Die Salzburger Nachrichten berichtet.

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Die Salzburger Nachrichten berichtet.
REISE & FREIZEIT XI
S A M ST A G, 1 7 . AU G U ST 2 01 3
Lichtershow bei Nacht: die Neonreklamen im Art Deco District.
Kein schweißtreibendes Strampeln auf Sand: mit dem Elektro-Fahrrad in South Beach.
Bilder (4): SN/EISELE-HEIN
Palmen und schmucke Schlitten am berühmten Ocean Drive.
Palmenslalom
mit dem E-Bike
Sightseeing und Strandfeeling ohne Stau und Schweißflecken.
S
o ein Teil muss her“, sagt Dirk
Winkler – er sitzt zum ersten
Mal auf einem Elektro-Bike.
Sein breites Grinsen signalisiert Liebe auf den ersten
Blick.
Der 43-Jährige hatte schon viele
Jobs. 1991 wurde der hübsche Leipziger „Bravo Boy“ des Jahres und verdiente fortan seinen Lebensunterhalt
als Fotomodell in München und Paris.
Später war er Schauspieler und Bartender in London und New York, ehe
er an Floridas Miami Beach seine Bestimmung als Rettungsschwimmer
fand. Dieses Wochenende kommt seine Tochter Taran zu Besuch und Dirk
möchte ihr und mir seine neue Heimat
Miami zeigen. Los geht’s.
Wir verlassen Miami Beach und
klappern über den Venetian Causeway, einen auf Stelzen gelagerten
Highway mit einem großzügig angelegten Radweg, ein Inselchen nach
dem anderen ab: Rivo Alto Island, Di
Lido Island, San Marino Island, San
Marco Island und Biscayne Island
sind direkt aneinander gereiht. Im Venedig Miamis wohnen die Schönen
und Reichen. Doch der Blick reicht
noch weiter südlich zu Star Island, Hibiscus Island und Palm Island. Dort
logieren Weltstars und Großindustrielle wie Madonna, André Agassi und
Stefanie Graf, Gloria Estefan & Co.
Die mondänen Villen mit ihren Ankerplätzen für Yachten sind eine Pracht.
Auf dem Bayside Boulevard rollen
wir kurz über Floridas Festland, lassen aber zunächst alle Sehenswürdigkeiten links liegen und schweben auf
dem Rickenbacher Causeway gleich
wieder über blaue Gewässer. Schon
auf Höhe des Miami Seaquariums sehen wir auf Key Biscayne die Schirme
der Kitesurfer am Himmel tanzen.
Auf einem E-Bike bleibt ja genug
Puste für Erzählungen und so berich-
tet Dirk während der Fahrt: „Die zugige Nordspitze da vorn ist ein Teil des
Erholungsgebiets Crandon Park. Dieses Schmuckstück wurde erst vor ein
paar Jahren den Kitesurfern zugeschlagen. Ein feiner Zug der Stadtverwaltung. Aber ihr werdet gleich sehen:
Der Park ist nicht nur für Kiter spannend.“
Am Wochenende versammeln sich
viele, meist kubanische, Großfamilien
auf dem Areal und veranstalten eine
unglaubliche Grillparty: Gettoblaster,
iPod-Docking-Stationen und Musiker
sorgen für ein fantastisches Gewirr
aus Salsa-, Son- und Calypso-Rhythmen – es ist ein Fest für alle. Dazwischen schlängeln sich die Radwege,
breit und schattig angelegt, durch die
üppige Vegetation bis hinunter zur
Südspitze der Insel, wo der Cape-Florida-Leuchtturm ein kleines Museum
beherbergt.
Auf dem Rückweg schleichen wir
im Schritttempo durch Little Havanas
Calle Ocho. Die El-Credito-Zigarrenfabrik, die Saint-John-Bosco-Kirche –
hier schläft ein kleines Stück altes Kuba seinen Dornröschen-Schlaf. Ein
paar Mal kräftig am Beschleunigungshebel gezogen, ein bisschen mitgestrampelt und schon sind wir in
Downtown Miami.
Der Bayside Marketplace mit den
gigantischen Wolkenkratzern der
Fünfsternehotels und riesigen Shoppingmalls bringt den ultimativen Kontrast. „Könnt ihr euch noch an Miami
Vice erinnern? Hier wurden damals
viele Szenen und Verfolgungsjagden
gedreht“, erklärt Dirk.
Am nächsten Tag landen die Badesachen im Fahrradkorb und wir düsen
über den Venetian Causeway nach
Miami Beach. Die riesige Insel liegt
wie eine exakt nach Norden ausgerichtete Kompassnadel vor dem Festland und bietet kilometerlangen,
Surfer und Skimboarder nutzen jede gute Welle in South Beach.
NORBERT EISELE-HEIN
feinsten Sandstrand direkt am Atlantik. Der südliche Abschnitt, der berühmt-berüchtigte South Beach, gilt
als Epizentrum des Tourismus in Miami. Rings um den Ocean Drive erweist
sich das E-Bike wieder als optimales
Gefährt, um die Highlights in Angriff
zu nehmen.
„Shop till you drop“, also einkaufen,
bis man vom Taschenschleppen Haltungsschäden bekommt oder der
Geldbeutel kollabiert, lautet das Motto rund um die Collins Avenue. Wir
zirkeln etliche Runden durch den
längst unter Denkmalschutz stehenden Art-Deco-Distrikt. Die architektonische Pracht mit ihren Pastelltönen
und Neonreklamen schwappte in den
1920er-Jahren von Europa hierher.
Kaum zu glauben, dass dieses kunstvolle Vermächtnis Ende der 1970erJahre beinahe der Abrissbirne zum
Opfer gefallen wäre.
South Beach ist nicht gerade arm an
Attraktionen, doch der absolute Hit
leuchtet hinter dem Palmengürtel
durch: der Strand. Auf dem feinpudrigen Korallensand regiert der Körperkult. Die begehrtesten Fotomotive am
Strand sind die Aussichtstürme der
Rettungsschwimmer. „Vom South
Pointe Park an der Südspitze bis hoch
zur 85th Street thronen 29 Türme über
dem Strand. Die 16 Türme bei uns am
South Beach haben das auffälligste
Design“, kokettiert Dirk. Der absolute
Favorit der Touristen ist der 10th
Street Tower. Der pink-gelbe Turm mit
aberwitziger Antenne wirkt außerirdisch. „Das Design ist eine Mischung
aus Science-Fiction-Karikatur und
Barbie-Puppenstube“, ergänzt Dirk.
Wir tauchen ab in die Fluten und
lassen uns die Haare vom Fahrtwind
trocknen. Schnell noch ein paar Runden durch Miami drehen, denn bald
müssen wir die Gefährte wieder abgeben. Leider.
Miami Tourism:
www.miamiandbeaches.com
Räder: www.wheels2gomiami.com hat Ausleihstationen
in gehobenen Hotels, liefert
aber auch zu anderen Hotels.