a potent brew - Jazz Club Hirsch

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a potent brew - Jazz Club Hirsch
A POTENT BREW
Wer schon Geschmack an der afro-irischen Mischung der Stories to Tell von SEAN
NOONAN‘S BREWED BY NOON fand, den dürften die Liveversionen der
‚Noonbrews‘ des The-Hub-Drummers auf Being Brewed by Noon (Innova Recordings,
innova 686, CD + DVD) erst recht aus dem Häuschen bringen. Die CD, entstanden im
ersten Halbjahr 2007 in NYC, Holland und Slovenien, enthält wunderbare, meist etwas
ausgedehntere Konzertversionen von ‚Esspi‘, ‚No Strings Attached‘, ‚Noonbrews‘ und
‚Dr. Sleepytime‘. Dazu kommen zwei mir noch unvertraute Noonan-Kompositionen
plus ‚Zaman‘ vom senegalesischen Bassisten Thierno Camara sowie das armenische
‚Karaslama‘ vom Gitarristen Aram Bajakian, zum keltischen Song mutiert. Mat Maneri
spielt dafür seine Viola besonders folkloresk, Jamaaladeen Tacuma den zweiten
Bass, Marc Ribot die zweite Gitarre, aber erst der Wechselgesang von Susan
McKeown und Abdoulaye Diabaté, der zudem an Gitarre & Percussion zu hören ist,
machen bei allen musikalischen Reizen dieses Projekt so besonders. Es verblüfft
nicht nur, es bewegt einen schlichtweg, wie innig die Grüne Insel, der Schwarze Kontinent und New Yorker Turbulenz sich auf einen multidimensionalen, multikulturellen,
aber doch erstaunlich gemeinsamen Nenner aus Groove, Feeling und Storytelling
einschwingen. Allein schon die polyglotten Gitarristen mit einem umwerfenden Statement nach dem andern, immer eingebettet in komplexe, geschmeidige, auch elektroakustische Rhythmik, lassen einen ein ums andre Mal staunen.
Die DVD visualisiert dann ‚Pumpkinhead‘ als boxerisches Noonan-Solo und bietet, live
aus Maribor, eine never-ending Version von ‚Masana Cissé‘, die Geschichte eines
malischen Königs aus dem 13. Jhdt., dem seine Begierde nur den Tod brachte, und
‚Urban (Mbalax)‘, das brodelnden Metropolenlärm mit Griotgesang durchsetzt. Vor allem aber zeigt eine ausführliche Dokumentation von Tom Asma, warum Noonan ein
Champion ist, der die kitschigen Aspekte von Crossover und Culture-Mixing so vermöbelt, dass sie den Gong herbei sehnen. Interviews, Proben, Konzertschnipsel, immer
wieder Brooklyn. Noonan erklärt, was ihn an den Griots und Barden so fasziniert und
warum er für das Normale nicht geeignet ist, Bajakian davon, wie sie sich kennenlernten und dass selbst er staunt, wie groß Noonan denkt. Allein Ribot, Maneri und
Tacuma zusammen auf die Bühne zu bringen, wäre Clou genug. Aber sie keltische
Herzensbrecher und westafrikanische Hymnen spielen zu lassen, dazu gehört eine
Vision, wie sie Noonan nach seinem schweren Autounfall 2003 entwickelte. Diabaté,
eines von 16 Diabaté-Geschwistern, ist freilich derjenige, der dafür über den längsten Schatten springt. Seine Hymnik und Camaras Bassspiel, das alle Diskrepanzen
auffädelt, sind die Mittagssonne, die Noonans Gebräu zum Kochen bringt.
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