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DIPLOMARBEIT
Titel der Diplomarbeit
„Meine Kleine darf ich nicht adoptieren“
Herausforderungen gleichgeschlechtlicher Paare:
Vom Kinderwunsch zum Wunschkind
Verfasserin
Manuela Maurer, BA MA
angestrebter akademischer Grad
Magistra der Philosophie (Mag.a phil)
Wien, Juli 2012
Studienkennzahl lt. Studienblatt:
A 307
Studienrichtung lt. Studienblatt:
Kultur- und Sozialanthropologie
in
in
Betreuerin: Univ. Prof. Dr. Sabine Strasser
The Universal Declaration of Human Rights:
Article 1:
All human beings are born free and equal in dignity and rights.
They are endowed with reason and conscience and should act
towards one another in a spirit of brotherhood.
Article 16 (1):
Men and women of full age, without any limitation due to race,
nationality or religion, have the right to marry and to found a
family. They are entitled to equal rights as to marriage, during
marriage and at its dissolution.1
1 United Nations: http://www.un.org/en/documents/udhr/index.shtml
Danksagung
Ich möchte mich bei all jenen recht herzlich bedanken, die mich beim Erstellen dieser
Diplomarbeit unterstützt und diese Arbeit dadurch erst möglich gemacht haben.
Allen voran möchte ich mich bei meinen Interview- und Gesprächspartnerinnen vom Verein
„FAmOs“ bedanken. Diese Arbeit lebt von den Geschichten und intimen Erlebnissen, die sie
bereit waren, mit mir zu teilen.
Ein ganz besonderer und inniger Dank geht auch an meine Familie, die mich stets auf
emotionaler und finanzieller Ebene bei jedem einzelnen meiner Lebenswege und
Entscheidungen unterstützt haben. Dankeschön!
Sehr wichtig für das erfolgreiche Abschließen dieser Arbeit waren auch der regelmäßige
Austausch und die hilfreichen Gespräche mit lieben Freund_innen. Danke fürs Zuhören und
Aufmuntern zwischen drin immer wieder mal.
Schließlich möchte ich mich auch ganz herzlich bei meiner Betreuerin Dr. in Sabine Strasser
für die kompetente Betreuung und die wertvollen Anregungen bedanken.
Zuletzt geht noch ein großes Dankeschön an Birgit. Ich danke dir für deine Unterstützung,
deine Geduld und dass du stets ein offenes Ohr für mich hattest. Danke, dass du meine Sorgen
mit mir geteilt hast und mich immer wieder aufgebaut und motiviert hast.
INHALTSVERZEICHNIS
I. EINLEITUNG
11
II. THEORETISCHE UND THEMATISCHE VERORTUNG
DER ARBEIT
1. Regenbogenfamilien
15
15
1.1. Regenbogenfamilie – Etymologische Erklärungen
15
1.2. Gleichgeschlechtliche Elternschaft
16
2. Klärung der Begrifflichkeiten
21
2.1. Elternschaft
21
2.2. Adoption
24
2.3. Pflegeelternschaft
27
2.4. Medizinisch unterstützte Fortpflanzung
29
2.5. Heim- oder Selbstinsemination
31
2.6. Leihmutterschaft
32
2.7. „Citizenship“ und der Staat
33
3. „Citizenship“, „Intimate Citizenship“ und Heteronormativität
34
3.1. „Intimate Citizenship“
37
3.2. Heteronormativität und „Queer Theory“
41
3.3. Fazit und Bedeutung für meine Arbeit
45
4. Das Institut der Ehe
46
4.1. Situation in Österreich
47
4.2. Forderung nach Öffnung der Ehe
48
4.3. Fazit und Bedeutung für meine Arbeit
49
5. Zusammenfassung theoretischer Rahmen
49
III. RECHTLICHER RAHMEN
50
1. Gesetzliche Regelungen gleichgeschlechtlicher Beziehungen weltweit
50
1.1. Die Entstehung der Eingetragenen Partnerschaft in Europa
51
1.2. Kurzer Überblick Homosexualität weltweit
52
2. Situation in Österreich
54
2.1. Allgemeine Informationen zur Eingetragenen Partnerschaft
56
2.2. Entstehungsgeschichte der Eingetragenen Partnerschaft
56
3. Fazit und Bedeutung für meine Arbeit
60
IV. VOM KINDERWUNSCH ZUM WUNSCHKIND
62
1. Methodische Herangehensweise und Verlauf der Feldforschung
63
1.1. Feldforschung
65
1.1.1. Regenbogenparade in Wien
65
1.1.2. Zugang zum Feld – Kontaktaufnahme
67
1.2. Datenerhebung und Datenauswertung
69
1.2.1. Problemzentrierte Interviews
69
1.2.2. Expert_innen Interview
71
1.2.3. Datenauswertung
72
1.3. Forschungsfeld: Verein „FAmOs – Familien Andersrum Österreich“ 73
2. Vorstellung der Interviewpartnerinnen
78
2.1. Monika und Theresa
79
2.2. Andrea und Stefanie
82
2.3. Gudrun und Milla
88
2.4. Jennifer und Sabine
93
2.5. Viktoria und Michaela
97
3. Vergleich der Ergebnisse der Paarinterviews
110
3.1. Kinderwunsch oder die Frage Und willst du mal ...?
110
3.2. Planung: Allgemein ist es natürlich eine genaue Planung.
111
3.3. Umsetzung: Wir wollten nicht ins Ausland fahren.
113
3.4. Im Spital: Es war ganz klar, dass sie den Kleinen als Erste bekommt.113
3.5. Reaktionen der Familie: Die waren voll begeistert.
114
3.6. Reaktionen vom Umfeld:
Das tägliche „Outen-Müssen“ ist anstrengend.
114
3.6.1.
Geburtsvorbereitungskurs
Im
115
3.6.2. Am Arbeitsplatz
115
3.6.3. Im Kindergarten
116
3.7. Familiensituation:
Es gibt keine Vorbilder, man muss sich selber finden.
3.8. Österreichische Rechtslage: Ich bin nichts! Also keine Rechte.
116
117
3.8.1.Eingetragene Partnerschaft
118
3.8.2. Wunsch der Stiefkindadoption
119
3.8.3. Öffnung der Ehe
120
3.8.4. Gemeinsame Obsorge
120
3.8.5. Rechtliche Situation des Spenders
121
4. Zusammenfassung der empirischen Ergebnisse
121
5. Klage gegen Verbot der künstlichen Befruchtung
125
V. RESÜMEE UND AUSBLICK
126
VI. QUELLENVERZEICHNIS
131
Literaturliste
131
Internetquellen
139
Interviews
145
Fieldnotes
145
Abkürzungsverzeichnis
146
Abbildungsverzeichnis
147
ANHANG
148
Abstract
148
Lebenslauf
149
10
I. EINLEITUNG
„Die rechtlichen Rahmenbedingungen
für gleichgeschlechtliche Elternschaft
haben sich in Europa grundlegend
gewandelt.“ (Dethloff 2011: 41)
Die Existenz gleichgeschlechtlicher Paare mit Kinderwunsch oder mit Kindern wird bis jetzt
in Österreich von staatlicher Seite größtenteils geleugnet, Regenbogenfamilien werden
ignoriert. In dieser vorliegenden Arbeit sollen nun die Probleme, Schwierigkeiten sowie
Erfahrungen von Regenbogenfamilien anhand der Schilderungen von fünf Frauenpaaren mit
Kindern in den Mittelpunkt gestellt werden.
Bereits zu Beginn meines Kultur- und Sozialanthropologie Studiums wurde mein Interesse für
Genderthematiken geweckt. Ich begann mich mit Theorien über Geschlechterverhältnisse und
feministischen Theorien zu beschäftigen. Im weiteren Verlauf meines Studiums beschäftigte
ich mich dann gezielter mit gleichgeschlechtlichen Partnerschaften im historischen wie auch
weltweiten
Kontext.
gleichgeschlechtlicher
Mein
Hauptinteresse
Beziehungen
und
der
lag
auf
Entstehung
gesetzlichen
und
Regelungen
Verbreitung
von
Regenbogenfamilien. Aus diesem Grunde verfolgte ich auch die Diskussionen rund um die
Einführung eines Partnerschaftsgesetzes in Österreich mit großer Spannung. Der erste
Entwurf ließ bereits darauf schließen, dass die Eingetragene Partnerschaft im Vergleich zu
heterosexuellen Paaren, gleichgeschlechtlichen Paaren mit Kinderwunsch oder mit Kindern
weitaus weniger Rechte zuerkennen würde, als dies in anderen Ländern der Fall ist. Das
Rechtskomitee „LAMBDA“2 oder „Die Grünen Andersrum“3 setzten sich deshalb für eine
Verbesserung der Gesetzesvorlage ein, und organisierten am 13.11.2009 eine Demonstration4,
bei der ich gemeinsam mit Freund_innen5 ebenfalls teilnahm. Diese Entwicklungen brachten
2 Rechtskomitee LAMBDA: http://www.rklambda.at/Alles/index.htm
3 Die Grünen Andersrum Wien: http://wien.gruene.at/andersrum
4 Demonstration: Erstklassige Rechte – letztklassiges Gesetz:
http://www.erstklassigerechte.at/news/archives/1783#more-1783
5 In dieser Arbeit wird die geschlechtsneutrale Schreibweise _innen gewählt, um die vielfältigen
Geschlechtsidentitäten, die über den konstruierten Dualismus von Mann und Frau hinausgehen mit
einschließen zu können. Diese Schreibstrategie eröffnet Raum für multiple Geschlechtszuschreibungen
jenseits dichotomer Essenzialismen. Der Unterstrich soll all jenen Menschen Raum verschaffen und
mitberücksichtigen, welche sich zwischen beziehungsweise außerhalb der Zweigeschlechtlichkeit verorten.
Gleichzeitig soll er ein Stolpern im Lesefluss provozieren (vgl. Groß/Winkler 2007).
11
mich auf die Idee mich genauer mit der Eingetragenen Partnerschaft und Regenbogenfamilien
in Österreich zu beschäftigen.
Momentan tut sich einiges in Sachen Regenbogenfamilien in Österreich, allerdings gibt es
nach wie vor kaum statistische Daten zu dieser Thematik. Deshalb können auch aller
höchstens vage Schätzungen über die Anzahl gleichgeschlechtlicher Paare mit Kindern
gemacht werden. Marina Rupp veröffentlichte im Jahre 2009 die erste wissenschaftliche
Studie über Regenbogenfamilien in Deutschland.6 Aber auch hier gibt es keine offiziellen
Zahlen, die tatsächliche Anzahl von Regenbogenfamilien dürfte weitaus höher liegen, da es
schwierig ist alle gleichgeschlechtlichen Paare mit Kindern zu erreichen. Ungefähr die Hälfte
der
Regenbogenkinder
wird mittlerweile in eine gleichgeschlechtliche Beziehung
hineingeboren, etwas weniger stammen aus früheren heterosexuellen Beziehungen. Adoptivwie auch Pflegekinder kommen in „Zwei-Mütter-Regenbogenfamilien“ nur sehr selten vor
(vgl. Rupp 2009, 2011). Bis vor kurzem wurde von Seiten des Staates versucht die Existenz
von Regenbogenfamilien in Österreich zu leugnen, auch im Eingetragenen PartnerschaftsGesetz werden sie ignoriert. Seit Juni 2011 gibt es nun den Verein „FAmOs – Familien
Andersrum Österreich“7 Dieser Verein, von und für Regenbogenfamilien, setzt sich für die
Sichtbarmachung der Probleme und Schwierigkeiten von Regenbogenfamilien ein, er wird im
weiteren Verlauf der Arbeit noch näher vorgestellt werden.
Gesetzliche Regelungen erschweren gleichgeschlechtlichen Paaren in Österreich also die
Gründung einer Familie und gemeinsame Umsetzung ihres Kinderwunsches. Das
Eingetragene Partnerschaftsgesetz konfrontiert sie sogar mit einem absoluten Adoptionsverbot
und auch der Zugang zu medizinisch unterstützter Fortpflanzung bleibt ihnen verwehrt.
Nichtsdestotrotz finden gleichgeschlechtliche Paare durchaus Wege auch in Österreich Eltern
zu werden. Frauenpaaren stehen bei der Umsetzung eines gemeinsamen Kinderwunsches
allein schon aufgrund der Tatsache, dass Frauen selbst Kinder gebären können, mehr
Möglichkeiten als Männerpaaren zur Verfügung. Sie benötigen für eine Schwangerschaft
theoretisch nur Spendersamen. Viele Frauenpaare nutzen diese Möglichkeit auch wirklich aus,
um eine Familie mit eigenen Kindern gründen zu können; eine der beiden Frauen ist
schlussendlich dann ja tatsächlich die biologische Mutter des Kindes.
6 Diese Studie wird aus Ermangelung österreichischer Daten herangezogen, um zumindest einen ungefähren
Überblick erlangen zu können. vgl auch:
http://www.lsvd.de/fileadmin/pics/Dokumente/family/LSVD_Essentiels-BMJ-Studie.pdf
7 „FAmOs“: www.regenbogenfamilien.at
12
Männerpaare können sich in Österreich fast nur durch gemeinsame Pflegeelternschaft den
Kinderwunsch erfüllen. Diese Möglichkeit wird allerdings auch erst in letzter Zeit vermehrt in
Anspruch genommen. Zum Zeitpunkt der Durchführung meiner Feldforschung waren vor
allem Frauenpaare sehr aktiv damit beschäftigt, Wege zu finden, um gesetzliche Regelungen
und Verbote für gleichgeschlechtliche Paare mit Kinderwunsch in Österreich umgehen zu
können. Aus diesem Grunde stehen Frauenpaare, die es trotz aller Widrigkeiten geschafft
haben schwanger zu werden und eine Familie zu gründen, im Mittelpunkt dieser Arbeit.
Meine Forschungsfrage lautet schließlich:
•
„Welche Möglichkeiten stehen Frauenpaaren in Österreich bei der Umsetzung des
Wunsches nach eigenen Kindern zur Verfügung um gemeinsam eine Familie zu
gründen?“
Durch teilnehmende Beobachtungen und Interviews mit Frauenpaaren mit Kindern sollen
Probleme
und
Schwierigkeiten
bei
der
Umsetzung
des
Kinderwunsches,
sowie
Diskriminierungen und Ungleichbehandlungen als Regenbogenfamilie gegenüber anderen
traditionelleren Familienkonstellationen gezeigt werden. Dadurch soll auch geklärt werden,
ob die Eingetragene Partnerschaft in Österreich heteronormative Grundvorstellungen, also
Heterosexualität als Gesellschaftsnorm, reproduziert oder sogar mitproduziert.
Die vorliegende Arbeit gliedert sich in vier größere Kapitel. Nach der Einleitung mit einer
kurzen Einführung ins Thema und der Vorstellung der zentralen Fragestellung, folgt die
Darstellung der theoretischen und thematischen Verortung dieser Arbeit. Zuerst werden
wichtige Begrifflichkeiten, beginnend mit Definitionen des Wortes Regenbogenfamilien über
künstliche Befruchtung, Selbstinsemination, Adoptionsformen bis hin zu „Queer Families“
und „Zwei-Mütter-Familien“, geklärt.
Das Konzept von „Intimate Citizenship“ samt Heteronormativität dient als theoretischer
Rahmen. Der Begriff „Intimate Citizenship“ geht auf Ken Plummer (1995, 2003) zurück und
thematisiert „Citizenship“ als Brückenschlag zwischen der öffentlichen und der privaten
Sphäre. Heteronormativität bezeichnet die heterosexuelle Vormachtstellung in der
Gesellschaft, es wird von zwei sich eindeutig voneinander unterscheidbaren Geschlechtern
ausgegangen, die nur sexuelle Beziehungen zum jeweils anderen Geschlecht unterhalten; dies
wird als Norm dargestellt. Sexualität, Familie und Kinder beruhen nicht ausschließlich auf
privaten oder persönlichen Entscheidungen, vielmehr sind sie untrennbar mit der öffentlichen
13
Sphäre verbunden. Aus diesem Grund spielt die Thematisierung von „Intimate Citizenship“
eine wichtige Rolle für die vorliegende Arbeit. Auch eine Auseinandersetzung mit dem
Institut der Ehe ist für diese Arbeit unerlässlich. Die Ehe ist weitaus mehr als eine reine
Beziehung zwischen zwei Menschen, einige Rechte sind an die Bedingung der Ehe geknüpft.
Dadurch dass gleichgeschlechtliche Paare in Österreich nach wie vor nicht heiraten dürfen,
haben sie auch keinen Zugang zu diesen Rechten.
Der rechtliche Rahmen dieser Arbeit beginnt mit einem kurzen Überblick über gesetzliche
Regelungen gleichgeschlechtlicher Beziehungen weltweit. Im Anschluss wird näher auf die
Situation in Österreich eingegangen und es erfolgt eine ausführliche Charakterisierung der
Eingetragenen Partnerschaft.
Im empirischen Bereich erfolgt zuerst die Vorstellung der methodischen Herangehensweise.
Der neugegründete Verein „FAmOs – Familien Andersrum Österreich“ erwies sich als
wichtige Informationsquelle und nahm eine Vermittlerrolle bei der Suche nach
Interviewpartner_innen ein. Für diese Forschung wurden im Zeitraum von August bis Oktober
2011 teilnehmende Beobachtungen und Interviews mit fünf Frauenpaaren mit Kind, so wie
ein Expert_inneninterview mit Barbara Schlachter-Delgado, Obfrau des Vereins „FAmOs“,
durchgeführt. Nach der Darstellung der verwendeten Methoden werden das Forschungsfeld
und meine Interviewpartnerinnen näher vorgestellt, bevor im Anschluss die Ergebnisse der
empirischen Forschung präsentiert werden. Durch Erzählungen und Schilderungen meiner
Interviewpartnerinnen wird es möglich einen kleinen Einblick in Familienleben und Alltag
von Regenbogenfamilien zu erlangen. Die Darstellung der Ergebnisse reicht vom
Kinderwunsch über Planungsphase, Umsetzung und Geburt bis hin zu Erfahrungen als
nunmehrige Regenbogenfamilie. Zusätzlich wurde noch ein Einzelinterview mit einer
verpartnerten Frau mit Kinderwunsch durchgeführt. Sie klagt nun gemeinsam mit ihrer
Partnerin den österreichischen Staat auf Aufhebung des Verbots des Zugangs zu medizinisch
unterstützter Fortpflanzung. Die Vorstellung des Paares und seiner Klage bildet den Abschluss
dieses Kapitels.
Der abschließende Schlussteil liefert noch einmal eine kurze Zusammenfassung der
wichtigsten
Ergebnisse
dieser Arbeit,
sowie
einen Ausblick
auf
weiterführende
Forschungsmöglichkeiten. Dabei erfolgt noch einmal eine explizite Zusammenführung von
Theorie und Empirie.
14
Ziel dieser Arbeit ist es auf bestehende Ungleichbehandlungen gleichgeschlechtlicher Paare
mit Kinderwunsch und/oder Kindern aufmerksam zu machen. Die Eingetragene Partnerschaft
in Österreich beinhaltet zahlreiche Diskriminierungen für gleichgeschlechtliche Paare.
Eingetragene Partner_innen verfügen nach wie vor nicht über die gleichen Rechte wie
verschiedengeschlechtliche Paare. Durch die theoretische Bearbeitung von „Intimate
Citizenship“ und Heteronormativität soll auf die Beziehung zwischen öffentlicher und
privater Sphäre hingewiesen werden. Die Auseinandersetzung mit Begriffen wie Ehe,
Regenbogenfamilie, Leihmutterschaft, biologische und soziale Mutter soll die Grundlage für
die empirische Bearbeitung dieser Thematik liefern.
Diese Arbeit soll einen Beitrag dazu leisten Regenbogenfamilien in Österreich sichtbarer zu
machen. Es werden intime Einblicke in Alltagsprobleme und -schwierigkeiten mit denen
Regenbogenfamilien auf ihrem Weg zur Anerkennung als Familie und gleichwertige
Elternteile konfrontiert sind gezeigt.
II. THEORETISCHE UND THEMATISCHE VERORTUNG
DER ARBEIT
In diesem Abschnitt sollen zuerst wichtige Begrifflichkeiten definiert werden. „Citizenship“,
„Intimate Citizenship“ und Heteronormativität bilden den theoretischen Rahmen dieser
Arbeit. Dieses thematisiert die Überschneidungen zwischen der öffentlichen und der privaten
Sphäre. Unsere privaten Entscheidungen werden von der Öffentlichkeit stark beeinflusst.
Auch das Institut der Ehe ist nicht unbedingt als romantische Beziehung zwischen zwei
Menschen zu sehen. Verheiratete Menschen gewinnen durch die Ehe neue Rechte. Diese
theoretischen Erläuterungen sollen auch den Rahmen für die empirischen Ergebnisse dieser
Arbeit liefern.
1. Regenbogenfamilien
1.1. Regenbogenfamilie – Etymologische Erklärungen
Der Duden versteht unter Regenbogenfamilie „eine Familie mit gleichgeschlechtlichem
Elternpaar.“8 Dieses Wort erschien im Jahre 2009 erstmals in der 25. Auflage des
8 Online Duden: http://www.duden.de/rechtschreibung/Regenbogenfamilie
15
Rechtschreibduden, den Begriff selbst gibt es allerdings schon viel länger. Der Terminus
Regenbogenfamilie bezieht sich auf die Regenbogenflagge, die als wichtiges Symbol der
„LGBTQ -Community“9 gilt. Die ursprüngliche Bedeutung von Regenbogenfamilien geht auf
die Hippiebewegung der 1960er Jahre zurück. Hier wurden alle Menschen symbolisch als
Brüder
und
Schwestern
betrachtet,
es
kam
zu
„Massenadoptionen“,
sogenannte
Regenbogenfamilien entstanden. Der Begriff Regenbogenfamilie wurde bereits in den 1950er
Jahren verwendet. Josephine Baker, US-amerikanisch-französische Sängerin, Tänzerin und
Schauspielerin, war frühe Unterstützerin der US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung. Sie
protestierte auf ihre eigene Art und Weise gegen Rassismus, indem sie zwölf Waisenkinder
unterschiedlicher Nationalitäten und Hautfarben adoptierte. Diese Familie bezeichnete sie als
„rainbow family“ oder „rainbow tribe“.10 Auch heute wird unter Regenbogenfamilie zum Teil
noch immer eine Familie aus Menschen unterschiedlicher Nationalitäten verstanden.11 In
dieser Arbeit soll allerdings nur auf die aktuellere Bedeutung von Regenbogenfamilien, eine
Familie bestehend aus mindestens einem lesbischen, schwulen, bisexuellen oder transgender
Elternteil mit mindestens einem Kind, eingegangen werden.
1.2. Gleichgeschlechtliche Elternschaft
„The law permitting gay partnerships has revolutionized the family.“
(Rydström 2008 193)
Gleichgeschlechtliche Elternschaft stellt zwar nach wie vor nur einen geringen Anteil aller
Elternschaften dar, allerdings passierten in den letzten Jahrzehnten doch große
Veränderungen. Einerseits kam es in vielen Ländern zu Verbesserungen der rechtlichen
Rahmenbedingungen gleichgeschlechtlicher Paare. Andererseits gibt es mittlerweile auch
durch den Fortschritt medizinischer Reproduktionstechniken mehr Möglichkeiten für
gleichgeschlechtliche Paare gemeinsam ein Kind zu bekommen.
Regenbogenfamilien weisen pluralisierte Lebensformen auf, was sich meist aus den
Lebenswegen der jeweiligen Partner_innen begründet (vgl. Carrapacchio 2008, Thiem 2011).
Waren es früher vor allem noch Kinder die aus vorangegangenen heterosexuellen
Beziehungen stammten, entscheiden sich nun mehr und mehr gleichgeschlechtliche Paare
9 LGBTQ ist eine Abkürzung und steht für Lesbian, Gay, Bisexual, Trans und Queer, sie wird in
internationalen politischen Diskursen verwendet. vgl. unter anderem: The world´s largest encyclopedia of
gay, lesbian, bisexual, transgender, and queer culture: http://www.glbtq.com/
10 Regenbogenfamilie: http://de.wikipedia.org/wiki/Regenbogenfamilie
11 Medical Dictionary: de.dict.md/definition/Regenbogenfamilie
16
ihren Kinderwunsch in der aktuellen Beziehung umzusetzen. Gleichgeschlechtlich orientierte
Menschen haben heute ein früheres „Coming Out“ und gehen davor oft keine heterosexuellen
Beziehungen mehr ein (vgl. u.a. Rupp 2009, Funcke 2010).
In weiterer Folge möchte ich nun kurz genauer auf den Wandel von Familien allgemein
eingehen, in erster Linie soll der Begriff Regenbogenfamilie näher gebracht werden.
In den 1950er und 1960er Jahren kam es durch die Studenten- und Frauenbewegung zu einer
Entlarvung der Familie als Ideologie und Gefängnis, als Ort alltäglicher Gewalt und
Unterdrückung. Nichtsdestotrotz stehen Ehe und Familie nach wie vor unter besonderem
Schutz des Staates. Heute gibt es allerdings eine größere Vielfalt von Lebens-, Liebes- und
anderen Beziehungsformen (Funcke/Thorn 2010:1f ). Der Begriff der Familie wurde in den
letzten Jahren immer mehr geweitet und ist nicht mehr an eine bestimmte Paarkonstellation
geknüpft.
Auch
Alleinerziehende,
Stiefkindfamilien,
nichteheliche
Kinder
und
gleichgeschlechtliche Paare sollten in den Genuss des Schutzes der Familie kommen (Wapler
2010: 123f). Dies heißt allerdings noch lange nicht, dass heteronormative Grundvorstellungen
geschwächt wurden.
„The shared assumption is that the appropriate family is founded on the heterosexual
couple – a reproductive, biological pairing that is designated as divinely ordained in
religion, crucial in social policy, and a normative imperative in ideology.“ (Albertson
Fineman 2009: 46)
Die traditionelle Vorstellung von Familie geht von einem heterosexuellen Elternpaar und
einem oder mehreren leiblichen Kindern aus (Dürnberger/Rupp/Bergold 2009: 11).
„Die traditionelle heterosexuelle Kleinfamilie mit Mutter und Vater als zwei
komplementäre Aufgaben übernehmende Elternteile gilt noch immer als
selbstverständliches und zumeist unhinterfragtes Ideal für das Zusammenleben mit
Kindern in unserer Gesellschaft.“ (Kruppa 2009: 154)
Die Thematisierung von Regenbogenfamilien ist ein ziemlich junges Phänomen. In
Regenbogenfamilien gibt es mindestens einen lesbischen, schwulen, bisexuellen oder
transgender Elternteil. Mittlerweile wird etwa die Hälfte aller Kinder in Regenbogenfamilien
bereits in eine bestehende gleichgeschlechtliche Beziehung hinein geboren, den anderen
Großteil stellen Kinder dar, die aus vorangegangenen heterosexuellen Beziehungen
mitgenommen wurden. Bei der Umsetzung eines Kinderwunsches sind Frauenpaare stark
bevorzugt, da ihnen naturgegeben mehr Möglichkeiten zur Verfügung stehen. Frauen können
17
mithilfe eines anonymen oder bekannten Samenspenders eine Schwangerschaft erzielen (vgl.
Dethloff 2010, 2011). Für Männer ist es viel schwieriger12, ohne die Präsenz eines weiblichen
Elternteils, eine Familie zu formen, denn Pflegeelternschaft und Adoption stehen ihnen auch
nur zum Teil offen (vgl. Rupp/Dürnberger 2010:71, Rupp/Dürnberger 2009: 86).
Heterosexuellen Paaren, die auf natürlichem Weg gemeinsam keine Kinder zeugen können,
stehen die Möglichkeiten der Adoption und der medizinisch unterstützten Reproduktion offen.
Es gibt eine rechtliche Differenzierung zwischen verschieden- und gleichgeschlechtlichen
Paaren, in den meisten Staaten ist der Zugang zu Reproduktionstechnologien nur für
heterosexuelle Paare geöffnet (Wapler 2010: 116ff). Schwule und lesbische Paare brauchen
für die Umsetzung des Kinderwunsches stets einen Dritten, entweder einen Samenspender,
eine Ersatzmutter oder leibliche Eltern (Mitchell/Green 2010: 399).
„Anders als für heterosexuelle Paare, für die alternative Reproduktionstechnologien
einen letzten Ausweg darstellen, öffnet die Reproduktionsmedizin lesbischen und
schwulen Paaren überhaupt erst die Tür zur Elternschaft.“ (Mitchell/Green 2010: 399)
Wie bereits erwähnt wurde, sind alternative Reproduktionstechnologien leider viel zu oft nur
für heterosexuelle Paare zugänglich. In Österreich kam es mit der Einführung der
Eingetragenen Partnerschaft auch zu einer Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes.
Somit wurde klargestellt, dass Eingetragene Partner_innen unter keinen Umständen Zugang
zu
Neuen
Reproduktionstechnologien
haben.
§2
Abschnitt
1
des
Fortpflanzungsmedizingesetzes lautet nun: „(1) Eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung
ist nur in einer Ehe oder Lebensgemeinschaft von Personen verschiedenen Geschlechts
zulässig“ (Gröger/Haller 2010: 102). Frauenpaare nutzen allerdings vermehrt die Möglichkeit
sich privat einen Samenspender zu suchen.
Einige lesbische Paare suchen auch gezielt nach einem schwulen Mann oder einem schwulen
Paar für die Familiengründung, diese wird dann „Queer Family“ genannt. Eine „Queer
Family“ entsteht durch den Zusammenschluss eines lesbischen Paares mit einem schwulen
Paar oder schwulem Mann, um gemeinsam ein Kind oder mehrere Kinder groß zu ziehen
(vgl. Rupp/Dürnberger 2009, Rupp 2011). Der Vorteil dieser Familienform ist, dass das Kind
über seine biologischen Wurzeln Bescheid weiß. Das Kind verfügt über mehr als nur zwei
Elternteile, es gibt regelmäßigen Kontakt zu beiden leiblichen Eltern. „Queer Families“
sehen sich mit dem Problem konfrontiert, dass ihre Familienform vor dem Gesetz nicht
existiert (vgl. Dürnberger/Rupp/Bergold 2009: 19). Es müssen spezielle Abkommen getroffen
12 „FAmOs“: www.regenbogenfamilien.at
18
werden, welche Rolle der leibliche Vater im Leben des Kindes einnehmen soll und ob er auch
offiziell in der Geburtsurkunde als Vater eingetragen werden soll oder lieber nicht.
Gleichgeschlechtliche Familienformen brechen mit der Vorherrschaft der heterosexuellen
Kernfamilie (Lenke 2009: 104).
„Über Erfahrungen, wie die Erziehungsbeteiligung in „Queer Families“ tatsächlich
aussieht und wie diese Erziehungspartnerschaften funktionieren, können die
Expert(inn)en zu diesem Zeitpunkt noch nicht berichten, was unter anderem daran
liegen
könnte,
dass
diese
Familienform
nicht
stark
verbreitet
ist.“(Bergold/Rosenbusch/Rupp 2009: 183)
Gleichgeschlechtliche Paare müssen sich in vielen Fällen mehr Gedanken als heterosexuelle
Paare bei der Realisierung eines Kinderwunsches machen. Der Weg zur Familiengründung ist
mit vielen Entscheidungen und einem hohen Planungsaufwand verbunden. Es muss geklärt
werden welche Frau die biologische Mutter des Kindes werden soll und welche Rolle der
leibliche
Vater
im
Leben
des
Kindes
übernehmen
soll
(Rupp
2010:
64,
Dürnberger/Rupp/Bergold 2009: 19). Über die Verbreitung von Regenbogenfamilien gibt es
keine offiziellen Statistiken. Es wird vermutet, dass in den USA etwa ⅓ aller lesbischen Paare
und ¼ aller schwulen Paare zumindest ein Kind hat. Eine deutsche Studie aus dem Jahre 2009
geht davon aus, dass es in Deutschland etwa 19.000 Regenbogenkinder gibt.13 Die
tatsächliche Anzahl von Regenbogenkindern dürfte aber wohl um einiges höher liegen, da
viele Leute bei Umfragen Fragen über ihre sexuelle Orientierung nur sehr ungern
beantworten. Es wird vermutet, dass von den etwa 20 Millionen Kindern in Deutschland
ungefähr 0,5 Prozent in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften aufwachsen. In Marina
Rupps Studie wurden nur Paare in registrierten gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften
untersucht, Alleinerziehende oder nicht registrierte Paare wurden nicht erfasst (vgl
Rupp/Dürnberger 2009, 2010). Bernd Eggen gibt auch zu bedenken, dass jüngere Menschen
und Personen mit höherem Bildungsabschluss eher geneigt sind sich zu outen, so kommt es
zwangsläufig zu einer Unterrepräsentation von Älteren und Leuten mit niedrigerem
Bildungsabschluss (Eggen/Rupp 2011: 24).
Gleichgeschlechtliche Paare mit Kindern verfügen laut dieser Studie tendenziell über einen
höheren Ausbildungsgrad als verschiedengeschlechtliche Paare; mehr als die Hälfte besitzt
Hochschulreife oder Abitur. Dies kann mitunter allerdings auch daran liegen, dass jüngere
Personen und Personen mit einem höheren Bildungsgrad eher dazu gewillt sind Auskünfte
13 Andere Quellen sprechen von ungefähr 30.000 Regenbogenkindern:
http://www.igelkinder.at/regenbogenfamilien_-_gleichgeschlechtliche_familie.html
19
über ihre sexuelle Orientierung zu geben. Die Studie beschäftigte sich unter anderem auch mit
möglichen Auswirkungen von Kindern in gleichgeschlechtlichen Beziehungen. Sie kam zum
Schluss, dass die Entwicklung von Regenbogenkindern keine großen Differenzen zu Kindern
heterosexueller
Paare
aufweisen,
des
Weiteren
sind
die
Kinder
nicht
häufiger
gleichgeschlechtlich orientiert. Regenbogenfamilien sind eher klein, in 65 Prozent der
Familien gibt es nur ein Kind. Der Frauenanteil an der Studie lag bei 93 Prozent
(Rupp/Dürnberger 2009:11ff).
„Regenbogenfamilien sind demnach in aller Regel Mutterfamilien, was darauf
zurückzuführen ist, dass zum einen Kinder nach einer Trennung der Eltern zumeist bei
ihren Müttern leben und zum anderen Frauen durch die Möglichkeit der donogenen
Insemination eher die Chance haben eine eigene Regenbogenfamilie zu gründen.“
(Rupp/Dürnberger 2009: 56)
Frauenpaare haben den Vorteil, dass sie sich ihren Kinderwunsch durch eine Samenspende
erfüllen können (vgl. Green 2006). Aus diesem Grund ist es nicht verwunderlich, dass mehr
als 90 Prozent der Regenbogenfamilien aus zwei Frauen plus Kind oder Kindern bestehen.
Diese Familienkonstellation wird „Zwei-Mütter-Familien“ genannt (vgl. Rupp/Dürnberger
2009, Rupp 2011). Frauenpaare setzen ihren Kinderwunsch zumeist mit einer Insemination im
Inland um, in den meisten Fällen suchen sich die Frauen privat einen Samenspender
(Rupp/Dürnberger 2009: 89). Etwa zwei Drittel der Befragten gaben an bei der Realisierung
ihres Kinderwunsches mit Problemen konfrontiert gewesen zu sein, sie fordern eine rechtliche
Verbesserung ihrer Lebenssituation (Rupp/Dürnberger 2009: 176). Regenbogenfamilien
stellen eine seltene Familienkonstellation dar, da ungefähr 90 Prozent davon „Zwei-Mütter
Familien“ sind, gibt es kaum Erfahrungen mit Männerpaaren mit Kindern.
„Erfahrungen mit Männerpaaren, die Kinder haben, sind eher selten und es handelt sich
dabei um Fälle von Einzeladoptionen ausländischer Kinder. Die geringen Erfahrungen
mit Männerpaaren sind dadurch begründet, dass erstens jüngere Männerpaare keine
Kinder aus vorherigen heterosexuellen Beziehungen haben, sich zweitens
Auslandsadoptionen grundsätzlich schwierig gestalten und drittens Ersatzmutterschaften
sehr teuer seien – außerdem ist in Deutschland die Vermittlung von Ersatzmüttern [=
Leihmütter] unzulässig.“ (Bergold/Rosenbusch/Rupp 2009: 180)
Gleichgeschlechtliche Paare mit Kindern kämpfen oft vergebens darum als Familie
identifiziert und anerkannt zu werden, auch wenn sie sich nicht wirklich von anderen
Familienformen unterscheiden. Die Unterschiede ergeben sich erst „durch die noch geringe
Akzeptanz
und
Integration
von
Regenbogenfamilien
in
unserer
Gesellschaft“
(Bergold/Rosenbusch/Rupp 2009: 188). Kinder, die in gleichgeschlechtliche Beziehungen
hineingeboren oder adoptiert werden sind absolute Wunschkinder, aus diesem Grunde werden
20
Regenbogenfamilien auch manchmal als „families of choice“ (Plummer 2003: 43)
bezeichnet. Die positive Eltern-Kind-Beziehung kann auf den erschwerten Weg zur
Familiengründung zurückgeführt werden, die Paare mussten sich bereits vor Geburt des
Kindes besonders stark engagieren (Bergold/Rosenbusch/Rupp 2009: 191).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Regenbogenfamilien eine minorisierte Gruppe im
Vergleich zu anderen Familienkonstellationen darstellen, allerdings ist die Zahl der
Regenbogenfamilien stark im Steigen begriffen. Es gibt immer mehr gleichgeschlechtlich
orientierte
Menschen,
die
sich
ihren
Kinderwunsch
in
einer
bestehenden
gleichgeschlechtlichen Beziehung erfüllen. Kinder die durch eine Insemination, sei es nun in
einer Samenbank oder zuhause, gezeugt wurden, stellen mittlerweile die Hälfte aller
Regenbogenkinder dar. Gleichgeschlechtliche Paare sehen sich bei der Umsetzung ihres
Kinderwunsches mit zahlreichen Hindernissen konfrontiert. Anders als bei heterosexuellen
Paaren bedarf eine Familiengründung hier immer auch einer längeren Planungsphase, es
müssen Entscheidungen getroffen werden, mit denen verschiedengeschlechtliche Paare nie in
Berührung kommen.14
2. Klärung der Begrifflichkeiten
Hier sollen nun wichtige Begriffe dieser Arbeit thematisiert werden. Es geht darum zu klären,
wer als Eltern eines Kindes betrachtet wird. Zusätzlich werden auch verschiedene Wege, die
zur Elternschaft führen können, kurz dargestellt. Diese Begrifflichkeiten werden bei der
Darstellung der Ergebnisse der empirischen Forschung noch eine wichtige Rolle spielen.
2.1. Elternschaft
„Elternschaft“ bezeichnet die Rolle von Vätern und Müttern, im biologischen, sozialen und
rechtlichen Sinn, die Eltern ihres Kindes oder ihrer Kinder zu sein. Der Duden definiert es als
„Gesamtheit von Eltern, die (über ihre Kinder) ein gemeinsames Interesse verbindet“.15
Die „biologische Elternschaft“ wird durch die Zeugung und die Geburt eines Kindes
eingenommen. Bei einer natürlichen Zeugung gibt es eine biologische Mutter und einen
biologischen Vater. Bei der künstlichen Befruchtung mit Hilfe eines Spendersamens sind
14 Weiterführende Informationen über Regenbogenkinder:
http://www.lsvd.de/fileadmin/pics/Dokumente/Lebensformen/01-Artikel_VPP-Sonderheft__Jansen_und_Steffens-_2006.pdf (18.1.2012) oder Carapacchio 2008, Thiem 2011
15 Online Duden: http://www.duden.de/rechtschreibung/Elternschaft
21
eigentlich die biologische Mutter und der Samenspender die biologischen Eltern des Kindes.16
Laut österreichischem Recht gibt es eine klare Definition wer als „biologische Mutter“ eines
Kindes angesehen wird: „Mutter ist die Frau, die das Kind geboren hat.“ (ABGB:§ 137b, vgl.
Ferrari 2010, Holzhammer 2001: 52). Der männliche Elternteil eines Kindes wird „Vater“
genannt, in den meisten Fällen ist er der biologische Erzeuger des Kindes. Für die
Bestimmung des Vaters gibt es in Österreich verschiedene Möglichkeiten.
„Vater des Kindes ist der Mann, der mit der Mutter im Zeitpunkt der Geburt des Kindes
verheiratet ist oder als Ehemann der Mutter nicht früher als 300 Tage vor der Geburt des
Kindes verstorben ist oder der die Vaterschaft anerkannt hat oder dessen Vaterschaft
gerichtlich festgestellt ist. Würden nach Abs. 1 Z 1 mehrere Männer als Vater in
Betracht kommen, so ist derjenige von ihnen Vater, der mit der Mutter zuletzt die Ehe
geschlossen hat.“ (ABGB § 138. (1), vgl. Ferrari 2010:36 , Holzhammer 2001:52)
Bei einem verheirateten Paar wird automatisch der Ehemann der Mutter als Vater des Kindes
geführt, auch wenn dies nicht der Realität entspricht und er nicht der leibliche Vater ist; dies
wird als „Vaterschafts- oder Ehelichkeitsvermutung“ bezeichnet (vgl. Wapler 2010: 119).
„Diese Ehelichkeitsvermutung gilt auch für Kinder, die durch medizinisch unterstützte
Zeugung geboren werden, und zwar auch dann, wenn der Samen nicht vom Ehemann
der Mutter stammt. Hat dieser seine Zustimmung zur Fremdbesamung in einem
Gerichtsprotokoll oder Notariatsakt erteilt, so kann er die Ehelichkeit des Kinds nicht
bestreiten (§ 156a ABGB). In Österreich dürfen bei medizinisch unterstützter Zeugung
fremde Samen nur bei Zeugungsunfähigkeit des Ehemanns und dessen formgebundener
Zustimmung verwendet werden (§ 8 FmedG).“ (Holzhammer 2001:52)
In einigen Ländern, in denen gleichgeschlechtliche Paare heiraten können, gibt es eine bereits
eine
Ausweitung
der
Vaterschafts-
oder
Ehelichkeitsvermutung,
die
„Elternschaftsvermutung“. Durch die „Elternschaftsvermutung“ gilt die Ehefrau der Mutter
eines ungeborenen Kindes zum Beispiel in Norwegen bereits mit der Geburt des Kindes auch
automatisch als zweite Mutter. Sie verfügt über die gleichen Rechte und Pflichten wie die
biologische Mutter (vgl. Dethloff 2011: 170ff).
„Nimmt eine Frau mit Zustimmung ihrer Partnerin eine künstliche Befruchtung vor um
gemeinsam mit ihr eine Familie zu gründen, so besteht das Bedürfnis, die soziale
Elternschaft der anderen Partnerin auch rechtlich anzuerkennen. Die neuere
Entwicklung geht daher dahin, die Partnerin nicht auf die Möglichkeit der
Stiefkindadoption zu verweisen, sondern in diesen Fällen die gleichgeschlechtliche
Elternschaft bereits abstammungsrechtlich anzuerkennen. Dadurch ist die Eltern-KindBeziehung bereits mit der Geburt des Kindes abgesichert.“ (Dethloff 2011: 46)
16 Biologische Elternschaft: http://de.wikipedia.org/wiki/Biologische_Elternschaft
22
„Das Kind erhält somit unmittelbar mit der Geburt zwei Mütter.“ (Dethloff 2011: 46), in einer
eheähnlichen Gemeinschaft gibt es das Recht die Elternschaft schriftlich anzuerkennen
(Dethloff 2010: 175ff).
In Spanien wurde mit der Öffnung der Ehe gleichzeitig das Fortpflanzungsmedizingesetz
mitreformiert. Nun kann auch hier bei einem verheirateten Frauenpaar bereits vor der Geburt
des Kinds, die zweite Frau volle Mutterrechte erlangen und gilt auch offiziell als zweite
Mutter (Dethloff 2010: 170ff). In Spanien, Teilen der USA und Israel ist auch die umstrittene
„ROPA“ (Reception of Oocytes from Partner) Methode (vgl. Marina 2010) erlaubt. Hier
„spendet“ eine Frau ein Ei, dieses wird dann befruchtet und im Anschluss der Partnerin
eingepflanzt. Folglich gibt es dann eine „Egg Mommy“ und eine „Womb Mommy“. Hier
haben beide Frauen eine biologische Verbindung zum Kind und werden auch automatisch als
gemeinsame Mütter des Kindes betrachtet (vgl. Pelka 2009; Ehrensaft 2008).
In Schweden steht das Recht auf gemeinsame Elternschaft verpartnerten wie nicht
verpartnerten Frauenpaaren zur Verfügung. Auch in Großbritannien gibt es die
Elternschaftsvermutung der Partnerin der Mutter schon zum Zeitpunkt der künstlichen
Befruchtung. In Schweden kann ein Frauenpaar ebenfalls bereits vor der Geburt durch eine
schriftlich bezeugte Erklärung beider Frauen die gemeinsame Elternschaft anerkennen
(Dethloff 2011: 46). Durch die Elternschaftsvermutung muss nicht erst der oft langwierige
Prozess einer Stiefkindadoption oder der Umweg über die gemeinsame Obsorge bestritten
werden, um als gleichwertige Elternteile anerkannt zu werden.
Neben der „biologischen Elternschaft“, gibt es auch noch die „soziale Elternschaft“. Diese
bezeichnet die Übernahme von langfristiger Verantwortung und Sorge für das Kind, eine
soziale Bindung wird eingegangen. Ein nicht leiblicher Elternteil übernimmt die Elternrolle
für ein Kind (vgl. Wapler 2010:120). Bei gleichgeschlechtlichen Paaren findet immer eine
Unterscheidung zwischen leiblichem und sozialem Elternteil statt. Der soziale Elternteil wird
oft auch Co-Mutter oder Co-Vater genannt. Soziale Elternschaft wird nicht als gleichwertig
wie leibliche Elternschaft betrachtet (vgl. Rupp 2009, Rupp 2011). Soziale Mütter und Väter
übernehmen Pflege, Nahrung und Zuwendung des Kindes. Es ist eine Form der Eltern-KindBeziehung, die nicht dem historisch gewachsenen Familienideal entspricht. In Österreich wird
kein Verwandtschaftsverhältnis zwischen sozialem Elternteil und Kind anerkannt, die sozialen
Eltern haben kaum Rechte ihren Kindern gegenüber.
23
Die „rechtliche Elternschaft“ bezeichnet die juristische Verantwortung für ein Kind zu haben.
Mütter und Väter werden werden als rechtliche Eltern betrachtet, wenn sie von der
Gesetzgebung des jeweiligen Staates anerkannt werden. Die meisten Staaten erkennen nur
zwei Elternteile als rechtliche Eltern eines Kindes an. Bei gleichgeschlechtlichen Paaren sind
diese zwei die leibliche Mutter und der leibliche Vater, wenn die Vaterschaft anerkannt wurde
und er auch im Geburtenbuch als Vater geführt wird. Durch eine Stiefkindadoption, also der
Adoption des leiblichen Kindes der Partnerin oder des Partners, würden beide Frauen oder
Männer rechtliche Eltern des Kindes werden (vgl. Rupp 2009, 2011).
2.2. Adoption
Auch eine „Adoption“ stellt eine Möglichkeit dar, Eltern zu werden. Se ist die rechtliche
Begründung
eines
Eltern-Kind-Verhältnisses
ohne
Rücksicht
auf
die
biologische
Abstammung. Die leibliche Mutter kann zwischen verschiedenen Formen der Adoption
wählen und auch die Adoptivbewerber_innen können entscheiden in welcher Form sie ein
Kind adoptieren möchten. Zumeist wird zwischen Inkognito, offener und halboffener
Adoption unterschieden.17 Bei der „Inkognitoadoption“, erfahren die leiblichen Eltern einige
demographische Daten über die Adoptiveltern, allerdings keine Adresse oder Namen. Sie
können sich beim Magistrat über das Wohl und die Entwicklung des Kindes informieren. Bei
einer „offenen Adoption“ wissen die leiblichen Eltern wo sich ihr Kind befindet und sie
können Kontakt mit den Adoptiveltern und dem Kind aufnehmen. Eine „halb offenen
Adoption“ gibt den leiblichen Eltern die Möglichkeit mithilfe des Magistrats Kontakt zu den
Adoptiveltern aufzunehmen um sich auf neutralem Gebiet treffen zu können.
In Österreich hat die freigebende Mutter das Recht ihre Einwilligung zur Adoption bis zur
gerichtlichen Bewilligung, durch die der Adoptionsvertrag wirksam wird, zurückzunehmen.
Auch die Adoptiveltern können innerhalb dieser meist sechsmonatigen Frist von der Adoption
zurücktreten. Die Rechte und Pflichten der leiblichen Eltern werden auf die Adoptiveltern
übertragen. Bei Inlandsadoptionen müssen sich die Adoptivbewerber_innen meist auf eine
mehrjährige Wartezeit einstellen. Gleichgeschlechtliche Paare dürfen in Österreich keine
Kinder adoptieren, Einzeladoptionen sind aber gestattet. Kinderlose Ehepaare werden bei der
Auswahl jedoch bevorzugt behandelt. Das Mindestalter der Wahlmutter ist 28, der Wahlvater
17 Rechtliche Auskunft:
Adoption: https://www.help.gv.at/Portal.Node/hlpd/public/content/72/Seite.720002.html
Adoptionsformen: https://www.help.gv.at/Portal.Node/hlpd/public/content/72/Seite.720002.html#inkognito
24
muss mindestens 30 Jahre alt sein, zusätzlich muss der Altersunterschied mindestens 18 Jahre
betragen. Das Höchstalter von Adoptivbewerber_innen ist gesetzlich nicht festgelegt. Bei der
Adoption sollte stets das Kindeswohl im Vordergrund stehen.18
Neben der Inlandsadoption gibt es auch noch die Möglichkeit der „Auslandsadoption“, also
ein Kind aus dem Ausland zu adoptieren. Österreich ratifizierte 1999 die Haager Konvention,
dadurch soll die Sicherstellung des Kindeswohls und die Wahrung der Grundrechte bei
internationalen Adoptionen gewahrt werden, Kinderhandel soll verhindert werden.
Auslandsadoptionen können sehr kostenintensiv sein und bis zu 20.000 Euro kosten. Bei
internationalen Adoptionen müssen zudem immer die rechtlichen Voraussetzungen im
Herkunftsland mitberücksichtigt werden, es muss geklärt werden, ob die Adoption in
Österreich rechtsgültig ist. In manchen Ländern ist es notwendig, dass sich die
Adoptivwerber_innen eine Zeit lang im Herkunftsland des Kindes aufhalten, bevor die
Adoption
abgeschlossen
werden
kann.19
Es
gibt
nur
wenige
Länder,
die
gleichgeschlechtlichen Paaren erlauben ein Kind ihres Landes zu adoptieren, eines davon ist
die USA. Die Voraussetzung für eine Auslandsadoption ist in Österreich an die Erlaubnis zur
Pflegeelternschaft geknüpft, aus diesem Grund können sich gleichgeschlechtliche Paare auch
nur bedingt um eine Auslandsadoption bemühen.20
Andere Länder sind hierbei schon viel weiter als Österreich. 20 Jahre nach Einführung der
ersten Eingetragenen Partnerschaft in Dänemark 1989 gibt es mittlerweile in einigen Staaten
die Möglichkeit einer gemeinsamen Adoption für gleichgeschlechtliche Paare. In den
Niederlanden (2001), Schweden (2002), Großbritannien und Wales (2005), Spanien (2005),
Island, Belgien, Südafrika (2006), Israel (2008), Schottland, Dänemark, Norwegen, Finnland,
Uruguay (2009), Brasilien, Argentinien, Mexiko-Stadt und Andorra (2010), wie auch in
einigen Territorien in Australien, Kanada und den USA können gleichgeschlechtliche Paare
bereits gemeinsam ein Kind adoptieren (Mesquita 2010:53, Dethloff 2010: 175f).
Allerdings muss berücksichtigt werden, dass die theoretische Möglichkeit einer gemeinsamen
Adoption
dennoch
an
verschiedenen
Gründen
scheitern
kann.
So
wurde
gleichgeschlechtlichen Paaren in Schweden bereits 2002 das volle Adoptionsrecht zuerkannt.
18 Inlandsadoptionen: https://www.help.gv.at/Portal.Node/hlpd/public/content/72/Seite.720004.html
19 Pflegefamilie: http://www.pflegefamilie.at/index.php?option=com_content&view=article&id=28&Itemid=30
20 "FAmOs": www.regenbogenfamilien.at, nähere Informationen auch unter: www.adoptionsberatung.at, in
Wien: MA11 und Verein Eltern für Kinder in Österreich
25
Dennoch gibt es bis jetzt keine internationalen und keine nationalen Adoptionen durch
gleichgeschlechtliche Paare. Inlandsadoptionen kommen in Schweden generell sehr selten vor
und für internationale Adoptionen bedarf es verschiedener Abkommen mit anderen Ländern.
Ein Großteil skandinavischer Adoptivkinder hat chinesische Wurzeln, doch China vergibt
keine Kinder an gleichgeschlechtliche Paare egal ob sie verpartnert oder verheiratet sind.
Auch
andere
Länder,
die Adoptivkinder
nach
Schweden
vermitteln,
verweigern
gleichgeschlechtlichen Paaren die Adoption. Diese Schilderung zeigt, dass das Adoptionsrecht
weit über nationale Gesetzgebungen hinaus betrachtet werden muss, denn solange andere
Länder gleichgeschlechtlichen Paaren keine Adoption gewähren, bringt auch das volle
Adoptionsrecht wenig bis nichts.21
Die häufigste Art der Adoption ist aber die „Stiefkindadoption“, hier werden die leiblichen
Kinder der Partnerin oder des Partners adoptiert. Der oder die Annehmende ist hier mit dem
einen leiblichen Elternteil verheiratet oder verpartnert. Der andere leibliche Elternteil muss
seine Einwilligung zur Adoption erteilen, er tritt damit seine Elternrechte ab. Dies ist
notwendig, damit das Kind ein gemeinsames Kind der Eheleute oder Lebensspartner_innen
werden kann, da die meisten Staaten nur zwei gesetzliche Elternteile anerkennen.
Für gleichgeschlechtliche Paare ist die Stiefkindadoption sehr erstrebenswert, denn dadurch
bekämen beide Elternteile die gleichen Rechte und Pflichten dem Kind gegenüber. In
Deutschland, Frankreich, Slowenien und Neuseeland verfügen gleichgeschlechtliche Paare
über diese Möglichkeit, sie können also das leibliche Kind des Partners oder der Partnerin
adoptieren. Einige Staaten führten zuerst die Stiefkindadoption ein, bevor es zu einer
generellen Reform des Adoptionsrechts kam.22 (Mesquita 2010: 53, Dethloff 2010: 175f). In
Deutschland ist die Stiefkindadoption seit 2005 für gleichgeschlechtliche Paare in einer
Eingetragenen Partnerschaft möglich. Die Stiefkindadoption ist jedoch frühestens acht
Wochen nach der Geburt des Kindes möglich, selbst wenn das Kind als Wunschkind in eine
lesbische
Beziehung
hineingeboren
wurde.
Eine
Stiefkindadoption
ist
nicht
nur
kostenintensiv, sondern auch aufwendig und langwierig. Der Antrag darf erst frühestens acht
Wochen nach der Geburt des Kindes gestellt werden. Im Anschluss erfolgt eine
Eignungsprüfung durch das Jugendamt. Die Adoptionspflegezeit gilt auch dann wenn Kinder
in der aktuellen gleichgeschlechtlichen Beziehung geboren wurden. Im Gegenzug dazu gibt es
21 die Presse: http://diepresse.com/home/panorama/welt/684346/Schweden_Keine-Babys-fuer-schwule-Paare?
from=suche.intern.portal, Badische Zeitung: http://www.badische-zeitung.de/nachrichten/panorama/keinebabys-fuer-schwule-paare-in-schweden,
22 Regenbogenfamilie: http://de.wikipedia.org/wiki/Regenbogenfamilie
26
etwa bei verschiedengeschlechtlichen Partnerschaften, die durch heterologe Insemination
schwanger wurden, keine Adoptionspflegezeit. Der Vater kann die Vaterschaft schon vor der
Geburt anerkennen (Dethloff 2010: 166ff). In von zwei Müttern geführten Familien gibt es
meist keinen aktiven Vater, sondern nur einen Samenspender. Dieser müsste bei einer
Adoption nicht auf aktive Vaterrechte verzichten, sondern es könnte den beiden Frauen gleich
das gemeinsame Sorgerecht zugesprochen werden. Der Samenspender müsste nicht Angst
haben eines Tages doch Unterhaltszahlungen oder Alimente zahlen zu müssen. Er würde
somit jegliche Verantwortung für das Kind und auch alle Rechte, dem Frauenpaar übertragen
(vgl. Rupp 2009). In Österreich ist gleichgeschlechtlichen Paaren die Möglichkeit der
Adoption des gemeinsamen Kindes nicht gestattet, sie ist in der Eingetragenen Partnerschaft
sogar ausdrücklich verboten.
2.3. Pflegeelternschaft
Die Pflegeelternschaft bietet neben der Adoption die Möglichkeit ein Kind für bestimmte oder
unbestimmte Zeit in Pflege zu nehmen. Der Großteil der Kinder stammt aus schwierigen
sozialen Verhältnissen. Es wird zwischen einer kurzen Krisenpflege in sozialen Notfällen und
einer Langzeitpflege unterschieden. Bei Pflegekindern behalten die leiblichen Eltern
weitgehend ihre Rechte und treten nur die Pflege und Erziehung der Kinder an das Jugendamt
ab, dieses beauftragt dann Pflegeeltern. Die Bewerber_innen brauchen eine Pflegebewilligung
und ihre Eignung wird überprüft.23 Im Idealfall sind die Pflegeeltern zwischen 25 und 40 Jahre
alt, für Säuglinge werden Pflegeeltern unter 45 Jahren gesucht.
Ein Überschuss an Kindern die Pflegeeltern brauchten, bewegte Wien 2006 zu einer
Werbekampagne mit dem Slogan „Wir bringen das zusammen“, die besonders an
gleichgeschlechtliche Paare gerichtet war.24 Auch davor gab es bereits vereinzelt
gleichgeschlechtliche
Pflegeeltern,
doch
seit
2006
versuchen
nun
immer
mehr
gleichgeschlechtliche Paare in Wien gemeinsam ein Pflegekind aufzunehmen. In letzter Zeit
nutzten auch vermehrt Männerpaare die Möglichkeit der gemeinsamen Pflegeelternschaft um
sich ihren Kinderwunsch zu erfüllen (vgl. Fröhlich 2008).
23 Pflegeelternschaft: https://www.help.gv.at/Portal.Node/hlpd/public/content/72/Seite.720008.html
24 Rainbow: http://www.rainbow.at/article/1193898862
27
Abbildung 1: Kampagne für gleichgeschlechtliche Paare
als Pflegeeltern in Wien
Der Verein „Eltern für Kinder Österreich“ übernimmt die Vermittlung von schwulen und
lesbischen Pflegeeltern in Wien.25 Wien und Oberösterreich sind bis jetzt die einzigen
Bundesländer die offiziell schwule und lesbische Pflegeeltern suchen. In den restlichen
Bundesländern ist die Situation nicht ganz so klar.26 In Niederösterreich ist es
gleichgeschlechtlichen Paaren etwa nicht gestattet gemeinsam ein Pflegekind aufzunehmen.
Hier wurde ein lesbisches Paar schon von vornherein als Pflegeeltern ausgeschlossen. Ihr
Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt, dass sie beide nicht gemeinsam die
biologischen Eltern eines Kindes sein könnten. Der einzige Grund ihres vorzeitigen
Ausschlusses war ihre sexuelle Orientierung. Da in Österreich auch Einzelpersonen
Pflegekinder aufnehmen dürfen, kann dies nur als
Diskriminierung gegenüber
gleichgeschlechtlichen Paaren gesehen werden. Die beiden Frauen versuchen nun mithilfe des
Rechtskomitees „LAMBDA“ gegen diese Abweisung zu klagen.27
Die Pflegeelternschaft ist in Österreich nicht einheitlich geklärt, sondern wird von den
Bundesländern selbst bestimmt. Hätten die beiden Frauen ihren Antrag in Wien gestellt,
wären sie nicht von vornherein abgewiesen worden, sondern hätten vermutlich nach
Absolvierung des Pflegeelternkurses ein Kind in Pflege nehmen können. Es ist unklar, warum
es gleichgeschlechtlichen Paaren in einigen Bundesländern gestattet ist als Pflegeeltern zu
fungieren, während hingegen dessen in anderen Bundesländern ihr Antrag auf
Pflegeelternschaft schon vor Prüfung ihrer Eignung als Pflegeeltern abgewiesen wird.
25 Eltern für Kinder Österreichs: http://www.efk.at/text/pflegeeltern/p-auswahl.html
26 „FAmOs“: www.regenbogenfamilien.at
27 Kein Pflegekind für Lesben in Niederösterreich: http://diestandard.at/1313025123015/Weg-zum-VfGH-KeinPflegekind-fuer-Lesben-in-Niederoesterreich?seite=4#forumstart
28
2.4. Medizinisch unterstützte Fortpflanzung
Neben Adoption oder Pflegeelternschaft gibt es auch die Möglichkeit durch medizinisch
unterstützte Fortpflanzung eine Schwangerschaft ohne Geschlechtsverkehr herbeizuführen.
Dies wird in Österreich durch das Fortpflanzungsmedizingesetz geregelt. „§2. (1) Eine
medizinisch unterstützte Fortpflanzung ist nur in einer Ehe oder Lebensgemeinschaft von
Personen verschiedenen Geschlechts zulässig.“28 Somit wird sicher gestellt, dass
gleichgeschlechtlichen verpartnerten oder unverpartnerten Paaren der Zugang zu medizinisch
unterstützter Fortpflanzung unmöglich gemacht wird. Bei einer Samenspende durch einen
Dritten innerhalb einer Ehe muss der Ehemann zustimmen und gilt dann automatisch als Vater
des Kindes, auch wenn er nicht der biologische Erzeuger ist. Eine medizinisch unterstützte
Fortpflanzung mit dem Samen eines Dritten darf nur in einer zugelassenen Krankenanstalt
durchgeführt werden. Der Samen darf nur für drei Ehen oder drei eheähnliche
Lebensgemeinschaften verwendet werden. Wer medizinisch unterstützte Fortpflanzung ohne
einen Arzt durchführt begeht, ebenso wie der Mann der seinen Samen dafür zur Verfügung
stellt, eine Verwaltungsübertretung. Dies kann mit einer Geldstrafe von bis zu 36.000 Euro
oder einer bis zu vierzehntägigen Haftstrafe geahndet werden. 29Frauenpaare, die sich privat
einen Samenspender suchen um eine künstliche Befruchtung zuhause durchzuführen, begehen
also eine Straftat, und auch der Samenspender begibt sich in Gefahr.
Die Möglichkeit der Nutzung von medizinisch unterstützten Fortpflanzungsmethoden ist in
vielen Staaten an eine hypothetische Fortpflanzungsmöglichkeit der beteiligten Personen
geknüpft.
„Sie wird daran festgemacht, dass ein Mann und eine Frau hypothetisch gemeinsam
Kinder bekommen könnten, wenn einer von ihnen nicht unfruchtbar wäre
(=“Krankheit“), während es für gleichgeschlechtliche Paare auch eine solche
hypothetische Möglichkeit nicht gibt („natürliches Fortpflanzungshindernis“). (Wapler
2010:143, Hervorhebungen im Original)
Zwei Frauen oder zwei Männer können gemeinsam ebenso wenig Kinder bekommen wie ein
heterosexuelles Paar, bei dem mindestens einer von beiden unfruchtbar ist. Heterosexuellen
Paaren steht jedoch der Zugang zu medizinisch unterstützter Fortpflanzung offen,
gleichgeschlechtlichen Paaren wird dies hingegen verweigert, da bei ihnen in den meisten
28 Bundeskanzleramt – Rechtsinformationssystem: http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?
Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10003046
29 Fortpflanzungsmedizingesetz in Österreich: http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?
Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10003046
29
Fällen nicht Unfruchtbarkeit der Grund für den Wunsch einer medizinisch unterstützten
Fortpflanzung ist. Eine heterosexuelle Frau, deren Partner unfruchtbar ist, könnte theoretisch
mit einem anderen Mann auf natürliche Weise versuchen ein Kind zu zeugen. Dies muss sie
natürlich nicht machen, da sie sich durch den Samen eines Dritten befruchten lassen kann und
ihr Partner automatisch als Vater des Kindes gewertet wird. Frauenpaaren wird diese
Möglichkeit verweigert, da sie durch Geschlechtsverkehr mit einem Mann natürlich
schwanger werden könnten. „Die Fremdsamenspende ist das einfachste, preiswerteste und
älteste reproduktionsmedizinische Verfahren von allen.“ (Spiewak 2002: 190).
Reproduktionstechnologien ermöglichen Fortpflanzung ohne Sex, so können auch Menschen
Kinder bekommen, die auf natürlichem Weg keine Eltern werden könnten. Mittlerweile gibt
es viele unterschiedliche Arten von Reproduktionstechnologien. Die künstliche Insemination
ist relativ einfach und kann auch selbst zuhause durchgeführt werden. „Die Insemination ist
das artifizielle Einbringen von Samen in den weiblichen Genitaltrakt“ (Hauser Schäublin et.
al. 2001: 43). Es wird zwischen zwei Arten der Insemination unterschieden, der heterologen
oder donogenen Insemination und der homologen Insemination. Bei einer heterologen
Insemination wird Spendersamen verwendet, da der Partner entweder steril oder Träger einer
schweren genetischen Krankheit ist oder nicht vorhanden ist, wie etwa im Fall von
alleinstehenden Frauen oder Frauenpaaren mit Kinderwunsch. Das mit Fremdsamen gezeugte
Kind gilt in Österreich als legitimes Kind des Ehemannes oder Partners der Mutter
(Holzhammer 2001: 52). Eine homologe Insemination wird angewandt, wenn der Partner
subfertil ist und unter Spermastörungen leidet. Hier wird die künstliche Befruchtung mit dem
Samen des Partners der Frau durchgeführt (Hauser Schäublin et. al. 2001: 43).
In Österreich haben nur heterosexuelle, verheiratete wie unverheiratete, Paare Zugang zu
medizinisch unterstützter Fortpflanzung. Es gibt allerdings die Möglichkeit eine ausländische
Samenbank für die Umsetzung des Kinderwunsches in Anspruch zu nehmen. In Dänemark,
Großbritannien, Finnland, Spanien, Belgien oder den USA stehen die Samenbanken allen
Frauen offen, auch alleinstehenden oder lesbischen Frauen. Auch in Deutschland gibt es
Samenbanken und Ärzte, die lesbischen Paaren bei der Realisierung des Kinderwunsches
behilflich sind. In Österreich überprüft der Verfassungsgerichtshof im Moment ob ein Verbot
medizinisch unterstützter Fortpflanzung verfassungswidrig ist.30 Eine der meist genutzten
Samenbanken von lesbischen Frauen ist die Storkklinik in Dänemark. Diese wird, wie auch
30 „FAmOs“: www.regenbogenfamilien.at
30
einige andere Kliniken in Dänemark, von Hebammen geführt, da diese sich im Gegensatz zu
Ärzten dadurch nicht strafbar machen.31 In den meisten Samenbanken können die Frauen
zwischen einem YES und NO Spender entscheiden.32 Bei einer NO Spende ist der Spender
anonym und es gibt keinerlei Kenntnis über die Identität des Spenders. Das durch diese
Spende gezeugte Kind, hat keine Möglichkeit Informationen über den Spender zu erlangen.
Im Gegensatz dazu handelt es sich bei einem YES Spender um einen offenen Spender. Das
bedeutet, dass das Kind nach seinem 18. Geburtstag Informationen über die Identität des
Spender erhält und somit mit ihm Kontakt aufnehmen kann.
Schweden nimmt beim Zugang zu medizinisch unterstützter Fortpflanzung die Vorreiterstelle
in Sachen Rechte für gleichgeschlechtliche Paare ein. Bereits 2005 stand die künstliche
Befruchtung für verpartnerte und nichtverpartnerte lesbische Paare offen. Mittlerweile ist
medizinisch unterstützte Fortpflanzung für lesbische Paare auch in Australien, Belgien,
Dänemark, Finnland, Großbritannien, Island, Israel, Kanada, Neuseeland, Niederlande,
Norwegen, Spanien und Südafrika sowie in vielen US-Bundesstaaten möglich (Mesquita
2010: 54, Dethloff 2010: 173ff).
2.5. Heim- oder Selbstinsemination
Wie schon oben erwähnt wurde, handelt es sich bei der künstlichen Insemination um einen
relativ einfachen Vorgang, der auch ohne Probleme zuhause durchgeführt werden kann. Viele
lesbische Frauen wählen diese Variante um sich ihren Kinderwunsch zu erfüllen. Hier suchen
die Frauen zumeist einen privaten Samenspender, entweder jemanden aus dem Freundes- oder
Bekanntenkreis oder sie begeben sich auf die Suche nach einem Samenspender im Internet.33
Es gibt gezielte Anleitungen wie eine Selbstinsemination am erfolgreichsten durchzuführen
und was dabei genau zu beachten sei.34 Die Insemination sollte zum bestmöglichen Zeitpunkt
stattfinden, dafür ist es notwendig den Eisprung im Voraus zu bestimmen. Für die
Heiminsemination ist „frischer“ Samen empfehlenswert, hier ist die Erfolgsquote höher als
bei Verwendung eingefrorenen Spermas. Durch die Kontraktionen eines Orgasmus wird die
31 Storkklinik: http://www.storkklinik.dk/de/ ,http://www.storkklinik.dk/de/inspiration/,
http://www.storkklinik.dk/de/preise/ Weitere große europäische Samenbanken:
http://www.nordiccryobank.com/ , http://www.cryosinternational.com/home.aspx ,
http://www.europeanspermbank.com/
32 Storkklinik – Spender:http://www.storkklinik.dk/de/spender/
33 Samenspendersuche im Internet zum Beispiel unter: http://www.samenspender4you.com/
34 Anleitungen zur Selbstinsemination: http://www.queer-baby.info/wie-funktioniertheiminsemination/durchfuehrung-heiminsemiation.php
31
Chance einer Schwangerschaft zusätzlich erhöht. In Österreich ist diese Art der Insemination
verboten. Frauen, die dennoch eine Selbstinsemination durchführen, begehen eine Straftat.
Allerdings ist nicht ganz klar, wie dies überhaupt nachgewiesen werden könnte.35 Die
Bechermethode wird allerdings auch hierzulande immer beliebter, da sie höhere
Erfolgsquoten als bei einer künstlichen Befruchtung in einer Klinik vorweisen kann.36
Prinzipiell wird bei der Selbstinsemination zwischen zwei Varianten unterschieden.
Bei
der
Kappeninsemination37
wird
entweder
eine
spezielle
Inseminationstasse oder eine günstigere Menstruationstasse verwendet.
Die Tasse wird mit dem Samen befüllt und vor dem Gebärmutterhals
Abbildung 2:
platziert, so gelingt das Sperma direkt dorthin wo es auch hin soll und
Menstruationstasse
der Rückweg wird versperrt.
Die zweite Variante stellt die Bechermethode mit Spritze38 dar. Auch hier findet die künstliche
Befruchtung ohne ärztliche Unterstützung meist zuhause statt. Es werden nur ein Becher,
gefüllt mit frischem Sperma, und eine Spritze ohne Nadel benötigt. Anschließend wird das
Sperma mittels Spritze in die Vagina eingeführt. Bei den Spritzen handelt es sich um
Spezialspritzen mit Restmengenentleerung, die Dicke der Spritzen ist vergleichbar mit dem
Durchmesser des kleinen Fingers. Nach dem Einführen des Spermas sollte die Frau etwa
dreißig Minuten auf dem Rücken liegen bleiben damit das Sperma in der Nähe des
Muttermundes bleibt.
2.6. Leihmutterschaft
„In Österreich dürfen bei der medizinisch unterstützten Zeugung nur eigene Eizellen
verwendet werden (Verbot der Leihmutterschaft, § 3/3 FmedG).“ (Holzhammer 2001: 52).
Das heißt, Leihmutterschaft ist nach dem Fortpflanzungsmedizingesetz verboten. Bei einer
Leihmutterschaft wird eine Leihmutter benötigt, „die für den Zeitraum der Schwangerschaft
ihre Gebärmutter „verleiht“ um an der Stelle einer anderen Frau ein Kind zur Welt zu
bringen“.39 Das von einer ausländischen Leihmutter ausgetragene Kind erwirbt nicht
automatisch die österreichische Staatsbürgerschaft. In Österreich wird stets die Frau, die das
Kind zur Welt bringt als Mutter betrachtet und nicht die bestellende Frau. Die Möglichkeit
35
36
37
38
39
Partnerschaftsgesetz: http://www.partnerschaftsgesetz.at/rechtliches/kinder/kuenstliche-befruchtung
Bechermethode: http:www.netdoktor.at/nachrichten/?id=121849
Kappeninsemination: http://www.queer-baby.info/shop/yuuki-cup-inseminationskappe.php
Spritzeninsemination: http://www.selbstinsemination.de/insemination/spritzeninsemination.html
Leihmutterschaft: http://de.wikipedia.org/wiki/Leihmutterschaft
32
der Leihmutterschaft würde es vor allem auch schwulen Paaren sehr erleichtern ihren
gemeinsamen Kinderwunsch zu realisieren. Leihmutterschaft ist allerdings nur in Australien,
Belgien, Frankreich, Georgien, Griechenland, Großbritannien, Indien, Israel, Japan,
Niederlande, Russland, Spanien, Ukraine und den USA erlaubt (Mesquita 2010 54).
2.7. „Citizenship“ und Staat
Jeder Staat verfügt über Gesetze, die regeln, wer was machen darf, wer nicht und welche
Familienmodelle unterstützt werden sollen. Der Staat bestimmt wer Kinder adoptieren kann
oder Pflegekinder aufnehmen darf. Auch der Zugang zu medizinisch unterstützter
Fortpflanzung ist gesetzlich geregelt. Der Ausschluss gleichgeschlechtlicher Paare von
Adoption oder Neuen Reproduktionstechnologien stellt eine Beschneidung der „Citizenship
Rechte“ dar. Auf Grund dieser strengen Beschränkungen im eigenen Land entwickelte sich in
den letzten Jahren ein richtiger Reproduktionstourismus heraus. Kinderlose Paare oder auch
Einzelpersonen begeben sich für die Umsetzung ihres Kinderwunsches über die Grenzen des
eigenen Landes hinweg. Sie nutzen Fertilitätskliniken im Ausland um ihren Wunsch von
einem Kind wahr werden zu lassen. Eva Maria Knoll bezeichnet dieses Phänomen als
„Klinik-Hopping“.40 Neben der Gesetzesumgehung ist sicherlich auch die Kostenfrage und
das Preisgefälle ein wichtiger Entscheidungsgrund für die Inanspruchnahme medizinisch
unterstützter Fortpflanzung im Ausland (Knoll 2008:79). So belaufen sich etwa die Kosten für
eine indische Leihmutter auf ungefähr 2500 $, in den USA muss für eine Leihmutterschaft mit
Kosten von bis zu 100.000 $ gerechnet werden.41 Reproduktionstourismus bringt neue
Möglichkeiten und Perspektiven für betroffene Personen mit sich. Dadurch ist es natürlich
auch zu einem Geschäft geworden, im Internet lassen sich Pauschalurlaubsreisen in
Fertilitätskliniken finden (Knoll 2008).
Die gesetzlichen Rahmenbedingungen in Österreich erschweren gleichgeschlechtlichen
Paaren bereits eine Familiengründung und selbst wenn dieses Unterfangen doch gelingt,
werden sie nicht als gleichwertige Familie angesehen. Kinder, die in eine bestehende
gleichgeschlechtliche
Beziehung
hineingeboren
werden,
haben
kein
40 Ethnologie Sozialanthropologie in den Medien :
http://www.antropologi.info/blog/ethnologie/2006/trend_klinik_hopping_ethnologin_untersuc
Universität Wien- Forschungsnewsletter Februar/März 2006: Globetrotterinnen der Fortpflanzungsmedizin:
http://forschungsnewsletter.univie.ac.at/index.php?
id=9403&tx_ttnews[tt_news]=2978&tx_ttnews[backPid]=9365&cHash=53a26a39ff
41 TourismWatch – Informationsdienst Dritte Welt Tourismus: http://www.tourism-watch.de/content/
%E2%80%9Erent-womb%E2%80%9C-fortpflanzungstourismus-als-outsourcing-gesch%C3%A4ft
33
Verwandtschaftsverhältnis zu ihren sozialen Elternteilen. Die soziale Mutter oder der soziale
Vater hat von Seiten des Staats, des Rechts kaum Rechte gegenüber seinem Kind.
Gleichgeschlechtliche Paare verfügen nicht über die gleichen „Citizenship-Rechte“ wie
verschiedengeschlechtliche Paare, vor allem in Sachen Familienplanung, Familiengründung,
Zugang zu medizinisch unterstützter Fortpflanzung oder Elternrechten, sehen sie sich
tagtäglich mit Ungleichbehandlungen und Diskriminierungen konfrontiert.
Für den weiteren Verlauf dieser Arbeit ist es wichtig zu wissen, wer als Mutter eines Kindes
angesehen wird, wie die gesetzlichen Regelungen zu Adoption oder zum Zugang medizinisch
unterstützter Fortpflanzung aussehen. Dadurch wird schon ersichtlich wie schwierig es
gleichgeschlechtlichen Paaren mit Kinderwunsch und Kindern in Österreich gemacht wird als
gleichwertige Familie wie heterosexuelle Paare mit Kindern zu gelten. Scheinbar private
Entscheidungen, wie etwa die Realisierung eines Kinderwunsches sind stark an rechtliche
Bestimmungen gebunden. Es findet ein ständiges Wechselspiel zwischen der öffentlichen und
er privaten Sphäre statt.
3. „Citizenship“, „Intimate Citizenship“ und Heteronormativität
„Citizenship-Ansätze“
beschäftigen
sich
mit
der
Beziehung
zwischen
staatlicher
Gemeinschaft und ihren Bürger_innen, sie basieren auf dem Verhältnis zwischen Individuum
und Staat. Der Fokus liegt also auf den Interaktionen zwischen öffentlich und privat.
„Citizenship” wird im Deutschen meist mit Staatsbürgerschaft übersetzt, doch meiner
Meinung nach ist dies zu wenig, da Staatsbürgerschaft auf den Nationalstaat beschränkt ist
(Mackert/Müller 2000:12) und eher die passive Mitgliedschaft in einem Staat bezeichnet.
„Citizenship” verweist stärke auf Bürgerrechte und die aktive Rolle der Bürger_innen
(Mackert 2006:11). Aus diesem Grunde werde ich in dieser Arbeit in weiterer Folge nur den
Begriff „Citizenship” verwenden.
Der Begriff„Citizenship“, hat seinen Ursprung in der Ideologie der griechischen Polis und der
Herausbildung der ersten Demokratien (Yuval-Davis 2001: 116). Ausgehend von anfänglichen
Definitionen eines Staatsbürgers, entwickelten sich in den darauf folgenden Jahrhunderten
unterschiedliche „Citizenship-Diskurse“ (Mackert/Müller 2000: 13f). Die verschiedenen
Stränge innerhalb von „Citizenship“ werden entweder dem Liberalismus oder dem
Republikanismus zugeordnet. Liberale Ansätze von „Citizenship“ beschäftigen sich
34
hauptsächlich mit den Rechten und Freiheiten, die mit „Citizenship“ verbunden sind. Ein
wichtiger Vertreter des Liberalismus ist John Stuart Mill, ihm gegenüber steht etwa Jean
Jacques Rousseau mit seinen republikanischen Vorstellungen von „Citizenship“. Im
Republikanismus wird die Bedeutung der politischen Partizipation aller Bürger_innen in den
Mittelpunkt der Debatten gerückt (vgl. Mackert/Müller 2000, Plummer 2003).
Eine Vielzahl der aktuellen gegenwärtigen Theorien geht auf T.H. Marshall, der dem
Liberalismus zuzuordnen ist, zurück. Er verstand unter „Citizenship“ einen „status bestowed
on those who are full members of a community. All who possess the status are equal with
respect to the rights and duties with which the status is endowed.“(Marshall 1964:92). All
diejenigen, die die Staatsbürgerschaft inne haben, werden als volle Mitglieder der
Gesellschaft betrachtet und verfügen über die gleichen Rechte. Marshall veröffentlichte 1950
sein Werk „Citizenship and Social Class”, dieses ist
auch heute noch von zentraler
Bedeutung innerhalb von „Citizenship-Diskursen“. Er beschäftigte sich mit kapitalistischer
Ökonomie, Ungleichheit, politischer Demokratie und Gleichheit (vgl. Marshall 1950 in
Marshall/Bottomore 1992, Marshall 1964). Marshall unterteilte die „Citizenship-Rechte” in
drei Bereiche: zivile, politische und soziale Rechte. Meinungsfreiheit, Glaubensfreiheit oder
das Recht auf Privateigentum fallen in den Bereich der zivilen Rechte. Unter politischen
Rechten wird die Partizipationsmöglichkeit der Staatsbürger_innen verstanden, sich aktiv in
der Politik zu engagieren. Das Recht auf Fürsorge, Sozialwesen, Wohlfahrt oder das Recht auf
soziale Sicherheit gehören zu den sozialen „Citizenship Rechten” (vgl. Marshall 1950 in:
Mackert/Müller 2000, Lister 1997; Plummer 2003, Cossman 2007). „Citizenship is about the
right to have rights.“ (Bellamy 2008:15). Historisch gesehen war die politische Partizipation,
insbesondere das Recht zu wählen, das wesentlichste Element von „Citizenship“.
Marshalls traditionelle Dreiteilung wird auch heute noch von vielen Theoretiker_innen als
Ausgangspunkt ihrer Thematisierungen von „Citizenship“ herangezogen. Allerdings werden
Marshalls Auseinandersetzungen auch kritisch betrachtet, er konzentrierte sich nur auf die
Darstellung der Rechte von Staatsbürgern, vernachlässigte dabei aber eine Beschreibung der
Pflichten. Zudem wurden Frauen nicht mitberücksichtigt, Feminist_innen kritisieren
Marshalls androzentristische Weltanschauung (Hobson/Lewis/Siim 2002: 25). Der typische
Staatsbürger bei Marshall war ein weißer Mann der Mittelschicht (vgl. Cossman 2007, Lister
1997, Lister/Williams 2007, Plummer 2003). Historisch gesehen ging „Citizenship“ immer
einher mit politischer Partizipation, insbesondere dem Recht zu wählen.
35
„Citizenship” ist ein stark umkämpftes, nicht leicht zu definierendes und komplexes Konzept.
Es gibt keine allgemeingültige und einheitliche Definition. Es muss immer in einem zeitlichen
und geographischen Rahmen gedacht und stets kontextabhängig interpretiert werden (vgl.
Lister/Williams 2007, Cossman 2007). „Citizenship” bezeichnet also ein ständiges
Zusammenspiel zwischen Institutionen, Diskursen und gelebter Realität, sie kann von Land zu
Land und von Person zu Person stark variieren (Lister/Williams 2007:1).
Aktuelle Vorstellungen von „Citizenship“ gehen oft von vier Bedeutungen von „Citizenship“
aus. Erstens beinhaltet „Citizenship“, das Recht auf politische Teilhabe, etwa das Recht zu
wählen. Zweitens wird „Citizenship“ auch als ein „purely legal status“ bezeichnet,
Staatsbürger_innen sind Menschen, die einer speziellen souverän politischen Gruppe
angehören. Drittens kann der Begriff „Citizenship“ auch erweitert werden, sodass es möglich
ist, von sich selbst als „citizen of my neighborhood” oder „citizen of my university“ zu
sprechen. Zusätzlich wird viertens eine Unterteilung in „good” und „bad citizens”
vorgenommen (Bellamy 2008). Menschen, die sich assimilieren werden als gute
Staatsbürger_innen betrachtet, all diejenigen die sich nicht an gewisse Normvorstellungen
anpassen wollen, sind schlechte Staatsbürger_innen (Smith 2002: 105f). „Citizenship is
thereby understood as both as status, carrying a set of rights including social and reproductive
rights, and a practice, involving political participation broadly defined so as to include the
kind of informal politics in which this is fired by a notion of „human agency”. “ (Lister 1997:
192).
„Citizenship“ beinhaltet stets Rechte, Zugehörigkeit und politische Partizipation, die für alle
Mitglieder eines Staates oder einer überstaatlichen Einheit (z.B. EU) gleich sein sollten (vgl.
Bellamy 2008). Dass dies nicht so ist wird etwa von feministischer Seite stark thematisiert
(vgl. Lister 1997). Zugehörigkeit zu einer „Citizenship Community“ wird nicht nur durch
Rechte und Pflichten geregelt, sondern es werden auch soziale und politische Beziehungen
sowie Praktiken und Identitäten benötigt (Lister 2007: 1). Rechte werden meist als
fundamental und wichtigstes Element von „Citizenship“ gesehen, sie sind der Schlüssel zu
„Citizenship“.
Allerdings
sind
„Citizenship-Rechte“
nicht
mit
den
allgemeinen
Menschenrechten zu vergleichen. „Citizenship-Rechte“ gelten nicht für alle Menschen,
sondern immer nur für bestimmte Gruppen von Menschen (Voet 1998: 60). Frauen wurden
sehr lange von bestimmten „Citizenship-Rechten“ ausgeschlossen. Ruth Lister bezeichnet
„Citizenship“ deshalb auch als „deeply gendered“ (Lister 1997: 1). Frauen haben durch ihre
36
Rolle als Mütter, eine spezielle Aufgabe innerhalb von “Citizenship”. Sie sind verantwortlich
für das Aufziehen der nächsten Generation von Staatsbürger_innen, dennoch wurden ihnen
lange Zeit die gleichen Rechte wie Männern vorenthalten (Lister /Williams 2007: 5).
Innerhalb feministischer „Citizenship-Diskurse” gibt es zwei unterschiedliche Richtungen.
Die eine Richtung geht hin in eine „gender-neutral citizenship”, die zweite würde eine
„gender-differentiated citizenship” bevorzugen. Bei einer „gender-neutral citizenship” wäre
die Kategorie „Gender” irrelevant und alle würden über die gleichen Rechte und Pflichten
verfügen (Hobson/Lewis/Siim 2002: 36). „Citizenship” ist im Endeffekt jedoch nie „genderneutral” und es gibt Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Frauen werden nach wie vor
oft dem Privatem zugeschrieben, während hingegen dessen Männer den öffentlichen Raum
für sich beanspruchen.
Ich möchte mich nun in weiterer Folge genau auf diese Überschneidungen zwischen
öffentlich und privat konzentrieren. Hierfür beschäftige ich mich mit Ken Plummers Konzept
der „Intimate Citizenship” als Möglichkeit eines Brückenschlages zwischen privater und
öffentlicher Sphäre.
3.1. „Intimate Citizenship“
Ken Plummer plädierte bereits 1995 dafür „Intimate Citizenship“ in das klassische Konzept
der Dreiteilung von „Citizenship“ aufzunehmen (vgl. Lister 1997, Plummer 1995, 2003).
„Intimate Citizenship“ baut auf Konzepten wie „Sexual“ und „Feminist Citizenship“ auf. Es
soll als ein „sensitizing concept“ betrachtet werden, welches offen und mehrdeutig ist
(Plummer 2003: 13).
„Sexual Citizenship“ geht auf David Trevor Evans zurück und wurde 1993 zum ersten Mal
erwähnt. Es thematisiert die Verbindung von Sexualität und „Citizenship“. Sexualität wurde
lange unabhängig von „Citizenship“ gedacht und nur der privaten Sphäre zugeschrieben.
Sexualität und „Citizenship“ wurden als sich ausschließende Bereiche betrachtet (vgl. Evans
1993, Lister 2002). Bell und Binnie betonen die Wichtigkeit der Berücksichtigung von
Sexualität in „Citizenship-Diskursen“: „We consider all citizenship to be sexual citizenship,
as citizenship is inseparable from identity, and sexuality is central to identity.“ (Bell/Binnie
2000:10). „Sexual Citizenship“ versucht zwei Bereiche miteinander zu vereinen, die davor als
37
unvereinbar miteinander betrachtet wurden. Es geht darum die öffentliche und die private
Sphäre miteinander zu verbinden. Es geht aber vor allem auch darum nicht heterosexuellen
Menschen soziale Rechte von „Citizenship“ zu ermöglichen, etwa das Recht auf Ehe,
Adoptionsrecht
oder
die
gemeinsame
Obsorge
von
Kindern
(Isin
1999:
85,
Hobson/Lewis/Siim 2002: 41).
Historische
„Citizenship-Konzepte”
beruhen
auf
der
Idee
der
heterosexuellen
Vormachtstellung, Heterosexualität wurde stets als Norm gesehen (vgl. Evans 1993:9f).
Denise Richardson (2000, 2002) greift diesen Gedanken auf und betont diese Vorherrschaft,
ihrer Meinung nach müsste man vielmehr von einer „Heterosexual Citizenship“ sprechen
(vgl. auch Cossman 2007). Sie kritisiert am „Sexual Citizenship-Konzept“, dass Frauen und
Lesben nur marginal behandelt wurden und eine größere Differenzierung notwendig wäre
(vgl. Richardson 2000, 2002). „Citizenship” muss immer als ein „gendered and sexualized
concept“ betrachtet werden (Lister 2002: 192). Denise Richardson, Ruth Lister oder Ken
Plummer betonen die ständige Privilegierung von Heterosexualität innerhalb von
„Citizenship“. Dies wird vor allem in der Verweigerung von bestimmten Rechten für nicht
heterosexuelle Menschen ersichtlich (vgl. u.a. Hines 2009). „Citizenship“ und der
Nationalstaat sind von Heterosexualität geprägt. Homosexualität wurde lange Zeit als
Bedrohung für den Staat gesehen (Lister 2002: 196).
Ruth Lister (1997) beschäftigt sich mit dem Ausschluss von Frauen von bestimmten Rechten
auf Grund ihres „Genders“. Sie plädiert für eine genderinkludierende Theorie und Praxis von
„Citizenship“ (Lister 1997). Feministische Ansätze von „Citizenship“ kritisieren klassische
Modelle „by demonstrating just how gendered the process of citizenship usually is and how
frequently women have been, and for the most part still are, second-class citizens.” (Plummer
2003: 60). „Citizenship” ist also bei weitem nicht als neutrales Konzept zu verstehen.
„Although the patterns of exclusion from full citizenship of heterosexual women and of
lesbians and gays may vary, their exclusion shares common roots: their association with the
body and sexuality.” (Lister 2002: 192).
Ken Plummer greift nun diese Gedanken und einige Ideen aus den Konzepten von „Sexual“
und „Feminist Citizenship“ auf und entwickelt diese in seiner „Intimate Citizenship“ weiter.
Er verwendet die Begriffe „Intimate“ und „Citizenship“ in einem größerem Rahmen als es für
gewöhnlich üblich ist (Plummer 2003: 142). Auch Plummer versucht mittels „Intimate
38
Citizenship“ eine Verbindungsbrücke zwischen der öffentlichen und privaten Sphäre zu
schaffen. „Intimate Citizenship“ wird oft als Oxymoron betrachtet, aber
“The concept of intimate citizenship also raises the issue of links between the private
and public spheres. Citizenship emerges in the public sphere(s); intimacy, in the private.
If ,intimate citizenship` seems an oxymoron, it also suggests a potential bridge between
the personal and the political.” (Plummer 2003: 15)
„Sexual Citizenship“ legte den Fokus auf die Interaktion zwischen Sexualität und
„Citizenship“. Der Begriff „Intimate Citizenship“ ist weitschichtiger angelegt. „Intimate
Citizenship“ bezieht mehr Aspekte des Privatlebens in die „Citizenship“ Diskussionen mit
ein. Es geht um das Recht zu wählen, was wir mit unserm Leben, mit unserem Körper,
unserer Identität, unseren Gefühlen oder Beziehungen machen möchten (vgl. Plummer 2003).
“I use the notion of intimate citizenship to hint at worlds in the making, worlds in which
a public language of “intimate troubles” is emerging around issues of intimacy in the
private life of individuals. In a late modern world, where we are so often confronted by
escalating difficulties and a growing array of choices, the concept of intimate citizenship
can help to suggest ways of doing the personal and intimate life.” (Plummer 2003: 13f)
Plummer definiert zehn Zonen von Intimität: „self, relationships, gender, sexuality, the
family, the body, emotional life, the senses, identity and spirituality” (Plummer 2003: 14). Es
geht darum Wahlmöglichkeiten für diese Zonen von Intimität zu haben. „Intimate
Citizenship“
wird
durch
das
Familienleben,
Hochzeiten,
Freundschaften
oder
Kindererziehung auch nach außen hin sichtbar. All diese Bereiche sind nicht nur Teil der
privaten Sphäre, sie sind auch immer stark in der Öffentlichkeit verwurzelt. Plummer schaut
sich mit dem Konzept von Intimate Citizenship an, wie wir unsere Beziehungen, Emotionen,
Körper oder Sexualitäten leben (Plummer 2003 13).
Auch Elzbieta Oleksy beschäftigt sich mit „Intimate Citizenship”, sie orientiert sich hier stark
an Plummers Definition von „Intimate Citizenship” als “a range of emerging concerns over
the right to choose what people do with their lives, their bodies, identities, feelings,
relationships, representations” (Oleksy 2009:3). „Intimate Citizenship” behandelt unsere
privaten Entscheidungen und Praktiken, die stets mit öffentlichen Institutionen und Politiken
verbunden sind. Dies spiegelt sich in öffentlichen Diskursen über Familienpolitik oder
Sexualität wider (Oleksy 2009:4). Persönliche, scheinbar private, Entscheidungen finden an
der Schnittstelle zwischen privater und öffentlicher Sphäre statt. „Citizenship” sollte stets im
Kontext individueller gelebter Erfahrungen betrachtet werden, es gut um “doing”
„Citizenship” (Oleksy 2009: 4f), um „Citizenship” als “lived experience” (Lister 2007).
39
Genau diese sich stets verändernden Grenzen zwischen Privatem und Öffentlichem stehen im
Zentrum von „Intimate Citizenship”. Diese Veränderungen haben natürlich auch
Auswirkungen auf unser intimes Leben. Prinzipiell sollten alle Mitglieder einer Gesellschaft
über die gleichen Rechte verfügen. „Citizenship“ basiert jedoch auf Inklusion und Exklusion
und diese Ausschlüsse finden nicht nur außerhalb einer Gesellschaft statt. Differenzierungen
zwischen „uns“ und „denen“ können auch innerhalb einer Gesellschaft stattfinden. Nicht alle
Menschen verfügen über die gleichen Rechte und Pflichten. „To be a citizen implies „the
other” who ist not a citizen.” (Plummer 2003: 52, Hervorhebung im Original). Alle
„Citizenship-Konzepte“ basieren stets auf der Vorstellung verschiedener Gruppen, die sich
voneinander unterscheiden. Natürlich gibt es aber auch innerhalb dieser zugeschriebenen
Gruppen verschiedene Erfahrungen. Menschen können auf Grund ihres Alters, ihrer Klasse,
Religion, „Gender“ oder wegen der sexuellen Orientierung von bestimmten Rechten
ausgeschlossen sein (vgl. Cossman 2007: 177ff, Plummer 2003:50ff).
Ken Plummer beschäftigt sich in seinem Konzept von „Intimate Citizenship“ mit diesen auf
Inklusion und Exklusion beruhenden hierarchischen Strukturen innerhalb einer Gesellschaft.
Unsere privaten Entscheidungen hängen immer auch mit öffentlichen Diskursen zusammen.
Intime und private Bereiche werden von der Öffentlichkeit strukturiert. Gleichgeschlechtlich
orientierte Menschen werden nun durch verschiedene gesetzliche Bestimmungen in ihren
Wahlmöglichkeiten eingeschränkt. „We surely must be allowed to choose whom (and if) to
marry: the idea of arranged marriages or forced marriages is anathema to most ,Western`
minds.” (Plummer 2003: 24). Da gleichgeschlechtlichen Paaren dies größtenteils bis jetzt
verboten ist, zeigt dass sie ihn ihren „Citizenship-Rechten” stark eingeschränkt sind.
Durch den Fortschritt reproduktiver Technologien kam es auch zu Veränderungen von
Elternschaft, es wurden neue Elternrollen geschaffen. So gibt es nun etwa „gestational
mothers, genetic parents, parents as child raisers.” (Plummer 2003: 39). Wenn drei oder vier
Elternteile vorhanden sind kann es zu Verwirrungen bei den Bezeichnungen kommen. Gerade
gleichgeschlechtliche Paare sehen durch reproduktive Technologien die Möglichkeit sich
ihren Kinderwunsch gemeinsam erfüllen zu können. Allerdings wird ihnen oft der Zugang
dazu verwehrt. Adoption oder der Zugang zu medizinisch unterstützter Fortpflanzung basieren
noch meist auf heteronormativen Vorstellungen und sind somit oft nur für heterosexuelle
Paare zugänglich. Allerdings gibt es über Adoption wie auch den Zugang zu medizinisch
unterstützter Fortpflanzung momentan in Österreich heftige Diskussionen und der
40
Verfassungsgerichtshof ist mit einigen Klagen zur Aufhebung dieser Verbote konfrontiert.42
Die Entscheidungen werden voraussichtlich im Herbst 2012 zu erwarten sein.43 Auch der
Ausschluss aus der Ehe stellt eine Ungleichbehandlung für gleichgeschlechtliche Paare dar.
Das Leben von gleichgeschlechtlich liebenden Menschen wird durch öffentliche Diskurse und
Verbote beschränkt. Sie werden in ihren Wahlmöglichkeiten eingeschränkt. Nachfolgend soll
nun „Queer Theory“ und Heteronormativität, die Vorherrschaft von Heterosexualität als
zentrales Machtverhältnis innerhalb einer Gesellschaft, kurz beschrieben werden.
3.2. „Queer Theory“ und Heteronormativität
„Queer Theory“ bezeichnet eine in den 1990er Jahren in den USA entstandene
Forschungsrichtung.Es gibt keine einheitliche Definition von „queer“. Unter „queer“ werden
alle Menschen verstanden, die sich nicht der heteronormativen Gesellschaftsnorm anpassen
wollen oder können. Der Begriff „Queer Theory“ wurde zum ersten Mal 1990 von Teresa de
Laurentis verwendet, die dies als Titel für eine von ihr abgehaltene Konferenz an der
University of California, in Santa Cruz. Sie brachte, das von Aktivisten verwendete Wort
„queer“ mit dem akademischen „theory“ zusammen. Dieses Ereignis stellt den Beginn der
„Queer Theory“ als akademisches Feld dar (vgl. Halperin 2003: 339ff, Engel 2002:10).
„Gegenstand der Queer Theory ist die Analyse und Destabilisierung gesellschaftlicher
Normen von Heterosexualität und Zweigeschlechtlichkeit. Sie untersucht, wie
Sexualität reguliert wird und wie Sexualität andere gesellschaftliche Bereiche – etwa
staatliche Politik und kulturelle Formen – beeinflusst und strukturiert. Zentrales
Anliegen ist, Sexualität ihrer vermeintlichen Natürlichkeit zu berauben und sie als ganz
und gar von Machtverhältnissen durchsetztes, kulturelles Produkt sichtbar zu machen.“
(Jagose 2001: 11)
Der Begriff „queer“ bedeutet eigentlich nichts anderes als „sonderbar, verrückt oder
fragwürdig“, er wurde anfangs als Beleidigung für Lesben oder Schwule verwendet (vgl. u.a.
Jagose 2001, Woltersdorff 2003).
„Da in den USA die heterosexuelle Kleinfamilie als Keimzelle der Nation gilt, die deren
Reproduktion und Reinheit sichert, gab sich eine aktivistische Neugründung 1990 den
Namen „Queer Nation“ als bewusste, aber nicht unproblematische Provokation dieses
Nationenbegriffs.“ (Woltersdorff 2003:915)
42 Rechtskomitee Lambda: http://www.rklambda.at/News/index.htm, http://www.rklambda.at/iusamandi/ia-212.pdf
43 Die Standard. Ethikkommission für künstliche Befruchtung bei Lesben:
http://diestandard.at/1334531075292/Stellungnahme-Ethik-Kommission-fuer-kuenstliche-Befruchtung-beiLesben
41
Der Slogan der „Queer Nation“ war: „We´re here. We´re queer. Get used to it.“ (vgl. Butler
1990, Woltersdorff 2003, Ludwig 2011). Politische Aktivist_innen eigneten sich die
Bezeichnung „queer“ an, dadurch wurde die diffamierende Bedeutung des Begriffs mit neuen
Bedeutungsinhalten konfrontiert. Der Begriff „queer“ bekam also durch die „Queer Nation“
eine positive Bedeutung und wird seitdem als Selbstbezeichnung verwendet. Die Macht des
Begriffes zu verletzen wurde angegriffen (Woltersdorff 2003: 919f.).
Foucaults dreibändiges Werk „The History of Sexuality“ hatte großen Einfluss auf die
Entwicklung der „Queer Theory“, er wird als Säulenheiliger der „Queer Theory“
bezeichnet.44 Foucault übte in „The History of Sexuality“ große Kritik an herrschenden
Vorstellungen über sexuelle Identität. Sexualität und Homosexualität beruhen nicht auf
natürlichen Gegebenheiten, sondern sind durch soziale und historische Gegebenheiten
entstanden; Sexualität ist etwas sozial Konstruiertes. Sexualität ist keine persönliche
Eigenschaft, vielmehr ist sie eine gesellschaftliche Größe, die durch Macht hervorgebracht
wird und nicht einfach unterdrückt wird. Dieses Machtverhältnis ist für „Queer Theory“ von
zentraler Bedeutung; denn Macht ist überall und alle sind in Macht eingebunden Die
Benennung lesbischer und schwuler Identitäten bedeutet der Macht die Stirn zu zeigen
(Woltersdorff 2003: 918ff, Foucault 1983). Foucault versteht unter Macht keine Institutionen
oder Strukturen, sondern
„Die Macht ist der Name, den man einer komplexen strategischen Situation in einer
Gesellschaft gibt.“ (Foucault 1983: 114).
„Die Macht ist nicht etwas, was man erwirbt, wegnimmt, teilt, was man bewahrt oder
verliert; die Macht ist etwas, was sich von unzähligen Punkten aus und im Spiel
ungleicher und beweglicher Beziehungen vollzieht.“ (Foucault 1983: 115).
Macht schreibt dem Sex eine bestimmte Ordnung vor. Die moderne Gesellschaft versuchte die
Sexualität auf verheiratete, heterosexuelle Paare einzuschränken (Foucault 1983: 61).
Allerdings gibt es laut Foucault überall da, wo es Macht gibt auch das Potential zum
Widerstand (Foucault 1983: 116).
Judith Butler knüpfte an Foucaults Ideen über Sexualität an. Im Jahre 1990 veröffentlichte sie
das Buch „Gender Trouble“, ohne dem „Queer Theory“ wohl heute undenkbar wäre. Es wird
als eine Art „Bibel“ der „Queer Theory“ betrachtet. Butler spricht von drei Dimensionen,
44 Siehe unter anderem David M. Halperins Buch „Saint Foucault – Towards a Gay Hagiography“ über
Foucaults Bedeutung für „Queer Theory“.
42
dem anatomischen Geschlechtskörper, „sex“, der sozialen Geschlechtsrolle, „gender“ und
dem erotischen Begehren, „desire“ Durch die heterosexuelle Matrix, wird .„dieses Dreigestirn
normativ ein[ge]richtet sowie ihre Deckungsgleichheit erzwingt. Sie teilt die Menschen in
zwei und nur zwei, deutlich voneinander zu unterscheidende Geschlechter.“ (Woltersdorff
2003: 917). Geschlecht wird als Norm, als gesellschaftliches Ideal dargestellt. Alle versuchen
dem nachzueifern, entweder als Mann oder als Frau. Diese Normvorstellungen werden
fortwährend reproduziert, auch wenn es zu einer Entkopplung von Sexualität und
Fortpflanzung kommt (vgl. Butler 1990, Woltersdorff 2003). Gundula Ludwig bezeichnet
Bulter´s „heterosexual matrix“ als äußerst wichtig innerhalb der „Queer Theory“ (Ludwig
2011: 43ff). „Butler introduces the heterosexual matrix in order to reject the assumption that
gender and gendered subjects are the effects of a pregiven sex.“ (Ludwig 2011: 45).
Ausgehend von der heterosexuellen Matrix ist es möglich den Blick auf Widersprüche in der
Gesellschaft zu lenken.
„Queer Theory“ versucht die Natürlichkeit von Identitäten aufzubrechen (vgl. Gressgård
2011:25). „Queer“ ist eine Kritik an traditioneller Identitätspolitik, es ist sowohl Identität als
auch Nicht-Identität. Butler wie auch de Laurentis meinen, dass Geschlecht immer nur eine
Imitation sei und nur versucht einer Norm so gut es geht nachzueifern. Bei „Queer Theory“
geht es nun um die Anerkennung von Differenz und Heterogenität (Engel/Schuster 2007: 77).
Ein wichtiges Ziel von„Queer Theory“ ist es Heteronormativität, die Vorherrschaft von
Heterosexualität, zu dekonstruieren. Es geht darum die “hierarchische Dichotomie in Frage zu
stellen” (Holzleithner 2010: 309). Der Begriff Heteronormativität selbst ist noch relativ jung,
er wurde 1993 von Michael Warner zum ersten Mal wissenschaftlich erwähnt. Das Ziel war es
Sexualität als Grundkategorie der Gesellschaft aufzuzeigen (Wagenknecht 2007: 18).
Allerdings beschäftigten sich durchaus auch schon davor zahlreiche Theoretiker_innen mit
dieser Thematik, eine von ihnen war Adrienne Rich. Sie beschäftigte sich bereits 1980 mit
Vorstellungen über Zwangsheterosexualität. Heterosexualität sei bei Weitem nicht die einzige
Form der Sexualität, sie müsse aber als politische Institution mit Machtcharakter verstanden
werden (vgl. Rich 1980, zit. in Wagenknecht 2007).
Heteronormativität ist als gesellschaftlicher Zwang in den Staat und seine Institutionen
(Schule, Militär, Ehe) eingelagert (Woltersdorff 2003: 922).
43
“Heteronormativity is the analytical term used to explain how heterosexuality and the
rigid binary distinction of sex become naturalized and embodies in ways that make
them nearly inconstable.” (Engel 2011: 63)
Heteronormativität stellt ein wirksames soziales Konzept dar, welches die soziale
Wirklichkeit auf zwei Ebenen strukturiert. Menschen werden in zwei sich körperlich und
sozial eindeutig zu unterscheidende Geschlechter unterteilt. Zusätzlich wird Heterosexualität
als umfassendes gesellschaftliches Ordnungssystem betrachtet, das Zusammenleben der
Menschen wird dadurch strukturiert. Das Prinzip der Heteronormativität lässt sich allerdings
nicht nur in Bereichen der Sexualität, sondern auch in der gesellschaftlichen Arbeitsteilung,
der
Institution
der
Familie,
in
herrschenden
Geschlechterverhältnissen
und
Geschlechterbeziehungen wiederfinden (vgl. Bartel 2008). Heteronormativität beschreibt
„Heterosexualität als ein zentrales Machtverhältnis, das alle wesentlichen gesellschaftlichen
und kulturellen Bereiche, ja die Subjekte selbst durchzieht“ (Hartmann/Klesse 2007:9). Es
herrscht die hegemoniale Annahme heterosexueller Zweigeschlechtlichkeit; heterosexuelles
Begehren wird als natürlich
und normal angesehen. Diese Naturalisierung
der
Heterosexualität, spiegelt sich auch in der Vorstellung der heterosexuellen Paarbildung und
Reproduktion als Ursprung und Grundlage aller sozialen Beziehungen wider (vgl. Hartmann/
Klesse 2007:9, Richardson 2000). Christian Klesse meint, dass „Heteronormativität als
machtanalytisches Konzept und als politisierter Bewegungs- und Wissenschaftsdiskurs“
(Klesse 2007: 35) verstanden werden sollte .
Heteronormativität setzt das Geschlecht mit Geschlechtsidentität, Geschlechterrolle und
sexueller Orientierung gleich, die Basiseinheiten sind stets Männer und Frauen, die sich in
ihrer Sexualität aufeinander beziehen. Heterosexualität wird folglich als Norm präsentiert und
alle Abweichungen davon müssen erklärt werden. Hierdurch entsteht eine hierarchische
Gesellschaft, Maria do Mar Castro Varela bezeichnet dies als „heterosexual culture´s
privilege.“ (Castro Varela 2011: 14). Geschlecht und Sexualität sind wichtige Kategorien
gesellschaftlicher
Normalisierung
Geschlechterverhältnisse
und
definieren
nicht
Hierarchisierung.
nur
die
sozialen
und
Heteronormative
gesellschaftlichen
Bedingungen, sondern auch die Bedingungen der Repräsentation. (Engel 2002: 9ff). Auch die
Aufteilung in private und öffentliche Sphäre ist auf die heterosexuelle Norm zurückführbar
(Engel/Schuster
heterosexualisiert,
2007:
77).
Der
vorherrschende
Heteronormativität
leitet
Wissensproduktion (Hartmann/Klesse 2007: 9ff).
44
Geschlechterdiskurs
politisches
Handeln
und
ist
eindeutig
reguliert
die
„Heterosexualität kann mit Hilfe des Begriffs der heterosexuellen Matrix als ein
Herrschaftssystem dargestellt werden, das Körper und ihr Verhältnis zueinander normiert
und diese aufgezwungene Ordnung als natürlichen Grundzustand legitimiert.“
(Woltersdorff 2003: 918).
Heterosexualität wird als non plus Ultra betrachtet, sie bedarf keiner Definition oder
Erklärung., es wird als Grundbedingung und Urform aller sozialen Beziehungen gedacht
(Woltersdorff 2003: 922).
3.3. Fazit und Bedeutung für meine Arbeit
„Citizenship“ ist untrennbar mit Rechten verbunden. Plummer thematisiert in seinem
Konzept von „Intimate Citizenship“ das Recht zu wählen, wie wir unser Leben leben wollen.
Es geht darum wie scheinbar private Entscheidungen mit in öffentlichen Diskursen verknüpft
sind und vice versa. Familienplanung, Kindererziehung oder das Institut der Ehe werden sehr
stark von der Öffentlichkeit beeinflusst. Gleichgeschlechtliche Paare werden etwa durch den
Ausschluss aus der Ehe von bestimmten Rechten ausgeschlossen, ihnen werden
Entscheidungsmöglichkeiten einfach aberkannt. Sie werden in ihren Rechten auf
Familienleben und Fortpflanzung beschnitten. Durch verschiedene gesetzliche Regelungen
wird die heterosexuelle Natur von „Citizenship“ schnell ersichtlich. Gleichgeschlechtliche
Paare mit Kindern sind besonders von heteronormativ geprägten gesetzlichen Regelungen
betroffen. Die Rechtslage in Österreich basiert auf heteronormativen Wertvorstellungen,
heterosexuelle Paare werden in vielen Bereichen bevorzugt behandelt. Vor allem wenn es um
Familie und Reproduktion geht, ist Heterosexualität nach wie vor das Maß aller Dinge. Ken
Plummer nutzt die Macht des „Storytelling and listening“ um Ungleichbehandlungen
aufzuspüren. „People use their own stories and those of others to „construct themselves.“
(Plummer
2003:
146).
Diese
Narrationen
sind
immer
sozial
konstruiert
und
sozialgeschichtlich spezifisch. Auch in meiner Feldforschung ging es darum, dass die
Interviewten Geschichten über intime Aspekte ihres Lebens berichteten; angefangen von
ihrem Kinderwunsch, über Probleme bei der Planung bis hin zur Umsetzung, sowie über
diskriminierende Erfahrungen als Regenbogenfamilien.
45
4. Das Institut der Ehe
„Mit Erreichung des heiratsfähigen Alters haben Männer und Frauen gemäß den
einschlägigen nationalen Gesetzen das Recht, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu
gründen.“45
Dieser Artikel der Europäischen Menschenrechtskonvention („EMRK“) wird bis jetzt fast
ausschließlich heterosexuell interpretiert. Allerdings stellt er kein generelles Verbot dar,
welches den Eheausschluss gleichgeschlechtlicher Paare in den verschiedenen Ländern
rechtfertigen würde. Es wird nur geklärt mit welchem Alter Frauen und Männer heiraten
dürfen, ob sie die Ehe aber nun mit einem Menschen gleichen oder verschiedenen
Geschlechts eingehen ist in der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht genau
definiert (Rössl 2010: 125ff).
„Die Ehe stellt nicht nur eine verrechtlichte Intimbeziehung dar, sondern auch einen
,Status´, an den bestimmte Rechtsfolgen geknüpft sind, die nicht unbedingt die
Regelung der ehelichen Beziehung selbst betreffen, sondern anderweitig Vorteile mit
sich bringen.“ (Rössl 2010: 137)
„Verheiratet- oder Unverheiratet-Sein“ sind rechtlich anerkannte Kategorisierungen von
Menschen, sie sind vergleichbar mit jenen von Alter oder Geschlecht. Bei der Ehe geht es
nicht nur um eine Zweierbeziehung, sondern vielmehr um die mit der Ehe verbundenen
Privilegien. Die Ehe muss als politische Institution angesehen werden. Die rechtlichen
Ehevoraussetzungen
und
Ehewirkungen
ermöglichen
einen
guten
Überblick
über
Machtbeziehungen innerhalb der Gesellschaft (Rössl 2010:125). Auch Brenda Cossman
vertritt die Auffassung, dass das Recht auf Ehe weit mehr als nur irgendein Recht ist, es ist
eines der zentralsten Praktiken innerhalb von „Citizenship“ und von wichtiger Bedeutung
(vgl. Cossman 2007:70). Gleichgeschlechtlichen Paaren wird vielerorts der Zugang zur Ehe
verwehrt, das heißt sie können nicht von den Vorteilen des verheirateten Status profitieren und
Heteronormativität wird nicht reduziert. Nikolaus Benke (2010) meint zu diesem Ausschluss
folgendes:
„Der Ausschluss von der Ehe ist vor allem deshalb nicht zu bagatellisieren, weil die
ausgeschlossenen Personen eine Geringschätzung erleben, die durchaus damit
verglichen werden kann, dass man Menschen das Wahlrecht verweigert. Die Ehe hat
als Institution große Bedeutung, dass die Regeln, wer sie eingehen darf, die
Vollwertigkeit der Individuen mit definieren. Vereinfacht ausgedrückt: Personen, die
nicht heiraten dürfen, werden nicht als vollwertige Mitglieder der Gesellschaft
angesehen“. (Benke 2010: 227f)
45 Europäische Menschenrechtskonvention, Artikel 12: http://www.emrk.at/emrk.html
46
Gleichgeschlechtliche Partnerschaften sind mit verschiedengeschlechtlichen Beziehungen
nicht auf derselben Stufe angesiedelt. Gleichgeschlechtlich liebende Menschen sehen sich mit
zahlreichen
Ungleichbehandlungen
konfrontiert.
Eine
rechtliche
Anerkennung
gleichgeschlechtlicher Beziehungen bringt meist auch mehr Rechte für diese Paare mit sich,
allerdings muss es deswegen noch lange nicht zu einer wirklichen Gleichstellung kommen.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte („EGMR“) erkennt einen Wandel der
Institution der Ehe seitdem es die Europäische Menschenrechtskonvention gibt. Der „EGMR“
anerkennt
gleichgeschlechtliche
Ehe
auf
jeden
Fall,
wenn
es
sich
um
eine
Geschlechtsumwandlung eines Partners oder einer Partnerin innerhalb einer aufrechten Ehe
handelt. Hier bleibt die Ehe auch nach den operativen Eingriffen aufrecht, sodass nun zwei
Männer oder zwei Frauen miteinander verheiratet sind. Unfruchtbarkeit oder Impotenz, sowie
andere
Gründe
die
eine
Fortpflanzung
unmöglich
machen,
werden
nicht
als
Eheverweigerungsgrund betrachtet (RKL 2007 8ff).46
4.1. Situation in Österreich
Die Ehe wird auch heute noch vielerorts als Basis der Familie betrachtet und die Familie
wiederum stellt einen wichtigen Leistungsbringer für Gesellschaft und Kirche dar (KniepsPort le Roi 2009: 84f). Ehe und Familie stehen aus diesen Gründen auch unter dem
besonderen Schutz des Staates (Wapler 2010: 115). In Österreich wird das Eherecht im
Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) wie folgt definiert:
„Das Eheverhältnis beruht auf einem Ehevertrag. Darin verpflichten sich zwei Personen
verschiedenen Geschlechts, in unzertrennlicher Gemeinschaft zu leben, Kinder zu
zeugen und zu erziehen, und sich gegenseitigen Beistand zu leisten (§ 44 ABGB).“
(Holzhammer 2001: 1)
Dies zeigt, dass laut dem österreichischen Recht eine Ehe auf Geschlechtsverschiedenheit
basieren muss, sprich also nur zwischen Mann und Frau erlaubt ist. Durch die Einführung der
Eingetragenen Partnerschaft wurde befürchtet, dass die Vorrangstellung der Ehe geschwächt
werden könnte. Aus diesem Grund wurde auch versucht die Ehe durch zahlreiche
Ungleichbehandlungen von gleichgeschlechtlichen Paaren, zu schützen. Die Sicherung der
Generationenfolge, also Nachwuchs zu zeugen stellt einen wesentlichen Zweck der Ehe dar,
Kinder sind wichtig für „das Fortbestehen der staatlichen Gemeinschaft“ (Mesquita 2010: 73).
46 Siehe zum Beispiel den Fall Goodwin vs UK, nähere Informationen unter RKL 2007: 10f.
47
Die Ehe bildet nun diesen privilegierten Rahmen in dem Fortpflanzung stattfinden soll.
Gleichgeschlechtliche Paare können gemeinsam keine leiblichen Kinder bekommen, dies
wird nur allzu gern als Begründung für den Ausschluss aus der Ehe herangezogen (Mesquita
2010: 72ff). Statt einer möglichst großen Angleichung an die Ehe wurde in Österreich mit der
Eingetragenen Partnerschaft ein eigenes Sondergesetz geschaffen, sodass es nach wie vor zu
keiner Gleichstellung zwischen gleich- und verschiedengeschlechtlichen Paaren kommt.
4.2. Forderung nach Öffnung der Ehe
Die Forderung der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare ist noch relativ jung und
begann erst Anfang der 1990er. Bis dahin gab es feministische Kritik an der Ehe als
„bürgerliche patriarchale Institution, die zur Aufrechterhaltung und Absicherung rigider
hierarchischer Geschlechternormen und geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung beiträgt“
(Mesquita 2010: 127). In den frühen 1980ern wurde in den USA für eine Einführung von
„domestic partnerships“ für gleichgeschlechtliche Paare als Alternative zur Ehe gekämpft.
Einige Jahre später stand schließlich die Schaffung der „Homo-Ehe“ im Zentrum der Lesbenund Schwulenbewegung. Nun werden die gleichen Rechte wie Ehepaare eingefordert (vgl.
Mesquita 2010:127ff).
„Die Geschlechterdifferenz und gemeinsame Reproduktionsfähigkeit verlieren als
Kriterien der Maßstabsbildung zwar an Bedeutung. Die Zweierbeziehung wird jedoch
ebenso wenig hinterfragt, wie die Höherbewertung „intimer“ geschlechtlicher
Beziehungen. Die Ehe bleibt mit dem Einschluss gleichgeschlechtlicher Paare das
erstrebenswerte, zu Recht gegenüber anderen Lebens- und Beziehungsformen
privilegierte – weil für die Gesellschaft wertvolle – normative Ideal, das ideale Modell
also, in dessen Rahmen sexuelle Beziehungen, Verantwortung und die Erziehung von
Kindern am besten organisiert sind und sein sollen.“(Mesquita 2010: 162)
Aus „queer–feministischer“ Sicht stellt die Öffnung der Ehe nicht den Endpunkt politischer
Auseinandersetzungen um Gleichheit für Lesben und Schwule dar. Es ist notwendig nach
Alternativen zum bestehenden Recht zu suchen und diese einzufordern. Durch eine Schaffung
von rechtlichen Strukturen, die Hierarchisierungen und Ausschlüsse vermeiden sollen, würde
die Vielfalt der unterschiedlichen Beziehungs- und Familienformen besser akzeptiert werden
(Mesquita 2010: 163ff).
“Marriages are quintessential heteronormative practices, not merely because they have
until now been the exclusive privilege of heterosexual couples but also because as a
heteronormative institution par excellence, marriage functions as a crucial instrument of
hegemony.” (Castro Varela 2011: 98)
48
Das generelle Ziel sollte es also eher sein, das Eherecht zu transformieren und gewisse
Privilegien, die mit der Ehe einher gehen, auch anderen zu gestatten. Es geht darum mehr
Raum für gleichgeschlechtliche Beziehungen zu schaffen, sie sollen von den gleichen Rechten
wie heterosexuelle Paare profitieren können. Die Schaffung „neuer Subjektpositionen“ abseits
von hetero- und homosexuell, oder Mann und Frau, ist hierfür ein Muss (Holzleithner 2010:
312). Die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare verfestigt aus „queerer“
Sichtweise die Heteronorm noch zusätzlich. Nichtsdestotrotz geht die Öffnung der Ehe für
gleichgeschlechtliche Paare doch mit einem gewissen Rechtezuwachs einher. Es findet
zumindest eine staatliche Anerkennung der Beziehung statt. Im Jahre 2012 gibt es die
gleichgeschlechtliche Ehe nur in einigen wenigen Staaten der Erde. Diese Länder sind:
Niederlande (2001), Belgien (2003), Spanien, Kanada (2005), Südafrika (2006), Norwegen,
Schweden (2009), Portugal, Island und Argentinien (2010) sowie in mehreren USBundesstaaten und in Mexiko-Stadt.
4.3. Fazit und Bedeutung für meine Arbeit
Die Ehe ist nicht nur als Verbindung zweier Menschen zu sehen, viel mehr ist sie eine
politische Institution durch die bestimmte Rechte erworben werden. Menschen werden durch
den Status verheiratet oder unverheiratet jeweils anderen Kategorien zugeteilt. Das Recht auf
Ehe ist die zentralste Praktik innerhalb von „Citizenship“, sie ist von großer Bedeutung. Bei
der Forderung gleichgeschlechtlicher Paare nach Öffnung der Ehe, geht es genau um den
Gewinn dieser Rechte. Ehepaare haben die gemeinsame Obsorge über Kinder und auch die
Absicherung der Kinder ist geregelt. Es geht also nicht um das Institut der Ehe selbst, sondern
um die Erlangung der damit verbundenen Privilegien. Gleichgeschlechtliche Paare werden
durch den Ausschluss aus der Ehe diskriminiert. Das Hauptziel sollte es sein, eine
Gleichstellung
gleichgeschlechtlicher
Paare
mit
verschiedengeschlechtlichen
Paaren
unabhängig von Ehe zu schaffen.
5. Zusammenfassung theoretischer Rahmen
Dieser Abschnitt beschäftigte sich mit Begriffsklärungen zentraler Konzepte und rechtlicher
Begriffe dieser Arbeit. Des Weiteren wurde auf die Bedeutung von „Intimate Citizenship“ für
diese Arbeit aufmerksam gemacht. „Intimate Citizenship“ thematisiert das Recht zu wählen
jedes Bürgers und jeder Bürgerin. Durch den Ausschluss der Ehe oder der Verweigerung des
Zugang zu medizinisch unterstützter Fortpflanzung kommt es zu einer Beschneidung der
49
„Citizenship-Rechte“ gleichgeschlechtlicher Paare. Heterosexualität wird nach wie vor nur all
zu oft als Maß aller Dinge betrachtet. Die heterosexuelle Vorherrschaft, Heteronormativität,
lässt sich in staatlichen Institutionen wie der Ehe stark wiederfinden. Bei der Ehe handelt es
sich um weit mehr als eine reine Anerkennung einer Zweierbeziehung, vielmehr geht es um
einen Statusgewinn mit Zugang zu bestimmten Rechten und Privilegien.
In meiner empirischen Forschung ging es stets um die Überschneidungen zwischen privater
und öffentlicher Sphäre. Ein Schwerpunkt wird auf Familienplanung, Ehe und ein
diskriminierungsfreies Leben gelegt. Gleichgeschlechtliche Paare werden in ihren
Wahlmöglichkeiten durch rechtliche Regelungen stark eingeschränkt. Nachfolgend soll nun
die rechtliche Stellung gleichgeschlechtlicher Paare in Österreich näher gebracht werden.
III. RECHTLICHER RAHMEN
Hier wird zuerst ein kleiner Überblick über gesetzliche Regelungen zu Homosexualität
weltweit gegeben, bevor im Anschluss speziell auf die Situation in Österreich und die
Eingetragene Partnerschaft eingegangen wird. Die historische Entwicklung bis hin zur
Entstehung der Eingetragenen Partnerschaft soll geschildert werden. Die Eingetragene
Partnerschaft bildet den rechtlichen Rahmen für das Zusammenleben gleichgeschlechtlicher
Paare in Österreich und somit auch den rechtlichen Rahmen dieser Arbeit.
1. Gesetzliche Regelungen gleichgeschlechtlicher Beziehungen weltweit
Um die rechtliche Lage für gleichgeschlechtliche Paare in Österreich besser einschätzen zu
können, möchte ich in diesem Abschnitt einen kleinen weltweiten Überblick über die Stellung
und Anerkennung gleichgeschlechtlicher Beziehungen bringen. Hierfür werde ich zuerst über
die Entwicklung und Ausbreitung der Eingetragenen Partnerschaft berichten. Im Anschluss
soll gezeigt werden in welchen Ländern mittlerweile die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare
geöffnet ist, oder wie es mit Adoptionsmöglichkeiten, Zugang zu medizinisch unterstützter
Fortpflanzung, Leihmutterschaft und Pflegeelternschaft aussieht.
50
1.1. Die Entstehung der Eingetragenen Partnerschaft in Europa
Bei der Darstellung der Entstehungsgeschichte der Eingetragenen Partnerschaften berufe ich
mich in erster Linie auf Jens Rydströms Artikel „Legalizing Love in a Cold Climate“ (2008).
Die Eingetragene Partnerschaft wird oft auch als „Scandinavian Invention“ (Rydström 2008:
199; vgl. Wintermute 1997) bezeichnet, da sich ausgehend von Skandinavien diese
gesetzlichen Regelungen auf andere Staaten ausbreiteten. Dänemark gilt als Ursprungsland
registrierter Partnerschaften, es verfügte bereits im Jahre 1989 über eine Eingetragene
Partnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare. Diese Entwicklung löste einen Dominoeffekt in
anderen nordischen Staaten aus. 1993 folgte Norwegen dem Beispiel Dänemarks, 1995
Schweden, 1996 Island und Grönland. Finnland bildete eine Ausnahme innerhalb der
skandinavischen Staaten, denn hier wurde die Eingetragene Partnerschaft erst 2002
eingeführt. Es dauerte einige Jahre bis auch andere europäische Länder eine rechtliche
Rahmenbedingung für gleichgeschlechtliche Paare schufen, die ersten waren Holland (1998),
Frankreich (1999) und Deutschland (2001) (Rydström 2008: 198ff).
Es ist nicht verwunderlich, dass registrierte Partnerschaften in Skandinavien ihren Ursprung
haben. Schon vor Einführung der Eingetragenen Partnerschaft gab es Forderungen die
Vormachtstellung der heterosexuellen Kernfamilie als Basisstruktur des Wohlfahrtsstaates
abzuschaffen (Rydström 2008: 202ff). „Welfare in Scandinavia is individually based, the
institutions of marriage and partnership are no longer necessary, either to raise children or to
get social benefit.” (ebd. 209). Allerdings wurde dennoch in den meisten Ländern gezielt
darauf geachtet, dass es auch weiterhin klare Unterschiede zwischen einer traditionellen Ehe
und einer registrierten Partnerschaft gibt.
„On the one hand same-sex couples are described as “ordinary” people, but on the
other, the exceptions of the new law and the symbols of the ceremony clearly state that
these laws provide an exceptional status for people who are exceptions.” (Rydström
2008: 206)
Auch innerhalb der schwul-lesbischen „Community“ gibt es unterschiedliche Haltungen zur
Eingetragenen Partnerschaft und gleichgeschlechtlichen Ehe. Aus „queer-feministischer“
Perspektive stellt eine Öffnung der Ehe auch eine Art Bedrohung für „Queers“ dar: „Gay
marriage is the most significant component of a general assimilation of gays and lesbians,
which threatens to suffocate queer subculture.” (Rydström 2008: 214).
51
Dennoch ist es natürlich schwierig gleichgeschlechtlichen Paaren ihren Wunsch auf
Anerkennung ihrer Partnerschaft abzusprechen. Mit dem „lesbian” oder „gayby baby-boom“
(Mamo 2007, Mezey 2008) seit den 1990ern und der vermehrten Entstehung von
Regenbogenfamilien sind selbstverständlich auch neue Forderungen aufgetreten. Die
feministische Kritik an der Ehe als patriarchale Institution hat in den letzten Jahren etwas
abgenommen und die Forderung der Öffnung der Ehe trat vermehrt in den Vordergrund
(Rydström 2008: 210f, Holzleithner 2010).
1.2. Kurzer Überblick: Homosexualität weltweit
In den letzten Jahren kam es zu vielen Veränderungen und zu einem Wandel der Ehe in
einigen Staaten. Mittlerweile ist in zehn Staaten die Ehe auch für gleichgeschlechtliche Paare
geöffnet wurde. In folgenden Staaten gibt es die gleichgeschlechtliche Ehe: Niederlande
(2001), Belgien (2003), Spanien (2005), Kanada (2005), Südafrika (2006), Norwegen (2009),
Schweden (2009), Vereinigte Staaten: Massachusetts (2004), Connecticut (2008), Kalifornien
(Mai-November 2008, ab 2012 wieder), Iowa (2009), Vermont (2009), New Hampshire
(2010), District of Columbia (2010), New York (2011), Mexiko: Mexiko Stadt (2010),
Portugal (2010), Island (2010), Argentinien (2010), Washington (2012), Maryland (2012).
Allerdings ist Ehe nicht gleich Ehe, in einigen der eben angeführten Länder gibt es dennoch
nach wie vor Ungleichbehandlungen zwischen verschieden- und gleichgeschlechtlichen
Paaren.
In Schweden ist es Frauen- und Männerpaaren seit November 2009 möglich auch eine
kirchliche Trauung innerhalb der evangelisch-lutherischen Schwedischen Kirche in Anspruch
zu nehmen. Hier gibt es auch ansonsten Unterschiede zur „Hetero-Ehe“.47
In Südafrika sieht die Sache hingegen dessen ganz anders aus. Die Ehe ist zwar auch hier seit
2006
geöffnet,
aber
dennoch
stehen
Diskriminierungen
und
Verfolgungen
gleichgeschlechtlicher Paare an der Tagesordnung. Vergewaltigungen stehen auf der
Tagesordnung und sich gesellschaftlich akzeptiert. Eine besondere Form der Vergewaltigung
stellt die „korrigierende Vergewaltigung“ dar. Hierbei handelt es sich um Gewaltverbrechen
an lesbischen Frauen, die durch Vergewaltigungen heterosexuell gemacht werden sollen. Bei
den Vergewaltigungen geht es um eine Demonstration männlicher Machtansprüche. Die Täter
47 Gleichgeschlechtliche Ehe in Schweden: http://de.wikipedia.org/wiki/Gleichgeschlechtliche_Ehe,
http://www. N24.de/news/newsitem 5539420.html
52
lassen sich in allen Gesellschaftsschichten finden und müssen größtenteils mit keinen
Bestrafungen für ihre Tat rechnen.48
Die nachfolgende Darstellung liefert einen graphischen Überblick über die gesetzlichen
Regelungen gleichgeschlechtlicher Beziehungen weltweit:
Abbildung 3: Gesetzliche Regelungen zu Homosexualität weltweit
English (en)
Laws regarding same-sex sexuality
No information
Homosexuality legal
Homosexuality illegal
Same-sex marriage
Other type of partnership (or unregistered cohabitation)
Foreign same-sex marriages
No recognition of same-sex couples
Minimal penalty
Large penalty
Life in prison
Death penalty
Fast alle europäischen Staaten gewähren gleichgeschlechtlichen Paaren entweder die Ehe oder
zumindest eine Eingetragene Partnerschaft. Allerdings beschränken sich gleichgeschlechtliche
Ehen nicht mehr nur auf Europa und den Norden; auch Südafrika und Argentinien öffneten die
Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. Nichtsdestotrotz darf nicht vergessen werden, dass
gleichgeschlechtliche Handlungen in zahlreichen Ländern der Welt nach wie vor mit
lebenslangen Haftstrafen oder sogar der Todesstrafe geahndet werden. Zu diesen Ländern
gehören : Barbados, Guayana, Iran, Irak, Jemen, Mauretanien, Myanmar, Nigeria, Pakistan,
48 „Korrigierende Vergewaltigungen“ in Südafrika:
http://www.freitag.de/community/blogs/kallewirsch/korrigierende-vergewaltigung-frauenverachtung-insuedafrika, http://www.avaaz.org/de/stop_corrective_rape_6/,
http://www.welt.de/politik/article3955294/Jeder-vierte-Mann-in-Suedafrika-ist-Vergewaltiger.html
53
Saudi Arabien Sierra Leone, Somalia Sudan, Vereinigte Arabische Emirate.49 Die meisten
Staaten verweigern gleichgeschlechtlichen Paaren nach wie vor eine rechtliche Anerkennung
der Beziehung und auch in Ländern mit gleichgeschlechtlicher Ehe oder Eingetragener
Partnerschaft gibt es zahlreiche Ungleichbehandlungen zwischen gleichgeschlechtlichen und
verschiedengeschlechtlichen Paaren.
2. Situation in Österreich
In Österreich schaffen es gleichgeschlechtliche Paare erst jetzt im 21. Jahrhundert schön
langsam präsenter in der Öffentlichkeit zu werden. Dies ist auch nicht sonderlich
verwunderlich ist, wenn man bedenkt, dass sich Österreich durchaus über 20 Jahre Zeit ließ
um Dänemarks Beispiel zu folgen. Österreich gehört also im europäischen Vergleich eher zu
den Nachzüglern in Sachen Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Beziehungen.
Doch dies war nicht immer so, 1787 war Österreich das erste Land weltweit, welches die
Todesstrafe für gleichgeschlechtliche Beziehungen abschaffte. Allerdings gab es dennoch
auch weiterhin brutalste Strafen für h Handlungen. Selbst Mitte des 19. Jahrhunderts kam es
noch zu langen Kerkerstrafen für gleichgeschlechtliche Beziehungen (vgl. Graupner 2001).
Bis ins Jahr 1971 galt in Österreich das Totalverbot der Homosexualität, erst dann wurde
Homosexualität straffrei gemacht. Nichtsdestotrotz gab es auch weiterhin rechtliche
Unterschiede zwischen homosexuellen und heterosexuellen Beziehungen (Graupner 2001).
Ein großer Diskriminierungspunkt war Paragraph § 209, der das gesonderte Mindestalter für
männliche Homosexuelle regelte, dieser trat erst 2002 außer Kraft, da er vom
Verfassungsgerichtshof als gleichheitswidrig angesehen wurde.
Am 1.1.2010 schaffte es Österreich endlich dem Beispiel zahlreicher anderer Länder zu
folgen und ein Gesetz für gleichgeschlechtliche Paare zu bilden. Seitdem haben
gleichgeschlechtliche Paare in Österreich die Möglichkeit ihre Partnerschaft zu registrieren.
Hier verbinden sich zwei Personen des gleichen Geschlechts zu einer auf Dauer angelegten
Partnerschaft mit gegenseitigen Rechten und Pflichten. Die Eingetragene Partnerschaft („EP“)
ist, wie die Ehe, vor allem ein Vertrag, allerdings gibt es doch gravierende Unterschiede
zwischen „EP“ und Ehe50 (vgl. Gröger/Haller 2010). Der Ausgangspunkt für die Einführung
49 Homosexualität weltweit: http://de.wikipedia.org/wiki/Gesetze_zur_Homosexualit%C3%A4t
50 Die eingetragene Partnerschaft: http://www.partnerschaftsgesetz.at/
54
der Eingetragenen Partnerschaft in Österreich war die Tatsache, dass es bis zu diesem
Zeitpunkt keinen rechtlichen Rahmen für das Zusammenleben gleichgeschlechtlich
orientierter Menschen gab. Dies widersprach der Europäischen Menschenrechtskonvention
(„EMRK“). Österreich wurde nun von Seiten des Europäischen Gerichtshofes für
Menschenrechte („EGMR“) dazu aufgefordert, „den Ausschluss gleichgeschlechtlicher Paare
von der Zivilehe (Art.12 „EMRK“) beziehungsweise das Fehlen eines vergleichbaren
Rechtsinstituts (Art.8, 14 „EMRK“) zu rechtfertigen“ („RKL“ 2007: 11). Für den 14. Jänner
2010 wäre eine öffentliche Verhandlung des „EGMR“ bezüglich des Fehlens einer
Partnerschaftsregelung für gleichgeschlechtliche Paare in Österreich geplant gewesen. Die
Eingetragene Partnerschaft ist also keine eigene Entscheidung Österreichs, sondern Österreich
musste sich dem Druck des „EGMR“ beugen und ein Rechtsinstitut für gleichgeschlechtliche
Paare schaffen. Durch die Androhung von Sanktionen wurde der Entscheidungsprozess
verkürzt und die Eingetragene Partnerschaft wurde schneller als erwartet in die Realität
umgesetzt (vgl. „RKL“ 2007). Die „EP“ bildet die rechtliche Grundlage für das
Zusammenleben gleichgeschlechtlicher Paare in Österreich. Da sich Österreich gegen eine
Gleichstellung
gleichgeschlechtlicher
Paare
mit
verschiedengeschlechtlichen
Paaren
entschied, und keine Generalklausel mit Vermerk auf die Ehe eingeführt wurde, kam es zu
zahlreichen Veränderungen in verschiedenen Rechtsbereichen.51
Die Parlamentarische Versammlung des Europarates sieht gleichgeschlechtlich orientierte
Menschen als Opfer jahrhundertealter Vorurteile. Neue Mitglieder im Europarat und der
Europäischen Union verpflichten sich dazu, diskriminierende Bestimmungen auf Grund
sexueller Orientierung aufzuheben. Sexuelle Selbstbestimmung ist ein zentrales Schutzgut der
Europäischen Menschenrechtskonvention, Diskriminierungen auf Grund von sexueller
Orientierung widersprechen diesem und dürfen nicht akzeptiert werden („RKL“ 2007). Diese
Diskriminierungen müssen als genauso schwerwiegend wie Diskriminierungen auf Grund des
Geschlechts oder der Religion betrachtet werden. Diskriminierende Ungleichbehandlungen
wegen der sexuellen Orientierung bedürfen besonders schwerwiegender Gründe. Ein
Totalverbot
von
gleichgeschlechtliche
menschenrechtswidrig
Homosexualität
und
oder
unterschiedliche
verschiedengeschlechtliche
betrachtet,
sie
Altersgrenzen
Beziehungen
widersprechen
der
werden
für
als
Europäischen
Menschenrechtskonvention, welche am 3.9.1958 in Österreich in Kraft trat 52 („RKL“ 2007).
51 Ministerialentwurf, Materialien und Stellungnahmen:
http://www.parlament.gv.at/PAKT/PR/JAHR_2009/PK1029/,
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/I/I_00485/fnameorig_172332.html
52 Europäische Menschenrechtskonvention: http://www.emrk.at/
55
2.1. Allgemeine Informationen zur Eingetragenen Partnerschaft
„Die Eingetragene Partnerschaft gilt als eine verbindliche, auf Dauer ausgerichtete und
staatlich anerkannte Partnerschaft, und geht mit zahlreichen Rechten und Pflichten einher.“53
Paragraph 1 des Gesetzes besagt, dass die „EP“ die Begründung, die Wirkungen und die
Auflösung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften regelt (Gröger/Haller 2010:25, §1). Der 2.
Abschnitt des Eingetragenen Partnerschafts-Gesetzes („EPG“) erklärt schon, dass es sich hier
um eine auf Dauer ausgelegte Lebensgemeinschaft von zwei Personen des gleichen
Geschlechts handelt (Gröger/Haller 2010:27, §2). Verschiedengeschlechtlichen Paaren ist es
verboten eine Eingetragene Partnerschaft zu begründen (Gröger/Haller 2010: 30, §5/1).
Gleichgeschlechtliche Paare dürfen also eine Eingetragene Partnerschaft schließen, sind aber
von der Ehe ausgeschlossen. Verschiedengeschlechtlichen Paaren steht es offen zu heiraten,
sie dürfen aber keine Eingetragene Partnerschaft eingehen. Diese Regelungen widersprechen
dem Gleichheitsgrundsatz.
Es wurden bewusst zahlreiche Unterschiede zwischen „EP“ und Ehe geschaffen, damit es zu
keinen Verwechslungen kommen könne. Es ist nicht vorgesehen, dass gleichgeschlechtliche
Paare ihre Partnerschaft auf dem Standesamt eingehen, sie sollen dies bei der
Bezirksverwaltungsbehörde machen. Das Paar muss nur persönlich anwesend sein und ein
Protokoll unterschreiben, Trauzeugen sind nicht vorgesehen. Zudem besteht auch kein
Anspruch auf eine feierliche Gestaltung der Eintragung und Begründung der Eingetragenen
Partnerschaft (Gröger/Haller 2010). Auch das traditionelle Ja-Wort, der Kuss und der
Ringtausch sind bei der Registrierung der Partnerschaft nicht vorgesehen. Die Unterschrift der
beiden Partner_innen reicht um die Eingetragene Partnerschaft zu besiegeln. Allerdings
verfügen die Behörden über einen gewissen Spielraum wie eine Schließung der Partnerschaft
von statten gehen kann.54
2.2. Entstehungsgeschichte der Eingetragenen Partnerschaft
Bis es zur Einführung der „EP“ in Österreich kam, dauerte es viele Zeit; mehrere
Legislaturperioden mussten vergehen. Unter den einzelnen Parteien gab es sehr
unterschiedliche
Meinungen
zur
Erschaffung
eines
eigenen
Sonderinstituts
gleichgeschlechtliche Paare.
53 Partnerschaftsgesetz: http://www.partnerschaftsgesetz.at/
54 Partnerschaftsgesetz - Eintragung: http://www.partnerschaftsgesetz.at/rechtliches/eintragung/eintragung2
56
für
Die Grünen wollten für gleichgeschlechtliche Paare deutlich mehr als ihnen die „EP“ jetzt
zugesteht. Sie forderten bereits 2005 die Öffnung der Ehe beziehungsweise die Einführung
eines Zivilpakts („ZIP“; angelehnt an Frankreichs „PACS“,55) für gleich- wie auch
verschiedengeschlechtliche Paare. Sie brachten schließlich zwei Initiativanträge ein, einen zur
Einführung des „ZIP“ und einen zur Öffnung der Ehe (Benke 2010: 237ff). In den darauf
folgenden Jahren versuchten auch andere Parteien immer wieder die Etablierung eines
Rechtsinstituts für gleichgeschlechtliche Paare (Benke 2010: 234f). Diese Initiativanträge
sahen vor, dass die Eingetragene Partnerschaft mit Ausnahme der Paaradoption den
Rechtswirkungen einer Ehe gleichkommen solle (Gröger/Haller 2010:1).
Durch den Regierungswechsel 2007 kam es allerdings zu keiner Realisierung dieser Pläne.
Erst 2008 legte die damalige Justizministerin Maria Berger („SPÖ“) einen Gesetzesentwurf
namens „Lebenspartnerschaftsgesetz – LPartG“ vor.56 Dieser Entwurf wurde zwar von
unterschiedlichen Vereinen und Gruppierungen kritisch begutachtet, schaffte es aber ebenfalls
nicht als Gesetz implementiert zu werden. Im September 2008 kam es zu Neuwahlen in
Österreich und die Debatten um die Einführung eines Partnerschaftsgesetzes für
gleichgeschlechtliche Paare wurden schließlich erst in den folgenden Legislaturperioden
wieder aufgenommen (Gröger/Haller 2010:2). Dennoch diente dieser Gesetzesentwurf in
weiterer Folge als Grundlage für das Eingetragene Partnerschafts- Gesetz. Der
Gesetzesentwurf wurde von Justizministerin Claudia Bandion-Ortner („ÖVP“, als
parteiunabhängige Bundesministerin für Justiz in der „SPÖ-ÖVP“ Koalitionsregierung
angelobt) weiter bearbeitet und schließlich im November 2009 dem Nationalrat als
„Eingetragenes Partnerschafts-Gesetz“ („EPG“) vorgelegt.
Die Debatten rund um die Einführung dieses Gesetzes verliefen auf sehr emotionaler Ebene.57
Es erfolgte keine weitere Begutachtung, am 10.12.2009 wurde das Gesetz mit einer einfachen
Mehrheit im Nationalrat beschlossen und erlangte mit 1.1.2010 seine Wirksamkeit (Benke
2010:234f, Gröger/Haller 2010:3). „Grüne“ und „SPÖ“ hätten gleichgeschlechtlichen Paaren
gerne durchaus mehr zugestanden. Hingegen dessen waren „BZÖ“ und „FPÖ“ strikt gegen
55 PACS, 2009 in Frankreich eingeführt, steht für „pacte civil de solidarité“: Vertrag zwischen zwei Personen
gleichen oder unterschiedlichen Geschlechts, der die Organisation des gemeinsamen Lebens regelt.
de.wikipedia.org/wiki/Ziviler_Solidaritätspakt
56 Ministerialentwurf, Materialien und Stellungnahmen:
http://www.parlament.gv.at/PG/DE/XXIII/ME/ME_00189/pmh.shtml
57 Aufzeichnungen der Parlamentssitzungen von Dezember 2009:
Parlamentskorrespondenz 3.12.2009: http://www.parlament.gv.at/PAKT/PR/JAHR_2009/PK1080/
Parlamentskorrespondenz 10.12.2011: http://www.parlament.gv.at/PAKT/PR/JAHR_2009/PK1097/
57
die Einführung der „EP“, da diese eine Bedrohung für die heterosexuelle Familie darstelle.
Die „ÖVP“ stellte bestimmte Bedingungen und die jetzige Form der Eingetragenen
Partnerschaft entspricht nun größtenteils den Vorstellungen der „ÖVP“. Für sie war es
wichtig, dass es unter gar keinen Umständen zu einer allzu großen Annäherung an die Ehe
kommen würde. Ehe und Familie müssten ihrer Meinung nach besonders geschützt werden.58
Österreich nahm sich bei der Einführung der Eingetragenen Partnerschaft die Schweiz und
deren Partnerschaftsgesetz zum Vorbild. Allerdings verfügen gleichgeschlechtliche Paaren in
der Schweiz über mehr Rechte als österreichische (vgl. Gröger/Haller 2010, Benke 2010). Das
„EPG“ in der nun vorliegenden Form kann als Institution in klarer Distanz zur Ehe verstanden
werden. Es wurden gezielt Ungleichbehandlungen im Vergleich zum Eherecht gemacht,
sodass es unter keinen Umständen zu einer allzu großen Annäherung des „EPG“ an die Ehe
kommen könne (Benke 2010: 239f). Auch innerhalb der lesbi-schwulen „Community“ gibt es
unterschiedliche Positionierungen zum „EPG“. Das Rechtskomitee „LAMBDA“ setzt sich
gezielt ein um gegen die bestehenden Ungleichbehandlungen vorzugehen und um
gleichgeschlechtlichen Paaren zu mehr Rechten zu verhelfe. Hingegen dessen begrüßte die
„HOSI Wien“ sehr freundlich das neue Gesetz und freute sich über eine gesetzliche
Rahmenbedingung für gleichgeschlechtliche Paare nun auch in Österreich.59
Die gravierendsten Ungleichbehandlungen im „EPG“ sind das absolute Adoptionsverbot für
gleichgeschlechtliche Paare und das Verbot auf medizinisch unterstützte Fortpflanzung
(Gröger/Haller 2010: 35). Gleichgeschlechtlichen Paaren haben in Österreich keinen Zugang
zu
Fortpflanzungsmedizin
und
neuen
Reproduktionstechnologien.
Das
Fortpflanzungsmedizingesetz („FmedG“) wurde durch die Erschaffung des „EPG“ so weit
verändert, dass es für gleichgeschlechtliche Paare wirklich nicht mehr zutrifft, „die eheliche
Lebensgemeinschaft“ wurde durch „verschiedengeschlechtliche Lebensgemeinschaft“ ersetzt
(Gröger/Haller 2010: 102 § 2/1 „FmedG“). Selbst unverheiratete verschiedengeschlechtliche
Paare verfügen also teilweise über mehr Rechte als verpartnerte gleichgeschlechtliche Paare.
Es macht den Anschein als sollten gleichgeschlechtliche Paare unter allen Umständen von
Familienplanung und Kindererziehung ausgeschlossen werden. Es wurde allerdings
vergessen, dass Paare die Kinder wollen, dennoch, wenn auch unter erschwerten
Voraussetzungen, einen Weg finden werden ihren Kinderwunsch in die Realität umzusetzen.
58 Parlamentskorrespondenz 18.12.2009: http://www.parlament.gv.at/PAKT/PR/JAHR_2009/PK1131/
59 Rechtskomitee LAMBDA: http://www.rklambda.at/News/index.htm
HOSI Wien: http://www.hosiwien.at/
58
Durch das „EPG“ wurde die Tatsache geleugnet, dass es bereits existierende
Regenbogenfamilien
in
Österreich
gibt.
Gegen
einige
dieser
diskriminierenden
Ungleichbehandlungen sind mehrere Klagen beim Verfassungsgerichtshof anhängig. So war
es etwa gleichgeschlechtlichen Paaren nach der Verpartnerung zwar gestattet einen
gemeinsamen Doppelnamen zu führen, allerdings durften sie keinen Bindestrich zwischen
dem
Doppelnamen
führen.
Dieses
Verbot
wurde
im
November
2011
vom
Verfassungsgerichtshof als nicht rechtsgültig anerkannt und aufgehoben.60
Im ersten Jahr, 2010, nahmen laut Statistik Austria 705 gleichgeschlechtliche Paare die
Möglichkeit einer Verpartnerung in Anspruch. Die Prognosen für das erste Jahr beliefen sich
auf rund 2000 Verpartnerungen. Etwa zwei Drittel der verpartnerten Paare sind Männerpaare.
Der deutlich größere Männeranteil ist sicherlich auf Diskriminierungen innerhalb der „EP“
zurück zu führen, von den familienfeindlichen Paragrafen sind Frauen naturgemäß stärker
betroffen als Männer.61. 2011 gab es einen 50 prozentigen Rückgang bei den Verpartnerungen,
es gingen nur noch 433 Paare eine Eingetragene Partnerschaft ein.62 Die Hälfte aller
Verpartnerungen
Österreichs
wurde
bisher
in
Wien
geschlossen.
Wien
bietet
gleichgeschlechtlichen Paaren ein umfangreiches Verpartnerungspaket an, hier stehen ihnen
auch mehr Orte, Räumlichkeiten und Möglichkeiten zur Verfügung. Sie dürfen sich, an allen
Orten an denen Eheschließungen gestattet sind, verpartnern lassen.63 Österreich liegt mit den
Verpartnungsschließungen im europäischen Mittelfeld. Die rot-grüne Regierung in Wien
fordert nun mit einem Resolutionsantrag eine Gleichstellung von Regenbogenfamilien. Der
Forderungskatalog umfasst medizinisch unterstützte Fortpflanzung auch für alleinstehende
Frauen und Lesben in Eingetragener Partnerschaft, gemeinsame Adoptionsmöglichkeit für
gleichgeschlechtliche Paare und die generelle Öffnung der Ehe. Auch in anderen Ländern kam
es im zweiten Jahr nach der Einführung eines Partnerschaftsgesetzes für gleichgeschlechtliche
Paare zu einem Rückgang. Dies liegt sicherlich auch daran, dass sich im ersten Jahr viele
Paare
verpartnern,
die
schon
lange
sehnlichst
auf
diese
Möglichkeit
gewartet
60 Rechtskomitee Lambda: http://www.rklambda.at/dokumente/news_2011/News-de_PA-111112-BindestrichDiskriminierung.pdf, http://www.rklambda.at/iusamandi/ia-4-11.pdf
Partnerschaftsgesetz: http://www.partnerschaftsgesetz.at/news/2011/11/26/doppelname-mit-bindestrich/
61 think outside the box: Eingetragene Partnerschaft: 40% weniger Verpartnerungen in Steiermark 2011: http://
www.thinkoutsideyourbox.net/?p=20591
62 Partnerschaftsgesetz: http://www.partnerschaftsgesetz.at/news/2011/09/27/anzahl-der-eps-im-1-halbjahr2011/
63 der Standard: - Traumhochzeiten boomen: Rückgang bei Hochzeiten und Verpartnerungen:
http://derstandard.at/1325485619675/Traumhochzeiten-boomen-Rueckgang-bei-Hochzeiten-undVerpartnerungen-in-Wien
59
haben.64Allerdings entscheiden sich auch sicherlich genügend Paare auf Grund der
zahlreichen Ungleichbehandlungen und Diskriminierungen gegen eine Verpartnerung.65 Das
„EPG“
bringt
gleichgeschlechtlichen
Paaren
nicht
die
gleichen
Rechte
wie
verschiedengeschlechtlichen Paaren, heteronormative Grundvorstellungen werden nicht
abgebaut. Es findet nach wie vor eine Zweiteilung und Hierarchisierung statt. Die Ehe steht
weiterhin nur verschiedengeschlechtlichen Paaren offen, für gleichgeschlechtliche Paare gibt
es nur die Möglichkeit der Eingetragenen Partnerschaft, die ihnen deutlich weniger Rechte als
verheirateten Paaren zugesteht.
3. Fazit und Bedeutung für meine Arbeit
In Österreich ist gleichgeschlechtlichen Paaren keine gemeinsame Adoption gestattet, auch
die Stiefkindadoption ist verboten. Gleichgeschlechtliche Paare können versuchen durch eine
Einzeladoption ein Kind zu bekommen. Der Zugang zu medizinisch unterstützter
Fortpflanzung steht nur verschiedengeschlechtlichen Paaren, unabhängig davon ob sie
verheiratet oder unverheiratet sind, offen. Auch eine Leihmutterschaft ist nicht erlaubt (Verbot
der Leihmutterschaft, § 3/3 „FMedG“, vgl. Holzhammer 2001: 52). In Wien, Oberösterreich
und seit kurzem auch in Tirol gibt es gleichgeschlechtliche Pflegeelternpaare, allerdings
werden kinderlose verheiratete Paare nach wie vor bei der Vergabe von Pflegekindern
bevorzugt behandelt.66
Dieser kurze weltweite Überblick der rechtlichen Situation gleichgeschlechtlicher
Beziehungen, zeigt dass Homosexualität nach wie vor in vielen Ländern der Welt strafbar ist.
Im Vergleich zu diesen Ländern erscheint die rechtliche Lage für gleichgeschlechtliche Paare
in Österreich sehr gut zu sein. Allerdings gibt es eben doch
schon Länder, die
gleichgeschlechtlichen Paaren weit mehr zugestehen als dies in Österreich der Fall ist. Vor
allem in Europa gibt es mittlerweile kaum Staaten die nicht die Ehe oder zumindest eine
Eingetragene Partnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare haben. Österreich war bei der
Einführung der Eingetragenen Partnerschaft spät dran, schließlich gab es die erste
Eingetragene Partnerschaft bereits im Jahre 1989 in Dänemark. Erst 21 Jahre später wurde in
Österreich
ebenfalls
eine
rechtliche
Rahmenbedingung
für
das
Zusammenleben
64 think outside the box: 240 Eingetragene Partnerschaften 2011 in Wien geschlossen:
http://www.thinkoutsideyourbox.net/?p=20607
65 think outside the box: 36 Eingetragene Partnerschaften in Kärnten seit 1.1.2010 geschlossen:
http://www.thinkoutsideyourbox.net/?p=20575
66 Pflegeelternschaft: https://www.help.gv.at/Portal.Node/hlpd/public/content/72/Seite.720008.html
60
gleichgeschlechtlicher Paare geschaffen. Das Eingetragene Partnerschafts-Gesetz in
Österreich zählt nicht zu den besten Partnerschaftsgesetzen der Welt. Gleichgeschlechtliche
Paare werden auch weiterhin diskriminiert und ungleich behandelt. Länder wie Norwegen,
Spanien oder Schweden gewähren gleichgeschlechtlichen Paaren mittlerweile in fast allen
Situationen die gleichen Rechte wie verschiedengeschlechtlichen Paaren. So gibt es etwa eine
Elternschaftsvermutung, die gleichgeschlechtlichen Paaren bereits vor bzw. mit der Geburt
des Kindes gleiche Rechte zusteht ohne dass eine unter Umständen langwierige
Stiefkindadoption dafür notwendig ist.
Österreich nimmt in Sachen Rechte für gleichgeschlechtliche Paare keine der vorderen
Positionen ein. In einigen Ländern erfolgte mittlerweile die Öffnung der Ehe und es kam zu
einer großen Angleichung zwischen gleichgeschlechtlichen und verschiedengeschlechtlichen
Paaren. In Österreich sehen sich gleichgeschlechtliche Paare nach wie vor mit
Ungleichbehandlungen und Diskriminierungen konfrontiert. Es wurde gezielt darauf geachtet,
dass es unter keinen Umständen zu einer allzu großen Annäherung an die Ehe kommen
könnte. Bei der Umsetzung der Eingetragenen Partnerschaft wurden vor allem die
Bedürfnisse gleichgeschlechtlicher Paare mit Kindern beziehungsweise mit Kinderwunsch
ignoriert. Hier versperrte sich die österreichische Politik der Realität, da es durchaus bereits
bestehende Regenbogenfamilien gibt und gleichgeschlechtliche Paare trotz der rechtlich
schwierigen Situation Möglichkeiten finden eine Familie mit Kindern zu gründen.
Gleichgeschlechtlichen Paaren bleibt bei der Realisierung ihres Kinderwunsches oftmals
nichts anderes übrig als dies auf illegalem Wege zu versuchen. Dies bedeutet, dass ein
Großteil der lesbischen Paare privat einen Samenspender sucht um eine Selbstinsemination
durchführen zu können. Es bleibt abzuwarten wann Österreich dem Beispiel anderer Länder
folgen wird und gleichgeschlechtlichen Paaren mehr Rechte zusteht. Sollte diese Entwicklung
allerdings ebenso lange dauern, wie die der Eingetragenen Partnerschaft, können wir uns noch
auf eine lange Wartezeit einstellen.
Die vorangegangenen Kapitel dienten zur theoretischen, thematischen und rechtlichen
Verortung der vorliegenden Arbeit. Es gibt so gut wie keine Forschungen oder statistischen
Daten über Regenbogenfamilien in Österreich. Diese Arbeit will hier ansetzen und dazu
beitragen diese Thematik mehr in die Öffentlichkeit zu rücken.In dieser Arbeit geht es um das
Zusammenwirken der öffentlichen und der privaten Sphäre, öffentliche Entscheidungen, wie
etwa der Ausschluss von gleichgeschlechtlichen Paaren aus der Ehe oder die Verweigerung
61
der Anerkennung einer Regenbogenfamilie als tatsächliche Familie, haben weitreichende
Folgen und einen großen Einfluss auf das Privatleben der Betroffenen. Ihr Recht zu wählen
wird beschnitten und sie sind mit vielen Ungleichbehandlungen konfrontiert.
IV. VOM KINDERWUNSCH ZUM WUNSCHKIND
Im empirischen Teil sollen nun zuerst die methodische Herangehensweise und die
Feldforschung dargestellt werden. Danach werden meine Interviewpartnerinnen genauer
vorgestellt und im Anschluss werden die empirischen Ergebnisse der gleichgeschlechtlichen
Paare von der Umsetzung des Kinderwunsches bis hin zur Akzeptanz als Regenbogenfamilie
gezeigt.
1. Methodische Herangehensweise und Verlauf der Feldforschung
Bevor näher auf die gewählten Methoden dieser Arbeit eingegangen wird, soll die anfängliche
Forschungsfrage nochmals ins Gedächtnis gerufen werden. Die zentrale Forschungsfrage
lautet:
•
„Welche Möglichkeiten stehen Frauenpaaren in Österreich bei der Umsetzung des
Wunsches nach eigenen Kindern zur Verfügung um gemeinsam eine Familie zu
gründen?“
Weiterführende Fragen beschäftigten sich mit den Schwierigkeiten von Frauenpaaren bei der
Umsetzung ihres Kinderwunsches und enthüllen Probleme und Diskriminierungen mit denen
sich gleichgeschlechtliche Paare und (werdende) Regenbogenfamilien konfrontiert sehen.
Um diese Fragestellung beantworten zu können, war es notwendig zuerst eine ausführliche
Literatur- und Internetrecherche über Rechte gleichgeschlechtlich orientierter Menschen,
Eingetragene Partnerschaften, Ehe, Familie, wie auch Regenbogenfamilien im Besonderen, zu
machen.
Eine
inhaltliche
Auseinandersetzung
mit
rechtlichen
Regulierungen
der
Eingetragenen Partnerschaft war wichtig, um über die rechtlichen Möglichkeiten von
gleichgeschlechtlichen Paaren mit Kinderwunsch und Kindern Bescheid zu wissen. Für die
Bearbeitung
der
Forschungsfrage
bedurfte
es
nun
einer
Feldforschung
mit
Methodentriangulation; Teilnehmender Beobachtung sowie der Durchführung von Interviews
mit betroffenen Personen. Meine Feldforschung wurde bei Mitgliedern und Freund_innen des
62
Vereins „FAmOs – Familien Andersrum Österreich“ durchgeführt. Am Anfang der Forschung
stand die Kontaktaufnahme mit der Obfrau des Vereins Barbara Schlachter-Delgado. Sie
stellte sich auch für ein Expert_inneninterview zur Verfügung und half bei der Vermittlung
gleichgeschlechtlicher Paare mit Kindern. Fünf Frauenpaare erlaubten mir schließlich
teilnehmende Beobachtungen und Interviews mit und bei ihnen durchzuführen.
1.1. Feldforschung
Eine empirische, qualitative Forschung verlangt von Forschenden stets ein intensives
Einlassen auf das zu beforschende Feld. Bei meiner Feldforschung handelte es sich um eine
„anthropology at home“, sie wurde also größtenteils in der Stadt durchgeführt in der ich zum
Zeitpunkt der Forschung meinen Lebensmittelpunkt hatte. Bei einer „anthropology at home“
teilen die Forschenden oft Nationalität, Bildungsgrad, Weiß-Sein und Geschlecht mit den zu
Befragenden. Die zeitlichen und räumlichen Dimensionen einer anthropologischen
Stadtforschung verschieben sich im Vergleich zu einer klassischen Feldforschung. Es ist sehr
wichtig
mit
dem
Datenmaterial
verantwortungsvoll
umzugehen
und
sich
der
Vermittler_innenrolle bewusst zu sein. Die Fragen der Positionalität und Verantwortung sind
von zentraler Bedeutung (vgl. Abu-Lughod 1991).
Die offene Fragestellung am Beginn meiner Arbeit ermöglichte es mir, mich methodologisch
an der „Grounded Theory“ („GT“) zu orientieren (vgl. Flick 2009). Diese beinhaltet keine
starren Regeln, sondern lediglich Leitlinien, die als Orientierungshilfen verstanden werden
sollen. Es handelt sich hierbei um einen sozialwissenschaftlichen Ansatz zur systematischen
Auswertung qualitativer Daten zur Theoriegenerierung. „GT“ besteht aus einem
wechselseitigen Verhältnis zwischen Empirie und Theorie. Bei „GT“ geht es nicht
vordergründig um eine Verifikation von Hypothesen, vielmehr geht es darum die soziale Welt
so zu beschreiben wie sie ist (vgl. Strauss 1995, Strübing 2004). Die aus der Feldforschung
gewonnenen Informationen ergänzen den bisherigen Wissensstand und können zu einer
Überarbeitung der Forschungsfrage führen. Es findet ein kontinuierlicher Dialog und ein
permanentes Vergleichen zwischen theoretischen Vorannahmen und den neugewonnenen
Daten statt (vgl. Alheit 1999).
„GT“
kann als „triadischer und zirkulärer Prozess“ (Hildenbrand 2009: 33) verstanden
werden, da sie aus drei großen Teilbereichen besteht. Diese drei Teile die Datenerhebung, das
Kodieren und das theoretische Memos formulieren, verlaufen in einer Spirale und stoppen erst
63
wenn es zu einer theoretischen Sättigung kommt (vgl. Hildenbrand 2009, Glaser/Strauss
1998).
Bei einer „anthropology at home“ besteht sehr häufig ein biografisches Näheverhältnis
zwischen den Forschenden und ihrem Forschungsgegenstand. Diese persönliche Betroffenheit
und Involviertheit sollte nicht unthematisiert bleiben. Forschende gehen nicht als Neutrum ins
Feld, sie agieren immer mit den zu befragenden Subjekten. Von der Positionierung und Art
der Rolle die Forschende einnehmen, ist es abhängig zu welchen Informationen die
Befragenden kommen. Durch die Beziehung zwischen Forschenden und Beforschten besteht
die Gefahr, dass sich das Feld ändert oder durch die Anwesenheit der Forschenden gar erst
bestimmte Interaktionen auftreten. Es ist wichtig dennoch eine bestimmte Distanz aufrecht zu
erhalten um den kritischen, reflektierenden Blick auf die Forschungsthematik aufrecht zu
erhalten (Lamnek 1995: 265ff).
Am Beginn jeder Feldforschung steht stets Neugier und die Bereitschaft sich auf ein
Abenteuer einzulassen, denn echte Feldforschung ist spannend und ein Abenteuer in sich. Die
Sozialforscher_innen begeben sich neugierig unter Menschen, um deren Welt zu erkunden
(Girtler 2001: 11ff). Eine „anthropology at home” bringt zahlreiche Vorteile mit sich, es
ergeben sich aber natürlich auch neue Herausforderungen. Es müssen keine langen Reisen
unternommen werden und meist ist auch die linguistische Kompetenz bereits gegeben, zudem
verfügen die Forschenden über Insiderkenntnisse kultureller Problematiken. Allerdings dürfen
Forschende bei einer Forschung in der eigenen Gesellschaft nicht dem Trugschluss
unterliegen, vorgefasste Meinungen über die Beobachteten zu übernehmen. Auch in einer
vermeintlich einheitlichen Gesellschaft gibt es viele Dinge die die Menschen voneinander
trennen. Die Vertrautheit vieler Dinge verleitet dazu Vieles nicht zu hinterfragen oder zu
analysieren.67 Es ist notwendig „den fremden Blick“ auf die eigene Kultur anzuwenden
(Honer 2009: 196).
Auch in der eigenen Gesellschaft gibt es viel Neues zu lernen, es ist notwendig sich mit dem
Vokabular der zu befragenden Gruppe auseinander zu setzen, „learning new words in mother
tongue“ (Okely 1996: 23). Natürlich ist es notwendig bereits zu Beginn der Forschung über
ein bestimmtes Grundwissen zu verfügen. Zusätzlich bringt es auch Vorteile und schafft Nähe,
wenn der Forschende auch seine eigene Lebenswelt für die Beobachteten öffnet (Girtler 2001:
67 Vor- und Nachteile einer "Anthropology at Home":
http://www.univie.ac.at/ksa/elearning/cp/qualitative/qualitative-70.html
64
73). In meinem konkreten Fall erwies es sich positiv, selbst lesbisch zu sein, da ich das Gefühl
hatte, dass meine Interviewpartnerinnen dadurch offener und bereitwilliger über ihre
persönlichen Erlebnisse und Erfahrungen berichteten. Eine eventuelle anfängliche Skepsis
verflog schnell. Um die Thematik meiner Diplomarbeit behandeln zu können war es
notwendig gleichgeschlechtliche Paare mit Kindern und/oder mit Kinderwunsch zu befragen.
Da ich keine Verwandten, Bekannten oder, Freund_innen hatte, die in diesen Personenkreis
fielen, weder Personen kannte, die Kontakte vermitteln konnten, blieb mir nichts anderes
übrig als mich auf die Suche im Internet zu begeben. Ich versuchte mein Glück bei diversen
Webseiten für Lesben und Schwule und fand schließlich eine Auflistung von Adressen für
Lesben mit Kinderwunsch oder Kindern.68 Vor allem die Angebote der Rosa Lila Villa stießen
bei mir auf großes Interesse. In der Villa gab es, die zu diesem Zeitpunkt, einzige
Austauschmöglichkeit für gleichgeschlechtliche Paare mit Kinderwunsch. Leider gab es keine
positiven Rückmeldungen auf meine Anfrage, dort eine Forschung durchzuführen.
Glücklicherweise fand am Samstag, 18.6.2011 die alljährliche Regenbogenparade in Wien
statt, von der ich mir neue Impulse und Ideen für meine Diplomarbeit erhoffte und diese
schließlich auch bekam.
1.1.1. Regenbogenparade in Wien
Die Regenbogenparade wurde am 19.Juni 199669 in Wien zum ersten Mal durchgeführt und
gilt seitdem als wichtigstes Event in der Schwulen-, Lesben-, Bisexuellen- und
Transgenderbewegung in Österreich. Sie soll ein Zeichen für Solidarität, Toleranz und
Gleichbehandlung sein, in erster Linie geht es aber darum für Akzeptanz und gleiche Rechte
zu demonstrieren.70 Die Parade findet zur Erinnerung an „das erste Aufbegehren von Lesben
und Schwulen gegen polizeiliche Willkür im Juni 1969 in der New Yorker Christopher Street
statt. Paraden und ähnliche Veranstaltungen gibt es mittlerweile in den verschiedensten
Länder, viele davon werden auch „CSD“ (Christopher Street Day) genannt.71
Die Parade 2011 stand unter dem Motto „Show your face“ und war der Höhepunkt der
„Vienna Pride Week 2011“, welche vom 14.-19.6. stattfand.72 Dieses Jahr wurde nicht wie in
68 Frauensache – Institut für frauenspezifische Psychotherapie, Supervision, Coaching und Weiterbildung http://
www.frauensache.at/lesben.html
69 Vienna Pride: http://www.viennapride.at/regenbogenparade
70 think outside the box – emancipate yourself from mental slavery: Regenbogenparade 2011: So bunt strahlte
der Regenbogen: http://www.thinkoutsideyourbox.net/?p=17004
71 HOSI Wien: http://www.hosiwien.at/regenbogenparade/
72 Vienna Pride: http://www.viennapride.at/
65
den Jahren davor, vom Stadtpark und entgegen der Fahrtrichtung marschiert, sondern die
Parade bekam eine neue Route von der Börse zum Rathausplatz und dies in Fahrtrichtung.
Die Regenbogenparade 2011 wies verstärkt auf die gesellschaftliche und politische Bedeutung
dieser Parade hin, nichts desto trotz kam das Feiern dennoch nicht zu kurz. Ungefähr 120.000
Menschen feierten eine bunte Party. Anlässlich des 100. Jubiläums des Frauentags wurde die
Parade von der „Lesbians Pride“ angeführt um die Sichtbarkeit lesbischer und bisexueller
Frauen zu verbessern, denn nur all zu oft findet eine Reduktion der homosexuellen
„Community“ auf Schwule statt. Die Regenbogenparade wurde wie auch in den Vorjahren
von den „Dykes on Bikes“ angeführt, im Anschluss folgten die „Queer Business Women“.
Zusätzlich gab es auch noch einen eigenen Frauen/Lesben- Truck, der an dritter Stelle des
Paradezugs durch Wien führte. Durch dieses Zeichen sollte die Diversität und Vielfalt
innerhalb der „Community“ ein wenig dargestellt werden.73
Abbildung 4: Regenbogenparade 2011, Wagen der Antidiskriminierungsstelle mit Regenbogenfamilien, © „FAmOs“
Einer der teilnehmenden Wagen stammte von der Wiener Antidiskriminierungsstelle für
gleichgeschlechtliche
Lebensweisen
(„WASt“)74,
das
Motto
73 thinkoutsideyourbox: http://www.thinkoutsideyourbox.net/?p=17004
Vienna Pride: http://www.viennapride.at/regenbogenparade
74 Wiener Antidiskriminierungsstelle für gleichgeschlechtliche Lebensweisen:
http://www.wien.gv.at/queerwien/wa.html
66
des
Wagens
lautete
„Regenbogenfamilien“. Der Truck war mit vielen Spielsachen und Plüschtieren dekoriert und
wurde dem Verein „FAmOs – Familien Andersrum Österreich“ zur Verfügung gestellt. Die
Kleinsten wurden auf den Truck zu den Spielsachen gesetzt, es gab ein großes Banner und
extra dafür angefertigte rote „FAmOs“ T-Shirts. Flyer und Zuckerschnuller wurden
erfolgreich an die Menschen verteilt.75 Am Ende jeder Parade werden immer die schönsten
Beiträge
auf
ihre Aussagekraft,
Originalität
und
Gestaltung
hin
bewertet.
Der
Regenbogenfamilien-Truck der Wiener Antidiskriminierungsstelle gewann hier sogar den
ersten Platz in der Wertung der Kategorie 2 (Motorräder, PKW und Klein-LKW).76
1.1.2. Zugang zum Feld – Kontaktaufnahme
Am darauf folgenden Tag sah ich mir eine Video-Zusammenfassung der Regenbogenparade
im Internet an.77 Auch „FAmOs“ wurde mit seinem Wagen und den Bannern gefilmt. Ich
begann sogleich mit einer Internetrecherche und schaute mir die Homepage des Vereins an.
Der Verein präsentierte sich bei der Regenbogenparade zum ersten Mal der Öffentlichkeit.78
Aus diesem Grunde war auch die Homepage erst im Entstehen und noch nicht ganz fertig.
Allerdings bot sie doch schon einiges an Informationen und Kontaktdaten. Durch die
Linksammlung wird auch auf die aktuelle rechtliche Situation in Österreich aufmerksam
gemacht. Ich schrieb eine Mail an die Vereinsobfrau, in der ich über meine Diplomarbeit
berichtete und um Mithilfe für dieselbige bat. Zu meiner Überraschung und Zufriedenheit
erhielt ich schon wenig später ein Antwortschreiben von „FAmOs“. Barbara SchlachterDelgado, Vereinsobfrau von „FAmOs“, zeigte großes Interesse an meiner Arbeit, sie sagte
spontan ihre Unterstützung und Hilfe zu. Zusätzlich bot sie an, sich selbst für ein Interview
zur Verfügung zu stellen, sowie bei der Vermittlung von InterviewpartnerInnen behilflich zu
sein. Es folgte ein reger Mailaustausch, SMS, Telefonate, bis es dann zum ersten Treffen kam,
bei dem sie mir alles über die Entstehung, die Ziele und Organisation des Vereins berichtete.
Als Teil einer eigenen Regenbogenfamilie liegen ihr die Anliegen des Vereins natürlich selbst
sehr am Herzen und betreffen sie auch persönlich.
75 „FAmOs“: http://www.regenbogenfamilien.at/Parade.html
76 HOSI Wien: http://www.hosiwien.at/regenbogenparade/
77 Youtube Video- Regenbogenparade Wien 2011: http://www.youtube.com/watch?
v=uPrYSfCg6_E&feature=share
78 Youtube- Regenbogenparade Wien 2011: http://www.youtube.com/watch?v=uPrYSfCg6_E&feature=share
67
„FAmOs“ ist mittlerweile auch auf Facebook79 anzutreffen und informiert über Aktuelles des
Vereins wie auch über interessante Zeitungsartikel oder TV-Beiträge zum Thema
Regenbogenfamilien. Zum Aufbau und den Zielen des Vereins werde ich in weiterer Folge
noch genaueres berichten. Durch Barbara Schlachter-Delgado wurde meine Bitte um
Interviewpartner_innen für meine Diplomarbeit an die verschiedensten Paare weitergeleitet.
Es meldeten sich schließlich einige Paare von selbst bei mir, die mir ihre Hilfe anboten, von
anderen bekam ich Kontaktdaten vermittelt, diese kontaktierte ich dann persönlich. Ein Paar
lehnte es ab mir bei meiner Diplomarbeit weiter zu helfen, da sie schon für eine andere
Abschlussarbeit Rede und Antwort gestanden hatten. Ein anderes Paar meldete sich und
erklärte sich bereit mir ein Interview zu geben. Doch als es dann um einen genauen Termin
für ein persönliches Treffen ging, gab es plötzlich überhaupt keine Rückmeldungen mehr.
Mein
anfängliches
Ziel
war
es
ein
größeres
Spektrum
an
verschiedenen
Familienkonstellationen in dieser Arbeit zu untersuchen. Ich wollte mir Familien mit Adoptivoder Pflegekindern ansehen, Männer- und Frauenpaare mit Kindern. Zusätzlich wäre es
natürlich auch interessant gewesen Paare zu interviewen, die Kinder aus einer
vorangegangenen heterosexuellen Beziehung in die bestehende gleichgeschlechtliche
Beziehung mitgebracht hatten. Allerdings stellte ich schnell fest, dass die Mehrheit der
Regenbogenkinder mittlerweile in eine gleichgeschlechtliche Beziehung hineingeboren
werden, und auch „FAmOs“ beschäftigt sich vor allem mit dieser neueren Form von
Regenbogenfamilien. Gleichgeschlechtliche Paare mit Adoptivkindern und Pflegekindern sind
in Österreich selten anzutreffen, da die rechtlichen Barrieren dafür sehr groß sind.
Aus diesem Grund darf es nun auch nicht verwundern, dass die in meiner Arbeit
vorkommenden Familien, aus Frauenpaaren mit je einem Kind bestehen. Regenbogenfamilien
bestehen zum Großteil aus Frauenpaaren mit Kindern. Bei meinen untersuchten Paaren gab es
allerdings auch zwei Paare, die sich bewusst einen schwulen Mann als Samenspender
aussuchten, der nun auch als aktiver Vater in die Kindererziehung mit einbezogen ist, sie
bilden
eine
„Queer
Family“.
Schlussendlich
schaffte
ich
es,
zusätzlich
zum
Expert_inneninterview mit der Obfrau von „FAmOs“ noch fünf Frauenpaare zu interviewen,
mit einem schwulen Papa zu reden und ein Einzelinterview zu absolvieren.
79 „FAmOs“ bei Facebook: https://www.facebook.com/pages/FAmOs-Familien-Andersrum-%C3%96sterreich/
204974442873912
68
1.2. Datenerhebung und Datenauswertung
Alle Interviews und teilnehmenden Beobachtungen fanden im Zeitraum zwischen August bis
Oktober 2011 statt. Es wurden fünf problemzentrierte Interviews mit Frauenpaaren mit Kind
durchgeführt. Zusätzlich wurde eine Frau in Partnerschaft befragt, die nun gegen das Verbot
der medizinisch unterstützten Fortpflanzung für Frauenpaare in Österreich klagt. Des weiteren
stand Barbara Schlachter-Delgado als Obfrau des Vereins „FAmOs“ für ein Expert_innen
Interview zur Verfügung.
1.2.1. Problemzentrierte Interviews
Für meine Interviews wählte ich halbstandardisierte problemzentrierte Interviews. Hier stehen
die Erfahrungen, Wahrnehmungen und Reflexionen der Befragten zu einem ganz bestimmten
Problem oder Thema im Mittelpunkt. Problemzentrierte Interviews basieren auf einem
Gesprächsleitfaden, der aus Fragen und Erzählanreizen besteht, sie kombinieren induktives
und
deduktives
Vorgehen.
Die
Forschenden
verfügen
über
ein
theoretisches
wissenschaftliches Vorverständnis, durch die Äußerungen der Befragten kann es allerdings
ständig zu Modifikationen der Konzepte kommen. Ein Erzählbeispiel oder eine
offengehaltene Frage zu Beginn soll die Interviewpartner_innen zum Reden einladen und die
narrative Phase des Interviews einleiten. Für die Interviewer_innen ist es notwendig die
Erzählsequenzen nachvollziehen können. Diese Interviewform charakterisiert sich durch drei
Kriterien: Problemzentrierung, Gegenstandsorientierung und Prozessorientierung.80
Ich orientierte mich bei meinen Interviews an einem Leitfaden mit vorbereiteten
Themengebieten, angefangen vom gemeinsamen Kinderwunsch, bis hin zur Umsetzung und
zur aktuellen Familiensituation. Eine offen formulierte Einstiegsfrage sollte die Befragten
zum zwanglosen Erzählen bewegen und ihnen Raum für ihre Beschreibungen und
Schilderungen lassen. In der Erzählphase konzentrierte ich mich auf aufmerksames Zuhören
und auf Aufmerksamkeit bezeugende Äußerungen (hm, hm) oder Gesten (Kopfnicken). Bei
Unklarheiten oder Widersprüchen stellte ich Verständnisfragen, da es für meine Forschung
von zentraler Bedeutung war, die Erzählsequenzen und Darstellungen der Befragten
nachvollziehen und verstehen zu können.81
80 Das problemzentrierte Interview: http://www.parlament.gv.at/PAKT/PR/JAHR_2009/PK1131/
81 Witzel, Andreas: Das problemzentrierte Interview: http://www.qualitativeresearch.net/index.php/fqs/article/viewArticle/1132/2519
69
Die Interviews fanden bei den Paaren zuhause statt, so konnte ich auch einen kleinen Einblick
in Alltagssituationen und das Familienleben gewinnen. Drei der Paare waren in Wien sesshaft,
die anderen beiden im benachbarten Niederösterreich. Die Familien bestanden aus je zwei
Müttern und einem Kind, bei zwei Paaren gab es noch einen schwulen Papa. Alle
Interviewpartnerinnen waren zwischen Anfang Dreißig und Mitte Vierzig. Die Kinder waren
allesamt unter fünf Jahren. Die Atmosphäre der Interviews war sehr angenehm und entspannt,
meine Interviewpartnerinnen nahmen sich stets genug Zeit für mich und die Beantwortung
meiner Fragen. Die Länge der Interviews variierte zwischen 50 und 110 Minuten, allerdings
wurde auch davor und danach noch über die ganze Thematik gesprochen. Ich wurde zu
Kaffee und Kuchen oder zum Abendessen eingeladen, konnte beim Fläschchen geben des
Babys zu sehen, beim Einkauf helfen, wurde zum Abholen des Kindes beim Vater
mitgenommen, mir wurden Fotos, Videos und sonstige Sachen der Kinder gezeigt. Als kleines
Dankeschön für die Einladung in ihr Heim bedankte ich mich mit Schokopralinen sowie mit
einer Kleinigkeit für die Kinder.
Beim
ersten
Interview
zeigte
sich
schon,
dass
einige
Themenbereiche
meines
Interviewleitfadens von den Befragten als nicht so wichtig erachtet wurden, so kam es zu
einer Modifizierung der Interviewfragen. Das erste Paar forderte ich in der Einstiegsfrage
noch gezielt dazu auf etwas über erlebte Diskriminierungen zu erzählen. Da sich aber schnell
herausstellte, dass die Befragten auf diese konkrete Frage, nicht besonders eingehen wollten
und erst bei genauerem Nachfragen doch etliche Beispiele von Ungleichbehandlungen
aufgezählt wurden, wählte ich bei den nächsten Interviews einen offeneren Einstieg. Ich
erwähnte nur dass sie im Interview über positive wie auch negative Erfahrungen und
Erlebnisse als Regenbogenfamilie berichten sollten. Durch diese freiere Gestaltung des
Themenbereichs Diskriminierung, erzählten die Paare von sich aus schließlich mehr über
Situationen und Erlebnisse in denen sie ungleich behandelt wurden. Vor den Interviews war
ich der Meinung gewesen, dass der Großteil der Frauenpaare für die Umsetzung des
Kinderwunsches eine ausländische Samenbank zur Unterstützung herangezogen hätte.
Überraschenderweise war dies aber nur bei einem Paar der Fall. Alle anderen führten die
künstliche Befruchtung sehr erfolgreich in Eigenregie zuhause durch. Diese Aussagen
veranlassten mich in weiterer Folge zu einer gezielten Recherche über die Entstehung von
Regenbogenfamilien.
70
Aktuelle Studien (vgl. Rupp 2009, 2011) belegen, dass es in den letzten Jahren zu
Veränderungen bei Regenbogenfamilien kam. Marina Rupp kam in ihren Forschungen (Rupp
2009, 2011) zu dem Ergebnis, dass mittlerweile der Großteil der Regenbogenkinder nicht
mehr aus vorangegangenen heterosexuellen Beziehungen stammt, sondern die Kinder werden
in bestehende gleichgeschlechtliche Partnerschaft hineingeboren. Diese Studien kommen zu
ähnlichen Ergebnissen wie ich, die meisten Kinder werden durch künstliche Befruchtung
geboren, zumeist wenden die Frauenpaare eine Selbstinsemination an.
Die problemzentrierten Interviews funktionierten größtenteils sehr gut und die Interviewten
berichteten sehr freimütig und ausführlich über ihre Erfahrungen und Erlebnisse. Dies mag
zum Teil wohl auch daran liegen, dass ich meinen Interviewpartnerinnen anbot, die Interviews
zu anonymisieren und keine persönlichen Daten von ihnen preiszugeben. Meine
Interviewpartnerinnen waren stets damit einverstanden, dass die Interview aufgezeichnet
wurden. Aus diesem Grunde verwendete ich ein digitales Aufnahmegerät und machte mir
während der Interviews nur Notizen für Zwischen- und Nachfragen. Durch die Verwendung
eines Aufnahmegeräts kam es auch zu keiner Behinderung bei der Gesprächsführung oder der
Gesprächssituation. Die Interviewsituationen selbst empfand ich als sehr angenehm und
meine Interviewpartnerinnen waren gleichwertige Gesprächspartner_innen und „Expertinnen
ihrer Lebenswelt“, (Froschauer/Lueger 2003:36), in diesem Fall Expert_innen im Sachen
Alltagsleben von Regenbogenfamilien.
1.2.2. Expert_inneninterview
Bei Expert_inneninterviews handelt es sich meist um leitfadengestützte, offene Interviews. Im
Vorfeld findet eine Vorstrukturierung zentraler Fragestellungen und Themen statt um
gegenüber den Expert_innen als kompetente/r Gesprächspartner_in auftreten zu können. Der
Leitfaden wird flexibel eingesetzt und es gibt keine genaue Abfolge der Fragen.
Interviewer_innen müssen stets offen für neue Themen und Inhalte sein.82Ich absolvierte ein
Expert_inneninterview mit Barbara Schlachter-Delgado, der Obfrau des Vereins „FAmOs“.
Sie wurde hierbei von mir als Repräsentantin einer Gruppe, in diesem Fall
Regenbogenfamilien, behandelt.
82 Das Expert_inneninterview: http://www.univie.ac.at/ksa/elearning/cp/qualitative/qualitative-44.html
71
1.2.3. Datenauswertung
Nach der Durchführung der Interviews transkribierte ich die Interviews mithilfe der
Transkriptionssoftware „f4“83. Dialektformulierungen und grammatikalische Fehler wurden
weitestgehendst geglättet. Das gilt insbesondere für die Wiedergabe von Zitaten, da so eine
bessere Les- und allgemeine Nachvollziehbarkeit gegeben ist. Alle Interviews wurden
vollständig transkribiert und anonymisiert. Hierfür orientierte ich mich an einem einfachen
Notationssystem, indem ich auch Pausen, Lachen oder Seufzen aufzeichnete. Die Auswertung
der Daten erfolgte mithilfe des Textanalyseprogramms „ATLAS.ti“ und Thematischen
Kodierens. Das Programm ist hilfreich bei der qualitativen Datenanalyse, etwa der
Organisation von Daten, Indexieren und Kodieren von Datensegmenten, Wiederauffindung
dieser Segmente oder der Darstellung der Forschungsergebnisse (vgl. Hadolt 2009).
Zusätzlich zu „ATLAS.ti“ druckte ich die Interviewtranskriptionen auch aus, da es sich für
mich als hilfreich erwies, die Transkripte auch direkt vor mir liegen zu haben.
Ich begann nun also damit alle Daten bei „ATLAS.ti“ einzufügen, mittels dieses Programms
soll das Kodieren oder Kommentieren des Materials erleichtert werden. Unter Kodieren wird
„ganz allgemein die Zuordnung von Kategorien zu relevanten Textpassagen bzw. die
Klassifikation des Textmaterials“ (Kuckartz 2010: 57) verstanden. Es ist ratsam die Daten
nicht nur aus dem Material heraus zu genieren, sondern das Kontextwissen der Forschenden
stets mit einzubeziehen (Titscher et al. 1998:97). Beim Kodieren hielt ich mich an Susanne
Frieses Rat „relativ beherzt an das Kodieren heranzugehen und nicht über jedes dritte Wort
fünfzehn Minuten nachzudenken.“ (Friese 2002: 16). So kamen die ersten Codes relativ
schnell durch offenes Kodieren zustande, ohne starre Regeln. Es galt zuerst die Daten
„aufzubrechen“ um sie dann in weiterer Folge weiter zu differenzieren, modifizieren, zu
erweitern oder überprüfen. Es ist sinnvoll hier offen für neue Kategoriebildungen zu sein (vgl.
Alheit 1999, Friese 2002). Ich entschied mich weiters für Thematisches Kodieren nach Uwe
Flick.84 Thematisches Kodieren orientiert sich an einer vertiefenden Analyse von Einzelfällen,
bei denen zuerst offen und später erst selektiv kodiert wird. Im Unterschied zur klassischen
„Grounded Theory“ erfolgt hier im ersten Schritt eine fallbezogene Analyse, bevor im
zweiten Schritt fallübergreifende Gruppenvergleiche durchgeführt werden (Flick 2009: 271ff).
83 Mehr Informationen sowie die Möglichkeit zum Download auf: http://www.audiotranskription.de/f4.html
84 Thematisches Kodieren: http://www.univie.ac.at/ksa/elearning/cp/qualitative/qualitative-123.html
72
Meine Forschungsergebnisse sind auf Grund des eingeschränkten Beobachtungszeitraums,
August bis Oktober 2011, als Momentaufnahmen zu verstehen. Im nun nachfolgenden
Abschnitt soll das Forschungsfeld, der Verein „FAmOs“ näher vorgestellt werden.
1.3. Forschungsfeld: Verein „FAmOs – Familien Andersrum Österreich“
Abbildung 5: Logo von „FAmOs“
„FAmOs“ ist ein Verein von und für Regenbogenfamilien in Österreich. „FAmOs“ hat sich
zum Ziel gesetzt einerseits den Austausch zwischen Regenbogenfamilien untereinander zu
fördern, sowie sich mit anderen gleichgesinnten europäischen und internationalen
Organisationen zu vernetzen. Andererseits geht es auch darum präsenter und sichtbarer in der
Öffentlichkeit zu werden und auf die besonderen Probleme und Schwierigkeiten von
Regenbogenfamilien aufmerksam zu machen. Das große Hauptziel stellt die Erlangung der
gleichen Rechte wie verschiedengeschlechtliche Paare mit Kindern dar, eine rechtliche
Gleichstellung und die Anerkennung als Familie. In Österreich leben mehr und mehr Kinder
in gleichgeschlechtlichen Beziehungen, die in diese bestehende gleichgeschlechtliche
Beziehung hineingeboren wurden. Gleichgeschlechtliche Paare erfüllen sich ihren
Kinderwunsch und den Wunsch nach Familienleben. Dennoch werden Regenbogenfamilien,
nach wie vor in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen und es gibt keine rechtliche
Gleichstellung. Der Slogan von „FAmOs“ lautet: „Familie ist da, wo Kinder sind – und zwar
in den unterschiedlichsten Lebensformen.“85 Meine Interviewpartnerinnen sind allesamt in
irgendeiner Art und Weise im Verein „FAmOs“ tätig, einige aktiv als Kassierin oder
Schriftführerin andere eher als einfache Mitglieder, alle nahmen aber bei der
Regenbogenparade mit den Kindern teil.
Barbara Schlachter-Delgado, Obfrau des Vereins, stellte sich am 9.8.201186 für ein Interview
zur Verfügung. Der Verein verdankt seine Entstehung regelmäßigen Diskussionen mit einem
befreundeten Frauenpaar, die ebenfalls ein Kind haben. Gemeinsam wurde darüber sinniert,
85 „FAmOs“: www.regenbogenfamilien.at
86 Interview mit Barbara Schlachter-Delgado 2011: Persönliches Interview am 9.8.2011. Wien
73
dass es bis dato eindeutig zu wenig Vernetzungs- und Austauschmöglichkeiten für
Regenbogenfamilien
untereinander
gab.
Es
gab
zwar
seit
einiger
Zeit
Regenbogenfamilientreffen, aber dies war allen zu wenig, da hier vor allem nur mit den
Kindern gespielt wurde und Gespräche unter Erwachsenen nur selten möglich waren und
zustande kamen. Die Vernetzung untereinander sollte gefördert werden, der Verein als
Anlaufstelle für Regenbogenfamilien dienen. Eltern von Regenbogenkindern sollten mit
Gleichgesinnten über ihre Erfahrungen reden können, aber gleich einen Verein zu gründen,
war eigentlich nicht beabsichtigt (Schlachter-Delgado 2011).
(...) dann haben wir weiter philosophiert und sind dann irgendwie drauf gekommen,
dass es ja auch noch keinen Verein gibt in Österreich, der jetzt quasi die Belange von
Regenbogenfamilien vertritt. In vielen anderen europäischen Ländern gibt es das
bereits. Wenn wir uns da nicht auf die Beine stellen, wer soll sich sonst für uns stark
machen, wenn wir nicht da selber auch was Organisieren und was machen?
(Schlachter-Delgado 2011)
Im Februar 2011 wurde eine Arbeitsgruppe gestartet, die sich seit dem auch regelmäßig traf.
Bei der Regenbogenparade konnten sie zum ersten Mal öffentlich Aufmerksamkeit erregen
und für ihren Verein Werbung machen. Rechtzeitig für diesen Termin wurden die Homepage
gestartet und Flyer gedruckt. In den Tagen nach der Parade trudelten bereits die ersten
Anfragen per Mail ein, Leute die gerne einen Newsletter bekommen würden oder einfach nur
so über Neuigkeiten oder Treffen auf dem Laufenden gehalten werden wollten.
Regenbogenfamilien sahen sich bis dahin in der Öffentlichkeit nahezu überhaupt nicht
widergespiegelt. Die Gründung eines Vereins für Regenbogenfamilien erschien daher als
logische Schlussfolgerung, um an der Situation etwas zu ändern und die Sache selbst in die
Hand zu nehmen. Barbara Schlachter-Delgado rezitierte diesen Entschluss folgendermaßen:
„Und jetzt haben wir gesagt, packen wir uns zusammen und machen den Verein und
gemeinsam können wir vielleicht ein bisschen was weiter bringen“ (Schlachter-Delgado
2011). Bis dato besteht der Verein aus sechs Leuten die im Vorstand tätig sind, plus deren
Partnerinnen. Die Vorstandsmitglieder betreiben den Verein bis jetzt nur auf ehrenamtlicher
Basis, das heißt alle Frauen sind berufstätig und haben auch kleine Kinder zuhause. Im
Moment wird auch noch alles für den Verein aus der eigenen Tasche finanziert, nur für die
Flyer konnte bereits ein Sponsor aufgetrieben werden. Die Fixkosten für die Homepage sollen
aber schon bald durch Mitgliedsbeiträge beglichen werden.87 Aktuell sind nur Frauen aktiv bei
87 Seit 2012 gibt es die Möglichkeit als ordentliches oder förderndes Mitglied den Verein zu unterstützen.
http://regenbogenfamilien.at/ordentliches%20Mitglied.pdf
74
„FAmOs“ vertreten; da es einfach auch mehr lesbische Frauen mit Kindern als schwule Väter
gibt. Männer sind allerdings jederzeit herzlich willkommen im Verein.
Barbara Schlachter-Delgado hofft, dass sich noch viele Leute melden, der Verein soll
Regenbogenfamilien auffangen und vernetzen; „weil wir zusammen einfach stärker sind.“
(Schlachter- Delgado 2011). Ein Ziel von „FAmOs“ ist es, Broschüren anzufertigen und in
Kindergärten, Volksschulen oder Elternkindzentren aufzulegen, um für mehr Aufklärung von
Regenbogenfamilien zu sorgen. Diese Broschüren sollen durch finanzielle Mittel, Sponsoring,
Förderungen oder Mitgliedsbeiträge ermöglicht werden. Durch Öffentlichkeitsarbeit soll die
Gesellschaft auf Regenbogenfamilien aufmerksam gemacht werden und helfen etwaige
Berührungsängste abzubauen. Der Großteil der Menschen kommt im Alltag nicht wirklich mit
Regenbogenfamilien in Berührung, lesbische Mütter werden „als totale Exoten“ betrachtet
(Schlachter-Delgado: 2011). Durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit soll ein größeres Publikum
erreicht werden, vor allem soll aber auf die schwierige rechtliche Situation und
diskriminierende Ungleichbehandlungen von Regenbogenfamilien aufmerksam gemacht
werden.
Regenbogenfamilien sind bis jetzt eine zu wenig bekannte Familienform, sie sind nicht
präsent in der Öffentlichkeit. „FAmOs“ will an dieser Problematik etwas ändern und
Regenbogenfamilien ins Blickfeld rücken.
Wir kommen einfach nur sehr wenig in Medien und ja in der Öffentlichkeit vor. Teils
weil sich die Leute nicht trauen und teils weil niemand was dafür macht, ja. Da wollen
wir halt schauen, dass wir da ein bisschen ansetzen können, um so in der Gesellschaft
auch ein bisschen Berührungsangst abzubauen. Dass die sehen wir sind ganz normale
Familien, die die gleichen Probleme haben wie sie. (Schlachter-Delgado 2011)
Barbara Schlachter-Delgado und ihre Partnerin Elisabeth Kättl stellen sich aus diesem Grunde
auch immer wieder für Zeitungs- und Fernsehbeiträge zur Verfügung. Unter anderem hatten
sie
auch
ein
Gespräch
mit
Frauenministerin
Gabriele
Heinisch-Hosek
über
Regenbogenfamilien, welches in der Zeitschrift Woman88 abgedruckt wurde. Im Gegenzug für
dieses gemeinsame Interview wurde dem Verein „FAmOs“ versprochen, dass sich Gabriele
Heinisch-Hosek einmal für einen Diskussionsabend innerhalb des Vereins zur Verfügung
stellen wird. Zusätzlich ergeben sich dadurch natürlich auch hilfreiche Kontakte bei
eventuellen Anfragen wegen Förderungen für Broschüren.
88 Woman – Österreichs größtes Frauen- und Lifestylemagazin. 2011 Printausgabe Nr. 19, 16.9.2011: Mutter,
Mutter, Kind, S 74-76
75
Die persönlichen Wünsche Barbara Schlachter Delgados sind nicht von denen des Vereins zu
trennen. Der Verein kam vor allem aus eigener Betroffenheit zustande, da sie als
Regenbogenfamilie
tagtäglich
mit
Ungleichbehandlungen
konfrontiert werden.
Die
Stiefkindadoption wäre das erklärte Ziel, durch sie würde einiges erleichtert werden. Mittels
der Stiefkindadoption oder zumindest der gemeinsamen Obsorge für das Kind, würde der
zweite Elternteil über die gleichen Rechte wie der biologische Elternteil verfügen. Die
Stiefkindadoption ist in einigen Ländern bereits erlaubt. Länder wie Norwegen, Schweden
oder Spanien gehen mit der Elternschaftsvermutung sogar noch einen Schritt weiter. Hier wird
der zweite Elternteil sogar schon vor Geburt des gemeinsamen Kindes als rechtlicher
Elternteil anerkannt.
Ich wünsch mir irgendwie, dass es [unser Kind] im Verlauf seiner Kindheit und Jugend
nicht all zu schwer hat, aus dem Grund weil [es] zwei Mamas hat, ja. Um das zu
erreichen braucht es natürlich schon viel Aufklärung in der Gesellschaft, dass es
einfach in der Gesellschaft akzeptiert wird, dass es eben nicht mehr so etwas Komisches
ist, ja, sondern was ganz Normales irgendwie. Also das wär mein Wunsch auch, dass es
unsere Kinder mal nicht so schwer haben. (Schlachter-Delgado 2011)
„FAmOs“ setzt sich für mehr Rechte und Anerkennung gleichgeschlechtlicher Paare mit
Kindern ein. Durch die Vernetzung untereinander soll auch die Realisierung eines
Kinderwunsches erleichtert werden. Der größte Wunsch ist, dass es ihren Regenbogenkindern
in Zukunft nicht all zu schwer gemacht werden wird, sondern sie einfach akzeptiert werden.
In der Zwischenzeit89 konnte „FAmOs“ bereits einige Erfolge verbuchen, sie wurden unter
anderem in mehreren Zeitungsartikeln oder Fernsehbeiträgen erwähnt. Am 17.11.2011 gab es
dann
schließlich
auch
die
erste
international
besetzte
Fachkonferenz
über
Regenbogenfamilien in Österreich, bei der auch „FAmOs“ als Verein vertreten war. Die
Konferenz wurde von Stadträtin Sandra Frauenberger in Auftrag gegeben.90 Diese Konferenz
wurde von der Wiener Antidiskriminierungsstelle für gleichgeschlechtliche Lebensweisen
(„WASt“) veranstaltet. Familie bedeutet längst nicht mehr Vater-Mutter-Kind, sondern es gibt
eine Vielfalt an verschiedenen Familienkonstellationen und Regenbogenfamilien sind eine
Variante davon. Aber auch die Zusammensetzung von Regenbogenfamilien kann sehr stark
variieren. Sandra Frauenberger kritisierte, dass in der Eingetragenen Partnerschaft die
Lebensrealität von Regenbogenfamilien und der Kinderwunsch von Lesben und Schwulen
völlig ignoriert wurde. Der Wiener Landtag fordert den Zugang zu medizinisch unterstützter
89 Stand Juli 2012
90 Fachkonferenz Regenbogenfamilien: http://www.wien.gv.at/rk/msg/2011/11/10017.html,
http://www.wien.gv.at/queerwien/pdf/regenbogenfamilien.pdf
76
Fortpflanzung für alleinstehende Frauen und Frauenpaare, die gemeinsame Adoption und
Stiefkindadoption, sowie die eine Reformierung der Ehe und die Öffnung für
gleichgeschlechtliche Paare derselbigen. Regenbogenfamilien sind gelebte Realität, allerdings
ist unsere Gesellschaft, laut Wolfgang Wilhelm von der „WASt“, heteronormativ geprägt,
sodass gleichgeschlechtliche Paaren mit Kindern nach wie vor mit Vorurteilen konfrontiert
werden und auf Ablehnung stoßen können. Ziel der Konferenz war es Regenbogenfamilien
aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten. Es wurden aktuelle Studienergebnisse über
Kinder in Regenbogenfamilien gebracht und darüber diskutiert welche rechtlichen
Regelungen es gibt und welche es bräuchte.
Die
Gründung
des
Vereins
„FAmOs“
im
Juni
2011
war
ein
erster
Schritt
„Regenbogenfamilien“ in Österreich zu mehr Präsenz zu verhelfen. Mittlerweile gelang es
dem Verein, sich gut mit anderen europäischen Staaten zu vernetzen. „FAmOs“ ist Mitglied
des europäischen Dachverbands der „Network of European LGBT Families Association“
(kurz: „NELFA“)91. „NELFA“ wurde 2009 gegründet „to bring together the associations of
lesbian, gay, bisexual and transgender parents and their children from European nations under
one European organization to represent „LGBT“ / Rainbow Families.“92 Durch eine bessere
Vernetzung und ständigen Austausch miteinander kann gezielter für eine Gleichstellung von
Regenbogenfamilien gekämpft werden. Die, aus 22 Organisationen aus 14 europäischen
Ländern bestehende, „NELFA“ repräsentiert somit tausende Regenbogenfamilien in Europa.
Am 12. März 2012 wurde „NELFA“ als internationale Nonprofit-Organisation in Belgien
gegründet, dadurch wird „NELFA“ nun auch von offizieller Seite als Vernetzungsmöglichkeit
europäischer Regenbogenfamilien betrachtet und wird in Brüssel künftig Lobbying für die
gerechte Sache betreiben. „FAmOs“, als einziger österreichischer Verein von und für
Regenbogenfamilien, ist aktiver Teil dieser Gemeinschaft.93Regenbogenfamilien schaffen es
also durch verbesserte Zusammenarbeit mit anderen Staaten auch in Österreich vermehrt in
der Öffentlichkeit auffindbar zu sein. Durch „FAmOs“ gibt es jetzt ein offizielles Sprachrohr.
Dennoch ist noch ein langer Weg zu bestreiten bis von einer Gleichstellung
gleichgeschlechtlicher Beziehungen die Rede sein kann.
91 NELFA – Network of European LGBT Families Associations: http://www.nelfa.org/
92 Members NELFA: http://www.nelfa.org/index.php?option=com_content&view=article&id=49&Itemid=60
93 NELFA – Europäische Regenbogenfamilien vernetzen sich: http://www.thinkoutsideyourbox.net/?p=23004,
http://diestandard.at/1332323420782/Regenbogenfamilien-Das-Recht-auf-zwei-Elternteile
77
2. Vorstellung der Interviewpartnerinnen
Bei den von mir interviewten Personen handelt es sich ausschließlich um Frauen. Der
Großteil der Regenbogenfamilien besteht aus zwei Frauen mit Kind oder Kindern. Aus diesem
Grunde spiegelt die Zusammensetzung meiner Interviewpartnerinnen die Realität gut wider.
Männerpaare mit Kindern sind äußerst selten anzutreffen, sie haben es naturgemäß noch
schwieriger als zwei Frauen, gemeinsam ein Kind zu bekommen. Fünf Frauenpaare mit
jeweils einem Kind stellten sich für Interviews und teilnehmende Beobachtungen zur
Verfügung. Die Namen der Interviewpartnerinnen wurden geändert und auch die beruflichen
und teilweise sozialen Daten wurden aus Datenschutzgründen modifiziert. Diese
Veränderungen berühren aber in keiner Weise die wesentlichen Interviewaussagen.
Hier soll zuerst einmal ein grober Überblick über die Paare gegeben werden, bevor im
Anschluss eine genauere Vorstellung meiner Interviewpartnerinnen erfolgen wird. Die Paare
lassen
sich
zwei
unterschiedlichen
Familienkonstellationen
innerhalb
von
Regenbogenfamilien zuordnen: in „Zwei-Mütter-Familien“ und in „Queer Families“ „ZweiMütter-Familien“ bilden die gängigste Form von Regenbogenfamilien. Diese Familien
bestehen aus zwei Frauen mit Kind oder Kindern ohne aktive Beteiligung eines Mannes, der
die Vaterrolle einnimmt. Eine „Queer Family“ hingegen besteht aus einem Frauenpaar,
welches gemeinsam mit einem schwulen Mann oder einem Männerpaar, die Kindererziehung
übernimmt. Hier wird bewusst ein schwuler Samenspender gesucht, der auch nach der Geburt
des Kindes eine aktive Vaterrolle einnehmen soll.
Zwei-Mütter Familien
Mein erstes Interviewpaar waren Monika und Theresa, sie sind beide 33 Jahre alt und haben
eine 2 ½ Jahre alte Tochter namens Clara. Monika ist die biologische Mutter, Theresa die
soziale.94 Sie suchten privat einen Samenspender und zeugten das Kind mit der
Bechermethode.
Paar Nummer zwei waren Andrea (b) und Stefanie (s), 40 und 35 Jahre alt. Ihr dreijähriger
Sohn Finn wurde ebenfalls durch einen privaten Samenspender mit der Bechermethode
gezeugt.
94 In weiterer Folge werden bei der Vorstellung der anderen Paare die Abkürzungen (b) für biologische Mutter
und (s) für soziale Mutter verwendet.
78
Gudrun (b) und Milla (s), 38 und 43, haben einen vierjährigen Sohn namens Aki. Sie sind das
einzige Interviewpaar, die eine anonyme Samenspende in einer finnischen Samenbank für die
Umsetzung ihres Kinderwunsches in Anspruch nahmen.
„Queer Families“
Jennifer ist 32 (b) und Sabine 37 (s). Ihre Tochter Carolina ist 2 Monate alt und wurde mit der
Bechermethode gezeugt. Sie suchten privat nach einem Samenspender, der auch nach der
Geburt eine aktive Vaterrolle einnehmen wollte. Ihre Wahl fiel auf einen schwulen Mann, der
nun auch im Geburtenbuch als Vater vermerkt ist.
Viktoria (b) und Michaela (s), 37 und 32 Jahre alt haben einen einjährigen Sohn namens
Philip. Auch ihr Kind wurde mit der Bechermethode gezeugt. Sie wählten einen schwulen
Bekannten als Samenspender, der nun auch eine aktive Rolle bei der Kindererziehung
einnimmt. Er ist allerdings im Vergleich zum vorherigen Paar im Geburtenbuch nicht als Vater
vermerkt.
Nach dieser kurzen überblicksartigen Darstellung meiner Interviewpartnerinnen, wird nun in
weiterer Folge noch genauer auf die Paare eingegangen.
2.1 Monika und Theresa95
Theresa und Monika sind seit acht Jahren ein Paar. Monika arbeitet im öffentlichen Dienst,
Theresa ist im Managementbereich einer großen Telefongesellschaft tätig. Sie arbeiten und
leben in Wien. Der Wunsch nach einem Kind war bei Monika schon seit Langem präsent:
Monika: Für mich war das eigentlich immer klar. Hab auch lange daran gearbeitet,
dass das für sie auch klar ist, aber dafür bleibt es wahrscheinlich nur bei einem. (lacht
laut auf). Ja, aber besser als keins.
Monika leistete einige Jahre Überzeugungsarbeit, bis sie schließlich Theresa auch von der
Idee eines gemeinsamen Kindes begeistern konnte.
Theresa: Also wir haben drei Jahre drüber nachgedacht, weil ich zuerst nicht wollte.
Und dann mit 29 hab ich gsagt, „ok jetzt ist es soweit, jetzt könn ma.“ Also es war
schon ein sehr langer Prozess, wo man sich überlegt hat, wie ist das mit dem Geld
möglich, mit der Freizeit, und so weiter.
95 Interview mit Monika und Theresa 2011: Persönliches Interview am 5.8.2011. Tochter Clara 2 ½ Jahre alt.
Wien
79
Für die Umsetzung ihres Kinderwunsches suchten sie einen Samenspender der keine aktive
Vaterrolle übernehmen sollte und wollte. Hierfür posteten sie ihre Anfrage auf einigen
Internetseiten und bekamen zahlreiche Antworten. Kriterien für die Auswahl waren das
Aussehen des Spenders und die Nähe zu ihrem Wohnort. Da es nicht viele Spender gab, die in
Wien wohnten, hatten sie keine so große Auswahl, fanden aber schließlich doch einen
passenden.
Theresa: Monika hat sich halt wirklich der Gefahr ausgesetzt, dass irgendein Kerl zu
uns in die Wohnung kommt, den du kaum kennst, der dir sein Sperma überreicht und ja
er hat zwar ein Attest, aber in Wahrheit wissen wir eh wie es mit dem ist, ja. Auch
wenn er das erst vor drei Wochen gemacht hat, was ist dann? Also dieser Gefahr setzt
du dich natürlich aus ja und wenn du das Kind haben willst, dann machst du das.
Theresa und Monika mussten ihrem Spender vertrauen, dass er die Wahrheit über seinen
gesundheitlichen Zustand erzählt hatte. Sie fragten den Spender auch nach seinen Gründen für
eine Samenspende. Er meinte da er selber Kinder habe, wisse er wie wichtig das sein könne
und er wolle seinen Beitrag für die Verwirklichung von Kinderwünschen leisten.
Monika: Ob er jetzt irgendwelche Allmachtsphantasien hat, keine Ahnung. Also das
will ich auch nicht wissen, für mich passts und das ist ein gesunder Kerl, er hat gute
Gene und das passt.
Bei der Umsetzung des Kinderwunsches bedurfte es einer genauen Planung und Recherche.
Einige Fragen mussten im Voraus geklärt weden.
Monika: Wie will man das? Wie möchte man zu dem Kind kommen? Das ist halt
komisch, da kommt ein fremder Mann und dann geht er wieder. Es ist halt was anderes
als wenn sich ein heterosexuelles Paar für ein Kind entscheidet, weil da weiß man ja
wie es zu dem kommt.
Die künstliche Befruchtung wurde mittels Bechermethode zuhause in Eigenregie
durchgeführt. Nun haben sie die zweieinhalbjährige Clara, die vor kurzem mit dem
Kindergarten begonnen hat. Monika und Theresa stellten sich bereits bei der
Kindergarteneinschreibung als Frauenpaar mit Kind vor und warteten die Reaktionen der
Pädagoginnen ab. Im Alltag wurden sie bis jetzt nicht mit offenen Diskriminierungen
konfrontiert, da sie schon sehr gezielt darauf achten wo sie sich outen und wo nicht. Im Spital
wurde Theresa meist als Monikas Schwester angesehen. Sie versuchten die Sache zwar
aufzuklären, aber richtig verstanden wurden sie trotzdem nicht. Nach der Geburt ging Monate
in Karenz, wie es bei alleinerziehenden Müttern auch funktioniert. Theresa konnte nicht in
Karenz gehen.
80
Theresa: Nein, das geht nicht. Du kannst es dir nur teilen mit ... wenn du ... als Vater,
dann kannst du diese drei Monate oder so dranhängen. So als Frau kannst du´s nicht
machen.
Die Familien der beiden Frauen reagierten sehr offen und positiv auf die Mitteilung
Großeltern zu werden. Es wurde nur am Anfang nachgefragt, wie es denn zu der
Schwangerschaft gekommen sei. Auch in der Arbeit hatte Theresa bis jetzt keine Probleme als
Teil einer Regenbogenfamilie. Sie könnte sich auch ohne Probleme Pflegeurlaub nehmen, da
ihr Chef sehr tolerant ist. Monika war an ihrem letzten Arbeitsplatz nicht geoutet, da sie Angst
vor Diskriminierungen auf Grund ihrer sexuellen Orientierung hatte. Nach der Karenz suchte
sie einen neuen Job und outete sich hier schon beim Vorstellungsgespräch.
Clara wächst bei ihren beiden Müttern auf, Kontakt zum Spender gibt es im Moment nicht.
Monika und Theresa verfügen über Emailadressen, mit denen sie mit dem Spender Kontakt
aufnehmen können. Sie möchten, dass ihre Tochter später einmal bei Bedarf die Möglichkeit
hat ihren biologischen Vater kennen zu lernen. Im Moment gibt es allerdings keinen Kontakt
zwischen ihnen. Sie wollen, dass sich Clara später einmal selbst aussuchen kann, wem sie wie
etwas über ihre Herkunft erzählt. Jetzt erzählt sie allen einfach frei raus, dass sie zwei Mütter
hat.
Monika: Weil für sie gibts nichts anderes, für sie ist das die Welt. Das sind die Eltern
und aus. Sie akzeptiert ja auch, dass die anderen Mama und Papa haben. .
Vom Gesetz her wird Monika allerdings als Alleinerziehende betrachtet, Theresa hat kaum
Rechte ihrer Tochter gegenüber. Sollte Clara einmal auf der Intensivstation landen, dürfte
Theresa sie rein rechtlich nicht besuchen, da sie nicht mit ihr verwandt ist. Die beiden Frauen
denken jetzt darüber nach eine notarielle Verfügung für solche Fälle zu beantragen, allerdings
ist dies damit auch nicht hundertprozentig sicher.
Theresa: Für den Staat wäre es besser, wenn wir heiraten dürften So ist klar sie müssen
mehr zahlen weil sie alleinerziehend ist. Also uns kommts was das Geld betrifft. Aber
ich würde gern drauf verzichten, wenns gehen würde. Wenn Monika irgendwas passiert,
könnte das bedeuten, dass Clara zu jemand anderen kommt, obwohl sie bei mir schon
jahrelang lebt.
Die Eingetragene Partnerschaft in Österreich stellt für die beiden keine Option dar, da Theresa
dadurch auch nicht mehr Rechte für ihr gemeinsames Kind bekommen würde.
Theresa: So wie es jetzt aussieht brauch ich das nicht. Weil wenn ich die Obsorge
erkämpfen würde, wäre ja das sogar hinderlich, weil da ja tatsächlich drinnen steht,
dass es nicht möglich ist. Also wenn da drin steht, ich kann meine Kleine dann
adoptieren, heirate ich soweit. Also das ist für mich der größte, wichtigste Punkt.
81
In Wien gibt es für gleichgeschlechtliche Paare im Moment nur die Möglichkeit gemeinsam
ein Pflegekind aufzunehmen. Adoption, Stiefkindadoption und die Nutzung medizinisch
unterstützter Fortpflanzungsmethoden sind verboten. Theresa meinte hierzu „Da dürfen wir,
aber auch nur die schwierigen Fälle. Aber meine Kleine darf ich nicht adoptieren.“
Sie würden sich vom Staat eine Gleichstellung mit der Ehe, das Adoptionsrecht aber auch die
Öffnung der Samendatenbank wünschen.
Theresa: Weil so ist es natürlich sehr sehr schwierig. Entweder du gehst ins Ausland
oder machst es illegal. (räuspert sich) Sich als Frau Gefahren aussetzen, was Aids usw.
angeht. Aber es (grinst) bleibt dir einfach gar nix anderes übrig. Und es ist natürlich
auch die Gefahr und das passiert jetzt, dass ein Mann für mehrere Paare Samen
spendet und unterschiedliche Kinder hat. Und wenn du Pech hast, kennst du die nicht
und das ist natürlich auch nicht super.
Für die Umsetzung ihres Kinderwunsches mussten sie gewisse Risiken eingehen, da es in
Österreich bis jetzt keine sicheren Möglichkeiten für Frauenpaare, die ein Kind bekommen
wollen, gibt.
Damit sich etwas an der Situation für Regenbogenfamilien ändert und verbessert, müssten
diese für Monika präsenter in den Medien werden, „sodass es irgendwann in Normalität
übergeht.“ Einige Veränderungen sind für sie jedoch bereits jetzt zu erkennen. So entscheiden
sich ihrer Meinung nach immer mehr gleichgeschlechtliche Paare, vor allem Frauenpaare, in
einer bestehenden gleichgeschlechtlichen Beziehung ein Kind zu bekommen.
Theresa: Ich finde es hat sich stark vermehrt in letzter Zeit. Vielleicht fällt es mir nur
besonders auf, aber rund herum überlegen sich die lesbischen Frauen Kinder zu
kriegen und kriegens auch. Also ein richtiger Boom sogar, ja. Also ich glaub, dass die
Frauen mittlerweile vielleicht mutiger geworden sind.
2.2. Andrea und Stefanie96
Andrea ist Finns biologische Mutter, ihre Partnerin Stefanie ist Finns zweite Mutter. Sie sind
seit knapp vier Jahren ein Paar. Andrea arbeitet als Journalistin und Stefanie ist als
Bauingenieurin tätig. Der Kinderwunsch spielte gleich zu Beginn der Beziehung eine große
Rolle, denn Andrea hörte ihre biologische Uhr bereits ticken. Beide Frauen waren sich sicher,
einmal ein Kind haben zu wollen.
96 Interview mit Andrea und Stefanie 2011: Persönliches Interview am 9.8.2011. Sohn Finn 3 Jahre alt. Wien
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Andrea: Ja, das war für mich schon immer klar. Also als Mädchen war für mich immer
klar, ich hab mal eine Familie. Nach meinem Coming-Out, hab ich das Thema erst mal
eine Zeit lang ad acta gelegt. Wer weiß vielleicht gibt sich das wieder mit den Frauen?
(grinst) Irgendwann kam schon die Zeit, wo ich ein bisschen resigniert hab, und gesagt
hab, ok, dann ist das für mich vielleicht doch abgehackt, dann muss ich was anderes
finden im Leben.
Für Andrea war es ein langer Prozess bis sie akzeptieren konnte, dass sie auch mit einer Frau
zusammen ein Kind haben kann und sie sich als Lesbe nicht zwangsläufig von ihrem
Kinderwunsch verabschieden muss. Schwangerschaft, Kinder und Familie beruhen nach wie
vor auf heteronormativen Vorstellungen. Heterosexualität als Norm ist allgegenwärtig und
lässt sich in Institutionen, aber auch in den Subjekten selbst wieder finden lässt. Auch für
Andrea war es lange undenkbar, ohne einen Mann mit einer Frau gemeinsam ein Kind zu
bekommen und aufzuziehen.
Andrea: Für mich war ein Kind bekommen eigentlich eine romantische Angelegenheit.
Nicht weil ich jetzt unbedingt Mama sein möchte, sondern weil ich mich mit dem
Menschen, den ich liebe, gern vereinen möchte um Leben zu schaffen. Ich musste mich
erst von der Idee lösen, dass das nur mit einem Mann geht. Es kann auch was Schönes
und Romantisches sein, ein gemeinsames Projekt, wenn man gemeinsam mit der Frau
die man liebt ein Kind bekommt.
Erst mit Stefanie an ihrer Seite wurde der Kinderwunsch wieder sehr präsent und zentral. Für
Andrea war klar, dass sie eine Schwangerschaft sehr gerne am eigenen Leib erfahren möchte.
Auch Stefanie wollte immer schon Kinder haben, allerdings sah ihre Vorstellung davon etwas
anders aus.
Stefanie: Ich war mir immer sicher, dass ich mal Kinder in meinem Leben haben werde,
dass ich Kinder haben will. Ich hatte nie den Wunsch eins auszutragen. Ich hab mir das
eigentlich immer so vorgestellt: Ich lern irgendwann mal eine Frau kennen, die ist
wahrscheinlich geschieden und bringt drei Kinder mit, drei verzogene kleine Bengel.
Bei Andrea und Stefanie bedurfte es keiner langer Phase des Überlegens oder Überzeugens,
sondern für beide Frauen war schnell klar, dass sie es gemeinsam wagen wollten, ein Kind zu
zeugen und groß zu ziehen. Andrea fragte ihre Partnerin schon zu Beginn der Beziehung, was
sie denn von einem gemeinsamen Kind halten würde. Stefanie war sofort sehr angetan und
somit war die Sache so gut wie entschieden. Zuerst versuchten sie einen Samenspender aus
dem privaten Umfeld zu finden, sie dachten sogar darüber nach einen von Stefanies Brüdern
als Samenspender für ihr gemeinsames Kind zu verwenden.
Andrea: Kurz einmal haben wir an einen ihrer Brüder gedacht. Ob der vielleicht? ... Mit
dem hatte sie sogar mal so ein Abkommen getroffen, dass er mal einspringen würde, als
Samenspender, wenn sie mal ein Kind mit ihrer Freundin haben möchte.
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Stefanies Bruder hätte sich schließlich tatsächlich als Samenspender zur Verfügung gestellt,
doch schlussendlich entschieden sie sich dann doch gegen diese Variante.
Stefanie: Aber dann war das mir plötzlich zu heiß eigentlich, ich hab mir dann
vorgestellt so Weihnachtsabend mein Bruder und die Andrea sitzen so zufällig
nebeneinander und schauen den Kleinen an und ich sitz irgendwie daneben mit meinem
Bier oder Rotwein und denk mir , na super (beide grinsen) und irgendwie, das war mir
dann irgendwie überhaupt nicht recht.
Die Idee erwies sich bei genauerer Betrachtung doch nicht als so gut wie sie anfangs gedacht
hätten. Es wäre unklar gewesen, welche Rolle der Bruder schließlich wirklich übernehmen
sollte, er wäre Onkel, aber zugleich auch der biologische Erzeuger des Kindes gewesen.
Andrea: Anfangs fand ich die Idee total romantisch und super, ja. Ich mein, das ist dann
noch dazu das Blut von ihr, dass sich dann irgendwie mischt. Und die schauen sich
sogar noch ähnlich die beiden. Aber wenn man sich das genau durchdenkt und sich ein
bisschen hinein versetzt in die Situation ist es komisch.
Sie wollten kein eventuelles Konfliktpotential in die Familie hineinbringen. Aus diesem
Grund entschieden sie sich schließlich doch für einen Samenspender der nichts mit ihnen zu
tun hatte. Sie suchten via Internetforen nach einem Samenspender, der keinen Wunsch hegte
eine aktive Vaterrolle nach der Geburt einzunehmen, der aber bereit wäre, dem zukünftigen
Kind bei Bedarf für Auskunft und Informationen zur Verfügung zu stehen. Andrea und
Stefanie fanden schnell einen potentiellen Samenspender bei dem sie ein gutes Bauchgefühl
hatten.
Andrea: Man muss natürlich ein bisschen Grundvertrauen haben, in das Gute im
Menschen. Weil natürlich wäre es ein Leichtes gewesen, wenn er ein Verrückter wäre,
der da den Wunsch hat, alle Menschen anzustecken mit HIV oder sonst irgendwas. Er
hat uns zwar ein Gesundheitszeugnis gezeigt, aber so was kann man leicht frisieren.
Aber wir haben ein gutes Gefühl bei ihm gehabt, es gewagt und es ist gut gegangen.
Sie wendeten die Bechermethode an, um eine Schwangerschaft zu erzielen. Es dauerte dann
auch nicht lange bis Andrea tatsächlich schwanger war. Im Dezember kamen sie zusammen,
im Februar beschlossen sie ein Kind zu bekommen und im Mai war Andrea bereits
schwanger. Sie bestimmten den genauen Zeitpunkt des Eisprungs, riefen ihren Spender an und
der brachte ihnen frisches Sperma für die Selbstinsemination in die Wohnung.
Andrea: Es hat dann sehr schnell geklappt, der erste Versuch und ich war schwanger.
Natürlich habe ich zu dem Zeitpunkt meinen Zyklus genau gekannt. Ich war vorher
schon bei der Frauenärztin, die mir gesagt hat, dass alles in Ordnung ist,dass vom
Körper her nichts dagegen spricht, schwanger zu werden. Und das hat dann wirklich
gleich geklappt.
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Andreas und Stefanies Eltern waren anfangs etwas irritiert, dann aber schnell überwältigt und
glücklich doch noch ein Enkelkind zu bekommen.
Andrea: Zuerst mussten sie natürlich etwas verdauen, als sie erfahren haben wie wir es
gemacht haben. Also dieser fremde Mann, den wir da quasi als Zeuger gefunden haben.
Die mussten das erst verarbeiten, dass das auch so geht. Ich mein, die wussten nicht
dass es die Bechermethode überhaupt gibt, dass es so möglich ist schwanger zu werden.
Mittlerweile sind sie glückliche Großeltern und fragen nicht mehr nach dem biologischen
Erzeuger.
Andrea: Ich glaub, es ist auch für unsere Eltern mehr als normal geworden, dass das
unser Kind ist, dass wir das sind, dass wir die Familie sind. Dass irgendwie vergessen
wird, dass es da irgendwie auch noch einen Erzeuger geben muss. Das ist einfach
vergessen worden.
Doch nicht überall wurden sie gleich gut als werdende Regenbogenfamilie aufgenommen. Im
Geburtsvorbereitungskurs wurde von der Vortragenen immer nur von Vater und Mutter
gesprochen. Stefanie fühlte sich in ihrer Rolle als zweite Mutter nicht ausreichend
wahrgenommen.
Stefanie: Dann ist da so ein Physiotherapeut gekommen und den hab ich dann auch
drauf aufmerksam gemacht. Ab dem Zeitpunkt, wo ich ihn gebeten habe, er soll das
Wort Vater durch Partner ersetzen, hat er das gemacht. Das war überhaupt kein
Problem. Und die anderen, glaub ich, haben das auch alle ganz witzig gefunden.
Im Spital hingegen funktionierte alles tadellos. Andrea hatte zuvor schon gezielt eine
lesbische Frauenärztin gesucht, die sie bis zur Geburt hin unterstützte und sogar im OP mit
dabei war.
Andrea: Im Krankenhaus war das null Problem. Es war dann leider ein Notkaiserschnitt,
aber es war dann ganz klar, dass Steffi bei mir ist im OP und auch ganz klar, dass sie
den Kleinen als Erste bekommt.
Stefanies Chef gab ihr die zwei Tage nach der Geburt frei. Diese gesetzliche Regelung gilt
eigentlich nur für Heteropaare, es lag also im Ermessen ihres Chefs ihr trotzdem frei zu
geben.
Andrea ging dann ganz normal ein Jahr in Karenz, bevor sie wieder Teilzeit zu arbeiten
begann. Für Stefanie gab es keine Möglichkeit im Anschluss auch in Karenz zu gehen. Das
einzige was ihr zusteht, ist Pflegeurlaub zu nehmen. Dies können jedoch alle machen, die auf
der gleichen Adresse gemeldet sind.
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Ihr Sohn Finn geht mittlerweile in den Kindergarten und die Leiterin weiß, dass Finn zwei
Mütter hat. Die meisten Eltern wissen es bis jetzt aber noch nicht. Andrea plant mit den
Pädagog_innen zu sprechen, damit diese auch auf das Thema kindgerecht eingehen können.
Andrea: Ich hoff, dass es so bleibt. Ich wünsch vor allem dem Finn, dass dort wo wir
dann nicht mehr dabei sind, im Kindergarten oder in der Schule, wo er auf sich allein
gestellt ist,, dass er da auch keine schlimmen Erfahrungen macht dann.
Als Lesbe oder Frauenpaar mit Kind ist man ständig mit fragenden Blicken konfrontiert, sei
es am Spielplatz, beim Einkaufen oder sonst wo.
Andrea: Also du musst dich einfach immer wieder outen und sagen und einfach du
musst ... für dich, also für mich muss es normal werden. So normal, dass ich es schaff
ohne darüber nachzudenken. Ja, und wenn ich es dann nicht schaff, ärger ich mich total
darüber, weil ich weiß ich müsste. Und es ist schon anstrengend was das betrifft, das
ständige Outen.
Dieses „Outing“ ist stets mit vielen Erklärungen verbunden und jegliche vorherigen
Gesprächsthemen erscheinen uninteressant. Es dreht sich alles nur noch um die eine Frage.
Stefanie: Und es ist ja immer die gleiche Frage (flüsternd) ,Und ähm ich mein ... darf ich
das fragen, wie habt ihr denn das gemacht? Zum Beispiel ... Irgendwie so einmal, darf
ich das eh? - Geht das eh nicht zu weit? und dann die Frage ,wie habt ihr das denn
gemacht?
Bis jetzt wussten sie aber noch keine wirklich negativen Erfahrungen als Regenbogenfamilie
machen. Stefanie musste bereits einige Male mit dem Kleinen ins Krankenhaus fahren und
dort gab es nie ein Problem. Allerdings standen noch keine lebenswichtigen Entscheidungen
an und Finn war noch nie auf der Intensivstation. In diesem Fall könnte Stefanie der Zugang
zu ihrem Kind verweigert werden. Sie bräuchte eine notariell beglaubigte Vollmacht um ihren
Sohn auf der Intensivstation besuchen zu können.
Finn nennt Andrea Mama und Stefanie wird von ihm beim Vornamen gerufen. Für
Außenstehende ist es somit leichter zu erkennen, dass Stefanie nicht die biologische Mutter
des kleinen Finn ist. Dennoch sehen beide als gleichwertige Mütter. Die beiden Frauen haben
zumindest etwas Kontakt mit ihrem Samenspender, auch wenn es keine regelmäßigen Treffen
und Austausch gibt. Zum Geburtstag oder zu Weihnachten werden Glückwünsche und Fotos
per Mail verschickt. Der Spender steht auch immer wieder zu gesundheitlichen Fragen und
seinen Allergien Rede und Antwort. In den nächsten Monaten ist ein persönliches Treffen mit
ihm geplant, um nochmals genaue Vereinbarungen über eine mögliche Kontaktaufnahme des
Kindes mit seinem Erzeuger zu treffen. Das Gespräch soll allerdings nur unter den
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Erwachsenen stattfinden; Finn wird nicht anwesend sein. Es geht darum gemeinsam zu
überlegen, wann eine Kontaktaufnahme oder ein Treffen zwischen Spender und Kind am
sinnvollsten wäre. Finn soll später die Möglichkeit haben seinen Samenspender kennen zu
lernen und Fragen zu stellen. Bis es aber soweit ist, ist es notwendig notarielle
Vereinbarungen zu treffen, da Finn seinen Erzeuger jederzeit auf Alimente verklagen und
diese auch rückwirkend einforden könnte. Durch eine Stiefkindadoption müsste der
Samenspender keine Angst davor haben, seinen Sohn einmal kennenzulernen. Bei einer
Stiefkindadoption würde er seine offiziellen Vaterrechte, aber auch die Pflichten abtreten. Wie
und wann ein möglicher Kontakt zwischen Samenspender und Finn einmal stattfinden kann
ist bis jetzt noch nicht unklar.
Stefanie: Was die beiden dann auch immer aus dem Kontakt machen, wird sich zeigen,
ob sie das dann intensivieren wollen oder ob es reicht, dass sie sich einmal gesehen
haben und geredet haben und das können wir dann eh nicht beeinflussen.
Die Einführung der Eingetragenen Partnerschaft in Österreich ist für Andrea und Stefanie
sinnlos, da die Kinderfrage darin nicht geregelt ist. Vielmehr steht darin sogar geschrieben,
dass es keine Möglichkeit für gleichgeschlechtliche Paare auf gemeinsame Kinder gibt.
Andrea: Ja es steht nämlich explizit drinnen, dass der Partnerin, der nicht leiblichen
Mutter, es verboten ist, das Kind der Partnerin zu adoptieren. Das heißt, wenn wir uns
nicht eintragen lassen, ist das einfach Graubereich, wenn wir uns eintragen lassen, ist
es verboten. Also ist es eigentlich ein Rückschritt. Insofern ist es für Paare mit Kind
absolut abzuraten sich eintragen zu lassen, solange das so drinnen steht.
Vom Gesetz her wird Andrea als Alleinerzieherin angesehen, obwohl Finn zwei Mütter hat.
Zwischen Stefanie und Finn gibt es kein rechtliches Verwandtschaftsverhältnis. Von Seiten
des Staates werden sie nicht als Familie betrachtet, in einigen anderen Bereichen funktioniert
dies jedoch bereits sehr wohl.
Andrea: Ich mein, es ist eh nur das Rechtliche. Weil alles andere, sogar die ÖBB gibt
uns eine Family-Card, Versicherungen sehen uns als Familie an, da alles die Wirtschaft
usw., hat uns ja schon realisiert und erkennt uns an. Und wirklich überhaupt kein
Thema, es ist ja wirklich nur das Gesetz, die Politik, die sich ändern muss.
Aus diesem Grund versuchen sie nun die gemeinsame Obsorge einzufordern. Diese kommt
einer Stiefkindadoption gleich und Stefanie hätte dann die gleichen Elternrechte wie Andrea.
Ihr Hauptwunsch wäre jedoch, dass sich Österreich an Ländern wie Norwegen oder Spanien
ein Beispiel nehmen würde und die Elternschaftsvermutung einführen würde. Hierdurch
erhält die zweite Mutter bereits mit der Geburt des Kindes sämtliche Elternrechte ohne den
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Umweg einer oft langwierigen Stiefkindadoption gehen zu müssen.
Stefanie: Und vor allem ist es ja gar nicht einzusehen warum wir da was dafür zahlen
müssen, dass wir gemeinsam für den Finn sorgen können. Ich mein da fallen ja Kosten
an. Natürlich zahlt mans eh gern, aber grundsätzlich ist es nicht ok, dass man dafür
zahlen muss, dass man für unser gemeinsames Kind, gemeinsam Obsorge kriegt.
Andrea hätte gerne noch ein weiteres Kind, allerdings fühlt sie sich, unter anderem auch auf
Grund ihres Alters, gesundheitlich nicht mehr im Stande ein zweites Kind zu bekommen.
Andrea: Ich glaub, es wär zu belastend. Dadurch dass ich jetzt auch nicht mit 45 erst
noch ein Kind bekommen möchte, müsst das jetzt sein, demnächst. Ich müsst jetzt dann
bald wieder schwanger werden, damit es nicht zu spät wird, ja. Und jetzt mag ich
einfach nicht schwanger werden. Wär mir zuviel. Deshalb... und sie will nicht.(lacht)
Sie sind sehr zufrieden mit der jetzigen Situation zu dritt und achten auch so darauf, dass der
Kleine ohne Geschwisterchen genug Kontakt mit gleichaltrigen Kindern hat.
Regenbogenfamilien sind laut Andrea in den letzten Jahren immer präsenter geworden und
immer
mehr
Kinder
werden
in
bestehende
gleichgeschlechtliche
Partnerschaften
hineingeboren.
Andrea: Ich glaub, das wird jetzt sogar noch mehr werden. Wahrscheinlich auch weil
die Frauen immer selbstsicherer sind und einfach zum Kinderwunsch stehen und das
auch durchziehen. Weil sie vielleicht nicht mehr so kämpfen müssen für Akzeptanz in
der Gesellschaft als lesbische Frauen
Allerdings würde es natürlich sehr viel helfen, dass Recht auf seiner Seite zu haben. Somit
könnten Regenbogenfamilien noch selbstbewusster an die Öffentlichkeit treten.
Andrea: Falls irgendwo jemand mal blöd was sagen sollte, könnte man sagen: „Hallo.
Und wo lebst du? - Regenbogenfamilien sind sogar gesetzlich anerkannt!" Es gibt eben
nochmal ein bisschen Selbstvertrauen mit und das ist schon etwas was wir sicher
gebrauchen können, weil wir es nicht so einfach haben wie heterosexuelle Familien.
2.3. Gudrun und Milla97
Gudrun, 38 und Milla, 43 sind seit 1995 ein Paar. Milla arbeitet im Projektmanagement und
Gudrun ist als Buchhalterin tätig. Anfangs hatten sie zwei Katzen, ein Kinderwunsch stellte
sich erst nach etwa zwölf Jahren ein. Erst als Gudrun älter wurde, kam in ihr der Wunsch auf
noch selbst Mutter werden zu wollen.
97 Interview mit Andrea und Stefanie 2011: Persönliches Interview am 9.8.2011. Sohn Finn 3 Jahre alt. Wien
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Gudrun: Ich war 33 und hab mir gedacht, wenn dann bald und dann hat es halt gepasst
und dann haben wir Glück gehabt, dass wir dann auch gleich schwanger geworden sind
mit dem ersten Versuch. Aber es ist natürlich eine sehr starke Diskriminierung, dass das
[künstliche Befruchtung für Frauenpaare] da in Österreich nicht geht.
Aufgrund Millas finnischer Abstammung, entschieden sie sich für eine künstliche
Befruchtung in einer Samenbank in Finnland. Finnische Samenbanken stehen allen Frauen
mit Kinderwunsch offen, auch ausländischen.
Milla: Wir haben so zwei, drei Jahre vorher schon daran gedacht und ich hab dann
Kontakt aufgenommen als ich in Finnland war. Es war ein angenehmer Besuch,
freundlich und unkompliziert. Und es war eindeutig klar für sie dort, dass auch ein
Pärchen so wie wir, einen legitimen Kinderwunsch haben kann.
Sie mussten gesundheitliche Untersuchungen machen und ein psychologisches Gutachten
mitbringen.
Die
beiden
nutzen
die
Möglichkeit
des
grenzüberschreitenden
Reproduktionstourismus und planten den gemeinsamen Urlaub extra so, dass sie am Tag des
Eisprungs zur Samenbank fahren konnten. Eine künstliche Befruchtung kostet in Finnland
zwischen 600 und 1500 Euro. Zum Glück wurde Gudrun gleich beim ersten Versuch
schwanger, sonst hätte das Ganze richtig teuer werden können.
Gudrun und Milla bilden hier eine Ausnahme, sie entschieden sich bewusst gegen eine
Selbstinsemination und somit einen bekannten Spender. Sie wählten als einziges der von mir
interviewten Paare die Variante einer ausländischen Samenbank. Der Spender konnte
bestimmen an wen sein Sperma gehen sollte. Er konnte zwischen alleinstehenden Frauen,
sowie zwischen einem lesbischen oder einem heterosexuellen Paar wählen. In der Samenbank
angelangt, konnten Gudrun und Milla dann nicht aus mehreren Spendern wählen, sondern es
gab nur einen, der für sie in Frage kam. Den nahmen sie auch und Gudrun wurde gleich nach
dem ersten Versuch schwanger. In Finnland gab es zu der Zeit nur die Möglichkeit der
künstlichen Befruchtung durch einen anonymen Spender, ihr Kind hat somit keine Chance
jemals etwas über seinen Erzeuger heraus zu finden. Dies war aber von Gudrun und Milla von
Anfang an auch so beabsichtigt. Gudrun meinte hierzu: „Weil ich glaub zwei sind genug in
einer Beziehung, was braucht man da einen Dritten?“
Gudrun: Außerdem wollten wir das auf legalem Weg machen. Für uns wär es nicht in
Frage gekommen, einfach irgendeinen Mann zu suchen. Also entweder man macht man
es "unter der Hand" oder du suchst dir irgendjemand aus. Das sind beides nicht
Varianten gewesen, die für uns in Frage gekommen wären.
Gudrun informierte zuvor ihre Ärztin darüber, dass sie gerne durch künstliche Befruchtung in
einer Samenbank schwanger werden möchte. Die Ärztin stand dem Paar dann während dieses
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ganzes Prozesses bis hin zur Geburt stets hilfreich zur Seite. Gudruns und Millas Eltern waren
begeistert und sehr glücklich darüber Großeltern zu werden. Millas Mutter sieht in Aki ihren
hundertprozentigen Enkelsohn, obwohl Gudrun, das Kind zur Welt brachte. Der Kleine wird
nun von seinen Großeltern ziemlich verwöhnt. Milla wird von Gudruns Eltern nicht anders als
deren Schwiegersöhne behandelt. Sie werden als gemeinsame Familie mit Kind betrachtet.
Gudrun: Also ich glaub das Schwierige an lesbischen Beziehungen ist das Outing,
Kinder sind nie ein Problem. Kinder machen immer Freude. Wenn du einmal das Outing
durch hast und die einmal dein Leben akzeptiert haben, sind Kinder wahrscheinlich
dann eher so ein bisschen wieder eine Erleichterung, so ein bisschen normal.
Im Krankenhaus gab es keine Probleme und Milla durfte selbstverständlich mit in den
Kreißsaal kommen um die ganzen 17 Stunden live dabei zu sein.
Milla: Ja, ich bin auch mitgegangen zu Ultraschalluntersuchungen und solchen Dingen.
Das ist für mich sehr wichtig gewesen. Und man freut sich auf die Dinge, die man zuerst
nicht spürt, selber von außerhalb, aber dann irgendwann spürt man sie auch konkret mit
den kleinen Tritten und Boxen und so weiter.
Die ersten Schwierigkeiten und Benachteiligungen erlebten sie nach der Geburt als es um
finanzielle Angelegenheiten und um Karenz ging. Gudrun ging nach der Geburt als
biologische Mutter ganz normal in Karenz.
Milla: Und dann hat Milla angesucht um Kinderbetreuungsgeld und das war dann ein
bisschen eine mühsame Geschichte. Weil zuerst haben sie zurück geschrieben, sie muss
die Vaterschaft nachweisen.
Natürlich konnte Milla keine Vaterschaft nachweisen, so wurde ihr Antrag auch abgelehnt. Sie
bekam von ihrem Chef die zwei Tage Urlaub nach der Geburt des Kindes, konnte allerdings
im Anschluss nicht auch in Karenz gehen. Schließlich kamen sie zu dem Schluss, dass Milla
die Obsorge über Aki braucht um mehr Rechte zu haben.
Gudrun: Lästig war natürlich das mit den Krankenkassen und mit dem Ministerium. Ich
mein, da sitzen wirklich Leute, die halten dir den Stinkefinger ins Gesicht. Also die hat
dann schon gesagt, Na, wo kämen wir denn da hin. Und die Omas können auch nicht in
Karenz gehen.
Nach über einem Jahr schafften sie es auf gerichtlichem Weg schließlich tatsächlich die
gemeinsame Obsorge zu erstreiten. Milla bekam sogar rückwirkend das Karenzgeld. Da der
Rechtsstreit allerdings zu lange dauerte, konnte sie nicht mehr in Karenz gehen und daheim
beim Kind bleiben. Gudrun versuchte dann den Alleinverdienerabsatzbetrag geltend zu
machen, der wurde ihr aber gestrichen, da sie ja in einer Beziehung lebt, „Also der
österreichische Gesetzgeber diskriminiert wo er kann.“ Sie sind bis jetzt das einzige
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gleichgeschlechtliche Paar in Österreich, dem es gelungen ist die gemeinsame Obsorge für ihr
Kind zu erlangen. Andere Paare versuchen nun diesem Beispiel zu folgen, bis jetzt allerdings
erfolglos.98 Da es in Österreich keine gesetzliche Richtlinie gibt, wie in solchen Fällen zu
entscheiden ist, ist es eine Richter_innenentscheidung, die aber im Anschluss nicht mehr
rückgängig gemacht werden kann. Gudrun und Milla könnten nur durch das Jugendamt die
gemeinsame Obsorge nochmal verlieren, dies ist allerdings sehr unwahrscheinlich.
Im Alltag sahen sie sich bis jetzt noch nicht mit offenen Diskriminierungen konfrontiert.
Gudrun: Im täglichen Umgang sind die Leute eh nett und zuvorkommend. Und ich mein,
man sucht sich ja, schon Leute aus, mit denen man kann. Wir haben von unserem
kleinen Mikrokosmos noch nie was Negatives erlebt.Also Diskriminierung ganz stark
durch den Gesetzgeber und eigentlich im normalen Leben nicht.
Mit städtischen Kindergärten konnten die beiden Frauen nicht viel anfangen, sie suchten sich
einen elternverwalteten Kinderverein. Aki gefällt es bis jetzt sehr gut in der Kindergruppe, er
fühlte sich vom ersten Schnupperbesuch an pudelwohl dort. Gudrun fragte ihren Sohn wie er
die Situation im Kindergarten erleben würde: „Du, sagen die Kinder was, weil du zwei
Mamas hast? Nein? Ist ihnen das wurscht?“ Anfangs wurde schon nachgefragt, aber eher von
den Eltern und weniger von den Kindern selbst. Deshalb nahmen Gudrun und Milla anfangs
stets ein bestimmtes Buch mit in den Kindergarten.99 In dem Buch wird kindgerecht erklärt,
wie zwei Frauen zu einem Kind durch Insemination kommen können. Dieses Buch wurde im
Kindergarten dann oft gelesen und auch die Eltern konnten es sich ansehen. Ich konnte mir
dann gemeinsam mit Gudrun und Aki ebenfalls dieses Buch ansehen. Es beschreibt den
Prozess der künstlichen Befruchtung auf kindgerechte Art und Weise und Aki weiß genau
über seine Entstehungsgeschichte Bescheid. Er weiß, wie eine künstliche Befruchtung in einer
Samenbank funktioniert. Seine beiden Mütter klärten ihn schon früh auf und machten nie
einen Hehl daraus, wie Aki gezeugt wurde. Immer wenn neue Kinder und Eltern
dazukommen, wird dieses Buch wieder mitgenommen um neugierige Fragen klären zu
können. Für die Kinder selbst war es bis jetzt kein großes Thema, dass Aki zwei Mütter und
keinen Vater hat. Bisher gab es laut Gudrun und Milla keine negativen Erfahrungen im
Kindergarten, da Aki ein „dominanter Kerl“ sei, der sich schon durchzusetzen wisse.
Bei Milla und Gudrun gibt es eine Mama und eine Äiti, Äiti ist ein finnischer Ausdruck für
Mama. Milla spricht Finnisch mit dem Kleinen, sodass dieser zweisprachig aufwächst. Sie
98 Siehe zum Beispiel: http://kurier.at/nachrichten/wien/4484431-ogh-urteil-zwei-mamas-nur-einsorgerecht.php
99 Thorn, Petra 2011: „Die Geschichte unserer Familie – Ein Bilderbuch für lesbische Familien mit
Wunschkindern durch Samenspende“
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hätten gerne noch ein zweites Kind, allerdings ist dies natürlich auch eine Frage des Geldes.
Heterosexuelle Paare bekommen staatliche Zuschüsse für künstliche Befruchtungen, sie
müssten dafür wieder extra ins Ausland reisen.
Gudrun: Und jetzt merken wir natürlich schon, ich kann nicht immer nach Finnland
fahren. Und ich mein, da haben wir Glück gehabt und es hat gleich funktioniert, wenn es
nicht gleich funktioniert ... das geht einfach nicht, viel zu teuer.
Aus diesem Grund absolvieren sie im Moment einen Pflegeelternkurs. Nach dem Kurs
entscheiden sie, ob sie ein Pflegekind aufnehmen oder es doch nochmal mit einem eigenen
Kind versuchen wollen. Bei einem Pflegekind wären beide sofort obsorgeberechtigt, dieses
müsste auf jeden Fall jünger als Aki sein. Einige ihrer Bekannten nahmen diese Möglichkeit
bereits in Anspruch. Aki ist das einzige Kind meiner interviewten Paare, das nie die
Möglichkeit haben wird, seinen Erzeuger kennenzulernen, da es sich um eine anonyme
Samenspende in einer Samenbank handelte.
Für Gudrun und Milla stellt die Eingetragene Partnerschaft keine Option dar, da
Regenbogenfamilien und Familiengründung von gleichgeschlechtlichen Paaren in diesem
Gesetz völlig ignoriert wurden.
Milla: Ja, es ist halt stark diskriminierend. Es kriminalisiert Frauen. Für Frauen die
jetzt da nicht einen Mann parat haben, gibt es keine sichere, risikofreie Art einen
Kinderwunsch umzusetzen. Und das ist sehr sehr schlimm. Es lässt dir keine andere
Wahl als in die Illegalität zu gehen.
In einer Eingetragenen Partnerschaft hätten sie nicht einmal den Antrag auf gemeinsame
Obsorge stellen dürfen, da dies Eingetragenen Partner_innen gesetzlich verboten ist.
Gleichgeschlechtliche Paare ohne Eingetragene Partnerschaft haben zumindest die
Möglichkeit einen Antrag auf gemeinsame Obsorge zu stellen.
Gudrun und Milla würden die Öffnung der Ehe stark begrüßen oder zumindest eine
gleichwertige Alternative und eine Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare auf allen
Ebenen. Da sie aber wissen, dass es wohl noch einige Zeit dauern wird bis dies in Österreich
der Fall sein wird, werden sie sich selbst weiterhin für Gleichberechtigung engagieren und für
mehr Rechte kämpfen.
Gudrun: Da werden wir noch weiter bekämpfen. Wir werden das sicher weiter
betreiben. Jetzt sind wir einmal froh, dass wir die Obsorge bekommen haben und
nächstes Jahr gehts dann um die Adoption.
92
2.4. Jennifer und Sabine100
Jennifer und Sabine sind seit über sieben Jahren ein Paar. Sie ließen sich genug Zeit um über
die Pro und Kontras eines gemeinsamen Kindes nachzudenken. Sabine arbeitet bei einem
privaten Sicherheitsdienst und Jennifer ist Pädagogin, derzeit in Karenz. Für Jennifer war der
Wunsch nach einem Kind schon am Anfang der Beziehung sehr präsent, Sabine wusste
anfangs nicht so recht wie sie mit dieser Thematik umgehen sollte.
Jennifer: Ich glaub ich hab sie schon in der ersten Woche gefragt "Und willst du mal ...?"
Da hat sie sich noch ganz positiv dazu geäußert. Das hat sich dann ein bisschen
gewandelt, später dann wars mehr so, Naja ich weiß nicht, und eher nein.
Eine negative Entscheidung Sabines hätte allerdings wohl früher oder später zur Trennung der
beiden geführt. Sabine konnte sich aber schließlich doch vorstellen mit Jennifer gemeinsam
ein Kind zu bekommen, und auch die Rollenverteilung war dann rasch geklärt.
Sabine: Also mein Kinderwunsch selber Kinder zu kriegen, ist eben nicht so stark und
war auch seiner Zeit nicht so stark ausgeprägt und ich mag dann eher so die Co-Mutter
oder Paparolle übernehmen. Also ich wär nur eingesprungen, wenns aus medizinischen
Gründen bei Jennifer nicht funktioniert hätte.
Nachdem einmal die Entscheidung für ein gemeinsames Kind getroffen wurde, trafen sie sich
mit anderen gleichgeschlechtlichen Paaren und Regenbogenfamilien um über ihre Optionen
bei der Umsetzung ihres Kinderwunsches zu sprechen. Sie wollten einen Samenspender
suchen, der auch nach der Geburt des Kindes aktiv am Leben des Kindes teilnehmen sollte
und wollte. Sie wollten einen Papa für ihr Kind haben, allerdings „nur“ einen Besuchspapa.
Anfangs überlegten Jennifer und Sabine ob in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis eventuell
ein passender Samenspender zu finden wäre. Schlussendlich entschieden sie sich aber doch
für eine Suche im Internet. Jennifer und Sabine trafen verschiedene Männer, bevor sie sich für
„ihren“ Samenspender entschieden.
Sabine: Da war auch einer dabei der schon für mehrere Frauenpaare seine Gene
gesponsert hat. Der sehr frei gesagt hat, er findet die rechtliche Situation ungerecht,
und er würde gerne helfen. Wir wissen aber von mehreren Paaren, dass das der gleiche
Papa ist. In den Internetforen trifft man immer wieder ein paar, wo man das Gefühl hat
„ich schleuder mal meine Gene durch die Gegend“. Der war uns dann zu suspekt.
Für Jennifer und Sabine war Sympathie das ausschlaggebende Kriterium bei der Entscheidung
für ihren Samenspender. Jennifer wollte den Mann näher kennen lernen, „weil ich einfach
100 Interview mit Jennifer und Sabine 2011: Persönliches Interview am 23.8.2011. Tochter Carolina 2 Monate
alt, Niederösterreich
93
wissen möchte, wie mein Gegenüber ist, also wen man sich da quasi als Dritten mit ins Boot
holt.“ Sie trafen einige Männer, von denen der Großteil heterosexuell war und einer schon für
mehrere Lesbenpaare als Samenspender fungiert hatte. Sie vertrauten bei der Auswahl auf ihr
Bauchgefühl. Die Wahl fiel schließlich auf einen schwulen Mann, Mitte 40, der einen
sympathischen ersten Eindruck machte und zudem auch noch gut aussah.
Sabine: Man kann ja sehen, wie ein Mensch sich kleidet, wie er sich pflegt, wie seine
Wohnung beinander ist, und was er so erzählt, dadurch schon so Charaktereigenschaften
oder so seine Werte schon ein bisschen abschätzen und deswegen haben wir auch gesagt,
bevor wir uns entscheiden ja oder nein, wollen wir auch seine Wohnung gesehen haben.
Bei ihm hatten beide ein gutes Gefühl, sie trafen sich mehrmals und redeten über ihre
Vorstellungen und gegenseitigen Erwartungen. Die wichtigsten Punkte dieser Diskussionen
wurden schriftlich festgehalten. Sie sind zwar nicht rechtsgültig, haben aber dennoch mehr als
nur einen symbolischen Charakter. Nach dem zweiten Versuch stellte sich eine
Schwangerschaft ein. Jennifers Frauenarzt war von Anfang an eingeweiht und unterstützte die
beiden so gut es ging.
Eigentlich wollten sie eine Hausgeburt machen, doch dann kam alles anders. Bei Jennifer kam
es vorzeitig zu Blutungen und zum Blasensprung, somit mussten sie in ein Krankenhaus mit
Frühgeburtenstation. Die Kleine erblickte schließlich zwei Monate zu früh das Licht der Welt
und musste mehrere Wochen zur Überwachung im Krankenhaus bleiben. Aus diesem Grund
konnten sie auch nicht wie geplant bei der Regenbogenparade mitmarschieren. Im
Krankenhaus gab es keine Probleme als Frauenpaar mit Kind. Sie wurden auch bei der Visite
nie schief angeschaut, Sabine wurde von einer Krankenschwester sogar immer als Gattin
angesprochen. Auch, dass sie in den „OP“ mitkam, war überhaupt kein Thema. Auch bei der
Nachuntersuchung im AKH war der Kinderarzt nur anfangs etwas irritiert.
Jennifer: Bei der Untersuchung im AKH zur Nachkontrolle für Frühchen, da hat doch
der Arzt gefragt, Wer ist denn die Mama? und ich hab gesagt, Äh ich bin die Mama,
aber eigentlich sind wir beide die Mamas ... und er hat gesagt, Hahaha das geht nicht
Sabine: Mit so einem Grinser ja, aber total nett.
Jennifer: Also eher auch so aus medizinischer Sicht halt.
Sabine: Also da haben wir gesagt, Doch, doch das geht schon.
Sabine bekam nach der Geburt ihrer Tochter zwei Tage Urlaub von ihrem Arbeitgeber, in
Karenz gehen kann sie allerdings nicht. Sie könnten nun aber versuchen Karenzgeld zu
beantragen, dieses würden sie vermutlich auch bekommen, allerdings muss der Arbeitgeber
Sabine dann trotzdem keine Karenz geben.
94
Jennifers und Sabines Tochter Carolina bekommt mittlerweile ein bis zweimal in der Woche
Besuch von ihrem Papa. Da die Kleine erst wenige Monate alt ist, muss sich erst zeigen wie
sich das Ganze weiter entwickeln wird. Carolinas Papa Peter freut sich stets wenn er seine
Tochter sehen kann. Er wollte immer Kinder haben und er ist mit der derzeitigen Situation
voll und ganz zufrieden.
Jennifer: Er hatte jetzt nicht so den Drang, ein Kind bei sich aufwachsen zu lassen, aber
er hätte halt schon gerne eines und wär auch gern beteiligt so in dem Ausmaß, wie wir
uns es uns vorstellen, als Besuchspapa, ohne negative Konnotationen. Wir gewinnen
dadurch natürlich auch Freiheiten für die Beziehung wieder.
Jennifer und Sabine entschieden sich dafür Peter auch namentlich als Vater in die
Geburtsurkunde eintragen zu lassen. Sie trafen Vereinbarungen, dass das Kind im Todesfall
Jennifers, selbstverständlich bei Sabine bleiben sollte. Falls beide Frauen sterben sollten,
würde Peter das Kind gerne bei sich aufnehmen. Sollte dies aus irgendwelchen Gründen nicht
möglich sein, würde das Kind zu Sabines Schwester kommen.
Sabine: Also wir sind sehr sehr froh, dass wir ihn haben und er freut sich total, wenn wir
ihm sagen ,Du, komm doch wieder. Bei den Erstgesprächen haben wir auch noch gesagt,
Aber Weihnachten und Ostern so Familienfeste bist schon einmal bei uns, wenn´s passt.
Und da hat er irrsinnig gestrahlt. Also wir haben auch andere getroffen, die am liebsten
gleich eine große Wohngemeinschaft bilden wollten. Das ist nicht so unseres.
Sie wollen jetzt einmal schauen und abwarten, wie das Familienleben mit einem Kind so
funktioniert. Sie können sich aber sehr gut vorstellen, dass sie mit Peter zusammen auch noch
ein zweites Kind bekommen möchten, auch wenn die rechtliche Situation in Österreich für
Regenbogenfamilien absolut nicht einladend ist. Peters Mutter, die nicht weiß, dass er schwul
ist, hatte anfangs so ihre Probleme damit, dass ihr Sohn ein Kind mit zwei Lesben hat. Nun
sieht sie sich aber schon als Großmutter, zeigt Kinderfotos herum und möchte die Kleine
baldigst auch persönlich kennenlernen.
Sabine: Klar sie wächst bei uns auf, aber ich denke es ist einfach leichter für sie zu
wissen wer der Papa ist und wir haben auch regelmäßige Treffen vereinbart.
Carolina hat eine Mama und eine Mami, sowie einen Papa der auch als solcher benannt wird.
Bis jetzt erlebten sie keine negativen Erfahrungen in der Öffentlichkeit. Allerdings passen sie
durchaus auf wie sie sich in der Öffentlichkeit präsentieren und entscheiden sich in einigen
Situationen vielleicht lieber dazu sich nicht zu küssen. Beide sind an ihren Arbeitsplätzen
geoutet.
95
Jennifer und Sabine sind eines der wenigen verpartnerten Paare mit Kind in Österreich. Sie
gingen die Lebenspartnerschaft vor einigen Jahren in Deutschland ein und seit 1.1.2010 gilt
diese nun auch als Eingetragene Partnerschaft in Österreich. Eigentlich wollten sie damit ein
Zeichen setzen, gemeinsam eine Familie zu sein, aber dies ging nach hinten los. Die
österreichische Eingetragene Partnerschaft bietet ihnen nun weitaus weniger Rechte als die
deutsche Lebenspartnerschaft.
Jennifer: Wir haben jetzt weniger Rechte oder weniger Möglichkeiten als diejenigen die
nicht verpartnert sind. Weil es gibt ja jetzt schon einen Fall, wo Frauen gemeinsam das
Sorgerecht für ihr Kind bekommen haben, und das ist so ziemlich ausgeschlossen, dass
man das als verpartnertes Paar bekommt. Und das ist natürlich echt total absurd.
Jennifer und Sabine wollten durch die Verpartnerung in Deutschland als Familie sichtbar
werden, doch das österreichische Recht sieht dies anders. Sie haben weniger Rechte als
unverpartnerte Paare. Theoretisch könnten sie immer noch nach Deutschland ziehen, dort
wäre wahrscheinlich auch die Stiefkindadoption möglich. Da aber beide ihren
Lebensmittelpunkt in Österreich haben, kommt ein Umzug im Moment absolut nicht in Frage.
In Österreich kann Sabine ihre Tochter nicht adoptieren und hat kaum Rechte ihr gegenüber,
sie werden nicht als Familie betrachtet. Die Eingetragene Partnerschaft hat für sie keine
Vorteile mit sich gebracht. Vielmehr sehen sie sich mit einem Adoptionsverbot konfrontiert.
Sabine und Jennifer können auch nicht versuchen die gemeinsame Obsorge zu erstreiten, dies
Eingetragenen Partner_innen verboten ist.
Jennifer Ich mein, in einigen Punkten hat es sicher was gebracht, aber jetzt alles was
Regenbogenfamilien anbelangt, hats überhaupt nichts gebracht. Die hats mehr oder
weniger geleugnet, oder versucht zu verhindern. Aber, ja, familientechnisch war das ein
Schuss nach hinten. Komplett.
Die Eingetragene Partnerschaft ist ihrer Meinung nach ein familienfeindliches Gesetz, es
versucht die Existenz von bestehenden und werdenden Regenbogenfamilien zu leugnen. Die
zweite Mutter wird familienrechtlich höchstens als Pflegemutter, aber nicht als Stiefmutter
oder zweite Mutter gesehen. In Sabines und Jennifers Fall hätte der leibliche Vater, da dieser
im Geburtenbuch eingetragen ist, jetzt schon mehr Rechte als Sabine.
Sabine: Was mir sauer aufstößt ist, wir sind eine Familie und da gehören alle Rechte und
im Endeffekt auch alle Pflichten dazu. Ich hätt eigentlich gern das, was die anderen
haben. Warum sollte man einen Unterschied machen zwischen uns und einem
Heteropaar? Und wenn man halt wie manche sagt, dass eine Ehe dazu da ist Kinder zu
zeugen, dann frag ich mich, was mit denen ist die unfruchtbar sind. Dürfen die dann
keine Ehe schließen oder wie?
96
Österreich orientierte sich bei der Einführung der „EP“ nicht an Ländern in denen bereits die
Ehe auch für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet ist. Sie stellten die „EP“ bewusst nicht auf
die gleiche Stufe mit der Ehe. Jennifer und Sabine trafen Vereinbarungen, wo das Kind im
Falle von Jennifers Tod oder dem Tod beider aufwachsen solle. Theoretisch wäre es möglich,
dass Sabine nach Jennifers Tod, das Kind verlieren könnte und das Kind zum Beispiel dem
leiblichen Vater zugesprochen wird, obwohl es jahrelang bei Sabine aufgewachsen ist. Es ist
zwar unwahrscheinlich, aber möglich, dass dies tatsächlich passieren könnte. Der Großteil der
Menschen weiß über diese gewissen Feinheiten des Gesetzes nicht Bescheid, da es sie auch
nicht betrifft. Viele sind ganz überrascht, dass zum Beispiel Sabine ihre Kleine nicht
adoptieren kann. Die Eingetragene Partnerschaft wurde schließlich ja auch als gleichwertig,
als Alternative für gleichgeschlechtliche Paare zur Ehe, propagiert. Um alleine
Entscheidungen, die das Kind betreffen, fällen zu dürfen, bräuchte Sabine eine Vollmacht,
eine Entscheidungsbefugnis von Jennifer, aber auch dann ist nicht alles gesichert.
Jennifer: Dann haben sie sich gewundert, dass so wenige Paare die Eingetragene
Partnerschaft eingehen, also als es gekommen ist.
Sabine: San eh nur so wenige, is eh net so a Bedarf.
Jennifer: Komisch, vielleicht liegts ja am Gesetz? (lacht)
Sie hoffen, dass der österreichische Staat mit vielen Klagen eingedeckt wird, sodass er
gezwungen ist die Existenz von Regenbogenfamilien zu akzeptieren und deren
Lebenssituation zu verbessern. Hierfür wäre eine Reformation der Ehe oder zumindest eine
Angleichung der Rechter gleichgeschlechtlicher Paare mit denen verschiedengeschlechtlicher
Paare notwendig.
Sabine: Ich denk, dass natürlich jetzt das Gesetz auch ein bisschen unüberlegt auch
war, es wird ein Gesetz eingeführt, dann wird mal geschaut wie ist das praktikabel und
dann wirds wieder adaptiert. Österreichische Lösung.
Noch haben sie die Hoffnung nicht aufgegeben, dass sich in absehbarer Zeit in Österreich
einiges ändern wird. Wenn nicht sind sie auch gewillt auf gerichtlichem Wege alles zu
versuchen um Sabine zu mehr Rechten ihrem Kind gegenüber zu verhelfen.
2.5. Viktoria und Michaela101
Mein nächstes gleichgeschlechtliches Elternpaar waren Viktoria und Michaela. Viktoria,37
arbeitet als Lehrerin, Michaela ist 32 Jahre alt und ist Unternehmensberaterin. Sie sind seit
101 Interview mit Viktoria und Michaela 2011: Persönliches Interview am 3.10.2011. Sohn Philip 1 Jahr alt.
Niederösterreich
97
acht Jahren ein Paar und hatten vor einigen Jahren ein eigenes Trauungsritual. Die beiden
führten über fünf Jahre lang eine kinderlose Beziehung und genossen diese Zeit sehr. Ähnlich
wie bei den vorangegangenen Paaren wurde auch hier der Kinderwunsch erst mit dem
Älterwerden immer intensiver.
Viktoria: Aber dann irgendwann wars so die biologische Uhr bei mir, also so, entweder
jetzt noch oder dann gar nicht mehr. Und dann ist es ein großes Thema geworden für
mich, jetzt hab ich noch eine Chance und dann keine Chance mehr, ob ich möcht oder
nicht. Und ich würds ganz gern einmal probieren.
Da Viktoria zu dieser Zeit berufsmäßig gut positioniert war und eine Auszeit im Bereich des
Möglichen erschien, begannen die beiden mit einer generellen Recherche über Möglichkeiten
lesbischer Paare eine Schwangerschaft zu erzielen.
Michaela: Da haben wir begonnen da drüber zu reden und zu recherchieren, überhaupt
was gibt es, welche Möglichkeiten würden in Betracht kommen, wenn überhaupt. Und
Listen zu schreiben, was spricht dafür, was spricht dagegen. Es war das erste Mal, dass
ich mich wirklich damit auseinander gesetzt habe. Weil für mich war klar von Anfang an,
dass ich lesbisch bin und so war das Thema, auch kein Thema mehr. Weil ... wie?
Michaela hatte sich schon fast damit abgefunden, dass sie als Lesbe einmal keine Kinder
haben würde. Zu groß war bei ihr die Vorstellung, dass Kinder und Elternschaft nur zwischen
Mann und Frau passieren könnte, nur in heterosexuellen Beziehungen möglich sei. Die beiden
überlegten sehr gründlich über die Pro und Kontras eines gemeinsamen Kindes. Sie holten
sich für ihre Entscheidung zum Kinderwunsch zusätzliche Unterstützung durch eine
Therapeutin, und kamen dadurch zu dem Entschluss es zumindest einmal zu versuchen.
Michaela: Und da haben wir mal eine ganz feine Stunde gehabt mit ihr, also ich weiß
noch wo wir unsere Listen mal angeschaut haben und die Seite die für ein Kind spricht
war voll mit Emotionen, auch mit vielen Fragezeichen und Unsicherheiten natürlich,
aber so emotional. Und diese Liste was spricht denn dagegen, war voll mit sachlichen
Argumenten wie: Finanzen, Karriere, Zeit.
Bei der Realisierung ihres Kinderwunsches verfolgten sie eine sehr pragmatische
Herangehensweise. Sie hielten sich stets die Option offen, dass Michaela ebenfalls als
biologische Mutter fungieren könnte, falls Viktoria Probleme hätte schwanger zu werden. Da
Michaela einige Jahre jünger ist, hätten somit noch ein paar Jahre mehr Zeit gehabt.
Michaela: Wir haben uns da jetzt nicht drauf versteift. Wir haben immer gewusst, wenn
es nicht funktionieren sollte, dann ist es für uns auch ok. Dann werden wir das Leben
halt anders planen. Dann werden wir halt reisen und werden halt irgendwie ...
Viktoria: ...das Geld anders verprassen.
Michaela: Alles investieren. Oder mehr Karriere machen, mehr dort investieren.
98
Adoption oder Pflegeelternschaft schlossen die beiden sehr schnell aus, sie wollten gerne ein
eigenes Kind bekommen. Sie suchten einen Samenspenden, der Interesse auch an einer
aktiven Vaterrolle hatte.
Michaela: Wenn man irgendwo einen präsenten Vater findet, wär das schon fein. Also
einfach für das Kind. Nicht im Sinne von , das muss sein. und nur mit Vater und Mutter
kann ein Kind eine positive Entwicklung haben, sondern es ist eine Bereicherung.
Viktoria und Michaela wollten keinen Samenspender aus dem engeren Freundeskreis oder der
Familie, allerdings begutachteten sie einige Arbeitskollegen. Sie gaben, wie die meisten
befragten Frauen zu, dass die Optik bei der Samenspendersuche kein zu unterschätzender
Faktor war. Zusätzlich spielte auch der Gesundheitszustand des potentiellen Samenspenders
sowie eventuelle Erbkrankheiten eine wesentliche Rolle bei der Entscheidung.
Michaela: Also Kemal ist quasi mein Nachfolger in der Arbeit gewesen. Und mit dem hab
ich mich auch immer gut verstanden. Du hast ihn ja dann auch mal kennen gelernt?
Viktoria: Ich hab ihn einmal beim Regenbogenball gesehen. Er ist mir damals schon
aufgefallen, weil ich gesagt hab, das ist ein sehr hübscher Kerl, wirklich und auch sehr
sympathisch.
Michaela entschied sich schließlich, Kemal einfach einmal zu fragen, ob er denn überhaupt
generell einen Kinderwunsch hegen würde.
Michaela: Und dann hab ich ihn gefragt ob er einen Kinderwunsch hat und echt
scheinbar genau im richtigen Moment auch gefragt. Weil er ist aus meiner Sicht
aufgesprungen und hat gesagt, Ja, warum?
Somit war klar, dass er als potentieller Samenspender Interesse zeigen könnte. Es ging nun im
nächsten Schritt darum einander näher kennen zu lernen und zu schauen, ob denn ähnliche
Vorstellungen vorhanden waren. Kemal befand sich zu diesem Zeitpunkt in einer langjährigen
Partnerschaft, er musste also zuerst seinen Partner Martin in diese Überlegungen
miteinbeziehen. Martin wollte zwar keine väterliche Verantwortung übernehmen, allerdings
wollte er gerne eine Onkelfunktion für das Kind einnehmen. Dies passte für alle Beteiligten
sehr gut.
Michaela: Und dann haben wir uns noch so drei, vier Mal getroffen um noch so
Grundsatzdinge auch zu besprechen. Also für uns war klar, der Zwerg wird bei uns
wohnen, wir haben die Hauptverantwortung, wir wollen auch kein Geld von ihm. Das
heißt aber auch, er ist nicht eingetragen. Solche Dinge abzuklären und das ist quasi der
Wochenendpapa.
Bei den Treffen wurden grundsätzliche Dinge besprochen, Geld, Verantwortung und auch
Religion spielten eine große Rolle. Es war notwendig diese Dinge im Voraus zu klären, damit
es später zu keinen Problemen oder Schwierigkeiten kommen konnte.
99
Michaela: Kemal ist ursprünglich aus Ägypten und hat einen muslimischen Hintergrund.
Ich bin aus der Kirche ausgetreten und Viktoria ist auch nur noch offiziell katholisch,
weil der Papa die Kirchensteuer zahlt.
Viktoria: Uns war ganz wichtig Religion außen vor zu lassen. Wir wollten keine Taufe
machen, wir werden ihn nicht römisch-katholisch erziehen, aber wir wollen auch nicht
dass Kemal irgendwas von seiner Religion reinbringt, wir wollen das sehr neutral lassen.
Kemal war mit diesen Vereinbarungen einverstanden, er wollte aber bei Ausbildung oder
Weiterbildung des Kindes mitbestimmen dürfen. In weiterer Folge musste Kemal nun einige
Gesundheitstests machen. Mit Mitte 40 und als starker Raucher war seine Ärztin nicht sofort
davon überzeugt, dass alles gleich reibungsfrei funktionieren würde. Die Ergebnisse sprachen
dann aber für ihn. Viktoria und Michaela entschieden sich als einziges Paar für einen
Bekannten als Samenspender und aktiven Vater ihres zukünftigen Kindes.
Nachdem
sie
nun
ihren
Samenspender
hatten,
trafen
sie
sich
mit
anderen
gleichgeschlechtlichen Paaren mit Kinderwunsch um sich auszutauschen und mehr über
mögliche Varianten der Selbstinsemination zu erfahren. Kemal wurde in diese Diskussionen
stets inkludiert und war meistens auch bei den Treffen dabei. Viktorias und Michaelas
Frauenärztin wurde auch schon von Anfang an eingeweiht.
Michaela: Unsere Frauenärztin war auch involviert. Die hat natürlich offiziell nichts
sagen und tun können wegen der rechtlichen Situation. Aber dann off-record hat sie
schon gesagt "Naja ich hab mir jetzt überlegt, wie Sie das noch besser machen könnten
und so". Eine feine Unterstützung auch von ihr.
Viktorias und Michaelas Eltern waren anfangs etwas irritiert als sie von der Entscheidung der
beiden hörten, ein gemeinsames Kind zu bekommen, sie hatten nicht mehr damit gerechnet
Großeltern zu werden. Die Familien reagiert en sehr positiv und unterstützten die Frauen in
ihrer Entscheidung. Viktoria und Michaela berichteten eine Anekdote wie Michaelas
Großtanten Viktorias Schwangerschaft auffassten. Die Großtanten sind über achtzig und
wissen, dass die beiden ein Paar sind.
Michaela: Und dann haben meine Eltern freudestrahlend erzählt, dass Viktoria
schwanger ist und die beiden merken schon, irgendwie gibt´s einen komischen
Gesichtsausdruck bei den Tanten. Beim nächsten Treffen sagt die eine Mah, sie sind
jetzt aber schon bös auf die Viktoria.`Und meine Eltern ,Hmm? Warum? Naja, da geht
die Viktoria fremd und die Michi nimmt sie trotzdem. Wie die Leute sich dann einfach
ihr Konstrukt zusammenbauen. Ich mein für über Achtzigjährige ist das eh ok.
Michaelas Eltern konnten dann das Ganze aufklären. Allerdings gibt es immer wieder ein
großes Fragezeichen, wenn bekannt wird, dass zwei Frauen gemeinsam ein Kind haben. Das
Nächstliegendste ist es eben nach wie vor, durch Sex mit einem Mann schwanger zu werden;
100
Die wenigsten Menschen machen sich Gedanken darüber, dass eine Schwangerschaft auch
ohne Geschlechtsverkehr mit einem Mann möglich ist. Hier wäre eine bessere Aufklärung
über künstliche Befruchtung oder Selbstinsemination mittels Bechermethode sicherlich
hilfreich. Die Frage wie ein Frauenpaar denn zum Kind gekommen sei, steht ständig im
Raum. Hier werden heteronormative Grundvorstellungen von Familie und Kinder bekommen
stark ersichtlich. Zwei Frauen mit Kind müssen ständig erklären, wie das Kind zustande
gekommen ist. Bei heterosexuellen Paaren wird dies nicht nachgefragt, obwohl es auch hier
viele Möglichkeiten gibt zu einem Kind zu kommen.
Viktoria und Michaela berichteten dann wie ihre Selbstinsemination von statten ging und
beschrieben das ganze als eine „doch ziemlich schräge Situation so zu dritt“. Es müssen alle
Beteiligten , also Viktoria und Michaela wie auch Kemal als Samenspender, zur Zeit des
Eisprungs der werdenden Mutter Zeit haben. Es ist eine genaue Planung notwendig, da eine
Schwangerschaft ja immer nur an den wenigen fruchtbaren Tagen einer Frau erfolgen kann.
Wenn der Samenspender zu diesem Zeitpunkt gerade verhindert ist, muss das Ganze um einen
Monat verschoben werden.
Viktoria: Wir sind einmal beim Griechen gesessen und waren doch ziemlich frustriert,
weil wir uns schon darauf eingestellt hatten, es zu versuchen. Und dann haben wir schon
kurzzeitig überlegt, wenn das jetzt so weiter geht, vielleicht gibts doch eine andere
Variante, vielleicht doch eine Samenbank?
Im darauf folgenden Monat war der Terminplan nicht weniger eng gestrafft, doch es war alles
geplant und einem ersten Versuch sollte nichts im Wege stehen.
Michaela: (zeigt so schätzend, Pi mal Daumen) Das geht sich am Wochenende aus.
Viktoria: Du hast zwar Ausbildung Michi, aber in der Mittagspause geht das schon.
Schließlich wurde wirklich die Mittagspause dafür genutzt schnell heim zu fahren und den
ersten Versuch der Selbstinsemination durch zu führen. Es ging vor allem auch darum diese
ungewohnte intime Situation zu dritt102 einmal kennenzulernen.
Michaela: Weil das ist ja schon eine sehr intime Situation,das ist ganz schräg. Aber
gleichzeitig auch irrsinnig intim. Es ist wichtig, da auch gut die Balance miteinander zu
finden. Da hab ich eben das Gefühl gehabt, das hat bei uns ganz gut gepasst.
Sie hatten genau eine Stunde Zeit für dieses Unterfangen, bevor Michaela und Kemal wieder
fahren mussten. Um die Situation etwas zu entschärfen, öffneten sie zu Beginn eine Flasche
102 Zu dritt deshalb weil der Samenspender ins Haus kam,. kurz alleine gelassen wurde, bevor er dann den
beiden Frauen sein frisches Sperma übergab. Am Projekt Kind sind hier drei Personen beteiligt, dennoch ist
es ein gemeinsames Projekt des Frauenpaares.
101
Prosecco und stießen an. Dadurch beruhigten sich alle etwas und sie konnten beginnen.
Viktoria: Und dann haben wir uns zurück gezogen, Kemal ist vorne geblieben.
Michaela: Im anderen Zimmer. Und dann hab ich die Spritze übergeben bekommen, der
Kemal ist in der Zeit einkaufen gegangen. Und wir haben uns dann einfach zurückgezogen
mit dieser Spritzenmethode.
Viktoria: Ja, völlig unkompliziert, ohne irgendeine Verlängerung, ohne irgendwas.
Michaela: Nein, vollkommen egal, wir probieren das einfach. Und habens am Samstag
also zweimal probiert.
Danach warteten sie einfach einmal ab, dachten aber nicht, dass es gleich beim ersten Mal
funktionieren würde schwanger zu werden.
Michaela: Und dann haben wir einen Schwangerschaftstest gemacht und sind dann eh
beide aus dem Klo rausgerannt. Und sind dann reingegangen und ich war der Meinung,
der ist kaputt, weil da steht drauf: schwanger. Und dann haben wir eh gleich noch einen
zweiten probiert und der war dann wieder schwanger.
Zur großen Freude und Überraschung aller war der erste Versuch schon erfolgreich und
Viktoria war schwanger. Sie beschlossen gleich alle Verwandten einzuweihen und ihnen die
frohe Botschaft mitzuteilen.
Viktoria: Wir waren nicht so, dass wir gesagt haben, wir können warten, weil es gibt ja so
Menschen, die können drei Monate warten. Also wir haben gleich gesagt, das können wir
nicht machen. Weil wenn irgendwas sein sollte, werden wir eh so fertig sein, dass es nicht
zu übersehen ist- Wir haben dann gleich um sieben Uhr alle durchtelefoniert, deine
Eltern, meine Eltern, meine Kusine und natürlich den Kemal, ja.
Die Schwangerschaft verlief dann unkompliziert und sie tauschten sich in dieser Zeit mit
anderen gleichgeschlechtlichen Paaren mit Kinderwunsch und schon bestehenden
Regenbogenfamilien aus. Kemal wurde in diese Gespräche immer miteingebunden. Kemal
war auch bei einigen Untersuchungen mit dabei und da kam es dann schon hin und wieder zu
Streitpunkten.
Michaela: Das ist so, davor redet man noch sehr sachlich, aber dann wenns emotional
wird, war plötzlich das Thema der Beschneidung am Tisch.
Viktoria: Also für uns war halt klar, das kommt gar nicht in Frage, ich lass das doch
nicht bei einem Kleinkind machen. Das ist kulturell für uns nicht nachvollziehbar.
Michaela: Und dann einfach auch, dann hätte es eine Kultur gegeben die ganz sichtbar
ist und wir haben ja gesagt, das bleibt draußen.
Die beiden Frauen riefen jedoch die getroffenen Vereinbarungen wieder in die Erinnerung
zurück, Religion sollte außen vor bleiben. Viktoria und Michaela konnten sich schließlich
durchsetzen. Die nächste Entscheidung musste zum Namensthema getroffen werden. Für
Kemal war es sehr wichtig irgendwo namentlich erwähnt zu werden Schlussendlich durfte
102
quasi jeder einen Namen bestimmen. Viktoria gab den Nachnamen weiter, Michaela durfte
den Vornamen bestimmen und Kemals Name wurde als Zweitname gewählt.
Im Geburtsvorbereitungskurs waren Viktoria und Michaela das einzige Frauenpaar und ihre
Referentin hielt an der Anrede von „Mama und Papa“ eisern fest.
Viktoria: Dann wir immer so (Zähne knirschend) Könnten wir das irgendwie
runterbrechen auf PartnerIn oder so irgendwie?. Weil ich schon denk, dass das
irgendwie diskriminierend ist. Eh klar ihre Realität ist die, ich glaub die macht schon
seit 20 Jahren diese Kurse und ich glaube wir waren die ersten. Aber wenn wir schon da
sind, dann bittschön ein bisschen Rücksichtnahme, zumindest sprachlich gesehen.
Viktorias und Michaelas Kind kam schließlich einige Wochen zu früh auf die Welt. Sie hatten
sich eben dazu entschlossen, dass es wegen Viktorias enger Hüften, ein Kaiserschnitt werden
sollte. Drei Tage nach dieser Entscheidung wurde Michaela jedoch mitten in der Nacht von
ihrer Partnerin geweckt.
Michaela: Um halb vier werd ich von Viktoria gerüttelt, Irgendwas ist passiert. Ich weiß
jetzt nicht, ob ich einen Blasensprung hab oder mich angepinkelt hab. Ich komplett
damisch sag, Wart wir lesen, das einmal nach, was mach ich beim Blasensprung? und das
Einzige, was ich nur noch hör in meinem linken Ohr Hol die Rettung!
Sie fuhren also mit der Rettung ins Spital und dort meinte die Ärztin, dass ein Kaiserschnitt
nicht notwendig wäre, aber der „OP“ bereit stünde, falls es unerwartete Komplikationen
geben sollte. Die Geburt verlief dann problemlos und es gab keine Probleme als Frauenpaar
im Krankenhaus. Viktoria und Michaela wurden nur kurz von der zuständigen Hebamme
gefragt, wie die Schwangerschaft denn zustande gekommen sei. Im selben Moment
entschuldigte sie sich aber auch schon wieder für diese Frage: „Ah, nein, das ist zu intim, das
frag ich jetzt nicht. Tut mir Leid .“ Sie machten durchaus positive Erfahrungen als Frauenpaar
im Krankenhaus, merkten aber doch, dass sie Gesprächsthema Nummer Eins waren und die
Krankenhäuser wohl noch nicht so viele Erfahrungen mit Frauenpaaren sammeln konnten.
Frauenpaare, die auch offen dazu stehen, dürften auf Geburtsstationen nach wie vor
Ausnahmeerscheinungen sein.
Viktoria und Michaela besorgten sich ein Familienzimmer, dies führte natürlich zu Getuschel
im ganzen Krankenhaus und vor allem auf der Station. Den Gang zum Standesbeamten
schilderte Michaela wie folgt: „Ich bin zum Standesbeamten gegangen mit der
Geburtsurkunde und dann hat mir der Standesbeamte gesagt ,Ah sie sind das, ich habs schon
gehört.“ Bei der ersten Visite nach der Geburt standen die beiden Frauen und nicht das
neugeborene Baby im Mittelpunkt des Interesses.
103
Viktoria: Die sind vor der Tür gestanden und die Kinderkrankenschwester hat sie halt
immer vorbereitet ,Das ist der Philip Müller, Frühgeburt 34. Woche.` Und dann
irgendwie so (flüsternd) ,Und da sind z w e i Mütter!` Und dann sinds echt so
reingekommen, so (macht komisch grinsende Grimasse). Da hab ich mir dann echt
gedacht, ok?!?
Michaela bekam von ihrem Arbeitgeber die zwei Tage nach der Geburt des Kindes
freigestellt, da dieser auch sehr offen und tolerant. Für sie ist die angenehme Atmosphäre am
Arbeitsplatz sehr wichtig, wenn dies nicht so wäre, würde sie versuchen woanders einen Job
zu bekommen. Viktoria outete sich bis jetzt nicht in der Firma. Vor der Schwangerschaft hatte
sie nie ein Problem damit, sie erzählte immer Geschichten von ihrem Partner, ohne Namen
und erwähnte zum Beispiel Sachen von Michaelas Ausbildung. Da unsere Sprache sowieso
sehr männlich geprägt ist, konnte sie das auch ruhig machen, ohne dass jemand Verdacht
geschöpft hätte. Aber jetzt mit Kind wird die Situation immer prekärer.
Viktoria: Aber jetzt mit dem Philip ist es schon ein großes Thema und mir ist auch bewusst,
dass das ansteht, weil irgendwann einmal wird der Philip reden und dann werd ich ihn
auch irgendwann einmal in die Firma mitnehmen. Kemal oder Michi werden ihn abholen,
und es wird längerfristig so nicht gehen.
Das offizielle „Outing“ in der Firma wird für Viktoria demnächst anstehen und sie wird
Michaela als zweite Mutter ihres Sohnes vorstellen müssen. In ihrer Arbeit versucht sie schon
jetzt vielfältige Rollenbilder von Frauen und Männern zu vermitteln und Aufklärungsarbeit zu
leisten. Durch ihr „Outing“ könnte sie selbst noch etwas mehr dazu beitragen.
Viktoria und Michaela sehen aber auch oft Vorteile in einer lesbischen Beziehung im
Vergleich zu verschiedengeschlechtlichen Paaren mit Kind. So war es für Michaela zum
Beispiel immer selbstverständlich genauso in der Nacht aufzustehen und nach dem Kleinen zu
schauen, auch wenn sie am nächsten Tag in der Früh aufstehen musste. Sie konnte sich auch
in der Schwangerschaft einfach besser in gewisse Situationen hineinversetzen, etwa wenn
Viktoria meinte, ihr Bauch zwicke und es sei ähnlich wie Regelschmerzen. Die Sachen
wurden grundsätzlich gerechter aufgeteilt als dies oft in heterosexuellen Beziehungen der Fall
ist.
Michaela: Weil wir es ja auch so planen. Lesbische Paare müssen es planen, also das
geht ja nicht schwupps und es passiert, oder die eine will und der andere nicht und dann
tun wirs halt, sondern das muss man wirklich gemeinsam planen. Dieses gemeinsame
Miteinander wollen wir? wenn ja, wie? Wie stellen wir es uns vor? Und ich denk mir da
kommt auch automatisch diese Teilung, wer geht in Karenz, all diese Geschichten, denk
ich, muss man vorher einfach viel mehr abklären.
104
Philip besucht seit kurzem eine Kindergruppe, Viktoria und Michaela treten dort stets klar als
Philips Eltern auf. Sie sahen sich zuvor auch einen anderen Kindergarten an, dort hatten sie
von Anfang an kein gutes Gefühl und die Leiterin wollte oder konnte nicht verstehen, dass
Philip zwei Mütter hatte. Die spätere Volksschule können sie sich nicht mehr wirklich
aussuchen, aber sie wollten auf jeden Fall, einen guten Kindergarten für Philip finden, in dem
sich alle Beteiligten sehr wohl fühlen können. Fragen tauchen natürlich immer auf, bei der
Beantwortung sind sie sich dann immer im Zwiespalt.
Michaela: Einerseits denk ich mir, So eine intime Frage, ich mein ich frag euch ja auch
nicht wie ihr geschnackselt habt. Andererseits versteh ichs auch, ein bisschen
Aufklärungsarbeit kann nie schaden. Aber die Frage kommt wirklich fast automatisch.
Im Kindergarten gibt es zwar immer fragende Blicke der anderen Eltern, aber es kam noch zu
keiner unguten Situation. Den Kindern ist es bis jetzt ziemlich egal, dass Philip zwei Mütter
hat.
Michaela: Wir erzählen soviel, wie es passt. Wir sagen auch immer, es gibt den Papa
dazu. Ja und meistens sagen wir dazu, wir haben nicht miteinander geschlafen, also so
damit das auch nochmal klar ist.
Viktoria: Das hab ich noch nie gesagt.(verwundert)
Michaela: Ich sag das schon immer so.
Viktoria: Also das find ich jetzt wieder total intim.
Michaela: Wenn die schon so schauen, dann sollen sie es auch gescheit wissen, nicht?
Viktoria: Naja, ich sag dann immer durch die Spritzentechnik oder Bechermethode
Michaela: Ja, da kennt sich ja kein Mensch aus.(lacht)
Viktoria: Ja, aber entschuldige, ...(lacht)
Allerdings existieren auch in diesem Kindergarten noch gewisse stereotype Vorstellungen und
Rollenklischees. Michaela und Viktoria kamen unlängst in den Kindergarten um den Kleinen
abzuholen, als ihnen eine aufgebrachte Pädagogin bereits entgegen kam.
Michaela: Und wir kommen raus und dann steht der Philip in einer supercoolen rosa
Gatschhose da und wir beide so ,Ja, das steht ihm so gut!` Und sie ,Ok?!?` (lachen) Also
wir freuen uns einfach immer wenn er einen rosa Schnuller hat oder so
Prinzessinnentaschentücher, ja.
Michaela und Viktoria versuchen immer wieder erneut gegen gewisse Rollenklischees
vorzugehen. Sie finden es interessant mit den Rollen, die ihnen zugewiesen werden, bewusst
zu spielen. Man begegnet stereotypen Vorstellungen von Geschlechterrollen schließlich
ständig, sogar beim ganz normalen Einkaufen für den Kindergarten. Viktoria besuchte mit
Philip ein Schuhgeschäft um Patschen zu kaufen, sie schauten sich die unterschiedlichsten
Varianten an. Ihr Blick fiel schließlich auf Prinzessinnenpatschen. Die Verkäuferin sah dies
und kam zu ihnen, und erkundige sich nach ihren Wünschen.
105
Viktoria: Verkäuferin: ,Naja die sind eigentlich schon für Mädchen, aber ...?` Ich: ,Ja
was, aber die werden sie ja in seiner Größe auch haben oder wie, was?` Dann hat sie
mich so verdutzt angesehen. Dann hab ich so zum Philip ,Oder Philip nehmen wir die mit
dem Stern?`- ,Ok, dann nehmen wir die mit dem Stern, die passen besser zur Jeans.` ,Ha,
jetzt habens einen Schmäh gemacht, gell jetzt habens mich veräppelt.`
Die Verkäuferin konnte nicht verstehen, warum ein Junge Prinzessinnenpatschen tragen sollte.
Mit solchen Situationen sehen sich Viktoria und Michaela tagtäglich konfrontiert, deshalb
versuchen die beiden die Menschen etwas zu provozieren und mit gewissen Vorstellungen zu
spielen.
Viktoria: Wir können Menschen ja auch immer so ein bisschen vor den Kopf stoßen in
dem man sagt,Wer ist die Mama? Beide. Also, viele drehen sich da um, sind ein bisschen
irritiert und gehen, manche fragen dann auch nett nach. Manche überhören das taktisch,
die gehen nicht auf das ein, ja. Also ja, es lässt auch ein bisschen ein Spiel zu. Das koste
ich oft aus.
Es müsse ja schließlich auch seine guten Seiten haben nicht dem Stereotyp einer traditionellen
Familie zu entsprechen, denn schlechte Seiten und rechtliche Diskriminierungen erleben sie
sowieso täglich.
Viktoria und Michaela hatten anfängliche Probleme die Rollen so zu dritt zu finden, da
schließlich alle drei dabei waren Eltern zu werden. Viktoria war sich ihrer besonderen Rolle
immer klar, sie spürte ihren Bauch wachsen und auch das spätere Stillen und in Karenz Sein
wiesen ihr eine bestimmte Rolle zu. Für Michaela war es weitaus schwieriger, es herrschte
sogar eine gewisse Konkurrenz zwischen Kemal und ihr. Bei ihr tauchten durch dieses NichtBiologische verinnerlichte Vorurteile wieder auf, mit denen sie zu kämpfen hatte.
Viktoria: Man redet dann halt auch, was hat er denn von wem, und was hat er von mir,
was hat er vom Kemal, und dann ist die Michi natürlich immer ein Stück außen vor,
automatisch.
Michaela: Und deshalb hab ich mir jetzt angewöhnt, die Nase hat er von mir! Also das
brauch ich einfach. Weil von euch hat er die wirklich nicht, weil die schaut ganz anders
aus. Das mein ich eben mit dieser Rolle so nicht-gesehen zu werden.
Wenn Michaela mit dem Kleinen allein unterwegs ist, sehen die Leute allerdings immer
wieder körperliche Ähnlichkeiten zwischen den beiden. Hierin sieht man wie selektiv die
Wahrnehmung sein kann. Philip hat einen Papa, der auch so benannt ist, aber nicht als Vater in
der Geburtsurkunde erwähnt wird, das wollten Viktoria und Michaela nicht. Philips Papa
spielt jetzt schon eine sehr zentrale Rolle im Leben des Kleinen.
106
Viktoria: Also wenn wir jetzt sagen, Du, morgen gehst du zum Papa, ja. Der holt dich
wieder bei der U-Bahn ab. Dada Papa, dann geht er schon da rüber zur Wand und zeigt
schon Papa. Also das hat schon auch eine Wichtigkeit für ihn, der Part, ja.
Sie sind keine typische Patchworkfamilie, sondern es ist ein Modell für das es noch keine
wirklichen Vorbilder gibt, jede und jeder musste seine Rolle selbst erst finden. Niemand kann
die Rolle des Anderen oder der Anderen genau nachvollziehen. Kemal sieht den Kleinen jedes
zweite Wochenende. Dieser übernachtet dann auch bei Kemal auch seinem Partner. Es wird
immer genau ausgemacht, wann es bei allen Beteiligten passt. Dennoch ist Kemal doch auch
abhängig von den beiden, wann es geht und wann nicht. Kemal ist selbst ein wenig im
Zwiespalt, einerseits möchte er Philip manchmal gerne auch öfters sehen, andererseits ist er
auch nicht bereit sein ganzes Leben zu ändern und gewisse Freiheiten aufzugeben. Zudem
gibt es auch andere Vereinbarungen. Es war von vornherein ausgemacht, dass er Philip nicht
jeden Tag sehen wird. Dadurch besitzt er aber auch den Luxus seinen Alltag wie bisher
weiterleben zu können. Kemal spricht mit seinem Sohn Arabisch und wenn der Kleine einmal
älter ist sind auch Besuche bei Kemals Verwandten in Ägypten geplant. Kemal könnte rein
theoretisch mittels Vaterschaftstest mehr Rechte einfordern, auch wenn es andere
Vereinbarungen gibt. Kemal wiederum muss den beiden Frauen vertrauen, dass er nicht eines
Tages auf Unterhalt verklagt wird. Alle Beteiligten müssen Vertrauen haben, dass die
getroffenen Vereinbarungen eingehalten werden. Bis jetzt funktioniert alles sehr gut. u
Viktoria und Michaela genießen die freien Wochenenden sehr. Sie können gemeinsam in die
Therme gehen oder sich einfach mal wieder ausschlafen. Diese gewonnene Freizeit ist
natürlich auch positiv für die Partnerschaft.
Viktoria: Wir genießen das sehr, so sehr wir den Philip abgöttisch lieben, aber das ist
einfach sehr angenehm. Das ist eine irre Zeit dann immer, wenn man sagt, man hat ein
Wochenende für sich, wo man sich als Partnerinnen wieder näher kommt, weil sonst
läuft der Alltag nur mit Organisieren und Philip in Kindergarten bringen, abholen ab.
Sie machen es nach außen hin aber stets klar, dass Kemal nicht Viktorias Partner ist. Beide
Frauen sind in ihrer Freizeit, im Familien- und Freundeskreis sehr offen und alle kennen sie
als Paar.
Michaela: So viele Probleme sie bei mir gehabt haben, so klar ist es, dass der Philip
jetzt einfach in einer Regenbogenfamilie lebt. Mein Bruder hat jetzt auch einen Sohn
bekommen und der ist nicht mehr oder nicht weniger, sondern die beiden sind einfach
ihre Enkel. Und meine Mutter rennt mit einem kleinen Album herum seit der Philip auf
der Welt ist und zeigt überall die Fotos her.
107
Anfangs gab es Überlegungen ob Philip nicht noch ein Geschwisterchen bekommen sollte,
diese wurden aber schnell wieder verworfen. Viktoria möchte nicht noch einmal schwanger
werden und für Michaela ist eine Schwangerschaft derzeit auch absolut kein Thema. Sie
freuen sich, wenn sie wieder ganze Nächte durchschlafen können und auch finanziell ist es
angenehmer mit nur einem Kind. Sie sind finanziell gut gestellt, merken es aber natürlich
schon auch, dass Frauen weniger verdienen und ein zweites Kind wäre auch mit zusätzlichen
Kosten verbunden.
Michaela: Ja und die eigene Autonomie, also das kommt dann schon bei allem
Kinderwunsch. Und ich denk mir, das ist der Vorteil für uns gewesen, dass wir uns auf
den nicht versteift haben und er ist zum Glück wahr geworden und ich will das
überhaupt nicht missen. Ich merk aber, ich liebe meinen Beruf, ich liebe meinen Job. Ich
liebe es, dass wir Zeit miteinander haben, ich liebe den Philip. Und wenn ich mir denk,
da kommt jetzt noch eins daher, das geht dann nicht. Weil der Tag hat nur 24 Stunden.
Viktoria und Michaela genießen ihr Leben in einer „Queer-Family“. Die Präsenz eines
aktiven Vaters gibt ihnen gewisse Vorteile und Freiheiten. Natürlich muss vieles im Voraus
geklärt werden, Vereinbarungen müssen getroffen werden. Der Kleine hat jetzt zwei lesbische
Mütter und einen schwulen Vater. Viktoria und Michaela hoffen, dass sie ihn gut auf mögliche
Diskriminierungen in der Schule und in seinem späteren Leben vorbereiten können, damit er
stark genug ist mit diesen Situationen umzugehen. Für sie ist es deshalb auch wichtig sich mit
anderen Regenbogenfamilien zu vernetzen. Finn soll sehen, dass es normal ist in einer
Regenbogenfamilie aufzuwachsen. Er soll später einmal die Gelegenheit haben sich mit
anderen Regenbogenkindern austauschen zu können.
Viktoria: Das was er wahrnimmt ist so normal jetzt, das ist total schön zu beobachten.
Für ihn ist Mama, Mami, wenn ers rausderstammelt und wir uns da schon freuen, totale
Realität, da gibts auch gar nix anderes.
Bis jetzt ist es für ihn ganz normal einen schwulen Papa und zwei lesbische Mamas zu haben,
das ist seine Realität. Michaela und Viktoria versuchen ihrem Sohn viele Schutzräume
ermöglichen Ressourcen mitzugeben, sodass er in dieser heterosexuellen Welt gut bestehen
kann.
Michaela: Also wir sind nicht blauäugig und sagen, es ist eh alles happy-peppy.
Viktoria: Irgendwann wird er einmal da draußen stehen und sagen, er hat einen
schwulen Papa und zwei lesbische Mamas. Und das wird dann irgendwann einmal eine
Herausforderung, die wir ihm dann auch nicht mehr nehmen können. Wir hoffen, dass
wir ihn bis dahin schon so gestärkt haben, dass er in dieser Situation dann einfach gut
damit umgehen kann und damit kein Thema hat.
108
Die Eingetragene Partnerschaft stellt für sie im Moment in der aktuellen Form keine Option
dar, da es dadurch auch keine bessere Absicherung für das gemeinsame Kind und mehr Recht
für Michaela geben würde. Auch das Zwangsouting ist ein Grund sich gegen die „EP“ zu
entscheiden. Offiziell ist Viktoria Alleinerzieherin, der Vater gilt als unbekannt. Sie bekam
nach der Geburt einen Brief vom Jugendamt, indem sie gebeten wurde, wenn der Vater
bekannt sei, solle sie dies wegen dem Geld doch bitte angeben. Viktorias Arbeitgeber weiß bis
jetzt nicht, dass sie mit einer Frau zusammen ein Kind hat, da sie Angst vor
Diskriminierungen am Arbeitsplatz hat.
Viktoria: Wir sind noch lange nicht so weit, dass es keine Diskriminierung gibt. Und das
läuft natürlich auch sehr unterschwellig oft ab, das man nicht unterschätzen darf auch,
was, wie geht es weiter, ja. Was auch immer, ist nicht vom Tisch zu wischen noch, ja.
Wenn die „EP“ allerdings Vorteile für die rechtliche Gleichstellung Michaelas als zweite
Mutter mit sich bringen würde, würden sie dieses Risiko dennoch eingehen. Eine
Verpartnerung soll eigentlich ohne jegliche Symbolik ablaufen. Unter anderem darf nicht der
Trauungssaal verwendet werden. Die Standesbeamt_innen müssen in einer anderen Funktion
die Schließung der „EP“ durchführen.
Michaela: Das ist diese Symbolik, die die österreichische Politik nicht zulässt und das
find ich skandalös, weil es menschenunwürdig und auch menschenrechtsverletzend ist.
Weil ich bin Bürgerin dieses Landes und darf den Trauungssaal nicht betreten mit der
Frau die liebe.
Das Symbolische einer Hochzeit ist sicherlich sehr wichtig und stellt eine große
Diskriminierung dar. Allerdings geht es noch vielmehr um die Erlangung von Rechten. So ist
die „EP“ sogar kontraproduktiv wenn es um die gemeinsame Obsorge geht.
Viktoria: Es geht ja natürlich auch um die Rechte, symbolisch können wir alle so
heiraten wie wir es gemacht haben, hat ja gereicht. Aber ich möcht dann schon auch
die Rechte kriegen, ja. Dementsprechend glaub ich, ist dieser Drang, dieses HeiratenKönnen ganz stark mit diesen Rechten in Verbindung zu bringen.
Gleichgeschlechtliche Paare müssen alle Notarkosten aus eigener Tasche zahlen. Hier
kommen schnell einmal mehrere hundert Euro zusammen und dennoch sind diese
Vereinbarungen nicht hundertprozentig rechtsgültig. Es erscheint bizarr, dass überhaupt
kostenpflichtige Anträge gestellt werden müssen; um die gemeinsame Obsorge für das
gemeinsame Kind erlangen zu können. Auch Michaela und Viktoria wollen die gemeinsame
Obsorge. Michaela sah sich bisher schon bei einigen Angelegenheiten nicht berechtigt etwas
zu entscheiden oder auszufüllen.
109
Michaela: Da bin ich halt einfach auch zu korrekt. Im Kindergarten gings darum ein
Stammdatenblatt auszufüllen und unten zu unterschreiben, Unterschrift der
Erziehungsberechtigten. Und dann sitzt man halt da und denkt, ich würd jetzt
unterschreiben, nur gilt die Unterschrift nichts. Ich habs dann mit nach Hause gebracht.
In diesen Situationen wird klar ersichtlich, dass Michaelas Familie nicht als Familie anerkannt
wird und sie als Co-Mutter keine wirklichen Rechte gegenüber dem Kind hat.
Michaela: Also ich bin ja niemand jetzt offiziell zum Philip. Wenn Viktoria sterben würde,
würden zuerst ihre Eltern gefragt werden. Aber Viktoria hat ein Testament aufgesetzt wo
drinnen steht, sie möchte, dass der Philip sollte ihr was passieren, bei mir aufwächst.
Das Gericht muss sich natürlich nicht daran halten, aber es hat natürlich eine
Gewichtung.
Wenn sie die gemeinsame Obsorge erlangen würden, wäre das alles automatisch geklärt und
geregelt, Michaela würde auch rechtlich als zweiter Elternteil anerkannt werden.
In alltäglichen Situationen sahen sie sich noch nicht mit großen Ungleichbehandlungen oder
Diskriminierungen konfrontiert. Die Ungleichbehandlungen erfolgen auf gesetzlicher Ebene.
Viktoria und Michaela sind mit der aktuellen Situation für gleichgeschlechtliche Paare in
Österreich absolut nicht zufrieden. Mit der Öffnung der Ehe, würde die Stiefkindadoption
obsolet werden, denn dann wäre es ganz normal, dass die die Co-Mutter oder der Co-Vater die
gleichen Rechte wie der leibliche Elternteil hätte. Das große Ziel und die Hoffnung ist es, dass
Regenbogenfamilien in absehbarer Zukunft als Familie mit allen Rechten und Pflichten
anerkannt werden.
3. Vergleich der Ergebnisse der Paarinterviews
Die empirischen Ergebnisse zeigten den Weg von fünf Frauenpaaren vom Kinderwunsch zum
Wunschkind. Hier sollen nun noch einmal Gemeinsamkeiten und Unterschiede der einzelnen
Paare kurz dargestellt werden
3.1. Kinderwunsch oder die Frage Und willst du mal …?
Am Anfang jeder Familienplanung steht zuerst einmal ein Kinderwunsch, dies ist bei
gleichgeschlechtlichen Paaren nicht anders als bei verschiedengeschlechtlichen Paaren. Der
Wunsch nach einem Kind war bei meinen Interviewpaaren unterschiedlich stark ausgeprägt.
Die Spannbreite reichte von „schon immer gewollt ein Kind zu bekommen“ über „die
biologische Uhr ticken gehört“ bis hin zu „von der Partnerin überzeugt geworden“.
110
Andrea und Stefanie stellten eine Ausnahme bei meinen Interviewpartnerinnen dar. Sie waren
das einzige Paar, bei denen bereits zu Beziehungsanfang bei beiden ein großer Kinderwunsch
vorhanden war, der auch innerhalb weniger Monate realisiert wurde. Michaela und Andrea
hatten sich schon fast damit abgefunden, dass sie als Lesben einmal keine Kinder haben
würden. Zu groß war auch bei ihr die Vorstellung, dass Kinder und Elternschaft nur zwischen
Mann und Frau passieren könnte, nur in heterosexuellen Beziehungen möglich sei. Stefanie,
Monika oder Jennifer hingegen hielten stets an ihrem Wunsch von gemeinsamen Kindern mit
einer Frau fest. Nachdem sich die Paare entschlossen hatten, dass sie ihren Kinderwunsch
gerne realisieren würden, begann die Planungsphase. Gleichgeschlechtliche Paare sehen sich
hier im Vergleich zu verschiedengeschlechtlichen Paaren mit vielerlei Fragen, Hindernissen
und Problemen konfrontiert.
3.2. Planung: Allgemein ist es natürlich eine genaue Planung.
Der anfängliche Kinderwunsch verhielt sich bei den interviewten Frauenpaaren noch sehr
ähnlich wie bei verschiedengeschlechtlichen Paaren. Auch generelle Überlegungen wie „Was
spricht dafür?“ oder „Was spricht dagegen?“, können noch mit Hetero-Paaren verglichen
werden. Die nächsten Schritte weisen allerdings bereits große Unterschiede zu
heterosexuellen Paaren auf. Gleichgeschlechtliche Paare müssen entscheiden, wie sie ihren
Kinderwunsch
in
die
Realität
umsetzen
können.
Im
Gegensatz
zu
verschiedengeschlechtlichen Paaren brauchen gleichgeschlechtliche Paare hierbei stets die
Hilfe von Dritten. Es gilt zu überlegen, ob eventuell eine Auslandsadoption in Frage käme.
Auslandsadoptionen sind jedoch meist schwierig und vor allem kostenintensiv. Zusätzlich ist
meistens nur eine Einzeladoption möglich, es ist also nicht möglich als Paar gemeinsam ein
Kind zu adoptieren. Adoption wie auch Stiefkindadoption sind in Österreich für
gleichgeschlechtliche Paare verboten. In Österreich haben gleichgeschlechtliche Paare in
einigen Bundesländern die Möglichkeit ein Pflegekind aufzunehmen. Diese Variante wird
allerdings häufiger von Männerpaaren als von Frauenpaaren gewählt. Frauenpaare schließen
diese Option größtenteils schnell aus, sie bevorzugen eine Schwangerschaft durch
Spendersamen. Meine Interviewpartnerinnen entschieden sich ebenfalls dazu ein eigenes
Kind bekommen zu wollen. In weiterer Folge musste darüber nachgedacht werden, welche
Frau das Kind zur Welt bringen sollte, dies war bei allen Paaren schnell geklärt..
Anschließend ging es darum, sich Gedanken über einen Samenspender zu machen und wie
und wo die künstliche Befruchtung stattfinden soll. Für Frauenpaare in Österreich gibt es nur
111
die Möglichkeiten eine ausländische Samenbank in Anspruch zu nehmen oder die
Insemination illegal in Eigenregie zu versuchen. Selbstinseminationen sind in Österreich unter
Strafandrohung verboten. Frauenpaare haben in Österreich nicht die Möglichkeit ihren
Kinderwunsch gemeinsam sicher und risikofrei umzusetzen. Sie müssen sich selbst einen
Samenspender suchen. Diese Suche erfolgt zumeist im Internet und seltener im Freundes- ,
Bekannten- oder Familienkreis. Samenbanken im Ausland werden von österreichischen
Frauenpaaren eher selten in Anspruch genommen.
Nur eines meiner Interviewpaare nahm den Dienst einer ausländischen Samenbank für die
Umsetzung des Kinderwunsches in Anspruch, Gudrun und Milla reisten dafür extra nach
Finnland. Sie wählten einen anonymen finnischen Samenspender. Für die anderen Paare war
klar, dass sie für eine Schwangerschaft nicht extra ins Ausland fahren wollten. Sie führten zu
Hause eine Selbstinsemination durch. Andrea und Stefanie, Jennifer und Sabine und auch
Viktoria und Michaela suchten zuerst in ihrer näheren Umgebung nach einem geeigneten
Samenspender. Schlussendlich entschieden sich aber nur Viktoria und Michaela für einen
schwulen Bekannten als Samenspender. Die anderen Paare wählten wie auch Monika und
Theresa einen unbekannten Samenspender aus dem Internet. Alle Paare setzten sich dadurch
eventuellen gesundheitlichen Gefahren aus und gingen das Risiko ein, dass ein größtenteils
unbekannter Mann zu ihnen in die Wohnung kam um ihnen sein Sperma zu überreichen. Auch
für den Samenspender ist die Situation nicht ganz ungefährlich. Er könnte trotz anderweitiger
Versprechen und Vereinbarungen später auf Unterhalt und Alimente verklagt werden.
Jennifer und Sabine sowie Viktoria und Michaela suchten einen Samenspender, der auch nach
der Geburt am Leben des Kindes aktiv teilnehmen wollte. Sie wollten einen Papa für ihr Kind
haben, allerdings einen Besuchspapa. Das Kind soll bei ihnen aufwachsen, aber regelmäßigen
Kontakt zum Papa haben können. Jennifer und Sabine entschieden sich für einen ihnen bis
dahin unbekannten schwulen Mann als Samenspender. Viktoria und Michaela wählten
ebenfalls einen schwulen Mann, allerdings kannten sie ihn schon vorher persönlich. Beide
Paare entschieden sich für einen aktiven Papa, da sie darin eine Bereicherung für das Kind,
aber auch Vorteile für ihre Paarbeziehung sahen. Durch die freie Wochenenden gewinnen sie
mehr Zeit für ihre Beziehung. Für die drei anderen Frauenpaare war klar, dass sie einen
Samenspender wollten, der sich nicht aktiv an der Kindererziehung beteiligten wollte.
112
Monika und Theresa sowie Andrea und Stefanie suchten einen privaten Samenspender, der
keine Vaterrolle einnehmen wollte. Allerdings musste er sich verpflichten für eventuelle
spätere Fragen des Kindes zur Verfügung zu stehen. Da dies bei privaten Samenspenden nicht
geregelt ist, mussten die Beteiligten selbst Regelungen finden und Vereinbarungen treffen;
diese sind jedoch nicht rechtsgültig. Das Kind soll einmal in der Lage sein, seinen
biologischen Wurzeln nach zu gehen, die Suche nach den Wurzeln soll nicht zum
Lebensinhalt werden. Die Bereitschaft des Spenders zur eventuellen Kontaktaufnahme durch
das Kind war ausschlaggebend für die Entscheidung. Allerdings ist sowohl bei Monika und
Theresa als auch bei Andrea und Stefanie unklar wann und wie ein zukünftiges Kennenlernen
einmal aussehen könnte.
3.3. Umsetzung: Wir wollten nicht ins Ausland fahren.
Die Insemination in Eigenregie ist die meist gewählte Variante von Frauenpaaren um
schwanger zu werden. Samenbanken sind meist zeit- und kostenintensiver als eine
Selbstinsemination im Inland. Eine Selbstinsemination birgt aber immer auch gewisse
Risiken. So gibt es keine absolute Sicherheit über den gesundheitlichen Zustand des Spenders
oder die Qualität seines Spermas. Zudem ist dies in Österreich nicht legal und die Beteiligten
bewegen sich im illegalen Raum. Im schlimmsten Fall könnte diese Handlung mit einer Geldoder Haftstrafe geahndet werden. Trotzdem kommt diese Variante bei Frauenpaaren in
Österreich sehr häufig vor. Die Selbstinsemination mittels Bechermethode ist sehr erfolgreich.
Die Erfolgschancen sind höher als bei einer künstlichen Befruchtung in einer Samenbank.
Meine Interviewpartnerinnen (mit Ausnahme von Gudrun und Milla, die in einer Samenbank
waren), berichteten dass es nicht einfach war einem zumeist unbekannten Mann zu vertrauen,
dass er keine ansteckenden Krankheiten hat, sondern ihnen nur zu einem Kind verhelfen will.
Die Samenspender verlangten keine finanzielle Entschädigung. Die Selbstinseminationen
verliefen unkompliziert und waren sehr effektiv. Bei all meinen Interviewpaaren stellte sich
eine erfolgreiche Schwangerschaft bereits nach den
ersten Versuchen
ein.
Die
Schwangerschaft verliefen ohne größere Komplikationen oder Schwierigkeiten, zwei Kinder
kamen allerdings zu früh auf die Welt und es gab zwei Notkaiserschnitte.
3.4. Im Spital: Es war ganz klar, dass sie den Kleinen als Erste bekommt.
Im Spital selbst gab es kaum negative Erfahrungen. Theresa und Monika waren das einzige
Paar, dass über kleinere Probleme im Krankenhaus berichtete. Theresa wurde stets als
113
Monikas Schwester gesehen. Auch nachdem sie erwähnten, dass sie ein Paar wären, wurde es
nicht verstanden. Die anderen Paare berichteten durchwegs über positive Erfahrungen im
Krankenhaus. Sie hatten sich davor schon gezielt eine Frauenärztin oder Hebamme zur
Unterstützung ausgesucht, die dann auch bei der Geburt dabei war, sodass sie sich wohl
fühlen konnten. Die Frauen wurden größtenteils sehr freundlich aufgenommen. Allerdings
gab es durchaus Getuschel auf den Stationen. Zwei Frauen mit Kind sind nach wie vor
Ausnahmen im Krankenhaus. Wahrscheinlich gibt es aber auch viele Paare, denen es ähnlich
wie Monika und Theresa geht, sie werden einfach nicht als Paar gesehen, das gerade
gemeinsam ein Kind bekommt.
3.5. Reaktionen der Familie: Die waren voll begeistert.
Einige Eltern waren anfangs etwas überrascht, dass sie doch noch ein Enkelkind bekommen
sollten. Alle reagierten aber sehr positiv und freuten sich mit dem Paar. Gedanken darüber wie
es zu dieser Schwangerschaft gekommen sei, machten sie sich aber durchaus und wussten
anfangs mit Begriffen wie Selbstinsemination oder Bechermethode nichts anzufangen. Sie
stellten Überlegungen an, warum ein Mann einem Frauenpaar privat Samen spenden sollte
und was seine Beweggründe wären. Mittlerweile sind aber alle mit der Situation zufrieden
und freuen sich darüber Großeltern zu sein.
3.6. Reaktionen vom Umfeld: Das tägliche „Outen-Müssen“ ist anstrengend.
Meine
Interviewpartnerinnen
berichteten
kaum
über
negative
Erfahrungen
als
Regenbogenfamilie durch ihr soziales Umfeld. Allerdings achten die meisten schon gezielt
darauf, wo sie sich outen und wo nicht, um mögliche unangenehme Situationen umgehen zu
können. Wenn die Paare schließlich doch als Frauenpaar mit Kind identifiziert werden, sehen
sie sich immer mit der Frage, wie sie denn zum Kind gekommen seien, konfrontiert. Als
Lesbe mit Kind ist man stets gezwungen sich zu outen, es ist ein anstrengender Prozess und es
bedeutet stets Intimes über sich selbst preis geben zu müssen. Vor allem in neuen
Spielgruppen kommen Mütter oft miteinander ins Gespräch. Die anderen Mütter erzählen
Geschichten von Mann und Papa. Wenn Frauenpaare dann auch etwas Persönliches zum
Gespräch beitragen möchten, sind sie schon dabei sich zu outen. Ohne Kind war es noch
einfacher gewisse Dinge vielleicht nicht zu erwähnen. Jetzt als Mutter geht das nicht mehr,
vor allem nicht bei Anwesenheit des Kindes. Natürlich ist es in gewisser Weise verständlich,
dass neugierig nachgefragt wird. Viele Menschen wurden bis dahin mit dieser Thematik noch
114
nie konfrontiert. Allerdings ist es immer auch anstrengend, sich wieder und wieder aufs Neue
diesen Fragen und neugierigen Blicken stellen zu müssen.
Spätestens in der Schule wird wohl noch einiges auf die Regenbogenkinder zukommen und es
wird wahrscheinlich die ersten richtigen negativen Erfahrungen geben. Es ist schwer
voraussagbar wie die Kinder oder Lehrer_innen einmal reagieren werden. Die Kinder werden
sich wohl gegen Vorurteile gegenüber Regenbogenfamilien zu behaupten lernen müssen. Bis
jetzt reagierten die Leute eher neugierig und interessiert, und es gab kaum grobe abfällige
Bemerkungen. Das österreichische Volk ist laut Andrea und Stefanie vielleicht doch
toleranter, als es die Rechtslage vermuten lassen würde. Allerdings können viele nach wie vor
mit der Enthüllung, dass die Kinder zwei Mütter haben, wenig anfangen. Manche sind zwar
interessiert die genaue Geschichte zu erfahren, trauen sich aber nicht zu fragen, andere haben
da weniger Hemmungen und fragen gezielt nach. Es kommt schließlich immer auf die genaue
Situation an, wieviel die Paare dann schlussendlich wirklich von sich preis geben.
3.6.1. Im Geburtsvorbereitungskurs: ...und dann immer so, Mama und Papa ...
Fast alle werdenden Eltern besuchen vor der Geburt einen Geburtsvorbereitungskurs, auch
meine Paare absolvierten so einen Kurs. Allerdings waren die Vortragenden nicht darauf
vorbereitet, wie sie mit einem Frauenpaar am besten umgehen sollten. Sie wurden anfangs als
beste Freundinnen oder als Schwestern wahrgenommen, stellten aber schnell klar, dass dies
nicht der Fall sei. Die Vortragenden blieben allerdings konsequent bei ihrem „Die Väter nach
vorne, bitte.“ Vor allem für die sozialen Mütter ist dies oft mühsam, da sie kaum beachtet
werden. In Geburtsvorbereitungskursen gibt es kaum Frauenpaare, die auch als solche
erkennbar sind. Die Vorstellung, dass „Mama und Papa“ nicht auf alle Paare im Kurs
zutreffen könnten, schien den Vortragenden überhaupt nicht erst zu kommen. Viel zu sehr
waren sie geprägt von der heteronormativen Vorstellung, dass ein heranwachsendes Kind
immer einen Vater und eine Mutter bräuchte. Sie waren auch nicht in der Lage ein neutraleres
Wort zu verwenden, sondern hielten an ihrer Realität fest. Nur ein einziger Physiotherapeut
passte sich rasch den neuen Gegebenheiten an und verwendete den Begriff „Partner.“
3.6.2. Am Arbeitsplatz: Also bei mir ist es gar kein Problem.
Die Reaktionen der Arbeitgeber_innen und Mitarbeiter_innen auf die Schwangerschaft
variierten von Arbeitsplatz zu Arbeitsplatz waren aber größtenteils positiv. Bei fast allen
115
Paaren waren beide Frauen schon vor der Geburt des Kindes im Berufsleben geoutet.
Allerdings gibt es auch Frauen, die sich aus Angst vor Ungleichbehandlungen und
Diskriminierungen bei der Arbeit, bis jetzt nicht outeten. Der Großteil der Vorgesetzten zeigte
sich verständnisvoll und kooperativ. Die sozialen Mütter bekamen auch zwei Tage Urlaub
nach der Geburt des Kindes, dies hätte ihr Chef nicht machen müssen. Bei allen Paaren ging
die biologische Mutter nach der Geburt des Kindes im Durchschnitt ein Jahr in Karenz. Für
die sozialen Mütter gab es diese Möglichkeit nicht. Eine geteilte Karenz ist nur für Mutter und
Vater vorgesehen. Die soziale Mutter hat keinen Anspruch darauf in Karenz zu gehen. Die
biologische Mütter werden stets als Alleinerzieherin betrachtet. Mittlerweile sind bis auf
Jennifer alle Frauen wieder berufstätig. Die biologischen Mütter arbeiten meist nicht Vollzeit
und weniger Stunden als ihre Partnerinnen.
3.6.3. Im Kindergarten: Also die Kindergartenpädagogin ist da sehr sehr klar.
Drei der fünf Kinder gehen mittlerweile in den Kindergarten oder in eine Kindergruppe, eines
wird demnächst anfangen. Der Kindergarten ist meist der erste Ort an dem die Kinder alleine
auf sich gestellt sind und damit konfrontiert werden, dass ihre Familien von vielen als anders
betrachtet werden. Aus diesem Grund legten alle Paare einen großen Wert auf die Auswahl
des richtigen Kindergartens für ihr Kind. Sie stellten sich als Frauenpaar mit Kind vor und
warteten die Reaktionen ab. Den Kindergarten können sie sich noch relativ frei aussuchen, bei
der Schule funktioniert dies dann leider nicht mehr so gut. Die Frauenpaare wurden schon
öfters nach der Entstehungsgeschichte ihres Kindes gefragt, die meisten Personen reagierten
positiv darauf. Gudrun und Milla haben stets ein Buch mit, dass die Kinder und auch deren
Eltern über künstliche Befruchtung bei einem Frauenpaar aufklärt.
3.7. Familiensituation: Es gibt keine Vorbilder, man muss sich selber finden.
Die von mir untersuchten Familien sind entweder „Zwei-Mütter-Familien“ oder „Queer
Families“. Jede Familienkonstellation muss mit unterschiedlichen Problemen zurecht
kommen. Monika und Theresa, Andrea und Stefanie sowie Gudrun und Milla erziehen ihr
Kind ohne aktive Beteiligung eines Vaters. Die ersten beiden Paare suchten allerdings bewusst
Samenspender, die später bereit wären, dem Kind vielleicht Rede und Antwort zu stehen.
Momentan gibt es keinen regelmäßigen Kontakt zwischen den Samenspendern und den
Frauenpaaren. Bei Monika und Theresa gibt es eine Mama und eine Mami. Andrea und
Stefanie entschieden sich für eine andere Variante, Andrea ist die Mama und Stefanie wird
116
vom Kind beim Vornamen gerufen. Bei Milla und Gudrun gibt es eine Mama und eine Äiti,
Äiti ist ein finnischer Ausdruck für Mama. Ihr Sohn Aki wird nie etwas über seinen Erzeuger
erfahren können, da es sich um eine anonyme Samenspende in einer Samenbank handelte.
Allerdings schafften es seine Mütter bis jetzt als einziges gleichgeschlechtliches Paar in
Österreich die gemeinsame Obsorge für ihr Kind zu erlangen, sodass er jetzt auch offiziell
zwei Mütter hat.
Bei Jennifer und Sabine sowie Viktoria und Michaela gibt es aktiven Vater, der am Leben des
Kindes aktiv teilnimmt. Die Kinder haben je zwei lesbische Mütter, eine Mama und eine
Mami, und einen schwulen Papa. Es gibt regelmäßige Treffen zwischen Vater und Kind.
Jennifer und Sabine ließen ihren Samenspender auch als Vater im Geburtenbuch eintragen,
Viktoria und Michaela entschieden sich dagegen.
Die Familienplanung ist bei den meisten Paaren mit einem Kind abgeschlossen. Theresa hätte
zwar gerne ein zweites Kind, aber Monika musste schon davon überzeugt werden zumindest
ein gemeinsames Kind zu haben. Auch Andrea hätte gerne ein weiteres Kind, allerdings fühlt
sie sich, unter anderem auch auf Grund ihres Alters, gesundheitlich nicht mehr im Stande ein
zweites Kind zu bekommen. Sie sind sehr zufrieden mit der jetzigen Situation zu dritt und
achten auch so darauf, dass die Kinder ohne Geschwisterchen genug Kontakt mit
gleichaltrigen Kindern hat. Gudrun und Milla absolvieren im Moment einen Pflegeelternkurs
und überlegen ein Pflegekind bei sich aufzunehmen. Jennifer und Sabine spielen mit dem
Gedanken noch ein zweites Kind mit demselben Spender zu bekommen. Da ihre Tochter
allerdings erst einige Monate alt ist, wollen sie erst einmal schauen wie sich die
Familiensituation weiter entwickelt, bevor sie eine Entscheidung treffen.
3.8. Österreichische Rechtslage: Ich bin nichts! Also keine Rechte.
Alle Paare berichteten, dass die Diskriminierungen vor allem durch den Gesetzgeber erfolgten
und dass sie im normalen Leben bis jetzt nicht wirklich mit Diskriminierungen konfrontiert
wurden. Sie werden von offizieller Seite nur bedingt als Familie betrachtet, nur die
biologischen Eltern des Kindes werden auch tatsächlich als Eltern angesehen. Die soziale
Elternteile verfügen nur über sehr begrenzte Rechte. Es wird keine familiäre Beziehung
zwischen der Co-Mutter und dem Kind gesehen, da die beiden rein rechtlich nicht
miteinander verwandt sind. Dies gilt auch wenn das Kind in der aktuellen Beziehung
gemeinsam geplant und gezeugt wurde.
117
Da es von rechtlicher Seite keine Möglichkeiten gibt, dass beide Frauen als gemeinsame
Mütter des Kindes betrachtet werden, müssen sich die Frauen teilweise selbst kreative
Lösungen einfallen lassen um zumindest irgendetwas erreichen zu können. Es gibt die
Möglichkeit notarielle Vereinbarungen zu treffen, sodass etwa in Notfällen die soziale Mutter
ihr Kind zumindest auf der Intensivstation besuchen dürfte. Allerdings sind all diese
Vereinbarungen und Absicherungen nicht hundertprozentig rechtsgültig. Für die interviewten
Frauen ist es dennoch wichtig, gewisse Regelungen zu treffen und sei es auch nur für sich
selbst. Viktoria und Michaela hatten sogar eine eigene Trauung, sie haben, wie sie es selbst
nennen, 2007 geheiratet. Es war ein Ritual, nicht von irgendeiner Kirche aus, sondern einfach
ein Fest, eine Hochzeit mit lieben Freund_innen und Familienangehörigen, im Sinne eines
symbolischen Aktes. Sie werden von staatlicher Seite her nicht als Frau und Frau betrachtet,
von ihren Freund_innen und ihren Familien allerdings sehr wohl. Die österreichische
Rechtslage bringt gleichgeschlechtlichen Paaren auch mit Einführung der Eingetragenen
Partnerschaft nach wie vor keine vollständige Gleichstellung und Gleichbehandlung.
3.8.1. Eingetragene Partnerschaft: Wir wollten damit ein Zeichen Richtung Familie setzen.
Die Eingetragene Partnerschaft wurde in Österreich erst relativ spät eingeführt. Sie brachte
gleichgeschlechtlichen Paaren nicht die erhoffte Gleichstellung. Aus diesem Grund
entscheiden sich vor allem Paare mit Kinderwunsch oder mit Kindern oft bewusst gegen eine
Verpartnerung. Jennifer und Sabine sind eines der wenigen verpartnerten Paare mit Kind in
Österreich. Sie gingen die Lebenspartnerschaft vor einigen Jahren in Deutschland ein und seit
1.1.2010 gilt diese nun als Eingetragene Partnerschaft in Österreich. Eigentlich wollten sie
damit ein Zeichen setzen, gemeinsam eine Familie zu sein, aber dies ging nach hinten los. Die
österreichische Eingetragene Partnerschaft bietet ihnen nun weitaus weniger Rechte als die
deutsche Lebenspartnerschaft. Sie haben teilweise sogar weniger Rechte als unverpartnerte
Paare. So können sie etwa keinen Antrag auf gemeinsame Obsorge ihres Kindes stellen, da
dies in der Eingetragenen Partnerschaft verboten ist. Bei unverpartnerten Paaren ist dies
gesetzlich nicht geregelt und somit ein Graubereich.
Die anderen Paare entschieden sich bisher bewusst gegen die Eintragung der Partnerschaft, da
die Eingetragene Partnerschaft ihrer Meinung nach keine Gleichberechtigung mit sich bringt.
Theresa möchte etwa kein Mensch zweiter Klasse sein. Sie bezeichnet die Eingetragene
Partnerschaft als sinnlos und hinderlich, wenn es darum geht die gemeinsame Obsorge zu
erstreiten. Das Verbot der Stiefkindadoption dürfte bei allen Paaren einen großen Einfluss auf
118
ihre
Entscheidung
gegen
eine
Eingetragene
Partnerschaft
gehabt
haben.
Für
gleichgeschlechtliche Paare mit Kinderwunsch oder mit Kindern stellt die Eingetragene
Partnerschaft aus diesen Gründen keine Option dar. Erst durch Änderungen des Gesetzes in
den Bereichen Fortpflanzung und Familie, würde die „EP“ als Möglichkeit in Betracht
gezogen werden. Die Eingetragene Partnerschaft ist ein familienfeindliches Gesetz, es
versucht die Existenz von bestehenden und werdenden Regenbogenfamilien zu leugnen. Die
zahlreichen Ungleichbehandlungen gleichgeschlechtlicher Paare sind sicherlich ein Grund
dafür, dass sich viele Paare bewusst gegen eine Eintragung der Partnerschaft entscheiden. Die
rechtliche Situation ist für Regenbogenfamilien im Moment alles andere als leicht. Der nicht
leibliche Elternteil verfügt praktisch über keine Elternrechte. Die Hauptwünsche von
gleichgeschlechtlichen Paaren mit Kinderwunsch sind die Öffnung der Ehe und die Erlangung
der gleichen Rechten, beziehungsweise zumindest die Möglichkeit der Stiefkindadoption oder
gemeinsamen Obsorge.
3.8.2. Wunsch der Stiefkindadoption: Sie würden sich einfach nur wahnsinnig viel ersparen.
Für alle Paare ist die Stiefkindadoption von zentraler Bedeutung, schließlich würden dadurch
beide Frauen als vollwertige Elternteile anerkannt werden. Die Möglichkeit der
Stiefkindadoption würde aber auch für den Staat eine Erleichterung mit sich bringen. Der
Staat betrachtet die biologischen Mütter als Alleinerzieherinnen und muss ihnen deshalb auch
mehr zahlen. Durch die Stiefkindadoption wäre auch der Samenspender abgesichert. Er würde
damit sämtliche Pflichten aber auch eventuelle offizielle Rechte an die soziale Mutter
abtreten. Gudrun und Milla hoffen, dass sich in der nächsten Zeit einiges in Österreich zum
Besseren ändern wird. Sie wollen versuchen, dass Milla nach der gemeinsamen Obsorge, nun
den Kleinen auch adoptieren kann. Sie sind bereit das Projekt „Adoption“ durch alle
Instanzen zu fechten. Die aktuelle rechtliche Situation in Österreich ignoriert die Realität von
Regenbogenfamilien. Regenbogenkinder sind da; sie müssten geschützt werden, indem beide
Eltern auch gesetzlich anerkannt werden. Regenbogenfamilien gab es in Österreich auch
bereits vor der Einführung der Eingetragenen Partnerschaft und auch die verzwickte
Rechtslage wird nichts ändern können, dass gleichgeschlechtliche Paare Kinder bekommen.
Der Staat könnte die Situation für Regenbogenfamilien leicht verbessern und erleichtern,
indem er etwa die Ehe auch für gleichgeschlechtliche Paare öffnet.
119
3.8.3. Öffnung der Ehe: Wenn da drin steht, ich kann sie dann adoptieren, heirate ich sofort.
Mit der Öffnung der Ehe, würde die Stiefkindadoption obsolet werden, denn dann wäre es
ganz normal, dass die sozialen Eltern die gleichen Rechte wie der leibliche Elternteil hätte.
Der symbolische Charakter einer Hochzeit ist sicherlich nicht zu unterschätzen, allerdings
geht es bei der Forderung nach der Öffnung der Ehe doch in erster Linie um den Gewinn
bestimmter Rechte. Mit der Öffnung der Ehe wäre auch die Kinderfrage für
gleichgeschlechtliche Paare positiv geregelt. Der Wunsch nach Öffnung der Ehe hängt vor
allem mit der damit erhofften Verbesserung für die gemeinsamen Kinder zusammen.
Andrea: Ich war nie jemand der gesagt hat, ich muss unbedingt mal heiraten. Das war
für mich nie wichtig. Es geht mir echt um die Sicherheit für die gemeinsamen Kinder.
Ob das jetzt Ehe heißt, Partnerschaft oder Homo-Ehe, ist mir egal, ist nur ein Name.
Allerdings wird die Ehe in Österreich nach wie vor als „heilig“ betrachtet und ist ein Privileg
für heterosexuelle Paare. Jennifer und Sabine würden zuerst eine Reformation der Ehe und
dann erst eine Angleichung vorschlagen, da die aktuelle Form der Ehe sowieso veraltet sei.
Viktoria meinte, dass der Großteil der Bevölkerung wohl kein Problem mit der Öffnung der
Ehe hätte, höchstens mit der Fremdkindadoption durch gleichgeschlechtliche Paare. Die
Politik solle endlich anerkennen, dass gleichgeschlechtliche Paare mit Kindern, ebenso eine
Familie sind. Das Familienleben gleichgeschlechtlicher Paare mit Kindern sieht nicht anders
aus als das heterosexueller Paare mit Kindern. Es gibt keine Unterschiede, die
Ungleichbehandlungen durch den Gesetzgeber rechtfertigen würden.
3.8.4. Obsorge: Wir sind noch immer die Einzigen, die die gemeinsame Obsorge haben.
Gudrun und Milla bis jetzt in Österreich das einzige Frauenpaar mit gemeinsamer Obsorge
ihres Kindes. Die gemeinsame Obsorge bietet beiden Frauen die gleichen Rechte, beide
werden als Eltern angesehen. Es gibt nur wenig Unterschiede zur Stiefkindadoption, diese
können aber notariell geregelt werden. Es war ein langwieriger Prozess bis sie es tatsächlich
schafften, dass ihr Sohn Aki nun auch offiziell zwei Mütter als Eltern hat. Wenn sie die
Eingetragene Partnerschaft gehabt hätten, wäre es nicht einmal möglich gewesen den Antrag
auf gemeinsame Obsorge zu stellen.
Gudrun: Wennst einmal die gemeinsame Obsorge hast, dann bist auf Schiene. Jetzt
haben wir die Abrechnung gekriegt von der Gebietskrankenkassa. Da scheint er
lustigerweise jetzt bei ihr auf. Obwohl wir überhaupt nichts gemacht haben. Weil ich hab
geglaubt er ist bei mir mitversichert.
120
Andere Paare versuchen nun ihrem Beispiel zu folgen und ebenfalls die gemeinsame Obsorge
zu erlangen, bisher leider erfolglos. Es ist allerdings möglich gemeinsam zum Beispiel eine
„ÖBB Family Card“ zu erlangen, und auch Versicherungen haben kein Problem damit
Regenbogenfamilien als Familienform zu akzeptieren. Ein großer Fortschritt wäre es, wenn
auf der Geburtsurkunde nicht länger Mutter und Vater, sondern obsorgeberechtigte Personen
stünde. Das eigentliche Ziel sollte es sein, dass die zweite Mutter bereits mit der Geburt des
Kindes die Obsorgeberechtigung erlangen könnte und nicht erst der Umweg über die
Stiefkindadoption gegangen werden müsste.
3.8.5. Rechtliche Situation des Spenders: Mit der Stiefkindadoption wär das alles geregelt.
Private Samenspenden sind in Österreich eben so wenig erlaubt wie Selbstinsemination. Dies
kann für alle Beteiligten weitreichende Konsequenzen (wie Geld- und im schlimmsten Fall
auch Haftstrafen) mit sich ziehen. Aber auch die Samenspender setzen sich einer Gefahr aus.
Da es keine rechtlichen Grundlagen gibt, könnten sie trotz gegenteiliger Vereinbarungen
später noch immer zu Unterhaltszahlungen verpflichtet werden. Durch eine Stiefkindadoption
wäre dies nicht mehr möglich und auch der Spender wäre abgesichert.
Andrea: Dann bräuchte er keine Angst vor einem finanziellen Nachteil haben. Es ist auch
einfach wichtig um Finn wirklich ermöglichen zu können, dass er seinen Vater
irgendwann mal kennen lernen kann und vom Vater nicht irgendwie ein Rückzieher
gemacht wird.
Momentan wäre es theoretisch möglich, dass die Kinder ihre Väter später einmal verklagen
könnte und diese die Alimente auch rückwirkend zahlen müssten. Sie müssten hierfür nur die
Vaterschaft mittels Vaterschaftstest nachweisen können. Die Paare könnten sich dann nur
verpflichten dem Spender das Geld zurück zu zahlen. Bei Viktoria und Michaela sowie bei
Jennifer und Sabine schaut die Situation etwas anders aus, schließlich gibt es hier einen
aktiven Papa. Dieser könnte rein theoretisch mittels Vaterschaftstest mehr Rechte einfordern,
auch wenn es andere Vereinbarungen gibt. Es bedarf also immer einer gewissen Portion an
Vertrauen zwischen dem Frauenpaar und dem Samenspender, dass dies nicht gemacht wird
und die getroffenen Vereinbarungen eingehalten werden.
4. Zusammenfassung der empirischen Ergebnisse
Die Darstellung der empirischen Ergebnisse zeigte die Probleme und Schwierigkeiten mit
denen gleichgeschlechtliche Paare bei der Umsetzung ihres Kinderwunsches und jetzt als
121
Regenbogenfamilie konfrontiert sehen. Schon bei der Planungs- und Umsetzungsphase
werden
große
Unterschiede
zu
verschiedengeschlechtlichen
Paaren
ersichtlich.
Gleichgeschlechtliche Paare müssen eine Schwangerschaft gezielt planen, es müssen schon
im voraus viele Fragen geklärt und Entscheidungen getroffen werden. Sie sind in ihren
Wahlmöglichkeiten wie sie sich ihren Kinderwunsch realisieren könnten stark eingeschränkt.
Die gemeinsame Adoption eines Kinds durch ein gleichgeschlechtliches Paar ist in Österreich
nicht gestattet. Pflegeelternschaft wäre eine mögliche Alternative. Allerdings ist dies auch
nicht in ganz Österreich erlaubt, zudem werden verheiratete kinderlose Paare bei der Vergabe
von Pflegekindern deutlich bevorzugt. Durch den Ausschluss aus der Ehe, werden
gleichgeschlechtliche Paare hier diskriminiert. Das Recht auf Ehe stellt die zentralste Praktik
innerhalb von „Citizenship“ dar, da die Ehe auch immer mit Privilegien sowie Pflichten103
und einem Gewinn an Rechten verbunden ist.
Gleichgeschlechtlichen Paaren wird in Österreich auch der Zugang zu medizinisch
unterstützter Fortpflanzung verwehrt. Somit bleiben den Paaren bei der Umsetzung des
Kinderwunsches nur die Möglichkeit eine Samenbank oder eine Leihmutter zu Hilfe zu
ziehen. Frauenpaare haben zudem die Chance eine Selbstinsemination im Inland durch zu
führen, dies ist in Österreich allerdings illegal. Dennoch wählt der Großteil der Frauenpaare
diese Möglichkeit um schwanger zu werden. Hierbei ist es zumeist notwendig sich privat
einen Samenspender zu suchen, oftmals auch über das Internet. Hierdurch begeben sich die
Frauen natürlich in eine durchaus gefährliche Situation. Wenn sie einen passenden
Samenspender gefunden haben, müssen sie den Gesundheitstests glauben und ein gewisses
Maß an Grundvertrauen in ihren Spender mitbringen. Auch für den Spender könnte diese
Aktion rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Er könnte, auch wenn andere
Vereinbarungen getroffen würden, vom Kind später zum Zahlen von Unterhalt verklagt
werden, da die Frauen eigentlich nicht im Namen ihres Kindes von vornherein verzichten
dürften. Durch die Öffnung der künstlichen Befruchtung für alleinstehende oder lesbische
Frauen könnte der Kinderwunsch auch ohne männlichen Partner auf legalem Wege realisiert
werden.
Ken Plummer thematisiert in seinem „Intimate Citizenship“ Konzept zehn Zonen von
Intimität. Es geht darum Wahlmöglichkeiten zu haben, was wir mit unserem Körper, unserer
Sexualität oder Familie machen. Gleichgeschlechtlichen Paaren werden in Österreich nun
103 In jeder Lebensgemeinschaft haben die Partner_innen Pflichten dem oder der Anderen gegenüber.
Bestimmte Rechte und Privilegien sind allerdings verheirateten heterosexuellen Paaren vorbehalten.
122
viele dieser Möglichkeiten genommen, sie sind somit in ihren „Citizenship-Rechten“
eingeschränkt. Heterosexualität wird nach wie vor als Norm gesehen, Menschen die nicht
nach diesem Ideal leben, sehen sich stets gezwungen sich zu erklären.
Die größten Ungleichbehandlungen sehen die interviewten Paare klar von staatlicher Seite,
die österreichische Rechtslage diskriminiert bestehende und werdende Regenbogenfamilien in
vielen Bereichen. So verhindert die rechtliche Situation in Österreich, dass der soziale
Elternteil die gleichen Rechte gegenüber dem gemeinsamen Kind hat, wie der leibliche
Elternteil.
Zwischen
Kind
und
Co-Mutter
oder
Co-Vater
gibt
es
kein
Verwandtschaftsverhältnis, rechtlich gesehen sind sie zueinander fremde Personen. Es ist
nicht gestattet, das Kind des Partners oder der Partnerin zu adoptieren und auch nach dem Tod
des leiblichen Elternteils ist ungewiss ob das Kind beim zweiten Elternteil bleiben darf. Diese
Diskriminierungen wirken sich belastend auf die Familiensituation aus. Es können zwar
gemeinsame Vereinbarungen zwischen sozialer und biologischer Mutter, und dem
Samenspender getroffen werden, allerdings sind diese nicht zwangsläufig rechtsgültig. Aus
diesem Grunde wäre die Möglichkeit der Stiefkindadoption oder zumindest die gemeinsame
Obsorge für Regenbogenfamilien in Österreich sehr erstrebens- und wünschenswert. Die
Forderung nach Öffnung der Ehe, geht vor allem auf den Dazugewinn von Rechten zurück.
Gleichgeschlechtliche Paare erhoffen sich dadurch, dass die Kinderfrage positiv für sie
geklärt wäre und das Kind tatsächlich als ihr gemeinsames Kind gelten würde und beide über
die gleichen Elternrechte verfügen würden. Die Absicherung der gemeinsamen Kinder scheint
von höchster Priorität zu sein.
Drei der fünf Paare entschieden sich das Kind ohne aktiven Vater gemeinsam zu erziehen. Die
beiden anderen Paare wollten, dass ihr Samenspender nach der Geburt die Vaterrolle für das
Kind übernehmen sollte, hierfür wählten beide einen schwulen Mann. Dadurch ergeben sich
neue Familienkonstellationen, diese Kinder verfügen nun über zwei lesbische Mütter und
einen schwulen Vater. Der Vater wird als Besuchspapa ohne negative Konnotationen, im
Gegensatz zu geschiedenen Paaren, beschrieben. Das Kind wächst in beiden Fällen bei den
Frauen auf, die Väter sehen die Kinder aber regelmäßig.
Bis jetzt erlebten die untersuchten Regenbogenfamilien keine offenen Diskriminierungen. Die
meisten Menschen reagieren sehr neugierig, wenn sie herausfinden, dass hier zwei Frauen
gemeinsam ein Kind haben. Die Paaren sehen sich ständig mit neugierigen Fragen und
123
Blicken konfrontiert, allerdings gab es noch kaum negative Bemerkungen dazu. Bei der Wahl
des Kindergartens für ihre Kinder, war es den Paaren sehr wichtig, offen mit ihrer sexuellen
Orientierung umzugehen und klar als Familie aufzutreten. Nur wenn sie das Gefühl hatten,
dass die Pädagog_innen gut mit dieser Situation umgehen könnten und sie keine homophoben
Tendenzen spürten, entschieden sie sich ihr Kind dorthin zu geben. Bisher funktionierte dies
sehr gut. Alle Paare befürchten aber dass ihre Kinder später in der Schule wohl durchaus
diskriminierende Erfahrungen aufgrund ihrer Familienkonstellation machen werden. Sie
versuchen nun so gut es eben geht die Kinder zu stärken und sich mit anderen
Regenbogenfamilien zu treffen, sodass die Kinder merken, dass es noch andere Familien wie
ihre gibt.
Interessant zu beobachteten war, dass die Frauenpaare kaum über Ungleichbehandlungen in
alltäglichen Situationen berichteten. Sobald es allerdings um Rechte oder staatliche
Unterstützungen ging, berichteten sie über Diskriminierungen. Die prekäre Situation der
Kinder und der sozialen Elternteile wurde ständig thematisiert. Die Stiefkindadoption wäre
das große Ziel der Frauenpaare, dadurch wäre einiges geklärt und die Kinder wären besser
abgesichert. Die Schaffung der Eingetragenen Partnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare in
Österreich brachte nicht die erhofften Erleichterungen. In einigen Bereichen werden
verpartnerte Paare sogar benachteiligt. Eingetragenen Partner_innen ist es etwa absolut
verboten, das Kind der Partner_in zu adoptieren, sie können nicht einmal versuchen die
gemeinsame Obsorge vor Gericht einzuklagen. Mehrere unverpartnerte Paare versuchen
momentan die gemeinsame Obsorge zu erlangen. Bisher gelang dies allerdings nur einem
Paar, den von mir interviewten Gudrun und Milla, alle anderen Anträge wurden abgelehnt.
Dies zeigt wie sehr scheinbar private Entscheidungen, wie zum Beispiel Kinder kriegen, von
staatlichen Institutionen geprägt sind. Hochzeit, Familie oder Kindererziehung finden stets an
der Schnittstelle zwischen privater und öffentlicher Sphäre statt. Durch den Ausschluss aus
der Ehe dem Verbot der künstlichen Befruchtung oder dem absoluten Adoptionsverbot werden
gleichgeschlechtliche Paare in ihren Wahlmöglichkeiten beschnitten, bestimmte „CitizenshipRechte“ werden ihnen vorenthalten. Frauenpaare werden bei der Umsetzung ihres
Kinderwunsches oftmals in die Illegalität gedrängt. Österreich hätte sich bei der Einführung
der „EP“ durchaus auch ein Beispiel an Ländern nehmen können, die gleichgeschlechtlichen
Paaren mittlerweile die gleichen Rechte wie verschiedengeschlechtlichen Paaren gewähren.
124
5. Klage gegen Verbot der künstlichen Befruchtung
Im
Jahre
2012
gibt
gleichgeschlechtlichen
es
und
nach
wie
vor
große
Ungleichbehandlung
verschiedengeschlechtlichen
Paaren.
Die
zwischen
größten
Diskriminierungen erfolgen von rechtlicher Seite her. Auch die Einführung der Eingetragenen
Partnerschaft brachte keine Gleichstellung. Bereits bestehende Regenbogenfamilien und
solche die es noch werden wollen, wurden vom Gesetz komplett ignoriert. Aus diesem
Grunde klagen nun einige Paare gegen den österreichischen Staat für eine Aufhebung
besonders familienfeindlicher Gesetzesparagrafen. Eines dieser Paare sind Christina Maria
und Daniela Bauer.104
Christina Maria Bauer und Daniela Bauer klagen mit Hilfe des Rechtsanwalts Dr. Helmut
Graupner und dem „Rechtskomitee LAMBDA“ („RKL“) gegen das Verbot der medizinisch
unterstützten Fortpflanzung für lesbische Paare. Sie sind seit über vier Jahren ein Paar und im
Sommer 2008 heirateten sie in Deutschland. Christina verwendet immer Begriffe wie Heirat
oder Frau, wenn sie von der Schließung der Eingetragenen Partnerschaft oder ihrer Partnerin
spricht. Sie muss allerdings immer erklären, dass sie in einer Eingetragenen Partnerschaft lebt
und mit der Bezeichnung „meine Frau“ ihre Partnerin gemeint ist. Nach der Verpartnerung in
Deutschland zogen sie endgültig zusammen und seit 2010 ist die Eingetragene Partnerschaft
auch in Österreich gültig. In Österreich wurde Christina dadurch ihr Familienname aberkannt,
sie darf diesen nun nur noch als Nachnamen führen. Daniela nahm bei der Verpartnerung
Christinas Familiennamen an, da sie Deutsche ist, gilt auch das deutsche Namensrecht und sie
hat weiterhin einen Familiennamen.
Für Christina war immer klar, dass sie einmal Kinder möchte, sie möchte gemeinsam mit
Daniela eine Familie gründen. Daniela kann aus gesundheitlichen Gründen kein Kind
austragen. Aus diesem Grund war schnell geklärt, dass Christina das Kind zur Welt bringen
sollte. Sie versuchen gegen die österreichische Rechtslage vorzugehen, damit es künftig für
gleichgeschlechtliche Paare mit Kinderwunsch weniger Hürden geben wird. Da sie es noch
nicht ganz so eilig haben, ihren Kinderwunsch in die Realität umzusetzen, wollen sie erst die
endgültigen Entscheidungen des obersten Gerichtshof abwarten. Erst wenn ihre Klage
endgültig negativ entschieden werden sollte, denken sie über Alternativen nach. Sie hoffen
104 Interview mit Christina Maria Bauer 2011: Persönliches Interview per Internet am 2.9. und 4.9.2011. Paar
mit Kinderwunsch. Wien; Auf Grund der räumlichen Distanz erfolgte die Befragung via Internet.
125
natürlich auch, dass sich die Rechtslage bis dahin generell zu ihren Gunsten verbessert, denn
aktuell hätte Daniela dann keine Rechte dem Kind gegenüber. Daniela und Christina wollen
gleiche Rechte und Pflichten für alle. Sie würden die Öffnung der Ehe sehr begrüßen, da sich
dann auch gleiche Elternrechte davon versprechen. Allerdings käme auch eine Abschaffung
oder Modernisierung der Ehe in Frage, schließlich geht um die Gleichstellung
gleichgeschlechtlicher Paare in allen Belangen.Sie versuchen durch ihre Klage ihriges für eine
Verbesserung der Situation in Österreich zu tun. Vor einigen Jahren wurden sie vom „RKL“
gefragt, ob sie denn nicht bereit wären sich dafür zur Verfügung zu stellen. Es wurde ein
gleichgeschlechtliches Paare mit Kinderwunsch gesucht, bei dem eine Partner_in aus dem
Ausland komme und die beiden in diesem Land die Eingetragene Partnerschaft eingegangen
seien.
Sie stehen nun mit Namen und Gesicht hinter der Sachen, geben Interviews und stehen für
weitere Informationen zur Verfügung. Ihre Hoffnung ist es, dadurch die gesetzliche Situation
soweit ändern zu können, dass es möglich wird, dass ein Kind spätestens durch die Geburt
zwei Mütter als rechtliche Elternteile haben kann. Vorbilder sind hier Spanien, Schweden oder
Norwegen. In Österreich wird es wohl noch etliche Jahre dauern bis eine Gleichstellung
gleichgeschlechtlicher und verschiedengeschlechtlicher Paare auf allen Ebenen erreicht ist.
Bis Christinas und Danielas Klage endgültig entschieden ist, hält Christina alle Interessierten
über den Verlauf ihrer Klage auf ihrer Homepage auf dem Laufenden.105
V. RESÜMEE UND AUSBLICK
Diese Arbeit beschäftigte sich mit Regenbogenfamilien in Österreich. Die anfangs vorgestellte
Forschungsfrage lautete:
„Welche Möglichkeiten stehen Frauenpaaren in Österreich bei der Umsetzung des Wunsches
nach eigenen Kindern zur Verfügung um gemeinsam eine Familie zu gründen?“
Mit welchen Problemen und Schwierigkeiten werden sie dabei konfrontiert? Durch die
Darstellung der Ergebnisse der empirischen Studie wurden die Schwierigkeiten und Probleme
bei der Umsetzung des Kinderwunsches vorgestellt. Ungleichbehandlungen finden vor allem
von staatlicher, rechtlicher Seite statt. Gleichgeschlechtliche Paare haben in Österreich zwar
die Möglichkeit ihre Partnerschaft registrieren zu lassen, allerdings werden sie nach wie vor
von der Ehe ausgeschlossen. Da die Ehe aber viel mehr als eine reine Zweierbeziehung
105 Homepage von Christina Maria Bauer: http://thepinksheep.at/
126
darstellt, werden gleichgeschlechtliche Paare durch diesen Ausschluss diskriminiert. Das
Institut der Ehe ist untrennbar mit Privilegien und einem Statusgewinn verbunden.
Verheiratete Paare verfügen über bestimmte Rechte, die unverheirateten verschlossen bleiben.
Bei der Forderung der Öffnung der Ehe geht es in erster Linie um den Wunsch dadurch
gleiche Rechte zu erlangen. Die Absicherung gemeinsamer Kinder ist hierbei von höchster
Priorität. Zwischen 15 und 20 Prozent aller verschiedengeschlechtlicher Paare sind
unfreiwillig
kinderlos.106
Ihnen
stehen
jedoch
weitaus
mehr
Möglichkeiten
als
gleichgeschlechtlichen Paaren zur Verfügung um doch noch Eltern zu werden.
Frauenpaaren wird in Österreich die Umsetzung des Kinderwunsches auf legalem Weg
verwehrt. Sie haben keinen Zugang zu medizinisch unterstützter Fortpflanzung und auch die
gemeinsame Adoption eines Kindes ist nicht erlaubt. Sie können lediglich in einigen
Bundesländern gemeinsam versuchen Pflegekinder aufzunehmen. Allerdings können auch
diese gesetzlichen Regelungen nichts daran ändern, dass es Regenbogenfamilien gibt und dass
sie immer mehr in die Öffentlichkeit drängen. Noch vor einigen Jahren stammte der Großteil
der Regenbogenkinder aus vorangegangenen heterosexuellen Beziehungen. Mittlerweile
werden die meisten Kinder bereits in eine bestehende gleichgeschlechtliche Beziehung
hineingeboren. Frauenpaare finden auch so Möglichkeiten sich ihren Kinderwunsch zu
realisieren. So können sie etwa ins Ausland ausweichen und dort mittels einer Samenbank
oder einer Leihmutter versuchen, ein Kind zu bekommen. Im Inland haben Frauenpaare die
Möglichkeit eine illegale Selbstinsemination durchzuführen. Dies kann im schlimmsten Fall
jedoch sogar mit einer Haft- oder Geldstrafe geahndet werden. Die meisten Frauenpaare
suchen über das Internet privat nach Samenspendern. Hier gehen sie das Risiko ein, einem
unbekannten Mann vertrauen zu müssen, dass er keine ansteckenden oder vererbaren
Krankheiten hat und ihnen einfach nur dabei helfen will ihren Kinderwunsch umzusetzen. Da
es keine gesetzlichen Regelungen für private Samenspender gibt, müssen die Beteiligten
selbst Vereinbarungen treffen. Diese sind allerdings nicht rechtsgültig. Der Samenspender
könnte zum Beipiel trotz gegenteiliger Arrangements seine Vaterrechte einforden.
Andererseits kann auch das Kind später seinen Erzeuger auf Unterhalt verklagen und seine
Vaterschaft feststellen lassen. Es bedarf also einer gehörigen Portion gegenseitigen Vertauens,
dass sich alle Beteiligten auch wirklich an die getroffenen Abmachungen halten.
106 Unfreiwillig kinderlose Paare:
http://www.schwangerschaft.at/de/kinderwunsch/kinderwunschbehandlung/article.kunstlichebefruchtung.html
127
Durch
gesetzliche
Regelungen
werden
gleichgeschlechtliche
Paare
in
ihren
Wahlmöglichkeiten stark beschnitten, ihnen werden bestimmte „Citizenship-Rechte“
verweigert. Das Konzept von „Intimate-Citizenship“ bildete somit zurecht den theoretischen
Rahmen dieser Arbeit. In diesem Konzept geht es um Schnittstellen zwischen privater und
öffentlicher Sphäre. Kinder, Familie oder Eheschließungen fallen genau in diese Bereiche.
Diese scheinbar intimsten Bereiche sind untrennbar mit öffentlichen Diskursen und
Institutionen verbunden. Verschiedengeschlechtlichen Paaren stehen bei der Umsetzung ihres
Kinderwunsches,
auch
bei
Unfruchtbarkeit
des
Mannes
oder
der
Frau
etliche
Wahlmöglichkeiten offen. Gleichgeschlechtliche Paare haben diese Möglichkeiten nicht.
Frauenpaare haben es hierbei allerdings doch noch um einiges leichter als Männerpaare zu
einem Kind zu kommen. Sie können mittels Spendersamens eine Schwangerschaft erzielen.
Somit ist es nicht verwunderlich, dass über 90 Prozent aller Regenbogenfamilien aus zwei
Müttern mit meistens einem Kind bestehen. Schwule Männer oder Paare nutzen vereinzelt die
Möglichkeit mit einem lesbischen Paar gemeinsam ein Kind zu bekommen.
Die österreichische Rechtslage sieht kein Verwandtschaftsverhältnis zwischen dem sozialen
Elternteil und dem Kind. Nur die biologischen Eltern werden als Eltern anerkannt. Die
biologischen Mütter gelten vor dem Gesetz her als Alleinerzieherinnen, auch wenn die
Partnerin im selben Haushalt lebt und genauso an der Kindererziehung beteiligt ist. Eine
Stiefkindadoption, also die Adoption des Kindes der Partnerin, ist ihnen nicht gestattet. Die
Erlangung der Stiefkindadoption oder zumindest die gemeinsame Obsorge sind das große Ziel
gleichgeschlechtlicher Paare mit Kindern. Dadurch würden dann die sozialen Eltern die
gleichen Elternrechte wie die biologischen Eltern haben. Die Kinder hätten dann auch offiziell
vor dem Gesetz zwei Mütter. Bisher gelang es erst einem einzigen Frauenpaar in Österreich
die gemeinsame Obsorge für ihr Kind vor Gericht einzuklagen. Die von mir interviewten
Gudrun und Milla schafften es bisher als Einzige durch einen längeren Rechtsstreit die
gemeinsame Obsorge für ihr Kind vor Gericht zu erlangen. Andere Paare versuchen nun
diesem Beispiel zu folgen, bislang allerdings erfolglos.
Das Eingetragene Partnerschafts-Gesetz brachte nicht die erhofften Erleichterungen für
Regenbogenfamilien, vielmehr wurde ihre Existenz bei der Umsetzung des Gesetzes ignoriert.
Verpartnerten Paaren ist es absolut untersagt, das Kind des Partners oder der Partnerin zu
adoptieren, selbst dann wenn dieses in der bestehenden Beziehung gemeinsam geplant wurde.
Sie haben also was Kinder betrifft sogar weniger Rechte als unverpartnerte Paare. Da es keine
128
gesetzlichen Regelungen für gemeinsame Obsorge bei gleichgeschlechtlichen Paaren gibt, ist
dies ein Graubereich und sie könnten zumindest einen Antrag stellen. Sobald sie allerdings in
einer Eingetragenen Partnerschaft leben, können sie dies nicht mehr machen, da es dann vom
Gesetz her verboten ist.
Durch die Gründung des Vereins „FAmOs“, von und für Regenbogenfamilien wurde ein
Schritt in Sachen sichtbarer machen von Regenbogenfamilien gemacht. Dieser Verein
fungierte auch für mich als große Informationsquelle und übernahm die Vermittlerrolle bei der
Suche nach Interviewpartner_innen für diese Arbeit. Die Obfrau des Vereins stellte sich für
ein Expert_inneninterview zur Verfügung und die fünf von mir engagierten Frauenpaare
engagieren
sich
ebenfalls
für
den
Verein.
Durch
Austauschmöglichkeiten
von
Regenbogenfamilien untereinander, sowie durch gute Vernetzungen mit ausländischen
Organisationen kann gemeinsam versucht werden, Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben und die
Präsenz von Regenbogenfamilien zu fördern. Bisher gibt es keine statistischen Daten oder
Studien über Regenbogenfamilien in Österreich. Es kann aber davon ausgegangen werden,
dass ungefähr in einem Drittel aller gleichgeschlechtlichen Beziehungen in Österreich Kinder
leben und aufwachsen.
Die Darstellung verschiedener Erlebnisse von Regenbogenfamilien in dieser Arbeit, zeigte
dass in Alltagssituationen kaum negative Bemerkungen vorkommen, sondern vielmehr
Neugierde und Interesse da sind. Durch vermehrte Öffentlichkeitsarbeit könnte zum Beispiel
geklärt werden, welche Möglichkeiten gleichgeschlechtliche Paare haben, um gemeinsam ein
Kind zu bekommen. Dadurch könnte das ständige neugierige Fragen nach der Erzeugung der
Kinder unterbunden werden. Die interviewten Paare würden sich vor allem eine Verbesserung
für gemeinsame Kinder erhoffen. Durch die Öffnung der Ehe wäre auch die Kinderfrage für
gleichgeschlechtliche Paare positiv geregelt und Stiefkindadoption oder die Erlangung der
gemeinsamen Obsorge wären obsolet.
Der Fokus dieser Arbeit lag auf der Darstellung der Hindernisse und Probleme mit den
gleichgeschlechtliche Paare mit Kindern oder mit Kinderwunsch tagtäglich in Österreich
konfrontiert werden. Auch durch die Schaffung der Eingetragenen Partnerschaft verfügen
gleichgeschlechtliche Paare nach wie vor nicht über die gleichen Rechte wie
verschiedengeschlechtliche
heteronormative
Paare.
Das
„EPG“
Grundvorstellungen.
reproduziert
Durch
129
die
wie
auch
Änderung
produziert
des
Fortpflanzungsmedizingesetzes wurde sicher gestellt, dass verpartnerte Paare unter keinen
Umständen als eheähnliche Lebensgemeinschaft angesehen werden. Verheiratete aber auch
unverheiratete verschiedenengeschlechtliche Paare verfügen in Österreich über das Privileg
medizinisch unterstützte Fortpflanzungsmethoden bei der Umsetzung ihres Kinderwunsches
anwenden zu dürfen. Gleichgeschlechtliche Paare haben diese Möglichkeiten nicht, zudem sie
sich mit einem absoluten Adoptionsverbot konfrontiert.
Momentan gibt es einige Klagen gleichgeschlechtlicher Paare gegen Diskriminierungen durch
den Gesetzgeber. Aktuell gibt es heftige Diskussionen um das Verbot des Zugang zu
medizinisch unterstützter Fortpflanzung für lesbische Paare. Die von mir interviewte Maria
Christina Bauer klagt gemeinsam mit ihrer Partnern gegen das Verbot der künstlichen
Befruchtung für lesbische Paare geklagt. Die Bioethikkommission spricht sich gegen dieses
Verbot aus. Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek begrüßt diese Entscheidung. Mit einer
endgültigen Entscheidung des Höchstgerichts ist im Laufe des Herbstes 2012 zu rechnen.107
Einige Regenbogenfamilien versuchen auch auf gerichtlichem Weg die gemeinsame Obsorge
ihres Kindes zu erstreiten. Es bleibt abzuwarten wie diese Klagen entschieden werden und ob
Österreich sich an Ländern wie Norwegen oder Schweden, die gleichgeschlechtlichen Paaren
die gleichen Rechte wie verschiedengeschlechtlichen Paaren zugestehen, orientieren wird.
Für weitere Forschungen zu dieser Thematik würde es sich anbieten zusätzliche verschiedene
Regenbogenfamilienkonstellationen zu untersuchen und diese miteinander zu vergleichen,
etwa schwule Eltern mit Adoptiv- oder Pflegekind, oder auch gleichgeschlechtliche Paare mit
Kindern aus vorangegangenen heterosexuellen Familien. Die in dieser Arbeit vorgestellten
Frauenpaare stehen allerdings repräsentativ für die Mehrheit der Regenbogenfamilien.
Schwulen Männern bleibt oft nur die Möglichkeit als Samenspender zu fungieren und zu
hoffen, dass sie nach der Geburt auch eine aktive Vaterrolle einnehmen können. Diese Arbeit
wollte Regenbogenfamilien in Österreich und deren Ungleichbehandlungen vor allem durch
rechtliche Regelungen näher vorstellen und aufzeigen, dass trotz aller Unterschiede,
Regenbogenfamilien einfach eine von vielen möglichen Familienkonstellationen darstellen.
Ich möchte diese Arbeit mit folgendem Zitat beenden:
Der Punkt ist, die sollten ihre Augen öffnen. Bei uns läuft es genauso ab wie in
zigtausend Familien um 19.00 heute Abend. Also was ist jetzt der große
Unterschied zwischen unserer Familie und der Familie von Akis Kumpel?
107 Bioethikkommission spricht sich gegen Verbot aus:
http://diestandard.at/1334531036094/Bioethikkommission-spricht-sich-gegen-Verbot-aus
130
VI. QUELLENVERZEICHNIS
Sämtliches online einsehbare Material wurde von der Verfasserin zuletzt am 31.7.2012
abgerufen.
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TourismWatch – Informationsdienst Dritte Welt-Tourismus:
Christina Kamp: „Rent a womb“ - Fortpflanzungstourismus als Outsourcing-Geschäft:
http://www.tourism-watch.de/content/%E2%80%9Erent-womb%E2%80%9Cfortpflanzungstourismus-als-outsourcing-gesch%C3%A4ft
United Nations:
http://www.un.org/en/documents/udhr/index.shtml
Uni Wien – Kultur- und Sozialanthropologie:
Ernst Halbmayer und Jana Salat: Qualitative Methoden der Kultur- und Sozialanthropologie:
Das ExpertInneninterview: http://www.univie.ac.at/ksa/elearning/cp/qualitative/qualitative44.html
Das problemzentrierte Interview:
http://www.univie.ac.at/ksa/elearning/cp/qualitative/qualitative-45.html
Vor- und Nachteile der Anthropology at Home:
http://www.univie.ac.at/ksa/elearning/cp/qualitative/qualitative-70.html
Thematisches Kodieren: http://www.univie.ac.at/ksa/elearning/cp/qualitative/qualitative123.html
143
Universität Wien:
Forschungsnewsletter Februar/März 2006: Globetrotterinnen der Fortpflanzungsmedizin:
http://forschungsnewsletter.univie.ac.at/index.php?
id=9403&tx_ttnews[tt_news]=2978&tx_ttnews[backPid]=9365&cHash=53a26a39ff
Welt.de:
Jeder vierte Mann in Südafrika ist Vergewaltiger:
http://www.welt.de/politik/article3955294/Jeder-vierte-Mann-in-Suedafrika-istVergewaltiger.html
Wien.at – Infos und Services aus der Wiener Stadtverwaltung:
Regenbogenfamilien Fachkonferenz:
http://www.wien.gv.at/queerwien/pdf/regenbogenfamilien.pdf
http://www.wien.gv.at/rk/msg/2011/11/10017.html
Wikipedia:
Biologische Elternschaft: http://de.wikipedia.org/wiki/Biologische_Elternschaft
Gesetze zu Homosexualität: http://de.wikipedia.org/wiki/Gesetze_zur_Homosexualit
%C3%A4t
Gleichgeschlechtliche Ehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Gleichgeschlechtliche_Ehe/
Leihmutterschaft: http://de.wikipedia.org/wiki/Leihmutterschaft
Regenbogenfamilie: http://de.wikipedia.org/wiki/Regenbogenfamilie
Ziviler Solidaritätspakt: http://de.wikipedia.org/wiki/Ziviler_Solidaritätspakt/
144
Interviews
P1: Interview mit Monika und Theresa 2011: Persönliches Interview am 5.8.2011. Tochter
Clara 2 ½ Jahre alt. Wien
P2: Interview mit Andrea und Stefanie 2011: Persönliches Interview am 9.8.2011. Sohn Finn
3 Jahre alt. Wien
P3: Interview mit Gudrun und Milla 2011: Persönliches Interview am 1.10.2011. Sohn Aki 4
Jahre alt. Wien
P4: Interview mit Jennifer und Sabine 2011: Persönliches Interview am 23.8.2011. Tochter
Carolina 2 Monate alt. Niederösterreich
P5: Interview mit Viktoria und Michaela 2011: Persönliches Interview am 3.10.2011. Sohn
Philip 1 ½ Jahr alt. Niederösterreich
Interview mit Christina Maria Bauer 2011: Persönliches Interview am 2.9. und 4.9.2011. Paar
mit Kinderwunsch. Wien
Expert_inneninterview mit Barbara Schlachter-Delgado 2011: Persönliches Interview am
9.8.2011. Vereinsobfrau FAmOs – Familien Andersrum Österreich. Wien
Fieldnotes
145
Abkürzungsverzeichnis
ABGB
Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch
BZÖ
Bündnis Zukunft Österreich
ebd
ebenda
EGMR
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte
EMRK
Europäische Menschenrechtskonvention
EP
Eingetragene Partnerschaft
EPG
Eingetragenes Partnerschaftsgesetz
FAmOs
Familien Andersrum Österreich
FmedG
Fortpflanzungsmedizingesetz
FPÖ
Freiheitliche Partei Österreichs
GT
Grounded Theory
HOSI
Homosexuellen Initiative
LPartG
Lebenspartnerschaftsgesetz
NELFA
Network of European LGBT Families Association
ÖVP
Österreichische Volkspartei
PACS
Pacte Civil de Solidarité, Ziviler Solidaritätspakt
RKL
Rechtskomitee Lambda
SPÖ
Sozialdemokratische Partei Österreichs
vgl
vergleiche
ZIP
Zivilpakt
146
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1:
S 28
Werbekampagne für gleichgeschlechtliche Paare
http://www.soho.or.at/glbt/archives/date/2006/page/2
als
Pflegeeltern
Abbildung 2:
in
Wien:
S 32
Menstruationstasse – Yuuki Cap Inseminationskappe: http://www.queer-baby.info/shop/yuukicup-inseminationskappe.php
Abbildung 3:
S 53
Gesetzliche Regelungen zu Homosexualität weltweit: http://de.wikipedia.org/w/index.php?
title=Datei:World_homosexuality_laws.svg&filetimestamp=20111113132155
Abbildung 4:
S 66
Regenbogenparade 2011, Wagen der Antidiskriminierungsstelle mit Regenbogenfamilien:
https://www.facebook.com/photo.php?
fbid=212994525405237&set=pu.204974442873912&type=1&theater
Abbildung 5:
S 73
Logo von „FAmOs“: http://www.regenbogenfamilien.at/
Ich habe mich bemüht sämtliche Inhaber_innen der Bildrechte ausfindig zu machen und ihre
Zustimmung zur Verwendung der Bilder in dieser Arbeit eingeholt. Sollte dennoch eine
Urheberrechtsverletzung bekannt werden, ersuche ich um Meldung bei mir.
147
ANHANG
Abstract
Gleichgeschlechtliche Paare mit Kinderwunsch oder Kindern werden in Österreich bis jetzt
von staatlicher Seite größtenteils ignoriert. In dieser Arbeit sollen nun die Probleme,
Schwierigkeiten und Erfahrungen von Regenbogenfamilien in den Mittelpunkt gestellt
werden.
Fünf Frauenpaare schildern ihren Weg vom Kinderwunsch zum Wunschkind. In Österreich
haben Frauenpaare keine Möglichkeit sicher und risikofrei den Kinderwunsch gemeinsam
umzusetzen. Sie haben keinen Zugang zu medizinisch unterstützter Fortpflanzung. Zusätzlich
sehen sie sich mit einem absoluten Adoptionsverbot konfrontiert. Nicht nur die
Fremdkindadoption, sondern auch die Adoption des Kindes der Partnerin, die sogenannte
Stiefkindadoption, bleibt ihnen verwehrt. Um den Wunsch eines eigenen Kindes umzusetzen
können sie eine ausländische Samenbank in Anspruch nehmen oder eine Selbstinsemination
zuhause durchführen. Die Mehrzahl der Frauen entscheiden sich für die zweite Variante. Sie
suchen sich privat, meist über das Internet einen passenden Spender. Seit Juni 2011 gibt es in
Österreich nun „FAmOs - Familien Andersrum Österreich“, ein Verein von und für
Regenbogenfamilien, der sich für die Sichtbarmachung der Probleme und Schwierigkeiten
von
Regenbogenfamilien
einsetzt.
Durch
gesetzliche
Regelungen
werden
gleichgeschlechtliche Paare in ihren Wahlmöglichkeiten stark beschnitten, ihnen werden
bestimmte „Citizenship-Rechte“ verweigert. Das Konzept von „Intimate-Citizenship“ bildet
aus diesem Grund den theoretischen Rahmen dieser Arbeit. In diesem Konzept geht es um
Schnittstellen
zwischen
privater
und
öffentlicher
Sphäre.
Kinder,
Familie
oder
Eheschließungen fallen genau in diese Bereiche. Diese scheinbar intimsten Bereiche sind
untrennbar mit öffentlichen Diskursen und Institutionen verbunden. Den rechtlichen Rahmen
dieser Arbeit bildet die Charakterisierung der Eingetragenen Partnerschaft in Österreich.
Die empirischen Ergebnisse liefern intime Einblicke in Alltagsprobleme und -schwierigkeiten
mit denen Regenbogenfamilien auf ihrem Weg zur Anerkennung als Familie und
gleichwertige
Elternteile
konfrontiert
sind.
Gesetzliche
Änderungen
könnten
Regenbogenfamilien zu mehr Rechten und Akzeptanz in der Gesellschaft verhelfen.
Österreich sollte sich hierbei ein Bespiel an Ländern nehmen, in denen zum Beispiel schon
die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare gibt. Es bleibt abzuwarten wann der
österreichische Staat soweit sein wird, Regenbogenfamilien als vollwertige und vor allem
gleichwertige Familien zu akzeptieren.
148
Lebenslauf
Persönliche Angaben:
Manuela Maurer, BA MA
geb. 30.3.1984 in Wien
österreichische Staatsbürgerschaft
Ausbildung:
2009 - 2011
Masterstudium der Politikwissenschaften (Universität Wien)
seit 2003
Diplomstudium der Kultur- und Sozialanthropologie (Universität Wien)
2007 – 2009
Bachelorstudium der Politikwissenschaft (Universität Wien)
1998 - 2002
AHS Matura
Berufserfahrung:
Juni 2012
Interviewtätigkeit, Straßenbefragungen für Institut Jaksch & Partner
Mai 2011
Interviewtätigkeit für IDC (Organisation for International Dialogue and
Conflict Management)
Februar/März 2011
Promotion für Salzburger Nachrichten
Jänner bis Juni 2009 Organisation des Südwind Straßenfestes 2009
2005-2009
TST Catering: Service-, Küchen- und Buffetkraft
2003
Betreuung von Jugendlichen mit Behinderungen, Integration NÖ
Praktika/ehrenamtliche Tätigkeiten:
September 2010
Südwind Sommerakademie 2010
September bis
November 2008
Praktikum bei Südwind, Regionalstelle Wien
Oktober 2007 bis
Jänner 2008
Flüchtlingsbuddykurs im Integrationshaus Wien
2007 - 2008
ehrenamtliche Mitarbeit JUCA–Caritas Haus für junge Erwachsene
Juli 2007
Lerneinsatz der Dreikkönigsaktion in Ghana, Cross Cultural Study Tour
Stipendien und Förderungen:
2012
Förderung als Nachwuchswissenschaftlerin durch ÖH Uni Wien
2011
Förderung als Nachwuchswissenschaftlerin durch ÖH Uni Wien
August 2009 bis
Juni 2010
Erasmus Stipendium in Lund, Schweden
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