Landesarbeitsgericht München BESCHLUSS

Transcription

Landesarbeitsgericht München BESCHLUSS
Verkündet am: 18.11.2009
11 TaBVGa 16/09
32 BVGa 30/09
(ArbG München)
Gapp
Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
Landesarbeitsgericht München
Im Namen des Volkes
BESCHLUSS
in dem einstweiligen Verfügungsverfahren im Beschlussverfahren mit den Beteiligten
1. BR d. b. AG,
vertreten durch den Vorsitzenden P. H.
- Antragsteller, Beteiligter zu 1) und Beschwerdeführer 2. Herr S. S.
c/o BR d. b. AG
- Antragsteller, Beteiligter zu 2) und Beschwerdeführer 3. Herr P. S.
c/o BR d. b. AG
- Antragsteller, Beteiligter zu 3) und Beschwerdeführer -
Verfahrensbevollmächtigte der Bet. zu 1) – 3):
Rechtsanwälte R. H.
-24. Firma b. AG
vertreten durch den Vorstand S. P.
- Beteiligte zu 4) Verfahrensbevollmächtigte des Bet. zu 4):
Rechtsanwälte W.
hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen
Anhörung vom 18. November 2009 durch den Vorsitzenden Richter am
Landesarbeitsgericht Dr. Obenaus und die ehrenamtlichen Richter Hagn und HellmichGase
für Recht erkannt:
Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts
München vom 16. Juli 2009, Az.: 32 BVGa 30/09, wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Der antragstellende Betriebsrat und der Beteiligte zu 2), der Mitglied des Betriebsrates ist,
begehren die Aufhebung eines Hausverbots, das die Arbeitgeberin gegenüber dem
Beteiligten zu 2) ausgesprochen hat, sowie ungehinderten, d.h. auch durch keine
Mitteilungspflichten beschränkten - Zutritt des Beteiligten zu 2) zum Betrieb zur Ausübung
des Amtes als Betriebsrat.
Mit Schreiben vom 30.03.2009 kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis des
Beteiligten zu 2) „ordentlich fristgerecht zum 30.09.2009“. Mit Schreiben vom 07.04.2009
-3stellte die Arbeitgeberin den Beteiligten zu 2) mit sofortiger Wirkung von der
Arbeitsleistung frei.
Mit Schreiben vom 26.05.2009 teilte die Arbeitgeberin dem Beteiligten zu 2) unter dem
Betreff „Hausverbot“ folgendes mit:
„Sehr geehrter Herr S.,
hiermit sprechen wir Ihnen gegenüber für die Betriebsräume der B. AG und damit
auch für sämtliche Filialen der B. AG ein Hausverbot aus. Verstöße hiergegen
werden wir als Hausfriedensbruch strafrechtlich verfolgen.
Dieses Hausverbot ist ausgenommen für Fälle von erforderlicher BR-Arbeit. Die
Erforderlichkeit der BR-Arbeit weisen Sie vor Betreten unserer Betriebsräume
schriftlich zu unseren Händen nach, indem Sie Ihre geplante BR-Arbeit
stichpunktartig darstellen.
Mit freundlichen Grüßen
J. K.
Vorstandsvorsitzender b. AG“
Mit Anwaltsschreiben vom 05.06.2009 forderte der Betriebsrat die Arbeitgeberin u. a. auf,
schriftlich zu erklären, dass das Hausverbot für den Beteiligten zu 2) aufgehoben, dieser
ab sofort wieder beschäftigt und dessen ausstehender Lohn unverzüglich nachgezahlt
wird.
Das Antwortschreiben der Anwälte der Arbeitgeberin ging auf diese Aufforderung des
Betriebsrats inhaltlich nicht ein.
In
dem
beim
Arbeitsgericht
München
vom
Beteiligten
zu
2)
eingeleiteten
Kündigungsrechtsstreit mit dem Az.: 23 Ca 5940/09 schlossen der Beteiligte zu 2) und die
Arbeitgeberin am 27. August 2009 einen Prozessvergleich, in dem sie vereinbarten, dass
das Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher betriebsbedingter Arbeitgeberkündigung zum
31.12.2009 wegen Stilllegung der Betriebsabteilung enden werde, dass der Beteiligte zu
2) bei unwiderruflicher Freistellung freigestellt werde, dass die Arbeitgeberin eine
Abfindung von 150.000,00 € brutto zahlen werde, dass keine weiteren gegenseitigen
Ansprüche mehr bestünden und dass für den Fall, dass die Abfindung nicht gezahlt
werde, das Arbeitsverhältnis über den 31.12.2009 hinaus ungekündigt fortgeführt werde.
-4Mit ihrem beim Arbeitsgericht München am 18. Juni 2009 eingegangen Antrag auf Erlass
einer einstweiligen Verfügung im Beschlussverfahren vom selben Tag haben der
Betriebsrat sowie der Beteiligte zu 2) – der Beteiligte zu 3) ist zwischenzeitlich aus dem
Verfahren ausgeschieden – unter Berücksichtigung späterer Antragsumstellung die
gerichtliche Verpflichtung der Arbeitgeberin beantragt, bis zu einer rechtskräftigen
Entscheidung in der Hauptsache, es zu unterlassen, das Hausverbot aufrechtzuerhalten.
Weiterhin haben sie begehrt, die Arbeitgeberin zu verpflichten, dem Beteiligten zu 2) zur
Ausübung seines Amts ungehinderten Zugang zum Betriebsgelände zu gewähren und es
zu
unterlassen,
vom
Beteiligten
zu
2)
zu
verlangen,
seine
beabsichtigten
Betriebsratstätigkeiten schriftlich bei der Arbeitgeberin anzuzeigen.
Zur Begründung haben der Betriebsrat und der Beteiligte zu 2) ausgeführt, das verhängte
Hausverbot verstoße gegen das Behinderungsverbot des § 78 Satz 1 BetrVG sowie
gegen das Benachteiligungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG.
Der Betriebsrat und der Beteiligte zu 2) haben erstinstanzlich beantragt:
I.
Der Beteiligten zu 4) wird aufgegeben, es bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der
Hauptsache zu unterlassen, gegenüber dem Beteiligten zu 2) das Hausverbot vom
26.05.2009 aufrecht zu erhalten.
II. Der Beteiligten zu 4) wird bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache aufgegeben, dem
Beteiligten zu 2) zur Ausübung seines Amtes als Betriebsrat ungehindert Zutritt zum im
Bezirk des Beteiligten zu 1) befindlichen Betrieb und gesamten Betriebsgelände zu
gewähren.
III. Im Falle des Unterliegens mit dem Antrag zu I. und / oder II.: Im Falle des Unterliegens mit
dem Antrag zu I. wird der Beteiligten zu 4) bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache
aufgegeben, es zu unterlassen, vom Beteiligten zu 2) vor dessen Betreten des Betriebes
zu verlangen, seine beabsichtigten Betriebsratstätigkeiten schriftlich beim Beteiligten zu 2)
anzuzeigen.
IV. Der Beteiligten zu 4) wird aufgegeben, es bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache zu
unterlassen, den Beteiligten zu 2) von seiner Verpflichtung der Arbeitsleistung einseitig
freizustellen.
V. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtungen aus den Ziffern I. und / oder
II. und / oder III. und / oder IV. wird der Beteiligten zu 4) ein Ordnungsgeld bis zu
€ 250.000,00, dessen Höhe in das Ermessen des angerufenen Gerichts gestellt wird,
angedroht.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
-5-
Die Arbeitgeberin hat erwidert, die Erteilung des Hausverbots stelle weder eine Störung
der Betriebsratstätigkeit im Sinne von § 78 Absatz 1 Satz 1 BetrVG noch eine
Benachteiligung gemäß § 78 Absatz 1 Satz 2 BetrVG dar. Das ergebe sich schon daraus,
dass das Hausverbot ausdrücklich für Fälle von erforderlicher Betriebsarbeit nicht gelte.
Der Beteiligte zu 2) könne also die Betriebsräume jederzeit betreten, soweit dies für seine
Betriebsratsarbeit erforderlich ist. Durch diese Gestaltung wäre eine erklärte Störung der
Betriebsratstätigkeit ausgeschlossen. Auch der Antrag zu II. sei zurückzuweisen. Die
schriftliche Anzeige der Betriebsratstätigkeit durch die Beteiligten zu 2) sei das einzige
Mittel, die Einhaltung des Hausverbots zu kontrollieren. Diese Anzeige sei daher
erforderlich und angemessen. Eine Störung der Betriebsratstätigkeit sei hiermit nicht
verbunden.
Das
Vorliegen
eines
Verfügungsgrundes
werde
bestritten.
Es
sei
insbesondere nicht zu erkennen, warum einer der Anträge besonders eilbedürftig sein
solle. Der Beteiligte zu 2) könne seiner Betriebsratstätigkeit ungehindert nachgehen.
Das Arbeitsgericht München hat durch Beschluss vom 16. Juli 2009, der der Arbeitgeberin
am 10. August 2009 zugestellt worden ist, den Anträgen mit Ausnahme des Antrages IV.
stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, die Anträge seien zulässig und begründet.
Beim Antrag Ziff. III handele es sich um eine Präzisierung des unter Ziffer II. stehenden
Begehrens. Ein Verfügungsanspruch sei gegeben. Gemäß § 78 Satz 1 BetrVG dürften
Mitglieder des Betriebsrats in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gestört oder behindert
werden. Bei Verstößen gegen das Behinderungsverbot könnten sowohl der Betriebsrat
als auch betroffene Betriebsratsmitglieder Unterlassungsansprüche geltend machen. Die
Verweigerung des Zutritts zum Betriebsgelände stelle eine objektive Behinderung der
Betriebsratstätigkeit dar. Dabei beschränke sich die Tätigkeit eines Betriebsratsmitglieds
nicht auf vorhersehbare Tätigkeiten, sondern sei zum Teil auch kurzfristig erforderlich.
Zudem unterliege die Tätigkeit eines Betriebsratsmitglieds in nur sehr eingeschränktem
Umfang dessen zeitlicher Disposition. Schließlich bedürfe ein Betriebsratsmitglieds zur
Ausübung seines Amtes auch des Kontaktes zur Belegschaft, wie sich u. a. aus § 84 Abs.
1 Satz 2 BetrVG ergebe. Im Hinblick darauf stelle ein Hausverbot regelmäßig eine
Behinderung der Betriebsratstätigkeit dar. Das schließe allerdings ein Hausverbot nicht
schlechthin aus. Bei gravierenden Pflichtverletzungen komme, sofern mildere Mittel nicht
genügten, ein Hausverbot in Betracht. Auch ein solches Hausverbot dürfe indes die zur
Ausübung des Amtes erforderliche Anwesenheit nicht umfassen. Vorliegend sei ein Grund
-6für
ein
Hausverbot
Anwesenheitszeiten
nicht
für
ansatzweise
Betriebsratstätigkeit
erkennbar.
Eine
ausnehmende
eingeschränkte,
Aufrechterhaltung
des
Hausverbots scheide vorliegend aus. Da jedes Hausverbot eine Behinderung der
Betriebsratstätigkeit darstelle und andererseits vorliegend keine Gründe für ein
Hausverbot gegeben seien, müssen der Betriebsrat und der Beteiligte zu 2) die mit einem
eingeschränkten Hausverbot verbundenen Behinderungen der Betriebsratstätigkeit nicht
hinnehmen. Die Arbeitgeberin sei verpflichtet, das Hausverbot aufzuheben und dem
Beteiligten zu 2) ungehinderten Zutritt zum Betriebsgelände zu gestatten. Aus dem
Verbot, die Betriebsratstätigkeit durch ein Hausverbot zu behindern, folge auch das
Verbot gegenüber der Arbeitgeberin, vom Beteiligten zu 2) zu verlangen, dass dieser die
Erforderlichkeit der Betriebsratstätigkeit nachweise bzw. die geplante Betriebsratstätigkeit
darstelle. Die Erforderlichkeit der Betriebsratstätigkeit sei in § 37 Absatz 2 BetrVG
geregelt. Insoweit bestehe ein Beurteilungsspielraum des Betriebsratsmitglieds. Wenn
eine
Betriebsratstätigkeit
erforderlich
sei,
bedürfe
sie
keiner
Zustimmung
des
Arbeitgebers. Es reiche, wenn das Betriebsratsmitglied dem Arbeitgeber ohne nähere
Spezifizierung
der
beabsichtigten
Tätigkeit
allgemein
mitteile,
dass
er
betriebsverfassungsrechtliche Aufgaben wahrnehmen wolle. Eine konkrete und sei es
auch nur stichwortartige Umschreibung der beabsichtigten Betriebsratstätigkeit dürfe der
Arbeitgeber vom Betriebsratsmitglied nicht verlangen.
Gegen den Beschluss vom 16. Juli 2009 hat die Arbeitgeberin mit Schriftsatz vom 14.
August 2009, der beim Landesarbeitsgericht München am 17. August 2009 eingegangen
ist, Beschwerde eingelegt.
Zur Begründung ihrer Beschwerde trägt sie vor, entgegen der Auffassung des
Arbeitsgerichts lägen Behinderungen des Beteiligten zu 2) bei der Ausübung seiner
Tätigkeit
als
Betriebsratsmitglied
durch
das
mit
Schreiben
vom
26.05.2009
ausgesprochene Hausverbot nicht vor. Ein Verfügungsanspruch bestehe daher nicht. Ein
Verstoß gegen das Behinderungsverbot liege nicht vor, weil das Hausverbot gerade für
die Fälle von erforderlicher Betriebsratstätigkeit nicht gelte. Der Beteiligte zu 2) habe also
uneingeschränkten Zutritt zum Betriebsgelände und den Betriebsstätten, soweit dies für
seine
Betriebsratsarbeit
erforderlich
sei.
Nach
Ansicht
der
9.
Kammer
des
Landesarbeitsgerichts München (Beschluss vom 28. September 2005, Az.: 9 TaBV 58/05)
bedürfe es einer generellen Aufhebung eines Hausverbots dann nicht, wenn sichergestellt
sei, dass der Zutritt des betreffenden Arbeitnehmers zum Betriebsgelände in seiner
-7Eigenschaft als Betriebsratsmitglied zur Ausübung von erforderlicher Betriebsratstätigkeit
nicht verwehrt sei. Der Arbeitgeber könne dem Arbeitnehmer den Zutritt zum Betrieb
untersagen und zwar insbesondere dann, wenn der betreffende Arbeitnehmer von der
Pflicht zur Arbeitsleistung freigestellt sei. Nicht untersagen könne er dagegen den Zutritt in
seiner
Eigenschaft
als
Betriebsratsmitglied
zur
Ausübung
erforderlicher
Betriebsratstätigkeit. Nachdem die Arbeitgeberin den Beteiligten zur 2) mit Schreiben vom
07.04.2009 freigestellt habe, sei sie befugt, im Rahmen ihres Hausrechts dem Beteiligten
zu 2) als Arbeitnehmer den Zutritt zum Betriebsgelände zu untersagen. Zur Ausübung
dieses Hausrechts bedürfe es keiner Begründung. Aufgrund seiner Freistellung habe der
freigestellte Arbeitnehmer auch kein schutzwürdiges Interesse dahingehend, weiterhin im
Betrieb
anwesend
zu
sein.
Im
Übrigen
sei
zu
berücksichtigen,
dass
der
Vergütungsanspruch ohnehin weiter bestehe.
Die Arbeitgeberin trägt weiter vor, der Antrag Ziffer III. sei ebenfalls unbegründet. Die
Einhaltung des Hausverbots müsse nämlich vom Arbeitgeber kontrolliert werden können.
Der Arbeitgeber müsse die Möglichkeit haben zu erkennen und zu differenzieren,
wodurch
die
Anwesenheit
Landesarbeitsgericht
des
München
freigestellten
habe
in
Arbeitnehmers
seiner
zitierten
bedingt
ist.
Das
Entscheidung
das
Betriebsratsmitglied dazu verpflichtet, dem Arbeitgeber vorher mitzuteilen, wenn er seinen
Zutritt oder sein Verbleiben im Betrieb für erforderlich halte, und den Grund hierfür
summarisch anzugeben.
Die Arbeitgeberin beantragt
den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 16. Juli 2009, Az.: 32 BVGa
30/09, dahingehend abzuändern, dass sämtliche Anträge zurückgewiesen
werden.
Der Betriebsrat und der Beteiligte zu 2) beantragen,
die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückzuweisen.
Zur Begründung führen sie aus, die Arbeitgeberin habe zu Beginn des Verfahrens keinen
Grund für das Hausverbot genannt. Erst im Verlauf des Kündigungsschutzverfahrens sei
geäußert worden, der Beteiligte zu 2) habe die betrieblichen Abläufe gestört. Erst im
Termin des Hauptsacheverfahrens habe eine Prozessvertreterin der Arbeitgeberin erklärt,
-8dass keine Gründe für den Ausspruch des Hausverbotes vorlägen. Das Hausverbot sei
gleichwohl begründet, weil der Arbeitgeber jederzeit auch grundlos von seinem
Hausverbot Gebrauch machen könne. Die Arbeitgeberin verkenne, dass die von ihr
zitierte Entscheidung des LAG München auf einem anderen Sachverhalt beruht habe. In
dem dort entschiedenen Fall sei das Vertrauensverhältnis bereits nachhaltig gestört
gewesen. Die 9. Kammer des Landesarbeitsgerichts habe sicher nicht die Absicht gehabt,
mit ihrer Entscheidung dem Arbeitgeber die Möglichkeit zu schaffen, grundlos
Hausverbote gegenüber Betriebsratsmitgliedern auszusprechen.
Hinsichtlich des weiteren Ergebnisses der Anhörung wird auf die von den Beteiligten
gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, jedoch unbegründet.
Das
Arbeitsgerecht
hat
zutreffend
und
mit
zutreffender
Begründung
den
Verfügungsanträgen stattgegeben.
Zum Beschwerdevorbringen wird bemerkt:
Das Beschwerdegericht schließt sich der Beurteilung des Arbeitsgerichts an, das im
Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes der Arbeitgeberin auferlegt hat, dem
Beteiligten ungehinderten Zutritt zu den Betriebsräumen zu gewähren. Die Gewährung
ungehinderten Zutritts umschließt den Verzicht auf das Verlangen fallbezogener
Kommunikation über die Tatsache der Wahrnehmung erforderlicher Betriebsratstätigkeit.
Auch dies ist vom Arbeitsgericht zutreffend konstatiert worden.
1.
Der Erlass einer einstweiligen Verfügung ist gemäß § 85 Abs. 2 ArbGG auch in
Angelegenheiten zulässig, über die im Beschlussverfahren zu entscheiden ist, wobei sich
das Verfahren nach den Vorschriften der §§ 916 ff. ZPO richtet. Der einstweilige
Rechtsschutz dient dabei vor allem der Sicherung eines Anspruchs oder der vorläufigen
-9Regelung eines Rechtsverhältnisses (§§ 935, 940 ZPO). Darüber hinaus kommt auch der
Erlass einer so genannten Leistungsverfügung in Betracht, durch die der geltend
gemachte Anspruch nicht nur gesichert, sondern bereits befriedigt wird. Sie ist immer
dann zuzulassen, wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile unumgänglich ist,
was aufgrund einer umfassenden Abwägung der Umstände des Einzelfalls festgestellt
werden muss. Dabei ist zum einen zu berücksichtigen, wie gewiss der Bestand des
geltend gemachten Anspruchs ist. Zum anderen muss beurteilt werden, ob und ggf.
inwieweit es dem Antragsteller zugemutet werden kann, den Anspruch in einem
Hauptsacheverfahren zu verfolgen.
Bei Anwendung dieser Grundsätze ist die Beschwerdekammer in Übereinstimmung mit
dem Arbeitsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die in ihrer Gesamtheit auf einen
zeitlich nicht beschränkten oder durch Mitteilungspflichten eingegrenzten Zutritt
gerichteten Anträge des Betriebsrats und des Beteiligten zu 2) begründet sind.
2.
Wie das Arbeitsgericht im Einzelnen zutreffend erläutert hat, dürfen die Mitglieder
des Betriebsrats gemäß § 78 BetrVG bei der Ausübung ihrer Betriebsratstätigkeit nicht
behindert werden. Da die Aufgaben des Betriebsrats regelmäßig im Betrieb zu erledigen
sind, folgt aus dem Recht auf ungestörte Amtsausübung auch ein Recht auf Zutritt zum
Betrieb. Dieses Recht ist nicht auf bestimmte Zeiten beschränkt. Vielmehr kann eine
Tätigkeit
des
Betriebsrats
zu
jeder
Zeit
im
Betrieb
erforderlich
werden.
Die
Betriebsratsmitglieder müssen deshalb auch jederzeit die Möglichkeit haben, den Betrieb
zur Durchführung ihrer gesetzlichen Aufgaben zu betreten. Das Zugangsrecht ist
ausschließlich an die Mitgliedschaft im Betriebsrat gebunden. Es wird weder von einer
individualrechtlichen Freistellung von der Arbeit noch von der Absicht des Arbeitgebers
berührt, das Arbeitsverhältnis des Betriebsratsmitglieds zu beenden (LAG BerlinBrandenburg, Beschluss vom 2. September 2009, Az.: 17 TaBVGa 1372/09 zit. n. Juris).
Soweit individualrechtlich eine Verpflichtung des Betriebsratsmitglieds anerkannt ist, sich
beim Verlassen des Arbeitsplatzes zur Wahrnehmung betriebsverfassungsrechtlicher
Aufgaben
abzumelden
und
sich
nach
Beendigung
dieser
Tätigkeit
wieder
zurückzumelden, dient dies der sich aus dem Arbeitsvertrag ergebenden Verpflichtung, es
dem Arbeitgeber zu ermöglichen, von der Dauer der Abwesenheit Kenntnis zu erlangen
und ihn in die Lage zu versetzen, inhaltliche Dispositionen zu treffen. Eine solche
Verpflichtung ist jedoch nicht durch den Zweck gerechtfertigt zu kontrollieren, ob das
Betriebsratsmitglied von seinem Beurteilungsspielraum in richtiger Weise Gebrauch
- 10 gemacht
hat.
Letzteres
würde
das
Betriebsratsmitglied
einem
mit
dem
Behinderungsverbot nicht vereinbaren Rechtfertigungszwang aussetzen (Fitting u.a., 24.
Auflage, § 37, Rz. 50-53).
Der Beteiligte zu 2) hat danach ein zeitlich nicht beschränktes Recht, den Betrieb der
Arbeitgeberin zur Durchführung von Aufgaben des Betriebsrats zu betreten, ohne der
Arbeitgeberin hiervon unter Angabe der Art der wahrzunehmenden Aufgabe Meldung
machen zu müssen. Er ist nach wie vor Mitglied des Betriebsrats. Dass die
ausgesprochene betriebsbedingte Arbeitgeberkündigung hieran etwas ändert oder
geändert habe, behauptet auch die Arbeitgeberin nicht. Aber auch die Tatsache, dass die
Arbeitgeberin den Beteiligten zu 2) von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung entbunden
hat, ist für sein Zutrittsrecht ohne Belang. Die Freistellung spricht sogar gegen die von der
Arbeitgeberin
dem
Beteiligten
zu
2)
auferlegte
Anzeigepflicht.
Im
laufenden
Arbeitsverhältnis folgt die Rechtfertigung einer Meldepflicht des nicht freigestellten
Betriebsratsmitglieds aus der Tatsache, dass der Arbeitgeber die Möglichkeit haben
muss, über die Arbeitskraft des Betriebsratsmitglieds zu disponieren. Diese Notwendigkeit
entfällt, nachdem die Arbeitgeberin den Beteiligten zu 2) von seiner Verpflichtung zur
Arbeitsleistung freigestellt hat und damit ausdrücklich auf eine Disposition über seine
Arbeitskraft
verzichtet
hat.
Auch
die
von
der
Arbeitgeberin
postulierte
Kontrollnotwendigkeit kann die Anzeigepflicht nicht rechtfertigen. Die Arbeitgeberin hat
nämlich keinerlei Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass der Beteiligte zu 2) in irgendeiner
Weise die Wahrnehmung seiner Betriebsratsaufgaben auf dem Betriebsgelände dazu
nutzen werde, der Arbeitgeberin Schaden zuzufügen oder Betriebsabläufe zu stören.
Zu diesen Überlegungen steht auch nicht die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts
München vom 28. September 2005, a.a.O., in Widerspruch. Bei dem dort entschiedenen
Fall war das Vertrauensverhältnis zwischen dem Betriebsratsmitglied
und dem
Arbeitgeber bereits nachhaltig gestört. Außerdem lagen ein Antrag des Arbeitgebers auf
Ersetzung der Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des
Betriebsobmanns sowie eine Strafanzeige gegen ihn vor. Dies war hinreichender Anlass,
die Zutrittsmöglichkeit des Betriebsobmanns auf die Durchführung erforderlicher
Betriebsratstätigkeit zu beschränken und Regelungsmechanismen vorzusehen, die es
dem
Arbeitgeber
ermöglichten
festzustellen,
ob
der
Betriebsobmann
seine
Anwesenheitszeiten auf die Ausübung erforderlicher Betriebsratstätigkeit beschränkte.
- 11 Vergleichbare Anlässe für eine Beschränkung des Zutrittsrechts sind im vorliegenden Fall
nicht ersichtlich.
3.
Für die erlassene einstweilige Verfügung besteht auch ein Verfügungsgrund.
Bei der Gewährung des Zutrittes zum Betrieb zum Zwecke der Ausübung des
Betriebsratsamtes handelt es sich um eine sog. Befriedigungsverfügung (vgl. Walker, der
einstweilige Rechtsschutz im Zivilprozess und im arbeitsgerichtlichen Verfahren, Rz. 817).
An den Verfügungsgrund sind bei einer Befriedigungsverfügung grundsätzlich strenge
Anforderungen
zu
stellen,
da
durch
sie
die
Hauptsache
zumindest
teilweise
vorweggenommen wird. Erforderlich ist, dass der Antragsteller auf die sofortige
Anspruchserfüllung angewiesen ist (vgl. Walker a. a. O. Rz. 246). Das ist zu bejahen,
wenn die nicht sofortige Befriedigung einen - zumindest temporären - endgültigen
Rechtsverlust bedeutet (vgl. Walker a. a. O. Rz. 247). Eine einstweilige Verfügung, die
dem Antragsteller eine Befriedigung in der Hauptsache verschafft und im Gegenzug dem
Antragsgegner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringt, darf nur ergehen, wenn die
Interessen des Antragstellers eindeutig überwiegen (vgl. Walker a.a.O. Rz. 259). Hierbei
ist in erster Linie die objektive materielle Rechtslage zu berücksichtigen, also der zu
erwartende Ausgang des Hauptsacheverfahrens (vgl. Walker a.a.O. Rz. 261). Je
wahrscheinlicher ein Obsiegen des Antragstellers im Hauptsacheverfahren ist, umso mehr
gehen seine Interessen denen des Antragsgegners vor. Im vorliegenden Falle ist das
Zutrittsrecht des Beteiligten zu 2) gegeben, sodass von einem Obsiegen des
Antragstellers auch im Hauptsacheverfahren auszugehen wäre.
Es kann auch weder dem Beteiligten zu 2) noch dem Betriebsrat zugemutet werden, den
Anspruch in einem Hauptsacheverfahren zu verfolgen. Die Zwangsvollstreckung findet
nur aus rechtskräftigen Beschlüssen des Arbeitsgerichts statt (§ 85 Abs. 1 ArbGG).
Angesichts der Tatsache, dass die Arbeitgeberin auf ihrem Standpunkt nachhaltig und
unter Androhung rechtlicher Konsequenzen (Drohung mit strafrechtlicher Verfolgung bei
Zuwiderhandlung gegen das Hausverbot) beharrt, muss davon ausgegangen werden,
dass der Betriebsrat sowie der Beteiligte zu 2) vor Abschluss der Beschwerdeinstanz in
der Hauptsache, mindestens aber bis zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses am
31.12.2009, sein Zutrittsrecht nicht durchsetzen könnte. Während dieses Zeitraums wäre
- 12 der Antragsteller an einer uneingeschränkten Betriebsratstätigkeit gehindert, ohne dass
es hierfür eine sachliche Rechtfertigung gibt.
III.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, § 12 Abs. 5 ArbGG.
IV.
Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§§ 92 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. 85 Abs. 2 ArbGG).
Dr. Obenaus
Hagn
Hellmich-Gase