Auf den Spuren des heiligen Johannes von Gott in Granada

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Auf den Spuren des heiligen Johannes von Gott in Granada
64. Jahrgang · Mai 2012 · Internet: www.barmherzige.de
Auf den Spuren des heiligen
Johannes von Gott in Granada
2 misericordia 5/12
Thema: Lebensqualität
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Die Lebensqualität der Anderen
3
Umfrage
5
Lebensqualität durch Qualitätsmanagement
8
Vortragsreihe „Besser leben“ in Regensburg
9
Patientenautonomie und Suizidalität
10
Bayerische Ordensprovinz
Nachruf auf Pater Kamillus Halbleib
11
Serie „Gesichter des Ordens“
Frater Silvester Ganghofer
12
Fernseh-Dreh in Bad Wörishofen
13
Peter Lenz verlässt Barmherzige Brüder
13
Fortbildung für Werkstatträte
und Bewohnervertreter
14
Unser Titelbild zeigt Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Barmherzigen Brüder in Bayern, die über
Ostern in Granada auf den Spuren
des heiligen Johannes von Gott
unterwegs waren – hier in der Cuesta de Gomérez, wo Johannes von
Gott sein zweites „Krankenhaus“
betrieb. Die Gruppe ging dann weiter zur Besichtigung der Alhambra
(siehe Beitrag Seite 16 ff.).
Gremsdorf
Insektenwelt auf der Landesgartenschau
15
Barmherzige Brüder weltweit
Mitarbeiter auf den Spuren
des heiligen Johannes von Gott in Granada
16
Generaloberin der
Johann-von-Gott-Schwestern zu Besuch
19
Kirche und Gesellschaft
Münchner Arzt engagiert sich in Afrika
20
Mit Maria den Weg durch die Zeit gehen
21
Ordensleute beim Katholikentag
23
Rätsel mit ZEP
22
Serie „Mein Gebet“
24
bei einer Umfrage im vergangenen
Sommer, die in einer deutschen
Großstadt durchgeführt wurde,
waren nur 56 Prozent mit ihren
Lebensumständen zufrieden.
Aufgrund der damaligen Witterungsverhältnisse mag wohl der
andauernde Regen ausschlaggebend für das schlechte Ergebnis
gewesen sein. Dementsprechend
sagten viele Befragte, es würde
lohnen, in ein Land auszuwandern, in dem es weniger regne.
Trotzdem: Deutschland liegt im Lebensqualitätsindex, der von
der OECD erstellt wird, im oberen Mittelfeld. Wir könnten
eigentlich zufrieden sein. Statt eines Bilderbuchsommers gab
es im vergangenen Jahr einen Bilderbuchherbst. Trotz Krisenstimmung in den Euro-Ländern steht Deutschland wirtschaftlich ausgesprochen gut da. Die Arbeitslosenstatistik ist im Lot
und die Luft ist in Deutschland sauberer als in den meisten
anderen Staaten.
Wenden wir uns von den statistischen Werten ab und fragen
uns, was Lebensqualität für die meisten von uns bedeutet.
Erfolg und Lebensfreude sind untrennbar miteinander verbunden. Wer meint, dass Erfolg nur in finanziell-materieller
Hinsicht zu finden ist, der sieht nur die Oberfläche. Konstruktives, positives Denken ist ein wichtiger Faktor für die
Lebensqualität. Konzentration auf das Wesentliche ist der
Punkt – nicht ein übervoller Terminkalender; Freiräume für
ungestörtes Arbeiten, Nachdenken und Gespräche sollten mit
eingeplant werden.
Die Gestaltung von Beziehungen ist für die Lebensqualität von
existentieller Bedeutung. Dazu gehören auch die Beziehung zu
Gott und spirituelle Räume, von denen diese Beziehung lebt.
Die naheliegendsten Dinge werden oft übersehen. Schlaf
ist eine Grundvoraussetzung für unser Wohlbefinden. Dabei kommt es auf die Qualität des Schlafes an und nicht so
sehr auf die Dauer. Bewusste vollwertige Ernährung bewirkt
erstaunliche Dinge. Die Ernährung wirkt sich nicht nur auf
unser körperliches Wohlbefinden aus, sondern sehr stark auch
auf unsere Stimmungen und Gefühle. Liebe geht eben durch
den Magen und Essen erzeugt Lebensfreude, was durch die
vielen Kochsendungen im Fernsehen belegt wird.
In der Mai-Nummer der misericordia wollen wir einen kleinen Denkanstoß geben, welche Ebenen und Faktoren unsere
Lebensqualität beeinflussen. Den richtigen Mix und die entsprechenden Gewichtungen muss jeder für sich selbst finden.
Es ist lohnend, sich damit zu beschäftigen.
Ihr
Frater Eduard Bauer
Thema: Lebensqualität ·
misericordia 5/12 3
Wer die Lebensqualität von Bewohnern, Patienten und Klienten
einschätzen will, stellt sich einer riskanten Aufgabe. Einige Fehler lassen sich vermeiden.
Die Lebensqualität
der Anderen
„E S A R I N T U L O M D P C F B V
H G J“ – Notiz – „E“ – Notiz – „E S
A“ – Notiz – „E S A R I N“ – Notiz.
Die Logopädin Sandrine beobachtet sein
linkes Auge: Wimperschlag, Wimpernschlag, Wimpernschlag. Sie versteht,
was dreimal Wimpernschlag bedeutet:
Das Wort ist zu Ende. Sandrine liest das
Wort vor: „Jean“. Jean-Dominique Bauby leidet seit dem 8. Dezember 1995 am
sogenannten Locked-in-Syndrom, ein
durch eine Schädigung des Stammhirns
verursachtes Lähmungssyndrom. Dabei
ist Bauby bei vollem Bewusstsein, sein
gekommen, ein Alphabet zu erstellen,
das die Buchstaben nach der Häufigkeit
ihres Vorkommens in der französischen
Sprache aufreiht. Sie liest diese Reihung
vor und sobald Bauby einmal mit dem
linken Auge zwinkert, notiert sie den
zuletzt vorgelesenen Buchstaben. JeanDominique Bauby ist 43 Jahre alt. Sein
Leben ist von einem auf den anderen
Moment völlig anders geworden. Er
war Chefredakteur der Modezeitschrift
„Elle“, und jetzt? Jetzt lebt er mit dieser Erkrankung im Hôpital maritime in
Berck-sur-mer.
Bauby kann sich verständigen und das
Zusammenspiel mit Sandrine, seinem
„Schutzengel“, wie er später diktieren
wird, funktioniert so gut, dass er ein
Buch schreiben will. Und es gelingt.
Nach über 200 000 Wimpernschlägen,
unzähligen Stunden und Nächten des
Grübelns erscheint 15 Monate nach
dem Zusammenbruch das Buch „Le
scaphandre et le papillon“, im Deutschen erschienen als „Schmetterling
und Taucherglocke“.
Fremdeinschätzung
versus Selbsteinschätzung
Szenenfotos aus dem Film „Schmetterling
und Taucherglocke“ von 2007, der das
Buch von Jean-Dominique Bauby umsetzt.
Denken ist klar. Aber von allen Muskeln
seines Körpers kann er nur diejenigen
steuern, die seine Augäpfel und die Augenlider bewegen.
Seine Logopädin ist auf die geniale Idee
Das Buch gewährt dem Leser einen
Blick in eine sonst verschlossene Welt,
in eine Gefühlswelt, die sich niemand
vorzustellen vermag, über die man nur
spekulieren kann und meistens doch
falsch liegt. Wir machen ein kleines Experiment: Wenn Sie die Lebensqualität
eines Patienten mit Locked-in-Syndrom
einschätzen müssten, was würden Sie
auf einer Skala von +5 bis -5 ankreuzen?
+5 bedeutet „so gut wie in den besten
Phasen vor der Erkrankung“, +3 „sehr
gut“, 0 „weder gut noch schlecht“, -3
„sehr schlecht“, -5 „so schlecht wie in
den schlechtesten Zeiten vor der Erkrankung“.
Der Autor Dr. Bernhard Bleyer arbeitet
an der Professur
für Theologische
Anthropologie und
Wertorientierung der
Uni Regensburg und
an der Katholischen
Akademie für Berufe
im Gesundheits- und
Sozialwesen.
Diesen Test haben wir an der Katholischen Akademie in Regensburg in
mehreren Schulungen durchgeführt und
das Ergebnis geht immer in die gleiche
Richtung. Die allermeisten gesunden
Menschen, die beruflich in der Versorgung kranker Menschen involviert sind,
schätzen die Lebensqualität eines Locked-in-Syndrom-Patienten mit -4 oder
-5 ein – also mit „(beinah) so schlecht
wie in den schlechtesten Zeiten vor der
Erkrankung“. Der Zustand, nur noch das
Augenlid und den Augapfel bewegen zu
können, erschreckt uns.
Aber sehen dies Locked-in-SyndromPatienten auch so? Eine Gruppe von
Psychologen und Medizinern der Universität Lüttich (Coma Science Group)
hat den Test gewagt und zusammen
mit der französischen Vereinigung für
Locked-in-Syndrom 91 Patienten zu
ihrer Lebensqualität und zu Themen
rund um das Lebensende befragt. Wie
Jean-Dominique Bauby konnten sie auf
die gestellten Fragen mit Lidschlag oder
Bewegungen des Augapfels antworten.
Auf die Frage „Meinen Sie, dass Sie unter Depressionen leiden?“ antworteten
13 Prozent mit Ja und 87 Prozent mit
Nein. Auf die Frage „Empfinden Sie
Ängste?“ erwiderten 33 Prozent Nein,
54 Prozent sagten, sie litten unter moderaten und 13 Prozent unter extremen
Fortsetzung auf Seite 4
4 misericordia 5/12
· Thema: Lebensqualität
Ängsten. Über das Schmerzempfinden
dieser Patienten weiß man noch sehr wenig. So ist auch das Ergebnis, dass 54
Prozent „keine Schmerzen“, 43 Prozent
„moderate Schmerzen“ und 3 Prozent
„extreme Schmerzen“ angeben, eines
der ersten von Patienten mit einer derart
schweren Schädigung des Hirnstamms.
von Dingen ab, die jeder andere Mensch
auch als bedeutsam empfindet: Zuwendung, Kommunikation, Mobilität und
Freizeitaktivitäten. Es braucht also
grundsätzliche Handlungsmöglichkeiten, damit Menschen über ihre Lebenssituation eine positive Qualitätsaussage machen.
Die Patienten wurden zudem mit Abwägungen rund um das Lebensende konfrontiert. Die erste Frage lautete: „Würden Sie in eine Wiederbelebungsmaßnahme nach Herzstillstand einwilligen?“
Antwort: 42 Prozent Ja, 58 Prozent Nein.
Die nächste ist zur Euthanasie: „Haben
Sie schon mal Euthanasie erwogen?“ 53
Prozent sagten Ja und 47 Prozent Nein.
Die Nachfrage „Haben Sie aktuell den
Wunsch nach aktiver Sterbehilfe?“, bejahten aber nur 7 Prozent. Die dritte Frage bezog sich auf die Erwägung eines
Suizids – bei diesen Patienten eine theoretische Thematik. Trotzdem erklärten
8 Prozent, dass ihnen diese Gedanken
oft durch den Kopf gingen, 24 Prozent
sagten „ab und zu“ und 68 Prozent der
Locked-in-Syndrom-Patienten sagten
von sich selbst, dass sie noch nie Gedanken an einen Suizid hatten.
Suche nach Maßstäben
Am Ende mussten die Patienten auf der
oben beschriebenen elfstufigen Skala
eine Einschätzung ihrer Lebensqualität abgeben. Völlig konträr zu dem,
was die gesunden Teilnehmer unserer
Seminare angeben, stuften sich nur 22
Prozent zwischen „so schlecht wie in
den schlechtesten Zeiten vor der Erkrankung“ (-5) und „sehr schlecht“ (-3) ein,
6 Prozent zwischen „schlecht“ (-2) bis
„irgendwie auf der schlechten Seite“
(-1), 31 Prozent zwischen „weder gut
noch schlecht“ (0) bis „gut“ (+2) und
42 Prozent zwischen „sehr gut“ (+3)
bis „so gut wie in den besten Phasen
vor der Erkrankung“ (+5) . Mit anderen
Worten: Fast drei Viertel der befragten
Patienten gaben eine neutrale bis herausragende Lebensqualität für sich an. Dabei schätzten diejenigen, die sich bereits
länger in diesem Zustand befanden, ihre
Situation deutlich besser ein als diejenigen, die dies erst seit kurzem erlebten.
Was lässt sich daraus für die Lebensqualität folgern? Neben der Bedeutsamkeit spezifischer Behandlungsverfahren
hängt das Wohlbefinden der Patienten
Was es im Allgemeinen sonst noch dazu
braucht, darüber diskutiert seit Februar 2011 eine vom Deutschen Bundestag eingesetzte Enquete-Kommission
„Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“. Sie hat die Aufgabe, aus verschiedensten Messindikatoren einen einheitlichen Maßstab für Lebensqualität und
Wohlstand zu entwickeln.
Nun ist diese Suche sicherlich komplexer als die Suche nach den Kriterien
für die individuelle Lebensqualität.
Aber auch sie muss einige fundamentale Bedingungen beachten, die für
alle Lebensqualitätsaussagen gelten:
Die Verfügbarkeit bestimmter lebensnotwendiger Gründgüter (Gesundheit,
Sicherheit, Zuwendung etc.) ist eine
notwendige, aber nicht hinreichende
Bedingung für das Zustandekommen
von Lebensqualität. Das heißt: Jemand
kann in einer sicheren Umgebung leben
und ein wohlhabender und gesunder
Mensch sein, aber trotzdem sein Leben
als nicht glücklich einschätzen. Was
man nachweisen kann, ist die Tatsache,
dass, sobald ein Grundgut – wie zum
Beispiel die Gesundheit – eingeschränkt
wird, auch die gesamte Lebensqualität
zumindest kurzfristig zurückgeht.
Bei der Rede über die Lebensqualität
eines anderen Menschen besteht außerdem eine große Gefahr. Denn, wer
vergisst, dass es bei der Lebensqualität
nur um eine Selbstaussage des betroffenen Menschen gehen kann, versucht
einen erkenntnistheoretischen Graben
zu überspringen, der nicht zu überspringen ist. Der jüdische Philosoph Emmanuel Levinas hat dies so zum Ausdruck
gebracht: „Zwischen mir und dem Anderen klafft eine Differenz, die keine
Einheit (…) überbrücken kann.“ Das
heißt: Ich kann über die Lebensqualität
eines anderen Menschen keine Aussage
machen, außer der andere teilt diese mir
selber mit. Tut man es doch, geht man
– wie oben bei den Locked-in-SyndromPatienten – das Risiko ein, völlig falsche
Einschätzungen vorzunehmen.
Damit ist ein weiterer Punkt verbunden.
Lebensqualitätsaussagen sind Momentaufnahmen. Wenn Menschen krank werden, verändern sich die Schwerpunkte
der subjektiven Lebensqualitätsbemessung. Wenn Menschen alt werden,
werden Dinge wichtig, an die sie vorher nicht gedacht haben. Die Palliativpflegerin Bronnie Ware zum Beispiel
notierte über acht Jahre hinweg die
biographischen Rückblicke sterbender
Menschen und veröffentlichte das Buch
„The Top Five Regrets of the Dying“.
Was Sterbende bereuen
Die schwer kranken Menschen dachten
in den Gesprächen mit ihr über das nach,
was ihnen im Rückblick auf ihr Leben
mehr Lebensqualität verliehen hätte. Die
„Top Five“ hat sie zusammengestellt:
„Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, mein eigenes Leben zu leben“, „ich
wünschte, ich hätte nicht so viel gearbeitet“, „ich wünschte, ich hätte den Mut
gehabt, meine Gefühle auszudrücken“,
„ich wünschte, ich wäre mit meinen
Freunden in Kontakt geblieben“, „ich
wünschte, ich hätte mir erlaubt, glücklicher zu sein“.
Dass es vor allem die gelingenden zwischenmenschlichen Beziehungen sind,
die unserem Leben Lebensqualität verleihen, zeigt eine Studie aus Harvard
und Stanford. Sie läuft bereits seit über
70 Jahren und begann mit 268 Männern
in den späten 1930er Jahren. Man begleitete diese durch ihr ganzes Leben.
Auch die Ehepartner und Kinder nahmen die Forscher in die Betrachtung
mit auf, so dass mittlerweile über 800
Menschen als Teilnehmer der Studie
verzeichnet sind. In einem Interview
wurde Forschungsleiter George Eman
Vaillant gefragt, was nach all diesen
Jahren das Kernfazit der Studie sei und
ob man tatsächlich sagen könne, was es
unbedingt brauche, damit Menschen ihr
Leben als ein zufriedenes, glückliches
Leben empfänden. Die Antwort passt
in einen Satz: „Herzliche, innige Beziehungen sind der wichtigste Prolog
für ein gutes Leben.“
Thema: Lebensqualität ·
misericordia 5/12 5
Lebensqualität konkret–
eine Umfrage
Lebensqualität – was heißt das für mich in meinem ganz persönlichen Leben?
Wir haben Bewohner der Einrichtungen der Barmherzigen Brüder gefragt:
Warum fühlen Sie sich hier in dieser Einrichtung wohl?
Mir gefällt mein Zimmer,
die Faschingspartys und das
Herbstfest, wo man losen
kann.
Weil es nun mal mein Zuhause ist und ich mit Mitbewohnern und Mitarbeitern
sehr gut auskomme.
Benno Zenglein, Algasing
Ricky Wimmer, Gremsdorf
Die Natur, die Menschlichkeit und Ruhe. Die Arbeit
passt und das Essen ist gut.
Manfred Morath, Algasing
Die Lage ist gut und viel
frische Luft haben wir.
Die Feste sind eine tolle
Abwechslung, da man unterschiedliche Leute trifft.
Dass auf die Bedürfnisse
der Bewohner geachtet
wird, finde ich auch gut.
Anton Weinberger,
Algasing
Ich habe mich mit meiner
Familie bewusst für die
Einrichtung in Gremsdorf
entschieden. Hier habe ich
in der Wohngruppe wie
auch am Arbeitsplatz Kollegialität, Freundschaften und
Harmonie gefunden. Regelmäßig übernehme ich im
Sonntagsgottesdienst den
Lektorendienst. Schwimmen, Radfahren, Joggen
und Fußball machen mir
sehr viel Spaß, aber auch
die gemeinsamen Feiern.
Siegfried Dötzer,
Gremsdorf
Im Haus Maria fühl‘ ich
mich wohl, weil dort meine
Freunde sind. Hier kann ich
Fußball spielen, kegeln und
schwimmen. Außerdem ist
die Luft hier sehr gut.
Andreas Devenich,
Reichenbach
Fortsetzung auf Seite 6
6 misericordia 5/12
· Thema: Lebensqualität
Und wir haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Barmherzige Brüder gefragt:
Was macht Ihr Leben lebenswert?
…. das schöne Gefühl, geliebt zu werden und Liebe
geben zu können.
Daniela Jähn,
Bad Wörishofen
Die Wohngruppen, die ich durchlaufen habe, ermöglichten
es mir immer selbständiger zu werden, bis ich im Jahr 2007
imstande war, selbständig zu wohnen. Dass ich mich jetzt
so wohl fühle, habe ich nicht zuletzt dem Personal zu verdanken. Bei den Barmherzigen Brüdern habe ich gelernt:
Reden ist besser als schlagen! Ich habe früher viel geschlägert und viel Angst und Schrecken verbreitet durch meine
verbale und brachiale Aggressivität.
Ylmaz Seven, Straubing (rechts) – aufgeschrieben mit Luigi
Cauzzi (links)
Das Essen ist so gut, es gibt
so viele Festlichkeiten, wo
ich teilnehmen kann. Meine Wohngruppe ist meine
Heimat.
Helmut Seitz, Straubing
Wenn ich anderen Menschen helfen und ihnen
etwas Gutes tun kann, egal
ob das kranke Menschen,
Mitarbeiter oder Gäste sind,
das bereichert auch mich
selbst.
Frater Silvester Ganghofer,
Kostenz
Immer wieder neue Herausforderungen, Praktikum,
Fachschule, eventuell Studium, gute Verdienstmöglichkeiten
Christopher Schmitt,
Straubing
Die Mitarbeiter sind für
mich da, wenn ich etwas
brauche. Ich finde es cool,
dass wir in der Einrichtung
ein Café haben, das haben
viele andere Einrichtungen
nicht.
Benjamin Köppl, Straubing
Ich fühle mich hier sehr
gut aufgehoben und ich bin
froh, dass es hier das Wohnheim und gleich nebenan
die Werkstatt als Arbeitsplatz gibt.
Mein Leben wird dadurch
lebenswert, eine Familie zu
haben und mit der Familie
alle Herausforderungen
gemeinsam zu bewältigen.
Im zweiten Schritt gilt dies
auch für die „Familie der
Barmherzigen Brüder“.
Auch hier ist schön, die
gemeinsamen täglichen Anforderungen auf Augenhöhe
mit den Mitarbeitern und
Kollegen zu meistern.
Patrick Weigert, Straubing
Alfons Weiderer, Straubing
Thema: Lebensqualität ·
Es macht mein Leben lebenswert, dass ich vor 55
Jahren den Ordensberuf
gewählt habe, weil ich immer eine sinnvolle Arbeit
hatte. In der Gemeinschaft
mit den Barmherzigen Brüdern kann ich beten und
Eucharistie feiern. Ich bin
auch ein naturverbundener
Mensch und liebe die Blumen, das Gärtnern ist mein
Hobby. Und als ich noch
besser sehen konnte, bin
ich im Urlaub gerne zum
Wandern nach Garmisch,
Oberstdorf oder Südtirol
gefahren. In der Umgebung
von Reichenbach, Straubing
und Algasing bin ich viel
mit unseren Bewohnern gewandert. Es war eine schöne Zeit, es bleibt nur noch
die Erinnerung.
Meine Familie und meine
Freunde tragen sehr dazu
bei, dass mein Leben so lebenswert ist, wie es ist. Ich
freue mich immer, wenn ich
mit ihnen lache und Freude
haben kann. Aber auch das
Frater Englmar Obermeier,
Algasing
Der Grundstein dafür liegt
in meinem Elternhaus. Dort
bekam ich das schönste
und wertvollste Lebensgeschenk. Die Stütze in
meinem Leben ist meine
eigene Familie: mein Mann,
mein Sohn. Mein berufliches Glück habe ich vor
21 Jahren bei den Barmherzigen Brüdern Gremsdorf
gefunden. Wenn man mit
offenen Augen und Ohren
und Zuversicht durch die
Welt geht, kann man sich
auch an scheinbar kleinen
Dingen sehr erfreuen.
gemeinsame Weinen und
Trauern ist mir von großer
Bedeutung. Für mich ist im
Leben aber auch wichtig,
zu helfen, wo ich nur kann.
Für Menschen da zu sein.
Es ist die Liebe, die das
Leben lebenswert macht.
Sie zu geben und zu empfangen. Der wahre Sinn
des Lebens ist für mich
letztendlich auch, glücklich
zu werden und meine Ziele
zu verfolgen, um am Ende
stolz zurückblickend sagen
zu können, ich habe meine
Ziele erreicht und das mit
Fleiß.
Tobias Schmermer,
Gremsdorf
Ich richte meine Freizeit danach aus, Kontakt zu meiner Familie zu halten. Auch
wenn meine Tochter etwas
Patricia Gola, Gremsdorf
Es ist nicht ein Aspekt, sondern die Summe vieler kleiner
Dinge, die mein Leben lebenswert machen: Zeit zu haben
für ein intensives Gespräch, für ein kleines Geplänkel zwischendurch und für die Ruhe. Mich intensiv mit Arbeiten
zu beschäftigen und mir die Musen der Freizeit zu gönnen.
Zu Lachen, zu weinen, mich zu freuen und zu ärgern. Was
furchtbar zu finden und anderes furchtbar schön. Zu singen
und mich zu besinnen. Das Leben in allen Facetten zu spüren macht mein Leben für mich lebenswert.
Petra Altenhofer,
Straubing
misericordia 5/12 7
weiter weg wohnt, sind mir
regelmäßige Telefonate mit
ihr sehr wichtig. Und für
Besuche bei meinen Eltern
im Pflegeheim bleibt trotz
meiner Hobbys Stricken
und Nordic Walking immer
Zeit. Beruflich ist das Krankenhaus in den vergangenen
30 Jahren zu meiner zweiten Heimat geworden. Hier
war der Satz ´Wer nicht mit
der Zeit geht, geht mit der
Zeit` stets mein Motto, mit
dem ich immer gut gefahren
bin.
Siglinde Schindler,
Schwandorf
8 misericordia 5/12
· Thema: Lebensqualität
Barbara Wilhelm
Lebensqualität durch
Qualitätsmanagement
Kann man durch ein Qualitätsmanagement die Lebensqualität in einem Heim
verbessern? Dies ist eine spannende
Frage, die seit der Aufnahme der Forderung im Sozialgesetzbuch IX, dass
Leistungserbringer ein Qualitätsmanagement betreiben müssen, sehr unterschiedlich diskutiert wird. In § 20 SGB
IX (Qualitätssicherung) ist definiert:
„Die Erbringer von Leistungen stellen
ein Qualitätsmanagement sicher, das
durch zielgerichtete und systematische
Verfahren und Maßnahmen die Qualität
der Versorgung gewährleistet und kontinuierlich verbessert.“
Es ist somit ein vorrangiges Anliegen
der Kostenträger, dass die Leistungen,
die erbracht werden, qualitativ hochwertig sind und kontinuierlich verbessert
werden. Ist dies mit Hilfe eines Qualitätsmanagements erreichbar? Um auf
diese Frage Antworten zu finden, müssen wir die Kernelemente eines Qualitätsmanagements genauer betrachten.
Bedürfnisse der Kunden
ermitteln
Im Mittelpunkt eines Qualitätsmanagements steht immer der Kunde. Als
Kunden sind nicht nur die Bewohnerin
oder der Bewohner, sondern auch die
Angehörigen zu sehen. Außerdem alle
sonstigen Partner, die mit der Einrichtung zusammenarbeiten. Bestmögliche
Kundenzufriedenheit hat höchste Priorität. Um dies zu erreichen, müssen die
Wünsche der Kunden ermittelt werden.
Dies ist bei Menschen, die in einem
Heim leben, gar nicht so einfach. Daher ist es außerordentlich wichtig, die
Bedürfnisse der Kunden sehr sensibel
und individuell zu erfassen. Es bedarf
unterschiedlicher Methoden, um auch
die Wünsche von Menschen, die sich
nicht oder nur bedingt mitteilen können,
zu erkennen. Wenn die Kundenwünsche
vorliegen, kann die eigentliche Qualitätsarbeit beginnen.
Qualitätsziele und
–politik definieren
Die Verantwortlichen von Einrichtungen können auf Grund der Kundenwünsche nun Qualitätsziele definieren.
Die Qualitätsziele umfassen sowohl
strukturelle Verbesserungen, personelle
Optimierung als auch zielgerichtete
Verbesserung der Prozessabläufe im
Unternehmen. Die ganze Ausrichtung
der Einrichtung hat vorrangig das Ziel
der maximalen Kundenzufriedenheit,
die bestmögliche Lebensqualität den
Leistungsempfängern zu bieten.
Parallel zu den Qualitätszielen definiert
der Einrichtungsträger seine Qualitätspolitik. In der Qualitätspolitik wird die
strategische Ausrichtung eines Einrichtungsträgers konkretisiert. Abhängig
von der Philosophie eines Einrichtungsträgers werden die Inhalte der Qualitätspolitik sehr unterschiedlich sein.
Umsetzung
durch Mitarbeiter
Wenn diese Vorarbeit geleistet ist, ist
es die Kunst der Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter einer Einrichtung, nun alle Schritte einzuleiten, die erforderlich
sind, um die angestrebten Qualitätsziele zu erreichen. Auf allen
Ebenen werden
die bestehenden
Arbeitsabläufe
hinterfragt, ob sie
geeignet sind die
Kundenwünsche
zu erreichen. Die
TQM-Auditorin BarbaLeitungsverant- ra Wilhelm ist seit zehn
wortlichen stel- Jahren im Gesundlen die perso- heits- und Sozialwesen
nellen und mate- tätig.
riellen Rahmenbedingungen bereit, die Basismitarbeiter
versuchen durch einfühlsame Begleitung die Wünsche der hilfebedürftigen
Menschen zu erfüllen um ihnen eine
hohe Lebensqualität zu ermöglichen.
Es bedarf einer fortlaufenden systematischen Planung, um sowohl die Individualität jedes einzelnen Kunden zu berücksichtigen als auch ein gemeinsames
Zusammenleben im Heim zu realisieren.
Beginnend bei der individuellen Betreuungsplanung über den tagesstrukturierten Wohngruppenablauf bis hin zum
Wohngruppen-Wochenplan, sind Sensibilität und Empathie die Werkzeuge
der Mitarbeiter. Alle wiederkehrenden
Arbeitsabläufe werden klar geregelt
und festgelegt. Durch die Festlegung in
Thema: Lebensqualität ·
Verfahrens- und Arbeitsanweisungen
kann eine gleichbleibende Qualität für
die Kunden gewährleistet werden. Dies
ist besonders wichtig, da das diensthabende Personal im Schichtsystem immer
wieder wechselt.
Alle Kontakte müssen für die Kunden
durch Zuverlässigkeit und kundenorientiertes Agieren geprägt sein. Ob bei Anfragen für neue Heimaufnahmen, beim
Heimeinzug oder bei den täglichen Begegnungen. Das Anliegen des Kunden
wird ernst genommen und gewissenhaft
gehandhabt. Das heißt nicht, dass jeder
Kundenwunsch auch erfüllbar ist. Aber
das Qualitätsmanagement verpflichtet
aufzuzeigen, warum etwas nicht möglich ist; gegebenenfalls gibt es eine Alternative.
Ein Qualitätsmanagement greift sehr
umfassend in die Gesamtorganisation
ein. Alle gesetzlichen Anforderungen
müssen lückenlos umgesetzt werden.
Auch die unterstützenden Dienstleistungen müssen nach höchsten Standards
erbracht werden. Sowohl die Lebensmittelzubereitung als auch die Reinigung
der Räumlichkeiten und die Aufbereitung der Wäsche tragen entscheidend
zur Lebensqualität der Kunden bei. Eine
durchdachte Infrastruktur, liebevoll gestaltete Wohnräume und einwandfreie
technische Anlagen (Aufzüge, Sanitäranlagen, elektrische Anlagen, Geräte,...)
sind ebenso nötig.
Einen ganz wesentlichen Anteil an guter
Lebensqualität der Kunden haben die
Mitarbeiter der Einrichtungen. Mitarbeiter, die eine fundierte Qualifikation
haben, gezielt eingearbeitet werden
und durch Fortbildung aktuelle Standards kennen, sind unabdingbar. Auch
dies wird im Rahmen eines Qualitätsmanagements systematisch geplant und
unter Berücksichtigung der gesetzlichen
Vorgaben realisiert.
Kontinuierliche Überprüfung
Ein weiteres wichtiges Qualitätsmanagement-Instrument ist die kontinuierliche interne Überprüfung. Der Plan-DoCheck-Act-Kreislauf stellt sicher, dass
die Ergebnisse die angestrebt werden,
auch tatsächlich erreicht werden. Auf
allen Ebenen und in allen Bereichen
werden systematisch die erreichten
Ergebnisse überwacht. Dort wo die
Überprüfungen nicht die gewünschten
Ergebnisse zeigen, wird durch Analyse
die Ursache gesucht, Korrekturmaßnahmen eingeleitet und diese so lange
verfolgt, bis das gewünschte Ergebnis
erreicht ist. Ein diszipliniertes Fehlermanagement hilft Fehler frühzeitig zu
erkennen bzw. erst gar nicht entstehen
zu lassen. Die Überwachung der Kundenzufriedenheit findet fortlaufend statt.
Lebensqualität beginnt
dort, wo ich mich wohl
fühle, wo meine Bedürfnisse erkannt und ernst genommen werden.
Jeder Mitarbeiter ist gefordert, Unzufriedenheiten frühzeitig zu erkennen, um
diesen entgegenzuwirken.
Ein diszipliniert geführtes Beschwerdemanagement hilft, Unzufriedenheiten
transparent zu machen und Lösungen
zuzuführen. Gezielte Kundenbefragungen zeigen den Zufriedenheitsgrad
zu ausgewählten Themen und helfen,
die Qualitätsziele noch stärker auf die
Kundenwünsche auszurichten.
Nun sind die wichtigsten Elemente eines
Qualitätsmanagement dargelegt und
man kann erkennen, wie ganzheitlich
das Instrument ausgerichtet ist, um bestmögliche Qualität zu erreichen.
Bezogen auf die Eingangsfrage möchte ich behaupten: Ja, ein Qualitätsmanagement macht es möglich, eine hohe
Lebensqualität für Menschen in stationären Einrichtungen zu ermöglichen.
Entscheidend sind aber die Menschen,
die das Instrument nutzen und mit Leben füllen. Ihre Konsequenz und ihr
Einfühlungsvermögen legen die Basis
für ein zielorientiertes und verantwortungsbewusstes Handeln. Nur wenn alle
Mitarbeiter gemeinsam die definierten
Qualitätsziele anstreben, können hilfebedürftigen Menschen die Lebensqualität erhalten, die sie sich wünschen.
misericordia 5/12 9
Vortragsreihe
„Besser leben“
in Regensburg
Alois Glück, Vorsitzender des Zentralkomitees der deutschen Katholiken,
hat am 9. Februar an der Hochschule
Regensburg eine Vortragsreihe eröffnet,
die mit dem Titel „Besser leben – was ist
es, das unser Leben lebenswert macht“
überschrieben ist. Veranstaltet wird die
Reihe vom Hospizverein Regensburg in
Zusammenarbeit mit der Hochschule.
Die Liste der Referenten ist respektabel:
Nach Alois Glück und Religionspädagogik-Professor Joachim Kunstmann
spricht am 12. Juli Bundespräsident
a. D. Roman Herzog zum Thema „Besser
leben. Gerechter leben“. Gerhard Schiechel, Leiter des Studios Ostbayern des
Bayerischen Rundfunks, versucht am
20. September zu erklären, wie man
„mit guten Nachrichten besser leben“
kann. Die Reihe vollenden wird Susanne
Breit-Keßler am 8. November. Die Regionalbischöfin für München und Oberbayern wird ihren Zuhörern erklären,
warum Menschen besser leben, wenn
sie Hoffnung haben. Die Vorträge finden jeweils statt um 19 Uhr im Hörsaal
S 054 an der Hochschule Regensburg,
Seybothstraße 2.
„Besser leben wollen wir alle, wer aber
denkt dabei an die Menschen, die unheilbar krank den Tod vor Augen haben?“
Sie zu begleiten, ihr Leben lebenswerter
zu machen, beschreibt Dr. Heribert Stauder, Vorstandsmitglied des Regensburger Hospizvereins und Oberarzt am
Krankenhaus Barmherzige Brüder, als
Aufgabe des Hospizvereins. Mit der
Vortragsreihe will der Verein auf seine
Arbeit aufmerksam machen, insbesondere auf das gemeinsam mit den Johannitern geplante Projekt eines stationären
Hospizes in Pentling.
Diana Feuerer/js
Weitere Infos unter
www.hospiz-verein-regensburg.de.
10 misericordia 5/12
· Thema: Lebensqualität
Münchner Ethikkomitee lud zum Vortrag
über „Patientenautonomie und Suizidalität“
Patienten beurteilen
Lebensqualität nach
Suizidversuch oft neu
Es schien ein klarer Fall: Eine ältere
Dame wurde nach einem Suizidversuch in die Klinik gebracht und dort
künstlich beatmet. Sie litt seit Jahrzehnten unter schweren und aus ihrer
Sicht nicht behandelbaren Schmerzen.
Die Angehörigen verlangten die Einstellung der Beatmung, weil die Frau
einen Abschiedsbrief geschrieben hatte, in dem sie ihren Wunsch bekräftigte, wegen „unerträglicher Schmerzen“
sterben zu wollen. Außerdem legten sie
eine Patientenverfügung vor, in dem die
Mutter lebensverlängernde Maßnahmen
für den Fall verboten hatte, dass sie sich
„unmittelbar im Sterben“ befindet.
Die Mediziner führten ausführliche Gespräche mit den Angehörigen. Nachdem dann noch das Betreuungsgericht
die Geltung der Patientenverfügung für
den Suizidversuch verneinte, entschieden sich die Ärzte schließlich gegen den
Behandlungsabbruch. Die Frau kam zu
sich, die Schmerzen waren deutlich weniger spürbar, und sie konnte sich therapeutischen Angeboten öffnen.
Privatdozent Dr. Gerrit Hohendorf, Psychiater an der Technischen Universität
München und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Geschichte und
Ethik der Medizin präsentierte diesen
Fall am 13. März bei einer Veranstaltung
aus Anlass des einjährigen Bestehens
des Ethikkomitees am Krankenhaus
Barmherzige Brüder München. Thema:
Patientenautonomie und Suizidalität.
Laut Dr. Hohendorf ist in so einem Fall
noch vor der Frage nach der Geltung
Der Vortrag von Dr. Gerrit Hohendorf
(oben) im Münchner Krankenhaus Barmherzige Brüder war gut besucht (links).
der Patientenverfügung zu klären: Hat
die Patientin den Suizidversuch im Zustand freier Willensbestimmung unternommen? Und: Gibt es Anhaltspunkte
für eine (behandelbare) psychische Erkrankung?
Um diese Fragen zu beantworten, sei es
von entscheidender Bedeutung, mit den
Angehörigen respektvoll über die Lebensgeschichte, die Lebensentwürfe und
die seelische Befindlichkeit der Mutter
zu sprechen. In 95 Prozent der Suizide
Plädoyer für den Hospizgedanken
Mit seiner Skepsis gegenüber dem Konzept eines „frei verantworteten“
Suizids ist der Referent der Münchner Veranstaltung nicht allein. Angesichts
des Suizids des ehemaligen deutschen Fußballstars Timo Konietzka mit
Hilfe der Schweizer Organisation „Exit“ hat der renommierte Freiburger
Medizinethiker Professor Giovanni Maio unter dem Titel „Lieber tot als
hilfsbedürftig?“ ein Plädoyer für den Hospizgedanken als Alternative zum
assistierten Suizid verfasst. Wir dokumentieren einige Passagen:
Wie kann es sein, dass uns nicht mehr die Erschütterung überkommt, wenn
wir hören, dass ein Mensch, der eigentlich noch weiterleben hätte können,
zu der Auffassung kam, das Nicht-Sein sei der Existenz in unserer Gesellschaft vorzuziehen? ... Verbrämt hinter einer Autonomie-Diskussion findet
eine Sichtweise auf den Menschen Verbreitung, nach der allein der unabhängige und sich selbst versorgende Mensch ein wertvolles und sinnvolles
Leben führen kann ...
Gerade die Erfahrungen der Hospizbegleiter und der Palliativmedizin machen immer wieder deutlich, dass der Wunsch zu sterben angesichts einer
schweren Krankheit meist als eine Art Durchgangsstadium zu betrachten
ist, als eine erste Resignation, als eine Bestürzung ob der verloren gegangenen Perspektiven. Wenn wir diesen Menschen einfach nur den Weg zum
assistierten Suizid bahnen, übersehen wir, dass dieses Durchgangsstadium
auch überwunden und bewältigt werden kann, und zwar durch eine Kultur
der Angewiesenheit, durch eine Kultur des Beistands, durch eine Kultur
der Sorge.
Bayerische Ordensprovinz
oder Suizidversuche läge eine psychische Erkrankung oder eine seelische
Krise vor, sagte der Psychiater. Auch im
vorgestellten Fall habe sich dieser Verdacht in den Gesprächen erhärtet. Ob ein
Selbstmordversuch „frei verantwortet“
ist, sei für einen Psychiater kaum feststellbar, sagte der Referent und zog das
Resümee: „Ärztliche Aufgabe ist es, die
hinter den Todeswünschen verborgene
Not und Verzweiflung zu verstehen, zur
Sprache zu bringen und nach gemein-
samen Lösungen zu suchen, körperliche
Schmerzen und Beschwerden sowie seelische Erkrankungen zu behandeln.“
Während es im vorgestellten Beispiel
um die Frage des Sterben-Lassens geht,
geht die gesellschaftliche Diskussion
um den assistierten Suizid noch einen
Schritt weiter. Für die Beihilfe zum Suizid kennt das deutsche Rechtssystem
keinen eigenständigen Straftatbestand,
verpflichtet aber bisher in der Regel An-
·
misericordia 5/12 11
gehörige oder Ärzte bei einem Selbsttötungsversuch zur Hilfeleistung mit dem
Ziel der Lebenserhaltung („Garantenpflicht“). Dagegen gibt es Kräfte, die bei
einem selbstbestimmten, „frei verantworteten“ Suizid die Autonomie schwer
kranker Menschen stärker betonen und
die Garantenpflicht einschränken möchten. Mit seinem Plädoyer bezog Dr. Hohendorf Stellung zugunsten einer hohen
Verantwortung der Ärzte.
js
Zum Tod von Pater Kamillus Halbleib
„Hoffentlich werde ich bald abgeholt ...“
Auf seinem Schreibtisch lag ein nicht
abgesandter Brief an seine Schwester
Josefa zum 98. Geburtstag. Darin heißt
es unter anderem: „Wir beide haben das
gleiche große Anliegen, hoffentlich bald
abgeholt zu werden.“ Der liebe Gott hat
sein Anliegen erhört. Am 28. März in
den Abendstunden hat der Tod unseren
lieben Mitbruder, Pater Kamillus Halbleib, abgeholt.
Er wurde am 21. November 1918 in Zirkenbach bei Fulda geboren und erhielt
bei der Taufe den Namen Anton. Mit fünf
Geschwistern ist er in einem christlichen
Elternhaus aufgewachsen. Seine älteste
Schwester schloss sich übrigens auch
einem Orden an. In der Klosterschule
der Franziskaner in Fulda besuchte der
junge Anton das Gymnasium und legte
1939 das Abitur ab. In den Kriegsjahren
hatte er als Soldat viele Erlebnisse, die
sein weiteres Leben geprägt haben. Er
wurde unter anderem zum Helfer des
Divisionspfarrers und musste sich um
Gottesdienstvorbereitungen kümmern.
Außerdem begleitete er den Pfarrer in
die Lazarette, wo er mit vielen verwundeten Soldaten in Berührung kam.
Nach der Gefangenschaft in Polen erreichte er 1947 wieder seine hessische
Heimat. Weil er sein Leben in den Dienst
für kranke und hilfsbedürftige Menschen
stellen wollte, trat er in unseren Orden
ein und legte1949 seine erste Profess ab.
Die Ordensoberen erkannten das ernsthafte Streben des jungen Ordensmannes
und traten mit der Bitte an ihn heran,
Soweit es seine Kräfte zuließen, nahm
er auch hier am Chorgebet teil, konzelebrierte bei der Heiligen Messe und übernahm mehrmals in der Woche selbst den
Gottesdienst. Auch hier im Altenheim
hatte er ein striktes Tagesprogramm,
das aus Gebet, geistlicher Lesung, aber
auch dem Studium von religiösen und
geschichtlichen Büchern bestand. Ebenso hatte das Lesen der Tageszeitung seinen Platz. Seine große Leidenschaft war
der Fußball. Alle wichtigen Spiele sah
er sich im Fernsehen an, auch wenn sie
manchmal erst spät abends ausgestrahlt
wurden.
Priester zu werden. Nach dem Theologiestudium wurde er am 29. Juni 1953
von Erzbischof Michael Buchberger in
Regensburg zum Priester geweiht. Es
folgten mehrere Aufgaben, unter anderem war er auch sechs Jahre Novizenmeister in Reichenbach.
Die längste Zeit seines priesterlichen
Wirkens war Pater Kamillus Krankenhausseelsorger in Regensburg und in
München. Tag und Nacht stand er den
schwerkranken und sterbenden Patienten zur Verfügung. Auch seine Aufgabe in der Einrichtung für Menschen mit
Behinderung in Algasing nahm er sehr
ernst und war bei den Heimbewohnern
und Mitarbeitern sehr beliebt. Mit dem
Alter stellten sich zunehmende Schwierigkeiten ein, besonders mit dem Gehen.
Dies war auch der Grund, dass er vor
viereinhalb Jahren nach Neuburg kam,
um im Ruhestand versorgt zu werden.
Gerne kam er in den Kreis der Mitbrüder
zur Rekreation, wo er nicht abgeneigt
war, ein Glas Wein zu trinken und zwischendurch auch etwas „Scharfes“ zu
konsumieren. Die Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter von St. Augustin schätzten
sein freundliches Wesen und haben Pater
Kamillus bis zum Schluss sehr fürsorglich betreut und gepflegt.
In seiner Predigt bei der Beerdigung am
3. April 2012 hat Pater Leodegar Klinger den Verstorbenen als einen Priester
gewürdigt, dem es ein besonderes Anliegen war, Menschen mit Gott zu versöhnen. Wir dürfen davon ausgehen, dass
der Herr, als er Pater Kamillus abgeholt
hat, zu ihm sagte: „Komm her und nimm
die Wohnung in Besitz, die ich für dich
bestimmt habe“ (Mt. 25,34).
Frater Donatus Wiedenmann
Prior in Neuburg
12 misericordia 5/12
· Bayerische Ordensprovinz
Serie „Gesichter des Ordens“
Frater Silvester
Ganghofer
Gäste, die erst abends in das Tagungsund Erholungshaus in Kostenz anreisen,
stehen nicht vor verschlossenen Türen,
sondern werden von Frater Silvester
Ganghofer (88) auch zu späterer Stunde begrüßt. Er zeigt ihnen ihr Zimmer,
versorgt sie auf Wunsch mit einem
Abendessen und hilft ihnen, im Urlaub
anzukommen. Diese Gastfreundschaft
hat Frater Silvester schon von seinen
Eltern vorgelebt bekommen, die fast
jede Nacht oft ganze mittellose Familien, die zum Betteln in sein Heimatdorf bei Eggenfelden gekommen sind,
aufgenommen und reichlich mit Speisen
versorgt haben. In der Kindheit war diese Aufopferung der Eltern, die sich sehr
liebevoll um die elf Kinder kümmerten,
etwas Normales, erst im Erwachsenenalter erkannte er die Besonderheit.
Vor seinem Ordenseintritt im November
1953 besuchte Frater Silvester Gangho-
fer die Landwirtschaftsschule mit dem
Ziel Melklehrer zu werden und hatte
auch eine Ausbildungsstelle zum Landmaschinenmechaniker. Doch durch den
Beginn des Krieges konnte er diese nicht
antreten und war während des Krieges
im Sanitätsdienst tätig. Diese Zeit hat
Frater Silvester sehr geprägt, mit tausenden Kameraden wurde er zweimal
von russischen Soldaten eingeschlossen,
ihm gelang jedoch die Flucht. Er kehrte,
wie auch seine fünf Brüder, die in den
Krieg ziehen mussten, wieder nach Hause zurück.
Als er sich nach dem Krieg für den Eintritt in einen Orden interessierte, riet ihm
sein Heimatpfarrer wegen seiner Tätigkeit als Sanitätshelfer zum Orden der
Barmherzigen Brüder. Dort absolvierte
er die Ausbildung zum Krankenpfleger
und machte eine Laborantenlehre. Im
Krankenhaus Regensburg übernahm er
dann vier Jahre lang die Verantwortung
für das dortige Labor. Die Entscheidung
für sein Leben im Orden hat er in den 58
Jahren noch keinen einzigen Tag bereut.
Frater Silvester wurde in seiner Ordenslaufbahn schon 16 Mal versetzt und übte
insgesamt 28 Jahre das Amt des Priors in
verschiedenen Einrichtungen aus. Wo es
ihm am besten gefallen hat, kann er nicht
sagen, denn er hat in allen Häusern die
jeweiligen Aufgaben angenommen und
sich dort eine Heimat geschaffen. Seit
nunmehr 20 Jahren hat er seinen Lebensmittelpunkt in Kostenz, kümmert sich
dort um die Aufgaben rund ums Haus,
„dass alles sauber ist“, und übernimmt
auch gerne abends die Bereitschaft.
„Ich bin immer da“, beschreibt er seine Aufgabe als Ansprechpartner für die
Gäste, Mitarbeiter und die Kinder des
Kinderheims. Gerade die Kinder spüren seine Großzügigkeit: „Gutti“ – so
wurde Frater Silvester von einem noch
sehr kleinen Kind genannt.
Seinen Urlaub verbringt der Provinzsenior heuer schon zum 39. Mal im
Hochgebirge am höchstgelegenen Wallfahrtsort der Alpen, im Kloster Maria
Waldrast in Tirol. Dort genießt er bei
Wanderungen die Natur.
kl
Einer, der auch in fortgeschrittenem Alter noch anpacken mag: Frater Silvester Ganghofer im vergangenen Herbst bei der Apfelernte
misericordia 5/12 13
Szenen des Drehtags mit Heidrun Gärtner (Mitte und rechtes Bild vorne links)
Ein Drehtag des Bayerischen Fernsehens im Kneippianum
„Kamera läuft …“
Anfang März rief mich Kathrin Meyer,
Redakteurin beim Bayerischen Fernsehen, an und fragte, ob sie im Kneippianum für die Sendung „Gesundheit“
zum Thema „Kneipp“ drehen dürfte.
Natürlich gern … so kam sie nach Bad
Wörishofen und wir haben die möglichen Szenen durchgesprochen.
Die fünf Säulen der Kneipptherapie
sollten bei einem „Selbsttest“ der Schauspielerin Heidrun Gärtner (bekannt als
Annalena Brunner aus der Serie „Dahoam is dahoam“) gezeigt werden.
Die beteiligten Mitarbeiter und Gäste
habe ich vorbereitet und so konnte es
am 19. März um 7.30 Uhr losgehen. Das
vierköpfige Team (Kamera, Ton, Helfer, Redakteurin) und Heidrun Gärtner
drehten nun die Szenen nach dem „Mantel“ (so nennt man das Drehbuch). Ob
Wassertreten, Kneippguss oder Osteowalk mit Joachim Bohmhammel, Kochen mit Dirk Kirschner oder Softpack
mit Schwester Waldefried Gail – alle
fünf Säulen der Kneipptherapie konnten bestens dargestellt werden. Auch
die beteiligten Gäste hatten viel Spaß.
Am 17. April waren sie im Bayerischen
Fernsehen zu sehen.
Es ist immer spannend, so einen Dreh
zu begleiten. Immerhin braucht man für
zehn Minuten, die dann im Fernsehen zu
sehen sind, fast zehn Stunden Drehzeit,
die Vorbereitungen noch nicht eingerechnet. Aber trotz der „Action“ – wir
freuen uns schon heute auf den nächsten
Dreh – dann gern in unserem neuen Sebastianeum.
Karin Kövi
Peter Lenz verlässt Barmherzige Brüder
Nach 23 Jahren bei den Barmherzigen
Brüdern hat Peter Lenz am 31. März
seine Tätigkeit für den Orden beendet.
Er hatte als Assistent der Verwaltungsleitung im Regensburger Krankenhaus
begonnen, wurde dort dann selbst Verwaltungsdirektor, bevor ihm die Leitung
des gesamten Krankenhausbereichs
übertragen wurde. Zuletzt war er Mitglied der Geschäftsführung der Barmherzige Brüder Träger Gmbh sowie
Vorsitzender der Geschäftsführungen
der Barmherzige Brüder gemeinnützige Krankenhaus GmbH, der Klinikum
St. Elisabeth Straubing GmbH sowie
von deren Tochtergesellschaften.
Ebenfalls zum 31. März ist Thomas
Stock aus den Geschäftsführungen der
Träger GmbH und der Krankenhaus
GmbH ausgeschieden. Frater Benedikt
Peter Lenz
Hau hat zum 1. April neben dem Vorsitz
der Geschäftsführung der Träger GmbH
nun auch den Vorsitz der Geschäftsführung der Krankenhaus GmbH sowie der
Klinikum St. Elisabeth Straubing GmbH
übernommen.
Provinzial Frater Emerich Steigerwald
und Frater Benedikt Hau würdigten die
Verdienste von Peter Lenz. Der scheidende Geschäftsführer habe nicht nur
die Leistungszahlen bei allen Krankenhäusern wesentlich steigern können,
sondern auch maßgeblich zu ihrer medizinischen, strukturellen und strategischen Weiterentwicklung beigetragen.
Die Krankenhäuser der Barmherzigen
Brüder seien „gut aufgestellt“ und verfügten „über eine ausgezeichnete Reputation“. Darüber hinaus habe Lenz sich
erfolgreich an der Neustrukturierung der
Einrichtungen der Barmherzigen Brüder
in Bayern beteiligt. Frater Emerich und
Frater Benedikt sprachen Peter Lenz
ihren besonderen Dank für seinen „unermüdlichen persönlichen Einsatz“ aus.
js
14 misericordia 5/12 · Bayerische Ordensprovinz
Fortbildung für Werkstatträte und Bewohnervertreter in Kostenz
Selbstbestimmungsrechte
kennen und durchsetzen
Werkstatträte, Bewohnervertreter und
ihre Vertrauensleute haben sich Mitte
April zu einer dreitägigen Fortbildung
in Kostenz getroffen, um einen Aktionsplan zum Selbstbestimmungsrecht
auf der Grundlage der UN-Behindertenrechts-Konvention in den Bereichen
Arbeiten und Wohnen zu erstellen.
Eine weitere Herausforderung für die
Teilnehmer war es darüber hinaus, ihr
gemeinsames Anliegen in möglichst
„Leichter Sprache“ zu formulieren.
lich gehandhabt wird. Hat jeder das
Verfügungsrecht über seinen eigenen
Wohnungsschlüssel? Können alle über
ihr Geld bestimmen? Wie sieht es mit
Besuchszeiten von Freunden aus? – Fragen, die oft recht individuelle Antworten
finden. Nicht selten fühlen sich Frauen
und Männer in den Einrichtungen
fremdbestimmt. Dabei empfinden sich
die Betroffenen „nicht ernst genommen,
zurückgesetzt und entmündigt“.
Nun schreibt aber die von rund 180
Staaten unterzeichnete UN-Konvention
In einem ersten Schritt sollten sich die
Beschäftigten und Heimbewohner über
ihre eigene Person klar werden. Die
Leitfrage hieß: „Wer bin ich?“ Daraus
wurde mit Hilfe der Referenten Anja
Teufel, Monika Jaekel und Christian
Judith ein Plan entworfen, wie „unsere
Vorstellungen, Wünsche und Träume im
täglichen Miteinander umgesetzt werden können“.
Recht schnell erkannten alle Beteiligten,
dass manches doch recht unterschied-
Bewohnervertreter und Werkstatträte erarbeiteten bei dem Treffen auf der Grundlage der
UN-Konvention ganz konkrete Vorschläge. Unten: Gruppenbild mit den Teilnehmern
Bayerische Ordensprovinz · misericordia 5/12 15
vor, welche Rechte Menschen mit Behinderung haben müssen. Die Bewohner, Beschäftigten und Vertrauensleute
erarbeiteten eine lange Liste an „einklagbaren Grundrechten“, angefangen
vom allgemeinen Mitspracherecht über
die Bestimmung der jeweiligen Wohnform bis hin zum konkreten Recht des
„Paarwohnens“.
„Halt! Leichte Sprache“
- die Karte ist ein wirksames Mittel, um Referenten zu bremsen, die zu
kompliziert reden.
Die 41 Teilnehmerinnen und Teilnehmer diskutierten engagiert darüber, wie
sie ihre Forderungen künftig in die Tat
umsetzen wollen. Freilich wurde den
Fortbildungsteilnehmern auch bewusst,
dass sie bei ihren Aktionen vor Ort Wünsche und Standpunkte gegenseitig zu respektieren haben, sich Unterstützung für
die ihnen zustehenden Rechte sichern
sollten und auch Wege kennen müssen,
auf denen sie berechtigte Beschwerden
vorbringen können.
klar und deutlich vorgebracht werden.
An der Problematik „Leichte Sprache“
arbeitete eine eigene Fortbildungsgruppe unter der Leitung von Henrik Nolte
und Annette Bordun.
Eines sollte niemals unterschätzt werden: die Macht der Worte. Und diese
sollten zwar in leicht verständlicher
Sprache formuliert sein, aber trotzdem
Am dritten Fortbildungstag trugen Referenten und Teilnehmer ihre Anliegen,
Fragen und Forderungen dem Vorsitzenden der Landesarbeitsgemeinschaft
„Werkstatträte“, Roland Weber, dem
Vertreter der Geschäftsführer Günter
Ducke sowie dem Reichenbacher Förderstättenleiter Markus Alt vor. Der Rat
von Roland Weber, die Themen sehr
schnell anzugehen, ohne im Einzelfall
auf gesetzliche Änderungen zu warten,
machte vielen Teilnehmern Mut, das erworbene Wissen im Alltag umzusetzen.
Johannes Salomon
Barmherzige Brüder Gremsdorf präsentieren
Insektenwelt auf der Landesgartenschau in Bamberg
Bis zum 7. Oktober kann die große Insektenwelt (Foto) der Barmherzigen Brüder
Gremsdorf auf der Landesgartenschau
in Bamberg besucht werden, die am 26.
April eröffnet wurde. Für Mitarbeiter
und Beschäftigte war es eine besondere
Herausforderung, die extra angefertigte
Insektenwelt im Ausmaß von circa drei
auf drei Metern sowie mehrere groß
angelegte Insektenhotels und verschiedenste Vogelhäuser den ganz speziellen
kriechenden und fliegenden Gästen der
Bamberger Landesgartenschau zur
Verfügung zu stellen. Die Gremsdorfer
wollen ihr reichhaltiges Wissen auch an
interessierte Besucher weitergeben und
bieten dazu Workshops und Schulungen
an, in denen Menschen mit und ohne
Behinderung gemeinsam Naturschutzprojekte verwirklichen.
Siegfried Aiglstorfer
Infos zur Landesgartenschau im Internet
unter www.bamberg2012.de.
Etwa drei auf drei Meter misst
die „Insektenwelt“ auf dem Gelände der Landesgartenschau.
16 misericordia 5/12
Von oben:
- Frater Seraphim bei einem kleinen
Vortrag im Innenhof der Familie Venega,
wo Johannes von Gott mit der Pflege von
Kranken begann
- Barocke Pracht in der Johannes-vonGott-Basilika
- Buntes Treiben am Darro-Fluss
Oben - großes Bild: Im Innenhof der Casa
de los Pisa, wo Johannes von Gott starb
Mitarbeiter auf den Spuren des heiligen Johannes von Gott in Granada
Faszinierende Suche
Wurzeln des Ordens
Panorama-Foto der Alhambra vor den Bergen der Sierra Nevada
misericordia 5/12 17
Blick in einen Trage-Altar mit einer Marien-Darstellung bei einer Prozession am
Karfreitag. Darunter: Impressionen von
„Nazarenos“, darunter auch ein Teilnehmer im Rollstuhl
„echte“ Trommler und Blechbläser zu
vernehmen, die getragene Marschmusik
spielen. Büßer mit roten Spitzhauben,
verhüllten Gesichtern und langen Kutten
(„Nazarenos“) nähern sich. Wenig später bekommen die Zuschauer den reich
geschmückter Trage-Altar („Paso“) mit
einer Kreuzigungs-Szene zu sehen. Es
ist Karfreitag in Granada.
Frommes Ritual, Volksfest oder Show
für Touristen? Die bunten und prachtvollen Prozessionen der „Semana
Santa“, der Heiligen Woche von Palmsonntag bis Ostersonntag, sind wohl von
allem etwas. Für Gäste aus Deutschland,
gewöhnt an die karge Liturgie des Karfreitags, sind sie ein faszinierendes,
manchmal ergreifendes Schauspiel. So
erleben es auch die 30 Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter der Barmherzigen Brüder in Bayern, die gemeinsam mit Frater Eduard Bauer und Frater Seraphim
Schorer von Gründonnerstag bis Ostermontag nach Granada gereist sind.
a
nach den
Es ist schon dunkel. Tausende von
Menschen säumen die Straße. Eine
vierköpfige Familie vertilgt beim Warten unzählige Pistazien, deren Schalen
nun rundherum auf dem Boden verstreut
sind. Ein Händler zieht mit einem Handwagen vorbei und bietet Süßigkeiten,
Luftballons, kleine Trommeln und billige Blasinstrumente für Kinder zum
Verkauf an. Einen Moment später sind
Wegen eines Piloten-Streiks muss – oder
darf – die Gruppe dann sogar noch bis
Dienstag in der andalusischen Stadt bleiben, obwohl sie sich am Montagmorgen bereits um fünf Uhr zum Flughafen
begeben hatte. Die meisten nehmen die
Rückkehr ins Hotelzimmer und in die
Stadt sportlich, organisieren bei Bedarf
über die Kollegen zuhause ihre Vertretung und genießen die „Verlängerung“
bei endlich warmen Temperaturen von
Fortsetzung auf Seite 18
18 misericordia 5/12 · Barmherzige Brüder weltweit
bis zu 30 Grad für weitere Erkundungen.
Schon beim Hinflug hatte das Reisebüro
wegen des sechsstündigen Zwischenstopps in Madrid eine Stadtrundfahrt
organisiert.
Anlass der Reise ist natürlich nicht
(nur) die Semana Santa, sondern das
Vorhaben, unter fachkundiger Führung
von Frater Eduard und Frater Seraphim
die Stadt Granada auf den Spuren des
heiligen Johannes von Gott zu durchstreifen. Klar hatte diese oder jener
schon auf Fotos die Stätten gesehen,
an denen der Heilige zwischen 1538
und 1550 den Grundstein für den Orden der Barmherzigen Brüder gelegt
hat. Aber es ist doch noch mal etwas
Anderes, leibhaftig vor dem Elvirator
zu stehen, wo Johannes – Juan Ciudad
Einige Stimmen
zur Granada-Reise
„Unbeschreiblich, kann man mit Fotos nicht beschreiben, muss man persönlich
gesehen haben.“
Sabine Wagner, Straubing
„Die Pilgerreise auf en Spuren des ‚San Juan de Dios’ hat unsere Erwartungen
um ein Vielfaches übertroffen! Nicht nur, dass sie hervorragend organisiert
war, wir so viel Wissenswertes und Interessantes von Johannes von Gott
erfuhren und sahen, die Prozessionen in ihrer beeindruckenden Pracht bestaunen durften, hatten wir noch die Möglichkeit, Mitarbeiter aus anderen
Einrichtungen kennenzulernen und uns mit ihnen auszutauschen.“
Tanja Schneider und Beate Rapp, Malseneck
„Die beeindruckende Reise nach Granada hat mich gestärkt und wieder gezeigt, dass im Zentrum meines Handeln das Wohl des Patienten am höchsten
steht.“
Erika Rösner, Regensburg
„Granada war ein unvergessliches Erlebnis. Ich werde von den vielen Bildern, Eindrücken, Farben, Erlebnissen noch sehr lange sprechen und sie auch
verarbeiten.“
Beate Radunz, Bad Wörishofen
„Mein Ziel war es immer, den Jakobsweg zu gehen. Meine Wertigkeit hat sich
verschoben. Nun möchte ich auf den Spuren von Johannes von Gott wandeln,
am liebsten hier in Granada …“
GerdaOrdon, Reichenbach
hieß er damals – Bücher verkaufte, oder
vor dem Königlichen Hospital, in dem
er wegen seines merkwürdigen Benehmens behandelt wurde. Es berührt die
bayerischen Besucher, durch das Tor
des Hauses der Venegas zu gehen, wo
er seine ersten Kranken pflegte und über
dem die berühmte Inschrift „Das Herz
befehle“ geschrieben steht. Und sie finden es spannend, sich an den Orten aufzuhalten, an denen Johannes die immer
zahlreicher werdenden Kranken und Armen angemessen zu versorgen suchte: in
der Lucena-Gasse, der Gomerez-Straße
oder dem Hospital neben der Johannesvon-Gott-Basilika.
Links: Ausschnitt aus der Johannes-von-Gott-Skulptur
von Miguel Moreno vor dem Königlichen Hospital
Unten: Gruppenbild vor dem Krankenhaus, dessen Fertigstellung
Johannes von Gott nicht mehr erlebte
Barmherzige Brüder weltweit · misericordia 5/12 19
Mit großer Ehrfurcht betreten die bayerischen Pilger den Raum im Haus der
Familie Pisa, in dem der Heilige von
Granada, kniend mit einem Kreuz in
Händen, gestorben ist. Die Casa de los
Pisa ist heute ein Museum mit vielen
Schätzen des Ordens. Am Ostersonntag
besuchen die Pilger aus Bayern einen
Gottesdienst in der Johannes-vonGott-Basilika und suchen anschließend
den sogenannten Camarin auf, wo die
sterblichen Überreste des Heiligen aufbewahrt werden.
Wenn der Orden diese Reise anbietet,
geht es ihm nicht zuerst darum, Wissen
über Johannes von Gott und Granada
zu vermitteln, sondern vor allem darum,
den Geist des „Ordensvaters“ lebendig
werden zu lassen. Die Teilnehmer sollen eintauchen in die Atmosphäre dieser
Stadt, sich vorstellen, wie auch Johannes
von Gott in diesen Gassen und auf diesen Plätzen unterwegs war. Und es geht
um Gemeinschaft: Die Teilnehmer aus
den verschiedensten Einrichtungen der
bayerischen Ordensprovinz kommen
miteinander ins Gespräch. Und am Ostersonntag lädt Frater Eduard alle zu
einem festlichen Mittagessen ein – viele
empfinden das als besondere Wertschätzung durch den Orden.
Um etwas von Granada und Johannes
von Gott zu verstehen, ist es auch wichtig, die Alhambra zu besuchen. Rund
800 Jahre lang – bis 1492, also wenige
Jahrzehnte, bevor Johannes von Gott in
die Stadt kam – beherrschten die Araber
(„Mauren“) den spanischen Süden. Der
Nasriden-Palast, in dem der Sultan residierte, gilt als Meisterstück maurischer
Bau- und Dekorationskunst. Beliebt
bei den bayerischen Teilnehmern sind
auch Spaziergänge zum Albayzin, der
malerischen, maurisch geprägten Altstadt, und zum Sacromonte (Heiliger
Berg) – von dort eröffnen sich großartige Ausblicke zur gegenüberliegenden
Alhambra.
Szenenwechsel: Flughafen München
am Dienstagabend. Es geht auf Mitternacht zu. Der später reisende Teil der
Pilgergruppe wartet am Förderband auf
sein Reisegepäck. Vergebens. Anders als
die Reisenden hat das Gepäck in Madrid
den Anschlussflug nicht erreicht. Halb
so tragisch, es wird die nächsten Tage
nachkommen. Das wichtigste „Reisegepäck“ sind die vielfältigen Eindrücke
von der Reise – die gehen nicht so leicht
js
verloren.
Generaloberin der Johann-von-Gott-Schwestern in Europa
Von Mitte April bis Ende Mai hält sich
Schwester Vimala George Mathalikunnel, Generaloberin der Johann-vonGott-Schwestern, in Europa auf, um in
den vier Konventen ihrer Kongregation
in Deutschland, Österreich und Italien
die Visitation durchzuführen. Die „Sisters of Charity of St. John of God“,
wie sie im Englischen genannt werden,
wurden 1977 von dem Barmherzigen
Bruder Frater Fortunatus Thanhäuser
im indischen Kattappana (Kerala) gegründet und sehen sich wie die Brüder
dem Charisma und der Spiritualität des
heiligen Johannes von Gott verpflichtet.
Während ihres Aufenthalts traf SchwesterVimala, die seit etwa eineinhalb
Jahren im Amt ist, in München auch
Provinzial Frater Emerich Steigerwald zu einem Gespräch. Die Generaloberin betonte die Bereitschaft der
Schwestern, auch künftig in Europa
die Barmherzigen Brüder in verschiedenen Einrichtungen zu unterstützen. Es
sei der „Traum“ ihres Gründers Frater
Fortunatus gewesen, dass Brüder und
Schwestern Seite an Seite arbeiten und
Teil der Familie des heiligen Johannes
von Gott seien. Angesprochen auf den
möglichen Seligsprechungsprozess von
Frater Fortunatus berichtete die Gene-
raloberin, das Grab ihres 2005 verstorbenen Gründers in Kattappana werde
von vielen Menschen besucht und es
gebe auch schon Erzählungen von möglichen Wunder-Heilungen, die auf die
Fürsprache des Barmherzigen Bruders
hin geschehen seien.
Die Kongregation der Johann-von-GottSchwestern zählt derzeit 84 Mitglieder,
fünf Novizinnen und fünf Postulantinnen. Die Schwestern betreiben in Indien vier eigene Altenheime, außerdem
arbeiten sie im Krankenhaus der Barm-
herzigen Brüder in Kattappana mit. In
Europa sind zur Zeit 15 Schwestern
in Einrichtungen der Barmherzigen
Brüder im Einsatz: vier im Altenheim
St. Augustin Neuburg, drei im Altenheim
St. Raphael Königstein, fünf im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in
Wien und drei im Altenheim des Ordens
in Solbiate bei Mailand.
Vor ihrer Rückkehr nach Indien wird
Schwester Vimala in Rom einwöchige
Exerzitien für ihre Mitschwestern in Europa abhalten.
js
Generaloberin Schwester Vimala (3. von rechts) mit Provinzial Frater Emerich Steigerwald und Mitschwestern in München
20 misericordia 5/12
· Kirche und Gesellschaft
Bescheidene Verhältnisse im OP des Krankenhauses von Dédougou
reichbar und sehr kostspielig. Die Arbeit der deutschen Entwicklungshelfer
ist hingegen für die Patienten kostenlos. Nabel- und Leistenbrüche operiert
Dr. von Gerstenbergk besonders häufig,
aber auch durch Typhus verursachte
Darmdurchbrüche und andere Notfalloperationen stehen auf dem OP-Plan der
deutschen Ärzte.
Ein Arzt des Münchner Krankenhauses
engagiert sich in Burkina Faso
Helfen und Lernen
in Westafrika
Dr. Bolko von Gerstenbergk-Helldorff,
chirurgischer Oberarzt im Krankenhaus
Barmherzige Brüder München, engagiert sich seit 2009 in der Entwicklungshilfe in Burkina Faso. „Für mich als Arzt
und als Mensch war es eine Form der
Läuterung, unter einfachsten Umständen in Burkina Faso zu operieren“, berichtet Dr. von Gerstenbergk von seinen
zwei 14-tägigen Aufenthalten in einem
Krankenhaus in Dédougou, einer Stadt
im Nordwesten des Landes. „Diese Erfahrung gibt mir auch für meine Arbeit
in Deutschland eine gewisse Ruhe und
Souveränität.“
Die Initiative für die Entwicklungsarbeit in Burkina Faso ging von Professor
Dr. Sebastian Freudenberg aus, ehemaliger Vorgesetzter von Dr. von Gersten-
bergk und Chefarzt
der Chirurgischen
Klinik des St. Marien- und St. Annastiftskrankenhauses
in Ludwigshafen.
Seit 1994 fliegt er
mit Unterstützung
des Deutschen Entwicklungsdienstes Dr. Bolko von Gerstenbergk-Helldorff
jedes Jahr mit Kollegen nach Afrika.
Das Krankenhaus in Dédougou versorgt
etwa 500 000 Menschen in einem Einzugsgebiet von 150 Kilometern. Die
Hilfe der deutschen Ärzte wird gerne
angenommen, denn in den ländlichen
Gebieten Burkina Fasos ist eine ärztliche Versorgung für viele schwer er-
Burkina Faso
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Burkina Faso („Land der ehrenwerten Menschen“) ist ein Staat in
Westafrika, ehemalige französische Kolonie
Hauptstadt: Ouagadougou
Einwohner: 16.751.455 (Zensus 7/2011)
Die Hälfte der Einwohner sind Muslime, etwa 10 Prozent Christen
Amtssprache: Französisch
Unabhängig seit 5. August 1960
Im Jahr 2004 waren in Burkina Faso
für 100 000 Einwohner lediglich sechs
Ärzte zuständig und viele Krankenhäuser auf dem Land sind nur mit einer
Krankenschwester besetzt. Die staatlichen Ausgaben für die Gesundheit der
Bevölkerung sind mit etwa drei Prozent
des Bruttoinlandprodukts sehr gering.
Ansprechpartner vor Ort für Dr. von
Gerstenbergk und seine Kollegen ist
der Chefarzt, der zugleich für die Organisation des Aufenthalts zuständig ist.
Auch Bruder Herbert Schwarz, Afrikamissionar in Burkina Faso und Gründer
eines Jugendprojekts in der Nähe des
Krankenhauses, betreut die deutschen
Helfer. „Die Umstellung auf die ganz
andere Kultur geschieht natürlich nicht
von heute auf morgen, meint Dr. von
Gerstenbergk, „da wird nichts geplant,
es läuft alles in seinem natürlichen Fluss
und was heute nicht passiert, das passiert
dann eben morgen.“
„Neben der akuten, direkten Hilfe steht
die Weitergabe von medizinischem
Wissen im Vordergrund der Arbeit“,
betont Dr. von Gerstenbergk, „denn so
kann die Hilfe nachhaltig wirken“. Der
Austausch mit Kliniken in Europa ist
fester Bestandteil in der Ausbildung von
Ärzten in Burkina Faso mit positiven
Lerneffekten für alle Beteiligten. „Unter den einfachen Verhältnissen steht
das chirurgische Handwerk im Vordergrund“, meint Dr. von Gerstenbergk und
fügt hinzu: „Wir sind hochtechnisiert in
unserer medizinischen Welt hier, und in
Dédougou lernt man seinen Beruf wieder anders kennen und konzentriert sich
mehr auf den Patienten. Ich engagiere
mich sehr gerne in der Entwicklungsarbeit und würde es auch wieder machen.“
Margarete Binsack
Kirche und Gesellschaft ·
misericordia 5/12 21
Mit Maria
den Weg
durch die
Zeit gehen
Der Wonnemonat Mai ist seit altersher ein Marienmonat. Seit
vielen Jahrzehnten gibt es in Bayern den Brauch der Maiandachten. Die Marienaltäre in unseren Kirchen sind festlich
geschmückt, es werden vermehrt Wallfahrten zu Marienheiligtümern unternommen und Lichterprozessionen abgehalten.
Je älter man wird, umso mehr verklärt sich die Vergangenheit,
und so geht es mir mit den Erinnerungen an die täglichen Maiandachten in meiner Heimat. Das Gebet am kleinen Maialtar
in meinem Elternhaus war etwas Schönes und Formendes.
Auch im Orden der Barmherzigen Brüder hat die Marienfrömmigkeit einen großen Stellenwert. In unseren Konstitutionen
(II. Kapitel, Nr. 25) wird uns Maria als die treue Frau vor
Augen gestellt.
Wenn wir versuchen, mit unserer Patronin Maria zu glauben,
zu hoffen und zu lieben, dann wird das konkret, was der Herr
vom Kreuz herab uns geschenkt hat: „Siehe, Deine Mutter“.
Mit Maria können wir unseren Weg durch die Zeit gehen. In
der Münchner Krankenhauskirche zeigt das Bild in der Mitte
Maria in mütterlicher Geste: sie legt unserem Ordensvater,
dem heiligen Johannes von Gott, ihren Sohn Jesus Christus
in die Arme. Diese Darstellung motivierte mich zu folgendem
Gebet:
Maria legt dem heiligen Johannes von Gott das Jesuskind in die
Arme - Ausschnitt aus der Darstellung in der Münchner Krankenhauskirche der Barmherzigen Brüder.
Wir gratulieren
zum 70. Geburtstag am 29. Mai
Pater Johannes von Avila Neuner,
München
Maria, unsere liebe Frau und Mutter.
In den Irrungen und Wirrungen unserer Zeit
dürfen wir Jesus zu den Kranken und Sterbenden tragen.
Deine mütterliche Sorge gibt uns die Kraft,
wie unser Ordensvater Johannes von Gott
täglich die Liebe Gottes zu leben.
Hilf uns dabei,
du wunderschön prächtige, hohe und mächtige,
liebreich holdselige Frau und Mutter Maria.
Pater Johannes von Avila Neuner
Literaturhinweis:
Werner Eizinger, Mit Maria glauben, hoffen und lieben,
Verlag Friedrich Pustet (Regensburg) 2011
22 misericordia 5/12 · Rätsel
Rätsel mit
Bitte schicken Sie eine Postkarte mit dem Lösungswort
des unten stehenden Rätsels und Ihrer Adresse an
Barmherzige Brüder Bayerische Ordensprovinz
Postfach 20 03 62, 80003 München
Zu gewinnen gibt es in diesem Monat das Algasinger Gemüsekochbuch. Einsendeschluss ist der 15. Mai 2012.
Zweite Chance: Bei der Jahresziehung wird unter allen richtigen Einsendungen des Jahrgangs 2012 ein Gutschein über
200 Euro für einen Einkauf von nützlichen Dingen für Ihre
Küche in einem Fachgeschäft Ihrer Wahl ausgelost.
Die Lösungswörter aus dem letzten Heft:
Paradiesapfel - Lauch - Hafer - Rhabarber - Rapunzel - Lachs
- Spinat - Thymian - Nocken - Nudel - Lambrusco - Omelette
- Erdbeere - Eiskaffee - Edamer - Rum
BLUMENKOHL
Gewonnen hat Walli Meyer, Hemau. Wir gratulieren!
Rätsel rund ums Trinken
Franz Lohmaier, Küchenleiter der Barmherzigen Brüder
Algasing (links), und sein Stellvertreter Bernhard Brams haben gemeinsam die Monatsgewinnerin gezogen. Seit 1997 ist
Franz Lohmaier, Küchenmeister mit Diätkochausbildung, für
die Leitung der Algasinger Küche verantwortlich. Es wird auf
frische und saisonale Lebensmittel aus der Region geachtet.
In seiner Freizeit ist er in Garten und Wald beschäftigt, kräftig
unterstützt von seinen drei Söhnen. Ehrenamtlich engagiert
er sich darüber hinaus als Pfarrgemeinderat und Wortgottesdienstleiter. Der diätetisch geschulte Koch Bernhard Brams ist
seit 1999 stellvertretender Küchenleiter. In seiner Freizeit, die
er gerne auf dem Rennrad in der Natur verbringt, hat er schon
so manche Höhen erklommen, zum Beispiel den Brenner.
Ehrenamtlich ist er bei der Feuerwehr als Atemschutzträger
gefordert.
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Quelle: aid
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Körperliches Signal für Flüssigkeitsmangel
Stoffe, die über Schweiß und Urin
verloren gehen
Welches Getränk (ohne Koffein)
enthält 13 Stück Zucker pro Glas?
Was ist kein Durstlöscher, sondern
ein Lebensmittel?
Welche Getränke enthalten 5 bis
6 Prozent Alkohol und sind daher
für Kinder und Jugendliche ungeeignet?
Trinken, ... der Durst kommt!
Durch was verliert man viel Flüssigkeit über die Haut?
Was beeinträchtigt die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit?
Mineralstoff, der in vielen Mineralwässern enthalten ist und für
ein optimales Zusammenspiel von
Nerven und Muskeln sorgt.
Was scheidet man über die Nieren
aus?
Welches Getränk ist ein guter Durstlöscher und enthält Mineralien?
Ausscheidungsorgan für Flüssigkeiten
Größtes Ausscheidungsorgan für
Wasser
Wie nennt man ein Gemisch aus
Saft und Wasser?
Wasserreiches Gemüse, rot
Flüssiges Nebenprodukt der Käseherstellung (enthält kein Fett, aber
viele Vitamine und Mineralstoffe)
Kirche und Gesellschaft ·
misericordia 5/12 23
Ordensleute beim Katholikentag in Mannheim
„Das hätte ich nie gedacht“
Die Deutsche Ordensobernkonferenz
(DOK) ist beim Katholikentag in Mannheim (16. bis 20. Mai) wieder mit einem
Stand vertreten, an dem sich auch die
Barmherzigen Brüder vom heiligen
Johannes von Gott beteiligen. Die Ordensgemeinschaften werden am „Alten
Meßplatz“ eine Sechseck-Pagode beziehen (Standnummer VI-28). Passend
zum Katholikentags-Motto „Einen
neuen Aufbruch wagen“ wollen sich
die Ordensleute als Menschen präsentieren, die „aufgebrochen sind zu einer
besonderen Lebensform“. Viele haben ja
durch das Ordensleben ihren Horizont
erweitert und entdeckt, dass in ihnen
mehr steckt, als sie selber dachten. Wer
zurückblickt, sagt deshalb oft: „Das hätte ich nie gedacht, dass ich dieses oder
jenes einmal machen werde, dass ich da
oder dort leben kann.“
„Das hätte ich nie gedacht“, sollen auch
die Besucher sagen, wenn sie beim Katholikentag Ordensleute beispielsweise
beim Segway-Fahren sehen können. Vor
allem aber laden die Ordensfrauen und
Ordensmänner zum Gebet ein, wollen
mit „Aufbruchsgeschichten“ Neugierige
ansprechen und sie durch einen atmosphärisch dichten Parcours im Inneren
des Zeltes begleiten. Hier gibt es insgesamt fünf „Pilgerstationen“:
- Auf die Zeichen der Zeit: Hören
- Auf Gottes Wort einlassen: Beten
- Entscheidungen treffen: Loslassen
- Wagnis eingehen: Aufbrechen
- Durststrecken überwinden: Treue
Wer den Parcours durchlaufen hat, darf
„zur Belohnung“ dann auch Segway
fahren.
Ganz entscheidend setzen die Beteiligten auf das persönliche Gespräch mit
den Besuchern. Denn nur wo Ordenschristen lebendig über ihre Berufung erzählen, kann ein Funke überspringen.
js
Impressum
Herausgeber und Verlagsinhaber:
Barmherzige Brüder®
Bayerische Ordensprovinz KdöR
Südliches Schloßrondell 5
80638 München
Postfach 200362, 80003 München
Telefon: 089/1793-100
Telefax: 089/1793-120
E-Mail: [email protected]
Internet: www.barmherzige.de
Redaktion:
Frater Eduard Bauer (verantwortlich)
[email protected]
Johann Singhartinger
[email protected]
Kerstin Laumer
[email protected]
Anschrift wie Herausgeber
Redaktion der Hauszeitschriften: Die Misericordia erscheint zum Teil mit den Hauszeitschriften unserer Einrichtungen, die für
deren Inhalt selbst verantwortlich sind.
Grund-Layout: Astrid Riege - grafica
Fotos: Siegfried Aiglstorfer (15 unten),
altrofoto.de (2, 13 unten, 21), Barmherzige
Brüder Algasing, Gremsdorf, Reichenbach,
Straubing, Schwandorf (5-7), Verena Bauwens (23 unten), Bilderbox.com (8 unten,
24 unten), fotolia (22 unten), Bolko von
Gerstenbergk (20 oben), Susanne Grundner (22 oben), Karin Kövi (13 oben), Kerstin Laumer (12, 14 unten, 15 oben), Volker
Möller (11), Claudia Rehm (20 unten),
Johann Singhartinger (Titel, 10, 16-19),
Karl Werner (14 oben), www.schmetterling-und-taucherglocke.de (3 links), www.
de-vrouwe.info.de (24).
Verlag: Johann von Gott Verlag
Anschrift wie Herausgeber
Bayerische Hypo- und Vereinsbank
Konto Nr. 3 960 071 831
Bankleitzahl 700 202 70
Szene am Stand der
Orden beim Katholikentag 2008 in Osnabrück
Druck: Marquardt
Prinzenweg 11 a, 93047 Regensburg
Erscheint zehn Mal jährlich.
Jahresabonnement: 15,00 Euro
24 misericordia 5/12
· Arbeits- und Lebenswelt Heime
Serie „Mein Gebet“
Maria, die „Frau
aller Völker“
Herr Jesus Christus, Sohn des Vaters, sende jetzt deinen Geist
über die Erde. Lass den Heiligen Geist wohnen in den Herzen
aller Völker, damit sie bewahrt bleiben mögen vor Verfall,
Unheil und Krieg. Möge die Frau aller Völker, die selige
Jungfrau Maria, unsere Fürsprecherin sein. Amen.
Dieses Gebet hat mich gesucht und nicht umgekehrt. Es hat
seinen Ursprung in den Marienerscheinungen in Amsterdam
nach dem Zweiten Weltkrieg, die von der katholischen Kirche
anerkannt sind. Die Muttergottes hat dieses Gebet und ein Bild
(siehe Abbildung neben der Überschrift) in den Erscheinungen
geschenkt sowie die Seherin Ida Peerdemann einiges über
unsere Zeit gelehrt.
Ich weiß noch, dass dieses Bild über eine Freundin meiner
Mutter zu uns kam. Das Bild zeigt die „Frau aller Völker“ -
Maria - auf dem Erdenball, vor dem Kreuz ihres Sohnes stehend und mit dem Licht Gottes durchstrahlt. Um den Erdball
sind viele Schafe – nicht alle davon sind weiß und sie stehen
sinnbildlich für die Menschheit. Aus den Händen Mariens
treten drei Strahlen. Diese stehen für „Gnade durch den Vater, Erlösung durch den Sohn und Friede durch den Heiligen
Geist“. Das Gebet ist so einfach und so kurz, dass man es zu
jeder Zeit gut beten kann.
Durch das Gebet (und ein Buch, das es dazu gibt) habe ich
eine ganz liebe Familie kennengelernt. Besonders gefreut hat
mich, dass diese Familie bei meiner Hochzeit zu Beginn der
Feier das Bildchen mit dem Gebet an alle Gäste verteilt hat und
wir alle es gemeinsam gebetet haben. Weitere Informationen
unter www.de-vrouwe.info/de.
Theresia Vatter