Woran erkennen wir zwischenmenschliche Konflikte?

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Woran erkennen wir zwischenmenschliche Konflikte?
Woran erkennen wir zwischenmenschliche Konflikte?
Woran erkennen wir
zwischenmenschliche Konflikte?
Zwischenmenschliche Konflikte zeigen sich in kommunikativen Zusammenhängen, also in der Art, wie wir miteinander reden und umgehen. Aus der
Spannung lassen sich Verhaltensweisen beobachten. Wir reagieren dabei sowohl auf nonverbale als auch auf verbale und behaviorale (verhaltenmäûige)
Eigentümlichkeiten.
Übung
Bevor Sie weiterlesen, notieren Sie bitte, welche nonverbalen Zeichen (Mimik, Gestik, Körperhaltung, Tonlagen etc.) für Sie eine konflikthafte Spannung signalisieren.
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78 Zwischenmenschliche Konflikte
Anregungen
Vielleicht haben Sie beispielsweise die folgenden ± häufig beobachtbaren ±
Anzeichen zu Papier gebracht:
v auffällig leise oder laute, hohe oder tiefe Stimmlagen,
v auffällige Blässe oder Röte,
v auffällig seltener Blickkontakt oder Anstarren (mit Blicken durchbohren),
v auffällig lange Reaktionszeiten,
v auffällig weite Körperdistanz beim Kommunizieren,
v auffällig abgewandte Körperhaltung,
v zugekniffene Augen,
v nach unten gezogene Mundwinkel, »gerade« oder zusammengepresste
Lippen,
v Vermeiden, Aus-dem-Weg-Gehen.
Alle diese und weitere nichtsprachliche Verhaltensweisen drücken Affekte
oder Gefühle aus. Sie haben Hinweischarakter auf einen (sich anbahnenden,
noch latenten oder bereits offenen) Konflikt und sollten in das subjektive
Frühwarnsystem eingespeist werden. Allerdings möchte ich betonen: Nonverbales Verhalten ist vieldeutig! Wir können ihm folglich nicht eindeutig Gemütslagen oder Haltungen entnehmen. Eine auffällig leise Stimme oder
Blässe etwa kann einfach ein Anzeichen physischer Erschöpfung sein. Daher
ist es nötig, dass wir zusätzlich verbale und behaviorale Merkmale wahrnehmen und in unsere Deutung einflechten.
Übung
Auch hier gibt es typische Merkmale. Bitte notieren Sie wieder, welche verbalen
und verhaltensbezogenen Merkmale für Sie eine konfliktschwangere Spannung
anzeigen.
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Woran erkennen wir zwischenmenschliche Konflikte?
Hier wieder einige Beispiele, an denen Sie sich orientieren können.
v Wortwahl: fremdwortreicher oder -ärmer als gewöhnlich, ausgefeilter
oder einfacher, nüchterner oder emotionaler.
v Satzbau: länger, komplizierter, kürzer oder einfacher als normalerweise.
v Beides kann Mittel einer Gewichtsverlagerung sein, nämlich weg vom
Bemühen um Verständlichkeit und hin zum Bemühen, sich als klüger,
erfahrener, überlegener zu profilieren. Das gilt auch für die folgenden
Merkmale.
v Pausen: kürzere oder längere Gesprächspausen als üblich.
v Redequalität: ausladendere oder kürzere, präzisere Beiträge als gewöhnlich.
v Diskussionsverhalten: Rückzug oder Angriff, Hinnehmen oder scharfzüngige Widerlegung.
v Kontaktfrequenz: abnehmend oder zunehmend (beides in provokativer Absicht); umgangssprachlich: nervend oder wie Luft behandelnd,
ausweichend.
v Informationsverhalten: zurückhaltend oder streuend, bewusste Verzerrung bis hin zu Täuschungen.
v Kommunikations-und Kontaktqualität: Zunahme von Desinteresse,
Gereiztheit, Festhalten an Formalismen, Sturheit, Unnachsichtigkeit,
Ablehnung und Widerstand: alles Zeichen der Abnahme von Empathie
und Zunahme von Abkapslung; Gerüchte, Intrigen in Umlauf bringen.
Allgemein können wir sagen, dass die Interaktion im Konflikt von Misstrauen
oder Argwohn bis hin zu Feindseligkeit gekennzeichnet ist und wir uns zunehmend seelisch und oft auch körperlich unwohl fühlen. Fast proportional
wächst das Bedürfnis, diesem Disstress ein Ende zu setzen, das heiût, wir spüren Leidens- und daher Handlungsdruck.
Anregungen
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80 Zwischenmenschliche Konflikte
Welche Konfliktarten treffen wir
typischerweise an?
Der Nutzen
verschiedene
Konfliktarten zu
unterscheiden
Konfliktarten
Das Bemühen, Ideengebäude zu entwerfen, die helfen, mit Konfliktsituationen konstruktiv umzugehen, hat zahlreiche Einteilungen ins Leben gerufen.
Die Konfliktarten sind modellhaft zu verstehen: Sie lenken unsere Aufmerksamkeit auf ausgewählte Aspekte und setzen Akzente in der Betrachtung. Fast
jeder Konflikt ist vielschichtig: Einstellungen und Überzeugungen, Bedürfnisse und Wünsche, Interessen und Ziele, Sach- und Beziehungsaspekte spielen eine Rolle. Aus diesem Grund sind sämtliche Konfliktarten verwandt und
zum Teil aufeinander rückführbar. Deshalb wirken Differenzierungen häufig
künstlich. Ihr Sinn liegt in der pragmatischen Absicht, die Vielschichtigkeit zu
reduzieren.
Es geht also um Vereinfachung im Dienste der praktischen Handhabung.
Insofern können in Konflikten häufig thematische Schwerpunkte identifiziert
werden. Das äuûert sich in Stellungnahmen wie: »Mir geht es vor allem um
¼«, »Zentral ist doch hier ¼«, »Der Punkt ist doch ¼«. Der Katalog von
Konfliktarten ist eine Antwort auf die Frage nach dem Kardinalpunkt in einem Konflikt. Demzufolge bündelt er Energien und lenkt die Konzentration
auf das, worum es in der Auseinandersetzung vor allem gehen soll. Die Benennung der Konfliktart definiert, kurz gesagt, sowohl Konfliktanlass als auch
das Thema. Die geläufigsten Konfliktkategorien sind:
v
v
v
v
v
v
v
v
Interessenkonflikt,
Zielkonflikt,
Beurteilungskonflikt,
Verteilungskonflikt,
Rollenkonflikt,
Strukturkonflikt,
Beziehungskonflikt,
Wertkonflikt.
Interessenkonflikt: Das Thema eines Konflikts liegt hier in unterschiedlichen
Wünschen oder Bedürfnissen.