Programmheft AG CAA 2013

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Programmheft AG CAA 2013
Computeranwendungen & Quantitative Methoden in der Archäologie
4. Workshop der
AG CAA
15. – 16.02.2013
Berlin
Die AG Computeranwendungen und Quantitative Methoden in der Archäologie e.V. und das
Exzellenzcluster TOPOI der Freien Universität Berlin und der Humboldt-Universität zu Berlin
veranstalten am 15. und 16. Februar 2013 an der Freien Universität Berlin den 4. Workshop der AG
CAA. Dieser Workshop bietet ein Forum für Vertreter aller altertumswissenschaftlicher Disziplinen, die
sich mit Computeranwendungen und quantitativen Methoden beschäftigen.
Inhalt
Veranstaltungsorte
Programmübersicht
Vortragsprogramm – Zusammenfassungen
Poster – Zusammenfassungen
Software-Tutorials
Mitgliederversammlung
Tagungsorganisation:
Undine Lieberwirth Axel Posluschny
Tim Kerig
Irmela Herzog
Karsten Lambers
TOPOI Exzellenzcluster 1. Vorsitzender AG CAA
2. Vorsitzender AG CAA
Kassenwart AG CAA
Universität Bamberg
Kontakt lokale Organisation:
Undine Lieberwirth M.A. - Exzellenzcluster 264 - TOPOI
Tel. +49 30 838 57275
Fax +49 30 838 53770
Email: [email protected]
4. Workshop der AG CAA - Programm
Veranstaltungsorte
Die Tagung findet im TOPOI-Haus statt, das ist der Dahlemer
Standort des Exzellenzclusters TOPOI auf dem
Universitätscampus der Freien Universität Berlin.
Adresse: Hittorfstraße 18, 14195 Berlin.
Es besteht die Möglichkeit in der Mensa II der FU Berlin am Freitag
vor Beginn der Konferenz zu Mittag zu essen. Bitte weisen Sie sich
als Teilnehmer der AG CAA 2013 mit Ihrem Namensschild aus,
damit Sie an der Kasse mit Bargeld bezahlen können.
Adresse: Otto-von-Simson-Straße 26, 14195 Berlin
Freitag, ab 19:30 Uhr
Optionales gemeinsames Abendessen im Restaurant Luise
(http://www.luise-dahlem.de/). Ab 19:30 Uhr ist im Restaurant Luise
ein separater Raum für die Teilnehmer der AG CAA 2013
reserviert.
Adresse: Königin-Luise-Straße 40-42, 14195 Berlin
Karte hergestellt aus OpenStreetMap-Daten | Lizenz: Open Database License (ODbL)
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4. Workshop der AG CAA - Programm
Die nächstgelegene U-Bahn-Haltestelle heißt Thielplatz (rote Markierung auf Karte Seite 2 und BVGPlan Seite 3, erreichbar mit U-Bahnlinie U3 zwischen Nollendorfplatz und Krumme Lanke).
Kartenausschnitt entnommen von http://www.bvg.de/index.php/de/3713/name/Liniennetz.html
Im TOPOI-Haus:
Die Registrierung befindet sich im Foyer des Hauses.
Der Hörsaal für Vorträge, Poster und die Mitgliedersammlung der AG
CAA ist im Erdgeschoss.
Das GIS-Labor, in welchem die Software-Tutorials stattfinden, befindet
sich auf der gleichen Etage.
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4. Workshop der AG CAA - Programm
Programmübersicht
Freitag
ab 11:00 h
15.2.13
Registrierung geöffnet
13:15 - 13:30 h Begrüßung
13:30 - 14:00 h Felix Schäfer, Die große Herausforderung: IANUS und der Aufbau eines
Forschungsdatenzentrums für die Archäologie und Altertumswissenschaften
14:00 - 14:30 h Jochen Reinhard, Structure-from-Motion-Photogrammetrie mit Agisoft PhotoScan –
erste Erfahrungen aus der Grabungspraxis
14:30 - 15:00 h Rebecca Döhl, Vergleich der digitalen Aufnahme von Landschaft und Felsgruppen
mithilfe eines Laserscanners und der „Structure from Motion“ – Methode
15:00 - 15:45 h Poster-Session (siehe Poster – Zusammenfassungen) mit anschließender
Kaffee/Teepause
15:45 - 16:15 h András Patay-Horváth, Der Zeustempel von Olympia – Rekonstruktionen des
Tempels und des Ostgiebels im Vergleich
16:15 - 16:45 h Ibrahim Salman, Anwendung von Computerprogrammen zur Entwicklung einer 3DRekonstruktion des spätantiken Zentralbaus in Resafa/Syrien
16:45 - 17:15 h Anja Schäfer, Ein automatisches und virtuelles 3D-Puzzle von Khmer-Tempeln im
Angkorstil
17:15 - 17:45 h Hubert Mara, Automatische Vektorzeichnung von Keilschrifttafeln aus 3D-Messdaten
mit dem GigaMesh-Softwareframework
17:45 - 18:15 h Elisabeth Greifenstein / Georg Roth, Pharao trifft Prokrustes – Eine geometrischmorphometrische Analyse spätzeitlicher Königsplastik
18:20 - 19:10 h Mitgliederversammlung der AG CAA, mit Vorstandswahlen
ab 19:30 h
Samstag
Optional: gemeinsames Essen im Restaurant Luise (Teilnehmer zahlen selbst)
16.2.13
ab 8:30 h
Registrierung geöffnet
9:00 - 9:30 h
Martin Gussone, Möglichkeiten und Grenzen – Die Interpretation multidisziplinärer
Prospektionsergebnisse in Resafa – Rusafat Hisham, Syrien
9:30 - 10:00 h
Max Haibt, Mobiles GIS zur Dokumentation einer archäologischen
Oberflächenbegehung in Tayma, Nordwest-Saudiarabien
10:00 - 10:30 h Kaffee-/Teepause
10:30 - 11:00 h Benjamin Ducke, Archäologische Datenanalyse mit freier Software: das Projekt
gvSIG CE
11:00 - 11:30 h Will Kennedy, Methodenvergleich unterschiedlicher Geographischer
Informationssysteme am Beispiel einer Sichtbarkeits- und Site-Catchment-Analyse
in Petra/ Jordanien
11:30 - 12:00 h Thomas Engel, Evaluation GIS-basierter Methodik zur Rekonstruktion
altneolithischer Besiedlungsstrukturen
12:00 - 12:30 h Volker Heck et al., Vollphotogrammetrische 3D-Entzerrung historischer Luftbilder um
Pompeji (Italien)
12:30 - 12:45 h Abstimmung zum besten Beitrag, Verleihung der Urkunde
14:00 - 16:00 h Software-Tutorial 1: Samstag, 14:00 - 16:00 h
Einführung in Structure-from-Motion (SfM)
16:00 - 18:00 h Software-Tutorial 2: Visualisierung von LIDAR-Geländemodellen
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4. Workshop der AG CAA - Programm
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4. Workshop der AG CAA - Programm
Vortragsprogramm – Zusammenfassungen
Freitag, 13:30 - 14:00 h
Die große Herausforderung: IANUS und der Aufbau eines Forschungsdatenzentrums
für die Archäologie und Altertumswissenschaften
Felix Schäfer
IANUS ist ein von der DFG gefördertes Projekt zum Aufbau eines nationalen Forschungsdatenzentrums für die archäologischen und altertumswissenschaftlichen Disziplinen in Deutschland. Ziel ist
es, auf die gegenwärtigen Möglichkeiten und Herausforderungen zu reagieren, die sich durch die
Arbeit mit digitalen Daten und Methoden ergeben.
Da in Deutschland bislang eine zentrale, disziplinenspezifische Adresse fehlt, die Fragen und Antworten zum Forschungsdatenmanagement sowie zum Lebenszyklus von forschungsrelevanten
Informationen bündelt und fachlich angepasste technische Lösungen umsetzt, soll eine Daten- und
Serviceinfrastruktur aufgebaut werden. Diese wird nach der aktuellen Konzeptphase in einem Regelbetrieb IT-Dienstleistungen anbieten, die länderübergreifend, unabhängig von Institutionen und auch
nach Ablauf von Projektlaufzeiten in Anspruch genommen werden können.
Wissenschaftlern aus der Archäologie, den Altertumswissenschaften und angrenzenden Fächern wird
die Möglichkeit gegeben, ihre Daten an IANUS zur langfristigen Archivierung und digitalen Veröffentlichung abzugeben. Dort werden sie dann beschrieben, katalogisiert, migriert, archiviert und,
soweit möglich, online zur freien Verfügung gestellt. Dadurch soll eine Nachprüfbarkeit von
Forschungsergebnissen im Sinne der guten wissenschaftlichen Praxis erleichtert, eine langfristige
Nachnutzung von Forschungsdaten ermöglicht, dem drohenden Verlust von primären und sekundären
Inhalten entgegengewirkt sowie der Austausch von Fachinhalten verbessert werden.
Darüber hinaus werden Forscher und Institutionen bei der Erstellung, Beschreibung, Erhaltung,
Verarbeitung und Weitergabe von digitalen Daten unterstützt u. a. durch die Formulierung und Veröffentlichung von Mindeststandards, Ratgebern, Best-Practice-Beispielen, Tools, Anleitungen und
Lehrmaterialien.
In dem Vortrag werden die grundsätzlichen Ziele von IANUS und der aktuelle Status der Projektarbeiten vorgestellt sowie ein verantwortungsvoller, nachhaltiger Umgang mit digitalen Forschungsdaten diskutiert.
Freitag, 14:00 - 14:30 h
Structure-from-Motion-Photogrammetrie mit Agisoft PhotoScan – erste Erfahrungen
aus der Grabungspraxis
Jochen Reinhard
Photogrammetrische Verfahren waren bislang aufgrund ihrer Komplexität und der notwendigen
kostspieligen Ausrüstung überwiegend Spezialisten vorbehalten und fanden nur in Einzelfällen im
Grabungsalltag Anwendung. Seit kurzem sind jedoch Softwarelösungen verfügbar, die eine dreidimensionale photogrammetrische Auswertung von Bildern auch handelsüblicher unkalibrierter
(Digital-)Kameras gestatten. Eines dieser Programme ist das einfach zu bedienende und preisgünstige 'PhotoScan' der russischen Firma Agisoft LLC. Erste Praxiserfahrungen mit diesem Programm sollen hier vorgestellt werden.
Der von Agisoft PhotoScan eingesetzte Rechenalgorithmus basiert – wie der einer Reihe
vergleichbarer Programme – auf dem sogenannten Structure-from-Motion-Verfahren (SfM). Dabei
werden von der Software im Überlappungsbereich verschiedener Bilder desselben Motivs Passpunkte
ermittelt, aus deren unterschiedlicher Position in den einzelnen Bildern eine dreidimensionale Punktwolke errechnet wird. Diese kann dann vermascht und mit einer aus den Photos abgeleiteten Textur
bekleidet werden. Über Kontrollpunkte mit bekannten Koordinaten kann das entstandene 3D-Modell
orientiert und georeferenziert werden. Ein Export von Orthofotos und digitalen Oberflächenmodellen
(DSM) ist problemlos möglich, diese können mit entsprechender CAD- oder GIS-Software in die
digitale Grabungsdokumentation eingebunden werden.
Bei der Structure-from-Motion-Photogrammetrie muss, im Gegensatz zu älteren photogrammetrischen
Verfahren, die innere und äußere Orientierung der Kamera nicht bekannt sein – weder muss eine
kalibrierte Messkammer verwendet werden, noch ist die Kenntnis der Kameraposition vonnöten. Dies
führt zu erheblich vermindertem Aufwand bei der Feldarbeit, das benötigte Equipment ist auf jeder
Ausgrabung bereits vorhanden und beschränkt sich auf eine Kamera und Vermessungsgerät für die
Einmessung der Kontrollpunkte am Boden.
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4. Workshop der AG CAA - Programm
Die Anwendung von Agisoft PhotoScan soll an ganz unterschiedlichen praktischen Beispielen
aufgezeigt werden: Vorgestellt wird zunächst die Auswertung von Bildserien, die konventionell von der
Leiter und von Hochstativen aus fotografiert wurden. Daneben liegt ein Schwerpunkt dieses Beitrags
auf dem Zusammenspiel der SfM-Photogrammetrie mit Nahbereichsluftbildern. Als Kameraträger
dienen je nach Anwendungszweck sowohl zugstarke Einleiner-Drachen als auch ferngesteuerte Flugdrohnen, sogenannte Multikopter, mit vier und sechs Rotoren. Die so erstellten ungeordneten Vertikalaufnahmen eignen sich hervorragend für eine Auswertung mittels der SfM-Photogrammetrie. Als
weitere mögliche Bildquelle für die SfM-Anwendung werden schließlich gescannte Orthofotos regulärer Luftbildbefliegungen vorgestellt. Als Beispiel dient hier ein britischer Luftbildsurvey über dem
westlichen Jordanien aus dem Jahr 1953. Das Bildmaterial zeigt die erfassten Fundstellen in einem im
Vergleich zu heute deutlich weniger durch Erosion und Bulldozer beeinträchtigten Zustand.
Mit Agisoft PhotoScan und vergleichbaren SfM-Programmen wird der Feldarchäologie ein Werkzeug
an die Hand gegeben, das es erlaubt, mit einfachen "Bordmitteln" präzise Höhenmodelle und Orthofotos zu generieren, die die Qualität der Dokumentation erheblich verbessern und gleichzeitig geeignet sind, den Dokumentationsablauf entscheidend zu beschleunigen.
Freitag, 14:30 - 15:00 h
Vergleich der digitalen Aufnahme von Landschaft und Felsgruppen mithilfe eines
Laserscanners und der „Structure from Motion“ – Methode
Rebecca Döhl
Zur digitalen Aufnahme von geographischen und archäologischen Objekten gibt es mittlerweile eine
Fülle an technischen Möglichkeiten. Der Einsatz von Laserscannern stellt eine von diesen dar. Diese
Aufnahmemethode wurde 2011 im Rahmen eines Projektes des Deutschen Archäologischen Institutes (DAI) auch in Aswan, Ägypten angewandt. Mithilfe der ScanStation 2 des Exzellenzclusters 264
TOPOI wurde ein Gelände am Fruchtlandrand aufgenommen, in welchem sich an prominent hervorragenden Felsgruppen prähistorische Felsbilder befinden. Ziel dieser Aufnahme war die Erstellung
eines digitalen Höhenmodells sowie die Aufnahme und Darstellung dieser Felsgruppen in einer 3D
Ansicht. Hierzu sollten sowohl die Felsgruppen im Detail als auch die sie umgebende Landschaft in
einer Punktwolke aufgenommen werden. Allerdings ergaben sich in dem infrastrukturell schlecht
erschlossenen Einsatzgebiet bei der Arbeit mit dem Laserscanner einige Schwierigkeiten, welche sich
auch auf die Nachbearbeitung auswirkten. Aus diesem Grund wurde in einer weiteren Kampagne die
Aufnahmemethode „Structure from Motion“ in Form des von TOPOI zur Verfügung gestellten „Bundler
Tools“ als möglicher Ersatz erprobt. In meinem Vortrag möchte ich auf die Vor- und Nachteile beider
Vorgehensweisen im Rahmen dieses konkreten Feldversuches eingehen. Hierbei sollen sowohl die
praktischen Probleme, die Verfahren der Nachbearbeitung (Georeferenzierung und Texture Mapping),
sowie die Beurteilung der Endprodukte in Hinsicht auf Genauigkeit und weiterer Verwendbarkeit im
Fokus der Betrachtung stehen. Für die Weiterverarbeitung der jeweils mit Laserscanner und „Bundler
Tools“ hergestellten Punktwolken wurden zudem unterschiedliche Software-Produkte eingesetzt (das
von Leica vertriebene Programm „Cyclone“ und die Freeware „MeshLab“). Dieser Rahmen soll nun
ebenfalls dazu genutzt werden, diese beiden Produkte bezüglich ihrer Anwendbarkeit auf das
zugrundeliegende Fallbeispiel miteinander zu vergleichen und die jeweiligen Ergebnisse vorzustellen.
Freitag, 15:45 - 16:15 h
Der Zeustempel von Olympia – Rekonstruktionen des Tempels und des Ostgiebels im
Vergleich
András Patay-Horváth
Vor kurzer Zeit ist eine virtuelle 3D-Rekonstruktion des Ostgiebels des Zeustempels von Olympia und
anschließend das digitale Modell des gesamten Tempels hergestellt worden. Im Vortrag wird
einerseits das virtuelle Tempelmodell zum ersten Mal vorgestellt und mit früheren digitalen
Rekonstruktionsversuchen verglichen.
Andererseits wird die virtuelle 3D-Rekonstruktion des Ostgiebels mit den herkömmlichen Rekonstruktionen (d.h. mit Gipsabgüssen bzw. Gipsmodellen und Zeichnungen) verglichen. Dieser Vergleich
ist deswegen nötig geworden, da die Ergebnisse, die mit den Gipsmodellen im 19. Jh. erzielt wurden
und die Erkenntnisse, die sich aus der virtuellen Rekonstruktion ergaben, an einem entscheidenden
Punkt voneinander abweichen. Es sollte also geklärt werden, welche Faktoren den Unterschied
verursachten bzw. welche der beiden Methoden prinzipiell vorzuziehen sei. Ermöglicht wurde der
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4. Workshop der AG CAA - Programm
Vergleich dadurch, dass nach der Digitalisierung der Originalfragmente auch die verschiedenen
historischen Gipsmodelle gescannt wurden und daher ihre Genauigkeit exakt gemessen werden
konnte. Dabei stellte sich eindeutig heraus, dass die schön kolorierten, im Maßstab 1:10 verkleinerten
(sog. Grüttnerschen) Modelle und die Zeichnungen, die immer wieder zur Veranschaulichung und
Begründung der heutzutage gängigen Rekonstruktion benutzt werden, recht ungenau und zur
Entscheidung von Detailfragen eigentlich unbrauchbar sind. Dies wurde zwar schon vor mehr als
hundert Jahren angedeutet, wird aber – wie auch die aktuelle Ausstellung „Mythos Olympia” im
Berliner Gropius-Bau zeigt – sogar bis heute ignoriert.
Freitag, 16:15 - 16:45 h
Anwendung von Computerprogrammen zur Entwicklung einer 3D-Rekonstruktion des
spätantiken Zentralbaus in Resafa/Syrien
Ibrahim Salman
Der sog. Zentralbau, ein im ersten Viertel des 6. Jh. errichteter monumentaler Sakralbau, befindet sich
in der spätantiken Stadt Resafa im Nordosten der syrischen Wüste. Ende des 13. Jh. wurde die Stadt
aufgegeben und seither nicht mehr besiedelt. Infolge mehrerer Erdbeben ist der Zentralbau größtenteils kollabiert. Die Ostpartie des Gebäudes ist besser erhalten, während es im westlichen Bereich teilweise bis zu den Fundamentstreifen zerstört ist. In den 1950er und 60er Jahren wurde der Bau
archäologisch untersucht und freigelegt, jedoch nicht abschließend publiziert. Viele seiner Bauteile
wurden während der Freilegung in drei planierten Flächen, den sog. Steingärten, um den Bau
abgelagert.
Im Rahmen des Forschungsprojekts Resafa 'Pilgerstadt und Kalifenresidenz' wird zur Untersuchung
des Zentralbaus das Dissertationsvorhaben: „Resafa/Syrien, Bauforschung, Rekonstruktion der aufgehenden Architektur und Planung einer Teil-Anastilosis“ bearbeitet. Ein Bestandteil der Arbeit ist die
Entwicklung eines detaillierten 3D-Modells unter analytischen Gesichtspunkten.
Die Grundlage der Erfassung des Bauwerks waren mittels terrestrischem LaserScan gewonnene,
georeferenzierte Punktwolken (Z + F Imager 5006, Aufnahme geodätisches Labor, Uni BW Neubiberg
2008). Anhand von Orthophotos und Schnitt-Extraktionen (Programm LupoScan Berlin) wurden Ansichten und Schnitte erstellt, die mit Handaufmaß ergänzt und verdichtet wurden. Vorhandene Grundrisse waren bereits geodätisch überprüft worden.
Die somit gewonnene formtreue Bauaufnahme mit einem hohen Detaillierungsgrad wurde vektorisiert
(AutoCAD) und diente als Grundlage für ein digitales Gebäudemodell unter konstruktiven Gesichtspunkten.
Die in den Steingärten abgelegten Werkstücke mit Baudekor wurden als Steinkatalog in einer
Datenbank zusammengeführt (FileMaker) und hinsichtlich ihrer Form und konstruktiven Eigenschaften
klassifiziert. Dies bot die Möglichkeit, die einzelnen Werkstücke durch gezielte Abfragen je nach ihrer
Klassifikation und Gruppierung aufzurufen und somit eine bessere Vergleichsmethode der untersuchten Bauteile zu erhalten. Dies diente als wissenschaftliche Grundlage, um die einzelnen Werkstücke weit möglichst dem ursprünglichen Gebäudezusammenhang zuzuordnen.
Zur Entwicklung des 3D-Modells (AutoCAD) wurden zunächst markante Bauteile geometrisch und
formal abstrahiert und hinsichtlich ihrer konstruktiven Funktion systematisch 'zusammengepuzzelt',
indem sie im digitalen Modell an ihrem ursprünglichen Gebäudezusammenhang eingesetzt wurden,
wodurch die Verortung überprüft und frühere Zuweisungen einzelner Werkstücke korrigiert werden
konnten. In dieser Weise wurde eine Rekonstruktion des gesamten Baues schrittweise in Form von
3D-Modellen entwickelt. Anhand zeitgleicher Vergleichsbeispiele wurde die wissenschaftliche Rekonstruktion der ursprünglichen Erscheinung und Konstruktion des Zentralbaus auf eine breitere Basis
gestellt.
Der Einsatz der erwähnten Computerprogramme gewährleistete eine bessere Erschließung der
untersuchten Funde und Befunde, um den Aufbau einer der wichtigsten Kirchen in Resafa
nachzuvollziehen und verständlich zu machen.
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4. Workshop der AG CAA - Programm
Freitag, 16:45 - 17:15 h
Ein automatisches und virtuelles 3D-Puzzle von Khmer-Tempeln im Angkorstil
Anja Schäfer / Heike Leitte / Hans-Georg Bock
In Banteay Chhmar, Kambodscha, befindet sich eine der größten Tempelanlagen weltweit. Während
der Angkorzeit von König Jayavarman VII erbaut, zerfällt die Anlage heutzutage immer stärker. Weite
Teile sind bereits nur noch als Haufen von Steinen vorhanden. Gemeinsam mit dem Global Heritage
Fund waren wir 2010 vor Ort, um verschiedene Teile dieses Komplexes digital zu erfassen. Unter
anderem waren dies die bekannte Avalokeshvara, sowie einzelne Steine einer noch intakten Mauer.
Eben diese Mauer benötigte neue Fundamente, wobei sie zerlegt werden musste, um sie vor
weiterem Verfall zu bewahren. Währenddessen konnten wir 135 einzelne Steine einscannen. Das
Wissen um ihre ursprünglichen Positionen benutzen wir, um eine automatisierte und virtuelle Rekonstruktion als dreidimensionales Puzzle zu entwickeln.
Bisher wird die Rekonstruktion des Tempels manuell durchgeführt, indem ein Expertenteam jeden
Stein analysiert und eine passende Stelle bestimmt. Die Überlegungen hierzu basieren auf
Erfahrungswerten und dem Wissen über die Kultur der Khmer. Dann werden die Steine per Hand und
Kran an ihren Platz befördert, wodurch sich jedoch der Zerfall der Steine beschleunigt. Zusätzlich ist
aufgrund des großen Gewichts der einzelnen Steine die Sicherheit der Arbeiter nicht immer gewährleistet. Ein virtueller Ansatz hilft hier, die richtige Lösung schneller zu finden. Der wesentliche
Vorteil ist, dass die Steine nur noch zweimal bewegt werden müssen: einmal zum Digitalisieren und
einmal für den Wiederaufbau. Werden die Steine weniger bewegt, kann ihr Zerfall verlangsamt und
des weiteren der Schutz der Arbeiter erhöht werden. Hinzu kommt, dass Tempel der Angkor-Periode
viele Gemeinsamkeiten aufweisen, z.B. wurden sie zur selben Epoche oder vom selben König erbaut.
So kann das Ergebnis dieser Arbeit dabei helfen, andere Tempel aus dieser Zeit zu rekonstruieren.
Das bedeutet, dass mit unserer Hilfe Archäologen in der Lage sein werden, sowohl einen virtuellen als
auch einen realen Wiederaufbau solcher Tempel durchzuführen und dabei deren weiteren Verschleiß
und Verfall zu reduzieren.
Die Basis des von uns derzeit entwickelten Algorithmus sind hochauflösende 3D-Modelle, die mit Hilfe
eines 3D-Nahbereichsstreifenlichtscanners aufgenommen wurden. Diese Modelle sind annähernd
quaderförmig, jedoch ohne rechte Winkel und häufig mit Einkerbungen. Mathematisch ausgedrückt
sind dies Polyeder bestehend aus mindestens sechs Flächen. Das Ausnutzen dieser Eigenschaft führt
zu einem schnellen Validierungstest, dessen Korrektheit wir bereits erfolgreich nachweisen konnten.
Die Grundidee ist, die hochauflösenden Modelle so zu vereinfachen, dass sie über ihre Ecken, Kanten
und Seitenflächen beschrieben werden. Da jede der Seitenflächen einen Teil einer Ebene im dreidimensionalen Raum darstellt, werden die Polyeder auf Basis der Schnittwinkel zwischen diesen
verschiedenen Ebenenteilen miteinander verglichen (je kleiner der Winkel, desto größer die wahrscheinliche Übereinstimmung). Das Ergebnis wird dann zur weiteren Untersuchung dem Nutzer angezeigt. Zusammenfassend besteht das virtuelle Puzzle aus drei Teilen: i) Vereinfachung,
ii) Ebenenschnitt und iii) Validierung. Dieser Beitrag konzentriert sich auf den ersten Teil und zeigt
dabei einerseits, dass das Puzzlen auf den vereinfachten Formen zur Lösung führt und beschreibt
andererseits, wie die Vereinfachung vorgenommen wird.
In Zukunft soll das Verfahren des Ebenenschnitts optimiert sowie die Validierung durch einen
Benutzer minimiert werden.
Freitag, 17:15 - 17:45 h
Automatische Vektorzeichnung von Keilschrifttafeln aus 3D-Messdaten mit dem
GigaMesh-Softwareframework
Hubert Mara
Trotz der Dauerhaftigkeit von tönernen Keilschrifttafeln und steinernen Inschriften gehen die Jahrhunderte und Jahrtausende nicht spurlos an diesen wichtigen Textquellen vorbei. Daher gibt es in der
Assyriologie und Epigraphik viele Texte, die mit herkömmlichen Mitteln der Dokumentation kaum lesbar oder unleserlich sind. Mit speziellen Verfahren, wie zum Beispiel der Holographie, war es bisher
nicht möglich, diese Dokumente mit vertretbarem Kosten- und Zeitaufwand sinnvoll aufzunehmen.
Durch das stetig besser werdende Preis-Leistungs-Verhältnis kommen jedoch immer öfter optische
3D-Scanner – basierend auf dem Prinzip des strukturierten Lichts – zur Anwendung.
Mit steigender Auflösung dieser 3D-Scanner ist es zwar möglich geworden, Details im μm-Bereich zu
vermessen, die Darstellung zur Transkription wird jedoch durch die großen Datenmengen im gleichen
Maße schwieriger. Üblicherweise kommen für die Darstellung der 3D-Messdaten Verfahren aus der
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4. Workshop der AG CAA - Programm
Computergraphik zum Einsatz, die mit virtuellen Lichtquellen versuchen, die Schriftzeichen leichter
sichtbar zu machen. Das dabei entstehende Spiel aus virtuellem Licht und Schatten unterliegt dabei
nahezu den selben Einschränkungen wie die Arbeit mit realen Lichtquellen, nämlich den typischen Abschattungen bzw. Auslöschung von Schatten beim Einsatz von mehreren Lichtquellen.
Da virtuelles Licht im allgemeinen eine globale Methode ist, verfolgen wir den Ansatz, die von
Menschenhand geschaffenen, regelmäßigen Spuren mittels eines lokalen Filterverfahrens – direkt
angewandt auf 3D-Messdaten – in einem ersten Schritt zu visualisieren und für Keilschrift in einem
zweiten Schritt zu extrahieren. Dieses Verfahren berechnet in mehreren Maßstäben (Multiskalen)
lokale Krümmungseigenschaften aus der Schnittmenge (Integration) von Sphären (rotationsinvariant)
mit dem Dreiecksnetz der Oberfläche. Durch Auswahl eines Referenzpunktes kann mittels Korrelation
aus den Krümmungseigenschaften eine neue Textur für das 3D-Modell berechnet werden, welches
durch Parallelprojektion bzw. Abrollung – ohne Lichtquelle – als Umzeichnung genutzt werden kann.
Darüber hinaus werden Keile als solche erkannt und eine Vektordarstellung berechnet. Diese kann als
Scalable Vector Graphics (SVG) exportiert werden und soll in Zukunft auch eine automatisierte Umschrift ermöglichen.
Das von uns entwickelte Software-Framework zur Bearbeitung von Dreiecksnetzen trägt die Bezeichnung GigaMesh – in Anlehnung an das in Keilschrift geschriebene Epos Gilgamesh. Daher
werden vor allem Ergebnisse aus der Kooperation mit der Forschungsstelle Assur der Heidelberger
Akademie der Wissenschaft gezeigt. Die mittelalterlichen Grabsteine des Heiligen Sand in Worms
stellen eine weitere Anwendung dar. Dabei wurden bei den stark verwitterten Schriftzeichen aus dem
12. Jahrhundert zusätzlich ca. 20% lesbar gemacht.
Freitag, 17:45 - 18:15 h
Pharao trifft Prokrustes – Eine geometrisch-morphometrische Analyse spätzeitlicher
Königsplastik
Elisabeth Greifenstein / Georg Roth
Die Analyse von Formen gehört zu den grundlegenden Werkzeugen archäologischer Disziplinen.
Dabei fanden aber bemerkenswerter Weise die in den letzten beiden Dekaden auf dem Feld der
mathematischen Formtheorie und der geometrischen Formanalyse erzielten, enormen Fortschritte
bisher kaum Eingang in die archäologische Arbeit. Diese mit dem Überbegriff geometrische Morphometrie bezeichneten Verfahren könnten auf die unterschiedlichsten Untersuchungsobjekte angewendet werden: Plastiken, Geräte aller Art, Felsbilder, Architekturkonzepte oder -elemente, Schriftzeichen, Tierknochen; eben alle Phänomene, bei denen die Form ein wichtiger Informationsträger ist.
In unserem Vortrag stellen wir mit der Prokrustes-Analyse und einer darauf aufbauenden FormHauptkomponenten-Analyse ein einfaches, erkundendes Verfahren aus dem Bereich der geometrischen Morphometrie für Formen mit markanten Punkten (Landmarken) vor. Gegenstand unserer
Untersuchung ist eine Gruppe spätzeitlicher Königsplastik (664 bis 332 v. Chr.). Vor allem die Köpfe
der 26. Dynastie sind nicht anhand einer hieroglyphischen Inschrift eindeutig zuweisbar. Mit den
Worten Leahys (A. Leahy, Saite Royal Sculpture: A Review. Göttinger Miszellen 80, 1984, 59): „In
fact, there are fewer reliably dated intact royal statues from the Twenty-Sixth Dynasty than from any
era of comparable prosperity in Egyptian history.“
Für die Analyse wurde nach strengen Kriterien eine Auswahl von 21 Statuen-Fragmenten getroffen.
Hauptkriterien waren gutes Bildmaterial und eine ausreichende Erhaltung der Objekte. Bei allen
Gesichtern wurden vergleichbare Punkte in zwei Dimensionen erfasst, wie z.B. die Augen- oder
Mundwinkel. Ein Gesicht geht somit in die Berechnung als eine Anordnung von Punkten ein.
Als erster Schritt erfolgt eine Prokrustes-Analyse, die diese Punktanordnungen möglichst gut zur
Deckung bringt. Das dabei berechnete 'Durchschnittsgesicht' dient als Bezug für die weitere Analyse.
Die Unterschiede der einzelnen Gesichter zu dieser Referenz werden in einer Hauptkomponentenanalyse ('shape PCA') weiter ausgewertet. Als Ergebnis werden die Köpfe nach Formähnlichkeit in ein
Diagramm projiziert. Die Koordinatenachsen des Diagramms entsprechen dabei den größten Formunterschieden. Zusätzlich erfolgte ein direkter Vergleich der Gesichtszüge aller Stücke mit dem sicher
als Amasis identifizierten Sphinx aus Rom, Mus. Capitolino 8, wofür die partielle Prokrustesdistanz
benutzt wurde.
Als wichtigstes Analyseergebnis konnten Köpfe zu Gruppen zusammengefasst werden, die nach den
objektiven Kriterien der geometrischen Morphometrie einander so ähnlich sind, dass sie sehr wahrscheinlich jeweils denselben König darstellen oder sogar aus der gleichen Werkstatt stammen.
Zugleich lassen sich an unseren Ergebnissen aber auch allgemeine Methodenprobleme exemplifizieren, sowie spezielle Schwierigkeiten der ägyptologischen Interpretation diskutieren.
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4. Workshop der AG CAA - Programm
Für die Datenerfassung wurde die Freeware tpsDig 2.0. verwendet. Die Analyse erfolgte mit der
statistischen Programmieroberfläche R und Zuhilfenahme von Funktionen aus J. Claude, 2008,
Morphometrics with R, New York.
Samstag, 9:00 - 9:30 h
Möglichkeiten und Grenzen – Die Interpretation multidisziplinärer
Prospektionsergebnisse in Resafa – Rusafat Hisham, Syrien
Martin Gussone
Im Umfeld der spätantiken Pilgerstadt Resafa-Sergiupolis legte der umaiyadische Kalif Hisham b. 'Abd
al-Malik seine Residenz an, wodurch diese im zweiten Viertel des 8. Jahrhunderts einen der zentralen
Orte des islamischen Reichs darstellte. Nach dem Ende der Umaiyaden-Dynastie um 750 n. Chr.
wurden große Bereiche der Siedlung aufgegeben, einige Bereiche erlebten jedoch verschiedene
Nachnutzungsphasen, bis die Stadt und ihr Umland in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts
verlassen und nicht wieder übersiedelt wurden. Heute sind die ehemals repräsentativen Paläste des
Kalifen Hisham und seines Hofes sowie die späteren Anlagen meist nur noch als flache Erdwälle an
der Oberfläche zu erkennen.
Zu Beginn der 1950er Jahre wurden einzelne Anlagen archäologisch untersucht, seit Ende der 1970er
Jahre wird das ca. 6 km² große Ruinengelände durch verschiedene Prospektionsmethoden
systematisch erschlossen. Dazu gehören mehrere Surveys mit unterschiedlichen Zielstellungen, geophysikalische Prospektionen (magnetische Prospektionen, Erdwiderstandsmessungen, Georadar), die
Aufnahme von Oberflächenbefunden und Luftbildern sowie Geländemessungen für digitale Geländemodelle.
Im Rahmen der unter der Leitung von Dorothée Sack (TU Berlin) seit 2006 laufenden Projektphase
'Pilgerstadt und Kalifenresidenz' (DAI) werden neben gezielten Sondagen an einzelnen Fundplätzen
auch die Ergebnisse der unterschiedlichen Prospektionsmethoden für größere Bereiche der Siedlung
im Umland von Resafa zusammengeführt. Die kombinierte Auswertung der einzelnen Ergebnisse ist
besonders vielversprechend, da sich die archäologischen Befunde im Ergebnis der einzelnen Prospektionen sehr verschieden abbilden. Jede der eingesetzten Methoden hat systembedingte Potentiale und Begrenzungen; durch die Überlagerung der Einzelergebnisse konnten unklare Bereiche
abgeglichen und ergänzt sowie eine Reihe von bislang unbekannten Fundplätzen und Siedlungsstrukturen erfasst werden. Für bestimmte Bereiche ließen sich sogar relative Chronologien der
Siedlungsabfolge ermitteln. Im Rahmen der Auswertung zeigte sich, dass nicht eine Methode einer
anderen vorzuziehen, sondern vielmehr ein multidisziplinärer Ansatz zielführend ist und durch die
systematische Verbindung der verschiedenen Methoden neue Erkenntnisse zu erzielen sind. Die
Auswertung der Prospektionsdaten ist noch nicht abgeschlossen, doch ist bereits abzusehen, dass
durch die kombinierte Auswertung unsere Kenntnis der Siedlungsstrukturen im Umland von Resafa
entscheidend erweitert wird und Grundlagen für weiterführende Fragestellungen geschaffen werden.
Der Vortrag stellt die Anwendung der verschiedenen Prospektionsmethoden in Resafa vor, zeigt wesentliche neue Ergebnisse und lotet die Potentiale und Begrenzungen der jeweiligen Methoden aus.
Samstag, 9:30 - 10:00 h
Mobiles GIS zur Dokumentation einer archäologischen Oberflächenbegehung in
Tayma, Nordwest-Saudiarabien
Max Haibt
Während eines Forschungsprojektes des DAI in der Oasensiedlung Tayma im Nordwesten der
arabischen Halbinsel wurden an verschiedenen Stellen Überreste einer Karneolperlenproduktion –
teilweise in großen Mengen – vorgefunden. Zu den typischen Artefakten gehören Flintbohrer,
zerbrochene Karneolperlen, Rohlinge, Fragmente und tonnenweise ungenutzte Flintabschläge, die auf
der sandigen Oberfläche liegen. Um das Verteilungsmuster zu analysieren und die Menge der
Produktionsüberreste einzuschätzen, wurde im Frühjahr 2012 eine systematische Oberflächenbegehung vorgenommen. Neben der Kartierung der Artefaktkonzentrationen wurde zusätzlich nach
Siedlungsbefunden gesucht, die mit den Bohrern und Perlen in Verbindung gebracht werden können.
Um das weitläufige Gebiet der Oase und den Salzsee innerhalb von 4 Wochen so gut wie möglich
untersuchen zu können, waren Flexibilität und Mobilität gefragt. Aus diesem Grund wurden die
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4. Workshop der AG CAA - Programm
Befunde mit einem mobilen GIS dokumentiert, und zwar Daten zur Einmessung, zur Bezeichnung und
zu den Merkmalen.
Mehrere Projekte der OSGeo Foundation machen die kostenfreie, mobile Nutzung von GIS möglich,
aber die Kombination von Hardware, Betriebssystem und Software ist nicht frei wählbar. Die
verschiedenen Varianten und deren Entwicklungsstand, die technischen Möglichkeiten und Probleme
dieser Technologie und deren Nutzen für die Archäologie werden in diesem Vortrag präsentiert.
Der Fokus liegt dabei auf der Kombination der Software Quantum GIS on Android mit dem Tablet
Computer Asus Transformer, dessen integriertes GPS-Gerät dazu diente, geographische Daten im
ESRI-Shape-Format abzuspeichern.
Neben den technischen Mitteln sollen auch die Ergebnisse der Untersuchung und die konzeptuellen
Probleme der Kartierung archäologischer Befunde offen gelegt werden.
Samstag, 10:30 - 11:00 h
Archäologische Datenanalyse mit freier Software: das Projekt gvSIG CE
Benjamin Ducke
Das Projekt gvSIG CE (Community Edition) stellt ein kostenloses Open-Source-GIS und eine
Komplettlösung für die multidisziplinäre, räumliche Datenverarbeitung dar (http://gvsigce.org). Im
Vergleich mit anderen, proprietären oder frei erhältlichen GIS zeichnet es sich durch seine flexible
Benutzeroberfläche und seinen vollständigen Funktionsumfang aus.
Für die Datenverwaltung, -prozessierung und -analyse stehen derzeit weit über 500 Module zur
Verfügung; der Bestand wächst stetig. Unter ihnen finden sich auch hunderte von Modulen der
bekannten Software GRASS GIS (http://www.osgeo.org/grass).
Damit werden die herausragend leistungsfähigen Raster- und 3D-Vektorfunktionen dieser Software
verfügbar gemacht, ohne dass der Benutzer erst die sonst mit GRASS GIS verbundenen, hohen
Lernhürden überwinden müsste. Für Archäologen ist dies von besonderer Bedeutung, da für GRASS
GIS eine konkurrenzlose Vielzahl von fachspezifischen Modulen, etwa für die Erstellung von
Prädiktionsmodellen, Sichtbarkeits- und Territorialanalysen oder für die Aufbereitung von Gradiometerdaten, existiert.
Der Vortrag stellt die Entwicklungsziele hinter der aktuellen Version 1.0 von gvSIG CE zusammenfassend vor und vermittelt einen Einblick in die technischen, ökonomischen und sonstigen Aspekte
eines dynamischen Software-Projekts. Er möchte einen Eindruck davon vermitteln, was sich archäologische GIS-Anwender in den nächsten Jahren im Bereich Open-Source-GIS erhoffen dürfen – etwa
die Anbindung von R (http://r-project.org) zur statistischen Datenanalyse in gvSIG CE – und wie die
Einbettung archäologischer Software-Forschung in eine quelloffene Plattform genutzt werden kann,
um die Langlebigkeit und Nachhaltigkeit von Forschungsarbeiten und Investitionen zu sichern.
Samstag, 11:00 - 11:30 h
Methodenvergleich unterschiedlicher Geographischer Informationssysteme am
Beispiel einer Sichtbarkeits- und Site-Catchment-Analyse in Petra/ Jordanien
Will M. Kennedy
Um die Sichtbarkeit von einem möglichen Wachturm auf dem zentralen Berg Umm al-Biyara in der
antiken Nabatäerhauptstadt Petra in Jordanien zu anderen vermuteten Kontrollposten im Umland
Petras zu untersuchen, wurden so genannte Higuchi-Sichtbarkeitsanalysen durchgeführt, die aufgrund
errechneter Distanzwerte eine feinere Klassifizierung des im GIS angezeigten Sichtbarkeitsbereiches
erzielen. Die Fragestellung der Untersuchung ist zum einen, was diese Erkenntnisse über das bisher
unerforschte Defensivsystem der Nabatäer in der unmittelbaren Umgebung von Petra aussagen und
zum anderen, ob bestimmte Muster herausgearbeitet werden können, die allgemeine Aussagen über
das Kommunikationssystem der Stadt Petra mit ihrem Umland erlauben. Ein Ziel ist es auch, die mit
unterschiedlichen geographischen Informationssystemen (ArcGIS, gvSIG, Grass) errechneten Ergebnisse der Higuchi-Methode zu vergleichen. Die aus der Sichtbarkeitsanalyse abgeleiteten Erkenntnisse über das nabatäische Kommunikationssystem werfen ein neues Licht auf die Hauptstadtrolle
von Petra und die Beziehungen der Stadt zu ihrem Umland. Um diese weiter zu untersuchen, wurde
eine vorläufige Site-Catchment-Analyse für die Stadt Petra durchgeführt, die Datengrundlage hierfür
ist jedoch noch unvollständig und soll methodisch diskutiert werden.
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4. Workshop der AG CAA - Programm
Samstag, 11:30 - 12:00 h
Evaluation GIS-basierter Methodik zur Rekonstruktion altneolithischer
Besiedlungsstrukturen
Thomas Engel
Vorgestellt werden Teilaspekte einer im Jahr 2012 abgeschlossenen Magisterarbeit mit dem Thema
„GIS-basierte Auswertung altneolithischer Besiedlungsstrukturen am Beispiel der Landkreise LimburgWeilburg und Rheingau-Taunus“. Archäologische Datengrundlage sind die bandkeramischen Fundstellen zweier Landkreise, die sich vor allem aus Daten des Ortsarchivs des Landesamtes für
Denkmalpflege Hessen zusammensetzen.
Die Verwendung von Geoinformationssystemen zur Bearbeitung überregionaler landschaftsarchäologischer Fragestellungen ist innerhalb der letzten beiden Dekaden zum Handwerkszeug auch
der deutschen Archäologie geworden. Dabei stellt sich zu Anfang eines jeden Projektes zunächst die
Frage, welche Quellenfilter im Arbeitsgebiet zum Tragen kommen und wie diese berücksichtigt
werden können. In der hier vorgestellten Arbeit spielt abseits der klassischen Quellenfilter etwa der
Weinbau eine entscheidende Rolle. Daraufhin soll gezeigt werden, auf welcher Datengrundlage eine
Auswertung von ortsbezogenen Daten erfolgen sollte. Hierbei ist die Auswahl eines adäquaten digitalen Höhenmodells elementar. Generell stehen kostenlos verfügbare Geländemodelle den amtlichen
gegenüber. Eine qualitative Gegenüberstellung von auf unterschiedlichen Geländemodellen basierenden landschaftsarchäologischen Auswertungsergebnissen wird jedoch bislang in den seltensten
Fällen durchgeführt. Sowohl der primäre Parameter (die absolute Höhe), als auch die davon abgeleiteten Parameter Hangneigung und Exposition der Geländemodelle SRTM v4.1, ASTER GDEM
v2 und DGM10 werden exemplarisch miteinander verglichen. Zudem wird die Möglichkeit besprochen,
diese mittels smoothing-Algorithmen aneinander anzugleichen. So können Aussagen darüber getroffen werden, inwiefern die Geländemodelle im Kontext der landschaftsarchäologischen Fragestellungen für das Arbeitsgebiet eine valide Datengrundlage darstellen können.
Ausgehend von dem qualitativen Vergleich der Höhenmodelle wurden weitere Geofaktoren
(Gewässer, Böden, Klimaparameter) analysiert und statistisch validiert. Dabei entstand die Möglichkeit, über die Rekategorisierung von Rasterkarten eine induktive Verdachtsflächenkartierung
(predictive modeling) für archäologische Fundstellen durchzuführen. Neben der darauf aufbauenden
schwierigen Frage der Gewichtung einzelner Geofaktoren soll diskutiert werden, wie mit einfachen
Methoden deren Genauigkeit überprüft werden kann, welchen Limitationen das Modell dennoch
unterliegt – und was weitere Schritte sein könnten, um es weiter zu verfeinern.
Samstag, 12:00 - 12:30 h
Vollphotogrammetrische 3D-Entzerrung historischer Luftbilder um Pompeji (Italien)
Volker Heck / Michael Braitmeier / Wilfried Linder / Sebastian Vogel / Michael Märker / Florian Seiler
Luftbilder bilden die Wirklichkeit der Geländeoberfläche zum Zeitpunkt der Aufnahme ab, während
historische Luftbilder entsprechend einen Blick in die Vergangenheit einer Landschaft erlauben. Aus
landschaftsarchäologischer Sicht ist das insbesondere von Bedeutung, wenn zunehmende Urbanisierung sowie Technisierung der Landwirtschaft vor allem innerhalb der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts starke Veränderungen in der Landschaft hinterlassen haben. Dadurch sind archäologisch relevante Strukturen auf heutigen Luftbildern vielerorts nur noch verblasst oder gar nicht mehr
wahrnehmbar.
Innerhalb des landschaftsarchäologischen Forschungsprojektes ‚Rekonstruktion der antiken Kulturlandschaft um Pompeji vor dem Vesuvausbruch von AD 79’ (www.salve-research.org) des Deutschen
Archäologischen Institutes und der Heidelberger Akademie der Wissenschaften sollen Luftbilder der
Jahre 1943 und 1956 dazu genutzt werden, Rückschlüsse auf antike Landschaftsstrukturen zu ziehen.
Diese Luftbilder bilden die Sarno-Ebene nicht nur vor dem starken Urbanisierungsprozess der letzten
60 Jahre ab, sondern auch vor dem letzten Vesuvausbruch im März 1944, die die heutige Landschaft
stark (über-)prägen.
Bisher war nur eine einfache 2-dimensionale Entzerrung der Luftbilder möglich, da häufig nur drei der
vier Rahmenmarken vorhanden sind und eine korrekte Beschreibung der Bilddimension und Kameradefinition fehlte. Durch eine Kombination aus Softwareweiterentwicklung und Digitalisierung des Bildmaterials konnte nun ein vollphotogrammetrisch 3-dimensional entzerrtes Orthophotomosaik erstellt
sowie ein historisches digitales Höhenmodell der Sarno-Ebene errechnet werden. Die bei der Entzerrung verwendeten Passpunkte stammen aus der topografischen Karte IGM (Istituto Geografico
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4. Workshop der AG CAA - Programm
Militare) 1:25.000, wobei die Schwierigkeit bestand, Punkte zu identifizieren, die sowohl im aktuellen
Karten-, als auch im historischen Luftbildmaterial existierten. Das hier beschriebene Verfahren ist geeignet, in anderen (landschafts-)archäologischen Forschungsprojekten Anwendung zu finden.
Poster – Zusammenfassungen
survey2gis: eine flexible Lösung für den Transfer von Vermessungsdaten ins GIS
David Bibby / Benjamin Ducke
Bei der von Grund auf neu entwickelten Software survey2gis handelt es sich um eine kompakte und
benutzerfreundliche Lösung für die Planumsdokumentation. Sie führt eine Aufbereitung zwei- oder
dreidimensionaler Punktmessdaten zu komplexen Geometrien (Linien und Polygone; auch mehrteilig
und mit Löchern) für die weitere Verarbeitung im GIS durch. Als Eingabedaten erwartet survey2gis
eine oder mehrere einfache Textdateien mit einem Datensatz (Koordinaten plus Attributdaten) pro
Zeile. Derart strukturierte Daten können bspw. tachymetrisch (sog. Totalstation) oder per GPSVermessung gewonnen werden. Als Ausgabedaten erzeugt survey2gis standardkonforme Dateien im
Format ESRI(tm) Shapefile (2D oder 3D, nach Geometrietypen getrennt, mit vollständigen Attributdaten im DBase-Format).
Komplexere Geometrien wie Linien und Polygone werden aus einfachen Punktdaten erstellt, indem
die einzelnen Datensätze anhand im Feld kodierter Attributdaten verwoben werden. Dieser Prozess
lässt sich durch einen konfigurierbaren Parser in allen Details steuern, was eine flexible Anpassung an
unterschiedlichste Arbeitsabläufe und Datenstrukturen erlaubt.
Die Software ist leicht erlern- und bedienbar und verfügt über detaillierte Protokollfunktionen zur
Qualitätssicherung und automatischen Dokumentation der Datenverarbeitung. Bei der Entwicklung
von survey2gis wurde größter Wert auf topologisch korrekte Ausgabedaten gelegt, welche sich direkt
für die quantitative Analyse im GIS eignen. Hierzu gehören Funktionen zum Eliminieren doppelter
Messpunkte, zum Einrasten von Stützpunkten auf Polygongrenzen und zum "Ausstanzen" überlappender Polygone. Die Software wird unter dem GPL zur Verfügung gestellt und läuft unter
Windows, Mac OS X und Linux Betriebssystemen. Die Entwicklung von survey2gis wird vom Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg (http://www.denkmalpflege-bw.de) finanziert und fachlich
geleitet.
Verschneiden von Laserscanns und Sachdaten in einer offenen Umgebung
Oliver Bringmann / Stefan Hohmann
Die Gewinnung von neuen Erkenntnissen aus archäologischen Grabungen ist ein kaum formalisierbarer Prozess. Die kreative Deutung von Geometrie- und Sachdaten ist das spezifische Know-How
des individuellen Forschers. Software-Werkzeuge müssen daher in flexibel ausbaubaren Umgebungen (CAD/GIS; möglichst open source) angesiedelt werden. Die Ergebnisse sollen auch in vielen
Jahren noch lesbar sein. Dazu müssen zumindest die Ergebnisse standardisiert abgelegt werden.
Es werden Eigenschaften einer möglichen Lösung abgeleitet: Wegen der inhärenten 3D-Struktur der
sich aktuell etablierenden Laserscan-Punktwolken und den resultierenden Vektordaten wird auf CAD
(statt GIS) plädiert. Tiefgründige Auswertungen – eigentlich eine GIS-Domäne – müssen im CAD neu
ermöglicht werden. Ein Konzept zur denkbar einfachen Modellierung beliebiger Sachverhalte ohne
jegliche Programmierung wird vorschlagen. Der Ansatz unterstützt die bewährten und intuitiven
Muster der Objektorientierung. Innerhalb einer CAD-Umgebung werden Geometrie- und Sachdaten
vernetzt. Die Visualisierung von komplexen Auswertungen wird möglich. Objektorientierte Strukturen
sind allerdings weitgehend proprietär (siehe Tagung 2011: „Standardisierte Vokabulare in archäologischen Datenbanken“ von Hendrik Jostes und Mathias Lang). Für eine standardisierte Datenhaltung
wird automatisch ein relationaler Datenbank-Entwurf generiert. Damit ist es möglich, die konkreten
Daten in simple ASCII-Tabellen zu schreiben bzw. aus diesen zu lesen. Spezialisierte Auswertungen
werden durch den Zugriff auf diese Tabellen oder per Programmierschnittstelle möglich.
Das abstrakte Prinzip wird am Beispiel der Abwicklung eines 3D-Lasercanns einer verformten Wand
und einer nicht-trivialen Auswertung illustriert.
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4. Workshop der AG CAA - Programm
Auswertung einer Prospektionsmaßnahme am Chimborazo
Irmela Herzog / Alden Yépez
Der Gletscher Chimborazo ist mit ca. 6280 m ü.NN der höchste Berg Ecuadors. Unter anderem ist
dieser Berg dadurch bekannt, dass Alexander von Humboldt versuchte, den Gipfel zu erreichen, doch
bei einer Höhe von ca. 5600 m ü.NN aufgeben musste. Im Jahr 2012 führte Alden Yépez an der
Südflanke des Berges eine Prospektionsmaßnahme durch, um Fundstellen zu dokumentieren, die
durch Raubgrabungen bedroht sind. Dies erbrachte Erkenntnisse zu zwölf Fundstellen auf einer Höhe
zwischen 3400 und 4900 m ü.NN. Dabei handelt es sich vermutlich bei einem Teil der Fundstellen um
Kultstätten der Inka, die in Zusammenhang mit Menschenopfern zu sehen sind. Diese Fundstellen
orientieren sich weitgehend an einem Altweg. Streckenweise ist dieser Altweg auch heute noch
begehbar, so dass er auch im Zuge der archäologischen Untersuchung mit einem GPS dokumentiert
werden konnte.
Eine räumliche Analyse im Prospektionsgebiet geht der Frage nach, ob sich dieser Altweg durch
entsprechende Rechenmethoden rekonstruieren lässt. Zum Vergleich werden auch spätere Wege in
der Umgebung des Chimborazo herangezogen, z.B. Schmugglerpfade. Eine Erreichbarkeitskarte gibt
Aufschluss darüber, ob die Fundstellen sich an Orten hoher Erreichbarkeit befinden. Dabei fällt auf,
dass drei dicht beieinander liegende Fundplätze in schlecht erreichbarem Gebiet liegen, während
andere, noch höher gelegene Fundplätze besser erreichbar sind. Deshalb wird die Frage untersucht,
welche anderen Faktoren bei der Standortwahl eine Rolle spielten.
Auf der Suche nach verlorenen Wegen
Anne Klammt / Christian Heitz
In dem Forschungsprojekt „Lost Highways“ werden Hirtenpfade im Hinterland griechischer Kolonien
erforscht. Erstmals werden somit die vermutlich wichtigsten Routen des direkten Austauschs zwischen
indigener italischer Bevölkerung im Hinterland und den griechischen Kolonisten an der Küste Süditaliens im Mittelpunkt archäologischer Untersuchungen stehen. Diese Pfade wurden über Jahrhunderte von Hirten im Zuge des saisonalen Umtriebes genutzt. Es ist sehr wahrscheinlich, dass
genau diese Pfade auch Wege des Austausches und des Kulturtransfers waren.
Das Forschungsprojekt will diese Triftwege in ihrer diachronen Entwicklung erschließen. Als eine von
mehreren methodischen Herangehensweisen wird hierbei die Modellierung von Wegen aufgrund von
Geländemodellen und der Ableitung aus Satelliten- und Luftbildaufnahmen gewählt. In Vorbereitung
darauf werden die bisher in der archäologischen Forschung verwendeten Verfahrensweisen der
rechnerischen Modellierung von Wegen zusammengestellt und ihre Ergebnisse miteinander verglichen. Dies wird mithilfe von Tests und der Qualitätsprüfung anhand eines Kriterienkatalogs durchgeführt.
Berücksichtigt werden als Kriterien unter anderem die Übereinstimmung mit realen Wegen, die
Performance der Berechnungen in verschiedenen Landschaftstypen, die Kontrollierbarkeit der Parameter und die Verfügbarkeit der zur Anwendung kommenden Algorithmen.
Auf Basis der Tests sollen die Methoden und Quellen der rechnerischen Modellierungen der Hirtenpfade ausgewählt sowie die Grenzen der Aussagefähigkeit abgesteckt werden.
Mit dem Poster möchten die Autoren ihre geplante methodische Herangehensweise frühzeitig in der
fachwissenschaftlichen Diskussion überprüfen und optimieren.
Archäologische Auswertung hochaufgelöster Satellitenbilder der Silvretta (A/CH)
Karsten Lambers / Igor Zingman
In alpinen Regionen stellt die regionale Fundstellenprospektion angesichts der schwierigen
topographischen und klimatischen Bedingungen eine große Herausforderung dar. In der Silvretta
entlang der österreichisch-schweizerischen Grenze zwischen Montafon, Paznaun und Unterengadin
wurden seit 2007 ca. 240 bis dahin unbekannte archäologische Fundstellen in Höhenlagen oberhalb
von 1500 müNN dokumentiert, die chronologisch vom Mesolithikum bis in die frühe Neuzeit reichen.
Eine wichtige Fragestellung des Projektes ist die nach den prähistorischen Ursprüngen der
Alpwirtschaft. Von den neu dokumentierten Fundstellen sind gut 20 obertägig klar als mit der
Alpwirtschaft assoziierte Infrastruktur zu erkennen, d.h. als Viehpferche, Alphütten oder Milchkeller.
Solche Befunde sind für viele Hochlagen der Alpen typisch.
Diese Befunde dienen derzeit im Rahmen des interdisziplinären Projektes Silvretta Historica als
Ausgangsdatensatz zur Entwicklung neuer Methoden der satellitengestützten Prospektion. Satelliten- 15 -
4. Workshop der AG CAA - Programm
bilder mit einer räumlichen Auflösung von ≤ 1m haben sich, seit sie vor ca. 12 Jahren erstmals
verfügbar wurden, zu einer wichtigen Datenquelle für die regionale archäologische Prospektion
entwickelt, insbesondere in Regionen der Welt, wo alternative Daten wie z.B. Luftbilder kaum oder gar
nicht erhältlich sind. Für Satelliten- und andere Bilder werden seit einiger Zeit im Rahmen diverser
Anwendungen Verfahren zur Analyse ihrer Inhalte entwickelt. Diese sind nötig, um große Datenmengen effizient auswerten zu können.
Das Ziel des Silvretta-Historica-Projektes ist die Entwicklung von Bildauswertealgorithmen zur
Detektion möglicher archäologischer Befunde einer bestimmten, typischen Kategorie, in diesem Fall
Ruinen von Alpgebäuden, zur Unterstützung der archäologischen Prospektion in weitläufigem und
schwierigem Gelände. Die resultierende Karte, die die Wahrscheinlichkeit des Auftretens solcher
Befunde anzeigt, soll zur Orientierung vor und während der Feldarbeiten dienen und deren Effizienz
steigern, die Dokumentation und Interpetation von Befunden im Gelände jedoch nicht ersetzen.
Obwohl die Ruinen der Alpgebäude alle verschieden sind, weisen sie nur eine begrenzte
geometrische Bandbreite auf. Sie lassen sich als lineare Objekte beschreiben, die in ungefähr rechten
Winkeln aufeinander treffen. Fast alle Zielobjekte liegen in offenem Grasland, d.h. in texturarmen
Bildregionen, wo sie sich mehr oder weniger deutlich von ihrer Umgebung abheben. Die
auszuwertenden Satellitenbilder umfassen jedoch auch viele Gebiete mit hohem Texturkontrast, in
denen eine solche Definition zu zahlreichen falschen Detektionen führen würde, z.B. Siedlungen,
Wälder und felsiges Gelände. Diese Bildregionen müssen also zunächst herausgefiltert werden, um
im folgenden Schritt der eigentlichen Objektdetektion Fehlerquote wie Rechenzeit zu verringern.
Zu diesem Zweck wurde ein neues Segmentierungsverfahren mit der Bezeichnung MTC
(Morphological Texture Contrast) entwickelt, das auf der Unterscheidung von Bildtexturen mit hohem
und niedrigem Kontrast beruht. Dabei werden Bildregionen mit hohem Texturkontrast wie Siedlungen,
Wälder und Felsen gleich behandelt und herausgefiltert, während texturarme Gebiete wie offenes
Grasland erhalten bleiben. Innerhalb dieser texturarmen Regionen filtert das neue Verfahren
kleinräumige Objekte mit hohem Texturkontrast jedoch nicht heraus, da diese zu den gesuchten
Befunden gehören könnten, die in einem weiteren Schritt zu detektieren sind.
Das Poster soll den Projekthintergrund, den grundlegenden Arbeitsschritt der Bildsegmentierung und
die Pläne für die weiteren Schritte hin zur automatisierten Detektion möglicher archäologischer
Befunde erläutern.
Räumliche Vorhersage von Neandertal-Fundplätzen
mit Hilfe einer stochastischen Umweltmodellierung
Michael Märker / Michael Bolus
In dieser Studie präsentieren wir einen Datensatz aller bekannten Neandertal-Fundplätze in Europa.
Um diesen Datensatz zusammenzustellen wurden die geographischen Koordinaten der Fundstellen
sowie die Fundplatz-Charakteristika basierend auf eigenen Arbeiten und einer umfassenden
Literaturauswertung zusammengestellt. Die Fundplatzkoordinaten wurden anschließend einer
eingehenden Prüfung unterzogen um die größtmögliche topographische Genauigkeit zu
gewährleisten. Die Informationen wurden danach in ein Vektorpunktformat (shape) umgewandelt. Um
die Umweltcharakteristika in der näheren Umgebung der Fundplätze näher zu analysieren wurde eine
detaillierte Terrain-Analyse basierend auf einem SRTM 90-Höhenmodell durchgeführt. Dieses
Höhenmodell wurde vorprozessiert und auf eine Auflösung von 250m gebracht. Die Umgebung der
Fundstellen konnte somit auf einer Fläche von 6,25 ha um die Fundstelle herum näher analysiert
werden. Die Terrain-Analyse ermöglicht die Ableitung von geomorphologischen, klimatologischen,
vegetationsbezogenen sowie hydrologischen und strategischen Aspekten. Insgesamt wurden 54
verschiedene Umweltindices aus dem Höhenmodel abgeleitet. Die Fundplatz-bezogenen
Kombinationen dieser 54 unterschiedlichen Umwelt-Indices wurden anschließend näher mit einem
stochastischen Ansatz untersucht. Hierfür wurde ein Verfahren basierend auf Regressions- und
Klassifikationsbäumen (boosted regression trees BRT) verwendet. Die Untersuchung zeigt, dass sich
klassische Neandertaler von Frühen Neandertalern und Pre-Neandertalern deutlich in Hinblick auf ihre
Siedlungsplätze unterscheiden. Gerade frühe und klassische Neandertaler zeigen spezifische
Umweltpreferenzen. Die aus dem Modell gewonnenen Informationen wurden schließlich dazu genutzt
potentielle Siedlungsplätze für klassische und frühe Neandertaler sowie für Pre-Neandertaler
vorherzusagen.
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4. Workshop der AG CAA - Programm
Vom Photo zum 3D-Modell
Open-Source-Nahbereichsphotogrammetrie im Einsatz für die Archäologie
Christian Seitz
Die archäologische Dokumentation eines Befundes besteht klassisch aus Fotografien, Zeichnung und
Beschreibung. Ein großer Nachteil besteht bei komplexen Befunden wie beispielsweise einem Körpergrab darin, dass außer in Kombination von Zeichnung und Beschreibung keine räumlichen Informationen vermittelt werden können. Die in den letzten Jahren vermehrt aufkommenden Laserscanner
sind eine der Möglichkeiten um die Befunde dreidimensional aufzunehmen, aber die Anschaffungskosten eines solchen Gerätes sind relativ hoch.
Eine weitaus kostengünstigere Variante stellt die 3D-Photogrammetrie dar. Die darauf basierenden,
sogenannten „Structure-From-Motion“-Softwaresysteme (SFM) sind häufig quelloffen oder frei benutzbar und daher besonders interessant für den Einsatz in der Archäologie. Dabei werden die modernen
Rechnersysteme benutzt, um aus einer Anzahl bestimmter Fotografien ein detailreiches 3D-Modell zu
berechnen. Dazu wird für die Aufnahme eine handelsübliche Digitalkamera benötigt, wie sie für die
Dokumentation in der Regel vorhanden ist. Die Integration in den gewohnten archäologischen
Arbeitsablauf ist nicht schwer. Die Aufnahmemethodik kann schnell und effizient an fotografisch
erfahrene Leute vermittelt werden.
Die Nachbearbeitung und Berechnung des Modells muss an einem leistungsstarken Rechnersystem
erfolgen, wird daher „off-site“ durchgeführt, was natürlich die Gefahr des Datenverlustes durch zu
wenige oder falsche Fotos birgt.
Das Spektrum der in der Magisterarbeit aufgenommenen Objekte umfasst eine breite Palette von
Befunden, Funden und Bauwerken. Darunter ein römisches Skelett aus Herxheim und mehrere Funde
aus dem fränkischen Gräberfeld von Kleinfischlingen (beide Rheinland-Pfalz) als Beispiel für den
Einsatz des SFM-Verfahrens während einer laufenden Ausgrabung. Ein Bruchstück einer Grabplatte
konnte bei einem Besuch des Klosters Lobenfeld in Lobbach (Baden-Württemberg) spontan
dokumentiert werden. Dabei konnte durch Methoden der Computergraphik mittels einer speziellen
Software, entwickelt am IWR von Hubert Mara, eine deutlich bessere Sichtbarkeit der Buchstaben
erreicht werden. Außerdem wurde, im Zuge der aktuell laufenden Bauaufnahme, an der Torhalle des
Klosters Lorsch (Hessen) eines der Kapitelle aufgenommen.
Insgesamt soll die Magisterarbeit dazu beitragen, die 3D-Photogrammetrie als alltägliches Grabungswerkzeug zu etablieren. Die Vorteile liegen in der hohen Aufnahmegeschwindigkeit und der Möglichkeit einer räumlichen Darstellung des Befundes. Zudem besteht noch viel Potential zur Weiterentwicklung der Methode um sie den archäologischen Bedürfnissen besser anzupassen.
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4. Workshop der AG CAA - Programm
Software-Tutorials
Samstag, 14:00 - 16:00 h
Einführung in Structure-from-Motion (SfM)
Kursleitung: Bernhard Fritsch
Der Workshop soll einen Überblick über die Möglichkeiten der Structure-from-Motion, das heißt dem
Erstellen von 3D Modellen aus einfachen Digitalfotos, geben und die Anwendung dieser Methode in
der Archäologie vorstellen.
Schwerpunkt ist das Vermitteln eines kompletten Workflows vom 2D-Digitalfoto zu einem
georeferenzierten 3D-Modell unter ausschließlicher Benutzung von Freier Software und Open-SourceLösungen. Eine detaillierte Dokumentation zu den verwendeten Softwarepacketen und Links zu
Downloadmöglichkeiten finden Sie hier: https://server.topoi.hu-berlin.de/groups/bundlertools/
Es soll den Teilnehmen am Ende möglich sein, selbstständig die Methode der Structure-from-Motion
sowohl in der archäologischen Grabungsdokumentation von Befunden als auch in der digitalen
Erfassung von Funden und anderen archäologisch relevanten Objekten anzuwenden.
Samstag, 16:00 - 18:00 h
Visualisierung von LIDAR-Geländemodellen
Kursleitung: Ralf Hesse
Der Workshop soll eine Einführung in verschiedene Möglichkeiten der Visualisierung hochauflösender
LIDAR-Geländemodelle geben. Ziel der Visualisierungen ist dabei die Verbesserung der Sichtbarkeit
archäologisch relevanter Reliefmerkmale.
Inhalt des Workshops sind zum einen die theoretischen Grundlagen der den verschiedenen
Visualisierungen zugrundeliegeden Algorithmen, zum anderen die praktische Anwendung mit Hilfe
einer im Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg entwickelten kostenfreien LIDARToolbox. Voraussetzung für die Arbeit mit der LIDAR-Toolbox ist ein Windows-PCs, auf dem das
.NET-Framework Version 4 installiert ist. Außerdem wird eine beliebige GIS-Software vorausgesetzt.
Die Teilnehmer sollen im Verlauf des Workshops ein grundlegendes Verständnis verschiedener
Visualisierungsmethoden erwerben und lernen, diese im Rahmen der Bearbeitung archäologischer
Fragestellungen anzuwenden.
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4. Workshop der AG CAA - Programm
Mitgliederversammlung
Die Einladung zur Mitgliedsversammlung richtet sich an Vereinsmitglieder der AG CAA. Neumitglieder
sind willkommen – ein Vereinsbeitrag wird nicht erhoben. Die Satzung des Vereins finden Sie hier:
http://www.ag-caa.de/vereinssatzung-caa.pdf. Neumitglieder können sich einfach bei der Mitgliederversammlung in die Teilnehmerliste eintragen und markieren, dass sie Mitglied werden möchten.
Auch Gäste, die nicht Mitglied werden möchten, sind willkommen. Wir bitten diese Gäste jedoch, sich
in die hinteren Reihen zu setzen, damit das Auszählen von Stimmen bei den Wahlen einfacher wird.
Freitag, 18:20 - 19:10 h
Einladung zur Mitgliederversammlung
des Vereins
Computeranwendungen und Quantitative Methoden in der Archäologie (CAA) e.V.
Liebe Vereinsmitglieder,
Die nächste ordentliche Mitgliederversammlung des Vereins findet im Rahmen des 4. Workshops der
CAA Deutschland in Berlin nach dem Vortragsprogramm am 15.02.2013 um 18:20 Uhr im
Vortragssaal
des
TOPOI-Hauses
(https://community.topoi.org/en_GB/web/ag-caa2013/veranstaltungsort) statt.
Alle Mitglieder des Vereins werden hiermit zur Teilnahme herzlich eingeladen.
Tagesordnung:
1) Begrüßung durch den Vorstand
2) Wahl des Protokollführers
3) Ergänzung und Genehmigung der Tagesordnung
4) Bericht des Vorsitzenden
5) Bericht des Kassenwarts
6) Bericht der Kassenprüfer
7) Aussprache über die TOPs 4-6
8) Entlastung des Vorstands
9) Bestimmung eines Wahlleiters
10) Wahl des Vorstands und der Kassenprüfer
11) Geplante Veranstaltungen der CAA
12) Überlegungen zum Internetauftritt des Vereins
13) Verschiedenes
Alle Mitglieder sind aufgerufen, dem Vorsitzenden Ergänzungen und Anmerkungen zu den einzelnen
Tagesordnungspunkten möglichst umgehend mitzuteilen.
Insbesondere möchten wir auf den Punkt 10 der Tagesordnung (Vorstandswahlen) hinweisen. Lt.
Vereinssatzung besteht der Vorstand aus drei Mitgliedern. Zwei der drei amtierenden Vorstandsmitglieder (1. und 2. Vorsitzender) werden nicht zur Wiederwahl zur Verfügung stehen. Die Mitglieder
des Vorstandes werden von der Mitgliederversammlung für die Dauer von zwei Jahren einzeln
gewählt. Jedes Vereinsmitglied hat bei den Vorstandswahlen sowohl aktives als auch passives Wahlrecht.
Mit freundlichen Grüßen,
gez. Axel Posluschny
1. Vorsitzender der AG CAA
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