Proteinurie bei Niereninsuffizienz

Transcription

Proteinurie bei Niereninsuffizienz
University of Zurich
Zurich Open Repository and Archive
Winterthurerstr. 190
CH-8057 Zurich
http://www.zora.uzh.ch
Year: 2008
Proteinurie bei Niereninsuffizienz
Gerber, B
Gerber, B. Proteinurie bei Niereninsuffizienz. In: 54. Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für
Kleintiermedizin, Düsseldorf, 25 September 2008 - 28 September 2008.
Postprint available at:
http://www.zora.uzh.ch
Posted at the Zurich Open Repository and Archive, University of Zurich.
http://www.zora.uzh.ch
Originally published at:
54. Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Kleintiermedizin, Düsseldorf, 25 September 2008 - 28
September 2008.
Kol.-Titl.
1
PROTEINURIE BEI NIERENINSUFFIZIENZ
B. Gerber, Klinik für Kleintiermedizin, Vetsuisse-Fakultät Universität Zürich, Schweiz
Definition
Unter Proteinurie versteht man die übermässige, pathologische Ausscheidung von
Protein mit dem Urin. Kleine Mengen von Protein werden auch physiologisch ausgeschieden.
Nach den Richtlinien der International Renal Interest Society gelten azotämische
Hunde mit einem Protein-Kreatinin-Quotient im Urin (UPC) von 0.2-0.5 als grenzwertig
proteinurisch und alle die ein UPC über diesem Wert haben als proteinurisch. Azotämische Katzen mit einem UPC von 0.2-0.4 werden als grenzwertig proteinurisch betrachtet und alle die ein UPC über diesem Wert haben als proteinurisch.
Einleitung
Lokalisation einer Proteinurie
Bei Proteinurie werden grob drei Gruppen unterschieden: prärenal, renal und postrenal.
Prärenale Proteinurie entsteht durch abnormale Plasmaproteine (z.Bsp. Bence-Jones
Proteine) oder durch normalerweise nicht frei im Plasma vorkommende Proteine
(z.Bsp. Hämoglobin).
Renale Proteinurie wird als funktionell bezeichnet, wenn Eiweissverluste die Folge
von vorübergehenden, funktionellen Veränderungen im Glomerulum sind. Das kommt
zum Beispiel vor bei Fieber und extremer körperlicher Anstrengung. Dazu gehört auch
die „Überlaufproteinurie“. Bei dieser Form sind die Plasmaproteine so stark erhöht
(>90g/l), dass ein Teil im Urin erscheint.
Pathologische, renale Proteinurie ist die Folge von Schäden der Nieren. Bei der glomerulären Form ist die Filtrationsbarriere des Glomerulums geschädigt, so dass
grossmolekulare Proteine verloren gehen. Bei der tubulären Form werden die filtrierten, kleinmolekularen Proteine von den Tubulusepithelzellen nicht genügend rückresorbiert. Bei der interstitiellen Form gelangen Proteine als Folge von Entzündungen in
den Nieren in den Urin.
Postrenale Proteinurie entsteht, wenn Proteine in den Urin gelangen, nachdem der
Urin das Nierenbecken erreicht hat. Das kann durch Blutungen oder entzündliche
Exsudate geschehen. Postrenale Proteinurie kann auch durch Eiweisse aus dem
Genitaltrakt entstehen, wenn der Urin nicht mittels Zystozentese entnommen wird.
2
Kol.-Titl.
Proteinurie bei Niereninsuffizienz
Bei einer Niereninsuffizienz ist eine pathologische, renale Proteinurie am wahrscheinlichsten, trotzdem müssen andere Ursachen für Proteinurie ausgeschlossen werden.
Es ist davon auszugehen, dass sowohl glomeruläre, wie auch tubuläre und interstitielle Komponenten beteiligt sind. Meist ist der genaue Mechanismus nicht bekannt, inbesondere auch, weil selten Biopsien entnommen werden. Es wird angenommen,
dass die erhöhte Eiweissmenge im Ultrafiltrat die Glomerula und die Tubuli schädigt
und dadurch die Progression der Nierenerkrankung beschleunigt. Als Mechanismen,
die zur Schädigung führen, werden Stimulation der Mesangiumzellproliferation, erhöhte Produktion von Mesangiummatrix, Tubuluszellschäden durch überbordende lysosomale Proteinaufnahme oder durch Transferrin, Komplement und Lipoproteine und
Tubulusobstruktion durch Proteinzylinder diskutiert. Zudem werden wahrscheinlich
proinflammatorische Moleküle freigesetzt, die zu interstitiellen Schäden führen.
Messmethoden
Proteine können im Urin auf verschiedene Arten gemessen werden. Wichtig ist, dass
parallel zur Proteinbestimmung auch das Urinsediment beurteilt wird. Auf diese Weise
kann eine postrenale Proteinurie erfasst werden.
Der Urinteststreifen ist eine semiquantitative Methode und ist in der Regel empfindlicher für Albumin als für andere Proteine. Die mit dieser Methode gemessene Proteinmenge im Urin ist abhängig vom spezifischen Gewicht des Urins. Ein leichtgradig
positiver Test (1 +) wird bei stark konzentriertem Urin oft gesehen.
Der Protein-Kreatinin-Quotient im Urin (UPC) ist die heute gebräuchlichste Methode
zur Quantifizierung von Eiweissen im Urin. Sie stellt eine gute Annäherung an die 24
Stunden Eiweissausscheidung mit dem Harn dar. Im tiefen Bereich (UPC <4) ist die
Messung zuverlässig, während bei höheren UPC Werten 2-5 Messungen empfohlen
werden. Bei UPC Werten um 0.5 muss eine Erhöhung oder Erniedrigung um 80%
gemessen werden, um von einer signifikanten Veränderung zu sprechen. Bei UPCs
im Bereich von 12 ist eine Veränderung von 35% bereits signifikant.
Mikroalbuminurie-Tests sind Imunoassays, die geringe Mengen von Albumin im Urin
feststellen können, die mittels Teststreifen nicht entdeckt werden (0.01 g/l bis 0.3 g/l).
Dieser Test soll geeignet sein, um Proteinurie und damit Nierenerkrankungen, schon
sehr früh festzustellen. Da der Test bereits bei klinisch gesunden Hunden in einem
Viertel der Fälle positiv ist, ist bei der Interpretation Vorsicht geboten. Besonders bei
älteren Hunden werden viele positive Resultate gefunden. Nach Angaben des Herstellers haben ca. 14% gesunder Katzen einen positiven Test. Auch da nimmt die Häufigkeit mit dem Alter zu.
Bedeutung der Proteinurie bei Niereninsuffizienz
Bei Hunden und Katzen ist Proteinurie ein negativ prognostischer Faktor bei natürlich
vorkommender Niereninsuffizienz. Bei Katzen mit chronischer Niereninsuffizienz ist
das Risiko zu sterben oder euthanasiert zu werden für eine Katze mit einem UPC
Kol.-Titl.
3
>0.4 vier Mal grösser als für eine Katze mit einem UPC <0.2. Bei niereninsuffizienten
Hunden mit einem UPC ≥1 ist das relative Risiko für eine urämische Krise oder Tod
ca. drei Mal höher als bei Hunden mit einem UPC <1.
Behandlungsempfehlung
Ein Futter mit hoher Qualität und reduzierter Quantität an Proteinen wird verabreicht.
Dadurch sollen die noch funktionierenden Glomerula weniger durch grosse Mengen
filtrierter Proteine belastet werden und es fallen weniger Stickstoffabfallprodukte an,
die möglicherweise vorhandene urämische Symptome verstärken. Zur Verminderung
des transkapillären hydrostatischen Drucks und der Verkleinerung der glomerulären
endothelialen Zellporen werden Angiotensin-Converting Enzym (ACE) -Hemmer verabreicht. Dadurch wird eine Verminderung des intraglomerulären Drucks, der zellulären Proliferation und der Proteinurie erreicht. Neuere Studien, die vor allem aus der
Humanmedizin stammen, empfehlen bei glomerulären Proteinurien gleichzeitig mit
dem ACE-Hemmer Angiotensin II-Rezeptor-Blocker zu verabreichen. Dadurch soll
eine zusätzliche Verminderung der Proteinurie bewirkt werden.
Bei tiefem Serumalbumin (<20 g/l) kann Aspirin in geringen Dosen (0.5 mg/kg 1-2 x
täglich) eingesetzt werden, um die Plättchenaggregation zu vermindern und gleichzeitig eine mögliche glomeruläre Entzündung etwas zu reduzieren.
Zur Blutdrucksenkung wird Amlodipin eingesetzt.
Literatur
Grauer GF (2005) Canine glomerulonephritis: new thoughts on proteinuria and treatment. J Small Anim Pract 46:469-478.
Heska Cooperation , Technical Information (2003) Prevalence of Microalbuminuria in
Cats. http://www.heska.com/erd/data_cat.asp. Accessed July 4th 2008
Jacob F, Polzin DJ, Osborne CA, Neaton JD, Kirk CA, Allen TA, Swanson LL (2005)
Evaluation of the association between initial proteinuria and morbidity rate or death in
dogs with naturally occurring chronic renal failure. J Am Vet Med Assoc 226(3) 393400.
Lees GE, Brown SA, Elliot J, Grauer GF, Vaden SL (2005) Assessment and management of proteinuria in dogs and cats: 2004 ACVIM forum consensus statement
(small animal). J Vet Intern Med 19:377-385
Nabity MB, Boggess MM, Kashtan CE, Lees GE (2007) Day-to-day variation of the
urine protein : creatinine ratio in female dogs with stable glomerular proteinuria
caused by X-linked hereditary nephropathy. J Vet Int Med 21:425-430.
Syme HM, Markwell PJ, Pfeiffer D, Elliot J (2006) Survival of cats with naturally occurring chronic renal failure is related to severity of proteinuria. J Vet Int Med 20:528-535.
4
Kol.-Titl.
Website of the International Renal Interest Society (IRIS). http://www.iris-kidney.com.
Accessed July 4th 2008.
Bernhard Gerber
Dr. med. vet., Dipl ACVIM + ECVIM-CA
Winterthurstrasse 260
CH-8057 Zürich
[email protected]