Entscheidung im Volltext

Transcription

Entscheidung im Volltext
FINANZGERICHT HAMBURG
Az.: 4 K 52/12
Urteil des Einzelrichters vom 12.06.2013
Rechtskraft: rechtskräftig
Normen: KN Pos. 8517, KN Pos. 8527
Leitsatz: 1. Rundfunk im zolltariflichen Sinne bezeichnet die funktechnische Übertragung
von Informationen eines sendenden Teils an einen unbegrenzten, nur empfangenden
Teilnehmerkreis (Öffentlichkeit), z. B. durch sogenannten Hörfunk oder Fernsehen.
2. Rundfunkempfangsgeräte im Sinne des Tarifs sind nur solche Geräte, die tatsächlich
und auf den hierfür genehmigten Frequenzen sendende Rundfunksender empfangen
können. Der Empfang von nur regional sendenden Spartenradios reicht insoweit
allerdings aus.
Überschrift: Zolltarifrecht: Einreihung von sog. Handscannern zum Empfang von
Funksignalen
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob ein sogenannter Handscanner als
Rundfunkempfänger in die Position 8527 der Kombinierten Nomenklatur (KN)
einzureihen ist.
1.
a) Die Klägerin beantragte am 16.03.2011 die Erteilung einer verbindlichen
Zolltarifauskunft (vZTA) für ein Gerät "A" (Artikel-Nr. XXX) und schlug zur Einreihung
den Nomenklatur-Code 8527 1900 00 (TARIC) vor. Die Position 8527 umfasst
"Rundfunkempfangsgeräte, auch in einem gemeinsamen Gehäuse mit einem
Tonaufnahme- oder Tonwiedergabegerät oder einer Uhr kombiniert".
b) Die Ware besteht im Wesentlichen aus einem Gerät - dem eigentlichen Handscanner
-, bei dem eine mit einem Receiver und weiteren aktiven und passiven Bauelementen
bestückte, gedruckte Schaltung zusammen mit einem Akkumulatorfach, einem
Lautsprecher und einem LC-Display in einem Gehäuse (6,8 x 11,5 x 3,15 cm) verbaut ist
und verschiedene Bedienelemente und Anschlüsse aufweist. In einer gemeinsamen
Verkaufsverpackung befinden sich weiterhin eine Antenne, ein Netzteil, Batterien, ein
Gürtelclip und eine Bedienungsanleitung. Mit dem Gerät können Funksignale in den
Frequenzbereichen 25 bis 87,2625 MHz, 108 bis 173,99 MHz, 406 bis 512 MHz und 806
bis 960 MHz empfangen werden.
2. Der Beklagte erließ auf den Antrag am 21.04.2011, der Klägerin zugegangen am
02.05.2011, die vZTA DE .../...-1, mit der die Ware - unter Berücksichtigung der
Allgemeinen Vorschrift AV 3 b), nach der eine Warenzusammenstellung so wie der
Bestandteil eingereiht wird, der ihr den wesentlichen Charakter verleiht - im Hinblick auf
den Handscanner in die Unterposition 8517 6939 90 (TARIC) eingereiht wurde.
Die Position 8517 umfasst "Fernsprechapparate, einschließlich Telefone für zellulare
Netzwerke oder für andere drahtlose Netzwerke; andere Sende- oder Empfangsgeräte
für Töne, Bilder oder andere Daten, einschließlich Apparate für die Kommunikation in
einem drahtgebundenen oder drahtlosen Netzwerk (wie ein lokales Netzwerk oder ein
Weitverkehrsnetzwerk), ausgenommen solche der Position 8443, 8525, 8527 oder
8528".
3. Mit Schreiben vom 27.05.2011 legte die Klägerin gegen diese vZTA Einspruch ein.
a) Die Klägerin machte im Wesentlichen geltend, unter Rundfunk sei umfassend die
Aussendung elektromagnetischer Wellen an die Allgemeinheit im Sinne nicht individuell
festgelegter Empfänger zu verstehen. Auch der sogenannte Amateurfunk oder der
Wetterflugfunk sei Rundfunk. Der streitgegenständliche Scanner sei in der Lage,
Rundfunk in diesem Sinne zu empfangen.
b) Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 23.02.2012, beim
Bevollmächtigten der Klägerin am 27.02.2012 eingegangen, als unbegründet zurück.
Der Begriff "Rundfunk" sei im Unionsrecht nicht näher definiert und deswegen
auszulegen. Nach der Brockhaus-Enzyklopädie sei Rundfunk im engeren Sinne die
Bezeichnung für die Verbreitung von Darbietungen in Sprache und Musik, im weiteren
Sinne auch von Bildern. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 des Staatsvertrages für Rundfunk und
Telemedien sei Rundfunk ein linearer Informations- und Kommunikationsdienst für die
Allgemeinheit zum zeitgleichen Empfang bestimmter Veranstaltungen und Verbreitung
von Angeboten in Bewegtbild oder Ton entlang eines Sendeplans unter Benutzung
elektromagnetischer Schwingungen. Der Frequenznutzungsplan Deutschland umfasse
bestimmte Frequenzen für Fernsehen und Rundfunk, wobei die für Hörfunk
vorgesehenen Frequenzen - 87,5 bis 108 MHz (Rundfunk-UKW-Band) und 1.452 bis
1.479,5 MHz (Digitaler Rundfunk) - von dem streitgegenständlichen Gerät nicht
empfangen würden. Die von der Klägerin angesprochenen Amateur- und
Wetterflugfunkdienste nutzten andere Frequenzen und entsprächen der
Begriffsbestimmung für Rundfunk nicht. Die für Fernsehprogramme vorgesehenen
Frequenzen könne das Gerät weder empfangen noch darstellen. Der Beklagte wies im
Übrigen darauf hin, dass der Produktkatalog der Klägerin das streitgegenständliche
Gerät nicht als Geräte mit "Radioempfang" darstelle. Wegen der Einzelheiten wird auf
den Inhalt der Einspruchsentscheidung Bezug genommen.
4. Die Klägerin erhob am 27.03.2012 Klage.
Die Klägerin vertritt die Ansicht, der Beklagte habe unzutreffend einen medialen
Rundfunkbegriff statt eines für die Einreihung maßgeblichen technischen
Rundfunkbegriffs zu Grunde gelegt. Rundfunk im technischen Sinne sei jede an eine
unbestimmte Vielzahl von Personen gerichtete Übermittlung von Gedankeninhalten
durch physikalische, insbesondere elektromagnetische Wellen. Ob das Gerät tatsächlich
Rundfunk- oder Fernsehprogramme empfange, sei unerheblich. Entscheidend sei nur,
ob es technisch dazu geeignet sei.
Hilfsweise für den Fall, dass es auf konkrete Rundfunksender ankommen sollte, vertritt
die Klägerin die Auffassung, dass die vom Beklagten im Laufe des Gerichtsverfahrens in
Bezug genommene Frequenzliste "European Common Allocation Table" keine Antwort
auf die Frage gebe, auf welchen Frequenzen Rundfunk stattfinde, sondern lediglich
Ergebnis eines Versuchs sei, die bestehenden unterschiedlichen Frequenzvergaben
und Anwendungsbereiche europaweit zu harmonisieren und zukünftig eine einheitliche
Anwendung zu finden. Die Liste stelle weder eine Definitionsliste dar noch begrenze sie
den Rundfunkfrequenzbereich auf den Sendebereich 87,5 bis 108 MHz; vielmehr
fänden sich in der Liste auch weitere Frequenzbereiche.
Die Klägerin trägt weiter vor, dass mit dem Gerät außerdem auch Rundfunksender in
dem vom Beklagten verwendeten Sinne tatsächlich empfangen werden könnten, z. B.
die auf dem 11-Meter-Rundfunkband 25,670 bis 26,100 MHz gesendeten
Radiosendungen aus Südamerika und Fernost, die auf dem OIRT-Rundfunkband 65,9
bis 73,1 MHz gesendeten Radiosendungen aus Osteuropa sowie die in den
Frequenzbereichen 86,45 MHz und 147-456 MHz gesendeten, auch als "Kirchenfunk"
bzw. "Moscheeradio" bezeichneten religiösen Radioprogramme in den Niederlanden
und in Großbritannien. Die Klägerin hat zum Beleg eine Liste von Radiostationen der
Ukraine, von "Kirchenradiofrequenzen" aus den Niederlanden und von "Moscheeradios"
in England vorgelegt.
Die Klägerin meint, ihre Werbeaussagen seien für eine Einreihung unbeachtlich, denn
es komme nur auf tatsächliche Beschaffenheit der Ware an.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die verbindliche Zolltarifauskunft DE .../...-1 vom 21.04.2011 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 23.02.2012 aufzuheben und den Beklagten zur Erteilung
einer neuen verbindlichen Zolltarifauskunft zu verpflichtet, in der die Ware mit der
Handelsbezeichnung "Handscanner A, Art. XXX" in die Position 8527 der Kombinierten
Nomenklatur eingereiht wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte bezieht sich zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung und führt
vertiefend sinngemäß aus: Für die Einreihung sei es relevant, ob das Gerät in
Deutschland deutsche Rundfunksender empfangen könne, denn der Handscanner sei
ausweislich der Bedienungsanleitung, der die sogenannte Bandpläne 1 und 2 beigefügt
seien, speziell für die Frequenzbelegung in Deutschland optimiert und solle nur nach
diesen Bandplänen benutzt werden. Speziell der Bandplan 2 weise die für den
klassischen Sprechfunkbetrieb typischen Anwendungen wie z. B. CB-, BOS-, Flug-,
Betriebs- sowie See- und Amateurfunk aus.
Würde das Gerät tatsächlich Rundfunksignale empfangen können, so wäre es nach
Ansicht des Beklagten gleichwohl in die Position 8517 einzureihen. Denn Hauptfunktion
des Geräts sei auch dann der Empfang von Funksignalen im Funksprechverkehr und
gemäß Anmerkung 3 zu Abschnitt XVI KN seien Geräte mit mehreren Funktionen nach
der das Ganze kennzeichnenden Haupttätigkeit einzureihen. Dass dies der Empfang
von Sprechfunksignalen sei, belege der Inhalt der Bedienungsanleitung mit den
verwendeten Bandplänen 1 und 2. Der von der Klägerin angesprochene
Rundfunkempfang trete zurück, weil dieser im Vergleich zu den restlichen
Frequenzbereichen des Gerätes nur sehr gering und auch standortabhängig nur
eingeschränkt zu realisieren sei. Hätte das Gerät als Rundfunkempfangsgerät konzipiert
sein sollen, wäre zumindest für den deutschsprachigen Raum auch die Implementierung
der Frequenzbereiche von 87,5 bis 108 MHz zu erwarten gewesen. Ausweislich der
"European Common Allocation Table" handele es sich dabei um die für den Bereich der
Europäischen Union maßgeblichen Rundfunkfrequenzen.
Zur Berücksichtigung des Werbematerials bezieht sich der Beklagte auf ein Urteil des
EuGH vom 17.03.2005 (C-467/03) und trägt vor, wenn es darum gehe, die
kennzeichnende Haupttätigkeit einer Ware aufzuzeigen, könne ihre
Verkaufspräsentation herangezogen werden.
5. Dem Gericht lag außer den Schriftsätzen der Beteiligten nebst Anlagen noch
folgende, den Sachverhalt betreffende Akten des Beklagten vor: ein Heft, dessen erstes
Blatt mit "Übersicht vZTA-Antrag" überschrieben ist, ein Heft, dessen erstes Blatt die
streitgegenständliche vZTA ist, sowie ein Hefter Einspruchsverfahren (paginiert, 11 Bl. /
8.Bl. / 79 Bl.).
Ergänzend wird Bezug genommen auf das Protokoll des Erörterungstermins am
12.12.2012. In diesem Termin haben die Beteiligten übereinstimmend den Verzicht auf
eine mündliche Verhandlung und ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch den
Berichterstatter erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung
durch den Berichterstatter als Einzelrichter, § 90 Abs. 2, § 79a Abs. 3, 4 FGO.
Die verbindliche Zolltarifauskunft (vZTA) DE .../...-1 ist rechtswidrig und verletzt die
Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erteilung einer vZTA, in
der die Ware mit der Handelsbezeichnung "Handscanner A, Art. XXX" in die Position
8527 der Kombinierten Nomenklatur eingereiht wird.
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sowie des
Bundesfinanzhofs (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 20.06.1996, C-121/95; BFH, Urteil vom
18.11.2001, VII R 78/00, vom 09.10.2001, VII R 69/00, vom 14.11.2000, VII R 83/99,
vom 05.10.1999, VII R 42/98 und vom 23.07.1998, VII R 36/97) ist das entscheidende
Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven
Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen und
Unterpositionen und in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln des
Gemeinsamen Zolltarifs festgelegt sind (vgl. die Allgemeinen Vorschriften 1 und 6 für die
Auslegung der Kombinierten Nomenklatur). Soweit in den Positionen und Anmerkungen
nichts anderes bestimmt ist, richtet sich die Einreihung nach den Allgemeinen
Vorschriften 2 bis 5 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur. Daneben gibt es
nach dem Übereinkommen zum Harmonisierten System Erläuterungen und
Einreihungsavise, die ebenso wie die Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur, die
von der Europäischen Kommission ausgearbeitet wurden, ein wichtiges, wenn auch
nicht verbindliches Erkenntnismittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen
darstellen (vgl. EuGH, Urteil vom 09.12.1997, C-143/96, und vom 19.05.1994, C-11/93).
Auf den Verwendungszweck einer Ware darf nur dann abgestellt werden, wenn im
Wortlaut der Bestimmungen oder in den Erläuterungen dazu ausdrücklich auf dieses
Kriterium Bezug genommen wird (vgl. BFH, Urteil vom 14.11.2000, VII R 83/99 und vom
05.10.1999, VII R 42/98; Beschluss vom 24.10.2002, VII B 17/02).
2. Der streitgegenständliche "Handscanner" ist ein Rundfunkempfangsgerät der
Warencodenummer 8527. Die Position 8527 umfasst "Rundfunkempfangsgeräte, auch
in einem gemeinsamen Gehäuse mit einem Tonaufnahme- oder Tonwiedergabegerät
oder einer Uhr kombiniert".
Das Gerät ist zunächst - unstreitig - ein Funkempfangsgerät. Unter Funktechnik ist die
Methode zu verstehen, Signale aller Art mit Hilfe elektromagnetischer Wellen im
Radiofrequenzbereich (Radiowellen) drahtlos in Echtzeit zu übertragen (vgl.
de.wikipedia "Funktechnik").
Das streitgegenständliche Gerät ist weiterhin geeignet, Rundfunk im Sinne der
Kombinierten Nomenklatur zu empfangen.
a) Der Begriff des Rundfunks ist weder in der Nomenklatur näher definiert noch in den
Anmerkungen oder Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur bzw. dem ihr
zugrunde liegenden Harmonisierten System. Allerdings ist mit dem Beklagten zu
erkennen, dass der Begriff des Rundfunks enger ist als der des Funks.
Wesentlicher Anwendungsbereich der Funktechnik ist die Kommunikation. Es sind
verschiedene Kommunikationsformen zu unterscheiden, etwa danach, ob zwei oder
mehrere Teilnehmer beteiligt sind, und danach, ob jeder der Teilnehmer sendet und /
oder empfängt. Für den sogenannten Sprechfunk ist charakteristisch, dass zwei oder
mehrere Personen eines definierten Teilnehmerkreises abwechselnd senden und
empfangen - was nicht ausschließt, dass tatsächlich Personen außerhalb dieses
Teilnehmerkreises offen oder verdeckt teilnehmen.
b) Der deutsche Begriff des Rundfunks bezeichnet die Übertragung von Informationen
eines sendenden Teils an einen unbegrenzten, nur empfangenden Teilnehmerkreis
(Öffentlichkeit), z. B. die Übertragung von nur akustischen Signalen - typischerweise
Sprache und Musik - durch den sogenannten Hörfunk oder von sowohl akustischen und
als auch optischen Signalen durch das sogenannte Fernsehen (vgl. de.wikipedia
"Rundfunk"). Der so verstandene Begriff des Rundfunks ist inhaltlich gleichbedeutend z.
B. mit dem englischen Begriff des (FM) Broadcasting (vgl. en.wikipedia "FM
broadcasting") und kann daher der Einreihungsentscheidung zugrunde gelegt werden.
c) Dass der Begriff des Rundfunks enger ist als der des Funks, lässt sich auch daran
erkennen, dass neben der Positionsbeschreibung von Codenummer 8527, die u. a.
Rundfunkempfangsgeräte umfasst, Apparate für die Kommunikation in einem drahtlosen
- also funkbasierten - Netzwerk u. a. noch von der Beschreibung der Position 8517
erfasst sind, sofern sie nicht bereits der Position 8527 unterfallen.
Würde jede Funktätigkeit auf jeglicher Funkfrequenz, sofern sie nur mit der Absicht
ausgeübt werden könnte, durch Aussendung von Signalen eine Öffentlichkeit zu
erreichen, bereits als Rundfunk angesehen werden, dann wäre jedes Gerät, das
geeignet ist, irgendein Funksignal zu empfangen, allein schon deswegen ein
Rundfunkempfangsgerät. Der zitierte Teil der Warenbeschreibung von Position 8517
bliebe dann ohne Inhalt, weil dann jeder Empfänger von Funksignalen vorrangig in die
Position 8527 einzureihen wäre. Deshalb kann der Ansicht der Klägerin nicht gefolgt
werden, für die Einreihung unter Position 8527 sei allein die technische Fähigkeit eines
Gerätes zum Empfang von etwaigen Rundfunksignalen hinreichend.
Vielmehr kann unter Berücksichtigung der dargestellten Erwägungen als Rundfunk nur
bezeichnet werden, was tatsächlich und objektivierbar die Bedingungen des Hörfunks
oder - was für den streitgegenständlichen Handscanner allerdings keine Bedeutung hat,
da er insoweit unstreitig nicht zum Empfang geeignet ist - des Fernsehens erfüllt.
d) Eine Voraussetzung, um als Rundfunk erkannt zu werden, ist die Nutzung der dafür
vorgesehenen Frequenzen.
Mit Nutzbarmachung der Funktechnik wurden verschiedene Frequenzbereiche jeweils
für bestimmte Zwecke verwendet (z. B. für U-Boot-Kommunikation, Rundfunk, Flugfunk,
Lawinenverschüttetensuchgeräte, Zeitzeichensender, Richtfunk, Radar, vgl.
de.wikipedia "Frequenzband"), wobei die Verwendungen mit einer Weiterentwicklung
der Technik seit jeher einem Wandel unterworfen sind. Bereits seit früher Zeit der
Nutzung von Funktechnik sind durch internationale Abkommen die zur Verfügung
stehenden Frequenzbereiche zwischenstaatlich und entsprechend national zugeordnet
und reglementiert worden.
Nach Auffassung des erkennenden Gerichts, findet Rundfunk im Sinne der Nomenklatur
nur auf den hierfür vorgesehenen und üblichen Frequenzen statt. Das Gericht verkennt
nicht, dass bei einem solchen Verständnis etwa Untergrundradio, das im Übrigen die
Bedingungen von Hörfunk erfüllt, aber nicht auf den hierfür zugelassenen, sondern
illegal auf anderen Frequenzbereichen sendet, nicht als Rundfunk erfasst wird. Es
entspricht jedoch dem Rechtscharakter der Nomenklatur als gesetztem Recht der
Wirtschaftsordnung und des Abgabenwesens, dass sich die Qualifizierung von Geräten
zum Empfang von Rundfunk auf den legalen beschränkt. Mit dieser Auslegung kann
allerdings der Begriff des Rundfunks nicht auf Sender in den Frequenzbereichen
beschränkt werden, die aufgrund internationaler Vereinbarungen auch international für
Rundfunk vorgesehenen sind. Soweit regional oder national weitere bzw. andere
Frequenzen für Hörfunksendungen freigegeben sind, kann ihnen die
Rundfunkeigenschaft nicht deswegen abgesprochen werden, weil sie andernorts hierfür
nicht vorgesehen sind.
e) Auf der Grundlage des so verstandenen Rundfunkbegriffs werden folgende
Frequenzbereiche angesprochen:
aa) Zunächst die in den internationalen Abkommen speziell dem Hörfunk zugewiesene
Frequenzbereiche. Diese liegen allerdings fast vollständig außerhalb des
Empfangsbereichs des Gerätes. Für Langwellenrundfunk ist international der
Frequenzbereich zwischen 148,5 und 283,5 kHz vorgesehen (vgl. de.wikipedia
"Langwellenrundfunk"). Das für den Rundfunk genutzte Mittelwellenband entspricht dem
Frequenzbereich zwischen 526,5 kHz und 1720 kHz (vgl. de.wikipedia
"Mittelwellenrundfunk"). Für Kurzwellenrundfunk steht eine ganze Reihe von Bändern
zur Verfügung (2300-2495 kHz, 3200-3400 kHz, 3900-4000 kHz, 4750-5060 kHz, 59006200 kHz, 7200-7450 kHz, 9400-9900 kHz, 11.600-12.100 kHz, 13.570-13.870 kHz,
15.100-15.800 kHz, 17.480-17.900 kHz, 18.900-19.020 kHz, 21.450-21.850 kHz,
25.670-26.100 kHz; diese Bänder werden wechselnd benutzt, vgl. de.wikipedia
"Kurzwellenrundfunk"). Der UKW- bzw. VHF-Rundfunk wird weltweit grundsätzlich nur
im sogenannten VHF-Band II zwischen 87,5 MHz und 108,0 MHz betrieben, wobei in
manchen Ländern nur Teilbereiche davon genutzt werden.
Nur ein sehr kleiner Teil dieser Frequenzbereiche kann durch das streitgegenständliche
Gerät empfangen werden, nämlich innerhalb seines Empfangsbereichs von 25 bis
87,2650 MHz das letzte der Kurzwellenrundfunkbänder (s. o.). Auf diesem Band sollen
dem Vortrag der Klägerin gemäß allerdings nur Sender außerhalb der Union senden,
nämlich in Südamerika und Fernost.
Die im Bereich der Union auf dem gebräuchlichsten, dem VHF-Band II gesendeten
Rundfunksendungen können mit dem Gerät nicht empfangen werden.
bb) Allerdings sind in gewissen Weltregionen für den VHF-Rundfunk andere Frequenzen
vorgesehen, nämlich zum einen in Japan (76 bis 90 MHz) und zum anderen in
Russland, Ukraine, Moldawien sowie Weißrussland, wo das das seinerzeit fast im
gesamten Ost-Block-Gebiet verwendete OIRT-Band (Frequenzbereich von 65,9 bis 73,1
MHz) noch nicht durch das VHF-Band II ersetzt worden ist (vgl. de.wikipedia "OIRTBand"). Das streitgegenständliche Gerät kann das OIRT-Band und einen Teil des in
Japan genutzten Frequenzbandes empfangen.
cc) In den Niederlanden ist als eine technische Alternative für die seit vielen
Jahrzehnten gebräuchliche sog. "Kerktelefonie", bei der Gottesdienste über das
Telefonnetz übertragen werden, das per Funk ausgestrahlte "Kerkradio" eingeführt
worden (vgl. nl.wikipedia "Kerktelefon"). Hierfür bedarf es einer - außerhalb des
niederländischen Systems der Rundfunkgesetzgebung erteilten (nl.wikipedia "Kerkradio
via de ether") - Lizenz für die Nutzung einer Frequenz. Seit 2005 sind rund 75
Frequenzen eines in den Anfangszeiten für die Mobiltelefonie verwendeten
Frequenzbandes um die 150 MHz zur Nutzung für Kirchenradio freigegeben. Die
Lizenzen werden ausschließlich religiösen Organisationen erteilt. Sie ermöglichen einen
Empfang in einem nur sehr begrenzten Radius um den Sender (bis 5 km, mit spezieller
Antenne bis 20 km, vgl. nl.wikipedia "Kerkradio") und sie dürfen nur für die Dauer des
Gottesdienstes und nur zur Übertragung rein spirituellen Inhalts genutzt werden (vgl. die
Internetseite der Telekomunikations-Agentur des niederländischen
Wirtschaftsministeriums; http://www.agentschaptelecom.nl/ onderwerpen/mobielecommunicatie/Kerktelefonie).
Im Jahr 2010 arbeiteten in den Niederlanden mehr als 450 Gemeinden mit rund 25.000
Zuhörern mit diesem System (vgl. nl.wikipedia "Kerkradio via de ether").
Auf der Grundlage der oben dargestellten Definition des Rundfunk-Begriffs handelt es
sich auch bei diesem Kirchenradio um Rundfunk, denn es werden Hörfunkbeiträge mit
Funktechnik an einen öffentlichen Kreis von Empfängern versendet. Dass dieser Kreis
inhaltlich und regional begrenzt ist, ist unschädlich. Auch örtlicher Spartenrundfunk ist
Rundfunk.
Die von diesen Gemeinden verwendeten Funkfrequenzen können von dem
streitgegenständlichen Geräte unstreitig empfangen werden.
f) Die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob ein Gerät ein Rundfunkempfänger im
Sinne der Nomenklatur ist, wenn es die weltweit gängigen und die europaweit
definierten und belegten Rundfunkfrequenzen, insbesondere die UKW- bzw. VHFSender nicht empfangen kann, ist zu Gunsten der Klägerin zu beantworten.
Zum einen ist die Funktionserfüllung nicht isoliert auf das Unionsgebiet zu beantworten.
Auch wenn vZTA nur für Einfuhren erteilt werden, schließt dies die Wiederausfuhr der
Waren nicht aus, so dass schon deswegen nicht allein das Unionsgebiet maßgeblich
sein kann. Außerdem dürften etwa Sendungen im OIRT-Netz aus den an das
Unionsgebiet angrenzenden Ländern jedenfalls in grenznahen Gebieten zu empfangen
sein.
Letztlich kommt es auf die Frage, ob die zu empfangenden Rundfunksender im
Unionsgebiet senden oder jedenfalls zu empfangen sind, nicht entscheidend an, weil
jedenfalls mit dem Kirchenradio in den Niederlanden Rundfunksender vorhanden sind,
die im Unionsgebiet senden und dort mit dem streitgegenständlichen Gerät empfangen
werden können. Ob es im Unionsgebiet noch weitere Rundfunksender gibt, die auf
Frequenzen senden, die das streitgegenständliche Gerät empfangen kann - die Klägerin
spricht insoweit "Moscheeradios" in England an - ist dann nicht mehr von Bedeutung
und bedarf keiner weiteren Aufklärung.
Anders als der Beklagte meint, ist ein Rundfunkempfangsgerät im Sinne der
Nomenklatur nicht nur dann gegeben, wenn es jedenfalls auch die gängigen
Hörfunkprogramme empfangen kann. Da die gebräuchlichen Rundfunkempfangsgeräte
auf die überwiegend verwendeten Frequenzbereiche beschränkt sind, also etwa das
Kirchenradio nicht empfangen können, bedarf es zum Empfang solcher Sender eines
anderen Geräts als einer der üblichen Rundfunkempfänger. Die Nomenklatur gibt keinen
Anhaltspunkt, um zu verlangen, dass diese Geräte ihrerseits auch die überwiegend
verwendeten Frequenzbereiche empfangen können.
In diesem Zusammenhang kann darauf hingewiesen werden, dass es in den
Niederlanden Hersteller gibt, die spezielle Empfangsgeräte (und -sender) für das
Kirchenradio anbieten (nl.wikipedia "Kerkradio via de ether"). Diesen Empfangsgeräten
kann die Eigenschaft als Rundfunkempfangsgeräten nicht abgesprochen werden kann,
da sie speziell für den Empfang der als Rundfunk zu qualifizierenden
Kirchenradiosendungen ausgelegt sind. Da die Sendungen des Kirchenradios aber auch
mit einem "regulären Scanner" (nl.wikipedia "Kerkradio via de ether") - also einem Gerät
wie dem streitgegenständlichen - empfangen werden können, sind auch diese
"Scanner" als Rundfunkempfangsgeräte zu qualifizieren - auch wenn die Tonqualität
etwas geringer und die Bedienung des Gerätes etwas komplizierter sein sollte (vgl.
nl.wikipedia "Kerkradio via de ether").
3. Das Gerät ist nicht in die Position 8517 einzureihen, auch wenn es die positiv
formulierten Merkmale der Beschreibung dieser Position erfüllt. Denn in der
Beschreibung der Position 8217 sind Apparate der Position 8527 ausdrücklich
ausgenommen.
Etwaige Konkurrenzprobleme bei der Einreihung einer Ware sind, wenn sie sich nicht
bereits auf der Grundlage der Tarifbeschreibungen lösen lassen, gegebenenfalls unter
Heranziehung der Anmerkungen, der allgemeinen Vorschriften oder, falls vorhanden,
einer Einreihungsavise zu lösen. Wegen des in der Beschreibung der Position 8517
normierten Einreihungsvorrangs der Position 8527 kommt es nicht mehr dazu, dass der
Scanner aufgrund verschiedener Funktionen (Empfang von Rundfunk und Empfang von
sonstigem Funkverkehr) in verschiedene Positionen eingereiht werden kann. Eine
Einreihungskonkurrenz, die - wie vom Beklagten angesprochen - durch Anmerkung 3 zu
Abschnitt XVI AV 3 c) nach einer die Ware kennzeichnenden Hauptfunktion zu lösen
sein könnte, besteht daher nicht. Deshalb kommt es auch auf die vom Beklagten
angesprochene Rechtsprechung des EuGH, nach der bei der Bestimmung einer
Hauptfunktion die Warenpräsentation herangezogen werden kann, im vorliegenden Fall
nicht an.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 FGO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 151, 155 i. V. m. §
708, 711 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision, § 115 Abs. 2 FGO, liegen nicht vor.