet werden können. Bei sehr gut erhaltenem Fossilmaterial war es bisher möglich, mittels Endocranialausgüssen Informationen über die Gehirnanatomie zu bekommen. Anders liegt der Fall bei deformiertem oder nicht vollständigem Material und bei Schädelmerkmalen wie den Sinusbildungen. Bei Letzteren konnte man nur durch Schädelquerschnitte ungefähre Details erkennen, aber keine Aussagen über Größe und Form machen. Dieses Merkmal ist besonders bei Hyaeniden, Ursiden und teilweise bei Viverriden ausgebildet und stellt einen wichtigen Faktor bei der Schädelmechanik dar (Aufbau des Sagittalkamms etc). Die neuen Möglichkeiten der Computertomographie wurden genutzt, um einen Vergleich rezenter Tüpfelhyänen aus Afrika mit fossilen Höhlenhyänen aus Europa und den Veränderungen in deren Schädelmorphologie anhand Ausbildung der Nasennebenhöhlen und des Endocraniums zu erarbeiten. Es wurden hierfür insgesamt 22 Stücke mit einem Computertomographen gescannt und bearbeitet, wobei es sich um 15 Schädel der afrikanischen Tüpfelhyäne, 5 fossile Fundstücke der Höhlenhyäne und (zu Vergleichszwecken) 2 Schädel der rezenten gestreiften Hyäne handelt. Die vorläufigen Ergebnisse entkräften die bislang akzeptierte Theorie verhältnismässig größerer Nebenhöhlen bei den fossilen Hyänen gegenüber ihrer rezenten Verwandten. Die Arbeit wurde in enger Zusammenarbeit mit dem Institut für Anthrophologie der Universität Wien sowie der radiologischen Abteilung der veterinärmedizinischen Universität Wien durchgeführt. 8 A Late Triassic coleoid cephalopod from the Northern Calcareous Alps of Lunz (Lower Austria; Lunz Formation), with non-mineralized organic remains [Vortrag] Larisa A. Doguzhaeva 1 , Herbert Summesberger 2 , Harry Mutvei 3 , Franz Brandstätter 4 1. Palaeont. Inst., RAS, Moscow, Russia,[email protected], 2. Geol.-Paläont. Abt., Mus. Nat. Hist., Vienna, Austria, [email protected], 3. Dept. Palaeozool., Swedish Mus. Nat. Hist., Stockholm, Sweden, [email protected], 4. Mineral. Dept., Mus. Nat. Hist., Vienna, Austria, [email protected] The Late Triassic coleoid Phragmoteuthis MOJSISOVICS,1888 from the Northern Calcareous Alps (Carnian, Lunz and Raibl) has been found together with the arm-hooks and mandibles near their shells (SUESS, 1865; MOJSISOVICS, 1882). MOJSISOVICS (1882) noted (expl. pl. 94, fig. 7, p. 305), that one of the largest specimens studied by him, had a black, glossy layer on the anterior, pro-ostracal part of the shell (pro-ostracum). It is therefore reasonable to expect that remnants of soft tissues might be preserved together with the shell.. About 100 specimens of Phragmoteuthis from Lunz collected in the early 20th century (coll. Vienna Mus. Nat. Hist.) from the Raingraben Member (Lunz Formation, Carnian) of Lunz (Schindelberggraben; Lower Austria; NCA) were to our disposal. We examined about 20 shells with shiny, black, bituminous material attached to the outer surface of the pro-ostracum by scanning electron microscopy (SEM) and energy dispersive spectrometry (EDS) in the Swedish Museum of Natural History (Stockholm) and in the Museum of Natural History in Vienna. SEM observations. The black material has a thin lamination fractured into pieces of sheet-like, “elastic” laminae with fibrous ultrastructure. During fossilization, each fibre was replaced by a chain of granulae less than 1µm in diameter. The ink from the ink sac shows agglomerates of globular granules each consisting of smaller particles, similar to the ink in other extinct and in living coleoids (DOGUZHAEVA & al. 2004b). The arm-hooks have a black, “glassy” appearance like the chitinous hooks and mandibles of recent and fossil coleoids (DOGUZHAEVA et al. 2005). Their structure is finely laminated, each lamina being composed of a single layer of globules, ca 0.05 µm in diameter, with parallel orientation. EDS observations. The black sheet-like material, as well as the ink consists mainly of O, C, and Ca with C as the dominant element (ca 65%). Spectra of the “ink” additionally show S. Conclusions. The globular ultrastructure with globules less than 1µm in diameter, and predominant C, suggests that the black material was originally organic, reworked by C-reducing bacteria during rapid decay. The sheet-like material attached to the shell is interpreted as the remains of soft tissues of the mantle, covering the pro-ostracum. The ink in Phragmoteuthis has the typical globular ultrastructure of coleoids. C-replacement of the non-mineralized structures is the pathway of the preservation at the locality of Lunz. 9 Pollendaten als Blitzlichter der Florengeschichte aus dem Ortszentrum von Bad Vöslau. [Poster] Ilse Draxler Geologische Bundesanstalt, Neulinggasse 38, A-1030 Wien In neogenen Sedimenten aus dem Ortskern von Bad Vöslau wurden punktuell pollenanalytische Untersuchungen durchgeführt, die einen begrenzten Einblick in den Florenwandel vom Mittelmiozän bis zur Gegenwart ermöglichen. Die fossilführenden mittelmiozänen „Zwischenmergel“, die in den Baugruben des neuen Kurzentrums aufgeschlossen waren, enthalten Dinoflagellaten, die typisch für den marinen Ablagerungsraum sind, aber auch Pollen aus dem Hinterland. Es sind vor allem die gut flugfähigen bisaccaten Pollenkörner von Coniferen (Pinusarten, Cathaya) dominant, aber auch Laumischwaldelemente vertreten. Das Vorkommen von Mastixiaceae, Sapotaceae, Oreomunnea weisen auf ein subtropisches bis warmtemperiertes Klima. In demselben Bauaufschluß waren in den mehrere Meter mächtigen pleistozänen Sedimenten Linsen von Seggen-Braunmoostorf eingeschlossen, die eine Pollenflora aus einem sehr kalten und trockenen Klimaabschnitt mit geringer Vegetationsbedeckung aus Kräutern und nur einzelnen Baumgruppen (Föhren, Zirbe, Birke) enthalten. Im Badebereich mit Ursprungs- und Saunaquelle wurde ein Profil im anmoorigen Boden pollenanalytisch ausgewertet, das die durch den Menschen verursachte Umwandlung von einem noch geschlossenen naturnahen Tannen-Buchenwaldbestand in einen reinen Föhrenwald zeigt. Die hohen Nichtbaumpollenwerte sind auf lokale menschliche Eingriffe zurückzuführen und dürften mit dem Badebetrieb zusammenhängen. 10 Federloses Federvieh: Juravenator starki, der neue Raubdinosaurier aus dem Oberjura von Schamhaupten (Bayern) [Vortrag] Ursula B. Göhlich 1 und Luis M. Chiappe 2 1 derzeit: Naturhistorisches Museum Wien, Geologisch-Paläontologische Abteilung, Burgring 7, 1010 Wien. Heimatinstitut: Department für Geo- und Umweltwissenschaften, Sektion Paläontologie der Universität München, Richard-Wagner Str. 10, 80333 München. 2 The Dinosaur Institute, Natural History Museum of Los Angeles County, 900 Exposition Boulevard, Los Angeles, CA 90007, USA Das fast vollständige Skelett des neuen Raubdinosauriers wurde 1998 im Zuge einer wissenschaftlichen, paläontologischen Grabung des Jura-Museum Eichstätt in Plattenkalken bei Schamhaupten (Naturpark Altmühltal, Landkreis Eichstätt, Bayern) gefunden. Juravenator starki – der Jurajäger – ist der best erhaltene Theropode (non-avian theropod), der jemals in Europa gefunden wurde. Das Skelett mit einer Länge von nur ca. 75 cm repräsentiert ein Jungtier, wie einige ontogentisch bedingte Skelettmerkmale erkennen lassen. Die oberjurassischen Solnhofener Plattenkalke des Altmühltals (Tithon, Malm zeta) erlangten Weltruhm durch ihre berühmten Wirbeltier-Fossilen des ältesten Urvogels der Welt, Archaeopteryx, sowie des bisher einzigen Theropoden aus Süddeutschland, Compsognathus. Obwohl zeitlich, geographisch und ökologisch sehr ähnlich, stammt Juravenator nicht aus der Fazies der Solhofener Plattenkalken, sondern aus geringfügig älteren, stark verkieselten Plattenkalken (Kieselkalke) des obersten Kimmeridge (Malm epsilon), deren Alter etwa 151 Mio Jahre beträgt. Wie die aktuelle Untersuchung ergab, handelt es sich bei dem neuen, kleinen Raubdinosaurier nicht um einen weiteren Vertreter des vor etwa 150 Jahren gefundenen Compsognathus, sondern um ein neues, eigenständiges Taxon. Dennoch sprechen Skelett-morphologischen Merkmale für eine nahe Verwandtschaft von Juravenator und Compsognathus und weisen sie beide als Mitglieder der Compsognathiden aus, einer Theropoden-Familie innerhalb der Coelurosaurier (Hohlschwanzechsen). Unerwartet und außergewöhnlich an dem neuen Fossil ist die Erhaltung von Weichteilen, die vor allem im Schwanz-Bereich überliefert sind. Neben Hautabdrücken, die eine schuppige, pustelige Hautstruktur zeigen, sind unter langwelligem UV-Licht zusätzlich mineralisierte Weichteilrückstande zu sehen. Das Außergewöhnliche daran: die Weichteilerhaltungen lassen keine Spuren von Feder-artigen Strukturen erkennen. Dies aber wäre für einen Vertreter der Coelurosaurier, nach dem aktuellen Kenntnisstand eigentlich zu erwarten gewesen. Denn im Verlauf der letzten 10 Jahre untermauerten mehr und mehr Fossil-Funde v.a. aus Asien die Theorie, dass die Vertreter der unterschiedlichsten Coelurosaurier-Gruppen "befiedert" waren; deren befiederte Körperbedeckung reicht von federartigen Integumenten ("Protofedern") bis hin zu Konturfedern. Befiederung ist auch bei Compsognathiden (z.B. Sinosauropteryx) belegt. Das Fehlen von federartigen Strukturen bei Juravenator wirft nun neue Fragen auf und spricht dafür, dass der Ursprung und die Entwicklung der Federn innerhalb der Theropoden komplexer verliefen, als bisher angenommen. 11 Malen ohne Zahlen Geologische Neogen-Kartierung auf Blatt ÖK 164 Graz [Vortrag] Martin Gross Landesmuseum Joanneum, Abteilung für Geologie & Paläontologie, Raubergasse 10, A-8010 Graz Graz ist die zweitgrößte Stadt Österreichs und Landeshauptstadt der Steiermark. Trotz langer erdwissenschaftlicher Tradition - sowohl musealer als auch universitärer Art - fehlt bis heute das geologische Kartenblatt Graz. Die detaillierteste Darstellung eines großen Teiles der ÖK 164 bietet die Naturraumpotentialkarte „Mittleres Murtal“ (1:50.000) von Ebner (1983), die in den südlichen und östlichen Anteilen weitgehend auf Kartierungen der Rohöl-Aufsuchungs AG (Kollmann 1965) fußt. Während Generationen von Geologen/Biostratigraphen sich dem „interessanten“ und berühmten Grazer Paläozoikum widmeten, blieb das Neogen um Graz stets ungeliebtes Stiefkind. Frühe Beobachtungen von z.B. Hilber (1893, cum Lit.), einige Dissertationen (z.B. Riepler 1984, Moser 1986), mehrere Arbeiten von Clar (z.B. 1927, 1933, 1938) und nicht zuletzt von Flügel (z.B. 1975a, b, cum Lit., 1997) liefern wichtige Daten zur Lithologie und Stratigraphie. Die vom Joanneum-Research erstellten und laufend aktualisierten „Baugrundkarten“ der Stadt Graz integrieren eine Unmenge (einige Tausend!) von Bohr- und Aufschlussdaten. Zweckgebunden (v.a. Baugruben) handelt es sich dabei meist um kurzlebige Aufschlüsse in quartären Sedimenten. Das Neogen wird größtenteils rein deskriptiv behandelt und stratigraphische Zuordnungen basieren auf den oben zitierten Arbeiten. Die schlechte Aufschlusssituation (Wald und Wiese oder dichtest verbautes Gebiet) erschwert in Verbindung kaum/nicht differenzier- bzw. korrelierbaren Lithologien eine Parallelisierung von Schichtverbänden. Nur wenige Aufschlüsse geben zumindest Anhaltpunkte zur Korrelation mit den verhältnismäßig gut biostratigraphisch eingestuften Ablagerungen im Süden und Südosten von Graz (z.B. Bohrungen Puntigam, Spielerhof bei Raaba). Geologische Neuaufnahmen in Kombination mit einer biostratigraphischen Bearbeitung bestätigten abermals das Mirakel der mittel- bis obermiozänen Sedimente um die Landeshauptstadt. Ein Großteil der untersuchten Proben war bis auf nicht näher verwertbare Pflanzenreste (Blattreste, Characeen) steril. Teilweise enthaltene Süßwasserostracoden und Gastropoden sind für eine detaillierte Biostratigraphie kaum aussagekräftig. Beprobungen bezüglich Nannoplankton verliefen negativ. Die spärlichen Fundpunkte mit Foraminiferen lieferten nahezu monospezifische, stratigraphisch z.T. mehrdeutige Faunen, ebenso wie die vereinzelten Vorkommen von Bivalven. Auch bereits bekannte und neue Funde von Vertebraten räumen Spielraum für Interpretationen ein. Die Beckenrandlage des Neogens um Graz lässt ausgeprägte erosive Phasen/Schichtlücken erwarten, wenn man bedenkt, dass z.B. im zentralen Steirischen Becken an der Grenze Mittel/Ober-Miozän bis zu 60 m tiefe Erosionsrinnen dokumentiert sind (Kosi et al. 2003). Zusätzlich belegen neue Aufschlussbeobachtungen erstmals deutlich die intensive tektonische Aktivität im Mittel-/Ober-Miozän. Damit heißt es vorerst weiterhin: Malen ohne Zahlen bzw. lithostratigraphische Einheiten zu definieren, ohne ihre genaue zeitliche Korrelation zu kennen. 12 Literatur Clar, E. (1927): Zur Kenntnis des Tertiärs im Untergrund von Graz. - Verhandlungen der Geologischen Bundesanstalt, 1927: 184-191. Clar, E. (1933): Der Bau des Gebietes der Hohen Rannach. - Mitteilungen des naturwissenschaftlichen Vereines für Steiermark, 70: 24-47. Clar, E. (1938): Sarmat in der Kaiserwaldterrasse bei Graz (nebst Bemerkungen über die Gliederung des Grazer Pannons). - Verhandlungen der Geologischen Bundesanstalt, 1938/7-8: 154-162. Ebner, F. (1983): Erläuterungen zur geologischen Basiskarte 1:50.000 der Naturraumpotentialkarte „Mittleres Murtal“. - Mitteilungen der Gesellschaft der Geologie- und Bergbaustudenten in Österreich, 29: 99-131. Flügel, F. (1975a): Erläuterungen zur Geologischen Wanderkarte des Grazer Berglandes 1:100.000. Mitteilungen der Abteilung für Geologie, Paläontologie und Bergbau am Landesmuseum Joanneum, Sonderheft 1: 1-288. Flügel, F. (1975b): Das Neogen der Grazer Buch. - Mitteilungen des naturwissenschaftlichen Vereines für Steiermark, 105: 71-77. Flügel, F. (1997): Bericht 1996 über die lithostratigraphische Gliederung des Miozäns auf Blatt 164 Graz. - Jahrbuch der Geologischen Bundesanstalt, 140/3: 383-386. Hilber, V. (1893): Das Tertiärgebiet um Graz, Köflach und Gleisdorf. - Jahrbuch der k. k. Geologischen Reichsanstalt, 43/2: 281-365. Kollmann, K. (1965): Jungtertiär im Steirischen Becken. - Mitteilungen der Geologischen Gesellschaft in Wien, 57/2: 479-632. Kosi, W., Sachsenhofer, R.F. & Schreilechner, M. (2003): High Resolution Sequence Stratigraphy of Upper Sarmatian and Pannonian Units in the Styrian Basin, Austria. - Österreichische Akademie der Wissenschaften, Schriftenreihe der Erdwissenschaftlichen Kommissionen, 16: 63-86. Moser, E. (1986): Das kohleführende Miozän zwischen Graz und Weiz. - 302 S., unveröffentlichte Dissertation, Karl-Franzens-Universität Graz. Riepler, F. (1988): Das Tertiär des Thaler Beckens (Raum Thal - Mantscha - Tobelbad). - 148 S., unveröffentlichte Dissertation, Karl-Franzens-Universität Graz. 13 Das Korneuburger Becken von der Grabung zur Erlebniswelt [Vortrag] Mathias Harzhauser 1 , Martin Zuschin 2 , Oleg Mandic 1 , Wolfgang Sovis 3 , Brigitta Schmid 1 1 Naturhistorisches Museum Wien, Geologisch Paläontologische Abteilung, 2 Department für Paläontologie, Universität Wien, 3 Stockerau, Am Damm 11 Großes Medienecho rief 2005 eine Grabungskampagne des NHMW hervor, die in Kooperation mit der Universität Wien, der Gemeinde Stetten und mit zahlreichen freiwilligen Helfern durchgeführt wurde. Ziel der Forscher war das Korneuburger Becken, das sich scheinbar unspektakulär nordwestlich von Wien erstreckt, das aber jede Menge erdgeschichtlicher Superlative birgt: die größte fossile Perle – das größte fossile Austernriff – die längste Riesenauster – den ältesten Gangesdelphin – die letzten europäischen Alligatoren… Seit mehr als 150 Jahren sind die sandigen und tonigen Ablagerungen rund um Korneuburg für ihren Fossilreichtum bekannt. Doch erst in den letzten beiden Jahrzehnten war das Korneuburger Becken Ziel einer konzentrierten wissenschaftlichen Bearbeitung. Durch die jahrelangen Bemühungen eines unermüdlichen Kreises von Amateuren und Fossiliensammlern waren die Fachleute schließlich mit einer ungeahnten Fülle an Fossilien konfrontiert. Eine internationale Gruppe von 33 Wissenschaftern konnte so mehr als 650 verschiedene Tier- und Pflanzenarten nachweisen. Das Spektrum reicht dabei von winzigen Algen bis zu ausgewachsenen Elefanten. Daher ist das Korneuburger Becken heute das am besten wissenschaftlich bearbeitete und dokumentierte Becken der Welt. Die gewaltige Vielfalt erlaubt eine äußerst detaillierte Rekonstruktion des Lebensraumes: Vor 16,5 Millionen Jahren, im frühen Miozän, war das Korneuburger Becken Teil einer lang gestreckten Flussmündung, in die ein tropisches Meer weit hineinreichte. Sümpfe, Insellandschaften, Altarme und schlammige Küstenstreifen kennzeichneten den Lebensraum. Zwei Hügelketten aus Flyschsandstein, die mit dichtem Tropenwald bedeckt waren, bildeten die Begrenzung. Während Nashörner, Elefanten, Flughunde und Hirschferkel die Regenwälder durchstreiften, lagen an den Ufern Alligatoren auf der Lauer. Delphine und Haie machten Jagd auf die zahlreichen Fische; träge Seekühe weideten in den Seegraswiesen des seichten Meeres. Ästuare sind die Schnittstellen zwischen Meer und Fluss und reich an Nährstoffen. Besonders in den Regenzeiten schwemmen die Flüsse Unmengen an organischem Material ins Meer. Diesen Nahrungsüberfluss machten sich die Korneuburger Riesenaustern zunutze. Im Gezeitenbereich bildeten sie dichte Riffe, die sich bis zu einem Quadratkilometer weit erstrecken konnten. Austernriffe sind bis heute wichtige Wasserfilter, die verhindern, dass die Ökosysteme der anschließenden Meeresbereiche durch Überdüngung kollabieren. Die Korneuburger Austernriffe sind nicht nur durch ihre Dichte einzigartig, sondern auch durch Größe und Alter der einzelnen Muscheln: Die Methusalems unter den Weichtieren lebten 30 und mehr Jahre und hatten oft Schalen mit über 80 cm Länge. Da die Tiere ihre Schalen in Jahresrhythmen bauen, sind diese ein Archiv ehemaliger Umweltbedingungen. Geochemische Untersuchungen der Austernschalen erlauben Rückschlüsse auf jahreszeitliche Schwankungen des Niederschlages und geben Hinweise auf die Temperatur des Meerwassers. Im fossilen Tropenparadies fiel die Meerestemperatur selbst im Winter nie unter 16°C. In den schwülen, heißen Sommern kletterte sie im seichten Meer bis über 30°C – dann stoppten die Austern ihr Wachstum und warteten auf die kühlere Jahreszeit. 14 Die hohen Temperaturen erklären sich unter anderem dadurch, dass dieser Teil Österreichs vor 16-18 Millionen Jahren noch auf der geografischen Breite von Alexandria lag. Zusätzlich war das frühe Miozän die bisher letzte „Treibhaus-Phase“ der Erdgeschichte. Kurz darauf setzten erste Vereisungen des Südpols ein und das Klima wurde kälter. Zu diesem Zeitpunkt war die Meeresbucht von Korneuburg jedoch schon längst Festland. Grabungssituation Mehr als 16 Millionen Jahre hatte die Erosion Zeit, um die Reste der miozänen Lebensräume nahezu völlig verschwinden zu lassen. Auch die Austernriffe wurden weitgehend zerstört. Nur dem geologischen Zufall ist es zu verdanken, dass bei Korneuburg ein Teil der miozänen Sedimente zwischen den Flyschketten geschützt überdauert hat. Lediglich an einer Stelle, in der Umgebung der Gemeinde Stetten, vermuteten die Wissenschafter ein letztes 15 zusammenhängendes Riff. Immer wieder tauchten nämlich einzelne Schalen entlang der Geländekante der ehemaligen Ziegelei Stetten auf. Die ursprünglich horizontalen Ablagerungen wurden durch gebirgsbildende Kräfte um 20° verkippt. Fossilführende Schichten, die in den Ziegelgruben und auf den Feldern anwittern, fallen daher steil in die Tiefe ab und lassen sich bei Grabungen nur schwer verfolgen. Daher brachten erste Probegrabungen im Frühjahr 2005 keine eindeutigen Erkenntnisse. Der relativ kleine Bagger musste in einer Prospektionstiefe von vier Metern aufgeben, ohne überhaupt in die Nähe der Austern gekommen zu sein. Erst im Sommer gelang es mit schwerem Gerät, eine Fläche von über 300 m2 abzugraben. Mit größter Vorsicht arbeitete sich der Bagger bis auf etwa 40-60 cm über die Austernlage vor – danach wäre das Risiko, die Fossilien zu zerstören, zu groß gewesen. Die schräg nach Westen geneigte Fläche musste dabei bis zu sechs Meter tief abgegraben werden. Der anfallende Aushub türmte sich bald zu einem Berg, der schon von der Autobahn sichtbar war. Nun begann die eigentliche Arbeit. Doch bevor Pinsel und Spatel zum Einsatz kommen konnten, musste das Team noch einige Tage lang im strömenden Regen Tonnen von Sand – den Sicherheitsabstand des Baggers – händisch abtragen. Wie bei archäologischen Grabungen wurde die riesige Fläche in Quadranten eingeteilt und vermessen. Erst in der zweiten Grabungswoche bekamen die Forscher die ersten Austern zu Gesicht. 20 Erdwissenschafter begannen, Reihe um Reihe von 7 x 2 Meter großen Quadranten zu präparieren. Anschließend wurde Quadrant für Quadrant dokumentiert und fotografiert. Mehr als 15.000 Riesenaustern bedeckten schließlich die freigelegte Fläche. Dazwischen fanden sich über 40 verschiedene Muschel- und Schneckenarten. Einige, wie die Purpurschnecken, waren auf junge Austern spezialisiert; andere, wie die Schlammschnecken, weideten die Algen von den Schalen der Muscheln. Besonders spannend war die „Jagd“ nach Perlen von Miesmuscheln und Austern, denn die größte fossile Perle der Welt mit stolzen vier Zentimetern Durchmesser stammt aus einer Miesmuschel von Stetten. Alle Fossilien wurden dokumentiert, Lage und Ausrichtung wurden untersucht. Von der Auswertung dieser Daten erhofften sich die Wissenschafter Aufschluss über Strömungsrichtungen, Wassertiefe, Faunenzusammensetzung und Ablagerungsgeschichte. Schon bald war klar, dass die gewaltige Ansammlung von Austernschalen eine Herausforderung für phantasiebegabte Paläontologen sein würde. Erst die nahezu kriminalistischen Methoden der paläontologischen „Spurensicherung“ konnten das AusternGeheimnis lüften: Keine der Austern war in Lebensstellung und doppelklappig erhalten – ein Hinweis, dass die Schalen nach dem Tod der Tiere bewegt worden waren. Wären die Schalen aber lange frei herumgelegen, wären sie intensiv von festsitzenden Tieren besiedelt worden. Schwämme, kleine Austern, Seepocken und Bohrmuscheln brauchen nur wenige Jahre, um eine Schale völlig zu zerbohren oder zu verkrusten. Dieser widersprüchliche Befund wurde noch dadurch verkompliziert, dass eines der häufigsten Begleitelemente die Schalen von Venusmuscheln waren. Diese Tiere leben im Sand vergraben und hätten im Austernriff kaum existieren können. Die Möglichkeit, dass alle Schalen aus verschiedenen Lebensräumen zusammengeschwemmt worden sind, lässt sich leicht ausschließen. Dann müssten nämlich die länglichen Austernschalen durch die Strömungen eine bevorzugte Ausrichtung zeigen. Tatsächlich liegen die Schalen aber völlig wirr. Ein Blick auf die Schichten über und unter der Austernlage brachte einen ersten Hinweis. Die wenige Zentimeter mächtige Schalenlage wird von typischem Lidosand überlagert, wie man ihn heute am Strand der Adria finden kann. Darüber folgen feine Tone, die schon in etwas tieferem Wasser abgelagert wurden. Derartige Abfolgen entstehen nur, wenn der Meeresspiegel ansteigt. Das Austernriff ist also anscheinend allmählich „ertrunken“. Die Austern wurden – vielleicht sogar noch in ihrer ehemaligen Lebensposition – eingebettet und von Sediment bedeckt. Als sich bereits ein 16 seichtes Meer über den Austern erstreckte, besiedelten Venusmuscheln den Sand und gruben sich tief ins Sediment, bis sie an den harten Austernschalen anlangten. Erst jetzt ereignete sich die Katastrophe: Ein gewaltiger Sturm erzeugte mächtige Flutwellen, die den Meeresboden aufwühlten. Der Wasser gesättigte Schlamm wurde mit den Austern hochgerissen und in unmittelbarer Nähe wieder abgelagert. Dabei wurden Austern und Venusmuscheln durchmischt, linke und rechte Schalenklappen getrennt. Nach diesem Ereignis folgten Scheidenmuscheln, die erneut tief in das Sediment graben konnten. Auch für sie stellten die Austernschalen eine undurchdringliche Barriere im weichen Sand dar. Da sie den Lebensraum aber erst nach der Sturmkatastrophe eroberten, finden sich ihre Schalen doppelklappig und in Lebensstellung: sie stecken vertikal im Sand. Fossilienwelt Stetten – Begegnung mit einem dramatischen Stück Erdgeschichte Weltweit ist diese Fossillagerstätte einzigartig. Daher ist auch geplant, sie interessierten Besuchern dauerhaft zugänglich zu machen. Ein völlig neues, ambitioniertes Ausstellungskonzept soll die Begegnung mit einem dramatischen Stück Erdgeschichte zum unvergesslichen Erlebnis werden lassen. Dazu werden die interessantesten Fundstellen am Teiritzberg nach modernen didaktischen Grundsätzen als markante touristische Attraktion vor den Toren Wiens gestaltet. Fossilfunde, fossile Böden und Landschaftselemente sollen Teil einer Inszenierung werden, die alle Sinne anspricht und besonders auf jene Aspekte Wert legt, die in herkömmlichen Museumsprojekten nicht umsetzbar sind: - Authentizität Fossilien in Originallage in der Fundstelle Einbettung in den Naturraum Großes Platz- und Bewegungsangebot Gleichgewicht von Indoor- und Outdoor-Elementen Suchen, Aufsammeln und Präparieren vor Ort Umfassendes Natur-Bildungserlebnis für die ganze Familie Eine Machbarkeitsstudie ist erstellt worden, die ersten Architektenplanungen liegen vor, eine strategische Kooperation mit dem Naturhistorischen Museum Wien ist vorgesehen. Das Land NÖ unterstützt das Projekt finanziell. Die Planungsarbeiten werden Mitte 2006 abgeschlossen, die Fertigstellung der Fossilienwelt ist für Anfang 2008 geplant. 17 Devonian green-algae, tabulate corals and bioclaustrations from the Karakorum Mountains (Northern Pakistan) [Poster] Bernhard Hubmann 1 and Maurizio Gaetani 2 1 2 Institut für Geologie und Paläontologie, Universität Graz, Heinrichstrasse 24-26, Graz, Austria. Dipartimento di Scienze della Terra, Università di Milano, Via Mangiagalli 34, 20133 Milano, Italy During several field work campaigns to the Karakorum Mountains samples containing Devonian macrofossils were collected by M. Gaetani in the uppermost Yarkhun Valley (Northern Pakistan). Generally, Devonian rocks are outcropping rather extensively in several thrust sheets of the Northern Karakorum Terrain, namely in the Chillinji, Baroghil/Lashkargaz, and the Karambar Unit. The dolostones of the Tash Kupruk Zone, similar to the Chilmarabad Fm. of the previous units are also Devonian in age. Fossils mentioned below originate from measured logs (Yarkhun River, Chillinji, Ribat), others from isolated localities. Index map of the Western Karakorum and Eastern Hindu Kush. Acronyms: KK = Khan Kun; Ba-P = Baroghil Pass; Re-F = Reshun Fault; Ka-P = Karambar Pass; Ch-P = Chillinji Pass; dotted line = Pakistan-Afghanistan border Identification of most of the fossils on species, or even genus-level is difficult due to their moderate to poor state of preservation. Recrystallisation phenomena that had affected particularly porous skeletons, especially those with small-sized intra-skeletal cavities (i.e. intratabular spaces of small-sized tabulate corallites, and inter-laminar spaces of stromatoporoid skeletons) often preclude reliable determination. Nevertheless, from the following formations algae and tabulates could be determined: 18 Chilmarabad Fm.: Lashkargaz/Baroghil Unit, dolomitic plateau to the east of the Darvaz An, at an altitude of about 4300 m (Collection P. Le Fort, 1992): Pseudopalaeoporella ? sp., Thamnopora cf. longdongshuiensis Deng, 1979, Pachycanalicula ? sp., “Caunopora” sp. Shogram Fm.: Yarkhun River section: Heliolites ? sp., Thamnopora cf. reticulata (Blainville, 1830), Alveolites (Alveolites) hudlestoni Reed, 1922, Pachyfavosites polymorphus (Goldfuss, 1829), Helicosalpix asturiana Oekentorp, 1969 Chillinji section: Thamnopora grandis Dubatolov, 1959, Margach Fm.: Ribat section: Receptaculites cf. chardini Nitecki & Lapparent, 1976 These taxa are not particularly age diagnostic. However, as in the case of the Tash Kupruk Zone, they are precious to substantiate and support the lithological correlation of the dolostones to the Chilmarabad Fm. According to the corals both units seems to be allocated within the middle Devonian (Givetian). 19 Die Nerineen: Taxonomische Verwirrungen und neue Systematik einer altbekannten Gastropodengruppe [Poster] Heinz A. Kollmann Naturhistorisches Museum Wien Die Taxonomie der Nerineoidea steckt voller Tücken. Die Verwirrung beginnt damit, daß der bekannte französische Gastropodenforscher Alfred Cossmann eine von Defrance, 1824, unter einem beschreibenden Trivialnamen angeführte Gruppe verschiedener Steinkerne als Typusart bestimmte. Da die Beschreibung durch Defrance den Nomenklaturregeln nicht entspricht, ist auch die Bestimmung der Typusart durch Cossmann ungültig. Dennoch wird in der Folge von nahezu allen Bearbeitern die Gattung Nerinea im Sinne von Cossmann verstanden. In Wirklichkeit erfolgte die erste wissenschaftlich korrekte Beschreibung von Nerinea durch Deshayes, 1827, also drei Jahre später. Die von Deshayes zu dieser Gattung gestellte Form, Nerinea mosae, gehört nach heutigen Gesichtspunkten einer völlig anderen Familie der Nerineoidea an. Cox, 1949, der diesen Tatbestand zuerst erkannte, hat daher Nerinea im Sinn von Cossmann und in der Folge fast aller anderen Autoren, zu Eunerinea umbenannt. Nerinea mosae Deshayes, die bis dahin zur Gattung Phaneroptyxis Cossmann gestellt worden war, bestimmte er dagegen als Typusart von Nerinea. Nach den Regeln der Nomenklatur fällt daher der Name Nerinea einer völlig anderen Gruppe zu als es bisher der Fall war. Das Ergebnis ist die totale taxonomische Verwirrung. In der 2005 erschienenen Publikation „Classification and Nomenclator of gastropod families“ musste eine taxonomisch korrekte Nomenklatur verwendet werden Kollmann in Bouchet & Recroi, 2005). Um die Verwirrung allerdings zu lösen ist zurzeit ist ein Antrag an die Internationale Kommission für Zoologische Nomenklatur in Ausarbeitung, den Namen Nerinea durch Phaneroptyxis zu ersetzen (Kollmann & Bouchet, in Vorbereitung). Zusätzlich zu dieser grundlegenden taxonomischen Verwirrung kommt eine wahre Flut von Taxa aller Hierarchien, die in den letzten Jahrzehnten von V.E. der russischen Gruppe um V.E. Pcelintsev aufgestellt wurden. Die meisten dieser Taxa sind in systematischer Hinsicht inkonsistent und daher nicht vertretbar. In der bereits erwähnten Publikation (Kollmann in Bouchet & Recroi) wurde ein einfaches System vorgestellt. Danach reduziert sich die Überfamilie Nerineoidea aufgrund der Mündungsmorphologie auf drei Familien, Ceritellidae, „Diptyxidae“ und „Nerineidae“ (bezüglich der Nomenklatur der unter Anführungszeichen gestellten Familien ist durch die ICZN zu entscheiden). Gattungen unterscheiden sich durch ihre Gehäuseform und die Internfalten des Gehäuses und Arten durch ihre Skulptur. Literatur: Bouchet, Ph. & J.-P. Rocroi, 2005. Classification and Nomenclator of Gastropod Families.- Malacologie 47(1-2), 397 Seiten. 20 Hemipatagus & Maretia – ähnlich, aber doch nicht gleich. Eine (Seeigel-) Geschichte voll Verwechslungen. [Poster] Andreas Kroh Naturhistorisches Museum Wien, Geologisch-Paläontologische Abteilung, Burgring 7, A-1010 Wien, [email protected] Während des Eozäns tauchte im Mittelmeerraum eine Gruppe von Spantangoida (Herzseeigel) auf, die durch große, aborale Primärstachel gekennzeichnet sind. Diese Stacheln, die oftmals länger als der eigentliche Körper des Tieres sein können, sitzen auf Stachelwarzen mit stark vergrößerten und oft vertieften Alveolen. Letztere dienen zur Aufnahme der stark ausgeprägten Muskeln welche weit massiver entwickelt sind als bei den restlichen Stacheln der Oberseite. Fossil können diese Seeigel auch leicht an den derart vergrößerten Stachelwarzen erkannt werden. Bei lebenden Vertretern dieser Gruppe dienen die stark verlängerten Stacheln als Schutzmechanismus. Werden die Tiere aus dem Sand ausgegraben, stellen sie diese Stacheln zur Abwehr von Feinden auf und den Tieren zeit verschaffen sich wieder ein zu graben. Von einigen Formen wird vermutet, dass die Stachel Toxine enthalten. Ursprünglich wurden diese charakteristischen Seeigel der Gattung Spatangus zugeordnet, welche ebenfalls leicht vergrößerte Primärwarzen auf der Oberseite zeigt. DESOR (1855-1858) erkannte, dass es sich hier um eine eigenständige Gruppe handelte und führte hierfür die Gattung Hemipatagus ein. AGASSIZ (1873) jedoch stellte diese Gattung in die Synonymie von Maretia, worauf eine langjährige Debatte unter der Beteiligung vieler namhafter Echiniden-Experten folgte. MORTENSEN schließlich beendete die Diskussion und übernahm AGASSIZ’ Ansicht in seiner bekannten Monographie („Monograph of the Echinoidea”), die bis heute eines der bedeutendsten Werke über Seeigel darstellte. Der „Treatise on Invertebrate Paleontology“ folgte MORTENSEN’s Entscheidung, worauf die Diskussion weitgehend erstarb. Im Zuge der Arbeiten für den „Catalogus Fossilium Austriae, Band Echinoidea neogenica“ kam diese Fragestellung erneut ans Licht, wobei besonders die starken Unterschiede zwischen den fossilen und rezenten Formen von Maretia Fragen aufwarfen. Eine Analyse der Typusarten von Hemipatagus, Maretia, Lovenia und einer Reihe ähnlicher Formen brachte interessante neu Ergebnisse zu Tage. Anhand von hervorragend erhaltenem Material konnte gezeigt werden, dass Hemipatagus im Gegensatz zu allen früheren Annahmen, 21 ein Loveniide ist und sogar eng verwandt mit Lovenia ist. Mit Maretia, einem Vertreter der Spatangidae, allerdings besteht nur eine entfernte Verwandtschaft. Gestützt werden diese Ergebnisse unter anderem von einer kladistischen Analyse der Merkmale, die hier sehr klare Aussagen erlaubt. Diese Ergebnisse lieferten auch die Erklärung für die disjuncte zeitliche und räumliche Verbreitung von der untersuchten Echiniden. Hemipatagus erschien gemeinsam mit Lovenia bereits im Eozän und verschwand am Ende des Mittel-Miozäns und erreichte nach heutigem Wissensstand niemals den Indopazifischen Raum. Maretia, im Gegensatz, trat erstmals im Pliozän des Roten Meeres und Ostafrikas auf und ist heute im gesamten Indopazifischen Raum weit verbreitet. 22 Von Acroporen-Teppichen und Elefantenmuscheln. Oberoligozäne Karbonate der Arabischen Platte und ihre Bedeutung für die Entstehung der Indopazifischen Faunenprovinz. [Vortrag] Andreas Kroh 1 , Mathias Harzhauser 1 , Werner E. Piller 2 , Markus Reuter 2 , Oleg Mandic 1 & Björn Berning 2 1 - Naturhistorisches Museum Wien, Geologisch-Paläontologische Abteilung, Burgring 7, A-1010 Wien [email protected]; [email protected]; [email protected] 2 - Institut für Erdwissenschaften, Karl-Franzens-Universität Graz, Heinrichstrasse 26, A-8010 Graz [email protected]; [email protected]; [email protected] Im Rahmen des FWF-Projektes 18189-N10 „Biogeographie und biotische Gradienten im späten Oligozän und frühen Miozän des westlichen Indopazifik“ beschäftigen sich Wissenschaftler der Karl-Franzens-Universität Graz und des Naturhistorischen Museums in Wien mit Faunenveränderungen an der Wende von Palaeogen zu Neogen des Nahen Ostens. Während dieser Zeit (etwa 28 bis 16 Mio. Jahre vor heute) wurde der zirkumtropische Tethys-Ozean durch die Kollision von Afrika und Eurasien geschlossen. Diese Schließung verursachte starke Änderungen in der Verbreitung und Entwicklung mariner und terrestrischer Organismen. Besonders im marinen Bereich änderten sich die Meeresströmungen und die Verteilung der Flachwasserareale drastisch. Die Fauna des westlichen Indopazifik, welche bis dahin starke Beziehungen zum Mediterran aufwies, wurde isoliert und eine eigenständige Entwicklung begann. 23 Im Frühjahr 2006 fand die erste Feldkampagne im Rahmen dieses Projekts statt. Das Zielgebiet dieser Geländearbeit war der östliche Zentral-Oman, genauer gesagt die Region um Duqm und Madrakah. In dieser Felswüste sind großflächig Sedimente des Eozäns, Oligozäns und Miozäns aufgeschlossen, deren Fauna bislang weitgehend unbearbeitet ist. Am Südrand des Duqm-Beckens sowie nördlich und nord-östlich von Madrakah konnten anhand von Satellitenbilden lang gestreckte Steilkanten und Klippen identifiziert werden, die laut der verfügbaren geologischen Karte von den Shuwayr, Warak und Ghubbarah Formationen gebildet werden. Die Profilaufnahme an diesen Schlüsselpositionen war Ziel der ersten Geländesaison. Bei einem ersten Lokalaugenschein im Gelände und Begehung der Klippen zeigte sich die, dass die ausgewählten Gebiete gut für die Profilaufnahme geeignet waren, es aber gleichzeitig starke Abweichungen von der offiziellen geologischen Karte gab. Dies wurde auch durch die vorläufige Auswertung der Geländebefunde am Ende der Feldkampagne bestätigt. Die untersuchten Profile wiesen durchwegs oligozänes Alter (Rupelium bis Chattium) auf. Hinweise auf ein ausgedehntes Vorkommen von mittel-miozänen Sedimenten, die nach der geologischen Karte viele tausend Quadratkilometer bedecken konnten keine gefunden werden. Es dominierten Kalke und dolomitsche Kalke die an der Küste zum Indischen Ozean bis zu 200 m mächtige Klippen bilden und teils auf eozänen Sedimenten, teils aber auf den Masirah Ophiolit liegen. Der Grenzbereich von Shuwayr und Warak Formation wird von einer Abfolge von Dolomitbänken gebildet, die eine weitläufige Verebnungsfläche bilden und möglicherweise eine längere Auftauchphase darstellen. Zusammen mit anderen Fakten weist dies auf die Existenz von zwei Ablagerungszyklen hin. Die überlagernde Ghubbarah Formation bestehend aus massiven, teils dolomitisierten Kalken bildet den Abschluss der sedimentären Schichtfolge der Region und das riesige Plateau der Jiddat al Harasis Wüste. Die bisher gewonnenen Ergebnisse belegen die Existenz einer mehr als 100 km breiten oligozänen Karbonatplatform, die ein sehr geringes Relief aufwies. Die Wassertiefen erreichte ein Maximum zwischen 10 und 30 m, größtenteils jedoch oszillierte sie im Bereich zw. 0 und 5 Meter. Synsedimentäre Dolomitisierung und die Hinweise auf Mangroven kennzeichnen die Phasen mit seichter Wasserbedeckung. In kurzen Überflutungsphasen kam es zur Besiedelung durch Elefantenmuscheln (Kuphus, siehe Bild rechts) und der Bildung von ausgedehnten Acroporen-Rasen, mit belegbaren Ausdehnungen bis zu 60 km. 24 Hosting corals – ammonoids as island for epibionts Autecological implications from different Early Cretaceous fossil groups (Dolomites, Southern Alps, Italy) [Poster] Alexander Lukeneder Natural History Museum, Geological-Palaeontological Department, Burgring 7, A-1010 Wien, Austria [email protected] Early Cretaceous ammonoids (424) represent almost the totality of the macrofauna (85 %) at the Puez locality in the Dolomites of Southern Tyrol. The cephalopod fauna from the marly limestones to marls here indicates Late Valanginian to Early Aptian age. The ammonoids are well preserved (mostly in concretions) and appear as steinkerns without shell. The very abundant and generally well-preserved assemblage consists of 27 genera: from phylloceratids Phylloceras, Phyllopachyceras, from lytoceratids Lytoceras, Eulytoceras, Protetragonites, Leptotetragonites; from ammonitids Neolissoceras, Barremites, Melchiorites, Abrytusites, Neocomites, Criosarasinella, Kilianella, Olcostephanus, Silesites, Jeanthieuloyites, Heinzia, Discoidellia, Acanthodiscus and from the ancyloceratids Pseudothurmannia, Macroscaphites, Dissimilites, Acrioceras, Crioceratites, Anahamulina, Hamulina, Ancyloceras. The ammonoid fauna contains only descendants of the Mediterranean Province (Tethyan Realm). The extraordinarily rich invertebrate fauna consists of ammonoids, ammonoid jaws (aptychi), coleoids, bivalves, brachiopods, serpulids, sea urchins, ophiurids, corals, benthic/planktonic foraminifera and radiolarians. The benthic macrofossils observed in the ammonoid beds comprise bivalves, brachiopods and, surprisingly, corals. Huge number of encrusting species like serpulids and corals were examined. The most exciting feature of the fauna is the fact that solitary corals of Cycloseris sp. lived on ammonoid shells during the Early Cretaceous of the Dolomites. This is not known from other sediments and localities through time and space. The relation between the latter fossil groups is reported for the first time from the Early Cretaceous. In most cases only the round bottom plate of the corals is visible attached to the steinkerns of the ammonoids. Only rare specimens (2) show three-dimensional preservation of the coral body with its septa. All kinds of ammonoids are attached with relics of solitary corals: lytoceratids, phylloceratids, ammonitids and ancyloceratids, ribbed species as well as smooth species. Therefore a secondary hard ground is needed for settling. The hard substrate must have been available for the epibionts over a quite long time so that they had enough time to settle and grow. The morphology is similar to that of Upper Cretaceous solitary corals like Connolites or Micrabacia. Bottom discs are from 2 mm up to 4 cm in diameter. Internal structures, septa and composition, are comparable with the latter species. Despite these similar features it is not known from corals like Connolites or Micrabacia that they could have lived on ammonoid shells or even ‘normal’ hardgrounds. Serial thin sections were made and show remarkable differences from other known solitary corals. The described solitary corals needed some time to grow up to a maximal size of 4 cm in diameter. This shows that corals and other encrusters had enough time to overgrow the different shells. The number of about 20 corals attached on ammonoid shells shows that this is common at the Puez locality. A single ammonoid shell could be attached by up to 6 corals on it. The main focus of future studies of the Puez area will be on the palaeoecology and synecology of the cephalopod fauna of the Puez section. 25 A new Early Cretaceous ammonoid fauna from the Dolomites (Valanginian – Aptian, Southern Alps, Italy) [Poster] Alexander Lukeneder Natural History Museum, Geological-Palaeontological Department, Burgring 7, A-1010 Wien, Austria [email protected] Early Cretaceous ammonoids (n = 424) were collected at the Puez locality in the Dolomites of Southern Tyrol. The cephalopod fauna from the marly limestones to marls here indicates Late Valanginian to Early Aptian age. The underlying Biancone Formation (Maiolica Formation) is Lower Valanginian, whereas the lowermost Rosso Ammonitico is of Jurassic to Berriasian age. The deposition of the marly limestones and marls in this interval occurred during depositionally unstable conditions. The ammonoid fauna comprises 27 different genera, each apparently represented by 1-2 species. The complete occurrence at the Puez section is dominated by the Phylloceratina (30%) and the Ammonitina (34%). Phyllopachyceras (17%) and Phylloceras (13%) from the Phylloceratina are the most frequent components, followed by Lytoceras (12%) from the Lytoceratina, and Barremites (10%) and Melchiorites (8%) from the Ammonitina. Phylloceatidae and Desmoceratidae are dominating the cephalopod-fauna. Some ammonoid zones defined by Hoedemaeker et al. (2003) can be recognized. The following index fossils were examined within the collections of the NHMW (Austria) and the NMB (Italy): for the uppermost Valanginan Criosarasinella furcillata (C. furcillate Zone and Subzone), for the middle Lower Hauterivian Olcostephanus (Jeannoticeras) jeannoti (O.(J.) jeannoti Subzone) and for the middle Lower Hauterivian Olcostephanus (Jeannoticeras) jeannoti (O. (J.) jeannoti Subzone) and Heinzia sayni for the lowermost Upper Barremian (H. sayni Subzone; Reboulet and Hoedemaeker (reporters) et al., submitted). The ammonoid fauna contains only descendants of the Mediterranean Province (Tethyan Realm). Most affinities of the cephalopod fauna are observed with faunas from the adjacent areas of Italy (Lessini Mountains, Belluno, southern Trento Plateau), the Northern Calcareous Alps and the Bakony, Geresce and Mecsek Mountains of Hungary. This is explained by the neighbouring position of the latter areas during the Early Cretaceous on the Apulian/Adria block and the Alpine-Carpathian microplate. The frequency of the ammonoids and the richness of the fauna make this section especially suited to accurately study the vertical ammonite distribution. The main focus in the future will be to investigate in detail the stratigraphic framework of the Puez section. Bed-by-bed collecting is required to obtain crucial data on the ammonoid distribution and occurrence (range). A cooperative project with this aim is being planned by the South Tyrol Museum of Natural Sciences Bozen and the Natural History Museum Vienna. A further study on the palaeoecology and synecology of the cephalopod fauna of the Puez section is currently under preparation by Lukeneder (in prep). It focuses on the autecological features exhibited by different fossil groups (annelids, bryozoans, foraminifera, corals) on ammonoid shells, which act as cryptic habitats for different encrusters in the Early Cretaceous of the Puez locality. 26 Evolution in isolierten Ökosystemen: Die neogenen Dinariden-Seen. Welchen Einfluss hatten die Dinariden-Mollusken auf den Pannonischen See? [Vortrag] Oleg Mandic und Mathias Harzhauser Geologisch-Paläontologische Abteilung, Naturhistorisches Museum Wien, Burgring 7, 1010 Wien, Österreich. ([email protected]; [email protected]) Geologisch alte Seen sind Laboratorien der Evolutionsforschung. Sie sind langlebige isolierte Ökosysteme, die häufig durch endemische Faunen charakterisiert sind. Diese Faunen sind meist Nachkommen von opportunistischen Pioniertaxa. Evolutive Anpassungen erlauben schließlich die Eroberung von ökologischen Nischen, die für die Ursprungsarten unerreichbar waren. Neue Methoden der integrierten Stratigraphie bieten die einmalige Chance die Evolutionsparameter innerhalb eines geochronologischen Bezugsrahmens zu evaluieren. (Bild: Vergleich zwischen Taxa der Dinariden Seen und des Pannonischen Sees) Anfang des Jahres konnten die Detailuntersuchungen zu diesem Thema in Rahmen eines FWF-Projektes (P-18519) begonnen werden. Das Ziel des Projektes ist die faunistische und stratigraphische Untersuchung der langlebigen neogenen Dinariden-Seen. Diese repräsentierten über mehr als 20 Millionen Jahre ein endemischlakustrines Umfeld, innerhalb einer sich allmählich hebenden Gebirgslandschaft zwischen Zentraler Paratethys und dem frühen Mittelmeer. Das Seen-System war Schauplatz einer ungewöhnlichen Radiation innerhalb der Molluskenfaunen – eine Radiation, die trotz zahlreicher Parallelen mit der berühmten endemischen Evolution des Pannonischen Sees, mindestens 10 Millionen Jahre früher stattfand. Mächtige, innerhalb NW-SE streichender Becken aufgeschlossene Sedimentabfolgen bieten einen exzellenten Einblick in die zeitliche Abfolge dieser Faunen. Beschreibung und Interpretation der Radiationen werden sich auf die Erfassung des taxonomischen Inventars (Sammlungen und Neuaufsammlungen) stützen. Zusätzliche Daten aus der Biostratigraphie, Paläoökologie, Sedimentologie und der Sauerstoff/Kohlenstoff-Isotopie werden integriert. Eine detaillierte Bearbeitung von repräsentativen Profilen aus sechs Becken in Kroatien und Bosnien und Herzegowina ist geplant. Zusätzlich zur Kooperation mit lokalen Partnern sind Erdwissenschaftler aus sieben Staaten beteiligt. In der Endphase des Projektes sollen die Parallelen zwischen der DinaridenRadiation und der späteren pannonischen Entwicklung herausgearbeitet werden. 27 Pellendorf - eine niederösterreichische obermiozäne Fundstelle mit bemerkenswerten Pflanzenfossilien [Vortrag] Barbara Meller Geologische Bundesanstalt, Neulinggasse 38, A-1030 Wien Institut für Paläontologie der Universität Wien, Althanstr.14, A-1090 Wien [email protected] Während der Bergung von Sedimentblöcken für paläokarpologische Untersuchungen an der Fundstelle Pellendorf (ehemalige Sandgrube Max, Niederösterreich, Obermiozän; Exkursionspunkt der ÖPG Tagung 2003 in Zistersdorf) fanden sich häufig auch Abdrücke von Blättern. Zwei Blattabdrücke fielen dabei besonders auf, da sie neu für diese Fundstelle und außerdem nicht aus anderen obermiozänen Floren in Österreich bekannt waren. Nach dem Studium von ca. 100 rezenten Arten in verschiedenen Herbarien konnten die 2 Blattabdrücke der Gattung Aristolochia zugeordnet werden. Es wurden aber nicht nur Arten der Aristolochiaceae, sondern auch verschiedene Gattungen und Arten der Convolvulaceae, Menispermaceae und Smilacaceae verglichen. In Österreich ist die Gattung Aristolochia heute mit einer Art vertreten: A. clematitis, einer krautigen Pflanze, die z.B. auch in der Lobau vorkommt. Die rezenten Aristolochiaceae beinhalten weltweit 4-12 Gattungen und 400-600 Arten. Es sind überwiegend Kräuter, Lianen und Sträucher, nur sehr selten kleine Bäume. Das Diversitätszentrum liegt in tropisch-subtropischen Regionen. Systematisch gehören die Aristolochiaceae zu den basalen Angiospermen und in den Verwandtschaftskreis der Piperales. Sichere Fossilnachweise können einen wertvollen Beitrag zur phylogentischen Rekonstruktion der basalen Angiospermen darstellen. Die Fossilnachweise dieser Familie sind in Europa jedoch äußerst spärlich und konnten bei näherem Vergleich meist nicht bestätigt werden. Der einzige bekannte Fossilnachweis von Aristolochia aus Österreich, der 1888 von Ettingshausen aus untermiozänen Sedimenten bei Leoben beschrieben worden war, gehört sicher nicht zu dieser Gattung. Es könnte sich dabei eher um ein Blatt einer Convolvulaceae handeln. Leider ist dieses Blatt verschollen. Die einzelnen publizierten Nachweise aus dem Oligozän Deutschlands und Italiens, dem Miozän der Schweiz und Ungarns oder dem Pliozän Deutschlands gehören sicher nicht zur Gattung Aristolochia. Schimper & Schenk (1890) bilden aus dem Miozän Kroatiens ein als Aristolochia venusta bestimmtes Blatt ab, welches größere Ähnlichkeit zur Aristolochiaceen-Gattung Asarum aufweist. Die Aristolochia-Blätter sind aber nicht die einzigen bemerkenswerten Pflanzenfossilien aus Pellendorf. Von größerer wissenschaftlicher Bedeutung sind z.B. auch die Reste der Trapaceae (Trapa, Hemitrapa, Mikia), Lythraceae (Decodon, Microdiptera) und Alismataceae. 28 Spätmiozäne Ostracoden aus dem Wiener Becken [Vortrag] Klaus Minati Institute for Limnology of the Austrian Academy of Sciences, Mondsee [email protected] Ostracoden (Muschelkrebse) sind aufgrund ihrer unterschiedlichen ökologischen Anforderungen, sowie wegen ihres guten Erhaltungszustandes über Jahrmillionen hinweg ein gutes Hilfsmittel zur Beantwortung paläoökologischer und phyllogenetischer Fragestellungen. Im Rahmen des FWF Projektes P17738 werden Ostracodenproben von ausgewählten Standorten im Wiener Becken (Hennersdorf, Richardhof und Götzendorf) und aus dem Steirischen Becken (Mataschen) gesammelt. Nach der Auswertung der Proben werden die gewonnenen Daten mit jenen von rezenten Ostracoden verglichen, um dadurch Rückschlüsse auf die paläoökologischen Verhältnisse zu erlangen. Die Ostracoden aus Hennersdorf (auf diese Lokalität wird hier näher eingegangen), wurden nicht nur mit herkömmlichen Methoden gesammelt, sondern auch mit Hilfe eines Stech-Bohrers. Bild: Probennahme in Hennersdorf Durch das Schneiden der gewonnenen Bohrkerne in geringen Abständen (5mm) kann eine sehr feine, zeitliche Auflösung des im Bohrkern enthaltenen Materials erreicht werden. Dadurch können z.B. kurzzeitige Veränderungen der ökologische Bedingungen erkannt werden, welche sich wiederum in der Struktur der Ostracodenpopulationen niederschlagen. Die ersten Ergebnisse dieser Untersuchungen werden hier präsentiert. 29 „Biedermeierliche“ Rekonstruktionen geologischer Ökosysteme durch Joseph Kuwasseg [Poster] Bernd Moser 1 und Bernhard Hubmann 2 1 Department Natur, Abteilung Mineralogie, Landesmuseum Joanneum, Raubergasse 10, 8010 Graz, [email protected] 2 Institut für Erdwissenschaften (Bereich Geologie und Paläontologie) Karl-Franzens-Universität Graz, Heinrichstraße 26, 8010 Graz, [email protected] Der Grazer Künstler Joseph Kuwasseg (* 1799 Triest, † 1859 Graz) hat vor allem als Aquarellist und Lithograph die steirische Kunst des 19. Jahrhunderts wesentlich mitbestimmt. Zu seinem Werk gehören neben einer Reihe von Graz-Ansichten, die von Postkartengröße bis Großbildern in Meterdimensionen reichen, topographische Ansichten, Architekturaquarelle und ideale Landschaften. Mit dem Lithographiezyklus „Die Urwelt in ihren verschiedenen Bildungsperioden“, die in Zusammenarbeit mit dem damals am Joanneum in Graz tätigen (Paläo)Botaniker Franz Unger (* 1800 Leutschach, † 1870 Graz, von 1835 bis 1849 am Joanneum) entstanden sind, schuf Kuwasseg ein für die Biedermeierzeit äußerst ungewöhnliches und über die Dezennien hinaus vielbeachtetes Werk. Die Mappe mit Textband erschien in 2 Auflagen. Die erste Auflage weist ein Vorwort Ungers aus dem Jahr 1847 auf, wurde aber erst 1851 herausgegeben und enthielt 14 Lithographien (je 44,5 x 30,5 cm Bildformat). Die zweite Auflage erschien 1858 und war um 2 Darstellungen erweitert. Franz Unger schreibt dazu, dass der Wissensfortschritt vor allem über die „frühen“ Perioden – das sind in seinem Fall Silur und Devon – es ermögliche, den 14 Darstellungen von 1847/51 zwei weitere hinzuzufügen. Im vergangenen Jahr 2005 konnte die Neue Galerie am Joanneum in Graz eine Originalkassette mit 18 großformatigen Aquarellen (je 66 x 48 cm Bildformat) von Josef Kuwasseg mit Motiven des Zyklus „Die Urwelt in ihren verschiedenen Bildungsperioden“ ankaufen. Diese Kassette ist damit die zweite ihrer Art. Das andere - bis vor kurzem einzig bekannte - Exemplar mit großformatigen Aquarellen befindet sich an der Bibliothek des Institutes für Botanik der Universität Wien. Interessant ist, dass bei der Grazer Kassette einige Texte, die als Beschreibungen zu den einzelnen Perioden dienen als lose lithographierte großformatige Blätter beiliegen, also offenbar extra für das große Format angefertigt wurden. Ansonsten liegt der Textband bei, der eigentlich zur Lithographie-Mappe gehört. Der Lithographie-Zyklus war das eigentliche Ziel der Zusammenarbeit zwischen Unger und Kuwasseg, das damit eine Verbreitung des Werkes an einen größeren Publikumskreis möglich war. Eine bereits der ersten Auflage beigefügte Subskribentenliste zeigt eine im damaligen Sinn „weltweite“ Verbreitung. Die Interessentenschar reichte von St. Petersburg bis Boston und von Padua bis Edinburgh. Aus sekundärer Quelle ist auch bekannt, dass Unger am Anfang seiner Wiener Zeit (ab 1849) offenbar sehr starke Kritik aus kirchlichen Kreisen für die Visualisierung seiner Entstehungsgeschichte und damit einer damals zeitgemäßen Schöpfungsgeschichte erntete. Das künstlerische, wie wohl auch „wissenschaftliche“ Ringen um möglichst seriöse Detailgetreue der Rekonstruktionen lässt sich insofern gut nachvollziehen, als in der Sammlung der Neuen Galerie sehr viele Sepia- und Tuschvorzeichnungen von Joseph Kuwasseg zum 30 „Urwelt-Zyklus“ existieren und Unger in seinem Vorwort von 1847 hervorhebt, dass Kuwasseg nicht müde wurde immer wieder neue Entwurfsvarianten zu zeichnen. Die Motive sind durchwegs von Pflanzendarstellungen beherrscht, aber auch bei den Tierdarstellungen sind immer wieder Änderungen zwischen Vorzeichnung, Lithographie und Aquarell zu sehen (z.B. Morphologie eines Echsenrückens, Umrisse von Trilobiten etc.). Da derzeit über die Herkunftsgeschichte und den seinerzeitigen Zweck sowohl der Wiener als auch der Grazer Aquarellkassette noch nichts Näheres bekannt ist, befinden sich die Autoren dieses Abstracts diesbezüglich derzeit in einer intensiven Recherchephase. Interessant ist auch die Frage in welcher zeitlichen Beziehung die Aquarellzyklen zu den Lithographie-Editionen stehen. Waren es gut ausgeführte Vorzeichnungen für die Lithographien oder waren es nachgereichte Prunkversionen für ganz wenige Adressaten. Der englische Wissenschaftshistoriker Rudwick ist jedenfalls der Meinung, dass schon die LithographieMappen mit Text für die damalige Zeit als äußerst exklusives Transportmittel von Wissen anzusehen sind und nur einem finanziell potenten Abnehmerkreis zugänglich waren. Der 18-teilige Zyklus von Kuwassegs Aquarellen kann noch bis 19.11.2006 im Rahmen der Sonderausstellung „Die Urwelt – Fossile Reste und ihre gemalte Interpretation. Mit Bildern von Joseph Kuwasseg, Wilhelmine König und Fritz Messner“ in den Sonderausstellungsräumen im 2. Stock des Joanneums-Stammhauses in der Raubergasse 10, 8010 Graz besichtigt werden. Speziell zu den Bildern von Joseph Kuwasseg werden Pflanzenfossilien aus der Studiensammlung Franz Ungers präsentiert. 31 Neuseeland – Aotearoa Maori „Land der langen weißen Wolke“ [Vortrag] Doris Nagel & David Ferguson Department für Paläontologie, Universität Wien Eine gemeinsame Auslandsexkursion der Paläobotanik und der Wirbeltiergruppe, Institut für Paläontologie Wien, ging im Februar 2006 nach Neuseeland. Der Schwerpunkt lag natürlich auf Fossilfundstellen, aber es wurde auch nicht der geologische und rezent-biologische Aspekt aus den Augen gelassen (Abel-Tasman Park, Kaihu Agathis Wald). Vom Paläozoikum bis in die Kreide hatte Neuseeland, als Teil von Gondwana, dieselbe geologische Geschichte wie Australien. So ist das Paläozoikum z. B. von einer kambrischen Trilobitenfundstelle (Cobbs Reservoir) bis zu permischen fossilen Farnen (Southland) vertreten. Durch die beginnende Trennung zwischen Antarktica und Australien (ca 120 Mill. J.) entstand ein Trog, der sich rasch mit Sedimenten auffüllte. Die vollständige Abtrennung erfolgte ca. vor 80 Millionen Jahren und Neuseeland ist heute der südlichste Zipfel des polynesischen Dreieckes. Im Mesozoikum sind neben einer Vielzahl mariner Evertebraten (Oamaru) auch einige wenige marine Vertebraten vertreten (Shag point, Oaru). Die terrestrischen Funde sind extrem selten. Zwischen 38 und 21 Mill. J. wurde die tasmanische Platte inaktiv und eine neue Plattengrenze entstand, die so genannte Maquarie ridge. Im Nordteil sinkt die pazifische Platte unter Neuseeland (auf der Höhe Hawkes Bay). Auf der Südinsel ist diese Grenze als Alpine Fault sichtbar. Die Verfrachtung der Gesteine dort spricht für 450 km Lateralverschiebung. Aus dem Eozän sind zahlreiche Kohlelagen bekannt (Huntly, Rangihaeta). Im Oligozän waren nur ca. 18% der Landmasse über dem Meeresspiegel. Neben einigen fossilen Pflanzenfundstellen, die neben den typischen Gondwanafloren auch viele unerwartete exotische Elemente noch beinhalten (Murchinson), sind noch bezahnte Vertreter der Bartenwale aus Neuseeland bekannt (Duntroon). Vor dem Miozän gab es keine nennenswerte Auffaltung und die Landmasse von Neuseeland erodierte (Peneplain). Im Miozän setzte die alpine Gebirgsbildung ein, gemeinsam mit starkem aktivem Vulkanismus der die Halbinseln Coromandel, Banks und Otago bildete. Es bildeten sich im Pliozän kleine Fjorde und Becken mit Meerwasser und die ersten Vertreter der charakteristische Moa erscheinen im Fossilbefund. Die Nord- und Südinsel waren bis zum Mittelpleistozän (Marton) noch verbunden und erst ab 450 ka sind die beiden Teile getrennt, wobei jede Eiszeit und damit jeder Meeresspiegeltiefstand sie wieder verband (Tongariro, Nguaru Höhle). 32 Ein Pompej der Paläontologie: Das UNESCO Weltnaturerbe Fossilfundstelle Grube Messel Ein Zeitfenster im Gedächtnis unseres Planeten Erde. [Vortrag] Fritz F. Steininger Krahuletz Museum Krahuletz Platz 1 – 3730 Eggenburg, N.Ö. [email protected] Die Welterbeliste der UNESCO umfaßt neben den zahlreichen vom Menschen geschaffenen Kulturdenkmälern auch eine Reihe von geologischen Denkmälern und Landschaften, die Geosites und Geoparks, unwiederbringliche Ökosysteme, Biotope und paläontologische Fundstellen (wie Messel oder die Fundstelle des „Peking“-Menschen). Diese erlauben uns in verschiedenen Zeitfenstern einen Einblick in die biologische Entwicklung des Lebens bis hin zum Menschen und ebenso in die Entwicklung der Erdkruste unseres Planeten. Sie vermitteln und dokumentieren über 4,5 Milliarden Jahre das Gedächtnis unseres Planeten. In den ca. 45 Millionen Jahre alten Ölschiefer der Fossilfundstelle Grube Messel bei Darmstadt sind uns Pflanzen und Tiere der geologischen Zeitepoche des älteren Eozäns in einem einzigartigen Erhaltungszustand überliefert und sind ein eindrucksvolles Beispiel für dieses „Gedächtnis“ unseres Planeten in einem bestimmten Zeitfenster. Die Erhaltung im weitgehend sauerstofflosem Milieu, am Boden des fossilen Messelsees, überliefert uns weitgehend die 33 gesamten Organismen. Die einzigartige Erhaltung erlaubt uns weiterführende Aussagen zu Details der Blatt- und Blütenanatomie der überlieferten fossilen Pflanzen, den Haaren, der Hautstruktur, der Muskelanatomie und dem Innenbau von Organen verschiedener fossiler Tiere, sowie zu ihrer Ernährung durch oft den weitestgehend überlieferten Magen- und Darminhalt. Mit Hilfe dieser Kenntnisse gelingt uns eine glaubhafte Rekonstruktion der Pflanzen- und Tierwelt, des Ökosystems und des Klimas des Planeten in diesem Zeitfenster. Die in den letzten beiden Jahren abgeteuften Bohrungen helfen uns, die Entstehungsgeschichte des (oder der) Messelsees(en) und ihrer Ablagerungen zu verstehen. Die weltweite Einmaligkeit dieser Fossillagerstätte hinsichtlich der Erhaltung der Fossilien und der Bedeutung für die Entstehung der modernen Säugetiere, hat die UNESCO 1995 veranlasst, die Grube Messel als erstes europäisches und deutsches Weltnaturerbe dieser Art in die Welterbe-Liste aufzunehmen. 34 Hofrat Carl August Bobies (1898 – 1958): Geologe, Bryozoologe und Sammler im Bezirk Baden. [Vortrag] Norbert Vávra Institut für Paläontologie, Universität Wien Eine Tagung der Österreichischen Paläontologischen Gesellschaft in Bad Vöslau bietet wohl den geeigneten Rahmen, an einen verdienstvollen Erforscher der Geologie und Paläontologie des österreichischen Neogens zu erinnern, an Carl August Bobies, dessen wissenschaftliche Tätigkeit überwiegend dem Westrand des Wiener Beckens, speziell dem Großraum Baden gewidmet war. Spärlich sind die Resultate, die eine „Spurensuche“ bezüglich seiner Biographie bisher erbrachte: sein Großvater (Franz Bobies, 1826 – 1891) findet sich allerdings mit einer eigenen Eintragung sogar in CZEIKEs Wien-Lexikon. Dem seinerzeit sehr bekannten Pädagogen wurde in seinem Geburtsort Moosbrunn am Haus Nr. 42/43 auch eine Gedenktafel gewidmet. Er war nicht nur Bürgerschuldirektor in Wien, sondern auch Bezirksschulinspektor und Mitglied des Bezirksschulrates und gehörte als Vertreter der Liberalen von 1888-1891 auch dem Wiener Gemeinderat an. Seine musischen Neigungen machten ihm zum Vorstand des Schubertbundes sowie zum Obmann des Festausschusses des 4. Deutschen Sängerbundfestes. Sein Sohn, der Vater von Carl August Bobies, studierte an der juridischen Fakultät und war als Staatsanwalt tätig. Ob verwandtschaftliche Beziehungen zu Carl Bobies (1865 – 1897), einem Landschaftsmaler des 19. Jahrhunderts, bestehen, müsste noch abgeklärt werden. Carl August Bobies wurde am 16.12.1898 in Wien geboren, sein Leben war geprägt von zwei Weltkriegen. Als 16-jähriger „trug er bereits des Kaisers Rock“ – um den damaligen Sprachgebrauch wiederzugeben. Zum Fähnrich avanciert heiratete er im Februar 1918 Frau Grete Bajer und war wenige Tage darauf bereits wieder im Einsatz; im gleichen Jahr legte er auch die Reifeprüfung am Wiener Schottengymnasium ab. Nach Kriegsende inskribierte er an der juridischen Fakultät, etwas später jedoch auch an der philosophischen Fakultät, wo er von 1923 – 1930 bei F. E. Sueß und C. Diener studierte. Er führte zwar umfangreiche Studien für eine Doktorarbeit über das Gaadener Tertiär durch, promovierte allerdings nicht. Seit 1924 war er berufstätig: zunächst am Handelsmuseum, ab 1930 am Wirtschaftsförderungsinstitut. Nach dem 2. Weltkrieg finden wir ihn bereits 1946 als Direktor des Österreichischen Warenverkehrsbüros. In dieser Funktion nahm er an den Sitzungen des Alliierten Rates teil sowie an zahlreichen Handelsvertragsverhandlungen „in fast allen Metropolen zwischen Beograd und London“ – wie es in seinem Nachruf heißt. 1949 wird er schließlich leitender Direktor der Außenhandelskommission und übernimmt 1952 die Leitung der Zentralstelle für Aus- und Einfuhr am Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau. Nachdem er noch im gleichen Jahr – aus gesundheitlichen Gründen – vorzeitig in den Ruhestand tritt, versucht er die folgenden Jahre nunmehr ganz seinen erdwissenschaftlichen Neigungen und Interessen zu widmen. In erstaunlich schneller Zeit macht er sich mit der modernen Fachliteratur über tertiäre Bryozoen vertraut und beginnt mit einer umfangreichen Neubearbeitung der entsprechenden Faunen des österreichischen Neogens. Er tritt in Kontakt mit ausländischen Fachkollegen, führt noch im Frühsommer 1957 eine Exkursion der Geologist’s Association zu den Terebratelsanden des Hartl in Eisenstadt und denkt auch daran, seine Promotion demnächst nachzuholen. Sein Gesundheitszustand verschlechtert sich gegen Ende 1957 allerdings derart, daß er 1958 die Korrekturen seiner letzten Publikation nur noch Spitalsbett vornehmen kann. Sein Tod am 21. Juni 1958 macht allen seinen weiteren Plänen ein jähes Ende. Mit insgesamt nur 18 Publikationen könnte man nur allzu leichtfertig ein vorschnelles Urteil fällen; doch das wäre mehr als ungerecht. Die Arbeitskräfte seiner „besten Jahre“ hat er seiner 35 Heimat an einflussreicher Stelle nicht nur in der schwierigen Zwischenkriegszeit sondern in der Aufbauphase nach Ende des Zweiten Weltkrieges als hervorragender Wirtschaftsexperte gewidmet. Da musste notgedrungen seine persönliche Neigung zu den Erdwissenschaften zurückstehen. Umso mehr verdient es Anerkennung, dass er aber daneben immer noch Zeit fand, den Kontakt zur Geologie und Paläontologie aufrechtzuhalten. In der Geologie sind es vor allem seine Kartierungsarbeiten in der Gaadener Bucht, des Anningers sowie im Bereich des Triesting- und Piestingtales, die Erwähnung verdienen. Er war auch Mitautor einer Geologischen Karte der Umgebung Wiens, hat daneben aber bereits seit mindestens 1924 seine Interessen für fossile Bryozoenfaunen verfolgt. Neben seinen Publikationen verbleiben uns auch noch seine überaus wertvollen Sammlungen fossiler Bryozoen, wobei umfangreiche, sorgfältigst bestimmte Funde aus dem Bereich der Terebratelsande des Hartl (Eisenstadt) einen Schwerpunkt darstellen. Dazu kommt noch Material aus dem Badenium von Steinebrunn und Forchtenstein – „klassische“ Fundpunkte, die heute längst nicht mehr zugängig sind, so dass diesem Material ganz besonderer wissenschaftlicher Wert zukommt. Kaum bekannt dürfte hingegen die Tatsache sein, dass er durch seine Auslandskontakte Material von einem der „Altmeister“ der Bryozoenforschung, Ray S. Bassler (Washington), für seine Sammlungen erhalten hatte. Dieses Material ist nur durch eine Verknüpfung glücklicher Umstände erhalten geblieben und befindet sich dzt. am Institut für Paläontologie der Universität Wien. Diese von Bobies vielfach gut sortierten und zum Teil auch taxonomisch bearbeiteten Funde umfassen vor allem Faunen aus den St. Barbara Marls (Pleistozän, Kalifornien), von Rich Hill, Knoxville, (Middle Jacksonian, Oberes Eozän, Georgia) und Lenuds Ferry (gleichfalls Middle Jacksonian, Oberes Eozän, South Carolina) – zum Teil Fundorte, die heute nicht mehr zugängig sind, deren Material aber in dem Standardwerk von Canu & Bassler (1920) bearbeitet wurde und dem alleine aus diesem Grund schon große Wichtigkeit zukommt. Als ein bescheidenes „Denkmal“ für Carl August Bobies finden sich in der Bryozoenliteratur zwei Taxa, die seinen Namen tragen: das Genus Bobiesipora sowie „Membranipora bobiesi“. Von ihm selbst wurden einige Erstbeschreibungen publiziert, von denen hier das Genus Saevitella sowie Costazzia kalksburgensis (beides Cheilostomata, Locus typicus: Kalksburg) als zwei Beispiele erwähnt seien. Als Zeichen der Anerkennung seiner wissenschaftlichen Leistungen sei schließlich auch noch die Ernennung zum Korrespondenten der Geologischen Bundesanstalt erwähnt. Literaturhinweise: BOBIES, C. A. (1928): Das Gaadener Becken. Ein Beitrag zur jüngsten Geschichte des Kalkalpenrandes bei Wien. – Mitt. Geol. Ges. Wien: 19: 41 – 78. BOBIES, C. A. & WALDMANN, L. (1928): Geologische Karte der Umgebung von Wien 1 : 75.000. – Geol. Inst. Univ. Wien, Wien. BOBIES,C.A. (1956): Bryozoenstudien I. Die Bryozoenfauna der tortonen Strandbildungen von Kalksburg bei Wien. – Jb. Geol. Bundesanst., 99 (2): 225 – 258. BOBIES,C.A. (1957): Bryozoenstudien II. Die Bryozoen des österreichischen Sarmats – Jb. Geol. Bundesanst., 100 (1): 81 - 114. BOBIES,C.A. (1958): Bryozoenstudien III, 1. Die Crisiidae (Bryozoa) des Tortons im Wiener Becken. – Jb. Geol. Bundesanst., 101: 147 - 165. BOBIES,C.A. (1958): Bryozoenstudien III, 2. Die Horneridae (Bryozoa) des Tortons im Wiener und Eisenstädter Becken. – Sitzg.ber. Österr. Akad. Wiss. Math.-naturwiss. Kl., Abt. 1, 167 (3,4): 119 – 137. CANU, F. & BASSLER, R. S. (1920): North American Early Tertiary Bryozoa. – Smithsonian Instn., U. S. Nat. Mus. Bull., 106: XX + 859 S. KÜPPER, H. (1959): Carl August Bobies. – Verh. Geol. Bundesanst. 1959 (1): 1 – 3. 36 Ergebnisse der Forschungsbohrung Sooß (Miozän, Unteres Badenium) [Vortrag] Michael Wagreich1, Anna Selge2, Johann Hohenegger3, Karl Stingl2, R. Scholger2, Peter 4 Pervesler3, Christian Rupp4, Fred Rögl5, Stjepan Ćorić und Maksuda Khatun1 1 Department für Geodynamik und Sedimentologie, Erdwissenschaftliches Zentrum, Universität Wien, 2 Institut für Geophysik, MU Leoben, 3 Department für Paläontologie, Universität Wien, 4 Geologische Bundesanstalt, Wien, 5 Naturhistorisches Museum, Wien Im Gebiet der Typuslokalität des Badeniums, der ehemaligen Ziegelei Sooß bei Baden, wurde eine Forschungsbohrung zur Untersuchung der Sedimente des Badeniums abgeteuft. Die bis 102 m tiefe Bohrung wurde vollständig gekernt. Am Kernmaterial wurden biostratigraphische, paläökologische, paläoichnologische, sedimentologische, geochemische und paläomagnetische Untersuchungen durchgeführt. Stratigraphisch ist die Abfolge zum Großteil in die Obere Lagenidenzone (Unteres Badenium) einzuordnen; nur der tiefste Teil fällt in die Untere Lagenidenzone. Die Nannofossilzone NN5 ist nachgewiesen. Die Abfolge setzt sich aus 95% Tonmergel („Badener Tegel“, Baden-Gruppe) zusammen, wobei der hangende Teil der Bohrung eine stärkere tektonische Deformation zeigt. Der dominierende Sedimenttyp sind bioturbate, mittel- bis dunkelgraue Mergel mit Karbonatgehalten zwischen 11 und 25%. Die Gehalte an organischem Kohlenstoff schwanken zwischen 0.35 und 0.65% und zeigen einen leichten Anstieg mit der Tiefe. Selten sind bis zu 20cm dicke Sandlagen und eine einzelne konglomeratische Lage eingeschaltet. Eine wenige cm dünne smectitreiche Tufflage ist bei 72,4 m erkennbar. Zwischen 80 und 86m treten hell-dunkel laminierte Bereiche mit fehlender Bioturbation auf. Auf Grund von Konrgrößenanalysen lassen sich die Tegel als siltige Tone klassifizieren (Medianwerte 2 - 4µm). Die Sortierung ist mäßig bis schlecht. Die im Bohrkern dominante fossile Lebensspur Phycosiphon tritt in zwei Größenklassen auf. Sie wird als Freßspur eines Deposit-Fressers interpretiert, der die im Sediment verteilte partikuläre organische Materie beweidet. Phycosiphon tritt bisweilen gemeinsam mit Thalassinoides auf; beide Spurentypen sind höheren Stockwerken zuzuordnen. In einigen seltenen Fällen können auch Vertreter der Zoophycos- Chondrites Ichnogilde aus den tiefsten Stockwerken in Erscheinung treten. Solche Weichboden-Vergesellschaftungen siedeln typischer Weise in schlammigen, unter ruhigen Umweltbedingungen abgelagerten, nahrungsreichen Sedimenten; einem meist dysaeroben Milieu mit niedriger Sauerstoffkonzentration auf Meeresboden-Niveau. Karbonatgehalte, Gehalte an organischem Kohlenstoff und die magnetische Suszeptibiltät zeigen eine markante Zyklik über die gesamte Bohrkernlänge. Die Spektralanalyse der magnetischen Suszeptibiltät weist signifikante Perioden bei 40,3m, 23,2m, 11,1m und 8,3m auf sowie einen zusätzlichen Peak bei 1,6m. Die Karbonatgehalte und die Gehalte an organischem Kohlenstoff im unteren Teil des Kerns weisen sehr ähnliche Peaks auf und zeigen eine signifikante positive Korrelation. Die Korrelation dieser Daten mit astronomischen Zyklen lässt eine Interpretation der beiden Zyklen erster Periode (40 – 45m) entweder mit dem 41.000er (Obliquität) oder dem 100.000er (Exzentrizität) Milankovitch-Zyklen zu. Auf Grund dieser Korrelationen errechnen sich Sedimentationsraten von 1,14mm/a (41.000er Zyklus) oder 0,5mm/a (100.000er Zykus). Bei einer Interpretation der laminierten Bereiche des Kerns als jahreszeitliche warvenartige Schichtung errechnet sich eine Sedimentationsrate von etwa 1,1mm/a, womit ein weiterer Hinweis auf Obliquitätszyklen gegeben ist. Auf dieser Grundlage ist sehr wahrscheinlich, dass der 102 m lange Bohrkern nur eine Zeitspanne von 100.000 bis maximal 200.000 Jahre repräsentiert. 37 „Bitte nicht wegwerfen!!“ - Fraß- und Lebensspuren an Mollusken aus der Lokalität Gainfarn NÖ [Vortrag] Gerhard Wanzenböck Breitegasse 7, 2541 Bad Vöslau Sammler von Fossilien aber auch Wissenschaftler sind oft nur an möglichst großen, gut und komplett erhaltenen Fundstücken interessiert. Je attraktiver umso besser! Aber meist sind es die an – oder aufgebrochenen, angebissenen oder bewachsenen, oft gar nicht so ansehnlichen Funde, die viel interessanter sind. Durch diese Fossilien ist es oft möglich, wie durch ein Zeitfenster, auf Lebenssituationen und Lebensgemeinschaften zu blicken, die schon längst vergangen sind. Selbstverständlich ist es vor allem für Laien nicht immer leicht auseinander zu halten, ob es sich bei seinem Fund um ein Fossil mit interessanten Lebensspuren handelt, oder ob nur ein unvollständig oder schlecht erhaltenes Exemplar vorliegt. Um dies zu erkennen bedarf es Fachwissen, gezielten Informationen und einer Menge Erfahrung. Aber sich dafür zu interessieren zahlt sich aus! So kann es schon mal vorkommen, dass man sich über ein Fundstück freut, das andere weggeworfen oder erst gar nicht beachtet hätten. Gerade so ein Stück, das man dann in seinen Händen hält, ist nicht eines von Tausenden, die vermutlich schon in dieser Lokalität gefunden wurden, sondern es hat eine „persönliche Geschichte“, die es über Millionen von Jahren bewahrt hat. Solche „persönlichen Geschichten“ möchte ich ihnen zeigen an Hand von Mollusken, die in den miozänen Ablagerungen von Gainfarn gefunden wurden. Das Ziel dieses Vortrages ist es, interessierten Laien Beispiele für Fraß- und Lebensspuren aufzuzeigen, so dass ein selbstständiges Erkennen dieser später möglich ist. Im Miozän, einer Zeitstufe des Neogens, genauer gesagt im Badenium (16,4 bis 13 Mio.), war das ganze Wiener Becken überflutet. Dieses Meer, das sowohl zum Indopazifik aber auch zum Mittelmeer Verbindung hatte, wird Paratethys genannt. Gainfarn liegt in der so genannten „Gainfarner Bucht“. Sie stellt eine kleine Ausbuchtung des Wr. Beckens in die Ausläufer der Kalkalpen dar. Die Wassertiefe betrug hier ca. 10 bis 30 m und bot einer Vielzahl von Tieren und Pflanzen einen idealen Lebensraum. Es handelte sich vermutlich um Seegraswiesen, die von Sand- und Geröllflächen unterbrochen wurden. Schon seit langem zählt Gainfarn zu den bedeutendsten Fundstellen von fossilen Mollusken. Diese werden in wunderbarem 38 Erhaltungszustand auf den Feldern und Weingärten von Gainfarn, in den Gainfarner Mergeln und Sanden gefunden. Tausende von Muschel- und Schneckenschalen wurden hier schon gesammelt. Manche jedoch erlauben direkte Rückschlüsse auf damalige Lebenssituationen. Einige Beispiele dafür möchte ich ihnen präsentieren. „Nicht gerade die Schönsten aber sehr interessant !“ Schalendeformationen nach Bissen, Verletzungen oder Wachstumsstörungen Immer wieder findet man vor allem Schnecken, die ein unnatürliches Wachstum aufweisen. Einerseits fallen sie dadurch auf, dass sie von der normalen „Wachstumsrichtung (Gewindeachse)“ abweichen, andererseits durch deutlich sichtbare „Narben“ auf ihren Schalen. Die Abweichungen sind zu begründen durch genetisch bedingte Wachstumsstörungen, oder durch Schalenbeschädigungen nach Verletzungen, wie etwa nach Bissen, die ihnen von Fressfeinden zugefügt wurden. Zu ihren Feinden zählten z.B. Fische, Seesterne, Krebse, Krabben, andere Schnecken. Überlebte eine Schnecke solch einen Angriff, versuchte sie ihre Schale zu reparieren. Das solche Reparaturen durchaus erfolgreich waren, sieht man daran, dass die Schnecke weiter gewachsen ist. Da sie jedoch nach diesen Schalenverletzungen von ihrem vorgegebenen Bauplan vorübergehend abweichen musste, blieben „Narben“ zurück. „Auf´s richtige Fundament kommt´s an!“ Leere Schalen als Hartgrundersatz Viele planktonisch, freischwimmende Larven von später sessilen (festsitzenden) Tieren, wie z.B. Austern, Zwiebelmuscheln, Wurmschnecken, Moostierchen (Bryozoen), Korallen, etc., benötigen einen festen Untergrund um sich festzusetzen. Da jedoch in Seegraswiesen, Sandund Schlammflächen diese ausgesprochene Mangelware sind, werden leere Schalen von Mollusken gerne als Ersatz für Steine angenommen. „Ungeliebte Zweitbesitzer oder Umbau wird doch noch erlaubt sein !?“ Leere Schalen als Lebensraum Auch Larven von Schwämmen (Porifera) und Bohrmuscheln (Lithophaginae) sind auf der Suche nach einem geeigneten Lebensraum. Manche marine Schwämme aber auch einige bohrende Moostierchen (Bryozoen) sind wie die Bohrmuscheln in der Lage, den kalkigen Untergrund aufzulösen und anzubohren. Als Untergrund eignet sich alles, was aus Kalk besteht. Somit neben Kalkgestein, Korallen auch Schalen von Mollusken. Vor Fressfeinden in einem kalkigen „Panzer“ geschützt, ernähren sie sich filtrierend. Wegen zunehmender Körpergröße sind sie aber gezwungen immer weiterzuätzen und zu bohren. Anders als Kalkgestein sind Korallen und Mollusken davon nicht gerade begeistert und versuchen ein Festsetzen von Larven zu verhindern. Oder einmal festgesetzt, diese ungeliebten Mitbewohner zu umwachsen, um ihnen den Zugang zum Frischwasser zu nehmen und sie dadurch abzutöten. Leere Schalen jedoch sind ein idealer Lebensraum für diese Tiergruppen. Auch heute noch stellen sie für Austernzuchten oder Mauern von Hafenanlagen eine ernste Bedrohung dar. „My home is my castle!“ Leere Schalen als neuer Wohnraum I Viele Tiere, die selbst nicht in der Lage sind ein hartes, schützendes Außenskelett zu bilden, nützen gerne leere Molluskenschalen als Wohnraum. Manche wie etwa kleine Fische, Krabben (ausgenommen Einsiedlerkrebse), etc., suchen oft nur für kurze Zeit Unterschlupf. Andere wiederum bleiben dort einmal eingezogen, ihr ganzes Leben. Zu diesen Tieren gehört etwa auch die Pantoffelschnecke (Calyptraeidae). Als Larve setzt sie sich in einer geeigneten leeren Schale fest und ernährt sich dort filtrierend. Ihre Körperform passt sich im Laufe ihres 39 Größenwachstums der gewählten Schneckenschale an. Wichtig für sie ist ein ungehinderter Zugang zum Frischwasser. Somit ist sie immer im einstigen Mündungsbereich ihrer „Behausung“ zu finden, außer es sind andere Öffnungen vorhanden. „Tarnen und Täuschen oder Recycling gab´s schon damals!“ Leere Schalen als neuer Wohnraum II Einsiedlerkrebse (Decapoda, Zehnfüßer; Infraordnung: Anomura, Unechte Krabben, Familie: Diogenidae und Paguridae). Wie die erwähnte Pantoffelschnecke ist auch der Einsiedlerkrebs auf leere Schneckenschalen angewiesen um zu überleben. Im Kopf- und Rumpfbereich ist er stark gepanzert. Sein Hinterleib jedoch nicht. Anders als die Pantoffelschnecke, kann er jedoch die Schale verlassen. Dies ist durch sein zunehmendes Größenwachstum auch nötig, da er sich immer größere Schneckenschalen suchen muss. Fossil werden oft nur seine starken Scheren überliefert und somit ist die Wahrscheinlichkeit Einsiedlerkrebse, trotz ihres häufigen Vorkommens, fossil nachzuweisen sehr gering. Jedoch ist dies manchmal indirekt möglich. Einsiedlerkrebse trachten danach ihre Behausung zu tarnen. Dies geschieht dadurch, dass sie Seeanemonen, Moostierchen, Hydrozoen (Nesseltiere), Pflanzen, etc. auf ihren Schalen aktiv festsetzen. Die Mitreisenden profitieren davon, in dem ihnen durch das Herumwandern des Krebses immer neue Gebiete zur Nahrungsaufnahme erschlossen werden. Der Einsiedlerkrebs hat seine Vorteile durch den Tarneffekt. Andererseits aber auch von der Wehrhaftigkeit seiner Mitreisenden. Oft werden diese Begleiter wenn möglich sogar beim Schalenwechsel vorsichtig abgelöst und auf der neuen Behausung wieder festgesetzt. Selbstverständlich trachtet der Krebs jedoch immer danach den Mündungsbereich frei zu halten, so dass seine Bewegungsfreiheit nicht eingeschränkt wird. Er „kultiviert“ sozusagen seine Begleiter nach seinen Bedürfnissen. Lebende Schnecken tarnen sich auch manchmal, haben es aber im Normalfall nicht gerne, wenn sich andere Tiere oder Pflanzen auf ihrer Schale festsetzten. Der Einsiedlerkrebs fördert dies aber sogar. Ist also z.B. ein starker Bewuchs von Hydrozoen oder Bryozoen feststellbar, der Mündungsbereich jedoch peinlichst frei davon gehalten, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass diese Schale von einem Einsiedlerkrebs bewohnt war. Oft kann man in diesen Fällen beobachten, dass die Endwindung der Schneckenschale scheinbar weiter gewachsen ist. Bricht man aber ein Stück davon ab, ist zu erkennen, dass dieser Teil nur mehr aus den Kalkabscheidungen der Hydrozoen oder Bryozoen besteht. „Wer bohrt den da?“ Fraßspuren von Raubschnecken I Wir haben bisher etliche Beispiele gesehen, wie leere Schalen genützt werden. Aber wie kommt es dazu, dass es so viele leere Schalen gibt? - Dafür sorgen viele Fressfeinde wie Anfangs schon erwähnt. Sehr gefräßige Räuber von Mollusken sind Raubschnecken. Eine davon ist die Mond- od. Nabelschnecke (Familie der Naticidae). Diese Schneckenfamilie kommt in Gainfarn in etlichen Gattungen (wie etwa Natica, Polinices, Neveritia, Sinum) sehr häufig vor. Auch ihre Verschlussdeckeln (Operculum) sind zu finden. Sie haben kleine- bis mittelgroße Schalen, meist von kugeliger Gestalt mit einem auffallenden „Nabel“. Heute noch sind sie in vielen Arten weltweit anzutreffen. Diese Raubschnecke ist in der Lage mit einem Bohrorgan und ihrer bezahnten Zunge (Radula), Löcher in andere Molluskenschalen zu bohren. Anschließend wird das Opfer ausgefressen. Da die Nabelschnecke selbst in der Lage ist zu graben können auch im Sand verborgene Mollusken aufgefunden und gefressen werden. Ihre Fraßspuren sind sehr häufig zu finden und leicht durch ihre charakteristische Form zu erkennen. Die Löcher sind kreisrund und trichterförmig. „Wer nagt den da? Fraßspuren von Raubschnecken II 40 Ein weiterer gefräßiger Räuber ist die Familie der Stachel- oder Purpurschnecken (Muricidae). Zu dieser in Gainfarn zu findenden Schneckenfamilie gehören die schönsten - und von Sammlern begehrtesten Schnecken. Sie haben oft reich mit Stacheln skulpturierte Schalen. Gesucht wurden sie in der Antike aber nicht nur wegen ihrer schönen Schalen sondern viel mehr wegen eines Sekretes, das aus ihrer Manteldrüse gewonnen wurde > nämlich dem Purpurfarbstoff. Die Schnecke ist eine eifrige Räuberin. Viele Arten sind in der Lage Löcher in Schalen von anderen Mollusken zu bohren, da sie ebenfalls über eine Raspelzunge (Radula) und oft über ein Bohrorgan verfügen. Zusätzlich sind einige Arten in der Lage Säuren und Gifte zu bilden, die sie bei der Jagd einsetzen. Ihre Bohrlöcher sind aber nicht so gleichmäßig wie die der Nabelschnecke und nicht trichterförmig. Manche Arten dieser Familie besitzen weiters auf der Schale einen keilartigen Zahn, mit dem sie in der Lage sind Muscheln „aufzukeilen“. Dieser Vorgang ist jedoch fossil an ihrer Beute nicht nachweisbar. „Essen aus der Dose!“ Fraßspuren von Schamkrabben Schamkrabben (Decapoda, Zehnfüßer; Infraordnung: Brachyura, Echte Krabben; Familie: Calappidae). Diese weltweit vorkommende Krabbenfamilie, die zu den „echten Krabben“ zählt, lebt vorwiegend auf Sandflächen, wo sie sich gerne zum Schutz eingräbt. Zu ihrer Lieblingsbeute zählen Schnecken aber auch Einsiedlerkrebse. Für die Jagd auf diese Tiere, sind sie mit Spezialwerkzeug ausgestattet. Ihre linke Scherenhand ist mit spitzen Fingern versehen, die ihr erlauben pinzettenartig zuzugreifen. Die rechte Scherenhand ist ein perfekter „Dosenöffner“. Durch einen gebogenen Fortsatz an ihrem beweglichen Finger (Dactylus) ist sie in der Lage Schneckenschalen mühelos aufzubrechen. Die Spuren dieser Jagdtechnik sind an vielen Schneckengehäusen aus Gainfarn zu beobachten. Typisch dabei ist die unregelmäßige, kantige Bruchlinie an der Schneckenschale, die beim Stückweisen Aufbrechen entsteht Begonnen wird dabei immer am Mündungsrand. Es ist ein gleichbleibendes Schema zu beobachten, das sich dadurch ergibt, dass die Krabbe die Beute immer mit der linken Schere hält und mit der Rechten versucht aufzubrechen. Weiters wird eine gewisse Größe und Schalenform der Beute besonders bevorzugt. Die Größenwahl ist vorgebeben einerseits durch die Dicke der aufzubrechenden Schale, andererseits von der Möglichkeit die Beute beim Aufbrechen festhalten zu können (z.B. hindernde Stacheln). Auch bot ein starker Verschlussdeckel (Operculum) effektiven Schutz gegen solche Angriffe. Ideale Form und Größe dürften die Vertreter der Oliven- als auch Schlitzhornschnecken aufgewiesen haben, da bei deren Schalen am häufigsten das Verletzungsmuster beobachtet werden kann. Die Schneckenschalen werden bei der Jagd in vielen Fällen sogar über die Endwindung hinaus aufgebrochen. Doch nicht immer war bei dieser Jagdtechnik Schneckenfleisch das Ziel. Als Beweis für die Jagd auf Einsiedlerkrebse könnte gewertet werden, dass sich die Krebse viel weiter als Schnecken zurückziehen können und somit ein weiteres Aufbrechen erforderlich ist, um an die Beute zu kommen. Eindeutig wird es jedoch dann, wenn Schneckenschalen mit Hydrozoen (Nesseltiere)- oder Moostierchen (Bryozoen) Bewuchs aufgebrochen worden sind und dabei der Bewuchs ebenfalls mit entfernt wurde. Da dieser Bewuchs erst sicher nach dem Tod der Schnecke entstanden sein kann, muss das Jagdziel in diesen Fällen nicht Schneckenfleisch sondern der Zweitbesitzer gewesen sein. Selten findet man auch von Nabelschnecken gefressene Schnecken (Bohrloch !), die aufgebrochen worden sind. Da nicht anzunehmen ist, dass die Schnecke von einer Raubschnecke und einer Krabbe gleichzeitig gefressen wurde, muss auch hier der Einsiedlerkrebs die Beute gewesen sein. Es sei aber erwähnt, dass Schneckengehäuse mit Löchern nicht gerne von Einsiedlerkrebsen angenommen werden. Doch nicht nur die Schamkrabbe jagte Schnecken. Es wurden von anderen schneckenfressenden Krabben die Schalen aber oft zerquetscht oder ganz zertrümmert. Ähnliche Spuren wie die Schamkrabbe hinterließen aber auch Einsiedlerkrebse, die wie man weiß auch Artgenossen nicht verschmähen. Ebenfalls ein sehr eigentümlicher Räuber, der dazu 41 in der Lage war, ist ein Vertreter der Höheren Krebse (Malacostraca), dem das nächste Kapitel gewidmet ist. Fossil nachgewiesen sind im Badenium des Wiener – u. Grazer Beckens die Schamkrabben Calappa praelata (LÖRENTHEY), Calappa heberti (BROCCHI) und Calappa granulata (LINNAEUS). „Wer klopft den da?“ Fraßspuren von Fangschreckenkrebsen Fangschreckenkrebse (Stomatopoda; unterteilt in Schmetterer und Speerer). Diese Tiere sind wie viele Vertreter der Krebse schon sehr alt. Leider sind sie aufgrund ihres Außenskelettes nicht häufig fossil überliefert und sind daher oft nur auf Grund ihrer charakteristischen Fraßspuren nachweisbar. Die meisten Vertreter dieser Tiergruppe leben heute in seichten tropischen- bis subtropischen Gewässern, aber auch im Mittelmeer sind sie anzutreffen. Sie führen ein verborgenes Dasein und verlassen ihre Wohnhöhlen und gegrabenen Bauten nur zum Beutefang. Als Beute dienen ihnen andere Krebse und Krabben. Aber auch Fische, verschiedene Kopffüßer, Muscheln und Schnecken werden gerne genommen. Die größten Exemplare werden bis zu 40cm groß. Es sind vermutlich sehr intelligente Tiere, die sich mit Farbsignalen ihrer paddelförmigen Fühler verständigen können. Es ist nachgewiesen, dass sie sehr lernfähig sind und über ein sehr gutes Erinnerungsvermögen verfügen. In ihrer Form ähneln sie Gottesanbeterinnen - daher auch ihr deutscher Name. Im unterschied zu Ihr, haben sie aber bewegliche Augen und ihre Fangbeine schlagen von unten zu. Grob unterteilen lassen sie sich in Schmetterer und Speerer, wobei die ältere Form vermutlich die Speerer waren. Die Vorfahren der Stomatopoden gab es schon seit 400 Mio Jahren. Seit der Kreide (ca. 100 Mio Jahre) sind aber Tiere mit stark vergrößerten 2. Beinpaaren zu beobachten. Dies waren die ersten echten Fangschreckenkrebse. Während jedoch die Speerer ihre Scheren zu einer Jagdwaffe weiterentwickelten, die je mit einem stachelbesetzen Finger (Dactylus) versehen ist, um weitgehend weiche Beute wie etwa Fische oder Kopffüßer zu jagen, formten sich bei den Schmetterern die Scheren zu einem Schlagwerkzeug um. Der Dactylus wurde dabei stark verdickt und verkalkte. Diese Jagdwaffen können wirklich als Hightech-Waffen bezeichnet werden. Die Fangschreckenkrebse sind damit in der Lage eine der schnellsten Bewegung im Tierreich auszuführen. Das vollständige Ausstrecken des Fangbeines dauert gerade mal 3 Millisekunden. Diese Geschwindigkeit wird möglich, indem sie ihr Fangbein einhaken, ihre Muskeln anspannen und ähnlich wie bei einer Armbrust nach Betätigung des Abzuges ihre Fangbeine explosionsartig vorschleudern lassen. Es wurde schon mehrmals beobachtet, dass Fangschreckenkrebse mit dieser Technik Glasscheiben von Aquarien zum bersten brachten. Wie soll da ein Krabbenpanzer, eine Muschel- oder Schneckenschale dieser Wucht standhalten. Ebenfalls wird vermutet, dass durch diese enorm schnelle Bewegung im Wasser, ähnlich wie bei Turbinen, Schiffsschrauben oder Pumpen, der physikalische Effekt der Kavitation auftritt. Das heißt, durch die extrem rasche Bewegung, entsteht ein weit niedrigerer Druck als in der Umgebung. Dadurch wird der Siedepunkt von Wasser so weit herabgesetzt, dass es in den gasförmigen Zustand übergeht. Es entstehen kurzzeitig Gasblasen, die jedoch weit mehr als das 1000-fache an Platz benötigen. Steigt der Druck nach der Bewegung aber wieder an, implodieren diese Blasen sofort wieder. Dabei entstehen durch das nachströmende Wasser kurzzeitig Drücke von mehreren 1000 bar. Befindet sich die Gasblase dabei aber in unmittelbarer Nähe eines festen Körpers, wird dieser enormen Druckwellen ausgesetzt. Durch diesen natürlichen Effekt der Kavitation, entstehen erhebliche Materialschäden an metallenen Turbinen oder Pumpenrädern. Im Fall der Fangschreckenkrebse, könnte dadurch das Beutetier gelähmt oder getötet werden und zusätzlich die Schale beschädigt werden. Um diese Bewegung aber zielgenau durchführen zu können, sind extrem leistungsfähige Augen notwendig. So ist ein Schmetterer in der Lage auch nur mit einem Auge 3- dimensional sehen zu können um sein Ziel genau anzuvisieren. 42 Fangschreckenkrebse können verschiedene Jagdtechniken anwenden. Entweder wird die Beute gänzlich zertrümmert (fossil schwer nachzuweisen), vom Mündungsrand her aufgebrochen (vergleiche Verletzungsmuster wie bei Schamkrabben) oder es wird ein Loch in die Schale geschlagen. Dieses Loch entsteht eigentlich durch zwei Einschlagslöcher, die allmählich miteinander verbunden werden. Normal befindet sich diese Öffnung im Bereich der Anfangswindung der Schnecke. An der Innenschale solcher Beutetiere ist eine Abplatzung feststellbar, was auf einen starken Schlag von außen hinweist. Durch Beobachtungen an heute lebenden Fangschreckenkrebsen wurde festgestellt, dass auch Speerer in der Lage sind dünnschalige Tiere aufzubrechen. Es wird daher vermutet, dass sie die Produzenten von kleineren Löchern in verschiedenen Schneckenschalen sind. Sogar auch hier bei den Fangschreckenkrebsen ist nachweisbar, dass sie Einsiedlerkrebse gejagt haben. Als Beispiel dient hier eine von mir gefundene Schale der Purpurschnecke Thais (Stromonita) exilis. Diese wurde von einer Nabelschnecke gefressen (Bohrloch) und nachträglich sicher von einem Einsiedlerkrebs bezogen. Da die Schale aber von einem Fangschreckenkrebs aufgebrochen worden ist, muss in diesem Fall der Zweitbesitzer das Ziel gewesen sein. Solche charakteristischen Löcher von Schmetterern und Speerern stellen deutliche Beweise dar, für die einstige Präsenz dieser Tiere in der Gainfarner Bucht, ohne sie wirklich durch fossile Belege nachweisen zu können. Dies waren nur einige Anregungen dafür, wie spannend es sein kann sich mit solchen scheinbar schlecht erhaltenen Fundstücken zu beschäftigen. Wie in einem Krimi lässt sich oft der „Mörder“ oder die Todesursache nachweisen. Ich hoffe, dass ich durch diese Beispiele, die ohne Probleme auch von interessierten Laien erkannt werden können, dazu beigetragen habe, dass auch nach „nicht ganz so perfekten Fundstücken“ Ausschau gehalten wird und diese vermehrt in privaten - aber auch staatlichen Sammlungen ihren Platz finden. 43 Das Badenium in Thermalwasserbohrungen und Großaufschlüssen von Bad Vöslau [Poster] Godfrid Wessely 1 , Stjepan Ćorić 2 , Fred Rögl 3 , und Irene Zorn 2 1 Siebenbrunnengasse 29, A-1050 Wien, Geologische Bundesanstalt, Neulinggasse 38, A-1030 Wien 3 Naturhistorisches Museum Wien, Burgring 7, A-1010 Wien 2 Die paläontologischen Untersuchungen betreffen das Neogen des Wiener Beckens, eines Zerrungsbeckens im Miozän zwischen Alpen und Karpaten Das Becken besteht aus tief abgesenkten Strukturen mit großen Sedimentmächtigkeiten begleitet von synsedimentären Brüchen (großer Leopoldsdorfer Bruch) und Randschollen mit geringeren Sedimentmächtigkeiten bei gleichem stratigraphischen Umfang (Mödlinger Scholle, begleitet von Randbrüchen geringerer Sprunghöhe). Dies bietet günstige, räumlich konzentrierte stratigraphisch- fazielle Untersuchungsmöglichkeiten. Der Raum Bad Vöslau liegt am Westrand des südlichen Wiener Beckens, wo Aufschlüsse und Bohrungen für Balneologie und Mineralwassergewinnung Einblick in die Beziehung zwischen Rand- und Beckenfazies des tieferen und mittleren Badenium gewähren. Großaufschlüsse beim Bau des Kurzentrums Vöslau In den Jahren 2002 – 2005 wurden beim Bau des Kurzentrums Bad Vöslau umfangreichere Aufschlüsse freigelegt. Unter der 3,5-4 m tief liegenden Quartärunterkante wurde zunächst im Südteil des Kurzentrums typisches, gebanktes Vöslauer Konglomerat („Konglomerat-1“) erschlossen, gegen Norden zu mit einer mehrere dm dicken, grünlich–oliven Mergeleinlagerung (Proben 2a-c). Mit kalkigem Nannoplankton (Helicosphaera ampliaperta und Sphenolithus heteromorphus) konnte hier die Zone NN4 nachgewiesen werden. Die Foraminiferenfauna mit Praeorbulina glomerosa circularis weist auf Untere Lagenidenzone hin. Im Hangenden von „Konglomerat-1“ wurde ein etwa 8-10 m mächtiger Mergel („Zwischenmergel“) mit reicher Mikro- und Makrofauna ausgehoben. Das kalkige Nannoplankton ist artenreich und typisch für NN5. Die benthische Foraminiferenfauna mit Pyramidulina raphanistrum, Planularia cassis, Lingulina costata und häufig Uvigerina pygmoides ist charakteristisch für die Untere Lagenidenzone. Hier tritt neben Praeorbulina bereits Orbulina suturalis auf. Die Ostracodenfauna beinhaltet zahlreiche Faunenelemente des Infraneritikums (>50 m) wie Acanthocythereis, Buntonia, Cytherella, Henryhowella, Cytheropteron und Bosquetina. Es tritt auch der Pteropode Vaginella austriaca auf. Über dem Zwischenmergel folgt wieder Vöslauer Konglomerat („Konglomerat-2“) derselben Zusammensetzung wie unter dem Mergel nur lagenweise loser gebunden und reicher an sandiger Matrix. Bohrungen Vöslauer 6/1, 6/2 und Vöslauer 7 In der Zeit von 1993 bis 2001 wurden die Bohrungen 6/1 und 6/2 sowie die Bohrung die Bohrung 7 abgeteuft. Die Bohrungen wurden durch Spülproben und aussagekräftigen Bohrlochmessungen dokumentiert. Während im Neogen die Tiefen der Schichtgrenzen in Vö 6/1 und 6/2 ident sind, zeigen die Unterschiede in den Oberkanten der Basis stärkeres morphologisch-?tektonisches Relief des Untergrundes an. Im Badenium ist lithologisch eine Zweigliederung des Profils in einen tieferen Mergelbereich und ab 272 m einen höheren, Sand-Schotter dominierten Abschnitt festzustellen. 44 Basal liegt polymiktes Konglomerat mit einem Mitteltrias-Olistolithen. Die Mikrofauna der Bohrung Vö 6/1 wurde von O. SCHREIBER (OMV) untersucht (Internbericht G. WESSELY 1994 für die Vöslauer Mineralwasser AG). Er konnte die Untere und Obere Lagenidenzone sowie die Sandschalerzone nachweisen. Bei der Bohrung Vö 7 (Endtiefe 465 m) enthält das Badenium über Gainfarner Brekzie ab 240 m eine mergelreiche Strecke mit etlichen, vom Rand herreichenden Schotterfächern. Nur die unterste, bräunliche Mergelprobe konnte in die NN4 eingestuft werden. Die darüber folgende Untere und Obere Lagenidenzone gehört in die Zone NN5 und enthält eine reiche Lagenidenfauna, sowie die planktonische Foraminifere Orbulina suturalis. Der Nachweis der Sandschalerzone im obersten Profilbereich ist unklar, weist aber eine deutliche ökologische Änderung auf (ĆORIĆ & RÖGL 2002). Unter der Sandschalerzone muß demnach der Durchgang des Harzbergbruches erfolgen, da nach Vö 6 die Obergrenze der Oberen Lagenidenzone viel höher liegen müßte. Bohrung Bahngasse Die Bohrung wurde 1971 im Lager der Vöslauer Mineralwasser AG durchgeführt und von W. FUCHS 1974 lithologisch aufgenommen und daraus die Nannoflora bearbeitet (NN5 in FUCHS & STRADNER 1977). Die Einstufung der Mikrofauna in die Obere Lagenidenzone nahm M.E. SCHMID (Geol. Bundesanstalt) vor. Das lithologische Profil fügt sich faziell in den Abschnitt „Sand-Schottergruppe“ der Bohrung Vö 6. Eine Kalklage weist auf ausgeprägte Seichtwasserablagerung. Die Unterschiedlichkeit der nur 130 m von einander entfernten Bohrungen Vö 7 und Bahngasse bestätigt den Schluß, dass der W-E- streichende, gegen Süden einfallende Harzbergbruch hier durchzieht, auf dessen Hochscholle Vö 7 steht und auf dessen Tiefscholle die Bohrung Bahngasse liegt. Die Sprunghöhe müsste mindestens 200 m betragen. Bohrung Bahnhof Die Bohrung Bahnhof geht auf das Jahr 1863 zurück und erreichte eine Endtiefe von 161, 6 m im Badener Tegel mit einigen Sand- und Schotterlagen (KARRER 1877, FUCHS 1974). Bohrungen S1 und S3 Aus den 1980 durchgeführten Bohrungen S 1 (Endtiefe 40,3 m) und S3 (Endtiefe 130,3m) sind nur Angaben über lithologische Abfolgen mit einigen Mergellagen überliefert. Gemäß ihrer Lage im „Konglomerat-1“ des Bauaufschlusses des Kurzentrums muß ihre stratigraphische Position unterhalb der des „Zwischenmergels“ liegen, der als Untere Lagenidenzone, NN5 eingestuft ist. Damit ergibt sich auch ein Anhaltspunkt über die zeitliche Gegenüberstellung von Rand- und Beckenfazies. Literaturverzeichnis ĆORIĆ, S. & RÖGL, F. 2002: Wasserbohrung Vöslauer VII. Biostratigraphie und Paläoökologie. – Internbericht Vöslauer Mineralwasser AG. - Bad Vöslau. FUCHS R. 1974: Die Nannoflora aus dem Badenien der Paratethys und geologische Beobachtungen im Raume Vöslau (NÖ). – Dissertation Paläont. Inst. Univ. Wien. FUCHS, R. & STRADNER, H. 1977: Über Nannofossilien im Badenien (Mittelmiozän) der Zentralen Paratethys. – Beiträge Paläont. Österreich, 2: 1-58. – Wien. KARRER, F. 1877: Geologie der Kaiser-Franz-Josef-Hochquellenwasserleitung. – Abhandlungen Geol. Reichsanst., 9: 420 S. – Wien. WESSELY, G. 1994: Geologie und Hydrologie im Raume Vöslau auf Grund von Kartierungen und Bohrergebnisse, insbesondere der Bohrung Vöslauer 1. – Internbericht Vöslauer Mineralwasser AG. – Bad Vöslau. 45 Exkursionsführer 46 Zur Geologie von Bad Vöslau [Vortrag] Godfrid Wessely Siebenbrunnengasse 29, A-1050 Wien Die Erforschung der Geologie und Paläontologie im Raum Bad Vöslau hat lange zurückreichende Tradition. Die größten Kenntniszuwächse stehen im Zusammenhang mit der Erschließung und mit zusätzlicher Gewinnung von Thermalwasser. Bereits Boue 1872 befasste sich mit dem Rätsel Thermalwasser, gefolgt von Karrer 1877 in Verbindung mit bestens verwertbarer lithologisch -paläontologischer Beschreibung der Geologie des Stollens der 1. Wiener Hochquellwasserleitung. Am Beginn des vorigen Jahrhunderts befasste sich Knett 1929 ausführlich mit dem Thermalquellbereich. Charbusky 1964 verfasste eine Geschichte des Vöslauer Thermalbades. Sehr viele wichtige Daten und Folgerungen sind von Küpper 1964, 1977, 1981, Klein und Küpper 1985 erhalten. Wertvolle paläontologische Ergebnisse erarbeiteten Fuchs und Stradner 1977. Pavuza und Treindl 1985 lieferten eine Annäherung zur Erklärung über die Herkunft des Thermalwassers. Bohrungen, geologische Kartierungen der Oberfläche, Aufnahme von Stollen und Kelleranlagen und Großbaustellen, zuletzt der des neuen Kurzentrums Vöslau trugen wesentlich zur geologischen Kenntnis des Stadtgebietes bei. Aktuelle stratigraphische Zuordnungen der neogenen Schichtfolgen erfolgten durch paläontologische Erarbeitungen von Coric, Draxler, Rögl und Zorn, die in getrennten Darstellungen dieses Bandes ihre Ergebnisse präsentieren. Seismische Profile, gemessen im Zusammenhang mit der Thermalwassererschließung lieferten die Institutionen Geoseis und Joanneum Research, geoelektrische Messungen erfolgten durch die Universität Wien. Durch die Anlegung eines Geopfades sollen an markanten Punkten die Geologie und Paläontologie einem größeren Interessenskreis nahe gebracht werden. Die Schichtfolgen und ihre Verbreitung Kalkalpin: Der Rand und Untergrund des Wiener Beckens wird von Gesteinen des Kalkalpin gebildet. Die stratigraphisch tiefsten derselben sind Wettersteinkalke und –dolomite. Sie wurden im Beckenuntergrund erbohrt und sind auch auf dem Harzberg einzusehen ( Abb. 1, 2). Am Fuss desselben liegen in der tektonischen Unterlagerung auch Hauptdolomit, Kössener Schichten und Plattformkarbonate des Rhät in Form von Oolithen oder Korallenriffkalken vor. Neogen: Der neogene Sedimentumfang umfasst die Lagenidenzone und Sandschalerzone des Badenium. Im Osten grenzt bruchbedingt Sarmatium daran. Diskordant lagert Quartär darüber. Im Raum Bad Vöslau vollzieht sich der Wechsel von Randfazies mit fluviatilem Eintrag und Beckenfazies. Randfazies: Randlich liegt zuunterst die Gainfarner Brekzie bestehend aus kantigen Komponenten aus Dolomit (überwiegend Wettersteindolomit). Mit Entfernung vom Ufer belegt einsetzende Fossilführung marine Ablagerungsfazies. Die Gainfarner Brekzie ist als Untere Lagenidenzone einzustufen, da in der Bohrung Vöslauer 7 unmittelbar darüber Mergel der Unteren Lagenidenzone liegen (Coric & Rögl 2001). Die Gainfarner Brekzie hat obertags ihre Hauptverbreitung an der Südflanke des Harzberges in einem ausgedehnten Areal. Sie ist in mehreren ehemaligen Gesteinsabbauen und Höhlenanlagen ersichtlich und wurde infolge ihrer oft mürben Beschaffenheit als Schotter und Reibsand verwendet. Im großen Steinbruch der Gemeinde Bad Vöslau (ehem.Straußsteinbruch) grenzt sie entlang des Harzbergbruches an Mitteltrias. Groß aufgeschlossen ist sie u. a. in der Höhlenanlage „Wilder Ofen“, in der „Marschgrube“ oder in den „Nebellöchern“. Höher folgt das Vöslauer Konglomerat mit gerundeten Komponenten von Kalkalpin und Flysch. Faunenelemente, wie (selten) auf Geröllen aufgewachsene Austern oder eine Mikrofauna aus Asterigerinen, Ammonien etc. in feiner sandigen Lagen sprechen für bereits marine Vertragung 47 des fluviatil eingebrachten Geröll- und Sandmaterials. Eine Mergelzwischenlage im Vöslauer Konglomerat der Baugrube des Kurzentrums ist nach Mikro- und Nannofossilien in die Obere Lagenidenzone zu stellen (Coric et al., dieser Band). Das Vöslauer Konglomerat dehnt sich an der Ostflanke des Harzberges aus. Über den oberen Stadteil von Bad Vöslau erstreckt es sich südwärts bis zum Gainfarner Bruch, an dem es abgeschnitten ist. Der Bruch ist wahrscheinlich auch der Grund, dass es an der Gainfarner Seite des Gebirges nicht mehr aufscheint. Die größten Aufschlüsse liegen and den Nord- und Westböschungen der Großnische des Thermalbades, die wohl natürlich entstanden ist, aber sicher später erweitert wurde. Im SW schließt unmittelbar der “Mailtalkeller“ („Schlumbergerkeller“) an. Eine topographischgeologische Skizzierung der verzweigten Kelleranlage erfolgte bereits durch Knett 1926 und Küpper 1964. Es ist darinnen typisches Vöslauer Konglomerat mit etwa 20-25° einfallenden Bänken von Grob- bis Feinkonglomeraten mit lagenweise verschieden starker Zementation aufgeschlossen. Die überwiegend runden Komponenten entstammen dem Kalkalpin, zu einem geringeren Teil der Flyschzone (Sandsteine, z.T. grünlich, oft aber bräunlich verfärbt). Sandigen Lagen konnte eine Mikrofauna aus mariner Seichtwasserfazies (Asterigerinen, Amonien, etc.) entnommen werden. Das Gestein wird von vier Klüften (1-4) mit jeweils unterschiedlicher Öffnungsweite durchzogen. Mit seinem schräg gegenüber dem Saunastüberl liegenden Eingang und dem unter dem Kirchenberg verlaufenden Stollensystem enthält der „Luftschutzkeller“ das analoge Vöslauer Konglomerat wie der Maitalkeller mit etwa 20° gegen E bis NE einfallender Schichtung. Die seinerzeit offene Baugrube für die „Seniorenresidenz“ mit großflächigen, mehrere Meter tiefen Aufschlusswänden legte massives Vöslauer Konglomerat frei. Die häufig intensive Braunfärbung ließ auf einen eher basalen Abschnitt desselben schließen. Die Bankung zeigt auch hier NE-ENE – Einfallen mit 20° und NE-streichende Kluftverläufe an. Wichtigen Einblick in die Gesteinsbeschaffenheiten und ihre stratigraphische Einstufung boten die in den Jahren 2002 bis 2005 freigelegten Aufschlüsse beim Bau des Kurzentrums Bad Vöslau. Die Grundaushübe zweier Gebäudekomplexe mit Verbindungsgang legte unter 3,5 bis 4 m tiefem Quartär das 15-25° gegen ENE fallende Vöslauer Konglomerat mit einer 8-10m mächtigen Zwischenlage aus dunklem Badener Tegel (lokal als „Zwischenmergel“ bezeichnet) frei, der eine reiche Mikro- und Nannoflora enthielt ( s. Coric et al., dieser Band). Spiegelanstiege oder Eintragspausen von Grobklastika führten zu den Mergeleinschaltungen, die die Randfazies begleiten, aber großdimensional gegen das Becken in den Bohrungen und seismischen Profilen zum Ausdruck kommen. Die Bohrprofile „S 3“ ( Endtiefe 131.3m) und „S1“ (Endtiefe 40,3m) enthalten noch die randnahen Vöslauer Konglomerate, aber bereits mit feinerkörnigen Einschaltungen. Diese dominieren nach Seismik und Bohrungen immer mehr und schließlich bauen sich nur mehr Lagen und Schnüre grobklastischer Ablagerungen weit in das Becken vor, die in der Seismik auch markante Reflexionen liefern. Beckenfazies: Für die Kenntnis der Beckenfazies bilden die Seismik und die Bohrungen Vöslauer (= Vö) 6/1 (Endtiefe 666 m) und 6/2 ( Endtiefe 705 m), Vöslauer (= Vö) 7 ( Endtiefe 465 m), Bahngasse (Endtiefe 150,5,m) und Bahnhof (Endtiefe 161,6m) das Gerüst. Dazu kommen (meist nur temporäre) Oberflächenaufschlüsse im abgesenkten Bereich südlich des Gainfarner Bruches. Im wesentlichen lässt sich ein mergelreicherer tiefere Abschnitt von einem sand- und schotterreicherem höheren Abschnitt unterscheiden. Dies hängt offensichtlich mit abnehmender Meerestiefe innerhalb der oberen Lagenidenzone zusammen. Die stratigraphisch tiefsten Anteile wurden in den Bohrungen Vö 6 und Vö 7 angetroffen. 48 Die vom Beckenrand entfernteste und tiefste Bohrung ist die Bohrung Vö 6/1 mit der technisch abgetieften Ersatzbohrung Vö 6/2 in etwa 5 m Distanz und überwiegend identem Bohrprofil. Über polymiktem Basalkonglomerat mit einem Olistholiten aus Wettersteinkalk am Top liegt ein mergelreicher Abschnitt mit Schotterlagen.( lokale Bezeichnung „Mergelgruppe“) . Sie wurde durch Schreiber 1994 nach Foraminiferen in die Untere und Obere Lagenidenzone eingestuft. Ihr entspricht in der Bohrung Vö 7 die Strecke über der Gainfarner Brekzie. Auch diese mergelige Ausbildung enthält mehrere, allerdings schon etwas dickere Schotterlagen. Nach Coric & Rögl 2001 gehört sie nach Mikro- und Nannofossilien zuunterst (letzte Probe) der tieferen Unteren Lagenidenzone (NN4) an, unmittelbar gefolgt vom höheren Teil der unteren Lagenidenzone (NN 5), von der Oberen Lagenidenzone (NN5) und von der Sandschalerzone. Über der Mergelgruppe in der Bohrung Vö 6 folgt ein Schichtabschnitt mit viel Sand und Schotter. Die Mergel sind oft sandig/schluffig (lokale Bezeichnung „Sand-Schottergruppe“). Häufig sind darinnen Molluskenschalen enthalten. Einen Marker bildet eine sandige Kalklage. Nach Schreiber 1994 reicht die obere Lagenidenzone noch weit in diese Sand-Schottergruppe hinauf, bevor die Sandschalerzone einsetzt. Ein abwechslungsreiches Profil mit mergeligen Schluffen, Sanden und Schottern enthielt auch die Bohrung Bahngasse (Fuchs 1974), deren Foraminiferen nach Schmied in die Obere Lagenidenzone eingestuft wurden. Die Bearbeitung der Nannofossilien erfolgte durch Fuchs & Stradner 1976. Eine ähnliche Einstufung gilt für die Bohrung Bahnhof aus dem Jahr 1863. Fuchs stellt ein Geringerwerden der grobklastischen Lagen von der Bohrung Bahngasse Richtung Bohrung Bahnhof fest. Einem absenkungsbedingt weit höheren stratigraphischen Niveau gehören die flach ESE einfallenden kalkigen Sandsteinbänke hinter dem Parkplatz an der Wiener Neustädterstraße an. Eine reiche, oft nur in Fragmenten erhaltene Makrofauna und Geröllführung in den kalkigen Sandsteinen gehören einem marinen Seichtwasserbereich an. Mergelige Lagen führen eine Mikrofauna der Seichtwasserfazies. Seichtbohrungen im Ostteil des Geländes um die Bohrung Vö 6 wiesen Mergel des Sarmatiums nach, die bereits östlich des Badener Bruches auf dessen Tiefscholle liegen. Quartär: Das Quartär bedeckt vor allem die Niederungen von Vöslau mit bis zu mehreren Meter dicken Sedimenten. Bei flacher Lagerung liegt es diskordant über Neogen. Näher 49 konnten diese auf einer großen Fläche im Bereich des Großaufschlusses für das neue Kurzentrum Vöslau studiert werden. Sie bestehen aus Schluff, Schutt- und Geröllmaterial, letzteres als Aufarbeitungsprodukt runder Komponenten aus dem Vöslauer Konglomerat, Lehmen und in unbeständiger Mächtigkeit einem Niveau von Kohlen, Tonen und Kohle innerhalb der Quartärfolge. Pollenanalysen aus diesem Horizont und eine absolute Altersdatierung wurde vorgenommen und sind bei Draxler 2006 (dieser Band) festgehalten. Tektonik Alpintektonik Der kalkalpine Bau des Randes und Untergrundes enthält zwei Stockwerke (Abb.2). Der Hauptkörper der Göller Decke bildet die Unterlage und besteht aus einer Muldenzone mit Hauptdolomit, Rhät ( Kössen-Formation, Oolith und Riffkalk) sowie Jura, im Untergrund möglicherweise auch Gosau (Oberkreide). Die Mulde öffnet sich bei steiler Lagerung gegen Süden. Tektonisch diskordant liegt darüber die „Harzberg- Deckscholle“, von SE herausgeschoben entweder aus dem Verband des Tirolikums, weniger wahrscheinlich von weiter südlich aus dem Juvavikum stammend. Sie wurde in den Bohrungen Vö 6 und 7 angetroffen, hebt gegen den Rand aus und setzt wieder am Rand ein, um die Deckscholle des Harzberges zu bilden. 50 Neogentektonik Morphotektonische Struktur Bad Vöslau liegt an einem Sporn der Kalkalpen, der sich aus dem leicht vorspringendem Beckenrand und der tektonisch angelegten Einsenkung der Gainfarner Bucht ergibt (Abb.1). Die Aufwölbung spiegelt sich in der Lagerung des Vöslauer Konglomerates wieder, das im Hauptverbreitungsgebiet mit 20-25° relative steil gegen ENE bis NE geneigt ist, wodurch sich ein Anstieg offensichtlich bis zum Ganifarner Abbruch ergibt. (vergl. Karrrer 1877). Der Sporn setzt sich auch im Untergrund fort, wodurch auch dieser eine Aufwölbung bildet (als bevorzugte strukturelle Aufstiegszone warmer Wässer). Brüche: Die Gainfarner Bucht erstreckt sich konform mit dem W-E- streichenden Merkensteiner Störungssystem, das wahrscheinlich nicht nur Bedeutung bei der westwärts gerichteten Bewegung der Lindkogelmasse hatte, sondern auch von späteren Abschiebungen, wie dem Harzbergbruch, genutzt wurde. Dieser ist von der Südflanke des Harzberges über die Südseite des Kurzentrums bis zur Bohrung Vö 7 zu verfolgen. Er ist großflächig im Steinbruch der Gemeinde Bad Vöslau (ehemals Straußsteinbruch) aufgeschlossen. An einer W-Estreichenden Wand ist ein mit 60° gegen Süden einfallender Riesenharnisch mit abwärts gerichteter Striemung ersichtlich. Die Hochscholle des Bruches besteht hier aus Mitteltriaskalk, die abgesenkte Scholle aus neogener Gainfarner Brekzie, die durch die Tektonik sehr zerrüttet und wasserwegsam ist. In seiner östlichen Erstreckung zielt der Bruch in Richtung südlich des Kurzentrums. Hier wird er markiert durch die Quellaustritte der Stefanie- und Gärtnereiquelle, durch episodische Wasseraustritte bei Bauarbeiten im Areal südlich davon, weiters durch die unterschiedlichen Profile der Bohrungen Vö 7 und Bahngasse und schließlich durch die Seismik, gemessen durch Joanneum Research im Zuge der Lozierung der Bohrung Vö 7. Im Bauareal des Kurzentrums kommt er durch die Geoelektrik deutlich zum Ausdruck. Ein weiterer W-E- streichender Parallelbruch ist der Gainfarner Bruch, der von nördlich Gainfarn kommend zunächst das Vöslauer Konglomerat gegen die jüngeren Sandsteine und Mergel südlich von ihm versetzt und gegen den Südteil der Stadt weiterstreicht. Zur Zeit Karrers war er markiert durch große Wasseraustritte, als ihn die erste Wiener Hochquellwasserleitung bei ihrem Bau querte. Das Störungssystem Merkensteiner Störung, Harzbergbruch und Gainfarner Bruch etc. konnte im Wiener Becken bis zum Leithagebirge in Fragmenten weiterverfolgt werden und dürfte im tieferen Unterbau begründet sein. Klüfte: Das Kluftmuster ist auf Zerrung im Zuge der Bildung des Wiener Beckens zurückzuführen. Bei weitem herrscht die NNE-SSW-Richtung vor. Das Kluftmuster ist jünger als das System der E-W- streichenden Brüche inklusive Harzbergbruch. Spätere tektonische Interaktivitäten sind nicht ausgeschlossen. An der Oberfläche sind diese Klüfte im großen Steinbruch der Gemeinde Vöslau zu sehen, wo sie in Form von ehemals klaffenden, später z.T. gefüllten Spalten die Fläche des Harzbergbruches durchsetzen. Die Klüftung ist in analoger Richtung allenthalben im Vöslauer Konglomerat festzustellen. Sie ist weiters erschlossen im Maitalkeller, wo vier Klüfte das Gestein durchziehen. eine davon ist die Kluft, die etwas tiefer die Ursprungsquelle hochbringt. Einen weiteren Beleg für dieses Kluftsystem erbrachte die Geoelektrik, die im Baugelände des Kurzentrums neben der Harzbergstörung Klüfte anzeigt. Die Richtung der Klüfte wurde durch Videoaufnahmen in der Bohrung Vö 7 vielfach bestätigt. Hier durchziehen sie sehr steil gegen WNW einfallend den Wettersteinkalk des Untergrundes, reichen also bis in große Tiefe, aus der das Warmwasser hochsteigt. Seismik: Von den im Gebiet Bad Vöslau gemessenen seismischen Profilen ist zunächst ein beachtenswertes Profil zu nennen, das von der Bohrung Vö 6 ostwärts verläuft und durch 51 Geoseis gemessen wurde. Zwanglos konnte später das Bohrprofil Vö 6 eingehängt werden. Von Interesse ist die Neogenabfolge mit einem höheren, an Reflexionen reicheren Teil und einem tieferen reflexionsarmen Abschnitt, was die Gliederung in einem Sand- Schotterkomplex und einen Mergelkomplex wiedergibt. Wo die Kalklage zu erwarten ist, tritt auch ein starker Reflektor auf. Über dem Beckenuntergrund zeigen starke Reflexionen mit Rinnenbildung das (polymikte ) Basalkonglomerat an. Darüber erfolgt ein deutliches onlapping, das auch von einem mächtigen Reflexionspaket mitgebildet wird, welches möglicherweise das Rothneusiedler Konglomerat repräsentiert. Es erreicht nicht mehr die Bohrung Vö 6. Das in dieser Bohrung angetroffene Basiskonglomerat könnte dem Karpatium angehören. Deutlich wird der ESEfallende Badener Bruch sichtbar ( von dem auch möglicherweise ein Belieferung einiger Neogenhorizonte mit Schwefelwasser erfolgt). Aus einer Messkampagne 2000, durchgeführt von Joanneum Research liegen zwei Profile vor. Ausgehend vom Bohrpunkt Vö 7 reicht das Profil VO 0001 Richtung WSW, dem Schwimmbad zu, das Profil VO 0002 verläuft gegen Süden. Beide Profile erfassten den Verlauf des Harzbergbruches, VO 0001 in einem flachen Winkel, VO 000 2 fast senkrecht darauf. Vö 7 liegt auf der Hochscholle desselben. Die Reflexionen der Schotterlagen sind deutlich erkennbar. Weit intensiver gestaltet sich das Reflexionsverhalten auf der Tiefscholle, vor allem in VO 0002 ersichtlich, wobei Schüttungen lange anhalten, aber auch lateral aussetzen können. Einige flache Rinnenbildungen sind angedeutet. Reflexionsarme Zonen sind durchgehenderen Mergelkomplexen oder basalen Brekzienkörpern (Gainfarner Brekzie) zuzuordnen. Geoelektrik: Um das Kluftmuster im Bereich der Heilquellen geophysikalisch zu ermitteln, wurde 1999 von der Universität Wien, Institut für Meteorologie und Geophysik geoelektrische Messungen durchgeführt. Neben kurzen Linien ( W 1-6) in unmittelbaren Wiesenareal des Schwimmbades wurde das spätere Baugelände des Vöslauer Kurzentrums durch fünf Linien (S1- S5) vermessen. Dabei wurden mehrere Kluftverläufe herausgearbeitet, von denen die „Kluft 2“ als stark wasserführend verifiziert wurde. Im Profil S 5 konnte zudem deutlich der Harzbergbruch geortet werden. Das Thermalwasser von Bad Vöslau im Überblick Das Thermalwasser kommt in der Ursprungsquelle (Austritte 1 und 2) und in der Vollbadquelle (Austritte 3 – 5) natürlich zutage (Hacker 1993, Wessely 1993, 1994). Hier wird es für den Badebetrieb genutzt, wurde früher aber auch als Vöslauer Mineralwasser abgefüllt. Im Quellbereich besteht eine Mischung aus Warmwasser aus dem Untergrund und von Kaltwasser, das aus den Bergen des Hinterlandes entlang von Störungen und Klüften herangeführt wird. Seit Abteufung der Bohrungen Vö 6 und 7 werden diese für die Abfüllung des Mineralwassers durch die Vöslauer Mineralwasser AG herangezogen. Aus der Bohrung Vö 7 wird ein Anteil für den Betrieb des neuen Kurzentrums verwendet. Die Schüttung der natürlichen Quellen liegt insgesamt bei etwa 43 l/sek., die Temperatur bei ca. 23° C. Aus den Bohrungen können wechselweise ähnliche Mengen gefördert werden. Das Wasser ist in beiden Bohrungen identisch, ist bei 32° C Temperatur frei von jungem Oberflächenwasser und kann als akratisches Ca-Mg-HCO3-SO4- Mineralwasser bezeichnet werden. Als Aquifer ist im Beckenuntergrund verkarsteter Wettersteinkalk und -dolomit der Harzbergschuppe anzusehen. Das Wasser stammt aus Niederschlägen von vor 23.000 Jahren, vermutlich aus den höheren Kalkalpendecken (vor allem Schneebergdecke), von wo es in die Tiefen des Untergrundes des Wiener Beckens gelangte und erwärmt und mineralisiert wieder zurück an den Beckenrand migrierte (Wessely 1983). Als Migrationshilfe sind WNW-ESE -streichende Störungen anzunehmen, die zum Beckenrand hinstreichen und dort von den NW-SE –streichenden Klüften gequert werden. Aus letzteren erfolgt über die Gainfarner Brekzie und das Vöslauer 52 Konglomerat der Aufstieg zu den Quellen. Das Schwefelwasser von Baden und Oberlaa entstammt dem hydrologischen System der mittleren kalkalpinen Decken, getrennt vom Vöslauer System. Literatur Boue, A. (1872): Über die Verbreitung der Thermalwässer von Vöslau – Verh. d. Geologischen Reichsanstalt Wien Charbusky, K. (1964): Zur Geschichte des Vöslauer Thermalbades - Jb. für Landeskunde von Niederösterreich, Folge 36, 425-443 .Coric, St. & Rögl, F.(2001) Wasserbohrung Vöslauer VII, Biostratigraphie und Paläoökologie. Internbericht Vöslauer Mineralwasser AG, Bad Vöslau Fuchs, R: (1974): Die Nannoflora aus dem Badenium der Paratethys und geologische Beobachtungen im Raume Vöslau (NÖ) – Diss. Paläont. Inst. Universiät Wien, Phil. Fak. Fuchs, R. & Stradner, H. (1977): Üvber Nannofossilien im Badenien ( Mittelmiozän der zentralen Parathetys) – Beitr. Paläont.Öster. 2, 1-58 Hacker, P. (1993): Bad Vöslau. Die Quellen. In: J.Zöttl & J.E. Goldbrunner: Die Mineral- und Heilwässer Österreichs. 260-261, 1 Tab. Springer Wien/New York Karrer, F. (1877): Geologie der Kaiser-Franz- Josef- Hochquellenwasserleitung – Abh. Geol.R.A. , 9, 420 S. , 96 Abb., 20 Taf., zahlr. Tab., Wien Klein, P.& Küpper, H. (1985): Zur Kenntnis der hydrogeologischen Situation von Bad Vöslau (Wiener Becken, Niederösterreich) – Jb. 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Beihefte zur Zeitschr. „Die Höhle, 34, Seibersdorf Pestal, E. (2000-2006): Diverse Studien und Berichte für das Kurzentrum Bad Vöslau Wessely, G. (1983): Zur Geologie und Hydrodynamik im südlichen Wiener Becken und seiner Randzone. Mitt. Österr. Geol. Ges.., 76, 27-68, 8 Taf., Wien Wessely, G. (1993): Bad Vöslau, Geologie. In: J.Zöttl & J.E. Goldbrunner: Die Mineral- und Heilwässer Österreichs. 258-260 2 Abb., Springer Wien/New York Wessely, G. (1994): Geologie und Hydrologie im Raume Vöslau auf Grund von Kartierungen und Bohrergebnissen, insbesondere der Bohrung Vöslauer 1 (= Vöslauer 6) – Internbericht Vöslauer Mineralwasser AG Wessely, G. (2002-2005): Interne Stellungnahmen und Notizen über geologisch- hydrologische Bedingungen im Mineralwasservorkommen im Bereich des Bäderareals Vöslau für Vöslauer Mineralwasser AG und Kurzentrum Bad Vöslau 53 Stop: Aussichtspunkt Jubiläumswarte am Harzberg Godfrid Wessely Siebenbrunnengasse 29, A-1050 Wien Die Warte bietet durch ihre externe Lage am Kalkalpenrand einen günstigen Ausblick auf das südliche Wiener Becken, deren kalkalpinen Westrand den Zentralalpinen Süd – und Ostrand mit dem Wechselgebiet und dem Rosalien- und Leithagebirge. Nördlich der Brucker Pforte reicht die Sicht zu den Kleinen Karpaten, vertreten durch die Hainburger Berge. Den Schwerpunkt stellt aber der Anblick der Kalkalpen dar. Von Süden nach Norden sind die Kalkhochalpen vertreten durch die Hohe Wand und den Schneeberg, die Göller Decke durch die Hohe Mandling, die Ötscher Decke durch den Unterberg und die Reisalpendecke durch das Hocheck. Den Norden nimmt wiederum die Göller Decke mit dem Lindkogel ein. Beschreibung des dargestellten geologischen Profils: Nur 10 km südwestlich von dieser Warte wurde von der ÖMV – Aktiengesellschaft die Tiefbohrung Berndorf 1 bis über 6 km tief gebohrt. Es wurden zwar keine gewinnbaren Kohlenwasserstoffe gefunden, aber die Bohrung hat einen großartigen Einblick in den Tiefbau der Alpen und den Bewegungsablauf gegeben, dem sie unterworfen waren. Über stabilem Untergrund aus einem Hunderte Millionen Jahre alten Gestein, wie es auch das Waldviertel aufbaut, liegt eine schmale, nur 23 Millionen Jahre alte Auflagerung von Molasse, wie sie das Alpenvorland bildet. Darüber glitten ab dieser Zeit mit flacher Überschiebungsbahn die Flyschzone, wie sie den Sandsteinwienerwald mit seinen 110 bis 36 Millionen Jahre alten Sedimenten aufbaut und schließlich das mächtige Deckenpaket der Kalkalpen mit einem Entstehungszeitraum von 250 bis 60 Millionen Jahren. Es schoben sich also über eine sehr alte Basis mit junger, bodenständiger Sedimenthaut ältere und dann noch ältere Gesteinseinheiten. Letztere kommen als Kalkalpen Hunderte Kilometer weit aus dem Süden. Ihre Wanderung erfolgte über das Zentralalpin drüber, von wo sie abglitten und den Flysch zum Teil überfuhren, zum Großteil aber vor sich herschoben. Innerhalb der Kalkalpen stapelten sich untere und mittlere Deckenpakete wie Dachziegel übereinander. Als oberste Einheit hat sich die Schneebergdecke flach über diesen steilen, bis zu 7 Kilometer unter Seehöhe tiefgreifenden Bau geschoben und bildet die höchsten Berge Niederösterreichs. Nach diesen Fernüberschiebungen kam es durch großräumiges, schräg angelegtes Auseinanderzerren von Krustenteilen zur Einsenkung des Wiener Beckens ab etwa 17 Millionen Jahren, begleitet von z.T. großen Brüchen Das Meer, das in das Becken eindrang und den alpinen tektonischen Bau bedeckte, füllte mit seinen Sedimenten die entstehenden Senken gleichzeitig auf. So entstanden trotz der Absenkung des Untergrundes bis über 5 Kilometer Tiefe zwar große Mächtigkeiten, aber keine großen Wassertiefen. Gegen Süden wird das Becken seichter. Eine junge Grabenstruktur innerhalb des Beckens zieht hier durch (Wiener Neustädter Graben). Sie beruht auf einer tiefgreifenden Seitenverschiebung, entlang der Krustenteile heute noch aneinander vorbeifahren. Die Entlastung eingetretener Verklemmungen dabei im Untergrund sind die Ursache episodischer Erdbeben. Kehren wir zum näheren Umfeld des Standortes zurück: unter uns liegt die Thermenstadt Bad Vöslau mit ihrem stratigrafisch und tektonisch bemerkenswerten, nun durch einige Bohrungen und Großaufschlüsse besser erkennbaren Bau. Der Harzberg selbst bildet eine Deckscholle aus Steinalmkalk, Wettersteinkalk und –dolomit, der Harzbergschuppe. Diese ruht auf einem aus Hauptdolomit des Hauptkörpers der Göller Decke bestehenden Sockel. Die Harzbergdeckscholle setzt gegen das Becken zu unter dessen Füllung wieder ein und bildet den eigentlichen Aquifer des Vöslauer Mineralwassers, der nun durch zwei Bohrungen direkt erschlossen wurde. Um den mesozoischen Sporn des Harzberges 54 legt sich die Randfazies des Badeniums mit Lagenidenzone: im Süden die ältere Gainfarner Brekzie, im Osten das Vöslauer Konglomerat, durch dessen Klüfte das Thermalwasser hochsteigt und im Quellbereich von Vöslau überläuft. Gegen das Becken zu setzen Mergel und Sande ein und Schotterfächer laufen aus .Die Schichtfolge reicht bis in die Sandschalerzone. Ab der Ebene legt sich Quartär darüber .Die Bruchtektonik wird durch das W-E-streichende Merkensteiner System dominiert, dem die Merkensteiner Blattverschiebung, der Harzbergbruch und der Gainfarner Bruch angehören. Sie bringen Kaltwasser aus den Bergen. Diese Störungen kommen auch morphologisch zum Ausdruck, auch die Gainfarner Bucht ist nach ihnen ausgerichtet. Im Osten versetzt der Badener Bruch mit seiner Wiener Beckenrichtung (NE-SW) Badenium gegen Sarmatium. Ähnliche Richtung haben die Zerrklüfte, die das Gebiet durchziehen und das Warmwasser an die Oberfläche bringen. Aussicht vom Harzbergschutzhaus gegen Norden Den kalkalpinen Beckenrand bildet der Anninger, der Pfaffstättener Kogel, der Badener Kurpark, die Anhöhe mit Rauheneck und das Lindkogelmassiv. Der kalkalpine Bau stellt eine westwärts drängende Schuppung kalkalpiner Einheiten dar. Die tiefste Schuppe ist die Lindkogelschuppe, die höchste ist die Rauheneckschuppe mit der weithin sichtbaren Ruine Rauheneck an der Schuppenstirn. Diese Schuppe hat große Bedeutung beim Aufstieg des schwefeligen Thermalwassers von Baden: in einem Bäderfeld dringen durch geringmächtiges Neogen flächig verteilt mehrere Quellen mit einer Gesamtschüttung von mindestens 50 Liter/sek. und 34°C. In dieser Schuppe wurde 1993 eine bestehende Bohrung Josephsplatz 1 bis in die tiefere Mitteltrias bis 450 Meter vertieft. Das Ergebnis waren weitere 40 Liter/sek. Thermalwasser aus einer Karstöffnung bei 271 Meter Tiefe mit einer Temperatur von 34°C und einem eiszeitlichen Entstehungsalter von 12.000 Jahren. Von dieser Stelle aus ist auch die randliche Anlagerung des Neogen des Wiener Beckens verfolgbar, mit grobblockigen Transgressionssedimenten, z.T. begleitet von Bohrmuschellöchern und mit dem Badener (=Vöslauer) Konglomerat im Rauchstallbrunngraben. Die mergelige Beckenausbildung des „ Badener Tegels“ schließt sich in der Ebene an mit der Typlokalität des „Badenium“ in der Tegelgrube von Sooß, in der aktuell eine Kernbohrung bis 70m Tiefe für ein stratigrafisches Projekt durchgeführt wurde. Vom östlichen Fuß des Anninger breitet sich die im Unterpannon geformte Richardshofterrasse bei etwa 360 Meter Seehöhe aus, z.T. bedeckt mit Oberpannon, Zone F. Eine Grabung erbrachte dafür mittels Kleinsäugern eine Einstufung in die Mammaliazone MM9. Die Süßwasserplatte des östlich anschließenden Hügels des Eikogels (467m) ist dem Oberpannon H, MM11 zuzuordnen. Der Eichkogel ist an einem ostwärts fallenden Bruch abgesenkt. Großaufschluss „Steinbruch Strauss“ der Gemeinde Bad Vöslau Überblick vom südlichen Steinbruchrand: Der Steinbruch bietet den größten Aufschluss einer Abschiebung (Bruches) landesweit (Länge 200m, Höhe 25m). Die Abschiebung, genannt „ Harzbergbruch“, streicht etwa W-E. Die Hochscholle im Norden (an der nördlichen Wand) besteht aus Mitteltrias der Harzbergdeckscholle mit grauen Kalken (typische Mikrofazies), Dolomiten,(z.T. laminiert) und Rauwacken der Steinalm –Reichenhall-Formation. Die Tiefscholle besteht aus fossilleerer Gainfarner Brekzie mit fast ausschließlich Komponenten des Wettersteindolomites. In der Störungszone ist die Brekzie zerrüttet und z.T. versintert. Ersichtlich ist der Kontakt am Bruch am Ost- und Westende des Steinbruches und durh zwei Reste von heller Brekzie über dunklerer Bruchfläche im Mittelteil. Der Bruch fällt mit durchschnittlich 60° gegen Süden. Am großflächigen Harnisch sind Striemungen mit nur leicht aus der Fall-Linie ostwärts geneigtem Einfallen zu erkennen. Es scheinen jedoch noch weitere Richtungen aufgeprägt zu sein. Die Bruchfläche wird durch Zerrklüfte mit NE-SW-Richtung 55 (Wiener Beckenrichtung) geschnitten. Sie sind z.T. mit detritischem Material gefüllt. Die Sprunghöhe beträgt hier vermutlich 100m oder mehr. Im Steinbruch selbst sind Blöcke von der Hochscholle, der Tiefscholle und dem Harnisch für nähere Betrachtung aufgestellt, um den nicht ratsamen Zugang zur Wand zu erübrigen. Stop Sooß, Schelmenloch Godfrid Wessely Siebenbrunnengasse 29, A-1050 Wien Über dem anstehenden Hauptdolomit der Göller Decke transgrediert Badenium mit Blockschutt (z.T. große, gerundete Blöcke des Küstengesteins). Für die marine Entstehung dieses Sediments sprechen allenthalben im ehemaligen Küstenbereich anzutreffende Löcher von Bohrmuscheln, welche mit Sediment gefüllt sein können. Dieser einstens gute Aufschluss ist heute vielfach abgeklopft. Eine alte Tafel gibt einen Hinweis auf die Lokation. Stop Gainfarn Martin Zuschin 1 , Mathias Harzhauser 2 , Oleg Mandic 2 1 Department für Paläontologie, Universität Wien 2 Naturhistorisches Museum Wien Die Fossillagerstätte Gainfarn (Abb. 1) ist bekannt für die exzellente Erhaltung ihrer benthischen Faunenassoziationen. Spätestens seit der monographischen Erfassung der Weichtierfauna (Hörnes 1856, Hörnes und Auinger 1879-81) gehört diese Lokalität des Badeniums zu den wichtigsten neogenen Molluskenfundpunkten Europas. Neben Mollusken findet man in Gainfarn aber auch die Fossilien oder Lebensspuren von Foraminiferen, Poriferen, Korallen, Polychaeten, Decapoden, Bryozoen, Echiniden und Vertebraten (Seekuhreste und Otolithen) (Steininger et al 1978, Brzobohaty 1994, Zuschin et al. im Druck). Abb. 1: Geographische Situation 56 Zur Klärung der stratigraphischen und faziellen Zusammenhänge wurden vor allem in den letzten Jahrzehnten immer wieder kleinere Grabungen, insbesondere des Institutes für Paläontologie der Universität Wien und des Naturhistorischen Museums Wien, durchgeführt. Auf Basis dieser Grabungen wurde die Lokalität Gainfarn mittels Foraminiferen-BioÖkozonierung in die obere Lagenidenzone (Unteres Badenium) gestellt (Steininger et al., 1978, Brzobohaty 1994) (Abb. 2). Abb. 2: Stratigraphische Position der Fundstelle Ebenfalls auf Basis solcher Grabungen waren manche auffällige Biofazies (zum Beispiel der Austern-Vermetiden Horizont oder fossilreiche Konglomeratlagen) schon lange bekannt. Eine genaue stratigraphische Abfolge und paläoökologische Untersuchung der sedimentären Fazies und Biofazies der Lokalität Gainfarn wurde schließlich durch eine große gemeinsame Grabung des Institutes für Paläontologie der Universität Wien und des Naturhistorischen Museums Wien im Sommer des Jahres 2000 möglich. 57 Im Zuge dieser Grabung wurden mit einem Bagger in den Weinbergen von Gainfarn sieben grosse Gruben ausgehoben, durch die ein Gasamtprofil von ca. 16m Mächtigkeit freigelegt wurde (Abb. 3). Die Abfolge besteht aus siliziklasitschen, vorwiegend pelitischen und sandigen, aber auch kiesigen Flachwassersedimenten. Aus sequenzstratigraphischer Sicht können diese sliziklastischen Flachwassersedimente in 2 basale „coarsening- and shallowing upward“ Parasequenzen und eine „fining and deepening upward succession“ gegliedert werden (Abb. 3) (Zuschin et al. im Druck). Die Schichtfolge gehört zur Gänze zur Nannoplanktonzone NN5, wobei in der obersten Abfolge bereits Elemente von NN6 auftreten (persönliche Mitteilung Stjepan Coric am 4. Mai 2006). Die beiden unteren Parasequenzen sind als „Gainfarner Sande“ in der lokalen Literatur bekannt (Brix und Blöchinger 1988). Sie sind vermutlich als küstennahe Fazies der Lanžhot Formation anzusehen und werden als Teil eines „highstand systems tract“ (HST) interpretiert (Zuschin et al. im Druck). Die überlagernde „deepening upward succession“ ist höchstwahrscheinlich ein laterales Äquivalent der Jakubov Formation und wird als Teil eines „transgressive systems tract“ interpretiert (Zuschin et al. im Druck). Die entsprechenden systems tracts wurden von Weissenbäck (1996) auf der Basis seismischer Logs definiert. Abb. 3: Lithologisches Profil von Gainfarn 58 Die benthischen Faunen belegen vollmarine Bedingungen am inneren Schelf eines warmen Meeres und sind als autochthone und sturmbeeinflusste Taphozönosen überliefert. In den sandigen Sedimenten der untersten Parasequenz findet sich Panopea menardi in Lebensstellung (Bild rechts)). Vertreter dieser Bivalvengattung kennt man rezent typischerweise aus dem flachen Subtidal, wo sie sich mehrere Dezimeter tief in mobilen Sedimenten eingraben (Zuschin et al. im Druck). Ansonsten deutet die Faunenzusammensetzung (insbesondere die Gastropoden Tricolia, Gibbula und Smaragdia und Seekuhreste) in den sandigen Sedimenten auf die Präsenz von Seegraswiesen hin. Die konglomeratführenden Schille der mittleren Parasequenz beinhalten den Großteil jener prächtigen Fossilien, für die Gainfarn so berühmt ist (z.B. Megacardita jouanneti, Codakia leonina, Glycymeris deshayesi, Strombus bonelli) und werden als Sturmlagen interpretiert (Zuschin et al. im Druck), deren Geröllkomponenten nachträglich von der Koralle Siderastrea besiedelt wurden (Bild links). Das Austern-Vermetiden Biostrom, das an der Basis der „fining and deepening upward succession“ ausgebildet ist, wird hauptsächlich von Ostrea digitalina und Vermetus arenarius aufgebaut (Bild unten). Aktualistische Vergleiche legen nahe, dass auch diese Biofazies im sehr seichten Subtidal ausgebildet wurde (Zuschin et al. im Druck). In den Peliten über dem Austern-Vermetiden Horizont findet sich vor allem die Bivalve Corbula gibba, deren Dominanz andeutet, dass in diesem Lebensraum gelegentlich Sauerstoffkrisen aufgetreten sind. Es treten im gesamten Profil keine planktonischen Foraminiferen auf und die Benthosforaminiferen sind indikativ für das obere Sublittoral bzw. für das Infralittoral (=Starklichtzone). Es dominieren Ammonien (vor allem in der pelitischen obersten Abfolge) und Elphidien (vor allem in den beiden unteren sandigen Parasequenzen). Typische Elemente sind A. viennensis, E. rugosum und E. macellum. Lobatula lobatula gilt als verlässlicher Anzeiger für die Anwesenheit von Seegräsern. In den obersten pelitischen Lagen finden sich mit Nonion commune und Reusella spinulosa auch 59 Foraminiferen, die auf eine leichte Abtiefung des Environments hinweisen (persönliche Mitteilung Johann Hohenegger am 4. Mai 2006). Literatur Brzobohaty, R. 1994, Die Fischotolithen des Badenien von Gainfarn, Niederösterreich (Mittelmiozän, Wiener Becken). Ann. Naturhist. Mus. Wien 96A, 67-93. HÖRNES, M. 1856, Die fossilen Mollusken des Tertiär Beckens von Wien, 1, Gastropoden. - Abh. Geol. Reichsanst. , 3: 1-404, Wien, 1870. HÖRNES, R. & AUINGER, M. 1879-91, Die Gastropoden der Meeresablagerungen der ersten und zweiten Miozänen Mediterranstufe in der österreichischen- ungarischen Monarchie. - Abh. K. K. geol. Reichsanst. , 12: 1-382, Wien. Steininger, F., Rögl, F., and Müller, C., 1978, Geodynamik und paleogeographische Entwicklung des Badenien: in Papp, A., Cicha, I., Senes, J., and Steininger, F.F., eds., Chronostratigraphie und Neostratotypen. Miozän der Zentralen Paratethys 6: Slowakische Akademie der Wissenschaften, Bratislava, p. 110-116. Weissenbäck, M., 1996, Lower to Middle Miocene sedimentation model of the central Vienna Basin: in Wessely, G. & Liebl, W., eds, Oil and gas in alpidic thrustbelts and basins of Central and Eastern Europe: European Association of geoscientists and engineers special publication, v.5, 355-364. Zuschin, M., Harzhauser, M. & Mandic, O. im Druck, The stratigraphic and sedimentologic framework of fine-scale faunal replacements in the Middle Miocene of the Vienna Basin (Austria). Palaios 21. Stop – Merkensteinhöhle (Niederösterreich) Doris Nagel Department für Paläontologie, Universität Wien (nach Döppes & Rabeder 1997, ergänzt) Lage Die Höhle liegt im südlichen Wienerwald, ca. 8 km WNW von der Bahnstation Bad Vöslau entfernt. Sie befindet sich in einem isolierten Kalkfelsen am Südteil des Lindkogels (847m) auf dem auch die Ruine Merkenstein steht. Von der Straße zwischen Gainfarn und Rohrbach kommt man zu Fuß auf einer Forststraße zur Ruine, die in privater Hand und mit einer Eisentür versperrt ist (DÖPPES & RABEDER 1997). Abb.1: Lageskizze und Plan der Merkensteinhöhle 60 Forschungsgeschichte Entdeckt wurde die Höhle 1921 von Major F. Mühlhofer. 1922 wurde ein Höhlenplan erstellt und man prüfte die Sedimente auf Phosphatgehalt für das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft. Im August 1922 und im September 1923 folgten Grabungen und das so gewonnene Fossilmaterial übernahm O. Abel 1926. Weitere Bearbeitungen fanden statt und wurden erst 1937 eingestellt (MAIS & RABEDER 1985). Man konnte die Höhle sonntags besuchen und im 2. Weltkrieg diente sie als Zufluchtsort (HARTMANN 1982). Die Sedimente reichen von jungpleistozänen Schichten in denen u.a. der Höhlenbär, der Höhlenlöwe und die Höhlenhyäne gefunden wurden, zu eine späteiszeitlichen/ frühholozänen Nagerschicht mit Lemmingen bis zu rezenten Ablagerungen mit Resten der Linearbandkeramik und den Türkenkriegen. Fauna Die meisten Reste von Großsäugern stammen vom Höhlenbär. Untersuchungen seines Evolutionsniveaus stuften ihn in das jüngere Mittelwürm. Er ist durch die neuen Studien an fossiler DNA wieder neu untersucht worden, vor allem auf seine artliche Zuordnung. Die DNA Analyse ergab eine Einstufung in Ursus ingressus. Diese modernste Form des Höhlenbären ist vor ca 48.000 Jahren aus Kroatien nach Österreich eingewandert und verdrängte den „klassischen“ Ursus spelaeus. Zwei Großkatzen sind aus der Merkensteinhöhle bekannt. Panthera pardus, der Leopard, der wie so oft mit nur wenigen Stücken belegt ist und Panthera leo spelaea, der Höhlenlöwe. Beide sind typische jungpleistozäne Elemente in Europa, allerdings ist es einer der letzten Belege des Leoparden im europäischen Raum (NAGEL 1997a, KOENIGSWALD et al. in Druck). Auffällig ist die hohe Diversität der Vögel, die aber fastt alle aus dem Präglazial oder Holozän stammen dürften. Die Vielzahl der Nagetier-Reste ist sicher durch Raubvögel, wie die Schneeeule oder die Sumpfohreule in die Höhle gebracht worden. Die Nagerschicht ist durch Wald- aber auch Steppenelemente geprägt. So findet man sowohl Citellus citellus (Ziesel)und Microtus gregalis (Erdmaus), wie auch Sicista betulina (Waldmaus), Castor fiber (Biber) und sogar den kaltzeitlichen Halsbandlemming (Dicrostonyx gulielmi). Die Auswertung des Evolutionsniveaus von Dicrostonyx ergab ein ungefähres Alter zw. 10.500 und 13.000 Jahren vor heute (NAGEL 1997b). Osteichtyes Perca fluviatilis (Barsch) Silurus glanis (Wels) Amphibia Pelobates fuscus (Knoblauchkröte) Rana mehelyi Reptilia Anguis fragilis (Blindschleiche) Aves Lagopus lagopus (Moorschneehuhn) Lagopus mutus (Alpenschneehuhn) Tetrao tetrix (Birkenhuhn) Tetrao urogallus (Auerhahn) Perdix perdix (Rebhuhn) Coturnix coturnix (Wachtel) Corvus monedula (Dohle) Nucifraga caryocatactes (Tannenhäher) Coccothraustes coccothraustes ( Kernbeißer) Carduelis flammea (Birkenzeisig) Pyrrhula pyrrhula (Gimpel) Pyrrhocorax graculus (Alpendohle) Pinicola enucleator (Hakengimpel) Mammalia Talpa europea (Maulwurf) Sorex macrognathus (fossile Spitzmaus) Sorex araneus (Waldspitzmaus) Sorex cf. coronatus (fossile Spitzmaus) Sorex alpinus (Alpenspitzmaus) Neomys fodiens (Wasserspitzmaus) Myotis blythi (kleines Mausohr) Citellus citellus (Ziesel) Cricetulus sp. (Zwerghamster) Arvicola terrestris (Schermaus) Microtus arvalis (Feldmaus) Microtus gregalis (Schilfwühlmaus) Microtus oeconomus (Sumpfmaus) Microtus nivalis (Schneemaus) Dicrostonyx gulielmi (foss. Halsbandlemming Clethrionomys glareolus (Rötelmaus) Sicista betulina (Birkenmaus) Castor fiber (Biber) Lepus timidus (Feldhase) Ochotona pusilla (Kaninchen) Canis lupus (Wolf) 61 Loxia sp. (Kreuzschnabel) Emberiza schoeniculus (Rohrammer) Plectrophenax nivalis (Schneeammer) Parus major? (Kohlmeise) Lanius collurio (Dorndreher) Turdus viscivorus (Misteldrossel) Turdus philomelos (Singdrossel) Cinclus cinclus (Wasseramsel) Dendrocopos major (Gr. Buntspecht) Cuculus canorus (Kuckuck) Nyctea scandiaca (Schneeeule) Asia flammeus? (Sumpfohreule) Falco tinnunculus (Turmfalke) Haliaeetus albicilla (Seeadler) Anser albifrons (Blässgans) Anas platyrhynchos (Stockente) Pluvialis squatarola (Kiebitzregenpfeifer) Calidirs ferruginea (Strandläufer) Larus ridibundus (Lachmöwe) Rallus aquaticus (Wasserralle) Alopex lagopus (Eisfuchs) Vulpes vulpes (Fuchs) Ursus ingressus (Höhlenbär) Meles meles (Dachs) Lutra lutra (Otter) Martes fiona (Marder) Mustela erminea (Hermelin) Mustela nivalis (Mauswiesel) Mustela putorius (Iltis) Panthera leo spelaea (Höhlenlöwe) Panthera pardus (Leopard) Lynx lynx (Luchs) Crocuta crocuta spelaea (Höhlenhyäne) Sus scrofa (Schwein) Alces alces (Elch) Rangifer tarandus (Rentier) Capra ibex (Steinbock) Equus ferus (Pferd) Literatur DÖPPES, D. & RABEDER, G. 1997. Pliozäne und pleistozäne Faunen Österreichs. Mitt. Komm. Quartärforsch. Österr. Akad. Wiss. Bd.10, pp 411. HARTMANN, W. & H. 1982. Die Höhlen Niederösterreichs 2. – Die Höhle, wiss. Beih., 29: 214216. KOENIGSWALD, v. W., NAGEL, D., MENGER, F. (im Druck). Ein jungpleitozäner Leopardenkiefer von Geinsheim (nördliche Oberrheinebene) und die stratigraphische und ökologische Verbreitung von Panthera pardus. Neues Jahrbuch für Geologie und Paläontologie. Mitteilungen. MAIS, K. & RABEDER, G. 1985. Das Jungpleistozän der Merkensteinhöhle, wenig Bekanntes zu den Grabungen und neuen Ergebnissen zur Chronologie. In: Mais, K. & Schaudy, R. Höhlen in Baden und Umgebung aus naturkundlicher und kulturgeschichtlicher Sicht. – Die Höhle, wiss. Beih. 34: 107-122. NAGEL, D. 1997a. Panthera pardus und Panthera spelaea (Felidae) aus den Höhle von Merkenstein (Niederösterreich). – Wiss. Mitt. Niederösterr. Landesmus. 10: 215-224. NAGEL, D. 1997b. Dicrostonyx gulielmi (Rodentia, Mammalia) aus den Höhle von Merkenstein (Niederösterreich). – Wiss. Mitt. Niederösterr. Landesmus. 10: 225-230. 62 Stop – Müllendorf Oleg Mandic Naturhistorisches Museum Wien Topic: Paleoenvironment of an Early Middle Miocene shallow water carbonate platform and its mollusc inhabitants. Characteristic are large sized, thick shelled scallops and oysters, and conspicuous dense date mussel settlements from colonial host corals. Geology: The outcrop area is a large-scaled quarry complex, a property of the Müllendorfer Kreide A.G.”. Limestones overlay directly the crystalline rocks of the southern Leitha hills. The maximal thickness of the outcropped section is 54 m. Due to heavy post-depositional diagenetic leaching the limestone has a peculiar white colour and chalky consistence. Indeed, the sediment is mechanically exploited and manufactured to drawing chalk. It consists mainly of coralline algae detritus with minor fraction of lithoclasts, mainly quartz and mica grains and pebbles of crystalline origin, pointing to the vicinity of the rocky shore. The aragonitic skeletal components (e.g., majority of bivalves and all gastropods) are completely leached. Differentiation into upper and lower sequence is given according to topographic position of single outcrops and based on some minor differences in facies. Fig. 1. Section in the upper sequence of the Müllendorf outcrop area. Distribution of bivalves and corals is indicated (after KLEEMANN, 1982). The lower sequence shows cross-stratification and in its basal parts bears large venerid bivalves and some scattered coral colonies in life position. The upper sequence is unstratified and contains common, up to 1 m broad and 30 cm high colonies of Tarbellastraea reussiana with extremely dense population of boring bivalves. The bivalves are dominated by Lithophaga laevigata but also other species of Lithophaga and Gastrochaena are represented. Coral bodies are completely leached so only casts of bivalve burrows can be observed. Additionally, scattered large sized bivalves – the oyster Hyotissa hyotis and a characteristic node-sculptured scallop, Macrochlamis nodosiformis, - are present. They occur partly accumulated into up to 4 m thick layers attaining wide lateral distribution. Steinkerns of large sized and frequently still articulated bivalves - Isognomon maxillatum, Panopea menardi, Pholadomya alpina and Periglypta miocaenica can also be found. Remains of boring cirripedians (Pyrgoma multicostata), regular (Psammechinus) and irregular echinoids (Clypeaster, Echinolampas, Scutella, Plagiobrissus) and marine vertebrates (fish and shark teeth, dolphin and sea cow bones) are typically preserved. The series ranges stratigraphically from Middle to Upper Badenian (Spiroplectammina to Bulimina-Bolivina Zone). Paleoecology: The outcrop documents the typical paleoenvironment of a shallow carbonate platform exposed in a narrow offshore zone, rimming the topographic high of the ancient Leitha Island. The carbonate production was maintained mainly through coralline algae. Such a substrate (dominated by still living coralline algae fragments) is termed as “maerl” and in Recent 63 Eastern Atlantic and Mediterranean regions it typically occurs in shallow water areas down to 40 m water depth. It prefers sheltered areas like offshore bays, disturbed only occasionally by storm events. The faunal composition and distribution at Müllendorf witnesses the presence of a scattered hard ground presence in the area, implying a strong competition for larvae settlement. The initiation of bioherms was confined to the scattered small-scale hard-ground areas provided for example by large sediment reclining bivalves, oysters and scallops. Once the coral larvae settled, they grew to conspicuously large tabular shaped colonies, a shape that prevents from sinking into the loose substrate. These colonies formed the hard substratum for Lithophaga laevigata, a bivalve specialist for living and growing substrates (Fig. 7). This bivalve had the ability to shorten the burrow when overgrow by corals became life-threatening. This happened by production of secondary floors at their bottoms (KLEEMANN 1982). Additional burrows in living coral portions are provided by Pyrgoma, whereas the dead coral colonies and shells of epibiontic bivalves become attacked by other burrowers (e.g., Gastrochaena). The sandy areas between corals were settled by epifaunal and infaunal bivalves. The extinct thick valved Macrochlamis is a typical shallow water indicator, specialised for reclining the siliciclastic and carbonate sandy substrates (BONGRAIN 1988). The cementing Hyotissa hyotis and byssate Isognomon maxillatum were other typical large recliners. Among infaunal molluscs a shallow burrowing Periglypta miocaenica is typically present adjacent to coral colonies; the deep burrowers are represented by up to 10 cm long articulated shells of Panopea menardi and Pholadomya alpina. Typically the bivalves are present in life position, pointing to the prevalent low energetic environment. The masses of Lithophaga laevigata indicate a high productivity; nutrient supply was probably provided by a fluvial system, which is recorded several kilometers south at the border of the Eisenstadt-Sopron basin. Kleemann, K.H., 1982: Ätzmuscheln im Ghetto? Lithophaga (Bivalvia) aus dem Leithakalk (Mittel-Miozän: Badenien) von Müllendorf im Wiener Becken, Österreich. – Beitr. Paläont. Österreich, 9: 211-231, Wien. 64