Ami Pro - SEMAPDF2.SAM

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Pädagogische Hochschule
Pädagogik / Psychologie
des Kanton St. Gallen
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen
in Geographie- und Musiklehrmitteln
des 20. Jahrhunderts
Name:
Giger
Vorname: Matthias
Wohnort: Sitterdorf
Telefon:
071 422 58 54
Name des Dozenten, bei dem die Arbeit
Email:
[email protected]
geschrieben wurde:
Datum:
3. Februar 1999
Michael Zutavern
Danksagung
Die Figur war ausserordentlich schön, obgleich nur mässig hoch, der Kopf an sich von dem edelsten Umriss, und das ovale
Gesicht hätte, ohne den aufgequollenen Mund und die Stumpfnase, nicht zarter geformt sein können; dazu kam eine
braune, wenngleich sehr frische Haut, und ein Paar grosse dunkle Augen. Es gab, freilich nur unter den Männern, immer
einige, denen eine so eigene Zusammensetzung gefiel; sie behaupteten, es werden die widersprechenden Teile dieses
Gesichts durch den vollen Ausdruck von Seele in ein unzertrennliches Ganzes auf die reizendste Art verschmolzen. Man
hatte deshalb den Bewunderern Margots den Spottnamen der afrikanischen Fremd- und Feinschmecker aufgetrieben, und
wenn hieran gewisse allgemein verehrte Schönheiten der Stadt sich nicht wenig erbauten, so war es doch verdriesslich,
dass eben die geistreichsten Jünglinge sich am liebsten um diese Afrikanerin versammelten.
Mörike in "Maler Nolten", Digitale Bibliothek 1997, S. 72713
Die Schweizerische Bankgesellschaft, seit 1948 mit einer Niederlassung in Johannesburg, klärt in der Personalzeitung vom
April 1960 auf: "Der südafrikanische Eingeborene ist noch absolut roh, hat keine Erziehung, kann weder lesen noch
schreiben, kurz er ist halb Kind, halb Tier... Einen Eingeborenen zu Gefängnis zu verurteilen ist zwecklos, denn für ihn
bedeutet dies nur Ferien, er hat keine Verantwortung und wird gefüttert. Die einzige Sprache, die er versteht, ist Härte und
Autorität... Er ist auch faul von Natur und charakterlich schlecht, das heisst, er lügt, er betrügt, und sehr oft stiehlt er auch,
wenn er hofft, nicht ertappt zu werden, nicht weil er das, was er stiehlt, braucht oder will, sondern weil es ihm Spass
macht... Er hat keine Führer, er hat keine Planung, und sollte es plötzlich einen Generalstreik der Eingeborenen geben, so
würde der Schwarze viel mehr als der Weisse daran leiden. Er würde nach einer Woche verhungern, weil er weder Kapital
noch Reserven hinter sich hat."
Das Magazin Nr. 7, 1998, S. 29
"Nichts!" wiederholte Leonhard. "Zwanzig bis dreissig in einen kahlen, glühenden Felsenwinkel geklebte Lehmhütten hundertundfünfzig übelduftende Neger und Negerinnen mit sehr regelmässigen Affengesichtern und von allen Altersstufen
von Zeit zu Zeit Totengeheul um einen erschlagenen Krieger oder einen am Fieber oder an Altersschwäche Gestorbenen von Zeit zu Zeit Siegesgeschrei über einen gelungenen Streifzug oder eine gute Jagd - von Zeit zu Zeit dunkle
Heuschreckenschwärme, welche über das gelbe Tal hinziehen - zur Regenzeit ein troglodytisches Verkriechen in den
Spalten und Höhlen der Felsen! Im Juni des Jahres achtzehnhundertneunundvierzig geschah jener Überfall - rechnet,
rechnet - zählt an den Fingern die Jahre und - gebt mir ein Glas Wasser aus unserm Brunnen: wahrhaftig, es war eine arge
Hitze und sehr schwül in Abu Telfan im Tumurkielande!"
Raabe in "Abu Telfan", Digitale Bibliothek 1997, S. 76944
Für die geleistete Unterstützung möchte ich Herrn Hubert Beck, der mir einen Grossteil seiner Geographiebücher zur Verfügung gestellt hat, Herrn Dr. Joseph Küng für die Zusendung seiner Vorlesungsunterlagen zur
Geschichte Schwarzafrikas, Herrn Bruno Dörig und Herrn Michael Zutavern für zusätzliche Informationen,
Herrn Zutavern für die geleisteten Betreuungsarbeiten, meinen Eltern für das Bereitstellen diverser Materialien und ganz besonders meiner Frau Rukaya, die mich auf das Thema aufmerksam gemacht hat, und neben
Arbeiten im Hintergrund vor allem viel Geduld aufbringen musste, danken.
Matthias Giger, November 1998
Die Grafik auf dem Titelblatt stammt aus der Sammlung "Corel Draw Mega Gallery".
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 2
Inhaltsüberblick
1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
2. Überblick über die Geschichte Schwarzafrikas
. . . . . . . . . . . . . . . . 25
3. Vorwürfe an das von der Schule vermittelte Bild . . . . . . . . . . . . . . . 35
4. Der schwarzafrikanische Mensch im Geographielehrmittel . . . . . . . 93
a) Frühe Lehrmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95
b) Sechziger Jahre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
c) Siebziger Jahre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220
d) Achtziger Jahre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326
e) Neunziger Jahre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380
5. Der schwarzafrikanische Mensch im Musiklehrmittel . . . . . . . . . . . 433
6. Der schwarzafrikanische Mensch im Lesebuch und Comic . . . . . . 471
7. Ergebnisse der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 494
8. Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 537
Für eilige Leserinnen und Leser
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
Vorwürfe an das Afrikabild der Lehrmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
Der schwarzafrikanische Mensch im Geographielehrmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
Ergebnisse der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 494
Vorstellung der Arbeitsweise: Themenkreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
Verzeichnis: Weitere Themenkreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90
Kurzzusammenfassung der Arbeit
Ziel der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
Zusammenfassung des historischen Bildes des schwarzafrikanischen Menschen . . 58
Zusammenfassung des modernen Bildes des schwarzafrikanischen Menschen . . . 533
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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Inhaltsverzeichnis
1. EINLEITUNG
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
1.1. Ziel der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
1.2. Persönliche Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
1.3. Aufbau der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
21
1.4. Bedeutung des Themas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
1.5. Bemerkung zu wichtigen Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23
1.5.1. Ki-Zerbos "Die Geschichte Schwarzafrikas" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23
1.5.2. Encarta und Encarta Weltatlas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23
1.5.3. Fischer Weltalmanach '98 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23
1.5.4. Infopedia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
1.5.5. FAOSTAT und andere Dienste der FAO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24
1.5.6. The Economist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24
2. ÜBERBLICK ÜBER DIE GESCHICHTE SCHWARZAFRIKAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25
2.1. Vorgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
2.2. Frühgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
2.3. Dunkle Jahrhunderte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
26
2.4. Von den Königreichen zu den Kaiserreichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27
2.5. Grosse Jahrhunderte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
28
2.5.1. Wirtschaft und Gesellschaft in Westafrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
30
2.6. Zeit der Wende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
2.7. Kolonisation und Widerstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
33
3. VORWÜRFE AN DAS VON DER SCHULE VERMITTELTE BILD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
35
3.1. Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen durch die Jahrhunderte . . . . . . . . . . . . . . . .
35
3.1.1. Die Antike . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
3.1.2. Die Berichte arabischer Beobachter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
37
3.1.2.1. El Idrisi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
3.1.2.2. Ibn Batuta . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
37
3.1.2.3. Leo Africanus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
3.1.3. Entdeckungen, Menschenhandel und Sklavenbefreiung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
38
3.1.3.1. Montaigne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
40
3.1.3.2. Shakespeare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
40
3.1.3.3. Locke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
3.1.3.4. Defoe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
3.1.3.5. Wieland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
3.1.3.6. Lichtenberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
43
3.1.3.7. Lessing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
3.1.3.8. Schiller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
3.1.3.9. Forster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
3.1.3.10. Herder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
3.1.3.11. Seume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
3.1.3.12. Paul . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
3.1.3.13. Arnim . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
3.1.3.14. Nettelbeck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
47
3.1.3.15. Goethe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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Inhaltsverzeichnis
3.1.3.16. Mörike . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
3.1.3.17. Hegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
3.1.3.18. Tieck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
3.1.3.19. Heine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
3.1.4. Der Kolonialismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
3.1.4.1. Raabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
3.1.4.2. Darwin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
3.1.4.3. Fontane . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
3.1.4.4. Wedekind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
3.1.4.5. Wells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
3.1.4.6. Kindergedicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
3.1.4.7. Heym . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
3.1.4.8. Lindsay . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
3.1.4.9. Weitere häufige Vorstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
3.1.5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
3.2. Vorwürfe an das Afrikabild der Lehrmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
60
3.3. Themenkreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
3.3.1. Ghana . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
3.3.1.1. Widrig Geographie, 1967 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
3.3.1.2. Seydlitz für Realschulen, 1968 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
3.3.1.3. Erdkunde, 1968 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
3.3.1.4. Länder und Völker, 60er Jahre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
3.3.1.5. Seydlitz für Gymnasien, 1963-1971 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
3.3.1.6. Fahr mit in die Welt, 1971-1974 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
3.3.1.7. Dreimal um die Erde, 1977-1980 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
3.3.1.8. Terra Geographie, 1979 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
3.3.1.9. Musikstudio (1980-1982) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
3.3.1.10. Seydlitz: Mensch und Raum, 1983-1984 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
70
3.3.1.11. Geographie der Kontinente, 1984 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
3.3.1.12. Mensch und Raum, 1983-1986 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
3.3.1.13. Seydlitz: Mensch und Raum, 1987 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
3.3.1.14. Singen Musik (1992) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
3.3.1.15. Klangwelt-Weltklang 2, 1993 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
3.3.1.16. Musik hören, machen, verstehen, 1990-1995 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74
3.3.1.17. Seydlitz: Geographie, 1994-1996 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74
3.3.1.18. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
3.3.2. Krieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
3.3.2.1. Lesebuch für die Oberklassen, 30er Jahre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
75
3.3.2.2. Leitfaden für den Geographieunterricht, 1934 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
3.3.2.3. Harms Erdkunde - Die Welt in allen Zonen, 1961 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
3.3.2.4. Geographie Widrig, 1967 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
3.3.2.5. Seydlitz für Realschulen, 1968 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
3.3.2.6. Länder und Völker, Ende 60er Jahre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
3.3.2.7. Seydlitz für Gymnasien, 1963- ca. 1971 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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Inhaltsverzeichnis
3.3.2.8. Fahr mit in die Welt, 1971-1974 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
3.3.2.9. List Geographie, 1972-1976 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
3.3.2.10. Neue Geographie, 1974-1976 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
3.3.2.11. Dreimal um die Erde, 1977-1980 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
3.3.2.12. Geographie thematisch, 1977-1980 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
3.3.2.13. Musikstudio, 1980-1982 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80
3.3.2.14. Seydlitz: Mensch und Raum, 1987 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80
3.3.2.15. Klangwelt-Weltklang 2, 1993 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80
3.3.2.16. Seydlitz Erdkunde 1993-1995 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
3.3.2.17. Seydlitz Geographie, 1994-1996 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
3.3.2.18. Diercke Erdkunde, 1995-1997 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
3.3.2.19. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
3.3.3. Religion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
3.3.3.1. Lehr- und Lesebuch für die thurgauischen Volksschulen, 1912 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
3.3.3.2. Leitfaden für den Geographieunterricht, 1934 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84
3.3.3.3. Harms Erdkunde - die Welt in allen Zonen, 1961 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84
3.3.3.4. Schweizerischer Mittelschulatlas, 1962 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84
3.3.3.5. Geographie Widrig, 1967 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84
3.3.3.6. Seydlitz für Realschulen, 1968 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86
3.3.3.7. Erdkunde Oberstufe, 1968-1969 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
3.3.3.8. Länder und Völker, Ende 60er Jahre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
3.3.3.9. Seydlitz für Gymnasien 1963- ca. 1971 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
3.3.3.10. Geographie für die oberen Klassen der Volksschule, 1972-1977 . . . . . . . . . . . . . . . . 87
3.3.3.11. Dreimal um die Erde, 1977-1980 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89
3.3.3.12. Seydlitz Erdkunde 1993-1995 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89
3.3.3.13. Diercke Erdkunde, 1995-1997 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89
3.3.3.14. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90
3.3.4. Weitere Themenkreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
90
4. DER SCHWARZAFRIKANISCHE MENSCH IM GEOGRAPHIELEHRMITTEL . . . . . . . . . .
93
4.1. Lehr- und Lesebuch für die thurgauischen Volksschulen (1912) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
95
4.1.1. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95
4.2. Lesebuch für die Oberklassen (30er Jahre) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
96
4.2.1. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98
4.3. Leitfaden für den Geographiunterricht (1934) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
99
4.3.1. Allgemeiner Teil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
99
4.3.2. Der Sudan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
4.3.3. Die Guineaküste und das Kongogebiet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
4.3.4. Ostafrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
4.3.5. Südafrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
4.3.6. Zahlenteil
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104
4.3.7. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104
4.4. Arbeits- und Lesebuch für Oberklassen (1936) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
4.4.1. Die Savanne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
4.4.2. "Negerleben" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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Inhaltsverzeichnis
4.4.3. Heuschreckenplage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107
4.4.4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108
4.5. Sekundarschulatlas (1950) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
4.6. Geographie - Lehrmittel für die Sekundarschule (1953)
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110
4.6.1. Die natürlichen Landschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110
4.6.2. Die Staaten
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111
4.6.3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113
4.7. Aussereuropäische Erdteile - Geographische Bilder (1953) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114
4.7.1. "Im Land der Löwen"
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114
4.7.2. Der Urwald . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114
4.7.3. "Gang in das Maniokfeld" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115
4.7.4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116
4.8. Neuer Grosser Weltatlas (1960) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
4.8.1. "Afrika" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
4.8.2. Weitere Textstellen zu Afrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118
4.8.3. Staaten und Länder von A-Z . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119
4.8.4. Kartenteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120
4.8.5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120
4.9. Harms Erdkunde - Die Welt in allen Zonen (1961) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
4.9.1. "Gebet an die Masken" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
4.9.2. "Afrika, bevor die Europäer kamen"
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122
4.9.3. "Weisse Farmerin unter Schwarzen" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123
4.9.4. Kunst in Benin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123
4.9.5. "Was bei den Weissen anders ist als bei den Schwarzen" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124
4.9.6. Totengesang der Pygmäen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126
4.9.7. "Amos Tutuola: Ein schwarzer Dichter" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126
4.9.8. "Der Weisse in schwarzer Sicht" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
4.9.9. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128
4.10. Schweizerischer Mittelschulatlas (1962) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129
4.11. Geographie (1963) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130
4.11.1. Die Bewohner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130
4.11.2. Der Sudan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131
4.11.3. Ostafrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132
4.11.4. Das Kongobecken und die Guineaküste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132
4.11.5. Südafrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133
4.11.6. Lesetexte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133
4.11.7. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133
4.12. Weltatlas (1965) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134
4.13. Geographie (Widrig, 1967) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135
4.13.1. Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135
4.13.2. Die "Negerstämme und ihre Kultur" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136
4.13.3. Die Religion
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138
4.13.4. Die Wirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140
4.13.5. "Pygmäen", "Buschmänner" und "Hottentotten" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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Inhaltsverzeichnis
4.13.6. "Das weisse Afrika" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142
4.13.7. "Unabhängigkeit südlich der Sahara" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144
4.13.8. Tropenkrankheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145
4.13.9. Insekten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145
4.13.10. Ackerbau und Viehzucht in der Savanne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146
4.13.11. "Die Guineaküste und das Kongobecken" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147
4.13.12. Ostafrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147
4.13.13. Südafrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148
4.13.14. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150
4.14. Seydlitz für Realschulen (1968) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
4.14.1. Band 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
4.14.1.1. Der Norden Afrikas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
4.14.1.2. Die Savannen des Sudans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152
4.14.1.3. Äquatorialafrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154
4.14.1.4. Südafrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159
4.14.1.5. Ostafrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164
4.14.1.6. Rückblick auf Afrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167
4.14.2. Band 6: Menschliche Gemeinschaften gestalten die Erde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168
4.14.3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171
4.15. Erdkunde (1968) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172
4.15.1. Äquatorialafrika und Sudan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172
4.15.2. "Europäer in Innerafrika" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173
4.15.3. "Der Neger und die neue Wirtschaft" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175
4.15.4. "Grosse Ströme im Dienste des Menschen" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177
4.15.5. "Kolonien werden selbständige Staaten"
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177
4.15.6. Äquatorialafrika und Sudan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179
4.15.7. Ostafrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179
4.15.8. Südafrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
4.15.9. "Ein Erdteil im Aufbruch" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184
4.15.10. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185
4.16. Erdkunde: Oberstufe (1968-1969) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186
4.16.1. Band 1: Die Erde als Natur- und Lebensraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186
4.16.2. Band 2: Die Erde als wirtschaftlicher und politischer Raum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188
4.16.3. Band 3: Deutschland - wirtschaftliche, soziale und politische Probleme . . . . . . . . . . . . . . 188
4.16.4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188
4.17. Länder und Völker (60er Jahre) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190
4.17.1. Bevölkerung
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190
4.17.2. "Der Sudan, Land der Schwarzen" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191
4.17.3. Äquatorialafrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194
4.17.4. Ostafrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198
4.17.5. Südafrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204
4.17.6. Inseln Afrikas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208
4.17.7. "Afrika und Europa"
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208
4.17.8. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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4.18. Seydlitz für Gymnasien (1963- ca. 1971) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211
4.18.1. Band 5: Erde und Mensch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211
4.18.1.1. Kulturstufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212
4.18.1.2. Siedlungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212
4.18.1.3. Sammler- und Hackbauvölker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213
4.18.1.4. Die Tropen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214
4.18.2. Band 6: Das Weltbild der Gegenwart . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215
4.18.2.1. "Anthropogene Faktoren" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217
4.18.3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219
4.19. Fahr mit in die Welt (1971-1974) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220
4.19.1. Allgemeiner Teil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220
4.19.2. Nordafrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222
4.19.3. Der Sudan und Oberguinea
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223
4.19.4. Ostafrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225
4.19.5. Südafrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226
4.19.6. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230
4.20. Geographie für die oberen Klassen der Volksschule (Aargau 1972-1977) . . . . . . . . . . . . . . 232
4.20.1. Das Leben (1974) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232
4.20.1.1. Krankheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232
4.20.1.2. Wohnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233
4.20.1.3. Ernährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235
4.20.2. Band 4: Die Kultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236
4.20.2.1. Kultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236
4.20.2.2. Ausbreitung des Menschen und aktuelle Lage (1977) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237
4.20.2.3. Der Kulturraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238
4.20.2.4. Lebensweisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240
4.20.2.5. Erziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242
4.20.2.6. Schule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244
4.20.2.7. Religion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246
4.20.2.8. Politik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248
4.20.3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248
4.21. List Geographie (erstmals 1972-1976) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250
4.21.1. Band 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250
4.21.1.1. "Buschmänner in der Kalahari" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250
4.21.1.2. Kaffee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251
4.21.1.3. Eisenerz aus Liberia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252
4.21.2. Band 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253
4.21.2.1. Zaire . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253
4.21.2.2. Ostafrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254
4.21.2.3. Mali . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255
4.21.3. Band 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258
4.21.3.1. Südafrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258
4.21.3.2. Entwicklungshilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260
4.21.4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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4.22. Neue Geographie (1974-1976) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261
4.22.1. Band 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261
4.22.2. Band 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262
4.22.2.1. Mosambik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262
4.22.3. Band 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264
4.22.3.1. Entwicklungshilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266
4.22.3.2. Tansania . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266
4.22.3.3. Südafrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267
4.22.4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271
4.23. Dreimal um die Erde (1977-1980, erstmals 1968-1972) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272
4.23.1. Band 1: Menschen ihn ihrer Welt (Ausgabe von 1977, erstmals 1968) . . . . . . . . . . . . . . . 272
4.23.1.1. Wildherden in den Savannen Ostafrikas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272
4.23.1.2. Kakao aus Ghana . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274
4.23.2. Band 2: Räume und Problem (Ausgabe von 1980, erstmals 1970) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275
4.23.2.1. Nigeria . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275
4.23.2.2. Republik Südafrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280
4.23.3. Band 3: Unsere Welt im Wandel (Ausgabe von 1977, erstmals 1972) . . . . . . . . . . . . . . . 286
4.23.3.1. Ernährung der Menschheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286
4.23.3.2. Entwicklungspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288
4.23.3.3. Entwicklungshilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289
4.23.4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292
4.24. Geographie thematisch (1977-1980) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293
4.24.1. Band 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293
4.24.2. Band 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294
4.24.2.1. Brandrodung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294
4.24.2.2. Die Savanne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295
4.24.2.3. Kilimandscharo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297
4.24.2.4. Nigeria . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297
4.24.3. Band 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299
4.24.3.1. Tansania . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299
4.24.4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301
4.25. Silva Weltatlas (1978) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302
4.25.1. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303
4.26. Terra Weltkunde (1978) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304
4.27. Terra Geographie (1979) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305
4.27.1. Band 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305
4.27.1.1. "Das gescheiterte Erdnussprojekt" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305
4.27.1.2. "Trockengrenze der Landwirtschaft" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306
4.27.1.3. "Dürre im Sahel" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307
4.27.1.4. "Ochsenpflüge für Ghana" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308
4.27.1.5. Tansania . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308
4.27.1.6. Armut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310
4.27.2. Band 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313
4.27.3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313
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Inhaltsverzeichnis
4.28. Unser Planet (1979-1982) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314
4.28.1. Band 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314
4.28.1.1. Grenzraum: tropischer Regenwald . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314
4.28.1.2. Ölpalmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316
4.28.2. Band 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317
4.28.2.1. Die Sahelzone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317
4.28.2.2. Prüfkompass . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320
4.28.3. Band 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320
4.28.3.1. Tansania . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320
4.28.3.2. Der Welthandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322
4.28.4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324
4.29. Schweizer Weltatlas (1981) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326
4.30. Seydlitz: Mensch und Raum (1983-1984)
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327
4.30.1. Band 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327
4.30.1.1. "Landnutzung in den Tropen" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327
4.30.1.2. Die Massai . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329
4.30.1.3. Zaire . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331
4.30.1.4. Landnutzung, Produkte und Wirtschaftssysteme (Tabelle) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332
4.30.1.5. Höhenstufen am Mount Kenia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332
4.30.1.6. Ochsengespann in Kamerun . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333
4.30.1.7. "Ofenbauprogramm in Overvolta" (Burkina Faso) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334
4.30.1.8. "Die Industrialisierung Nigerias" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335
4.30.2. Weitere Bände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337
4.30.3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338
4.31. Geographie der Kontinente (Schülerband, 1984) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339
4.31.1. Steckbrief des Kontinents . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339
4.31.2. Der Regenwald . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340
4.31.3. "Bei einem Kakaopflanzer in Ghana" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342
4.31.4. Savanne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343
4.31.5. Sahelzone
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344
4.31.6. Ostafrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346
4.31.7. Südafrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347
4.31.8. "Probleme, Entwicklungen, Zukunftsaussichten" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348
4.31.9. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350
4.32. Terra Erdkunde für Realschulen (1980-1985) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351
4.32.1. Band 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351
4.32.1.1. Savannen Afrikas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351
4.32.2. Band 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355
4.32.3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356
4.33. Terra Erdkunde (1982-1983) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358
4.33.1. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358
4.34. Mensch und Raum (1983-1986) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359
4.34.1. Band 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359
4.34.1.1. Kenia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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4.34.1.2. Kakao aus Ghana . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361
4.34.2. Band 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361
4.34.2.1. Ruanda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362
4.34.2.2. Namibia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362
4.34.2.3. Kamerun . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363
4.34.2.4. "Brotfabrik für Nigeria" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 364
4.34.2.5. "Biogasanlage für Kamerun" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365
4.34.3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366
4.35. Terra Erdkunde - Hauptschule (1985-1987) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367
4.35.1. Band 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367
4.35.2. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367
4.36. Seydlitz: Mensch und Raum (1987) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368
4.36.1. Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368
4.36.2. Zaire . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370
4.36.3. Ruanda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371
4.36.4. Kano . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373
4.36.5. Sambia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375
4.36.6. Malawi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377
4.36.7. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379
4.37. Diercke Taschenatlas (1992) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380
4.38. Seydlitz Erdkunde (1993-1995) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381
4.38.1. Band 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381
4.38.1.1. Allgemeines: "Afrika der zweitgrösste Kontinent" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381
4.38.1.2. Bevölkerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382
4.38.1.3. Landwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383
4.38.1.4. Der Weg zum modernen Afrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384
4.38.1.5. Die Sahelzone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385
4.38.1.6. "Hungergürtel der Erde" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387
4.38.1.7. "Wirtschaftsraum Kongobecken" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387
4.38.1.8. Ostafrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389
4.38.1.9. "Exportabhängigkeit afrikanischer Staaten" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390
4.38.1.10. "Nigeria - ein Staat?" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391
4.38.1.11. "Was ist ein Entwicklungsland?" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 393
4.38.1.12. "Rassenkonflikte in Südafrika" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394
4.38.2. Band 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 396
4.38.2.1. "Ernährungsprobleme" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 396
4.38.2.2. "Arbeitswanderung und Armutsflüchtlinge" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397
4.38.3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398
4.39. Seydlitz Geographie (1994-1996) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399
4.39.1. Band 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399
4.39.1.1. "Die Eroberung der 'Grünen Hölle'" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399
4.39.1.2. "Raubbau oder Anpassung?" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400
4.39.1.3. Sahel
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401
4.39.1.4. "Der Hunger in der Welt" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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4.39.1.5. Kenia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 404
4.39.2. Band 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406
4.39.2.1. Sklavenhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407
4.39.2.2. "Entwicklung im ländlichen Afrika" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 408
4.39.3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409
4.40. Heimat und Welt (1994-1996) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 410
4.40.1. Band 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 410
4.40.1.1. "Pygmäen" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 410
4.40.1.2. Bantu . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411
4.40.1.3. Reisebericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 412
4.40.1.4. "Das Wichtigste kurz gefasst" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 412
4.40.1.5. "Hunger und Bevölkerungswachstum" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413
4.40.2. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414
4.41. Geographie: Mensch und Raum (1994-1996) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415
4.41.1. Band 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415
4.41.2. Band 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415
4.41.2.1. "Leben in Trockenräumen" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 416
4.41.2.2. Frauenleben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 416
4.41.2.3. Ernährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417
4.41.2.4. Mali . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 418
4.41.2.5. Sambia: "Grossprojekte scheitern" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 420
4.41.3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421
4.42. Diercke Erdkunde (1995-1997) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422
4.42.1. Band 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422
4.42.1.1. "Pygmäen" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422
4.42.1.2. Bantu . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423
4.42.1.3. Agroforstwirtschaft: "Hoffnung für den Regenwald" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424
4.42.1.4. Sahel und Savanne: Burkina Faso . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425
4.42.1.5. "Frauen in Burkina Faso" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 426
4.42.1.6. Desertifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 428
4.42.1.7. Niederschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429
4.42.1.8. Hilfe von Schülern für Afrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 430
4.42.2. Band 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431
4.42.3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432
5. DER SCHWARZAFRIKANISCHE MENSCH IM MUSIKLEHRMITTEL . . . . . . . . . . . . . . . . . 433
5.1. Ein Blick in die Fachliteratur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433
5.1.1. Knaurs Weltgeschichte der Musik (1979) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433
5.1.1.1. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435
5.1.2. Geschichte der Musik (1980) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435
5.1.3. Geschichte der Musik (1983) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436
5.1.4. Die Musik (1983) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436
5.1.5. Das grosse Buch der Musik (1984) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436
5.1.6. Musik-Geschichte im Überblick (1985) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436
5.1.7. dtv-Atlas zur Musik (1987) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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Inhaltsverzeichnis
5.1.8. Musikinstrumente der Welt (1988) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 437
5.1.9. Zusammenfassung zu den Musikbüchern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 437
5.2. Schulbücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 438
5.2.1. Musik um uns
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 438
5.2.1.1. Unser Liederbuch - Musik um uns (Nachruck 1986) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 438
5.2.1.2. Musik um uns - Klassen 5 und 6 (1991) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 438
5.2.1.3. Musik um uns - 7.-10. Schuljahr (1975) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 438
5.2.1.4. Musik um uns - 7.-10. Schuljahr (1979) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 439
5.2.1.5. Musik um uns 3 (1995) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 439
5.2.1.6. Musik um uns 3 (1995) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 440
5.2.1.7. Musik um uns - 11.-13. Schuljahr (1981) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441
5.2.1.8. Musik um uns - 11.-13. Schuljahr (1985) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441
5.2.1.9. Musik um uns - für den Kursunterricht in der Klasse 11 (1988) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 442
5.2.1.10. Musik um uns - für den Kursunterricht in den Klassen 12 und 13 (1988) . . . . . . . . . . 442
5.2.1.11. Musik um uns - Sekundarbereich II (1996) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 442
5.2.1.12. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443
5.2.2. Schweizer Singbücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443
5.2.2.1. Schweizer Singbuch Mittelstufe (1943) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443
5.2.2.2. Schweizer Singbuch Unterstufe (1988) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443
5.2.2.3. Schweizer Singbuch Mittelstufe (1980) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443
5.2.2.4. Schweizer Singbuch Oberstufe (1968) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 444
5.2.2.5. Musik auf der Oberstufe - Liedteil (1979) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 444
5.2.2.6. Musik auf der Oberstufe - Lehrerheft 2 (1987) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 444
5.2.2.7. Musik auf der Oberstufe - Lehrerband 1 (1988) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 444
5.2.2.8. Musik auf der Oberstufe - Lieder, Tänze, Musikstücke (1988) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 444
5.2.2.9. Schulmusik konkret (1991) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 445
5.2.2.10. 250 Kanons (1996) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 445
5.2.2.11. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 445
5.2.3. 1000 chants (1975) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 446
5.2.4. Musikunterricht (1979)
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 446
5.2.5. Musikstudio (1980-1982) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 447
5.2.5.1. Musikstudio 1 (1980) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 447
5.2.5.2. Musikstudio 2 (1982) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 447
5.2.5.3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 450
5.2.6. Lied international (1982) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 450
5.2.7. Erlebnis Musik (1985) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 450
5.2.8. Musik-Kontakte (1983-1987) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451
5.2.9. Musicassette (1990-1992)
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451
5.2.10. Singen Musik (1992) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 454
5.2.11. Spielpläne Musik (1992-1994) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 454
5.2.11.1. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 457
5.2.12. Klangwelt-Weltklang (1991-1993) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 457
5.2.12.1. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458
5.2.13. 111 / 222 / 333 Lieder (1990-1995) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 459
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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Inhaltsverzeichnis
5.2.14. Liedertreff (1994)
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 459
5.2.15. Die Musikstunde (1992-1997) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 459
5.2.16. Hauptsache Musik (1995) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 460
5.2.17. Canto (1996) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461
5.2.18. Musik hören, machen, verstehen (1990-1995) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461
5.2.18.1. Musik hören, machen, verstehen 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461
5.2.18.2. Musik hören, machen, verstehen 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 462
5.2.18.3. Musik hören, machen, verstehen 3 - Lehrerband . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 463
5.2.18.4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 464
5.2.19. Vom Umgang mit dem Fremden (1996) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 465
5.2.19.1. Dem Fremden begegnen (1996) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 465
5.2.19.2. Westafrikanische Musik auf drei Eisenglocken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 466
5.2.19.3. Flötenspiel aus Burundi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467
5.2.19.4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 468
5.3. Vorgestellte Instrumente und Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 469
6. DER SCHWARZAFRIKANISCHE MENSCH IM LESEBUCH UND COMIC . . . . . . . . . . . . . . 471
6.1. Lesebücher und Sprachbücher
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 471
6.1.1. Lehr- und Lesebuch (1912) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 471
6.1.2. Lesebuch für die Oberklasse (ca. 1930) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 471
6.1.3. Arbeits- und Lesebuch für die Oberklassen (1936) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 471
6.1.4. Lehr- und Lesebuch, 1943 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 471
6.1.5. Heimat (1962) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 471
6.1.6. Schöne weite Welt, 1966 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 472
6.1.7. Sprachbüchlein (1968) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 472
6.1.8. Unsere Zeit (1969) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 472
6.1.9. Wort und Bild (1970) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 472
6.1.10. Neues Schweizer Lesebuch (1979-1980) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 472
6.1.11. Lesebuch 4 (1980) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473
6.1.12. Lesen 3 - Band 1 (1981) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473
6.1.13. Sprachbuch (1974-1983) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 474
6.1.14. Lesespiegel, 1984
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 475
6.1.15. Drei Schritte (1984) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 475
6.1.16. Lesebuch 5. Klasse (1985) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 477
6.1.17. Der Lesefuchs (1988) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 477
6.1.17.1. Lesebuch für das 3. Schuljahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 477
6.1.17.2. Lesebuch für das 4. Schuljahr (1988) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 478
6.1.17.3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 479
6.1.18. Schaukelpferd, 1989 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 479
6.1.19. Fosch, Fusch, Fesch, 1990 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 479
6.1.20. Karfunkel (1990) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 479
6.1.20.1. Nähen und Wassertragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 479
6.1.20.2. Die heuschreckliche Invasion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 480
6.1.20.3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 481
6.1.21. Die Welt ist reich (1991) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 481
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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Inhaltsverzeichnis
6.1.22. Das fliegende Haus (1992) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 481
6.1.23. Spürnase (1993) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 482
6.1.24. Deutsch, 1995 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 482
6.1.25. Wörterbücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 483
6.2. Streifzug durch die Comicgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 485
6.2.1. Fipps der Affe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 485
6.2.2. Little Nemo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 486
6.2.2.1. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 488
6.2.3. Tim und Struppi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 488
6.2.4. Spirou und Fantasio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 491
6.2.5. Das schwarze Marsupilami
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 492
6.2.6. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 492
7. ERGEBNISSE DER UNTERSUCHUNG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 494
7.1. Darstellung des schwarzafrikanischen Menschen
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 494
7.1.1. In den Lehrmitteln erwähnte Berufe von Schwarzafrikanern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 494
7.1.2. Subsistenzproduktion und Exporte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495
7.1.2.1. Subsistenzproduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495
7.1.2.2. Exporte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 496
7.1.2.3. Ökologisches Bewusstsein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 498
7.1.3. Darstellung von Mann, Frau und Kind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 499
7.1.3.1. Die Rolle des Mannes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 499
7.1.3.2. Die Rolle der Frau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 500
7.1.3.3. Die Rolle des Kindes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 501
7.1.4. Zugeschriebene Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 502
7.1.5. Darstellung von Nichtschwarzafrikanern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 505
7.1.5.1. Araber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 505
7.1.5.2. Europäer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 506
7.2. Genannte Völker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 508
7.2.1. Darstellung der Pygmäen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 509
7.2.2. Darstellung der "Buschleute" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 510
7.2.3. Darstellung der Khoi-Khoin (Hottentotten)
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 511
7.2.4. Darstellung der Massai . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 511
7.2.5. Darstellung der Fulbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 512
7.2.6. Darstellung der Hausa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 513
7.2.7. Darstellung der Yoruba . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 513
7.2.8. Darstellung der Ibo
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 514
7.3. Genannte Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 515
7.3.1. Äthiopien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 517
7.3.2. Demokratische Republik Kongo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 518
7.3.3. Ghana . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 519
7.3.4. Kenia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 520
7.3.5. Nigeria . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 521
7.3.6. Südafrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 522
7.3.7. Tansania . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 523
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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7.4. Weitere Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 525
7.4.1. Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 525
7.4.2. Religion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 526
7.4.3. Anteil der Afrikaseiten am Gesamtumfang der Geographielehrmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . 527
7.4.4. Qualität und Aktualität der gemachten Aussage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 528
7.5. Die diskriminierende Verwendung der Sprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531
7.6. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 533
7.6.1. Betrachtung der Vorwürfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 533
7.6.2. Die Entwicklung des Bildes vom schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert . . . . 535
8. ANHANG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 537
8.1. Tabellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 537
8.1.1. Grunddaten zu den afrikanischen Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 537
8.1.2. UNO-Daten zur Bevölkerung und Wirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 539
8.1.3. Unabhängigkeit und ethnische Differenzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 540
8.1.4. Religionen in Afrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 542
8.1.5. Abhängigkeit von Exportgütern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 544
8.1.6. Tourismus in afrikanischen Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 545
8.1.7. Bananenproduktion in Schwarzafrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 547
8.1.8. Baumwollproduktion in Afrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 548
8.1.9. Eisenerzproduktion und Diamantenproduktion afrikanischer Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . 549
8.1.10. Erdnussproduktion in Schwarzafrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 549
8.1.11. Erdölproduktion in Afrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 550
8.1.12. Goldproduktion schwarzafrikanischer Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 551
8.1.13. Kaffeeproduktion schwarzafrikanischer Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 551
8.1.14. Kakaoproduktion ausgewählter Länder
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 552
8.1.15. Kupferproduktion afrikanischer Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 552
8.1.16. Holzverbrauch ausgewählter schwarzafrikanischer Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 553
8.1.17. Sisalproduktion ausgewählter Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 553
8.1.18. Teeproduktion schwarzafrikanischer Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 554
8.1.19. Uranproduktion afrikanischer Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 554
8.1.20. Verschiedene landwirtschaftliche Produkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 555
8.1.21. Tierbestände afrikanischer Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 555
8.1.22. Landwirtschaftliche Produktion in Afrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 557
8.1.23. Landwirtschaftliche Produktion Tansanias . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 559
8.1.24. Staatliche Gliederung Afrikas nach Erdkunde 1968 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 559
8.1.25. Entwicklung der Bevölkerungszahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 561
8.2. Karten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 563
8.2.1. Die europäischen Kolonien in Afrika von 1914 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 563
8.2.2. Afrikakarten aus Schweizer Schulatlanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 564
8.2.3. Erlangung der Unabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 565
8.2.4. Einteilung Afrikas nach dem Fünf-Welten-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 566
8.2.5. Sicherheitssituation in den afrikanischen Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 567
8.2.6. Bevölkerungsdichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 568
8.2.7. Bruttosozialprodukt pro Kopf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 569
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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Inhaltsverzeichnis
8.2.8. Abhängigkeit von Exportprodukten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 570
8.2.9. Analphabetisierungsrate für Mädchen in Schwarzafrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 571
8.2.10. Offizielle Amtssprachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 572
8.2.11. Ethnische Differenzierung der schwarzafrikanischen Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 573
8.2.12. Religionszugehörigkeit
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 574
8.2.13. Verfügbares Trinkwasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 575
8.2.14. Holzverbrauch ausgewählter schwarzafrikanischer Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 576
8.2.15. Das neue Bild Afrikas: Der Aidskontinent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 577
8.2.16. Aussergewöhnliche Nahrungsmittelknappheit in afrikanischen Ländern . . . . . . . . . . . . . . 578
8.3. Beispiele schwarzafrikanischen Lebens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 579
8.3.1. Die Aufgaben der Frau im schwarzafrikanischen Alltag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 579
8.3.1.1. One woman's day in Sierra Leone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 579
8.3.1.2. Die Rolle der Frau bei den Joruba . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 580
8.3.2. Das Leben auf dem Land . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 581
8.3.2.1. Kakaoernte bei Adwoa Addae . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 581
8.3.2.2. Aktivitätspfade ghanaischer Familien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 582
8.3.2.3. Mittel der Überlebenssicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 584
8.3.2.4. Tagesablauf einer ghanaischen Familie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 585
8.3.2.5. Nandele, ein Mädchen vom Lande, erzählt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 588
8.3.2.6. "Traditionelle" Lebensweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 590
8.3.3. Das Leben in der Stadt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 591
8.3.3.1. Raketa, Obstverkäuferin in Ouagadougou, erzählt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 591
8.3.3.2. "Aber es ist auch alles sehr teuer hier" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 594
8.3.3.3. Die Kenkey-Frauen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 595
8.3.3.4. Das Leben am Rande der Stadt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 596
8.3.3.5. Die Oberschicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 597
8.4. Sonstige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 598
8.4.1. Ernährungssituation auf den afrikanischen Kontinent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 598
8.4.2. Vorratslagerung in Schwarzafrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 599
8.4.3. Der schwarzafrikanische Mensch in Charles Darwins Werk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 600
8.4.4. Ein Selbstgespräch von Albert Wirz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 604
8.5. Quellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 607
8.5.1. Afrika in Atlanten und Geographiebüchern: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 608
8.5.1.1. Untersuchte Lehrmittel und Werke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 608
8.5.1.2. Hintergrundinformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 611
8.5.2. Afrikanische Musik in Musikbüchern: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 612
8.5.2.1. Fachliteratur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 612
8.5.2.2. Schulbücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 612
8.5.2.3. Hintergrundliteratur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 614
8.5.3. Afrika in Lesebüchern: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 615
8.5.4. Afrika im Comic: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 616
8.5.5. Geschichte Afrikas: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 617
8.5.6. Sonstige Bücher: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 617
8.5.6.1. Romane und Erzählungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 617
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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Inhaltsverzeichnis
8.5.6.2. Lexika und Wörterbücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 618
8.5.6.3. Verschiedene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 618
8.5.7. Elektronische Medien: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 619
8.5.7.1. CD-ROMs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 619
8.5.7.2. Videofilme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 619
8.5.7.3. Tondokumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 620
8.5.8. Internet: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 620
8.5.9. Zeitungen und Zeitschriften: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 621
8.5.9.1. Artikel aus "Geo - Das neue Bild der Erde" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 621
8.5.9.2. Artikel aus dem "Tages Anzeiger" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 621
8.5.9.3. Artikel aus "The Economist" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 623
8.5.9.4. Weitere Artikel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 624
8.6. Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 625
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 19
Einleitung
1.
Einleitung
Nur jene, welche in dieser Sache eigene Erfahrungen haben sammeln können, kennen die Schwierigkeiten, die es bereitet,
um von den afrikanischen Eingeborenen zuverlässige Informationen über sie selbst und ihre Heimat zu erhalten. Häufig
führen sie die Europäer dadurch in die Irre, dass sie alle Fragen bejahen, bloss um der Störung oder Zudringlichkeiten zu
entgehen. Zuweilen erwecken solche Fragen auch den Argwohn der Afrikaner, die hinter der Neugierde der Europäer
irgendeine üble Absicht vermuten. Man benötigt also viel Zeit und eine Fülle von Geduld, um die nötigen Erkundigungen
einzuziehen und die Fragen so abwechslungsreich zu gestalten, dass die Eingeborenen imstande sind, ihren Sinn
einzusehen; auch ist es nötig, die Aussagen verschiedener Individuen miteinander zu vergleichen, um die Gefahr von
Missverständnissen zu vermeiden. Selbst Dolmetschern kann man nicht blindlings Vertrauen schenken, weil sie dazu
neigen, Antworten so zu färben, dass sie der Erwartung ihres Herrn entgegenkommen.
Thomas Winterbottom, Arzt und Entdecker, der Ende des 18. Jahrhunderts nach Sierra Leone reiste, zur Problematik der
Feldforschung. (Bitterli 1977, S. 311)
In der Einleitung werden die Zielstellung der Arbeit beschrieben, das persönlichen Interesse des Verfassers an
der Thematik aufgezeigt, der grobe Aufbau der Arbeit erläutert, die Bedeutung des Themas umrissen und die
wichtigsten Quellen kurz vorgestellt.
1.1 Ziel der Arbeit
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen, d.h. der Menschen, die in Afrika südlich der Sahara - unter
Ausschluss der weissen Minderheiten Südafrikas und insbesondere der in Nord- und Südamerika lebenden
Nachkommen der ehemals aus Schwarzafrika stammender Sklaven -, soll erforscht und auf Veränderungen in
der Zeit untersucht werden.
Als Quellen dienten in erster Linie Lehrmittel aus dem Schulbereich in den Fächern Geographie und Musik,
sowie zum Vergleich Lesebücher und Comic-Hefte, aber auch Sachbücher, die der Lehrkraft Hintergrundinformationen für eine zu haltende Lektion liefern. Auf die Betrachtung der Darstellung in Geschichtsbüchern
wurde verzichtet, da die vorher genannten Bereiche einerseits genug Material für eine Analyse lieferten, andererseits dadurch noch mehr Überschneidungen zustandegekommen wären.
Auch audiovisuelles Material wurde von der Untersuchung ausgeschlossen, da es auf diesem Gebiet einerseits
sehr gutes Dokumentationsmaterial gibt, andererseits diese Medien für Private schwer handhabbar sind.
Es wurde auch bewusst darauf verzichtet, das Bild der Afroamerikaner zu untersuchen, da dieses Thema
immer wieder aufgegriffen und teilweise Bestandteil des normalen Unterrichts geworden ist.
Als Nebenprodukt der Fragestellung nach dem Bild des schwarzafrikanischen Menschen soll bei den Lesern
auch eine Sensibilisierung auf die Problematik der Darstellung fremder Kulturen in den deutschsprachigen
Schulbüchern und in der Unterrichtstätigkeit stattfinden, die hoffentlich zu einem reflektierteren Umgang im
Klassenzimmer führt.
1.2 Persönliche Interessen
Seit meiner Kindheit haben mich andere Gegenden im allgemeinen und andere Völker und Kulturen im
speziellen interessiert. Dieses Interesse wurde durch die Begegnung im Alter von etwa sechs Jahren mit dem
Südamerikaforscher Arno Calderari, der es nie versäumte, meinen Geschwistern und mir etwas von seinen
Entdeckungsreisen mitzubringen, sicher massgeblich beeinflusst. Seine Erzählungen und Berichte über wilde
Tiere, gewaltige Landschaften und fremde Völker haben mich immer fasziniert.
In der Primarschule wandte sich mein Interesse, angeregt durch das Lesen etlicher Romane von Karl May, den
Indianern Nord- und Südamerikas zu. Durch das Lesen einschlägiger Bücher tat sich vor meinen Augen
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 20
Einleitung
buchstäblich eine neue Welt auf, die um ein vielfaches faszinierender war, als die bis anhin verschlungenen
Abenteuerromane. Ausserdem wiesen diese Bücher daraufhin, dass die in Europa als Norm geltende Lebensweise nicht eine universelle war. Eine Tatsache, die mich bis hinein in meine Ausbildung als Primarlehrer
immer wieder faszinierte.
Nach einem gedanklichen Abstecher in die Lebensweise der Europäer im Mittelalter und einem kurzen Blick
in die Kulturvielfalt Asiens, ergab sich im Rahmen meiner beruflichen Tätigkeit als Primarlehrer 1995 die
Möglichkeit, ein Jahr in Westafrika, genauer in Ghana, zu verbringen und dort einen Ausschnitt aus dem
Farbenspiel der afrikanischen Kulturen in persona zu erleben. Im Laufe meiner dortigen Tätigkeit lernte ich
meine Frau kennen und bin durch sie und die in Ghana gemachten Erlebnisse seither dem afrikanischen Kontinent und den dort lebenden Menschen in sehr persönlicher Weise verbunden.
Bereits vor meiner Abreise und erst recht nach meiner Rückkehr bin ich bei vielen meiner Mitmenschen nicht
nur auf ein Interesse an Schwarzafrika, sondern immer wieder auch auf seltsam anmutende Vorurteile gestossen, da insbesondere die Medien und auch die Schule der früheren Jahre ein doch recht einseitiges Bild des
"Dunklen Kontinentes" vermittelt haben und leider noch immer vermitteln.
Aus diesem Grund lag mir viel daran, einigen dieser Vorstellungen nachzugehen, und auch den Wandel dieser
Vorstellungen mit dem Fortschreiten der Zeit näher in Augenschein zu nehmen.
1.3 Aufbau der Arbeit
Die Arbeit gliedert sich grob in die Teile "Einleitung", "Überblick über die Geschichte Schwarzafrikas", "Vorwürfe an das von der Schule vermittelte Bild", "Der schwarzafrikanische Mensch im Geographielehrmittel",
"Der schwarzafrikanische Mensch im Musiklehrmittel" und "Der schwarzafrikanische Mensch im Lesebuch
und Comic" und "Ergebnisse der Untersuchung", sowie den Anhang.
Der erste Teil der Arbeit, "Einleitung" (ab Seite 20), zu dem auch dieser Abschnitt gehört, gibt Auskunft über
den Untersuchungsgegenstand der Arbeit, die persönlichen Interessen des Autors, den Aufbau der Arbeit und
die Bedeutung des Themas.
Der zweite Teil, "Überblick über die Geschichte Schwarzafrikas" (ab Seite 25), beschäftigt sich kurz mit der
Geschichte Afrikas, wobei Wert darauf gelegt wurde, diese in erster Linie in für eine afrikanische Sichtweise
relevante Weise zu schildern und den Schwerpunkt eindeutig auf die vorkoloniale Geschichte zu legen. Dieser
Ansatz wurde deshalb gewählt, weil sich daraus bereits die Korrektur einiger weit verbreiteter Fehlvorstellungen ergibt, und andererseits auch, weil bis heute die übliche Weltgeschichtsschreibung eher eurozentrisch
abgehandelt wird.
Der dritte Teil der Arbeit, "Vorwürfe an das von der Schule vermittelte Bild" (ab Seite 35), geht auf die erhobenen Vorwürfe gegen das von der Schule vermittelte Bild des schwarzafrikanischen Menschen ein und dient
als Grundlage für die Untersuchung der Lehrmittel aus dem Bereich Geographie, Musik und Sprache, sowie
für eine Einordnung der vom Comic vermittelten Bilder. Ausserdem vermittelt es einen Überblick über die
geschichtliche Entwicklung des Bildes vom schwarzafrikanischen Menschen und stellt die in den weiteren
Teilen der Arbeit verwendete Arbeitsweise vor. Es soll die Klammer für die Untersuchung der zu betrachtenden Lehrmittel öffnen.
Im vierten und umfassendsten Teil, "Der schwarzafrikanische Mensch im Geographielehrmittel (ab Seite 35),
werden Geographielehrmittel, und im Vergleich dazu auch einige Geographiebücher, aus dem 20. Jahrhundert
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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Einleitung
im Hinblick auf den Wandel des europäischen Bildes vom schwarzafrikanischen Menschen anhand konkreter
Kriterien und Fragestellungen untersucht und es werden Schwächen und Stärken der untersuchten Lehrmittel
anhand dieser Kriterien aufgezeigt.
Im fünften Teil, "Der schwarzafrikanische Mensch im Musiklehrmittel" (ab Seite 433), erfolgt eine Analyse
der Darstellung schwarzafrikanischer Menschen und ihrer Musik in Lehrmitteln und Fachbüchern zum Bereich
Musik, wobei sich die Untersuchung vor allem auf Lehrmittel der achtziger und neunziger Jahre konzentriert.
Im sechsten Teil, "Der schwarzafrikanische Mensch im Lesebuch und Comic" (ab Seite 471), werden zum
Vergleich einige Lese- und Sprachlehrmittel auf ihren Gehalt von Aussagen über die Menschen Schwarzafrikas untersucht. Damit soll festgestellt werden, ob die bei den Geographiebüchern festgestellten Entwicklungen
im Sprachbereich einen ähnlichen Weg genommen, oder diese einen ganz anderen Zugang zum Thema gefunden haben. Als weitere Vergleichsmöglichkeit enthält der sechste Teil der Arbeit einen Streifzug durch die
Comicgeschichte, der ebenfalls als Vergleich zu den schwergewichtig untersuchten Geographie- und Musiklehrmitteln dienen soll.
Der siebte Teil, "Ergebnisse der Untersuchung" (ab Seite 494), fasst die anhand der einzelnen Werke besprochenen Punkte zusammen und gibt einen Überblick über die Entwicklung des in den Lehrmitteln im 20. Jahrhundert vermittelten Bildes schwarzafrikanischer Menschen. Damit schliesst dieser Teil die Klammer der
Untersuchung.
Der Anhang der Arbeit (ab Seite 537) enthält neben einigen Tabellen, die einen besseren Überblick über
gewisse Sachverhalte ermöglichen sollen, eine Zahl von Karten zu verschiedenen Themen, die in der Arbeit
angesprochen werden, sowie die Literaturliste der für die Arbeit verwendeten Quellen und ein Glossar,
welches im Text auftretenden Begriffe klären oder definieren soll.
1.4 Bedeutung des Themas
In einer durch immer bessere Kommunikations- und Transportmittel zunehmend kleiner werdenden Welt, gibt
es immer noch viele Menschen und Kulturen, die wir kaum kennen, die uns fremd sind und die wir eher
schlecht als recht verstehen. Viele Menschen reagieren auf den Zustrom dieser neuen und fremden Eindrücke
mit Abwehr und Zurückgezogenheit, die im ungünstigen Fall in Rassismus umschlagen kann. Durch die
Betrachtung fremder Lebensweisen und Werte, die bei näherer Betrachtung vielleicht so fremd gar nicht sind,
haben wir einerseits die Chance, den Dialog zum Fremden aufzubauen, gleichzeitig aber auch die Gelegenheit,
unsere eigenen Werte und Handlungsweisen mit etwas mehr Objektivität zu betrachten.
Insbesondere für die Lehrkraft der Oberstufe ist ein immer besser werdendes Verständnis der Welt und der
Menschen, die in ihr leben, von zunehmender Bedeutung, da der Begegnung mit dem Fremden nicht mehr
ausgewichen werden kann, und die Vorbildfunktion der berufstätig Lehrenden die Haltung der zukünftigen
Generation mit beeinflusst. In diesem Sinne ist eine differenzierte Betrachtung der Lebensweise und Anliegen
des Anderen immer auch ein Beitrag zum besseren Verständnis zwischen zwei Menschen und deren Kulturen
und damit letztlich ein weiterer kleiner Schritt zum Weltfrieden, oder zumindest der Schlüssel für eine gute
Beziehung und sei diese schlussendlich auch nur geschäftlicher Natur.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 22
Einleitung
1.5 Bemerkung zu wichtigen Quellen
Um die in den verschiedenen untersuchten Lehrmittel gemachten Aussagen und Angaben besser beurteilen zu
können, wurde auf eine ganze Reihe von Publikationen zurückgegriffen, die nicht nur dem Vergleich dienten,
sondern auch dazu, Lücken in der Darstellung der Lehrmittel zu erkennen. Die folgenden Absätze stellen einige der wichtigsten Quellen kurz vor, auf die immer wieder zurückgegriffen wurde. Sie sollen kurz erläutern,
weshalb diese Quellen benutzt wurden.
1.5.1
Ki-Zerbos "Die Geschichte Schwarzafrikas"
Ferdinand Braudel, ein berühmter französischer Historiker, dessen Werk übrigens auch in dieser Arbeit zitiert
wird, schrieb zu Ki-Zerbos Buch: "Ein Geschichtswerk, das ein Buch der Hoffnung ist..., weil es den Schlüssel
zur Identität des afrikanischen Menschen enthält." Schon damit wird klar, dass sich ein solches Buch ausserordentlich gut für eine Arbeit eignet, welche die Vorstellungen über Schwarzafrikaner untersuchen möchte.
Hinzu kommt, dass Joseph Ki-Zerbo, der aus Burkina Faso stammt, als eine der Kapazitäten auf dem Gebiet
der schwarzafrikanischen Geschichte gilt. Nach dem Besuch verschiedener Missionsschulen war er als Hilfslehrer, Journalist und Eisenbahnangestellter tätig, bevor er sein Studium der Geschichte und Politik in Paris
antrat. Nach dem Studium war er als Geschichtslehrer an Gymnasien in Paris, Orléans, Dakar, Conakry und
Wagadugu tätig. 1964 veröffentlichte er sein Buch "Le Monde African Noir", welches seit 1979 in deutscher
Sprache unter dem Titel "Die Geschichte Schwarzafrikas" vorliegt. Des weiteren ist er der Herausgeber des
ersten Bandes der "Allgemeinen Geschichte Afrikas" der UNESCO. 1997 erhielt er den Alternativen Nobelpreis. Heute gilt der Historiker Ki-Zerbo als einer der renommiertesten Schriftsteller Afrikas.
1.5.2
Encarta und Encarta Weltatlas
Die deutsche Ausgabe der Encarta ist ebenso wie die englische Fassung unterdessen zu einem Standardwerk
unter den Computer-Enzyklopädien geworden. Sowohl vom Umfang wie auch der Qualität der Angaben gesehen, ist die Encarta nach Werken wie dem "Grossen Brockhaus" eines der besten deutschen Nachschlagewerke. Zusammen mit dem Weltatlas, der eine Fülle an Informationen auch auf kulturellem Gebiet zu sämtlichen
Ländern der Erde bietet, vermittelt die Encarta ein umfassendes Bild der Welt. Beide Werke erscheinen jährlich in einer neuen Ausgabe.
1.5.3
Fischer Weltalmanach '98
Seit Jahren liefert der Fischer Weltalmanach Daten zu sämtlichen Ländern der Erde. Die Ausgabe '98 ist neben
der bewährten Buchform auch als CD-ROM erhältlich und deshalb für das rasche Auffinden von benötigten
Daten aus dem Bereich der Wirtschaft und der jüngeren politischen Entwicklung besonders geeignet. Leider
enthält der Almanach zu den afrikanischen Staaten wesentlich weniger Angaben als zu den Industrienationen,
auch werden typisch afrikanische Agrarprodukte, sofern es sich nicht um Exportgüter handelt, nicht aufgeführt. Die statistischen Angaben in der Ausgabe '98 reichen meist bis 1995 und beruhen zu einem grossen Teil
auf amtlichen Angaben oder UN-Daten. Der Fischer Weltalmanach erscheint jährlich.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 23
Einleitung
1.5.4
Infopedia
Die englische Infopedia 2.0 von 1996 ist zwar nicht mehr ganz so aktuell wie die Encarta, liefert aber, da sie
auf der renommierten amerikanischen Enzyklopädie "Funk & Wagnalls New Encyclopedia" von 1996, sowie
einer Reihe von weiteren Werken, darunter auch "Webster's New Biographical Dictionary" basiert, ebenfalls
eine Menge nützlicher Informationen zu den unterschiedlichsten Wissensgebieten.
1.5.5
FAOSTAT und andere Dienste der FAO
Die FAO betreibt seit den sechziger Jahren eine Datenbank zu verschiedenen Aspekten der Agrarproduktion für Schwarzafrika ist die Landwirtschaft nach wie vor der wichtigste Wirtschaftszweig -, welche seit kurzem
über Internet unter der Adresse www.fao.org abgerufen werden kann. Diese Datenbank wurde für die Tabellen
im Anhang überall dort benutzt, wo der "Fischer Weltalmanach" keine genauen Daten lieferte. Die Datenbank
wird stetig erneuert, bei vielen Angaben zu Schwarzafrika handelt es sich jedoch um Schätzungen, da aus den
betroffenen Ländern oft keine genaueren Statistiken zur Verfügung stehen.
Neben dieser Daten bietet die FAO auch eine ganze Reihe von Presseunterlagen in der Form von Graphiken,
Fotos und Texten.
1.5.6
The Economist
"The Economist" ist eine englische Wochenzeitung, die sich vor allem mit Wirtschaftsthemen und Politik
beschäftigt, und international als eine der renommiertesten englischen Publikationen gilt, die häufig in anderen
Wochen- und auch Tageszeitungen zitiert wird. Seit wenigen Jahren kann gegen Entgelt per Internet über die
Adresse www.economist.com auf sämtliche publizierten Artikel zugegriffen werden.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 24
Überblick über die Geschichte Schwarzafrikas
2.
Überblick über die Geschichte Schwarzafrikas
Allzulange schon hatte die Geschichte unser Schicksal zu Bilderbuchszenen erstarren lassen, mit denen zuerst die
Schulbücher und dann die ersten Massenmedien Generationen von Kindern und Heranwachsenden überschütteten; und das
in einem Alter äusserster Formbarkeit, in dem die Ansichten und Vorurteile wie scharfe Pfähle das Bewusstsein zerreissen,
dort immer tiefer eindringen und verkrusten und sich langsam, aber unaufhaltsam verhärten, je nach der Veranlagung, die
ihnen als Bindemittel dient.
(Mongo Beti in Jestel Hrsg., 1982, S. 56)
Die Geschichte Afrikas verliert sich im Dunkel der Zeit - der Urzeit. Lange wurde sie als nicht existent
betrachtet. So erklärte Hegel in seinen "Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie" von 1830 (Ki-Zerbo
1984, S.24):
Denn es ist keine geschichtlicher Weltteil, es hat keine Bewegung und keine Entwicklung aufzuweisen, und was etwa in
ihm, das heisst, in seinen Norden geschehen ist, gehört der asiatischen und europäischen Welt zu... Was wir eigentlich
unter Afrika verstehen, das ist das Geschichtslose und Unaufgeschlossene, das noch ganz im natürlichen Geiste befangen
ist, und das hier bloss an der Schwelle der Weltgeschichte vorgeführt werden müsste.
Diese Meinung hielt sich bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts und wird in einigen Lehrmitteln bis heute
dadurch unterstützt, dass die wiedergegebene Geschichte Afrikas mit der Entdeckung durch die Europäer
einsetzt. (Siehe dazu auch die Zusammenfassung zur Darstellung der Geschichte auf der Seite 525 dieser
Arbeit.)
Die folgenden Seiten sollen deshalb einen kurzen, stark vereinfachten Überblick über die Geschichte Afrikas
bieten, die über einen grossen Zeitraum nicht mit Hilfe schriftlicher Quellen - und dann oft auch nur durch
Berichte von Reisenden aus anderen Kulturkreisen - dokumentiert werden kann, sondern sich auf mündliche
Überlieferungen und verschiedene Techniken der Archäologie stützen muss.
Zusätzliche Schwierigkeiten ergeben sich durch die Grösse des Gebietes und die dadurch vielfältigen Entwicklungen, die oftmals nebeneinander abliefen. Zudem kann der aus Europa bekannte Raster der Einteilung der
Geschichte in Epochen wie "Mittelalter" oder "Renaissance" nur sehr bedingt auf die schwarzafrikanische
Geschichte übertragen werden, da die Entwicklung der beiden Räume über lange Zeit weitgehend getrennt,
wenn auch nicht völlig unbeeinflusst voneinander verlief.
2.1 Vorgeschichte
Nach der Lehrmeinung der meisten Autoren gilt Afrika, genauer der Südosten des Kontinentes, heute als
Wiege der Menschheit - diese These erwähnte schon Darwin, der schrieb: "It is therefore probable that Africa
was formerly inhabited by extinct apes closely allied to the gorilla and chimpanzee; and as these two species
are now man's nearest allies, it is somewhat more probable that our early progenitors lived on the African
continent than elsewhere." (Darwin 1871) -, wobei vor allem die zahlreichen, über einen langen Zeitraum von
mehreren Millionen Jahren in einer Detailfülle wie sonst nirgends auf der Erde gemachten Funde diese These
unterstützen.
Die frühesten Funde sind durch die sogenannten "peeble tools", aus Kieseln gefertigte "Werkzeuge", gekennzeichnet, die sich bis 1.5 Mio. Jahre zurückdatieren lassen und teilweise bis vor 100'000 Jahre verbreitet
waren. Die in Europa beobachteten Eiszeiten fanden ihre Entsprechung in den afrikanischen Feuchtzeiten, die
eine Besiedlung der heutigen Trockenräume des afrikanischen Kontinents durch die Urahnen des Menschen
ermöglichten.
Im Laufe der Jahrtausende verfeinerten sich die zu Beginn wenig differenzierten Steinwerkzeuge immer mehr,
bis im 7. Jahrtausend v. Chr. erste Zeugnisse der Herstellung von Keramik auftraten, welche sowohl die
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Seite 25
Überblick über die Geschichte Schwarzafrikas
Vorratshaltung als auch die Sesshaftigkeit förderte. Zudem entwickelte sich aus der anfänglichen Jäger- und
Sammlertätigkeit allmählich erste Ansätze von Tierhaltung und Bodenbau. (Brockhaus 1986 S. 185-186). Da
die damalige Sahara weit regenreicher war als heute, darauf lassen zumindest Untersuchung beispielsweise am
Tschadsee schliessen (Geo 12/1986, S. 136f.), war sie Schauplatz zahlreicher menschlicher Tätigkeiten. Neben
Jagd- und Fischgeräten finden sich zahlreiche Hinweise auf Ackerbau und Viehzucht. Neben Weizen, Gerste
und Flachs wurden die seit dem sechsten oder fünften Jahrtausend typisch afrikanischen Pflanzen wie Sorghum
(sorghum vulgare), Kleinhirse (pennisetum), Reissorten, Sesam, Jamswurzeln (dioscorea), Okra (ibicus esculentes), die Ölpalme (elaeis guineensis), der Kolabaum und wahrscheinlich auch eine Art von Baumwolle
genutzt. (Ki-Zerbo 1984, S.49-51) Auch die Kunst erreichte in diesen Gebieten einen Höhepunkt. Ki-Zerbo
schreibt dazu, dass sie ein "Dominum errichtet hat, das zumindest ebenso wichtig war, wie die Musik negerafrikanischen Ursprungs in der Welt von heute". (Ki-Zerbo 1984, S. 54)
2.2 Frühgeschichte
Etwa 4000 Jahre v. Chr. liessen sich die negriden Hirten und Jäger Nordafrikas, durch die zunehmende Klimaverschlechterung aus dem Gebiet der Sahara vertrieben, im Niltal nieder. In diesem Grenzgebiet bildete sich
unter den Einflüssen der afrikanischen und asiatischen Kulturen und dem zunehmenden Bevölkerungsdruck
eine erste Hochkultur, die über Jahrhunderte prägend für die ganze Region sein sollte. Sie beeinflusste auch
die als Begründer der abendländischen Kultur geltenden Griechen massgebend. Neben der Schaffung monumentaler Bauwerke zeichnete sich die altägyptische Kultur vor allem durch eine Blüte der Wissenschaften und
die Entwicklung eines Schriftsystemes aus. So entdeckten die Altägypter beispielsweise den Blutkreislauf und
wandten medizinische Diagnose-Methoden an; die Landvermessung führte zur Geometrie; in der Metallbearbeitung wurde nach Kupfer, Gold und Silber um ca. 550 v. Chr. in Meroe (Hauptstadt des an Altägypten
angrenzenden und dieses zeitweilig beherrschende Kusch) auch die Eisenbearbeitung in grossem Stil eingeführt, und der Ackerbau schwang sich mit ausgeklügelten Bewässerungssystemen zu neuen Höhen auf.
Unter den Völkern, die dieses "ägyptische" Wunder vorbereiteten, muss eine Mehrzahl zu den Negroiden
gezählt werden, wie Ki-Zerbo in seinem Buch "Die Geschichte Schwarzafrikas" auf mehreren Seiten überzeugend ausführt. Zeitweise wurde das ganze Gebiet Ägyptens von schwarzafrikanischen Herrschern aus dem
Süden regiert. (Ki-Zerbo 1984, S.73-81).
2.3 Dunkle Jahrhunderte
Die Zeit von ca. 700 v. Chr. bis ca. 700 n. Chr. wurde von zahlreichen Völkerwanderungen und Auseinandersetzungen bestimmt, die gegen das Ende der Periode mit der Eroberung der Küstengebiete Nordafrikas durch
die Araber endeten. Da aus dieser Zeit nur wenig schriftliche Quellen bekannt sind, bezeichnet sie Ki-Zerbo
auch als "Dunkle Jahrhunderte". (Ki-Zerbo 1984, S.83) Trotzdem war die Epoche vom technologischen Fortschritt geprägt, so fand man in der Nähe Khartoums (Sudan) Zeichen für eine Jahrhunderte dauernde Verhüttung von Eisen, die der Anfangszeit der Epoche zugeordnet wird.
Das Reich Kusch südlich Ägyptens entwickelte sich zu einem politisch, wirtschaftlich und kulturell wichtigem
Zentrum mit alphabetischer Schrift, das nach Äthiopien und dem mittleren und westlichen Sudan ausstrahlte,
bis es um 350 n. Chr. in der Bedeutungslosigkeit verschwand.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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Überblick über die Geschichte Schwarzafrikas
In Äthiopien entstand in der Zeit nach Christi Geburt eine eigenständige christliche Kirche, die sich bis heute
halten konnte. An der Ostküste Afrikas begann sich der Handel mit Indien zu etablieren, der bis zum Erscheinen der Portugiesen Anfang des 16. Jh. für die Küstenländer grosse Bedeutung hatte.
Im mittleren und südlichen Afrika lebten die meisten Menschen weiterhin von der Jagd und als Sammler. Im
ganzen Gebiet wurden die Buschleute durch die eindringenden Bantus immer mehr zurückgedrängt. Im Gebiet
der grossen Seen scheint sich die Eisenverarbeitung um 400 n. Chr. sehr schnell ausgebreitet zu haben. In
Simbabwe wurden in Minen Kupfer und Zinn mit Eisenwerkzeugen abgebaut.
Diese Nutzung des Eisens führte zu einer Beschleunigung der Besitzergreifung Afrikas, durch die Völker, die
es heute bewohnen. Das Eisen war auch die Grundlage für eine Überschussproduktion in der Landwirtschaft,
die zu einer Differenzierung innerhalb der Bevölkerung in verschiedene Berufskasten führte. (Ki-Zerbo 1984,
S.95-99)
2.4 Von den Königreichen zu den Kaiserreichen
Gana, das erste der bedeutenden Reiche im westlichen Sudan, zwischen Senegal und Niger gelegen, entstand
vermutlich im 4. Jh. n. Chr. Auf dem Höhepunkt seiner Macht um 1000 n. Chr. erstreckte es sich von den
Flüssen Senegal und Niger bis in die Wüste hinein über eine Fläche von rund 500'000 km2. Die Basis des
sagenhaften Reichtums Ganas war der Handel mit Gold aus dem Süden und Salz aus dem Norden. Der arabische Reisende Ibn Haukal schrieb um 970 über den damaligen Herrscher Ganas: "Er ist der reichste der Welt
wegen seines Goldes." Diesen Reichtum des Herrschers von Gana drückt auch ein Zitat aus dem Tarik el
Fettach aus, in dessen Beschreibung der königlichen Pferdeställe es heisst:
Jedes der tausend Pferde schlief auf einer eigenen Matte. Jedes trug am Hals und am Bein eine seidene Schnur. Jedes Pferd
verfügte über einen Kupfertopf zum Urinieren... Jedem Pferd standen drei Personen zu Diensten, die eine für das Futter, die
zweite für Getränke, die dritte für die Urin- und Exkrementenbeseitigung. Jeden Abend betrachtete der Herrscher von
seinem Thron aus rotem Gold herab, von fackeltragenden Dienern umgeben, zehntausende seiner Untertanen, die zum
Abendessen in den Palast geladen waren."
Während eine Minderheit ihren Lebensunterhalt durch Handel erwarb, war der Grossteil der Bevölkerung im
Ackerbau und der Viehzucht tätig. El Bekri beschreibt die Bürger Ganas als mit Lendenschürzen aus Baumwolle, Seide oder Brokat gekleidet.
Das Reich Gana zeigt die für die sudanesische Kultur typische Staatsstruktur mit einem König an der Spitze
einer schwachen aber zentralistischen Amtsverwaltung. Die meisten Einwohner der Gebiete wurden jedoch
von diesem Staat kaum beeinflusst. Nur der Aussenhandel wurde direkt durch den Herrscher kontrolliert.
Nach dem Einfallen der Almoraviden um 1077 wurde das Reich im 13. Jahrhundert durch das aufsteigende
Mali endgültig vernichtet. (Ki-Zerbo 1984, S. 106-113, 117-119; Bertelsmann Lexikon Geschichte 1996)
In Äthiopien erlangte Axum Bedeutung. Der arabische Prophet Mohammed teilte seinen Gefährten über das
Reich mit: "Wenn ihr nach Abessinien geht, werdet ihr einen König finden, unter dem niemand verfolgt wird."
Diese Haltung der Araber sollte im 10. Jahrhundert dazu führen, dass den Äthiopiern, obwohl sie Christen
waren, im Zusammenhang mit den Kreuzzügen der Europäer nicht der Heilige Krieg erklärt wurde. (Ki-Zerbo
1984, S. 121-125)
An der Ostküste erlebten die Städte zwischen dem 7. bis zur Mitte des 12. Jahrhunderts einen stetigen
Aufschwung durch den sich verstärkenden Handel. Vor allem die Araber waren an Gold und Sklaven interessiert. Durch den Handel mit Asien bis nach China entstand in diesen Städten eine eigene Kultur, die sich stark
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Überblick über die Geschichte Schwarzafrikas
von der Lebensweise der viel einfacher lebenden Bewohnern des Hinterlandes unterschied. (Ki-Zerbo 1984,
S.125-126)
2.5 Grosse Jahrhunderte
Das 12. bis 16. Jh. war für Schwarzafrika eine Zeit des Aufschwungs in ökonomischer, politischer und kultureller Hinsicht.
Neben dem Reich Gana entwickelten sich weitere sudanesische Reiche wie Kanem östlich des Tschadsee,
welches spätestens im 9. Jh. entstand, das ebenso alte Songhai, welches im 16. Jh. islamisiert wurde, die
Hausa-Staaten, von denen die heute nigerianische Stadt Kano zeugt, und Mali, das unter dem Herrscher
Kankan Muska (1312-1337) den Höhepunkt der Macht erlebte. Zu dieser Zeit erreichte Mali mit einer Ausdehnung vom Regenwald bis weit in die Sahara und von der Westküste bis in den Tschad und einer Fläche von
rund 2 Mio km2 den grössten Einfluss. Dieser Einfluss Malis war so gross, dass es sogar auf den europäischen
Karten der damaligen Zeit abgebildet wurde.
Mali war islamisch geprägt, doch gilt es als typischer Vertreter der negro-afrikanischen Königreiche. Ki-Zerbo
beschreibt die politische Gliederung dieses riesigen Reiches in seiner Geschichte Schwarzafrikas mit den
folgenden Worten (Ki-Zerbo 1984, S. 142-143):
Um dieses schier unübersehbare Reich, das zur Zeit Mahmud Kôtis ungefähr 400 Städte zählte, regieren zu können,
machten sich die Könige ein dezentralisiertes System zu eigen. Ihr Reich glich einer Mangofrucht: im Mittelpunkt ein
harter Kern, der direkten Verwaltung des Königs unterstellt, der sich von Zeit zu Zeit und an wechselnden Orten plötzlich
zeigte. Das Königreich war in Provinzen unterteilt, die an Ort und Stelle von einem dyamani tigui oder farba verwaltet
wurden. Die Provinzen wiederum waren in Bezirke (kafo) und in Dörfer (doggo) unterteilt. Die dörfliche Gewalt war
manchmal "doppelköpfig". Sie bestand aus einem Oberhaupt der kirchlichen Ländereien und einem politischen Oberhaupt.
Manchmal wurde sogar ein ganzes weit entferntes Gebiet nach diesem Statut organisiert. Walatat hatte z. B. wegen seiner
Bedeutung als Zollstützpunkt einen farba, der allerdings 1352 wegen seiner Unterschlagungen abgesetzt wurde. Rund um
diesen Kern lag ein "Fruchtfleisch" von Königreichen, die in strenger Abhängigkeit gehalten wurden. Sie wurden aber von
ihren früheren Herrschern regiert. Der farba des Königs diente dann als Geschäftsträger und setzte manchmal nach den
Sitten des Landes den örtlichen Häuptling ein. Dieser Statthalter überwachte das Tun und Treiben des örtlichen Gebieters.
Er nahm den von ihm gezahlten Tribut entgegen und konnte im Kriegsfall unter seinen Leuten Dienstverpflichtungen
vornehmen. Solche Provinzen waren also noch immer organisch dem grossen Reich angegliedert. Schliesslich bildete ein
dritter Bereich, gewöhnlich in den Randgebieten, die "Schale" dieser Mangofrucht. Es waren untergeordnete Königreich
die die Vorherrschaft des Königs von Mali anerkannten und das durch regelmässig übersandte Geschenke zu verstehen
gaben. Aber sie waren weder organisch noch beständig mit dem Zentrum verbunden. Sie waren im Grunde Protektorate,
deren Zusammenhalt mit der zentralen Regierung von deren Macht abhängig war.
Sowohl die Verwaltung als auch die Truppen des Königs, die für Sicherheit und Ordnung sorgten, wurden
durch Steuern und Zölle finanziert.
Nach dem Zerfall des Reiches Mali um 1450, trat Songhai, dessen Einflussbereich am Höhepunkt der
Entwicklung vom Senegal im Westen bis nach Kano im Osten und von Burkina Faso im Süden bis tief in die
Sahara hineinreichte, in den Vordergrund. Unter Kaiser Mohammed I. (1493-1528), der den Islam übernahm,
erreichte das Gebiet die höchste Blütezeit der sudanesischen Kultur. Bildung wurde vermittelt, und Universitäten entstanden. Die Städte Gao, Kano, Dschenne und Timbuktu erreichten Einwohnerzahlen von bis zu
100'000 Menschen. Der Afrikareisenden Leo Africanus beschrieb Timbuktu, das Zentrum zahlreicher Koranschulen in seiner Beschreibung Afrikas von 1526 mit den Worten (Africanus, 1526):
There are many wells containing sweet water in Timbuktu; and in addition, when the Niger is in flood canals deliver the
water to the city. Grain and animals are abundant, so that the consumption of milk and butter is considerable. But salt is in
very short supply because it is carried here from Tegaza, some 500 miles from Timbuktu...
There are in Timbuktu numerous judges, teachers and priests, all properly appointed by the king. He greatly honors
learning. Many hand-written books imported from Barbary are also sold. There is more profit made from this commerce
than from all other merchandise.
(Zu Timbuktu siehe auch die Seite 38 dieser Arbeit.) 65 Jahre später wurde Songhai durch ein marokkanisches
Heer, das auf der Suche nach Gold die Sahara durchquert hatte, zerstört. Damit und mit dem Vordringen der
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 28
Überblick über die Geschichte Schwarzafrikas
Europäer entlang der Küste änderte sich die Lage im ganzen Westsudan fundamental. (Ki-Zerbo 1984,
S.145-153; Brockhaus 1986, S. 187)
Neben den grossen Reichen im Westen des Sudans und dem Bornureich (mit einer maximalen Ausdehnung
von ca. 1 Mio km2) im Gebiet des heutigen Tschad, entstanden im Norden des heutigen Nigerias an der
Völkerscheide im 12. Jh. die Stadtstaaten der Hausa, die ihren Wohlstand ebenfalls durch Handel erreichten.
Besonders wichtig waren der Handel mit der Kolanuss mit dem Königreich Gondscha und die Sklavenraubzüge gegen die Völker des Südens. Die im 15. Jh. errichteten Verteidigungswälle der heute noch immer bedeutende Stadt Kano beschreibt Ki-Zerbo wie folgt (Ki-Zerbo 1984, S. 156):
Der grosse Befestigungswall von Kano, der heute noch vorhanden ist... hat eine Höhe von zwölf Metern, umfasst die Stadt
in einer Länge von achtzehn Kilometern und hat sieben grosse Tore.
(Für eine ausführlichere Beschreibung Kanos siehe die Seite 373 dieser Arbeit.) Wegen der stetigen Bürgerkriege zwischen den verschiedenen Hausastaaten errangen diese nie eine politisch beherrschende Rolle. Sie lag
jedoch auch nicht in der Absicht ihrer vorwiegend in der Landwirtschaft tätigen Bewohner.
Ein ausgeklügeltes Steuersystem umfasste Abgaben auf das Einkommen, Vieh, die Ländereien, auf Luxuserzeugnisse und gewisse Berufe wie Fleischer, Färber und Prostituierte. Das komplexe Wirtschaftssystem der
Hausa umfasste Landwirtschaft, Handel und eine vorindustrielle Produktion von Gütern, die sich vor allem
auch auf die Produktion von Stoffen konzentrierte. Neben den Bauern und Handwerken entstand ein für Neuerungen offenes Bürgertum und eine Verwaltung, die eine leicht veränderte Form der arabischen Schrift für ihre
Dokumente benutzte. (Zu den Hausa siehe auch die Seite 57 dieser Arbeit.)
Im Süden Nigerias entstand im 12. Jh. das Reiche Benin, welches im 15. Jh. den Höhepunkt seiner Macht
unter dem Soldaten und Arzt Eware dem Grossen, erreichte. Der König Benins war ein Monarch, der am
einem Tag eine Armee von 20'000 Mann mobilmachen konnte, jedoch strengen Vorschriften unterworfen war.
Die Hauptstadt Benins übertraf die meisten europäischen Städte der Zeit in Anlage und Planung. Sieur de la
Croix beschreibt in seiner "Relation universelle de l'Afrique ancienne et moderne" von 1688 die Stadt Benin
(Ki-Zerbo 1984, S. 167-168):
"Es gibt mehrere Tore von 8 und 9 Fuss Höhe und 5 Fuss Breite. Sie sind alle aus einem Stück Holz und drehen sich auf
einem Pfahl. Der Palast des Königs besteht aus einer Ansammlung von Bauten, die ebensoviel Raum einnehmen wie die
Stadt Grenoble, und ist von Mauern umschlossen. Es gibt mehrere Wohnungen für die Minister des Herrschers und schöne
Galerien, von denen die meisten ebenso gross sind wie die der Börse von Amsterdam. Sie ruhen auf kupferumhüllten
Holzpfeilern, auf denen ihre Siege eingraviert sind und die man sehr sauberhält. Die meisten dieser königlichen Häuser
sind mit Palmzweigen wie mit Brettern bedeckt; jede Ecke krönt ein pyramidenförmiger Turm mit einem Vogel aus
Kupfer, der seine Schwingen ausbreitet. Dreissig grosse, schnurgerade Strassen gibt es in der Stadt und darüber hinaus eine
Unmenge von kleinen Querstrassen. Die Häuser stehen geordnet nah beieinander mit Dächern, Vordächern und Säulen. Sie
werden von den Blättern der Palme und der Bananenstaude überschattet, weil sie nur ein Stockwerk hoch sind. In den
Häusern der Edelleute gibt es mitten im Haus grosse Galerien und mehrere Zimmer, deren Wände und Böden mit rotem
Lehm verputzt sind. Diese Völker stehen den Holländern in bezug auf Sauberkeit kaum nach. Sie waschen und schrubben
ihre Häuser so ausgiebig, dass sie glänzen und blitzblank sind wie ein Spiegel..."
Die Städte Benin und Ife erlangten vor allem auch durch ihre Kunstwerke aus Bronze und Terrakotta
Weltruhm. (Siehe dazu auch die Seite 123 dieser Arbeit.)
Nicht nur in Westafrika entstanden in der Zeit der "Grossen Jahrhunderte" verschieden Reiche und Staaten,
entlang der Küste Ostafrikas entwickelten sich im 13. Jahrhundert eine ganze Reihe von Stadtstaaten. Sie
reichten vom afrikanischen Horn bis in das heutige Mosambik hinabreichten und wirkten als Mittler zwischen
dem im Landesinnern lebenden Völkern, auf die sie allerdings wenig Einfluss hatten, und den Handelsleuten,
die mit ihren Schiffen bis Indien und China fuhren. Auch in den Gebieten der grossen Seen entstanden Staaten,
die als Vorläufer der Staaten im Gebiet des heutigen Ruanda, Burundi und Uganda gelten.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 29
Überblick über die Geschichte Schwarzafrikas
Über die Reiche Zentralafrikas ist mit Ausnahme des Königreiches Kongo, welches im 14. Jahrhundert
entstand, nur wenig bekannt. Dieses Reich, das im heutigen Angola angesiedelt war, verfügte über ein differenziertes politisches System mit Provinzgouverneuren. Unter dem als König Alfonso I. bekannten Herrscher,
der zeitweilig das Christentum in seinem Reich einführte, knüpfte das Reich intensive Handelsbeziehungen
mit den Portugiesen, die allerdings durch den von diesen geförderten Sklavenhandel bald gestört wurden.
(Encarta 1997)
Im südlichen Afrika bestanden auf dem Gebiet des heutigen Simbabwes, verschiedenen Reiche, die teilweise
bereits eine mehrhundertjährige Geschichte aufwiesen und deren Reichtum im Bergbau begründet war. Die
ersten portugiesischen Berichte sprachen von Gängen und riesigen Tunnels, der Schriftsteller Barbosa schrieb
1517 (Ki-Zerbo 1984, S. 197-198):
Hinter diesem Land im Innern dehnt sich das grosse Königreich Monomotapa aus, dessen schwarzhäutiges Volk nach
Sofala kommt, um Gold und Elfenbein zu tauschen.
Da über diese Gebiete wie schon erwähnt relativ wenig bekannt ist, werden hier nur die in Westafrika herrschenden Strukturen während der "Grossen Jahrhunderte" noch genauer beschrieben.
2.5.1
Wirtschaft und Gesellschaft in Westafrika
"Es kann als gesichert gelten, dass um 1500 viele Völker in ganz Afrika auf einem hohen Niveau der Gütererzeugung, der zivilen Technik, der gesellschaftliche und politischen Organisation standen...", so heisst es im
ersten Band des Brockhaus (Brockhaus 1987, S. 187). Ganz Nordafrika wurde von einem Netz von Handelsstrassen durchzogen, das vom tropischen Regenwald durch die Sahara bis an die Mittelmeerküste reichte (KiZerbo 1984, S. 172-173):
Die "Güter", die auf diesen Strassen transportiert wurden, waren Sklaven, Kolanüsse, Gummi, Elfenbein und
Häute aus dem Süden nach Norden; Salz, Eisen- und Kupferbarren, Stoffe, Perlen, Handschriften aus dem
Norden und Osten in den Süden.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 30
Überblick über die Geschichte Schwarzafrikas
Diese Güter wurden auf Märkten umgeschlagen, die in lokale, regionale und überregionale Märkte eingeteilt
werden können. Die lokalen Märkte wurden alle drei oder fünf Tage in den Dörfern abgehalten, sie erlaubten
den Bauern, ihre Produkte zu tauschen. Ausserdem erfüllten sie die Funktion eines sozialen Austausches der
lokalen Bevölkerung. Die lokalen Märkte wurden nur sporadisch von bedeutenderen Händlern besucht.
Die regionalen Märkte waren Handelszentren der verschiedenen Häuptlingsschaften. Sie fanden täglich statt
und waren besser organisiert als die lokalen Märkte. Städte wie Wagadugu, Kumasi, Benin und die Hausastädte gehörten zu diesen regionalen Zentren ebenso wie wichtige Wegkreuzungen. Neben landwirtschaftlichen
Produkten wurden auf diesen Märkten auch Handwerkserzeugnisse gehandelt. Der ganze Handel beruhte
mehrheitlich auf einem Geldsystem. Als Zahlungsmittel wurden Eisen- oder Kupferstäbe, Goldstaub aber vor
allem Kauris (eine Schnecke aus dem Indischen Ozean) verwendet. Dieser Handel wurde von den regierenden
Stellen besteuert.
Eine kleine Zahl von Handelsstädten hatte überregionale Funktion, verband die verschiedenen Gebiete und
gelangte zu internationalem Ruf. Zu diesen Städten gehörten beispielsweise Bida, Kano, Dschenne, Mopti und
Timbuktu. In diesen Städten trafen Handwerker wie Schmiede, Messing- und Silberjuweliere, Maurer, Kunsttischler, Holzschnitzer, Weber, Glasbläser, Perlenhersteller, Töpfer, Korbflechter, Bierbrauer auf Bauern,
Bergleute, Arzneimittelhersteller, schwarzafrikanische und arabische Händler. Die Märkte zeichneten sich
dadurch aus, dass den meisten Waren feste Preise zugeschrieben wurden, die höchstens saisonal schwankten.
Die sich herausbildenden Gesellschaften der Schwarzafrikaner waren äusserst vielfältig: Sie reichten von patrilinearen zu matrilinearen, von isolierten "Horden" bis zu höchst differenzierten Gesellschaften mit der Ausbildung unterschiedlichster sozialer Kasten.
Zur Rolle der schwarzafrikanischen Frau, die als Arbeitskraft auch heute noch entscheidend zur Versorgung
Schwarzafrikas beiträgt, schreibt Ki-Zerbo (Ki-Zerbo 1984, S. 183):
Die Frauen bildeten eine besonders unterdrückte Klasse. Gewiss, die afrikanische Frau war mitunter Arbeiterin und Quelle
zusätzlicher Arbeitskräfte auf dem Feld eines Polygamen. Sie diente hin und wieder als Tauschware und als
Hochzeitsgabe, um die sozialen Bindungen zu festigen.
Aber die schwarze Frau besass auch trotz der körperlichen Verstümmelungen, die man ihr manchmal zufügte, Vorrechte.
Sie standen im Widerspruch zu der Unterdrückung und gaben ihr einen beneidenswerten Stand im Vergleich zu Frauen in
anderen Ländern zu derselben Zeit. Solche Sonderrechte waren z. B.: grosse sexuelle Freiheit, in manchen animistischen
Ländern sogar vor der Heirat; die Freiheit, bei Mutterschaften oder Familienbesuchen ihrer Wege zu gehen; eine besonders
starke Bindung an ihre Kinder, weil sie in den ersten Lebensjahren nur für sie dasein konnte; Matrilinearität, die ihrem
Bruder Autorität über ihre Kinder zubilligte; wirtschaftliche Freiheit durch Gewinne aus ihren vielfältigen
landwirtschaftlichen und kaufmännischen Tätigkeiten, vorwiegend in den Küstenregionen, aber auch im Haussaland;
politische und geistige Rechte, die ihr mitunter gar den Weg zum Thron und zur Regentschaft öffnen oder sie zur
angesehenen Priesterin machen, besonders bei Fruchtbarkeitsriten. Hexen allerdings wurden besonders schlecht
behandelt...
Viele der Eigenarten und Errungenschaften der damaligen schwarzafrikanischen Gesellschaft haben sich trotz
des zunehmend grösser werdenden Einflusses der europäischen und amerikanischen Lebensweise bis heute
halten können, zum Vor- oder Nachteil der Bevölkerung Westafrikas. Die grossen Strukturen wurden aber
während der Zeit der Wende Ende des 16. Jh. und durch den sich immer weiter ausbreitenden Sklavenhandel
weitgehend zerstört.
2.6 Zeit der Wende
Die Zeit vom 16.-19. Jahrhundert muss als eine Zeit der Wende angesehen werden, während der sich die
Strukturen auf dem afrikanischen Kontinent grundlegend änderten. Dazu trugen verschiedene Faktoren bei.
Das westafrikanische Reich Songhai wurde durch den Eroberungsfeldzug der Marokkaner zwar nicht zerstört,
zerfiel aber in der Folge. Der einstige Wohlstand machte, unter dem zusätzlichen Einfluss von
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 31
Überblick über die Geschichte Schwarzafrikas
Klimaänderungen, Hungersnöten und Epidemien Platz. 1616-1619 vernichteten grosse Überschwemmungen
die Ernte. 1639-1943 war eine Folge von dürren Jahren die Ursache von Hungersnöten. zu dieser Zeit brach
auch die Pest unter der bedürftigen Bevölkerung aus, die von ihren Steuerlasten befreit werden musste. Im
Zeitraum von 1738-1756 vernichtete eine weitere Hungersnot und die Pest zwischen dem Niger und den
Hausastaaten 30-50% der Bevölkerung. Die Preise für Lebensmittel stiegen rapide an, eine ganze Zivilisation
zerfiel und die Menschen, die sich Baumwollstreifen und Stoffe aus grober Wolle nicht mehr leisten konnten,
griffen auf Tierfelle und geflochtene Blätter zurück, um sich zu kleiden. Im Tarik es Sudan aus dem 17. Jh.
heisst es zu dieser Zeit (Ki-Zerbo 1984, S.209):
Alles verändert sich in dieser Zeit. Die Sicherheit macht der Gefahr Platz, der Überfluss dem Elend. Unruhe, schweres
Unglück und Gewalttätigkeit folgten auf den Frieden, überall zerfleischten sich die Menschen gegenseitig; an allen Orten
kreuz und quer verübte man Diebstähle. Der Krieg verschonte weder das Leben noch das Vermögen der Bewohner. Die
Verwirrung war allgemein, sie breitete sich überall aus und steigerte sich bis zur höchsten Stufe.
Dieser Niedergang der westafrikanischen Reiche wurde durch die Unterbindung der Handelsverbindungen mit
Europa und dem Orient durch das Vordringen der osmanischen Völker nach Nordafrika zusätzlich gefördert.
Gleichzeitig errangen auch die der Küste entlangsegelnden Portugiesen mehr und mehr Einfluss, dabei zögerten sie nicht, die Handelsstädte Ostafrikas als lästige Konkurrenten mit Waffengewalt auszuschalten.
Das äthiopische Reich geriet im Zusammenhang mit der Ausdehnung des osmanischen Reiches ebenfalls zusehends unter Druck und wurde von Kriegstruppen der Somali, die auf der Seite der ebenfalls islamischen
Türken kämpften, mehrmals überrannt. Nach der erneuten Festigung des Reiches drangen die Galla aus dem
Süden in das Gebiet Äthiopiens ein, gleichzeitig führten die Türken Feuerwaffen in das Nilgebiet ein. Damit
wurde ein neues Kapitel der Kriegführung auf dem afrikanischen Kontinent aufgeschlagen, in welchem auch
die Portugiesen, auf der Seite der ebenfalls christlichen Äthiopier, eine wichtige Rolle spielten.
Im südlichen Afrika erlebte das Reich Monomotapa seinen Niedergang durch den "Rückstau" der nach Süden
ziehenden Bantuvölker, die dort auf die ins Landesinnere vorrückenden Buren trafen. Zudem war ja auch
dieses Königreich, durch die von den Portugiesen angerichtete Zerstörung der ostafrikanischen Küstenstädte,
seiner Handelsbeziehungen beraubt worden.
Gleichzeitig nahm der von den Portugiesen nach Übersee betriebene Sklavenhandel mit dem Bedarf der Kolonien in der neuen Welt immer grössere Formen an. Die im Gegenzug nach Schwarzafrika eingeführten Feuerwaffen der Portugiesen - später nahmen auch anderere europäische Mächte am Waffenhandel teil - veränderten
die bisher bestehenden Gleichgewichte zwischen den verschiedenen Völkern Schwarzafrikas. Diese erlitten
durch den Menschenhandel hohe Verluste, die weit über die Zahlen der in der Neuen Welt ankommenden
Sklaven hinausgingen. Denn oft mussten die Sklaven mit Gewalt von anderen Völkern beschafft werden, bevor
sie über mehrere Stationen und Zwischenhändler, die zumeist Schwarzafrikaner waren, an die Küste gebracht
wurden. Während viele schwarzafrikanische Reiche durch den Sklavenhandel destabilisiert wurden, profitierten andere, wie Benin und das der Aschanti. (Ki-Zerbo 1984, S. 205-214)
Die Zeit der Wende in Schwarzafrika wurde also durch eine ganze Reihe von verschiedenen Faktoren verursacht und mitbeeinflusst, von denen die wichtigsten hier aufgezählt werden:
1. Verschiedene Völkerwanderungen von schwarzafrikanischen Völkern, aber auch von Völkern,
die neu in Afrika eindrangen,
2. Klimawandel vor allem im Sudan- und Sahelgebiet,
3. Zerstörung der herrschenden Strukturen durch Eroberungsfeldzüge und sich verschlechternde
Bedingungen,
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 32
Überblick über die Geschichte Schwarzafrikas
4. Zerfall der alten Handelsverbindungen durch die Umorientierung des Handels nach Süden und
das Unterbinden des Handels durch Veränderungen der Gleichgewichte in Nordafrika,
5. Nahrungsmittelknappheiten
bedingt
durch
Klimaveränderungen
und
den
Zerfall
von
Infrastrukturen,
6. Epidemien aufgrund mangelhafter Ernährung und durch Neuankömmlinge eingeschleppte
Krankheiten,
7. Technische Überlegenheit der Europäer durch ihre Hochseeschiffe und Feuerwaffen.
Im 19. Jahrhundert konnte Schwarzafrika durch das Verbot des Menschenhandels für Bürger europäischer
Staaten, welches aber nicht immer eingehalten wurde, eine Erholungspause einlegen. In dieser Zeit wurden
Freetown (Sierra Leone) und Libreville (Gabun) als Siedlungen für vom Sklavendienst befreite Schwarzafrikaner gegründet. In Äthiopien gelang es dem Kaiser, die Staatsmacht wieder zu stärken und einen von den Italienern geführten Eroberungsversuch abzuwehren. Im Senegal entstanden mehrere islamische Staaten. Die Fulbe
errichteten nach der Eroberung der Hausagebiete einen Staat, der bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts gegen
die Briten bestehen konnte. Die Aschanti in Ghana hatten sich schon früher gegen die weiter nördlich lebenden
Dagomba durchgesetzt und wurden von den Briten, die mehrere Niederlagen gegen sie erlitten, gefürchtet. Im
südlichen Afrika entstanden nach den Eroberungszügen der Zulu, die weitere Völkerwanderungen auslösten,
verschiedene Zulustaaten. Weitere Königreiche entstanden in Malawi (Ngoni), Mosambik (Gaza)
und
Simbabwe (Matabele). (Encarta 1997)
2.7 Kolonisation und Widerstand
Nach dem Verbot des Sklavenhandels versuchten insbesondere die Briten, den Handel mit Afrika auf andere
Güter zu lenken. Um dies zu bewerkstelligen, wurden Verträge mit ansässigen Völkern geschlossen, die den
Briten alleiniges Handelsrecht zugestehen sollten. In Ghana kam es wegen des ungeschickten Vorgehens der
Briten zu einer Reihe von Konflikten mit den Aschanti, die 1823 begannen und erst um 1900 mit dem Sieg der
Briten endete.
Im Nigerdelta wurde der Handel mit Palmöl gefördert, die Staaten des Nordens von Nigeria blieben aber
vorerst weitgehend unabhängig von europäischen Einflüssen.
Ostafrika geriet während dieser Zeit in den Einflussbereich der arabischen Sultanate, die sich bereits im 17.
Jahrhundert gegen die Portugiesen durchgesetzt hatten, und die einen weitreichenden Sklavenhandel betrieben,
um ihre Gewürznelkenplantagen auf Sansibar zu betreiben.
Die stetig besseren Kenntnisse der Europäer über den afrikanischen Kontinent, gefördert durch verschiedene
Entdeckerreisen ins Innere des Kontinentes; die Auseinandersetzungen zwischen den Europäern und mit anderen damaligen Grossmächten, die auf Afrika einwirkten, führten anlässlich der Kongokonferenz von 1885 in
Berlin zu der Aufteilung des afrikanischen Kontinents unter den Europäern.
Die anschliessenden Versuche der Europäer, diese Gebietsansprüche in die Tat umzusetzen, traf auf den heftigen Widerstand der schwarzafrikanischen Völker. Im Sudan kam es 1885 zum Madi-Aufstand, im heutigen
Simbabwe erhoben sich 1896 die Matabele und Shona gegen die eindringenden britischen Siedler und Buren,
in der Goldküste erhoben sich die Aschanti 1893-1896 und 1900 gegen die Briten, die Fulbe-Hausastadten in
Nigeria kämpften 1901-1903 ebenfalls gegen die Briten, die Sokot erhoben sich 1906, die Deutschen mussten
1904-1908 den Aufstand der Herero im heutigen Nambia und den Maji-Maji-Aufstand in Tanganyika von
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 33
Überblick über die Geschichte Schwarzafrikas
1905-1907 niederschlagen. Am Ende unterlagen die schwarzafrikanischen Völker und Staaten jedoch den
besser ausgerüsteten Europäern und nur Äthiopien konnte unter Kaiser Menelik II. die Eroberungsversuche der
Europäer erfolgreich abwehren. (Encarta 1997)
Nachdem sich die Europäer die schwarzafrikanischen Länder meist unter massivem Einsatz von Waffengewalt
angeeignet hatten, begannen sie unter Zuhilfenahme von Zwangsarbeit und speziellen Steuern mit der Ausbeutung der Rohstoffe. Diese Massnahmen provozierten immer wieder Erhebungen der schwarzafrikanischen
Bevölkerung, die Mitte der sechziger Jahre schliesslich zur Unabhängigkeit vieler schwarzafrikanischer Staaten, innerhalb der von den Europäern festgesetzten Landesgrenzen, führte.
Dieser kurze Überblick zeigt, dass die schwarzafrikanischen Völker eine Geschichte aufweisen, die - obwohl
in weiten Teilen noch zu wenig bekannt - eine ähnliche Komplexität wie jene Europas aufweist. Zudem verlief
die Geschichte Schwarzafrikas keineswegs in Isolation, sondern wurde durch Ereignisse in anliegenden
Ländern und Gebieten wesentlich beeinflusst.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 34
Einführung: Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen durch die Jahrhunderte
3.
Vorwürfe an das von der Schule vermittelte Bild
Im Bewusstsein aller Kinder der Welt, sowenig sie auch zur Schule oder ins Kino gegangen sein mögen, ist der Schwarze
derjenige, auf den jeder einschlägt, den jeder ohrfeigt oder mit Füssen tritt, den jeder verfolgen und abschlachten kann,
derjenige, den jeder beraubt und dem Gespött der einfältigen Menge ausliefert, den jeder betrügt oder auf eine Kirche
zutreibt wie das Vieh zum Schlachthaus. Er war von jeher und für alle Zeiten zum Opfer ausersehen. Nach der Bibel, d.h.
nach der vorherrschenden jüdisch-christlichen Ideologie war er der Sohn Hams, der Verfluchte, das Tier in
Menschengestalt oder vielmehr der Mensch in Tiergestalt, arbeitsscheu, ein unverbesserlicher Hurenbock, ein unbedarfter
Knecht usw. Er war derjenige, auf den jeder ungestraft seine eigene Verworfenheit projizieren konnte.
(Mongo Beti in Jestel, Hrsg., 1982, S. 57)
Bei der Betrachtung des von der Schule vermittelten Bildes der schwarzafrikanischen Menschen soll einerseits
untersucht werden, welche Bilder im Laufe der Zeit gezeichnet wurden, andererseits auch die Frage gestellt
werden, ob die immer wieder gemachten Vorwürfe im Bezug auf die betrachteten Lehrmittel berechtigt sind.
Um diesen beiden Grundfragen nachgehen zu können, folgt eine kurze Rückschau auf das im Laufe der letzten
Jahrhunderte prägende Bild, darauf folgt eine Aufzählung wichtiger Vorwürfe, die im Zusammenhang mit der
Darstellung schwarzafrikanischer Menschen im und ausserhalb des Schulbuches erhoben wurden, und schliesslich wird die im Teil "Der schwarzafrikanische Mensch im Geographielehrmittel" dieser Arbeit benutzte
Arbeitsweise anhand der drei Themenkreisen "Ghana", "Krieg" und "Religion" vorgestellt.
Somit bildet der Teil "Vorwürfe an das von der Schule vermittelte Bild" zusammen mit dem Teil "Ergebnisse
der Untersuchung" ab der Seite 494 eine Klammer um die Teile "Der schwarzafrikanische Mensch im Geographielehrmittel", "Der schwarzafrikanische Mensch im Musiklehrmittel" und "Der schwarzafrikanische Mensch
im Lesebuch und Comic", in denen das von bestimmten Lehrmitteln vermittelte Bild des schwarzafrikanischen
Menschen anhand konkreter Zitate analysiert und besprochen wird.
3.1 Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen durch die Jahrhunderte
Um die im 20. Jahrhundert feststellbaren, in den Lehrmittel vermittelten Bilder von den Menschen Schwarzafrikas in ihrem historischen Kontext zu verstehen, ist eine Betrachtung der Entwicklung dieser Vorstellungen
unabdingbar. Da im Rahmen dieser Arbeit nur ein recht grober Überblick geleistet werden kann, stützen sich
die Ausführungen neben Zitaten aus zeitgenössischen Publikationen, wie beispielsweise Romane, vor allem
auf einen Aufsatz von Gabriel Adeleye "Portraiture of the Black African by Caucasians in Both Antiquity and
Modern Times" sowie das Buch "Die 'Wilden' und die 'Zivilisierten'" von Urs Bitterli.
3.1.1
Die Antike
Historisch ist nicht mehr feststellbar, wann Europäer erstmals mit Schwarzafrikanern in Kontakt kamen, allerdings muss dies schon sehr früh der Fall gewesen sein. Homer (9. Jh. v. Chr.) beschreibt in der Odyssee den
Herold Odysseus als kraushaarig und von dunkler Hautfarbe, was diesen mit grosser Wahrscheinlichkeit als
Schwarzafrikaner ausweist. Während der römischen Herrschaft waren die Kontakte durch die Ausdehnung des
römischen Reiches nach Nordafrika sehr vielfältig geworden. Die Schriftsteller dieser Zeit wussten genug über
die Menschen Schwarzafrikas, um sie recht genau als von dunkler Hautfarbe, die von dem hellen Hautton des
Mulatten bis zum tiefsten Schwarz reiche, zu beschreiben. Die dunkle Hautfarbe wurde sprichwörtlich im
Ausspruch "Aethiopia smechein", "den Äthiopier weiss waschen". Bereits in der Antike zeichnete sich ein
erster Wechsel der Sichtweise auf die schwarzafrikanischen Menschen ab. (Adeleye, 1992)
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 35
Einführung: Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen durch die Jahrhunderte
Während die alten Griechen sich als Volk betrachteten, das von Barbaren umgeben war, die als niedriger
stehende Menschen betrachtet wurden, unzivilisiert, wild und geschaffen für den Dienst am höherstehenden
Hellenen - noch Aristoteles (384-322 v. Chr.) soll seinem Schüler Alexander dem Grossen empfohlen haben,
sie wie Pflanzen oder Tiere zu behandeln -, kam es wenig später zu einem Paradigmawechsel. Unter Alexander dem Grossen (356-323 v. Chr.) wurde die Idee des kosmopolitischen Menschen gefördert, die Philosophen
legten Wert auf die Brüderlichkeit aller Menschen. Diese Entwicklung beeinflusste auch die Einstellung
gegenüber den Schwarzafrikanern. Sie wurden nicht nur als Mitglieder der Gemeinschaft betrachtet, sondern
die Griechen und Römer entwickelten auch eine Theorie zum Einfluss der Umwelt auf die verschiedenen
Ausprägungen der menschlichen Erscheinungsform. Eine Idee, die erst sehr viel später wieder aufgegriffen
werden sollte. Ptolemäus (2. Jh. n. Chr.) war der Ansicht, dass die Schwarzafrikaner ihre dunkle Hautpigmentation und ihr krauses Haar, die kurze Statur und ihre fröhliche Natur der Nähe zur Sonne verdankten. Für die
Menschen der griechisch-römischen Epoche waren die äusseren Eigenschaften lediglich das Produkt eines
"geographischen Zufalls", die dem Menschen dazu dienten, mit seiner Umwelt zurechtzukommen. (Adeleye
1992)
Als Rom zur imperialen Macht aufstieg, die Provinzen in Nordafrika verwaltete, kam es zu einer vermehrten
Begegnung zwischen Griechen, Römern und Schwarzafrikanern. Schwarzafrikaner übten während der Zeit des
römischen Imperiums eine Vielzahl von Berufen aus. Einige arbeiteten in der Unterhaltung als Boxer, Akrobaten, Gladiatoren, Jäger, Tierbändiger, Tänzer, Jockeys und Schauspieler. Andere erhielten eine Anstellung als
Koch und Diener. (Adeleye 1992)
Schwarze Intellektuelle, wie König Juba II (50 v. Chr.- 24 n. Chr.) von Mauretanien waren keine Seltenheit
und das römische Reich offerierte den Schwarzafrikanern die Möglichkeit in der Armee, im diplomatischen
Dienst oder als Geschäftsmann Karriere zu machen. Darüberhinaus gibt es auch viele Hinweise, dass die
Schwarzafrikaner nicht nur als Mitglieder der Gesellschaft akzeptiert waren, sondern dass es auch zu Beziehungen und Heiraten zwischen Weiss und Schwarz kam, denn die Römer betrachteten Schönheit als relativ,
eine Idee, die erst sehr viel später wieder aufgegriffen werden sollte. (Adeleye 1992)
Schon Asclepiades (3. Jh. v. Chr.) soll eine Schwarzafrikanerin mit den folgenden Worten gepriesen haben
(Adeleye 1992):
Gazing at her beauty, I melt like wax before the fire. And if she ist black, what difference to me? So are coals, but when we
light them, they shine like rosebuds.
Eine Mauerinschrift in Pompeii (vor 79 n. Chr.) äusserst sich in ähnlicher Weise (Adeleye 1992):
Whoever loves a Black girl is set ablaze by black charcoal; when I see a Black girl, I willingly eat blackberries.
König Juba II. von Mauretanien war zweimal mit einer Frau kaukasischer Abstammung verheiratet und
Plutarch (46-120 n. Chr.) schildert den Fall einer Griechin, die ein schwarzes Kind gebar und deshalb des
Ehebruchs beschuldigt wurde. Aber eine darauf folgende Untersuchung habe gezeigt, dass ihr Urgrossvater ein
Äthiopier war. Für diese Zeit kann also davon ausgegangen werden, dass eine Beziehung zwischen Weissen
und Schwarzafrikanern nur dann als anrüchig galt, wenn es sich dabei um Ehebruch handelte. (Adeleye 1992)
Die wohl beste Beschreibung des Aussehens der Schwarzafrikaner in der damaligen Zeit wird Vergil (70-19 v.
Chr.) zugeschrieben (Adeleye 1992):
She was by race African, her entire figure testifying to her native land: hair tightly-curled, lips swollen, complexion dark,
the chest broad, breasts lying low, abdomen somewhat pinched, the legs thin and the feet wide and large.
Mit dem Fall des römischen Reiches wurden die Beziehungen Europas zu Schwarzafrika durch den Vorstoss
der arabischen Völker und der Verbreitung des Islams fast vollkommen unterbunden. Erst im 15. Jahrhundert
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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Einführung: Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen durch die Jahrhunderte
sollte es, bedingt durch die Seereisen der Portugiesen, zu einem erneuten intensiveren Kontakt kommen.
(Adeleye, 1992)
3.1.2
Die Berichte arabischer Beobachter
Die meisten Arbeiten arabischer Berichterstatter wurden in Europa erst Jahrhunderte später bekannt. Doch
einige von ihnen hatten bereits sehr früh Kontakt mit europäischen Herrschern. Zu diesen gehörten die
Geographen Sherif el Idrisi und Leo Africanus.
3.1.2.1
El Idrisi
El Idrisi (1100-1165), ein Marokkaner, der im Dienste des König von Sizilien Rogers II. stand, schrieb zur Zeit
der Kreuzzüge eine Geographie zu den Ländern des Sudan, in der er acht grössere schwarzafrikanische Reiche
erwähnt: Tekrur, Gana, Wangara, Kaugha, Kanem, Zaghawa und Nubia (Bitterli 1977, S. 46):
El Idrisi rühmte die Fruchtbarkeit und den Handelsreichtum dieser Gegenden, die Geschäftigkeit der Städte, den Glanz der
Fürstenhöfe und die Unerschöpflichkeit der Goldvorkommen am Nigerlauf.
Die Goldvorkommen Westafrikas sollten auch von späteren Autoren immer wieder erwähnt werden.
3.1.2.2
Ibn Batuta
Wenige Jahre später berichtete der Augenzeuge Ibn Batuta (1304-1369), den seine Reisen um die halbe Welt
führten, in seinem Reisebuch "Rihlah" (Michler 1991, S. 209f.):
Der Reisende braucht sich in diesen Gegenden weder mit Reiseproviant noch mit anderen Lebensmitteln noch mit
Geldstücken zu beladen; er muss nur Steinsalzstücke, Schmuck und einige aromatische Substanzen mitnehmen... Wenn der
Reisende zu einem Dorf kommt, erscheinen die Negerinnen mit Hirse, saurer Milch, Hühnern, Mehl, Reis, Funi - der
Senfkörnern gleicht und aus dem man Kuskus und eine dicke Suppe zubereitet - schliesslich mit Mehl aus Bohnen. Der
Reisende kann ihnen abkaufen, was er sich unter all diesen Sachen wünscht.
Ähnlich hatte sich wenige Jahre zuvor schon der Schriftsteller Al Omari geäussert, der über die Landwirtschaft
des Sahel schrieb (Michler 1991, S. 209f.):
Die Bewohner trinken das Wasser des Nigers und das der Brunnen, die sie gegraben haben... Ihre hauptsächlichsten
Nahrungsmittel sind: Der Reis; der Funi (Hirseart);... der Weizen, der selten ist; das Sorghum (Hirse), das als
Nahrungsmittel für sie selbst und als Futter für ihre Pferde und ihre Lastentiere dient... Man baut bei ihnen eine Pflanze an,
die man Kafi nennt; das sind weiche Wurzeln, die man in die Erde eingräbt und darin lässt, bis sie hart geworden sind.
Damit zählten Ibn Batuta und Al Omari eine ganze Reihe von Nahrungsmitteln auf, die für die einheimische
Bevölkerung von Bedeutung sind, eine Bedingung, die bei weiten nicht alle Geographielehrmittel des 20. Jahrhunderts erfüllen sollten.
3.1.2.3
Leo Africanus
Leo Africanus (1485-1554), ein in Granada geborener Diplomat, der um 1519 neben Ägypten auch den westlichen Sudan bereiste, hatte nach eigenen Angaben 15 Staaten persönlich aufgesucht und "deren gesellschaftliche Organisation, deren wirtschaftliche Bedeutung, die Lebensform ihrer Bürger in knappen Schilderungen
von grosser Authentizität festgehalten". Besonders seine Beschreibung Timbuktus wurde bekannt, die europäischen Geographen des 18. Jahrhunderts sollten sie mehrfach zitieren, und die Handelsleute führten sie an, um,
allerdings erfolglos, für ihre kommerziellen Projekte zu werben. (Bitterli 1977, S. 46)
Leo Africanus, der nach seiner Taufe durch den Papst Leo X. den christlichen Namen "Johannis Leo de Medici" annahm, der aber vor seinem Tod in Tunis 1554 wieder zum Islam konvertierte, schrieb in seiner "Beschreibung Afrikas" von 1526 über die sagenhafte Stadt Timbuktu, die damals den Zenith ihrer Macht bereits überschritten hatte (Africanus, 1526):
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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Einführung: Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen durch die Jahrhunderte
The houses of Timbuktu are huts made of clay-covered wattles with thatched roofs. In the center of the city is a temple
built of stone and mortar... and in addition there is a large palace... where the king lives. The shops of the artisans, the
merchants, and especially weavers of cotton cloth are very numerous. Fabrics are also imported from Europe to Timbuktu,
borne by Berber merchants.
The women of the city maintain the custom of veiling their faces, except for the slaves who sell all the foodstuffs. The
inhabitants are very rich, especially the strangers who have settled in the country; so much so that the current king has
given two of his daughters in marriage to two brothers, both businessmen, on account of their wealth. There are many wells
containing sweet water in Timbuktu; and in addition, when the Niger is in flood canals deliver the water to the city. Grain
and animals are abundant, so that the consumption of milk and butter is considerable. But salt is in very short supply
because it is carried here from Tegaza, some 500 miles from Timbuktu...
The royal court is magnificent and very well organized. When the king goes from one city to another with the people of his
court, he rides a camel and the horses are led by hand by servants. If fighting becomes necessary, the servants mount the
camels and all the soldiers mount on horseback. When someone wishes to speak to the king, he must kneel before him and
bow down; but this is only required of those who have never before spoken to the king, or of ambassadors. The king has
about 3'000 horsemen and infinity of foot-soldiers armed with bows... which they use to shoot poisoned arrows. This king
makes war only upon neighboring enemies and upon those who do not want to pay him tribute. When he has gained a
victory, he has all of them - even the children - sold in the market at Timbuktu...
There are in Timbuktu numerous judges, teachers and priests, all properly appointed by the king. He greatly honors
learning. Many hand-written books... are also sold. There is more profit made from this commerce than from all other
merchandise.
Instead of coined money, pure gold nuggets are used; and for small purchases, cowrie shells which have been carried from
Persia...The people of Timbuktu are of a peaceful nature. They have a custom of almost continuously walking about the
city in the evening... playing musical instruments and dancing. The citizens have at their service many slaves, both men
and women... There are no gardens or orchards in the area surrounding Timbuktu.
(Zu Timbuktu siehe auch die Seiten 28 und 143 dieser Arbeit.) Neben den Quellen der Antike waren die
Schriften arabischer Intellektueller die einzigen Zeugnisse, auf welche die europäischen Gelehrten während
langer Zeit zurückgreifen konnten. Zwar kam es sicher auch im Zusammenhang mit den Kreuzzügen zu Begegnungen mit Schwarzafrikanern, die Äthiopier nahmen ja auch daran teil, doch drang davon kaum Kunde nach
Europa.
3.1.3
Entdeckungen, Menschenhandel und Sklavenbefreiung
Als die Europäer im 14. Jh. damit begannen, auf der Suche nach neuen Handelswegen den ganzen Erdball zu
erforschen, kam es zu vermehrten Berichten über die Bewohner Schwarzafrikas. Diese wurden jedoch meist
von wenig gebildeten Seefahrern verfasst, ergötzten sich oft an der Schilderung von Fabelwesen oder wiederholten einfach, was bereits aus anderen Publikationen bekannt war. Damit trugen sie mehr zur Bildung von
Klischeevorstellungen bei, als dass sie wissenschaftliche Erkenntnisse zu Tage gefördert hätten. Dazu schreibt
Bitterli (Bitterli 1977, S. 26):
So konnte es beispielsweise geschehen, dass sich, nachdem die "abscheuliche Hässlichkeit" der Hottentotten einmal
apodiktisch festgestellt war, Dutzende von Reisenden darin überboten, dieses Volk in Erscheinung und Sitten boshaft zu
verzeichnen, wodurch ernst zu nehmende Studien über eine der interessantesten Völkergruppen Schwarzafrikas sehr
verzögert wurden.
Immerhin waren bereits im 15. Jahrhundert schwarze Sklaven in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon
keine ungewohnte Erscheinung mehr. Als Haussklaven bildeten sie eine integrierten Teil der Gesellschaft.
Rassenvorurteile spielten kaum eine Rolle und richteten sich vor allem gegen das "Heidentum der Neger". In
Portugal kam es auch zu einer zunehmenden Vermischung der europäischen Bevölkerung mit den Schwarzafrikanern. (Bitterli 1977, S. 181)
Im 16. Jahrhundert war der Anblick eines Schwarzafrikaners den Portugiesen so vertraut, dass er im Strassenbild kaum mehr beobachtet wurde. Der niedersächsische Zoologe und Anthropologe Johann Friedrich Blumenbach (1752-1840) reiste hingegegen noch 1790 extra nach Yverdon, um dort einen "Neger" zu besichtigen. Im
England des 18. Jh. wiederum gehörte der Schwarzafrikaner zum Strassenbild der Hafenstädte. 1750 dürften
etwa 10'000 Schwarzafrikaner auf der Insel gelebt haben, die 1772 durch den Mansfield-Entscheid in die Freiheit entlassen wurden - erst 1807 aber wurde der Sklavenhandel britischen Staatsbürgern untersagt. Vielen
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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Einführung: Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen durch die Jahrhunderte
Schwarzafrikanern gelang es jedoch nicht, ein neues Leben zu beginnen, und ihr sozialer Niedergang verstärkte diskriminierende Reaktionen in den Kreisen des englischen Kleinbürgertums. (Bitterli 1977, S. 181)
In Frankreich verlief die Entwicklung anders. Die ihre französischen Herrschaften begleitenden Schwarzafrikaner galten nach dem französischen Recht als freie Menschen, zudem war ihre Zahl weit geringer als in
England. Bitterli beschreibt die Funktion der Schwarzafrikaner in Frankreich folgendermassen (Bitterli 1977,
S. 184):
...der schwarze Lakai gehörte als eine Art von Dekorationsfigur, der auch rein ästhetische Bedeutung zukam, zu den
grossen Empfängen der Metropole, und die Dame aus gehobener Gesellschaft liess sich bei ihren Einkäufen - und sei es
auch nur, um eher bemerkt zu werden - gern vom Schwarzen begleiten. Auch gelangten Negerknaben zuweilen als Präsent
hoher Kolonialbeamter in den Dienst edler Damen...
Bis ins 18. Jahrhundert blieben aber die Informationen aus dem Innern des Kontinentes von oft zweifelhaftem
Wert: Sie stützten sich meist auf Fehlinterpretationen oder gewagte Spekulationen, Gerüchte und reine
Mutmassungen (Bitterli 1977, S. 43):
Der Geograph des siebzehnten und achtzehnten Jahrhunderts blieb, was die Binnenräume Afrikas anbetraf, zur Hauptsache
auf Nachrichten angewiesen, wie sie die Reisenden der Antike, Herodot, Plinius der Ältere oder Claudius Ptolemäus
gesammelt hatten... Waren die Fachleute schon derart unzulänglich orientiert, so musste die Unkenntnis der Laien als
vollständig gelten. Dem Grossteil der europäischen Bevölkerung, allen jenen Schichten, die in weiter Entfernung von den
Hafenstädten lebten und keine Bücher lasen, war der Name "Afrika" kaum mehr als ein Synonym für das Unbekannte
schlechthin: hier bezeichnete dieses Wort weniger eine Realität als ein entlegenes Fabelreich, das man mit den
Ausgeburten einer zügellosen Phantasie besiedelte und dessen Existenz nur selten, bald bedrohlich, bald verführerisch, ins
Bewusstsein drang.
Das Unwissen der Europäer blieb bei der Begegnung mit den Schwarzafrikanern nicht ohne Folgen (Bitterli
1977, S. 84f.):
Dasselbe Unvermögen, das Phänomen archaischer Kultur intellektuell zu bewältigen, welches in politischer Hinsicht zum
Einsatz gewalttätiger Mittel hinführte, begünstigte in philosophisch-psychologischer Hinsicht die Neigung zur
Diskriminierung der Vertreter anderer Rassen... Die Verlegenheit des Europäers... schlug in eine... Verurteilung des
Eingeborenen um, der als "Barbar" und "Wilder" ein für alle Mal deklassiert wurde. Indem man selbstgerecht die eigene
Lebensform zur absoluten Norm erhob und alles, was davon abwich, als minderwertig und pervertiert brandmarkte, führte
man eine durch keinerlei wissenschaftliche Überlegung fundierte Trennung zwischen Kultur und Natur ein und wies dem
Eingeborenen den zweiten Bereich zu, während man sich ganz selbstverständlich zum Herrn der Schöpfung einsetzte, ohne
sich auch nur über die mit solcher Anmassung verbundenen Verantwortlichkeiten Rechenschaft zu geben.
Die damals entstandenen Bilder des schwarzafrikanischen Menschen wurden durch die in die "Neue Welt"
verschleppten Sklaven, denen oftmals keine Rechte zugestanden wurden, noch verstärkt.
Der französische Schriftsteller und Philosoph Voltaire (1694-1778) soll nach Bitterli den "Neger" als ein
"schwarzes Tier mit Wollhaar" auf dem Kopf bezeichnet haben, "der sich auf zwei Beinen fast so geschickt
wie ein Affe fortbewege und weniger stark als die anderen Tiere seiner Grösse sei, allerdings einige Ideen
mehr im Kopf habe. Ausserdem soll Voltaire geschrieben haben, "unter den Negern würde lebhaft darüber
diskutiert, ob sie von den Affen abstammten oder diese von ihnen". "Die meisten Afrikaner lebten... in einem
Anfangsstadium der Dummheit, folgten bloss ihren Instinkten und seien ausserstande, eine dauerhafte gesellschaftliche Basis ihrer Existenz zu begründen". (Bitterli 1977, S. 275) Ähnliche Aussagen lassen sich noch bis
in die sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts nachweisen.
Die systematische Erforschung setzte erst im Jahre 1788 ein, als in London die "Association for Promoting the
Discovery of the Interior Parts of Africa" gegründet wurde. Die aus Mitglieder- und Gönnerbeiträgen finanzierte Gesellschaft wurde aus rein wissenschaftlicher Neugier geschaffen und sollte die Öffentlichkeit durch
Publikationen ins Bild setzten. Im Auftrag dieser Gesellschaft gelang es dem schottischen Arzt Mungo Park
1795, von der Gambia-Mündung zum Niger vorzustossen, und er brachte damit Nachricht von einer Gegend,
über die bis dahin nur spekuliert wurde. (Bitterli 1977, S. 49) Die darauffolgenden weiteren Entdeckungsreisen
von Forschern und Abenteurern wie Stanley und Livingstone wurden von der damaligen Öffentlichkeit nicht
nur als Beitrag zu den geographischen Kenntnissen Europas betrachtet, "sondern als schöpferische Leistung
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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Einführung: Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen durch die Jahrhunderte
schlechthin dargestellt, so, als hätte man die neuentdeckten Gebiete nicht bloss gefunden, sondern als wären
sie dank" ihrer Entdecker "erst eigentlich existent geworden". (Bitterli 1977, S. 72)
In ganz Europa, auch in Deutschland begann man sich eingehend mit den Völkern in den neuentdeckten
Gebieten zu befassen. Dabei wurden diese jedoch meist schon im voraus als in ihrer Entwicklung zurückgeblieben eingestuft. Friedrich von Schiller (1759-1805) gab in seiner Jenaer Antrittsrede von 1789 die Meinung
seiner Zeit über die Bedeutung dieser Entdeckungen wieder (Schiller: Was heisst und zu welchem Ende
studiert man Universalgeschichte?, S. 10f. DB S. 85472f.):
Die Entdeckungen, welche unsre europäischen Seefahrer in fernen Meeren und auf entlegenen Küsten gemacht haben,
geben uns ein ebenso lehrreiches als unterhaltendes Schauspiel. Sie zeigen uns Völkerschaften, die auf den
mannigfaltigsten Stufen der Bildung um uns herum gelagert sind, wie Kinder verschiednen Alters um einen Erwachsenen
herumstehen und durch ihr Beispiel ihm in Erinnerung bringen, was er selbst vormals gewesen und wovon er ausgegangen
ist. Eine weise Hand scheint uns diese rohen Völkerstämme bis auf den Zeitpunkt aufgespart zu haben, wo wir in unsrer
eignen Kultur weit genug würden fortgeschritten sein, um von dieser Entdeckung eine nützliche Anwendung auf uns selbst
zu machen und den verlornen Anfang unsers Geschlechts aus diesem Spiegel wiederherzustellen. Wie beschämend und
traurig aber ist das Bild, das uns diese Völker von unserer Kindheit geben! und doch ist es nicht einmal die erste Stufe
mehr, auf der wir sie erblicken.
Trotz all dieser abschätzenden Bemerkungen, den verbreiteten Unwahrheiten, und der Diskussion, ob
Schwarzafrikaner der gleichen Rasse angehörten wie die Europäer, sollte die Abwertung erst mit dem Einsetzen des Kolonialismus ihren wahren "Höhepunkt" erreichen.
Die im folgenden vorgestellten Literaturbeispiele geben einen Einblick in die Geistesströmung der Zeit von
der beginnenden Erforschung der Küsten Schwarzafrikas bis hin zum Einsetzen der kolonialen Machtgelüste
europäischer Staaten.
3.1.3.1
Montaigne
Michel de Montaigne (1533-1592) gibt in seinen "Essays" von 1575 im dreizehnten Kapitel "Of the Resemblance of Children to Their Father" eine Geschichte wieder, die angeblich auf Aesop zurückgeht, und ist damit
ein gutes Beispiel dafür, dass man damals für Informationen über die Schwarzafrikaner weniger auf die eigene
Erfahrung baute, die auch oft nicht gemacht werden konnte, sondern gerne auf die Schriften der Antike
zurückgriff (Montaigne 1575):
...Aesop tells a story, that one who had bought a Morisco slave, believing that his black complexion was accidental in him,
and occasioned by the ill usage of his former master, caused him to enter into a course of physic, and with great care to be
often bathed and purged: it happened that the Moor was nothing amended in his tawny complexion, but he wholly lost his
former health...
Ob diese Geschichte tatsächlich auf Aesop zurückgeht, ist in Anbetracht der Umstände der damaligen Zeit und
der wahrscheinlich schwarzafrikanischen Abstammung dieses Fabelschreibers sehr unwahrscheinlich. Vielmehr dürfte sie das in weiten Teilen Europas verbreitete Unwissen des 16. Jahrhunderts widerspiegeln - Portugal war mit einem relativ hohen Anteil von Schwarzafrikaner in seiner Bevölkerung eine Ausnahme.
3.1.3.2
Shakespeare
Gleich in drei Werken William Shakespeares (1564-1616) finden sich Hinweise auf Verbindungen zwischen
Schwarzen und Weissen. In der bluttriefenden Tragödie "Titus Andronicus", geschrieben um 1590, die in der
Antike spielt, wird die Liebschaft der Gotenkönigin Tamora zum Mohren Aaaron beschrieben. So spricht
Tamora im 2. Akt, 3. Szene die folgenden Worte aus (Shakespeare 1992):
"Ah, my sweet Moor, sweeter to me than life!"
Shakespeare orientiert sich bei diesem Stück also ganz an der Antike, deren Ideale zu Shakespeares Zeit
zumindest von den Intellektuellen nachgelebt wurden.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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Einführung: Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen durch die Jahrhunderte
Im "Kaufmann von Venedig", geschrieben um 1595, erwidert Lorenzo, Liebhaber Jessicas, der Tochter des
Juden Shylock, die Anschuldigungen seines Freundes, des Clowns Lancelot, im 3. Akt, 5. Szene mit den
Worten (Shakespeare 1992):
"I shall answer that better to the commonwealth than / you can the getting up of the negro's belly: the / Moor is with child
by you, Launcelot."
Shakespeare schildert damit die Beziehung Lancelots zu einer Mohrin, wobei wie schon in der römischen Zeit,
die Verbindung nicht deshalb kritisiert wird, weil Lancelot sich mit einer Schwarzafrikanerin eingelassen hat,
sondern weil die Beziehung eine uneheliche ist.
1604 schliesslich schrieb Shakespeare eines seiner bedeutendsten Stücke, das Drama "Othello". Darin wird die
Geschichte der Liebe des noblen Mohren Othello zu seiner Frau Desmonda geschildert, die er heimlich und
Gegen den Willen ihres Vaters ehelicht. Durch das Teiben des Untergebenen Jago, der Othello seine Stellung
und sein Glück vergönnt, findet die Beziehung ein tragisches Ende. Im 1. Akt, 1. Szene lässt Shakespeare Jago
die folgenden Wort zu Brabantios, dem Vater Desmondas sprechen (Shakespeare 1992):
"I am one, sir, that comes to tell you your daughter / and the Moor are now making the beast with two / backs."
Die Worte bringen deutlich zum Ausdruck: Nicht die Tatsache, dass die Tochter eine Beziehung zu einem
"Mohren" hat, wird als unschicklich betrachtet, sondern das Problem liegt in der Beziehung, die den Segen des
Vaters nicht gefunden hat.
Desmonda, von ihrem Vater auf die Verbindung zu Othello angesprochen, antwortet im 1. Akt, 3. Szene mit
den folgenden Worten (Shakespeare 1992):
"My noble father, / I do perceive here a divided duty: / To you I am bound for life and education; / My life and education
both do learn me / How to respect you; you are the lord of duty; / I am hitherto your daughter: but here's my husband, /
And so much duty as my mother show'd / To you, preferring you before her father, / So much I challenge that I may
profess / Due to the Moor my lord."
Offen bleibt bei allen Stellen, ob es sich bei den dargestellten Personen um Mauren oder Schwarzafrikaner
handelt, etliche Stellen weisen jedoch darauf hin, dass tatsächlich Menschen sehr dunkler Hautfarbe gemeint
waren. Dazu vermerkt Hensel auf Seite 204 seinen Spielplans (Hensel 1986, S. 204): "...doch auf den Schwärzegrad der Haut kommt es nicht an. Für Shakespeare und seine Zeitgenossen war der Unterschied zwischen
Maure und Neger unerheblich: 'Othello' ist keine Rassentragödie...", d. h. nicht die unglückliche Beziehung
zwischen einer Europäerin und einem Schwarzafrikaner, die zwar nicht zu den Einheimischen zählten, aber
doch in der Gesellschaft ihre respektierten Aufgaben erfüllten, steht im Vordergrund der Betrachtung, sondern
die Tragödie der beiden an und für sich. Damit legt Shakespeare Zeugnis ab für das von der römischen Epoche
geprägte Ideal der Akzeptanz anderer Völker, das es nicht für nötig hielt, eine andere Rasse pauschal zu
verurteilen.
3.1.3.3
Locke
John Locke (1632-1704) zeigt in "An Essay Concerning Human Understanding" von 1690 am Beispiel eines
Kindes, welches seine eingeschränkte Vorstellung eines Menschen auf einen Schwarzafrikaner anzuwenden
versucht, auf, wie wichtig die zugrunde liegenden Vorstellung bei der Einschätzung einer Person oder Sache
sind (Locke 1690, 4. Buch "Of Knowledge and Probability, 7. Kapitel "Of Maxims", Abschnitt 16.):
First, a child having framed the idea of a man, it is probable that his idea is just like that picture which the painter makes of
the visible appearances joined together;... of ideas... whereof white or flesh-colour in England being one, the child can
demonstrate to you that a negro is not a man, because white colour was one of the constant simple ideas of the complex
idea he calls man;... to him,... What is... depends upon collection and observation, by which he is to make his complex idea
called man.
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Einführung: Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen durch die Jahrhunderte
Locke spricht damit eine Problematik an, über die nachzudenken, sich für manchen Schreiberling gelohnt
hätte, der ohne jegliche Reflektion seiner eigenen Vorstellung über die Menschen Schwarzafrikas, diese Bilder
nach altbewährter Tradition und in gewohnt rassistischer Manier zu Papier gebracht hat und damit zu deren
Verbreitung beitrug.
3.1.3.4
Defoe
Der Roman "Robinson Crusoe" von Daniel Defoe (1660-1731), geschrieben 1719, prägte mit der Gestalt "Freitags" das Bild des Schwarzafrikaners über viele Generationen, obwohl dieser gar keine Schwarzafrikaner war,
wie aus Defoes Beschreibung hervorgeht (Defoe 1719):
His hair was long and black, not curled like wool;... The color of his skin was not quite black, but very tawny;... His face
was round and plump; his nose small, not flat like the negroes;... thin lips...
Defoe hat aber im gleichen Roman - dem Schiffbruch, der zu Robinsons Inseldasein führt, gehen mehrere
Schiffreisen an die Küste Westafrikas voraus - einige schwarzafrikanische Menschen beschrieben (Defoe
1719):
...for who would have supposed we were sailed on to the southward to the truly barbarian coast, where whole nations of
negroes were sure to surround us with their canoes, and destroy us; where we could ne'er once go on shore but we should
be devoured by savage beasts, or more merciless savages of humankind?
Nach der Charakterisierung der Schwarzafrikaner als Menschenfresser kommt es im Roman zu einem wirklichen Kontakt, den Defoe mit umschreibt (Defoe 1719):
I began to see that the land was inhabited; and in two or three places, as we sailed by, we saw people stand upon the shore
to look at us; we could also perceive they were quite black, and stark naked.
Bei einer weiteren Gelegenheit gewinnt Crusoe durch sein Verhalten - er hilft ihnen zusammen mit seinem
maurischen Diener Xury einen Leoparden zu erlegen - das Vertrauen einiger Schwarzafrikaner und erlangt ihre
Dankbarkeit (Defoe 1719):
...Then I made signs to them for some water... and there came two women, and brought a great vessel made of earth, and
burnt, as I suppose, in the sun; this they set down for me, as before, and I sent Xury on shore with my jars, and filled them
all three. There women were as stark naked as the men. I was now furnished with roots and corn, such as it was, and water;
and leaving my friendly negroes...
Defoe schildert also die langsame Annäherung der Hauptfigur Crusoe an die Schwarzafrikaner, die erst als
Kannibalen, schliesslich als "freundliche Neger" angesehen werden. Dies soll aber nicht darüber hinwegtäuschen: der Schwarzafrikaner findet in Defoes Roman vor allem als Sklave und profitable Handelsware immer
wieder Erwähnung.
3.1.3.5
Wieland
Christoph Martin Wieland (1733-1813), der mehrere Werke der Antike übersetzte, befasste sich in seinem
Bildungsroman "Geschichte des Agathon" von 1766-67 mit der Frage "Was ist das Schöne?" Die Antwort
umschrieb er mit den Worten (Wieland: Geschichte des Agathon, S. 124f., DB S. 10106f.):
Der Europäer wird die blendende Weisse, der Mohr die rabengleiche Schwärze der seinigen vorziehen;... der Africaner
wird die eingedrückte Nase, und die aufgeschwollnen dickroten Lippen;... bezaubernd finden.
1774 beschrieb er in der Satire die "Geschichte der Abderiten" die Beziehung Demokritus zu einer Schwarzafrikanerin (Wieland: Geschichte der Abderiten, S. 52f., DB S. 101735f.):
Gute, kunstlose, sanftherzige Gulleru, - sagte Demokritus, da er nach Hause gekommen war, zu einer wohlgepflegten
krauslockigen Schwarzen, die ihm mit offnen Armen entgegenwatschelte - komm an meinen Busen, ehrliche Gulleru!
Zwar bist du schwarz wie die Göttin der Nacht; dein Haar ist wollicht, und deine Nase platt; deine Augen sind klein, deine
Ohren gross, und deine Lippen gleichen einer aufgeborstnen Nelke. Aber dein Herz ist rein und aufrichtig und fröhlich,
und fühlt mit der ganzen Natur. Du denkst nie Arges, sagst nie was Albernes, quälst weder andre noch dich selbst, und tust
nichts, was du nicht gestehen darfst. Deine Seele ist ohne Falsch, wie dein Gesicht ohne Schminke. Du kennst weder Neid
noch Schadenfreude; und nie hat sich deine ehrliche platte Nase gerümpft, um eines deiner Nebengeschöpfe zu höhnen
oder in Verlegenheit zu setzen. Unbesorgt, ob du gefällst oder nicht gefällst, lebst du, in deine Unschuld eingehüllt, im
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Einführung: Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen durch die Jahrhunderte
Frieden mit dir selbst und der ganzen Natur; immer geschickt Freude zu geben und zu empfangen, und wert, dass das Herz
eines Mannes an deinem Busen ruhe!...
Die Passage ist vor allem deshalb interessant, weil Wieland in seiner Beschreibung von "Gulleru" dieser zwar
keinerlei Intelligenz zubilligt, sondern sie als Geschöpf der Unschuld bezeichnet, ihr Äusseres mit Worten
schildert, die sie als hässlich erscheinen lassen, aber auf die für die Antike typische Charakterisierung des
redlichen schwarzafrikanischen Menschen zurückgreift.
An einer anderen Stelle des gleichen Werkes bricht die abschätzige Bewertung der Menschen Schwarzafrikas
Wielands deutlicher durch (Wieland: Geschichte der Abderiten, S. 67., DB S.101750):
Die Schwarzen an der Goldküste... tanzen mit Entzücken zum Getöse eines armseligen Schaffells und etlicher Bleche, die
sie gegen einander schlagen. Gebt ihnen noch ein paar Kuhschellen und eine Sackpfeife dazu, so glauben sie in Elysium zu
sein...
Wieland verfasste ausserdem 1786-89 die phantastische Erzählung "Dschinnistan", auf der Mozarts Zauberflöte basiert, in der bekanntlich die Figur des Schwarzen in sehr unvorteilhafter Weise als ungezügeltes von
seinen Trieben beherrschtes Wesen dargestellt wird.
3.1.3.6
Lichtenberg
Georg Christoph Lichtenberg (1742-1799) kam in seiner Auseinandersetzung mit Lavater "Über die Physiognomik; wider die Physiognomen" von 1778 auf die damaligen Vorurteile gegenüber den Schwarzafrikanern
zu sprechen und verurteilte diese als nicht haltbar. Die damalige Bewegung der Physiognomen um Lavater
karikierend, schrieb er (Lichtenberg: Über Physiognomik; wider die Physiognomen, S. 30., DB S. 69890):
Allein, ruft der Physiognome, Was? Newtons Seele sollte in dem Kopf eines Negers sitzen können? Eine Engels-Seele in
einem scheusslichen Körper? der Schöpfer sollte die Tugend und das Verdienst so zeichnen? das ist unmöglich.
Damit sprach Lichtenberg die damalige vorherrschende Meinung über die Minderwertigkeit des "Negers" in
physischer wie in psychischer Hinsicht aus, welche die Vorstellung, ein "Neger" könne sich geistig mit einer
Kapazität wie Newton messen, für absurd hielt. Er liess es dabei aber nicht bewenden, sondern stellte sich auf
die Seite der verachteten Schwarzafrikaner, indem er schrieb (Lichtenberg: Über Physiognomik; wider die
Physiognomen, S. 32., DB S. 69892):
Ich will nur etwas weniges für den Neger sagen, dessen Profil man recht zum Ideal von Dummheit und Hartnäckigkeit und
gleichsam zur Asymptote der Europäischen Dummheits- und Bosheits-Linie ausgestochen hat. Was Wunder? da man
Sklaven, Matrosen und Pauker, die Sklaven waren, einem Candidat en belles lettres gegenüberstellt. Wenn sie jung in gute
Hände kommen, wo sie geachtet werden, wie Menschen, so werden sie auch Menschen; ich habe sie bei Buchhändlern in
London über Büchertitel sogar mit Zusammenhang plaudern hören, und mehr fürwahr verlangt man ja kaum in
Deutschland von einen Bel-Esprit. Sie sind äusserst listig, dabei entschlossen und zu manchen Künsten ausserordentlich
aufgelegt, und sollten daher, da der Versuche mit ihnen noch so wenige sind, gar nicht von Leuten verachtet werden, die
immer von Anlage ohne Bestimmung und Kraft ohne Richtung plaudern. Gegen ihre Westindischen Schinder sind sie nicht
treulos, denn sie haben ihren Schindern keine Treue versprochen.
Damit spricht Lichtenberg eine ganze Reihe von damals vorherrschenden Vorurteilen an und stellt sich gegen
die Annahme, Kultur sei eine angeborene Eigenschaft. Zusätzlich kritisiert er das damalige Bild, indem er zu
Recht darauf aufmerksam macht, in Europa sei - bis auf wenige Ausnahmen - wohl kaum die Elite Afrikas
anzutreffen. Auch das über die Schwarzafrikaner gefällte Urteil der Treulosigkeit entkräftet er mit dem
Hinweis auf das Schicksal, welches sie unter ihren "Schindern" erleiden mussten.
Lichtenberg beschränkt sich aber nicht darauf, gegen die Verleumdung der Schwarzafrikaner anzugehen, er
spricht auch die Probleme an, die sich aus der Begegnung mit dem Fremden ergeben, wenn er schreibt
(Lichtenberg: Über Physiognomik; wider die Physiognomen, S. 33f., DB S. 69893f.):
Das ruhige Durchschauen durch verjährte Vorurteile; die Scharfsichtigkeit durch das verwilderte Gebüsch den graden
Stamm zu erkennen; die philosophische Selbstverleugnung, zu gestehen man habe nichts Wunderbares gesehen, wo alles
von Wundern wimmeln soll, und die von Durst nach lauterer Wahrheit und von Menschenliebe begleitete Unparteilichkeit
ohne Menschenfurcht, ist ein kostbarer Apparatus, der selten mit an Bord genommen wird, wenn man nach entfernten
Ländern segelt; im Reich der Körper, so gut als der Gedanken.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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Einführung: Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen durch die Jahrhunderte
Mit diesen Äusserungen spricht Lichtenberg sich gegen das herrschende Bild des Schwarzafrikaners aus. Eine
Tatsache, die insofern erstaunlich ist, als es dem scharfsinnigen Betrachter Charles Darwin rund 100 Jahre
später wesentlich schwerer fallen sollte, seine eigenen Vorurteile gegen die schwarzafrikanischen Menschen
zu überwinden. (Zu Darwin siehe auch die Seite 52f. dieser Arbeit.)
3.1.3.7
Lessing
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781) beschrieb in seiner Erzählung "Nathan der Weise" von 1779 die
Schwarzafrikaner als "schmutzige Mohren". (Lessing: Nathan der Weise, S. 81. DB S. 66548)
3.1.3.8
Schiller
Johann Christoph Friedrich von Schiller (1759-1805) liess in "Die Räuber" von 1781 eine seiner Figuren mit
dem eigenen Schicksal hadern und sitzt dabei der tradierten Vorstellung von der Hässlichkeit der "Hottentotten" auf, die bereits weiter oben erwähnt wurde (Schiller: Die Räuber, S. 23, DB S. 82943):
...Warum gerade mir... dieses Mohrenmaul? Diese Hottentottenaugen? Wirklich, ich glaube, sie hat von allen
Menschensorten das Scheussliche auf einen Haufen geworfen und mich daraus gebacken.
Damit bleibt auch der Freiheitsdenker Schiller in den damaligen Vorstellungen gefangen und gibt diese ohne
jegliche Reflektion weiter.
3.1.3.9
Forster
Georg Forster (1754-1794), der in jungen Jahren den Entdecker Cook auf seiner Reise um die Welt begleitete,
setzte sich in mehreren Schriften mit anderen Völkern, und der Beschreibungen dieser durch die Europäer
auseinander. In seiner Schrift "Ein Blick in das Ganze der Natur" von 1779 schrieb er über die "Menschengattung" (Forster: Ein Blick in das Ganze der Natur, S. 22. DB, S. 17549):
Der Lappländer, der Patagonier, der Hottentot, der Europäer, der Amerikaner, der Neger, stammen zwar alle von Einem
Vater her, sind aber doch weit entfernt sich als Brüder zu gleichen.
Damit nahm er an der damaligen wissenschaftlichen Kontroverse teil, in der darüber gestritten wurde, ob die
verschiedenen Menschenrassen nur einer Art zugehörig wären oder nicht. Eine Debatte, die im Zusammenhang mit den Wanderungstheorien über die Vorfahren des heutigen Menschen - noch immer sind einige
Wissenschaftler der Überzeugung, der moderne Mensch hätte sich an verschiedenen Orten der Erde entwickelt
und die einzelnen Gruppen hätten sich dann später vermischt - noch zu keinem Ende gekommen ist, auch
wenn eine Mehrheit der Fachleute davon ausgeht, dass der moderne Mensch in Afrika entstand und sich dann
vor etwa 100'000 Jahren über die ganze Erde auszubreiten begann.
1786 schrieb Forster in seinem Buch "Noch etwas über die Menschenrassen" über das Werk des deutschen
Anatomen Samuel Thomas von Sömmerring (1755-1830), der fünf Jahre später ein Buch "Vom Baue des
menschlichen Körpers" veröffentlichen sollte (Forster: Noch etwas über die Menschenrassen, S. 21, DB S.
17587)
In der wichtigen Schrift dieses vortreflichen Mannes werden Sie nicht nur finden, dass die Farbe unter die minder
wesentlichen Eigenschaften gehöre, woran man Neger von Europäern unterscheidet; sondern was das merkwürdigste ist,
dass der Neger sichtbarlich so wohl in Rücksicht äusserer als innerer Gestaltung weit mehr übereinstimmendes mit dem
Affengeschlecht habe, als der Weisse.
Noch bis in das 20. Jahrhundert hinein "fanden" Wissenschaftler immer wieder neue "Beweise" dafür, dass der
Schwarzafrikaner dem Affen näher stünde als der kaukasische Europäer. Aus der körperlichen "Nähe" schloss
man dann, dass auch der Geist des Schwarzafrikaner mehr dem eines Affen als eines "Menschen" gleiche.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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Einführung: Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen durch die Jahrhunderte
Zum Thema der Affenähnlichkeit äussert sich Forster einige Seiten weiter noch einmal (Forster: Noch etwas
über die Menschenrassen, S. 23, DB S. 17589):
Denn auch die beyden Thiergeschlechter, (genera) der Mensch und der Affe, gränzen in der Reihe der Erdenwesen
unglaublich nahe aneinander; näher als viele andere Thiergeschlechter miteinander verwandt sind. Gleichwohl bemerken
wir einen deutlichen Zwischenraum oder Abstand zwischen diesen beyden physischen Geschlechtern; jenes schliesst sich
mit dem Neger, so wie dieses mit dem Orangutang anhebt. Ein affenähnlicher Mensch ist also kein Affe.
Ob nun aber der Neger und der Weisse, als Gattungen (species) oder nur als Varietäten von einander verschieden sind, ist
eine schwere, vielleicht unauflösliche Aufgabe.
Interessant ist, dass sich Forster 1786 dahingehend äussert, es könne nicht gesagt werden, ob "der Neger und
der Weisse" der gleichen Spezies angehörten, während er 1779 noch die Ansicht vertrat, "der Neger" und der
Europäer stammten, trotz ihrer Unterschiede, von "Einem Vater her".
Im gleichen Werk beschäftigt sich Forster auch mit der "Vermischung" von "Weissen" und "Schwarzen", die
er als widernatürlich verurteilt (Forster: Noch etwas über die Menschenrassen, S. 27. DB S.17593):
Und horchten Menschen nur der Stimme des Instinkts, wäre es nicht ihre Vernunft, welche Lüsternheit und Begierde
erkünstelt... so würden wir sowohl bey Schwarzen als bey Weissen, vor der ungleichartigen Vermischung Ekel und
Abscheu bemerken. Noch jetzt, glaube ich, darf man diesen Widerwillen vom rohen unverdorbenen Landmann erwarte; er
wird die Negerin fliehen; wenigstens wird Geschlechtstrieb nicht das erste seyn, was sich bey ihrem Anblick in ihm regt.
Bedenkt man die Selbstverständlichkeit, mit der im alten Rom Ehen zwischen Menschen europäischer und
schwarzafrikanischer Abstammung betrachtet wurden, bedenkt man dass auch in Portugal die "Rassenvermischung" lange Zeit zu keinerlei Kritik Anlass gab, selbst in Werken Shakespeares beschrieben wurde und zu
Forsters Zeit zumindest in der "Neuen Welt" durchaus an der Tagesordnung war, so können Forsters Ausführungen nur als Abscheu gegenüber den schwarzafrikanischen Menschen interpretiert werden.
Später meldet Forster Zweifel an dem von ihm eingeschlagenen Weg an, und er versucht, sich über die moralischen Dimensionen einer allzugrossen Distanzierung der "Neger" von den Europäern klarzuwerden (Forster:
Noch etwas über die Menschenrassen, S. 44, DB S. 17610):
Doch indem wir die Neger als einen ursprünglich verschiedenen Stamm vom weissen Menschen trennen, zerschneiden wir
nicht da den letzten Faden, durch welchen dieses gemishandelte Volk mit uns zusammenhieng, und vor europäischer
Grausamkeit noch einigen Schutz und einige Gnade fand?
Denn diese ihnen zugefügten Grausamkeiten verdienen die Schwarzafrikaner trotz ihrer "Minderwertigkeit"
nicht. Ja Forster beschwört gerade die moralische Verpflichtung der Weissen gegenüber den Schwarzafrikanern, die sich aus der Überlegenheit der Europäer ergibt (Forster: Noch etwas über die Menschenrassen, S. 47,
DB S. 17613):
Weisser! der du so stolz und selbstzufrieden wahrnimmst, dass wohin du immer drangst, Geist der Ordnung und
Gesetzgebung den bürgerlichen Vertrag begründeten, Wissenschaft und Kunst den Bau der Kultur vollführen halfen; der
du fühlst, dass überall im weiten volkreichen Afrika die Vernunft des Schwarzen nur die erste Kindheitsstufe ersteigt, und
unter deiner Weisheit erliegt - Weisser! du schämst dich nicht am Schwachen deine Kraft zu misbrauchen, ihn tief hinab zu
deinen Thieren zu verstossen, bis auf die Spur der Denkkraft in ihm vertilgen zu wollen? Unglücklicher! von allen
Pfändern, welche die Natur deiner Pflege anbefohlen hat, ist er das edelste. Du solltest Vaterstelle an ihm vertreten, und
indem du den heiligen Funken der Vernunft in ihm entwickeltest, das Werk der Veredlung vollbringen, was sonst nur ein
Halbgott, wie du oft glaubtest, auf Erden vermogte.
In seinem "Leitfaden zu einer künftigen Geschichte der Menschheit" von 1789 versucht Forster zu erklären,
weshalb die "Neger" im Geiste weniger wendig seien als die Europäer. Die Minderwertigkeit bringt er mit
einer grösseren sexuellen Potenz in Verbindung, die den Schwarzafrikanern immer wieder, bis hin zur neusten
Form, der Sorge um die "Bevölkerungsexplosion", nachgesagt wurde (Forster: Leitfaden zu einer künftigen
Geschichte der Menschheit, S. 13. DB S. 17858):
Der Überfluss, gleichviel ob Jagd und Viehzucht oder Ackerbau ihn erzeugte, lässt in der behaglichen Ruhe, die er
veranlasst, durch den sanfteren Reiz wuchernder Säfte den Geschlechtstrieb stärker entflammen. Ein mildes Klima, ein
fruchtbares Land, eine ruhige, ungestörte Nachbarschaft, und wer mag bestimmen, welcher andere Zusammenfluss von
Organisazion und äusseren Verhältnissen beschleunigte das Wachsthum sowol der Chineser und Indier als der Neger,
entwickelte früher ihren Geschlechtstrieb, führte die Polygamie unter ihnen ein, und machte sie zu den volkreichsten
Nazionen der Erde. Allein Erschlaffung ist das Loos einer zu üppigen Verschwendung der Zeugungskräfte. Im Herzen und
Hirn dieser Völker schlief die belebende Kraft, oder zuckte nur konvulsivisch. Zur Knechtschaft geboren, bedurften sie,
und bedürfen noch der Weisheit eines Despoten, der sie zu den Künsten des Friedens anführt, und mechanische Fertigkeit
in ihnen weckt. Die Ruthe des Despotismus, auch wenn eine milde Hand sie regiert, kan jedoch nur das
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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Einführung: Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen durch die Jahrhunderte
Menschengeschlecht auf dem Wege der Nachahmung und Gewohnheit in ewig einförmigem Schritte vor sich hintreiben,
nicht eigenthümliche Bewegung und erfinderische Kraft in ihm hervorrufen.
In seiner Rede "Über das Verhältnis der Mainzer gegen die Franken" von 1792 spricht Forster noch einmal
aus, was er trotz seiner Annahme der geistigen "Minderwertigkeit" der Schwarzafrikaner sein ganzes Leben
vertreten hatte: die äussere Erscheinung könne keinen Aufschluss über das Schicksal eines Menschen geben,
und sei dies ein Schwarzafrikaner. (Forster: Über das Verhältnis der Mainzer gegen die Franken, S. 4, DB S.
17999):
Einige Menschen, hiess es, sind zum Befehlen und Regieren, andere zum Besitz von Pfründen und Ämtern geboren; der
grosse Haufe ist zum gehorchen gemacht; der Neger ist seiner schwarzen Haut und seiner platten Nase wegen schon zum
Sklaven des Weissen von der Natur bestimmt; und was dergleichen Lästerungen der heiligen gesunden Vernunft noch
mehr waren.
Forster schwankt also einerseits zwischen einer abwertenden Beurteilung der Menschen Schwarzafrikas und
der Auflehnung gegen die ihnen durch die intellektuell "überlegenen" Europäer zukommende Behandlung,
welche er aufgrund seines politischen Weltbildes nicht billigen kann.
3.1.3.10 Herder
Johann Gottfried Herder (1744-1803) wandte sich in seinen "Briefen zur Beförderung der Humanität" von
1793-1797 gegen den von den Europäern über Jahrhunderte betriebenen Sklavenhandel in Westafrika (Herder:
Briefe zur Beförderung der Humanität, S. 97. DB S. 42273):
Von Menschen kaufte Menschen der Mensch, und ward / Ein Teufel! - Wer vermag den getrübten Blick / Zu heften auf des
armen Mohren / Elend und Schmach und gezuckte Geissel? / Aufs schwangre Weib, das jammernd die Hände ringt / Am
krummen Ufer; - Tränenlos starret sie / Dem fernen Segel nach; noch schallt ihr /Dumpf in den Ohren das Hohngelächter /
Des Treibers, noch der klirrenden Kette Klang, / Und ihres Mannes Klage, das Angstgeschrei / Der jüngsten Tochter, die
der Wütrich / Ihr aus umschlingenden Armen losriss.
Mit den Worten "Der Neger malt den Teufel weiss" (Herder: Briefe zur Beförderung der Humanität, S. 911.
DB S. 43087) wehrte er sich gegen die eurozentrische Sichtweise, die die eigene Lebensweise zum Massstab
aller Dinge machte. Und gegen die abwertende Betrachtung der schwarzafrikanischen Menschen verwahrte er
sich mit den Worten (Herder: Briefe zur Beförderung der Humanität, S. 944. DB S. 43120):
Der Neger hat so viel Recht, den Weissen für eine Abart, einen gebornen Kakerlaken zu halten, als wenn der Weisse ihn
für eine Bestie, für ein schwarzes Tier hält.
Herder gehört damit zu jenen deutschen Denkern, die gegen die primitivistische Sichtweise anschrieben, der
Schwarzafrikaner sei ein Wilder, dem Tier näher als dem Menschen, den es zu zivilisieren gelte.
3.1.3.11 Seume
Johann Gottfried Seume (1763-1810) verurteilte in seinem Werk "Mein Sommer" von 1805-1806 den Sklavenhandel und äussert sich dahingehend, die Schwarzafrikaner seien im Anbetracht der Umstände dazu legitimiert, sich bis zum Äussersten gegen das ihnen zugedachte Schicksal zu wehren (Seume: Mein Sommer,
S.254f., DB S. 87982f.):
Eines der westindischen Schiffe, das ich mit Scheel besuchte, war ursprünglich ein amerikanisches, dessen ganze
Mannschaft von den Schwarzen auf Guinea niedergemacht worden war. Von den Schwarzen war es an die Portugiesen,
und von diesen an die Dänen gekommen. Man zeigte im Schiffe noch die Merkmale von der Wut der Schwarzen. Es wäre
gar nicht übel, wenn es allen Bristolern und Liverpoolern so ginge, die mit echt britischer Humanität zu ihrer und des
Christentums Schande den Sklavenhandel verewigen. Es wäre ein ganz kleines Vergeltungsrecht für die Greuel, die sie
teils verüben, teils veranlassen.
Seume ist damit einer der wenigen Schriftsteller, die sowohl den Sklavenhandel verurteilen, als auch darauf
verzichten, die davon betroffenen Schwarzafrikaner als hilflose Lämmer zu beschreiben, die zur Schlachtbank
geführt werden. Mit der Erwähnung des Widerstandes auf Seiten der Opfer, lässt Seume zwischen den Zeilen
erahnen, mit welcher Brutalität die Sklaven unterdrückt werden mussten.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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Einführung: Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen durch die Jahrhunderte
3.1.3.12 Paul
Jean Paul Friedrich Richter (1763-1825), unter seinem Pseudonym Jean Paul bekannt, muss davon überzeugt
gewesen sein, dass die schwarzafrikanischen Völker ihre Zeit vor allem mit Musik vertrieben und wenig
arbeitsam waren. In der 1804-1805 geschriebenen Biographie "Flegeljahre" schreibt er (Jean Paul: Flegeljahre,
S. 679, DB S. 53153):
Dichter bauen, wie die afrikanischen Völker, ihre Brotfelder unter Musik und nach dem Takte an.
Ähnlich äussert er sich auch in "Dr. Katzenbergers Badereise" von 1809, in der er schreibt (Jean Paul: Dr.
Katzenbergers Badereise, S. 242. DB S. 53647):
Unsere Zeit bildet uns in Kleidern und Sitten immer mehr den wärmern Zonen an und zu, und folglich auch darin, dass
man wenig und nur in Morgen- und Mittagstunden schläft; so dass wir uns von den Negern, welche die Nacht kurzweilig
vertanzen, in nichts unterscheiden als in der Länge unserer Weile und unserer Nacht.
Die Vorstellung, dass sich die "Neger" vor allem beim Tanze verweilten, konnte sich bis in die jüngste Zeit
halten. Wer denkt bei der Erwähnung eines traditionell lebendes "Stammes" im Busch von Afrika nicht an
Trommeln und stundenlange Tänze? In Tat und Wahrheit bilden diese die Ausnahme in einem harten, meist
bäuerlichen Arbeitsalltag.
3.1.3.13 Arnim
Achim von Arnim (1781-1831) beschreibt in seinem 1810 erschienenen "Armut, Reichtum, Schuld und Busse
der Gräfin Dolores" die Reaktion des Herzogs auf das neugeborene, schwarze Kind der Königin (Arnim:
Armut, Reichtum, Schuld und Busse der Gräfin Dolores, S. 250., DB S. 262):
Doch da wird der Prinz viel schwärzer / Als des Herzogs Tintenfinger, / Den er braucht zum Unterzeichnen, / Und der
Herzog sieht mit Schrecken, / Dass es sei ein Mohrenjunge, / Was noch keiner von den Ärzten / Hat gewagt, ihm zu
verkünden.
Im gleichen Werk erwähnt er die Geschichte um König Salomon, der ein Verhältnis mit der Königin Makeda
von Äthiopien, besser bekannt unter dem Name "Königin von Saba", hatte (Arnim: Armut, Reichtum, Schuld
und Busse der Gräfin Dolores, S. 277., DB S. 289):
Die Töchter Jerusalems hatten ein Angaffen, dass König Salomos auserwählte Frau schwarz war, und ihm doch wohl unter
vierzig und hundert Frauen die liebste. Da antwortete sie ihnen jugendlich: "Ich bin schwarz, aber gar schön wie die
Teppiche im Tempel." - Liebe schwarze Tochter, mir ist lieber eine gnadenreiche Schwarze, denn der Schein einer
gnadenlosen Weissen; wer sich auf der himmlischen Heide ermaiet hat, der achtet nicht viel auf das zeitliche
Maiengewand.
In beiden Texten kommt zum Ausdruck, dass zu Beginn des 19. Jahrhunderts eine Beziehung zwischen
Schwarzafrikanern und Europäern keinesfalls als schicklich galt, sondern gar auf Ablehnung stiess und eigentlich undenkbar war. Nur im Roman konnte das Undenkbare in der Phantasie des Leser als exotische Beigabe
Wirklichkeit werden.
3.1.3.14 Nettelbeck
Der deutsche Seefahrer Joachim Nettelbeck (1738-1824) unternahm zwei Reisen nach Westafrika, die erste
1748 nach Guinea, die zweite 1771-1772 entlang der Küste des Gebietes, um von dort Sklaven in die Neue
Welt zu verschiffen. Seine "höchst erstaunliche Lebensgeschichte von ihm selbst erzählt", zu Beginn des
19.Jahrhunderts, nach 1807 verfasst, ist nicht nur ein Zeitdokument, dank Nettelbecks scharfer Beobachtungsgabe eignet sie sich auch für eine Betrachtung der damaligen Beziehungen zwischen Schwarzafrikanern und
Europäern.
Auf seiner ersten Reise, er war noch ein Junge, erlernte Nettelbeck die Sprache der Guineaküste von "zwei
Negern" aus diesem Gebiet, die als Matrosen dienten und die ihm der Steuermann "zu Lehrern der dortigen
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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Einführung: Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen durch die Jahrhunderte
Landessprache" gab. Die erste Begegnung Nettelbecks mit Schwarzafrikanern beruhte also auf einem SchülerLehrer-Verhältnis und nicht auf der Händler-Sklaven-Auseinandersetzung. Auf der ersten Reise nahm Nettelbeck am Handel mit "vierhundertzwanzig Negern jeden Geschlechts und Alters" teil.
Zu seiner zweiten Reise schreibt Nettelbeck, in Sierra Leone angekommen, dass dort die "Menschen als Ware
angesehen wurden". Die durch den Sklavenhandel verursachten gesellschaftlichen Veränderungen in Schwarzafrika beschreibt Nettelbeck mit den Worten (Projekt Gutenberg-DE 1996, Nettelbeck):
Wenn es ihnen an solcher Kriegsbeute fehlt, greifen ihre Häuptlinge, die eine despotische Gewalt über ihre Untertanen
haben, auch diejenigen auf, welche sie für die entbehrlichsten halten. Oder es geschieht, dass der Mann sein Weib, der
Vater sein Kind und der Bruder den Bruder auf den Sklavenmarkt zum Verkauf schleppt.
Bei der Ankunft der europäischen Schiffe hätten die schwarzafrikanischen Händler ein "tolles Geschrei" vollführt. Über die Sklavinnen berichtet Nettelbeck, dass es "die Natur bei den Negerinnen" an "Busen ... von
jugendlicher Fülle und Elastizität" nicht habe fehlen lassen. Nach dem vollzogenen Handel, der auf den Schiffen der Europäer vollzogen wurde, eilten die schwarzafrikanischen Händler "lustig und wohlbenebelt" davon.
Die Sklaven aber, so schreibt Nettelbeck, glaubten "nur zu gewiss,... wir hätten sie gekauft, um uns an ihrem
Fleisch zu sättigen".
Unter Berücksichtigung dieser Umstände kann es kaum verwundern, dass zwischen den verschiedenen Partien
ein nicht unbedeutendes Misstrauen herrschte. Nettelbeck beschreibt dann die Schwarzafrikaner auch als "verräterisch", sie würden "unaufhörlich auf einen Überfall" sinnen. Bei den Landgängen zur Besorgung von
Frischwasser und Proviant, hätte man "die genaueste Vorsicht" walten lassen müssen, "um nicht von den treulosen Afrikanern überwältigt zu werden".
Weiter schreibt Nettelbeck, dass die "völlig nackt einhergehenden Neger" sehr empfindlich gegen die "frische
Luft" am Morgen waren. Eine Aussage, die für die von ihm beobachtete Volksgruppe zutreffen dürfte, aber
keinesfalls verallgemeinert werden darf, wie dies nur allzuoft geschah. Nettelbeck berichtet auch von einem
Fall, bei dem die Schwarzafrikaner ein "wehrloses" Schiff "überrumpelt, die Besatzung niedergehauen und das
Schiff hatten stranden lassen, um seine Ladung bequem zu plündern". "Eine solche blutige Gewalttat" sei zwar
empörend, dabei sei aber zu berücksichtigen, "dass dergleichen eigentlich nur als Notwehr oder Wiedervergeltung gegen nicht minder abscheuliche Überfälle angesehen werden muss, welche sich die Europäer gegen
diese Schwarzen gestatten".
Nettelbeck erwähnt in seinem Bericht überdies den Goldreichtum der Goldküste und beschreibt die Verwendung von kleinen Goldstücken durch die Schwarzafrikaner (Projekt Gutenberg-DE 1996, Nettelbeck):
Die Neger nennen es "heiliges Gold" Sie durchbohren die Stücke, reihen sie auf Fäden und schmücken mit diesen
kostbaren Schnüren Hals, Arme und Beine. In so stattlichem Putze zeigen sie sich gerne auf den Schiffen. Oft trägt ein
einziger einen Wert von mehr als tausend Talern am Leibe...
Einmal auf die Sklavenschiffe verladen, wären die "Neger" mit Kanonen in Schach gehalten worden, die aber
nur "mit Grütze geladen" waren, "damit es im schlimmsten Fall nicht gleich das Leben gelte. "Denn", so
schreibt Nettelbeck, "die Kerle haben ja Geld gekostet!".
Obwohl Nettelbeck die Zustände auf den Sklavenschiffen stark verharmloste, sein Bericht wurde zu einer Zeit
geschrieben als der Sklavenhandel bereits in Verruf geraten war - er selbst schrieb, er habe nicht ahnen
können, dass der einst als "Gewerbe wie andere", über dessen "Recht- und Unrechtmässigkeit" man wenig
nachdachte, bezeichnete "böse Menschenhandel" einmal ein "Schandfleck der Menschheit" genannt würde schildert er, hinter schönfärberischen Worten, doch einige der Missstände an Bord (Projekt Gutenberg-DE
1996, Nettelbeck):
Aus Gründen, auf die hier nicht näher einzugehen ist, werden meistenteils sechs bis acht junge Negerinnen von hübscher
Figur zur Aufwartung in der Kajüte ausgewählt. Sie erhalten ihre Schlafstelle in ihrer Nähe.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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Nettelbeck gibt auch einen Hinweis darauf, wie sich das Klischee des "nackten Negers" verbreiten konnte,
wenn er über die Ankömmlinge auf dem Sklavenschiff schreibt (Projekt Gutenberg-DE 1996, Nettelbeck):
Bekanntlich kommen alle diese unglücklichen Geschöpfe beiderlei Geschlechts splitternackt an Bord. Wie sehr nun auch
sonst der Anstand auf diesen Sklavenschiffen verletzt werden mag, so gebietet er doch ihre notdürftige Bedeckung.
Dass auch die weissen Sklavenhalter in der Neuen Welt einer "Negerin" durchaus nicht abgeneigt waren,
zeigen die von Nettelbeck angegebenen Verkaufspreise (Projekt Gutenberg-DE 1996, Nettelbeck):
Ein Weibsbild wird je nach ihrem Aussehen für zweihundert bis dreihundert Gulden losgeschlagen, hat sie aber noch
Jugend, Fülle und Schönheit, so steigt sie im Werte bis auf achthundert und tausend Gulden und wird oft von Kennern
noch ausschweifender bezahlt...
Im Gegensatz zu vielen seiner Zeitgenossen, die Gehörtes wieder und wieder kolportierten, bis es zu einem
Klischee verkommen war, welches kaum noch etwas mit den wirklichen Zuständen in Schwarzafrika zu tun
hatte und damit wesentlich zu einem sehr willkürlichen Bild von den Menschen Schwarzafrikas beitrug, gehörte Nettelbeck zu denjenigen Europäern seiner Zeit, die nicht nur Erfahrungen aus erster Hand machten,
sondern auch in der Lage waren, die im Verlaufe des Lebens geschaffenen Vorstellungen zu überdenken, wenn
vielleicht auch nur gezwungen durch die Neubewertung einer Tätigkeit wie dem Sklavenhandel.
3.1.3.15 Goethe
Johann Wolfgang Goethe (1749-1832) schildert in seinem Reisebericht "Italienischen Reise" von 1816-1817
eine Begebenheit, bei der eine junge Mohrin, die auf einem türkischen Schiff reiste, gefangengenommen
wurde (Goethe: Italienische Reise, S. 569f.. DB S. 28525f.):
Der Schiffer hat eine grosse Beute gemacht; er fand sehr viel Geld und Waren, Seidenzeug und Kaffee, auch einen reichen
Schmuck, welcher einer jungen Mohrin gehörte.
Es war merkwürdig, die vielen tausend Menschen zu sehen, welche Kahn an Kahn dahinfuhren, um die Gefangenen zu
beschauen, besonders die Mohrin. Es fanden sich verschiedene Liebhaber, die sie kaufen wollten und viel Geld boten, aber
der Kapitän will sie nicht weggeben.
Goethes Schilderung ist nicht die einzige, bei der eine "Mohrin" oder "Negerin" von einem Europäer umworben oder begehrt wurde.
3.1.3.16 Mörike
Eduard Friedrich Mörike (1804-1875) beschrieb in seinem Roman "Maler Nolten" von 1832 eine Afrikanerin
mit den Worten (Mörike: Maler Nolten, S. 556, DB S. 72713):
Die Figur war ausserordentlich schön, obgleich nur mässig hoch, der Kopf an sich von dem edelsten Umriss, und das ovale
Gesicht hätte, ohne den aufgequollenen Mund und die Stumpfnase, nicht zärter geformt sein können; dazu kam eine
braune, wenngleich sehr frische Haut, und ein Paar grosse dunkle Augen. Es gab, freilich nur unter den Männern, immer
einige, denen eine so eigene Zusammensetzung gefiel; sie behaupteten, es werden die widersprechenden Teile dieses
Gesichts durch den vollen Ausdruck von Seele in ein unzertrennliches Ganzes auf die reizendste Art verschmolzen. Man
hatte deshalb den Bewunderern Margots den Spottnamen der afrikanischen Fremd- und Feinschmecker aufgetrieben, und
wenn hieran gewisse allgemein verehrte Schönheiten der Stadt sich nicht wenig erbauten, so war es doch verdriesslich,
dass eben die geistreichsten Jünglinge sich am liebsten um diese Afrikanerin versammelten.
Obwohl die Afrikanerin als schön beschrieben wird, stört doch die afrikanische Natur Mörike, der es als "verdriesslich" empfindet, dass gerade sie besonders anziehend auf die Jünglinge der Umgebung wirkt. Dabei sei
an das Zitat Forsters erinnert, der die Verbindung zwischen schwarzafrikanischen und europäischen Menschen
als "widernatürlich" betrachtete.
3.1.3.17 Hegel
Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770-1831) urteilte in seiner "Philosophie der Geschichte" von 1837 - nach
dem Aufsatz "Revolutionäre Forderungen an die afrikanische Soziologie" von Omafume Onoge - über die
Menschen Schwarzafrikas (Jestel Hrsg., 1982, S. 81):
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Der Neger stellt, wie schon gesagt worden ist, den natürlichen Menschen in seiner ganzen Wildheit und Unbändigkeit dar;
von aller Ehrfurcht und Sittlichkeit, von dem, was Gefühl heisst, muss man abstrahieren, wenn man ihn richtig auffassen
will: es ist nichts an das Menschliche Anklingende in diesem Charakter zu finden...
Nicht genug, dass Hegel dem Schwarzafrikaner jegliche Zivilisation abspricht, er gesteht ihm in anderen Stellen des gleichen Werkes auch keine eigene Geschichte zu.
3.1.3.18 Tieck
Johann Ludwig Tieck (1773-1853) beschrieb in seinem Buch "Vittoria Accorombona" von 1840 das Aussehen
einer Mulattin mit den folgenden Worten (Tieck: Vittoria Accorombona, S. 222. DB S. 97074):
Nun war eben seit zwei Tagen eine junge, aber überaus hässliche Sklavin von Livorno angekommen, die, ich weiss nicht,
zu welchen Diensten, im Palast gebraucht werden sollte. Sie schielte furchtbar, hatte einen widerwärtig grossen Mund, und
war von jener fast safrangelben Farbe, die durch Vermischung mit Europäern die Kinder erhalten, und so eine Race bilden,
hässlicher, als die Schwarzen selber. Diese Widerwärtigkeiten abgerechnet, war sie übrigens kräftig und gut gebaut.
Damit stellte er sich auf die Seiten derer, die einerseits das europäische Aussehen als absolute Norm, auch im
Hinblick auf den Aspekt der Schönheit betrachteten, andererseits entschieden gegen eine Vermischung
zwischen Europäern und Schwarzafrikanern eintraten.
3.1.3.19 Heine
Heinrich Heine (1797-1856) beschäftigte sich in mehreren seiner Werke mit Schwarzafrika und seinen Bewohnern. In seinen "Reisebildern" (1826-1831) beschrieb er 1828 seine Eindrücke der Stadt London und schilderte
die Folgen der Abschaffung des Menschenhandels durch Grossbritannien für die ehemals versklavten Schwarzafrikaner (Heine: Reisebilder. Vierter Teil, S. 106, DB S. 39600):
Der Fremde, der die grossen Strassen Londons durchwandert und nicht just in die eigentlichen Pöbelquartiere gerät, sieht
daher nichts oder sehr wenig von dem vielen Elend, das in London vorhanden ist... Die gewöhnlichen Bettler sind alte
Leute, meistens Mohren, die an den Strassenecken stehen und, was im kotigen London sehr nützlich ist, einen Pfad für
Fussgänger kehren und dafür eine Kupfermünze verlangen.
In seinem Werk "Ludwig Börne: Eine Denkschrift" von 1830-1839 klagt er die Zustände an, unter denen die
Schwarzafrikaner in den Nordstaaten der USA in der amerikanischen Gesellschaft damals leben mussten und
verurteilt die rassistische Einstellung der weissen Amerikaner und der Engländer (Heine: Ludwig Börne. Eine
Denkschrift, S. 51, DB S. 40483):
Die eigentliche Sklaverei, die in den meisten nordamerikanischen Provinzen abgeschafft, empört mich nicht so sehr wie die
Brutalität, womit dort die freien Schwarzen und die Mulatten behandelt werden. Wer auch nur im entferntesten Grade von
einem Neger stammt und wenn auch nicht mehr in der Farbe, sondern nur in der Gesichtsbildung eine solche Abstammung
verrät, muss die grössten Kränkungen erdulden, Kränkungen, die uns in Europa fabelhaft dünken. Dabei machen diese
Amerikaner grosses Wesen von ihrem Christentum und sind die eifrigsten Kirchengänger. Solche Heuchelei haben sie von
den Engländern gelernt, die ihnen übrigens ihre schlechtesten Eigenschaften zurückliessen.
In "Das Sklavenschiff" aus den "Gedichten" von 1853-1854 beschrieb Heine den Sklavenhandel(Heine:
Gedichte 1853 und 1854, S. 10, DB S. 38388):
Der Gummi ist gut, der Pfeffer ist gut, / Dreihundert Säcke und Fässer; / Ich habe Goldstaub und Elfenbein - / Die schwarze
Ware ist besser. / Sechshundert Neger tauschte ich ein / Spottwohlfeil am Senegalflusse. / Das Fleisch ist hart, die Sehnen
sind stramm, / Wie Eisen vom besten Gusse.
Mit diesem Gedicht dokumentiert Heine die bis zur Abschaffung vertretene Ansicht, bei den "Negern" handle
es sich weniger um Menschen als vielmehr um eine Ware, aus der möglichst viel Profit erzielt werden sollte.
In den "Geständnissen" von 1854 belehrt Heine den Leser anhand einer Reisebeschreibung, die er gelesen
habe, über den Wunsch des Einzelnen anderen Menschen in einem besseren Lichte zu erscheinen (Heine:
Geständnisse, S.10, DB S. 40705):
Da war der König der Aschantis, von welchem ich jüngst in einer afrikanischen Reisebeschreibung viel Ergötzliches las,
viel ehrlicher, und das naive Wort dieses Negerfürsten, welches die obenangedeutete menschliche Schwäche so spasshaft
resümiert, will ich hier mitteilen. Als nämlich der Major Bowdich in der Eigenschaft eines Ministerresidenten von dem
englischen Gouverneur des Kaps der Guten Hoffnung an den Hof jenes mächtigsten Monarchen Südafrikas geschickt
ward, suchte er sich die Gunst der Höflinge und zumal der Hofdamen, die trotz ihrer schwarzen Haut mitunter
ausserordentlich schön waren, dadurch zu erwerben, dass er sie porträtierte. Der König, welcher die frappante Ähnlichkeit
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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Einführung: Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen durch die Jahrhunderte
bewunderte, verlangte ebenfalls konterfeit zu werden und hatte dem Maler bereits einige Sitzungen gewidmet, als dieser zu
bemerken glaubte, dass der König, der oft aufgesprungen war, um die Fortschritte des Porträts zu beobachten, in seinem
Antlitze einige Unruhe und die grimassierende Verlegenheit eines Mannes verriet, der einen Wunsch auf der Zunge hat,
aber doch keine Worte dafür finden kann - der Maler drang jedoch so lange in Seine Majestät, ihm Ihr allerhöchstes Begehr
kundzugeben, bis der arme Negerkönig endlich kleinlaut ihn fragte, ob es nicht anginge, dass er ihn weiss malte.
Das ist es. Der schwarze Negerkönig will weiss gemalt sein. Aber lacht nicht über den armen Afrikaner - jeder Mensch ist
ein solcher Negerkönig, und jeder von uns möchte dem Publikum in einer andern Farbe erscheinen, als die ist, womit uns
die Fatalität angestrichen hat.
Solche Geschichten wurden bis in das 20. Jahrhundert immer wieder gerne kolportiert, vermittelten sie doch
den Eindruck, der Schwarzafrikaner wünsche selbst seiner "fatalen" Farbe zu entrinnen uns sich den "überlegenen" Europäern anzupassen. Zudem ist die Textstelle ein Hinweis darauf, wie sich das Bild, welches sich die
Europäer von den "Negern" machten, im Laufe der Zeit auch in den Köpfen der Schwarzafrikaner einnistete.
Obwohl die damals gehegten Vorurteile längst als rassistisch eingestuft wurden und Slogans wie "black is
beautiful" sicherlich Gegensteuer boten, haben viele schwarzafrikanischen Menschen noch immer das Bedürfnis, sich gegen diese ungerechtfertigte "Minderbewertung" zu wehren. Gleichzeitig sind in Schwarzafrika
Tinkturen und Salben beliebt, welche die Hautfarbe aufhellen und das krause Haar straffen sollen.
3.1.4
Der Kolonialismus
Als die Europäer nach den afrikanischen Gebieten zu greifen begannen, verwandelte sich der seit der Abschaffung des Sklavenhandels zunehmend positiver bewertete Schwarzafrikaner in ein Hindernis und einen Feind,
dessen einzige positive Eigenschaft seine auszubeutende Arbeitskraft war.
Die unvermeidlichen Waffengänge, die mit der Eroberung weiter Territorien einhergingen, der aktive und
passive Widerstand, mit der sich die Schwarzafrikaner gegen die Besatzung und die ihnen aufgezwungene
Fronarbeit wehrten, die Versuche der Besatzer, das eigene Tun sich selbst und den Daheimgebliebenen gegenüber zu rechtfertigen, führten dazu, dass die rein wirtschaftlich und machtpolitisch motivierten Greueltaten auf
dem afrikanischen Kontinent zu einer Zivilisierungsmission umgedeutet wurden, die umso berechtigter
erschien, je mehr man den Schwarzafrikaner verdammte.
Dazu griff man in die Mottenkiste der Vorurteile, die sich während des Sklavenhandels herausgebildet hatten.
Scheinbar belegt durch neue wissenschaftliche Studien, die nicht nur immer neue Unterschiede zwischen
Europäern und Schwarzafrikanern an den Tag brachten, kam man zum Schluss, das Heil des schwarzafrikanischen Menschen liege einzig in der technisch und militärisch weit überlegenen Industriekultur Europas.
Erst die Greuel des Ersten und Zweiten Weltkrieges in Europa und der zunehmende Widerstand einer von
Europäern geschaffenen schwarzafrikanischen Bildungselite, die den über sie verbreiteten Vorstellungen durch
ihre scharfsinnigen Schriften Lügen straften, verbunden mit einem gleichzeitigen Rückgang der wahrgenommenen Wichtigkeit des Rohstoffkontinents Afrikas für die Industrienationen, führten zu einem erneuten Wechsel der Vorstellungen.
Getrieben von der Angst, in Schwarzafrika mehr investieren zu müssen als gewonnen werden konnte, und
geleitet von der zunehmenden Erkenntnis, dass die "Neger" nun in der Lage wären, den Weltmarkt mit
Rohstoffen zu beliefern, ohne dass sie ununterbrochen von Europäern überwacht würden, entliess man die
Schwarzafrikaner in die Unabhängigkeit und gestand ihnen damit zu, das Schicksal ihrer Länder zumindest
teilweise in die eigenen Hände zu nehmen.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 51
Einführung: Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen durch die Jahrhunderte
3.1.4.1
Raabe
Wilhelm Raabe (1831-1910) zeichnet in seinen Romanen ein wenig schmeichelhaftes Bild der schwarzafrikanischen Menschen. Im "Abu Telfan" von 1868 lässt er seine Figur Leonhard die Lebensweise der Afrikaner
beschreiben (Raabe: Abu Telfan, S. 38, DB S. 76944):
"Nichts!... Zwanzig bis dreissig in einen kahlen, glühenden Felsenwinkel geklebte Lehmhütten - hundertundfünfzig
übelduftende Neger und Negerinnen mit sehr regelmässigen Affengesichtern und von allen Altersstufen von Zeit zu Zeit
Totengeheul um einen erschlagenen Krieger oder einen am Fieber oder an Altersschwäche Gestorbenen - von Zeit zu Zeit
Siegsgeschrei über einen gelungenen Streifzug oder eine gute Jagd - von Zeit zu Zeit dunkle Heuschreckenschwärme,
welche über das gelbe Tal hinziehen - zur Regenzeit ein troglodytisches Verkriechen in den Spalten und Höhlen der
Felsen!..."
Eine Charakterisierung, die auf einer ganzen Reihe von Vorurteilen beruht und die bis in das 20. Jahrhundert
immer wieder in der einen oder anderen Form zum Ausdruck kam.
An einer anderen Stelle des gleichen Romans lässt Raabe ein paar Kinder zu Wort kommen, die sich an einen
Besuch aus Afrika wenden (Raabe: Abu Telfan, S. 444, DB S. 77350):
"Er ist wieder da! Mama, der Mann aus dem Mohrenlande ist wieder da! Hurra, vivat! Papa, hier haben wir den Onkel mit
den Elefantengeschichten und Löwengeschichten! Er ist wieder da! Hurra, Herr Mohrenkönig, erzählen Sie uns eine
Geschichte von dem grossen Affen und dem Krokodil und den schwarzen Männern, welche sich nie zu waschen brauchen,
weil es doch nichts hilft, und welche sich nie anzuziehen brauchen, weil sie gar keine Kleider haben, und welchen Sie so
lange Zeit die Stiefel putzen und die Röcke ausklopfen mussten."
Afrika wird als exotischer Kontinent voller wilder Tiere dargestellt, dessen Bewohner sich weder waschen,
noch irgendwelche Kleider tragen, mit anderen Worten gegen die gute Kinderstube in jeglicher nur erdenklichen Art verstossen.
In einer weiteren Stelle kommt Raabe auf die Ähnlichkeiten zwischen Schwarzafrikanern und Europäern im
Bezug auf das Liebesleben zu sprechen (Raabe: Abu Telfan, S. 460, DB S. 77366):
...der junge Mohr nimmt seine Mohrin, wie und wo er sie findet, und die Moresken kommen nach wie in Europa, das erste
Exemplärchen neun Monate nach der Hochzeit, die folgenden in angemessenen, naturgemässen Zeiträumen.... So musste
denn auch das, was die weisse Gesellschaft über diese Verhältnisse dachte und sagte, dem, was jene schwarze Gesellschaft
darüber kundzugeben pflegte, der Form wie dem Inhalt nach sehr ähnlich sein.
In "Der Schüdderump" von 1870 lässt Raabe eine seine Figuren beim Betrachten eines Buches, in dem "menschenfressende Mohren" abgebildet sind, über die Begegnung mit einem Schwarzafrikaner berichten (Raabe:
Der Schüdderump, S. 173. DB S. 77674):
"Nein... es ist wahr. In Hamburg hab ich einen schwarzen Menschen gesehen, der war ganz so schwarz als der liebe
Freitag, und vielleicht war er auch aus seinem Dorfe. Seinen Vater Donnerstag hätt ich zu gern gesehen, aber der ist ja tot.
Es steht ganz gewiss in dem Buche, und hier ist sein Bild, wie er gebunden im Kahn liegt und eben an den Bratspiess
gesteckt werden soll."
Das Zitat dokumentiert nicht nur die Vorstellung der "kannibalistischen Schwarzen", es zeigt auch auf, wie
sich im Bewusstsein der damaligen Menschen die Berichte aus Übersee zu einem imaginären Wilden
vermischten, denn Defoes Erzählung "Robinson Crusoe" ist in der Südsee und nicht an der Küste Afrikas angesiedelt, hat aber das Bild des Schwarzafrikaners massgebend geprägt. (Siehe dazu die Seite 42 dieser Arbeit.)
Auch im "Stopfkuchen" von 1891 kommt Raabe noch einmal auf die Schwarzafrikaner zu sprechen und
beschreibt sie dort ohne Scheu als "exotisches, heidnisches Niggerpack". (Raabe: Stopfkuchen, S. 7, DB
S.78790)
3.1.4.2
Darwin
Charles Darwin (1809-1882) erwähnt in den Werken "The Voyage of the Beagle", "The Origin of Species",
"The Descent of Man" und "Emotions in Man and Animal" Schwarzafrikaner in verschiedenen
Zusammenhängen.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 52
Einführung: Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen durch die Jahrhunderte
In "The Voyage of the Beagle" von 1845 spricht er sich vor allem gegen die in Brasilien damals noch immer
übliche Sklaverei aus. Über eine entflohene Sklavin, die den Freitod der erneuten Sklaverei vorzog, schrieb er
(Darwin, 1845):
In a Roman matron this would have been called the noble love of freedom: in a poor negress it is mere brutal obstinacy.
In einer anderen Begebenheit - Darwin versucht einem Schwarzafrikaner mit Gesten etwas zu erklären - schildert er die Auswirkungen der Sklaverei auf ihre Opfer. (Darwin, 1845)
I talked loud, and made signs, in doing which I passed my hand near his face. He, I suppose, thought I was in a passion,
and was going to strike him; for instantly, with a frightened look and half-shut eyes, he dropped his hands. I shall never
forget my feelings of surprise, disgust, and shame, at seeing a great powerful man afraid even to ward off a blow, directed,
as he thought, at his face. This man had been trained to a degradation lower than the slavery of the most helpless animal.
Offenbar beeindruckt von der Persönlichkeit eines Schwarzafrikaners, der in einem kleinem militärischen
Aussenposten Dienst tat, schrieb Darwin (Darwin 1845):
This posta was commanded by a negro lieutenant, born in Africa: to his credit be it said, there was not a ranche between the
Colorado and Buenos Ayres in nearly such neat order as his... I did not anywhere meet a more civil and obliging man than
this negro...
Eine Bemerkung, die zeigt, dass die damaligen Vorurteile nur sehr bedingt und dann oft auch nur auf
Menschen zutrafen, die infolge ihres Schicksals für ungeeignete Beispiele gehalten werden müssen.
In "The Origin of Species" von 1859 erwähnt Darwin Schwarzafrikaner nur einmal:
Livingstone shows how much good domestic breeds are valued by the negroes of the interior of Africa who have not
associated with Europeans.
Wesentlich ausführlicher geht Darwin auf die Schwarzafrikaner in seinem Buch "The Descent of Man" von
1871 ein. Da die dortigen Angaben sehr umfangreich sind, folgen hier nur einige wenige Ausschnitte, weitere
bemerkenswerte Aussagen aus diesem Werk werden auf der Seite 600 im Anhang unter dem Titel "Der
schwarzafrikanische Mensch in Charles Darwins Werk" ohne Kommentar wiedergegeben.
Neben Bemerkungen zu physischen Eigenschaften der Schwarzafrikaner gibt Darwin Beobachtungen von
Drittpersonen wieder, die oft den damals den Schwarzafrikanern zugeschriebenen Eigenschaften zu widersprechen scheinen. Gegen das Bild des "fröhlichen Negers" stellt sich folgendes Zitat (Darwin 1871):
Mr. Winwood Reade informs me that the negroes of west Africa often commit suicide.
Zur Wahrheitsliebe der oft als falsch und betrügerisch dargestellten Schwarzafrikaner bezieht sich Darwin auf
die Schriften des schottischen Afrikareisenden Mungo Park (Darwin 1871):
Nevertheless, besides the family affections, kindness is common, especially during sickness, between the members of the
same tribe, and is sometimes extended beyond these limits. Mungo Park's touching account of the kindness of the negro
women of the interior to him is well known...There cannot be fidelity without truth; and this fundamental virtue is not rare
between the members of the same tribe: thus Mungo Park heard the negro women teaching their young children to love the
truth. This, again, is one of the virtues which becomes so deeply rooted in the mind, that it is sometimes practised by
savages, even at a high cost, towards strangers; but to lie to your enemy has rarely been thought a sin, as the history of
modern diplomacy too plainly shews...
Schon Darwin vertrat also die Ansicht, dass es den ansonsten eher wahrheitsliebenden Schwarzafrikanern in
Anbetracht der durch die Europäer erzwungenen Umstände nicht verübelt werden könnte, wenn diese es mit
der Wahrheit nicht immer so genau nahmen, da die Lüge ja auch in der modernen Diplomatie ein häufig
verwendetes Mittel gegen den Feind sei.
Wie schon in der Antike, führt Darwin die dunkle Hautfarbe der Schwarzafrikaner nicht auf einen zurückliegenden Sündenfall, als Zeichen der Minderwertigkeit gegenüber der weissen Rasse zurück, sondern sieht diese
Eigenschaft als Folge eines natürlichen Selektionsprozesses (Darwin 1871):
Hence it occurred to me, that negroes... might have acquired their dark tints by the darker individuals escaping from the
deadly influence of the miasma of their native countries, during a long series of generations.
Der von der natürlichen Selektion faszinierte Darwin gibt sogar eine "merkwürdige" Beobachtung über ein
schwarzafrikanisches Volk wieder, welches angeblich die Institution der Sklaverei nutze, um die eigene Rasse
zu verschönern (Darwin 1871):
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 53
Einführung: Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen durch die Jahrhunderte
Mr. Winwood Reade informs me that the Jollofs, a tribe of negroes on the west coast of Africa, "are remarkable for their
uniformly fine appearance." A friend of his asked one of these men, "How is it that every one whom I meet is so fine
looking, not only your men but your women?" The Jollof answered, "It is very easily explained: it has always been our
custom to pick out our worst-looking slaves and to sell them." It need hardly be added that with all savages, female slaves
serve as concubines. That this negro should have attributed, whether rightly or wrongly, the fine appearance of his tribe to
the long-continued elimination of the ugly women is not so surprising as it may at first appear; for I have elsewhere shewn
that negroes fully appreciate the importance of selection in the breeding of their domestic animals...
Neben der "kuriosen" Geschichte legt Darwin also auch Zeugnis davon ab, dass viele Schwarzafrikaner keinesfalls in der von Europäern oft zitierten Einheit mit der Natur leben, sondern ihre Kenntnisse ganz gezielt
nutzen, um ihre eigenen durch die natürlichen Gegebenheiten beeinflussten Lebensumstände zu verbessern.
In "The Expression of Emotions in Man and Animal" von 1899 gibt Darwin mehrere Beobachtungen wieder,
die betreffend der emotionellen Äusserungen klar belegen, dass allenfalls vorhandene Unterschiede zwischen
den verschiedenen Menschenrassen sehr klein ausfallen und eher eine Gewohnheitssache als Teil eines naturgegebenen Unterschiedes sind. Die Art und Weise wie Darwin diese Beobachtungen schildert, liefert aber
einen deutlichen Hinweis darauf, dass eine solche "Gleichheit" noch zu Ende des 20. Jahrhunderts keinesfalls
eine Selbstverständlichkeit war. (Siehe dazu auch die weiteren Zitate aus Darwins Werk auf der Seite 600 im
Anhang dieser Arbeit.)
3.1.4.3
Fontane
Theodor Fontane (1819-1898) beschreibt in seinem Roman "Der Stechlin" von 1898 das Afrikabild seiner Zeit,
wenn die Figur des Hauptmann von Czako dem verreisenden Woldemar Stechlin eine glänzende Zukunft
voraussagt (Fontane: Der Stechlin, S. 347, DB S. 16384):
"...Und vierzehn Tage nach Ihrem ersten grossen Sportsiege verloben Sie sich mit Ruth Russel oder mit Geraldine
Cavendish, haben den Bedforder oder den Devonshire-Herzog als Rückendeckung und gehen als Generalgouverneur nach
Mittelafrika, links die Zwerge, rechts die Menschenfresser..."
Afrika wird also einerseits als Kontinent der "Zwerge" und "Menschenfresser" bezeichnet, gilt aber für die
Kolonialzeit typisch, als die "Gelegenheit" für einen jungen Mann aus Europa, Karriere zu machen.
3.1.4.4
Wedekind
Frank Wedekind (1864-1918) gibt in seiner Tragödie "Die Büchse der Pandora" von 1904 den Dialog
zwischen einen Schwarzafrikaner, "den Erbprinzen von Uahubee", dessen Sprache "die spezifisch afrikanischen Zischlaute hören" lässt "und... von vielfachem Rülpsen unterbrochen" ist, und einer der Hauptfiguren,
Lulu, wieder (Wedekind: Die Büchse der Pandora, S. 108, DB S. 99496):
KUNGU POTI: God dam - ist sehr dunkel im Treppenhaus!
LULU:
Hier ist es heller, süsses Herz! - (Ihn an der Hand und vorn ziehend.) Komm, komm!
KUNGU POTI: Aber kalt ist hier. Sehr kalt.
LULU:
Trinkst du einen Schnaps?
KUNGU POTI: Schnaps? - Immer trink ich Schnaps! - Schnaps ist gut!
LULU (gibt ihm die Flasche:) Ich weiss nicht, wo das Glas ist.
KUNGU POTI: Macht nichts. (Setzt die Flasche an und trinkt.) Schnaps! - Viel Schnaps!
LULU:
Sie sind ein hübscher junger Mann.
KUNGU POTI: Mein Vater ist Kaiser von Uahubee. Ich habe hier sechs Frauen, zwei spanische, zwei englische, zwei
französische. Well - ich liebe nicht meine Frauen. Immer soll ich Bad nehmen, Bad nehmen, Bad
nehmen...
In der Folge versucht Kungu Poti Lulu zu belästigen, was ihm wegen des Eingreifens einer weiteren Person
nicht gelingt, worauf er die Flucht ergreift.
Der beschriebene Schwarzafrikaner wird nicht nur als Trunkenbold und Schmutzfink, der nicht baden will,
dargestellt, er ist auch der zivilisierten Sprache nicht mächtig, frönt der Vielweiberei und verlockt die
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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Einführung: Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen durch die Jahrhunderte
Europäerinnen mit seinem Gold. Wedekind stellt in ihm die gefährliche Verlockung des Exotischen dar,
welche dem, der sich zu eingehend mit ihr beschäftigt, zum Verderbnis geraten kann.
3.1.4.5
Wells
Hebert George Wells (1866-1946) beschrieb in seinem Buch "Tongo Bungay" von 1909, in dem er das zeitgenössische Leben in England festhielt und die Auswüchse des Kapitalismus kritisierte, die Begegnung eines als
Händler nach Westafrika reisenden Engländers mit einem Schwarzafrikaner. Die in der Ichform gehaltene
Erzählung lässt den Hauptdarsteller kurz bevor er auf den Schwarzafrikaner trifft aussagen (Wells 1909):
The less our expedition saw of the African population the better for its prospects. Thus far we had been singularly free from
native pestering.
Diesen beschreibt er mit den Worten (Wells 1909):
He wasn't by any means a pretty figure. He was very black and naked except for a dirty loin-cloth, his legs were ill-shaped
and his toes spread wide and the upper edge of his cloth and a girdle of string cut his clumsy abdomen into folds. His
forehead was low, his nose very flat and his lower lip swollen and purplish-red. His hair was short and fuzzy, and about his
neck was a string and a little purse of skin. He carried a musket, and a powder-flask was stuck in his girdle.
Als der Schwarzafrikaner bei der Begegnung mit dem Europäer davonrennen will, erschiesst ihn dieser. Nur
langsam steigen die Schuldgefühle in ihm auf:
It occurred to me that perhaps I ought to bury him. At any rate, I ought to hide him... In the night, however, it took on
enormous and portentous forms. "By God!" I cried suddenly, starting wide awake; "but it was murder!"
Wells beschreibt den Schwarzafrikaner zwar als hässlich, gesteht diesem jedoch zu, ein Mensch zu sein - zu
dieser Zeit wurde darüber noch heftig debattiert - und beschreibt sogar die Schuldgefühle des Mörders, eine
Regung, die bei weitem nicht alle wirklichen Europäer zu dieser Zeit gezeigt hätten.
3.1.4.6
Kindergedicht
Michler druckt in seinem Buch "Weissbuch Afrika" ein deutsches Kindergedicht aus dem Jahre 1910 ab, als
Deutschland Kolonialmacht in Afrika war (Michler 1991, S. 88):
"Als unsre Kolonien vor Jahren / noch unentdeckt und schutzlos waren, / schuf dort dem Volk an jedem Tage / die
Langeweile grosse Plage, / denn von Natur ist nichts wohl träger / als so ein faultierhafter Neger. / Dort hat die Faulheit, das
steht fest, / gewütet fast wie eine Pest. / Seit aber in den Kolonien / das Volk wir zu Kultur erziehen / und ihm gesunde
Arbeit geben / herrscht dort ein muntres, reges Leben. / Seht hier im Bild den Negerhaufen / froh kommen die
herbeigelaufen, / weil heute mit dem Kapitän / sie kühn auf Löwenjagden gehn..."
Das Gedicht bezeichnet die "Neger" nicht nur als faul und träge, es vermittelt auch den Eindruck, die Deutschen hätten die von ihnen kolonisierten Schwarzafrikaner aus ihrer Kulturlosigkeit befreit und sie zu allerlei
Aktivitäten angeregt. Dabei erwähnt das Gedicht mit keinem Wort die Aufstände gegen die Kolonialregierung
und die von ihr eingeführte Zwangsarbeit.
3.1.4.7
Heym
Georg Heym (1887-1912) schildert in seinem Novellenbuch "Der Dieb" von 1911 in der Erzählung "Jonathan"
die Erlebnisse eines Matrosen, der in Liberia wegen Malaria hospitalisiert wurde, und seine Geschichte nach
einem weiteren Unfall, in einem europäischen Spital schildert (Heym: Der Dieb, S. 52, DB S. 43458):
Wie er aufgewacht war, lag er im Spital von Monrovia mitten unter hundert schmutzigen Negern... Aber es war trotz des
Schmutzes, des Negergestankes, der Hitze, trotz des Fiebers immer noch besser gewesen als hier... "Mitten im Fieber
sangen die Neger ihre Lieder, mitten im Fieber tanzten sie über die Betten. Und wenn einer starb, dann sprang er noch
einmal hoch auf, als wenn ihn der Krater seines Fiebers noch einmal in den Himmel schleudern wollte, ehe er ihn für ewig
verschlang."
Heym beschreibt Schwarzafrika als Platz der Seuchen, das von "stinkenden" und "schmutzigen Negern" besiedelt ist, die selbst "mitten im Fieber" noch tanzten und sangen, und denen er bis in den Tod einen animalischen
Lebenswillen zuschrieb.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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Einführung: Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen durch die Jahrhunderte
3.1.4.8
Lindsay
Der amerikanische Poet Nicholas Vachel Lindsay (1879-1931) beschreibt in seinem dreiteiligen Gedicht "The
Congo" von 1914 wie die "Kongoneger" aus ihrem Aberglauben durch das Christentum erlöst werden.
Während er im ersten Teil "Their Basic Savagery" von tätowierten Kannibalen spricht, die angeleitet von
ihrem Hexendoktor blutdürstende Lieder singen, in denen die Pygmäen bestohlen, die Araber und Weissen
umgebracht werden sollen, schreibt er im zweiten Teil von Elfenbeinpalästen und lachenden Gesichtern. Die
Schwarzafrikanerinnen schildert er mit den Worten (Lindsay 1914):
Coal-black maidens with pearls in their hair, / Knee-skirts trimmed with the jassamine sweet, / And bells on their ankles
and little black feet.
Schliesslich beschreibt er im dritten Teil "The Hope of their Religion" die Heilung und Abkehr von ihren abergläubischen Bräuchen durch das Christentum, welches sie aber auch mit viel Klamauk zelebrieren (Lindsay,
1914)
A good old negro in the slums of the town / Preached at a sister for her velvet gown. / Howled at a brother for his
low-down ways, / His prowling, guzzling, sneak-thief days. / Beat on the Bible till he wore it out /Starting the jubilee
revival shout. / And some had visions, as they stood on chairs, / And sang of Jacob, and the golden stairs, / And they all
repented, a thousand strong / From their stupor and savagery and sin and wrong / And slammed with their hymn books till
they shook the room / With "glory, glory, glory," / And "Boom, boom, BOOM."
Noch Jahrzehnte später hiess es in einem Musiklehrmittel über den als typisch schwarzafrikanisch geltenden
Gottesdienst, er sei von Augenblicken ekstatischem, völligen "Ausser-sich-Seins", "Schreien und zuckenden
Bewegungen" begleitet ("Musik um uns 3" 1995, S. 44)
3.1.4.9
Weitere häufige Vorstellungen
Die Kolonialisierung des schwarzafrikanischen Kontinentes wurde nicht nur mit der technischen Überlegenheit
der Europäer begründet. Auch aus der Tatsache, dass die Schwarzafrikaner keine Christen waren, wurde eine
moralische Überlegenheit der Kolonisatoren beschworen. Um die eigene Überlegenheit zu verdeutlichen,
wurde den Schwarzafrikanern eine ganze Reihe von Eigenschaften angedichtet.
Immer wieder wird an verschiedenen Stellen darauf hingewiesen, die Schwarzafrikaner seien schmutzig, ein
Vorurteil, das wahrscheinlich auf die Zeit des Sklavenhandels zurückgeht, als die Schwarzafrikaner auf der
wochenlangen Überfahrt zu hunderten in den viel zu engen Frachträumen gefangengehalten wurden, ohne dass
sie eine Gelegenheit zur Körperpflege gehabt hätten. Noch 1936 schrieb der britische Kolonialbeamte W. E.
Crocker in "Nigeria - a Critique of Colonial Administration" über die Menschen Nigerias (Adeley 1992)):
The first sensation of the European coming into contact with the African is that of smell.
Eine andere den schwarzafrikanischen Menschen zugeschriebene Eigenschaft ist die, sexuell überaktiv zu sein.
Der schon zitierte Crocker meinte dazu (Adeleye 1992):
... the reproductive impulses are active enough among all peoples, but among none do they monopolise interests and
energies to the degree they do amount among the African.
Ganz ähnlich äusserste sich Sir Harry Johnston über Jugendliche in Schwarzafrika (Adeleye, 1992):
When the youth arrives at puberty there is the tendency towars an arrested development of mind. At this crucial period
many bright and shining examples fall of into disappointing nullity. As might be imagined, the concentration of their
thoughts on sexual intercourse is answerable for this falling away.
Auch Isaak Dinesen spricht in seinem Buch "Shadows on the Grass" noch 1960 davon, die Schwarzafrikaner
würden sich ab einem bestimmten Alter geistig nicht mehr weiterentwickeln (Jestel Hrsg., 1982, S. 268):
Die schwarzen Völker Afrikas, die im Kindesalter erstaunlich frühreif sind, bleiben anscheinend in unterschiedlichem Alter
in der geistigen Entwicklung stehen. Die Kikuyu, Kavirondo und Wakamba, also die Leute, die auf meiner Farm für mich
arbeiten, waren in der frühen Kindheit gleichaltrigen weissen Kindern weit voraus, doch ihre Entwicklung kam recht
plötzlich in einem Stadium zum Stillstand, das dem eines europäischen Kindes im Alter von neun Jahren entspricht. Die
Somali waren weitergekommen; sie hatten alle die Mentalität von 13- bis 17jährigen Jungen unserer Rasse.
In weiteren Berichten wurden die Schwarzafrikaner als faul, unzuverlässig und unfähig beschrieben.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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Einführung: Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen durch die Jahrhunderte
1906 vermerkte der Brite Ewart Grogan über die Schwarzafrikaner in Kenia, eine damals ziemlich verbreitete
Einstellung ausdrückend (Ostafrika 1988, S. 67):
Ein gutes, solides System der Zwangsarbeit würde mehr dazu beitragen, den Nigger innerhalb von fünf Jahren zu erziehen,
als die Millionen, die in den letzten fünfzig Jahren in missionarische Bemühungen gesteckt worden sind... Unter solchen
Gesichtspunkten kann sich auch das empfindsamste britische Gewissen beruhigen.
Die Britin Pearce Gervis schrieb in "Sierra Leone Story" über ihre Bediensteten (Adeleye 1992):
You can't depend on these people at all. I find it's best to get on with things myself.
Eine Einschätzung die bis in die neunziger Jahre immer wieder von Europäern, die aus welchen Gründen auch
immer, in Schwarzafrika tätig sind, vertreten wird. Meist liegt die Ursache dieser abschätzigen Meinung in der
völligen Unfähigkeit der Europäer, sich in die schwarzafrikanische Gesellschaft einzupassen. Oft kommt sie
auch deshalb zustande, weil die Europäer sich nicht zu der schwarzafrikanischen Lebensweise "erniedrigen"
wollen.
In ähnlicher Weise hatte sich schon 1916 der französische Kolonialoffizier E. Beurdeley in "La Justice
indigène en Afrique Occidentale Française: Mission d'Etudes, 1913-1914" geäussert (Adeleye 1992):
Anyone who hat lived for some time in contact with our natives and takes the troubel to observe them, rapidly begins to
discover imperfections in them such as the following: they do not know how to appreciate the value of time any more than
of distance; they are useless at all kinds of work demanding an appreciation of symmetry; they are incapable of laying out
their fields in straight lines; incapable of laying a table cloth evenly on a table; of placing a carpet on the floor parallel to
the walls.
Mit anderen Worten, die Schwarzafrikaner waren "ungeeignet" für die ihnen von den Europäern zugedachten
Arbeiten. Ein weiteres oft genanntes Merkmal ist die Unehrlichkeit, die schon bei Nettelbeck auftauchte.
Walter Miller, ein Missionar, schrieb über die Hausa, sie seien in ihrem Geiste unehrlich, würden gewohnheitsmässig betrügen und seien unausrottbare Lügner. (Adeleye 199; zu den Hausa siehe auch die Seiten 29
und 142 dieser Arbeit.) Auch Albert Schweitzer vertrat diese Ansicht. (Siehe dazu die Besprechung des Textes
"Ojembo, der Urwaldschulmeister" auf der Seite 472 dieser Arbeit.)
Vor allem aber wurden die Schwarzafrikaner von den Europäern als unzivilisiert betrachtet. Noch 1951 schrieb
der Historiker Margery Perham in einem Aufsatz "The British Problem in Africa", erschienen in der Juliausgabe des "Foreign Affairs" (Adeleye 1992):
...until the very recent penetration of Europe the greater part of the continent was without the wheel, the plough or the
transport animal; without stone houses or clothes except skins; without writing and so without history.
Natürlich gab es auch während der Kolonialzeit andere Stimmen. Der Gouverneur der Goldküste Sir Hugh
Clifford schrieb beispielsweise 1925, beeindruckt von der raschen Verbreitung und Nutzung des Kakao im
heutigen Ghana (Adeleye 1992):
This man, reputed to be lazy by the superficiel globe-trotter... has carved from the virgin forest an enormous clearing,
which he has covered with flourishing cocoa farms. Armed with nothing better than an imported axe and machete, and a
native-made hoe, he has cut down the forest giant, cleared the tropical undergrowth and kept it cleared. With no means of
animal transport, no railways and few roads, he has cenveyed his produce to the sea, rolling it down in casks for mile and
carrying it on his own stury cranium. Here is a result to make us pause in our estimate of the negro race.
Typisch für diese wohlwollendere Einschätzung ist, dass sie sich auf eine Tätigkeit der Schwarzafrikaner
bezieht, die im Interesse der Kolonisatoren lagen. Je besser sich die Menschen Schwarzafrikas an die Anforderungen der europäischen Besetzer hielten, desto mehr Lob wurde ihnen zuteil, dies hielt die Europäer jedoch in
der Regel nicht davon ab, sie als Menschen zweiter Klasse zu betrachten.
Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges, in dem viele Schwarzafrikaner Aktivdienst leisten mussten, und dem
Aufkommen einer Schicht von in Europa und den Vereinigten Staaten ausgebildeten schwarzafrikanischen
Intellektuellen, entspannte sich die Sichtweise der Europäer auf die Schwarzafrikaner, insbesondere dort, wo
die Rohstoffe Schwarzafrikas aufgrund der aufkommenden Kunststoffe an Bedeutung verloren. Wenn es aber
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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Einführung: Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen durch die Jahrhunderte
darum ging, die Interessen der industrialisierten Länder oder der weissen Siedler in Schwarzafrika zu vertreten, waren die alten Vorurteile schnell wieder zur Hand.
So hiess es beispielsweise noch im der Aprilausgabe der Personalzeitung der "Schweizerischen Bankgesellschaft" (Das Magazin 7/1998, S. 29):
Der südafrikanische Eingeborene ist noch absolut roh, hat keine Erziehung, kann weder lesen noch schreiben, kurz er ist
halb Kind, halb Tier... Einen Eingeborenen zu Gefängnis zu verurteilen ist zwecklos, denn für ihn bedeutet dies nur Ferien,
er hat keine Verantwortung und wird gefüttert. Die einzige Sprache, die er versteht, ist Härte und Autorität... Er ist auch
faul von Natur und charakterlich schlecht, das heisst, er lügt, er betrügt, und sehr oft stiehlt er auch, wenn er hofft, nicht
ertappt zu werden, nicht weil er das, was er stiehlt, braucht oder will, sondern weil es ihm Spass macht... Er hat keine
Führer, er hat keine Planung, und sollte es plötzlich einen Generalstreik der Eingeborenen geben, so würde der Schwarze
viel mehr als der Weisse daran leiden. Er würde nach einer Woche verhungern, weil er weder Kapital noch Reserven hinter
sich hat.
Besonders in den Konflikträumen Schwarzafrikas konnten sich solche Bilder noch lange halten. Selbst in den
neunziger Jahren wurde im Zusammenhang mit der Machtübernahme durch den ANC in Südafrika davon
gesprochen, dass die Wirtschaft wegen der "Unfähigkeit" der Schwarzafrikaner kollabieren würde. Und seit
Anfang 1998 mehren sich die Stimmen, die im Zusammenhang mit diesem Land plötzlich Töne anschlagen,
die während der weissen Apartheidsregierung nie geäussert wurden.
3.1.5
Zusammenfassung
Das Bild des Schwarzafrikaners aus der Sicht europäischer Völker war keineswegs einer stetige Entwicklung
von der Idee des "Barbaren" hin zum "gleichberechtigten" Menschen unterworfen. Von Ausnahmen abgesehen, die es immer gab, und die sich der zeitgenössischen Meinung entgegenstellten, unterlagen die europäischen Vorstellungen von den schwarzafrikanischen Menschen immer wieder Schwankungen, deren Richtungswechsel sich aufgrund der Tatsache, dass sie mit anderen Entwicklungen zusammentrafen, recht gut nachvollziehen lassen.
In der Antike avancierten die Schwarzafrikaner tatsächlich von "Barbaren" zu nützlichen und geachteten Individuen innerhalb einer zunehmend kosmopolitischen Umgebung. Mit dem Zerfall des römischen Reiches und
dem Vordringen der Araber in den nordafrikanischen Raum wurde der Kontakt zwischen Europa und Schwarzafrika jedoch fast vollkommen unterbrochen.
Die arabischen Schriftsteller drückten über eine Zeit von fast vierhundert Jahren immer wieder ihre Bewunderung über die Errungenschaften der Schwarzafrikaner aus, dies änderte sich jedoch im 16. Jahrhundert.
Schon zweihundert Jahre zuvor hatten sich die Kontakte zwischen Europa und Schwarzafrika durch die
Forschungsreisen der Portugiesen wieder intensiviert. Waren die Europäer bis anhin auf die Berichte der
Araber und der Antike angewiesen, konnten sie sich erstmals wieder eine eigene Vorstellung machen. Anfänglich zeichnete diese, geprägt von den Ideen der Antike und den neuentdeckten Königreichen Schwarzafrikas,
das Bild der Schwarzafrikaner durchaus positiv.
Mit dem Aufkommen des Sklavenhandels zerfielen diese Vorstellungen, der Schwarzafrikaner verkam zur
Ware und wurde zur Rechtfertigung des eigenen Tuns zunehmend als "unzivilisierter Wilder" betrachtet, der
dem Tier näher stand als dem Menschen. Erst die Schriften von schwarzafrikanischen Intellektuellen und die
zunehmende Verurteilung des Sklavenhandels führten zu einer erneuten Veränderung der Vorstellung vom
Schwarzafrikaner.
Der Schwarzafrikaner wurde wieder als Mensch, wenn auch niederer Stufe angesehen, dem die "Segnungen"
der europäischen Zivilisation zukommen sollten. Bemerkenswerterweise fiel diese Entwicklung in eine Zeit,
als Afrika an wirtschaftlicher Bedeutung für Europa verlor. Gleichzeitig verstärkten sich die Bestrebungen, die
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 58
Einführung: Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen durch die Jahrhunderte
Menschen Afrikas näher kennenzulernen. Die "Unzivilisiertheit" der Schwarzafrikaner wurde nicht mehr auf
eine ihnen innewohnende Eigenschaft zurückgeführt, sondern ihrer mangelnden Konfrontation mit den europäischen Werten zugeschrieben. Immer wieder wurde der Schwarzafrikaner aber auch als exotisches Wesen
vom, "ungezügelten Liebhaber" bis zum "edlen Wilden", dargestellt.
Als die europäischen Mächte gegen Ende des 19. Jahrhunderts einen erneuten Nutzen in den Gebieten Afrikas
sahen, begannen sie diese im Wettstreit miteinander zu kolonialisieren, was zu teilweise heftigen Auseinandersetzungen mit den Einheimischen führte. Wie schon zur Zeit des Sklavenhandels vermengten sich wirtschaftliche Interessen, kriegerische Auseinandersetzungen und der Versuch, das eigene Tun zu rechtfertigen, zu einer
besonders negativen Vorstellung von den Schwarzafrikanern, denen alle nur erdenklichen schlechten Eigenschaften zugeschrieben wurden.
Diese Haltung blieb bis zur Unabhängigkeit der schwarzafrikanischen Staaten bestehen, auch wenn sie sich
nach dem Zweiten Weltkrieg erheblich abschwächte. In den sechziger Jahren führte der "wind of change" kurz
zu einer wesentlich positiveren Einschätzung der schwarzafrikanischen Menschen, die aber mit innerafrikanischen Problemen wie den Wirren im Kongo, dem Biafrakrieg und den Hungersnöten in Sahel und dem wirtschaftlichen Niedergang vieler afrikanischer Staaten spätestens ab den siebziger Jahren dazu führte, den
Schwarzafrikaner als unfähig, die eigene Entwicklung voranzutreiben, anzusehen.
Erst seit wenigen Jahren gibt es Anzeichen dafür, dass die Vorstellung, die Schwarzafrikaner hätten das Recht,
als gleichwertige Menschen behandelt zu werden, auch umgesetzt wird. Seit den neunziger Jahren stehen die
Industrienationen dem schwarzafrikanischen Kontinent wieder mit vorsichtigem Optimismus gegenüber. Wie
weit entfernt von einer tatsächlichen Akzeptanz des Schwarzafrikaners als gleichwertiger Mensch die Industrienationen aber noch immer sind, zeigen die Ereignisse um die Bombenanschläge an den amerikanischen
Botschaften in Tansania und Kenia im August 1998: Den Amerikanern schien die Feststellung der Täterschaft
wichtiger zu sein als die Rettung der kenianischen Opfer.
Inwiefern sich das von der Schule vermittelte Bild mit den hier skizzierten Entwicklungen deckt, soll die in
dieser Arbeit durchgeführte Analyse der Lehrmittel, vor allem aus dem Bereich Geographie und Musik,
zeigen.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 59
Einführung: Vorwürfe an das Afrikabild der Lehrmittel
3.2 Vorwürfe an das Afrikabild der Lehrmittel
Anhand zweier Listen, von denen sich die erste auf die Lehrmittel im speziellen konzentriert, während die
zweite eher das allgemeine Bild kritisiert, sollen wichtige Vorwürfe festgehalten werden, die dazu dienen
sollen, beim Leser ein kritischeres Bewusstsein für die in den folgenden Teilen der Arbeit besprochenen Texte
zu wecken. Denn allzu oft werden Strukturen und Begriffe - ohne jegliche Absicht - übernommen, die sich
beim näheren Hinsehen als wenig durchdacht und dem Verständnis als wenig dienlich erweisen.
Zwar werden die im folgenden vorgestellten Vorwürfe an das Bild vom schwarzafrikanischen Menschen auch
im Zusammenhang mit der Einzelbesprechung der Lehrmittel von Bedeutung sein, grundsätzlich werden sie
aber im Teil "Ergebnisse der Untersuchung" ab der Seite 494 dieser Arbeit besprochen. Aus diesem Grund
folgt auf einen genannten Vorwurf jeweils ein Verweis auf die entsprechende Textstelle, die dem Vorwurf im
Rahmen einer Zusammenfassung nachgeht. Dabei können aus Gründen der Materialmenge nicht alle in den
Lehrmitteln aufgefundenen Aussagen vermerkt - dies geschieht in der Besprechung der einzelnen Lehrmittel -,
sondern nur ein Überblick gegeben werden.
Helen Schär, Leiterin des Kinderbuchfonds Baobab in Basel, zählte beispielsweise im Artikel "Ein neues Afrikabild im Unterricht?" (SLZ 5/98, S. 8-9) folgende Punkte auf, die teilweise von Menschen aus Schwarzafrika
aufgeworfen wurden:
1. Die afrikanische Geschichte und Gesellschaft werde "unvollständig bis ungenau und insgesamt
sehr undifferenziert" betrachtet.
Siehe das Kapitel "Qualität und Aktualität der gemachten Aussage" auf der Seite 528 dieser
Arbeit.
2. Den Schülern werde suggeriert, "in Afrika hätte Geschichte mit dem Auftreten der ersten
Weissen begonnen" oder die vorkoloniale afrikanische Geschichte werde nur angedeutet.
Siehe dazu das Unterkapitel "Geschichte" auf der Seite 525 dieser Arbeit.
3. Den Afrikanern werde seit der Kolonialzeit eine passive Rolle zugeschrieben.
Siehe dazu das Kapitel "Zugeschriebene Eigenschaften" auf der Seite 502 dieser Arbeit.
4. Bei der Erstellung der Lehrmittel wurden keine afrikanischen Fachkräfte beigezogen.
Siehe dazu das Kapitel "Qualität und Aktualität der gemachten Aussage"auf der Seite 528 dieser
Arbeit.
5. Die Texte werden von Auflage zu Auflage weiterverwendet, ohne dass sie überarbeitet werden.
Siehe dazu das Kapitel "Qualität und Aktualität der gemachten Aussage" auf der Seite 528 dieser
Arbeit.
6. Der "Hauptgrund der Armut werde viel zu sehr auf die klimatischen und geographischen
Verhältnisse abgewälzt", während andere Zusammenhänge vernachlässigt würden.
Siehe dazu die Einzelbesprechungen der Lehrmittel.
7. Die Texte hinterliessen "den Eindruck, dass eine Tendenz bestehe, Afrika als armen,
verschuldeten und von Diktatoren beherrschten Kontinent zu stempeln".
Siehe dazu das Kapitel "Zusammenfassung" auf der Seite 533 dieser Arbeit.
8. Schwarzafrikanische Frauen würden "nur in traditionellen Rollen und in den Illustrationen
meistens mit unbedecktem Oberkörper dargestellt", zudem seien sie untervertreten.
Siehe dazu das Unterkapitel "Die Rolle der Frau" auf der Seite 500 dieser Arbeit.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 60
Einführung: Vorwürfe an das Afrikabild der Lehrmittel
Von schwarzafrikanischen Schriftstellerinnen und Schriftstellern werden folgende Punkte genannt, die sich auf
das allgemeine Bild und weniger auf die Schulbücher im speziellen beziehen:
1. Schwarzafrikanische Menschen würden als "einfältige Kreaturen" oder "etwas ungeschickte an
der Schwelle zur Moderne stehende Wesen" bezeichnet. (Kabou 1995, S. 103) "Leider
betrachten nur wenige Europäer die Afrikaner als ihresgleichen. Ihr verschwommener Blick auf
uns verrät noch immer Spuren von Kolonialismus." (Maraire 1996, S. 94) Die Europäer glaubten
"allen Ernstes, dass wir von den Affen und sie von Gott abstammen" würden. (Maraire 1996,
S.172)
Siehe dazu das Kapitel "Zugeschriebene Eigenschaften" auf der Seite 502 dieser Arbeit.
2. Afrikaner seien "Arbeitstiere..., die sich stundenlang in der Sonne abrackern" könnten, "ohne das
leiseste Anzeichen von Erschöpfung zu zeigen" oder er sei ein "fauler Neger, der im natürlichen
Überfluss" lebe. (Kabou 1995, S. 118)
Siehe dazu das Kapitel "Zugeschriebene Eigenschaften" auf der Seite 502 dieser Arbeit.
3. Schwarzafrikaner seien von Trieben gesteuerte Wesen (Maraire 1996, S. 189):
"Es sind einfache und unschuldige Menschen. Sie essen gerne ihr bisschen sadza und Fleisch, trinken hin und wieder ein
Bier, schlaffen mittags unter einem schattigen Baum und zeugen viele Kinder. Das ist alles."
Siehe dazu das Kapitel "Zugeschriebene Eigenschaften" auf der Seite 502 dieser Arbeit.
4. Der Schwarzafrikaner hänge mehr an seinem Stamm "als eine Muschel an ihrem Felsen".
(Kabou 1995, S. 183)
Siehe dazu das Kapitel "Zugeschriebene Eigenschaften" auf der Seite 502 dieser Arbeit.
5. Die Sprache werde in diskriminierender Weise eingesetzt: "Lobola bezeichnen sie als Brautpreis,
Könige sind Häuptlinge, unsere Medizin ist Hexerei und unsere Religion nennen sie
Animismus." (Maraire 1996, S. 47)
Siehe dazu das Kapitel "Die diskriminierende Verwendung der Sprache" auf der Seite 531 dieser
Arbeit.
6. Afrika sei eine wundervoller Kontinent, der vor der Kolonisation eine völlig harmonische
Einheit gebildet habe. (Kabou 1995, S. 126)
Siehe dazu das Kapitel "Geschichte" auf der Seite 525 dieser Arbeit.
7. Der schwarzafrikanische Mensch sei trinkfreudig und lustig, "mehr mit Tamtams und religiösen
Zeremonien beschäftigt... als mit seinem Broterwerb". (Kabou 1995, S. 183)
Siehe dazu das Kapitel "Zugeschriebene Eigenschaften" auf der Seite 502 dieser Arbeit.
8. Europäer würden "Afrika nach wie vor" als "eine amorphe Masse sehen: der schwarze Kontinent,
ein urzeitlicher Sumpf, über dem dampfender Nebel hänge und der von Neandertal-Geschöpfen
und fröhlichen, aber primitiven Eingeborenen bewohnt" werde, "die sich mitten in der Nacht in
schauderhaften rituellen Zeremonien ergehen und zum rasenden Rhythmus von Trommeln"
tanzten. (Maraire 1996, S. 95)
Siehe dazu das Kapitel "Zugeschriebene Eigenschaften" auf der Seite 502 dieser Arbeit.
9. Die Musik Afrikas werde auf die Benutzung der Trommel reduziert. So beschreibt Maraire die
Aussage einer Anthropologin, die anlässlich eines Symposiums über "afrikanische Kultur, Politik
und... Entwicklung des Kontinents" aussagte (Maraire 1996, S. 96):
"Ich liebe Afrika. Es ist so schön, und die Afrikaner sind die herzlichsten Menschen in der Welt. Ich habe ihre Konferenz
sehr genossen. Ich bin jedoch enttäuscht, dass es keine Trommeln bei Ihrem Symposium gab. Mein Mann und ich haben
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 61
Einführung: Vorwürfe an das Afrikabild der Lehrmittel
während unseres Aufenthaltes dort so gerne den kleinen Dorfjungen zugehört, wenn sie nachts spielten. Ich denke, dass
keine Ausstellung oder selbst Diskussion ohne Trommeln vollkommen ist."
Siehe dazu das Kapitel "Vorgestellte Instrumente und Länder" auf der Seite 469 dieser Arbeit.
10. Der Westen beanspruche Errungenschaften Afrikas, beispielsweise die Kultur Altägyptens allein
für sich. (Maraire 1996, S. 103)
Siehe dazu die "Betrachtung der Vorwürfe" ab der Seite 533 dieser Arbeit.
11. Afrika ist nicht in der Lage, sich ohne fremde Hilfe zu entwickeln. Der Kontinent sei "wie eine
Frühgeburt, schutzlos, unterernährt und unterentwickelt - unfähig, sich selbst am Leben zu
erhalten". (Maraire 1996, S. 101)
Siehe dazu das Kapitel "Zugeschriebene Eigenschaften" auf der Seite 502 dieser Arbeit.
Ob diese Vorwürfe zutreffen, ob Aussagen aus "didaktischen" Gründen zu sehr vereinfacht wurden und ob das
Lehrmittel auf einer Metaebene Hand bietet, um allenfalls die Aufmerksamkeit auf diese heiklen Fragen zu
lenken, ist Gegenstand der Betrachtung und Untersuchung der mehr als 35 Geographielehrmittel über den Zeitraum des ganzen 20. Jahrhunderts, der rund 25 Musiklehrmitteln vor allem der siebziger- bis neunziger Jahre,
sowie einer kleineren Sammlung an Sprach-, Lese- und Comicbüchern. Wer konkret einem Vorwurf nachgehen möchte, folgt am besten den bereits gemachten Seitenhinweisen. Für einen detaillierteren Einblick in das
Bild einer bestimmten Zeit, bieten sich die einzelnen Besprechungen der Lehrmittel an. Innerhalb dieser
Besprechungen finden sich für viele Sachthemenkreise weitere Querverweise.
Die Lehrmittel werden innerhalb der Gruppen "Geographie", "Musik", "Lesebuch und Comic" in grösstenteils
chronologischer Ordnung analysiert. Sofern diese Analyse nicht nur wenige Sätze umfasst, werden die wichtigsten Gedanken am Ende der Analyse der einzelnen Lehrmittel kurz zusammengefasst. Pro Gruppe erfolgt
teilweise eine weitere Zusammenfassung am Schluss der jeweiligen Abschnitte, die im letzten Teil der Arbeit
noch einmal zu einem Gesamtbild zusammengezogen werden. Da einige der gemachten Kommentare für mehr
als ein Lehrmittel von Bedeutung sind, wird jeweils unter Angabe der Seitenzahl auf die entsprechenden Stellen verwiesen.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 62
Einführung: Themenkreis Ghana
3.3 Themenkreise
Anhand der drei im folgenden vorgestellten Themenkreise soll die in der Besprechung der einzelnen Lehrmittel angewandte Arbeitstechnik exemplarisch dargestellt werden. Der erste Themenkreis befasst sich mit der
Darstellung des westafrikanischen Landes Ghana. - Innerhalb der Einzelbesprechungen finden sich weitere
Angaben zu den in den Lehrmitteln erwähnten Ländern Schwarzafrikas. Die teilweise verstreuten Angaben
wurden durch entsprechende Seitenverweise verknüpft. - Der zweite Themenkreis befasst sich mit dem innerhalb der Einzelbesprechungen nicht ausführlich behandelten Thema Krieg, und der dritte Themenkreis befasst
sich mit der Darstellung der schwarzafrikanischen Religionen. Diese beiden letzten Themenkreise stehen für
eine Anzahl von weiteren Themen, die innerhalb der Einzelbesprechungen der Lehrmittel angesprochen und
wieder grösstenteils über Seitenhinweise auf andere Textstellen verknüpft sind.
3.3.1
Ghana
Der erste Themenkreis befasst sich anhand von Ghana mit der Darstellung eines Landes in den untersuchten
Lehrmitteln. Ghana wurde gewählt, da dieses Land verschiedene geographisch bedingte Nutzungszonen
aufweist, politisch zu den Vorreitern der Unabhängigkeitsbewegung gehörte und relativ gut dokumentiert ist.
Die den Zitaten beigefügten Kommentare entsprechen zu einem grossen Teil denen, die in der Besprechung
der einzelnen Lehrmittel im Teil "Der schwarzafrikanische Mensch im Geographielehrmittel" ab der Seite 93
dieser Arbeit gemacht werden. Allerdings wurde auf die in den dortigen Ausführungen gemachten Querverweise verzichtet. Die Darstellung des historischen Reiches Gana wird in diesem Themenkreis nicht betrachtet,
da dieses der ehemaligen Goldküste zwar den Namen gab, aber das Gebiet des heutigen Ghanas nicht
umfasste.
3.3.1.1
Widrig Geographie, 1967
Widrigs "Geographie" beschäftigt sich als erstes der untersuchten Lehrmittel mit Ghana. Über die erreichte
Unabhängigkeit des Vorreiters und afrikanischen Hoffnungsträgers schreibt Widrig auf der Seite 311:
...Waren es zuerst die Länder des Islams, die ihr Ziel erreichten, so gelang es 1957 der von Negern bewohnten britischen
Goldküste, den Staat Ghana zu gründen. Viele Afrikaner konnten es nun kaum erwarten, nach dem Vorbild Ghanas, das
"europäische Joch" abzuschütteln...
Obwohl der damalige Präsident Ghanas, Kwame Nkrumah als nachahmenswerter Politiker galt, gelang es ihm
in den sechziger Jahren nicht, die Regierungsverantwortlichen der anderen unabhängig gewordenen afrikanischen Staaten von seiner Idee, der Schaffung eines afrikanischen Staatenbundes nach dem Vorbild der Vereinigten Staaten von Amerika, zu überzeugen.
3.3.1.2
Seydlitz für Realschulen, 1968
Wesentlich ausführlicher mit Ghana beschäftigt sich das Lehrmittel "Seydlitz für Realschulen". Unter dem
Titel die "Staaten Äquatorialafrikas und ihre Wirtschaft" schreibt der Autor auf der Seite 40f. des dritten
Bandes zur Wirtschaft Ghanas:
...Auch die Einheimischen haben inzwischen den Anbau dieser Produkte übernommen und dabei beträchtliche Fortschritte
erzielt Der grösste Kakaolieferant der Welt ist Ghana, seine Hauptstadt Akkra der wichtigste Kakaoausfuhrhafen.
Ausserdem kommen aus den Regenwäldern wertvolle Hölzer.
Auf der Seite 41 ist ein Foto "Träger bringen Kakaobohnen zur Sammelstelle" abgebildet, das zeigt, wie Schalen mit daraufliegenden Säcken, gefüllt mir Kakaobohnen, auf dem Kopf getragen werden. Im Text heisst es
weiter zur Infrastruktur des Landes (S.41):
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 63
Einführung: Themenkreis Ghana
...An der Küste müssen - wie schon in Takoradi und in Tema - moderne Häfen entstehen, damit auch sperrige Güter:
Maschinen, Eisenbahnwagen, Bagger und Industrieausrüstungen, sicher gelöscht werden können... Auch das Strassennetz
genügt nicht den Ansprüchen; es müssen mehr Allwetterstrassen gebaut werden, die auch in der Regenzeit benutzbar sind.
Bahnlinien und Strassen dienen vor allem dazu, die Bodenschätze, aber auch die landwirtschaftlichen Ausfuhrgüter zur
Küste zu transportieren. Auch die Edelhölzer aus dem Regenwaldgebiet müssen mit der Eisenbahn oder mit dem Lkw zu
den Sägewerken und Verschiffungsplätzen geschafft werden.
Für den Transport von Personen hat sich in Ghana das Prinzip der privat geführten Kleinbusse durchgesetzt,
die Trotros genannt werden. Für eine kleine Gebühr werden die Einheimischen in oder ausserhalb der Stadt
von einem Ort zum nächsten befördert, und dies im Gegensatz zu den staatlichen Busbetrieben, die häufig nur
eine oder zwei Fahrten pro Tag anbieten, mit einer weit höheren Verkehrsfrequenz und zu günstigeren Zeiten.
Zu den Bodenschätzen Ghanas äussert sich der Autor (S. 41):
Für den Ausbau der Industrie sind die wertvollen Bodenschätze... Bauxit, Gold und Diamanten... wichtig. Für die
Verarbeitung der Bodenschätze ist vor allem elektrische Energie nötig. Sie wird aus Wasserkraft gewonnen. Grosse
Staudämme am Niger und am Volta sind bereits entstanden oder im Bau.
Auf den Akosombostaudamm, der den Volta aufstaut, wird an anderer Stelle eingehend eingegangen.
Nach den eher allgemein gehaltenen Ausführungen im dritten Band, beschäftigt sich der Autor im sechsten
Band des Lehrmittels noch einmal mit Ghana im speziellen. Im Text "Die Republik Ghana" schreibt der Autor
auf Seite 106:
Ghana gehört zu dem von schwarzen Menschen bewohnten Teil Afrikas, der sich zwischen der Sahara im Norden und der
Kalahari im Süden erstreckt. Seine Grösse entspricht etwa der Grösse der Bundesrepublik Deutschland. Die Einwohnerzahl
beträgt nur 7,9 Millionen. Das Land hat im Norden noch Anteil an der trockenen Savanne, über die feuchte Savanne reicht
es im Süden in das Gebiet des tropischen Regenwaldes.
Das Deutschland der neunziger Jahre ist durch die Wiedervereinigung natürlich nun einiges grösser als Ghana,
das seine Fläche nicht verändert hat. Dafür ist die Bevölkerung Ghanas auf rund 18 Millionen (CIA World
Atlas, 1996) angewachsen. Über die Verteilung der Bevölkerung innerhalb des Landes schreibt der Autor
(S.106):
Die Bevölkerung ist ungleich über das Land verteilt. Im Norden leben die Menschen in althergebrachter Weise vom
Regenfeldbau, der auf Brandrodungsflächen betrieben wird. Wegen der Gefährdung durch die Tsetsefliege wird nur wenig
Vieh gehalten. Was angebaut wird, dient dem Eigenbedarf der Familien, die nach altem Brauch unter Ältesten oder
Häuptlingen in Sippen oder Stämmen leben. Die scheinbar oberflächliche Landnutzung, bei der die Anbaufläche nach
kurzer Dauer liegenbleibt und durch ein neugerodetes Feld abgelöst wird, ist klimatisch begründet: bei längerer
Beanspruchung wäre nämlich der Boden sehr bald erschöpft und könnte sich nicht wieder erholen. Unter diesen
Umständen kann in diesem Landesteil kaum mit einer erfolgreichen intensiveren Bewirtschaftung und einer daraus
folgenden wirtschaftlichen Besserstellung der Bevölkerung gerechnet werden. Im landwirtschaftlich wenig ertragreichen
Savannengebiet lebt auf zwei Dritteln der Fläche des Landes nur ein Fünftel seiner Bewohner!
Selbst heute leben im grössten der neun Distrikte Ghanas, dem "Northern District", immer noch nur etwa zwei
Millionen Einwohner. Die Distrikthauptstadt der Nordregion, Tamale, verfügt zwar über ein Spital für die rund
200'000 in der Region lebenden Menschen und seit Anfang 1998 über ein neugebautes Kanalisationssystem,
leidet aber besonders während der Trockenzeit im Dezember bis März immer wieder unter Wasserknappheit.
Über den Süden des Landes schreibt der Autor (S. 106):
Im Bereich des tropischen Regenwaldes ist die Lage ganz anders. Hier wurde schon während der Kolonialzeit der
Kakaoanbau eingeführt. Heute wird der Kakao hauptsächlich in bäuerlichen Betrieben, weniger auf grösseren Plantagen
erzeugt. Zahlreiche Familien finden dadurch ihr gutes Auskommen. Kakao und Kakaobutter sind wichtige
Ausfuhrprodukte des Landes. So bietet in Ghana die Regenwaldzone günstige Lebensbedingungen für viele Menschen.
Darüber hinaus ziehen die Ernte und die weitere Bearbeitung der Kakaofrüchte alljährlich viele Wanderarbeiter aus den
Savannen in das Regenwaldgebiet. Viele von ihnen lernen hier bessere Lebensverhältnisse kennen und bleiben für immer.
Nach einer Weile holen sie ihre Familien nach. Dadurch nimmt die Bevölkerung in den Savannen ständig ab, im
Küstengebiet steigt sie dagegen weiter an. Diese dauernde Binnenwanderung führt zu einer langsamen Entvölkerung der
nördlichen Landesteile. Sie werden dadurch immer rückständiger und sinken zu Notstandsgebieten ab.
Dieser Entwicklung wurde durch die Verbesserung der Infrastruktur Einhalt geboten. Unterdessen kommt es
für Regierungsbeamte nicht mehr einer "Strafversetzung" gleich, wenn sie im Norden des Landes eingesetzt
werden, sondern sie benutzen die Verpflichtung, sporadisch nach Accra, der Hauptstadt, zu fahren, um Güter
einzukaufen, die sie dann im Norden mit einem guten Gewinn wiederverkaufen können. Aus diesem Grund
sind Posten im Norden bei kleineren und mittleren Beamten unterdessen ausserordentlich beliebt, denn das von
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 64
Einführung: Themenkreis Ghana
der Regierung gezahlte Gehalt liegt zwar weit über dem Durchschnittslohn, reicht aber bei einer auch kleinen
Familie für ein Leben nach westlichem Standart nicht aus.
Über das für Ghana wichtige Exportprodukt Kakao heisst es auf der Seite 107:
Ghana ist auf dem Weltmarkt der Hauptlieferant von Kakao. Es erzeugt allein ein Drittel der Welternte. Kakao ist ein
Erzeugnis, das besonders von den hochindustrialisierten Ländern gern gekauft wird. Dennoch schwanken die Preise auf
dem Weltmarkt sehr je nach der Höhe des Angebots. In den letzten Jahren hat sich infolge des verstärkten Anbaus in allen
Kakao erzeugenden Ländern sowie durch bessere Bekämpfung der Schädlinge und Krankheiten die Weltkakaoernte mehr
erhöht als der ebenfalls angestiegene Absatz auf dem Weltmarkt. Das hat zu einem für die Erzeugerländer bedenklichen
Sturz der Preise geführt.
Auch Ende der neunziger Jahre ist Kakao ein noch immer wichtiger Devisenbringer für Ghana, der Anteil an
der Weltproduktion hat aber abgenommen und Ghana steht nur noch an vierter Stelle in der Weltrangliste. Viel
wichtiger ist wieder der Goldabbau geworden - Ghana ist nach Südafrika der grösste Goldproduzent des Kontinents -, der aber durch die sinkenden Goldpreise auch unter Druck geraten wird. Im Text fährt der Autor auf
der Seite 107 fort:
Im Küstengebiet ist Kakao das weitaus wichtigste Handelsgewächs, und viele Bauern haben sich ausschliesslich darauf
spezialisiert. Diese Kakaobauern sind völlig abhängig vom Ergebnis ihrer Ernte. Um sie vor den Folgen von
Preisschwankungen zu schützen und um die Preisentwicklung dieses wichtigen Ausfuhrproduktes in der Hand zu behalten,
wird in Ghana die gesamte Kakaoernte der Bauern vom Staat aufgekauft. Dieser kann also den Preis bestimmen, den der
Erzeuger erhält, und gleichzeitig versuchen, den Weltmarktpreis möglichst hoch zu halten. So werden für das wichtigste
Erzeugnis des Landes stabile Wirtschaftsverhältnisse geschaffen. Bei günstigem Weltmarktpreis fliesst dem Staat
ausserdem eine beträchtliche Einnahme zu.
Ghana fördert ganz bewusst kleine Betriebe. Zu diesem Zweck wurde eine eigene Beratungsstelle in der
Hauptstadt eingerichtet, die über Exportmöglichkeiten, Kredite und Geschäftsführung Auskunft gibt und fast
wöchentlich ihr Angebot am nationalen Fernsehkanal "Ghana Television" bewirbt. Auf Seite 108 heisst es
weiter:
Ghana besitzt grössere Bauxitvorräte. Ausserdem sind Manganerze, Gold- und Diamantenvorkommen vorhanden. Diese
begehrten Bodenschätze können vorerst im Lande nur begrenzt genutzt werden. Sie ergänzen jedoch bis zur Errichtung
eigener Verarbeitungsstätten die Ausfuhr. Hinzu kommt noch ein umfangreicher Export von wertvollem Holz teils in
ganzen Stämmen oder bereits verarbeitet.
Die Bauxitvorkommen bleiben nach wie vor ungenutzt, die Weltpreise für diesen Rohstoff lohnen den Abbau
in Ghana nicht. Auch der Holzexport ist nur noch beschränkt möglich, da die Waldreserven Ghanas in den
letzten Jahren rapide abgenommen haben.
Das Zusammenleben der verschiedenen Bevölkerungsgruppen beschreibt der Autor auf der Seite 108:
Die Bewohner des Landes bilden noch kein einheitliches Staatsvolk. Mehrere Sprachgruppen leben nebeneinander.
Zwischen den ziemlich wohlhabenden Kakaobauern und den noch ganz auf Selbstversorgung eingestellten
Savannenbewohnern bestehen starke soziale Unterschiede. Die aus dem Norden eingewanderten Saisonarbeiter bilden in
den städtischen Siedlungen des Südens ein besitzloses Proletariat. Die Verbindung zu ihrer Sippe die sie früher im Notfall
unterstützen konnte ist abgerissen.
Vor allem in den Städten gibt es heute viele jungen Leute, deren Eltern verschiedenen Sprachgruppen angehören. Diese Menschen orientieren sich nicht mehr in erster Linie an ihrer Volksgruppe, sondern fühlen sich als
Ghanaer. Viele Zuwanderer, vor allem in Accra, stammen aber gar nicht aus Ghana sondern aus den nördlich
gelegenen Nachbarländern. Zum Bevölkerungswachstum heisst es weiter im Text (S. 108):
Die Bevölkerungszahl Ghanas nimmt rasch zu. Der jährliche Geburtenüberschuss beträgt 33 auf 1000 (zum Vergleich:
Bundesrepublik Deutschland 6)! Die wachsende Menschenzahl muss mit Nahrungsmitteln und sonstigen Bedarfsgütern
versorgt werden. In der Savanne könnte neues Ackerland geschaffen werden; das erfordert jedoch den Bau von
Bewässerungsanlagen. Die ständige Abwanderung müsste aufhören. Das ist aber nur möglich wenn sich die
Lebensbedingungen so verbessern dass den Bewohnern ein Wegzug nicht mehr lockend erscheint. Für alle diese
Massnahmen sind bedeutende Mittel nötig die die Regierung wegen ihrer vielfältigen anderen Aufgaben bisher nur in
unzureichendem Masse bereitstellen konnte.
Nach den Krisenzeit in den achtziger Jahren hat sich die ghanaische Wirtschaft seit dem Anfang der neunziger
Jahre wieder einigermassen erholt. Es fliessen auch neue Investitionen ins Land. So hat beispielsweise
Samsung in Tema, der Hafenstadt bei Accra, vor einigen Jahren eine Fabrik gebaut, die Fernsehapparate
produziert. Die wirtschaftliche Entwicklung beschreibt der Autor mit den Worten (S. 108):
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 65
Einführung: Themenkreis Ghana
Für die wachsende Bevölkerungszahl im Süden vor allem im Küstenbereich müssen neue Arbeitsplätze eingerichtet
werden. Besonders im Bergbau können viele Menschen Arbeit finden. Der Aufbau von Industriewerken setzt aber eine
ausreichende Energieversorgung voraus. Deshalb errichtet die ghanesische Regierung gegenwärtig mit ausländischem
Kapital einen Staudamm am Voltafluss. Dessen Elektrizitätserzeugung wird so gross sein dass sie zunächst noch nicht im
Lande voll verbraucht werden kann selbst wenn mehr Aluminium auf der Grundlage der Bauxitvorkommen gewonnen
wird als bisher.
Die Schaffung neuer Arbeitsplätze bleibt ein Problem. Es gibt Schätzungen, dass die ghanaische Wirtschaft
jährlich um etwa 5% wachsen muss, nur um neue Stellen für die Jugendlichen, die jährlich auf den Arbeitsmarkt drängen, bereitzustellen. Eine Beschäftigung wie sie in den Industrienationen gegeben ist, wird in
Ghana auch in Zukunft kaum möglich sein. Die Landwirtschaft bleibt nach wie vor der wichtigste Beschäftigungssektor. Zur Infrastruktur Ghanas schreibt der Autor (S. 108):
Für eine gesunde Wirtschaft fehlt es also noch an vielem. Vor allem sind die Verkehrseinrichtungen vom Süden des
Landes abgesehen noch unzureichend. Ohne Ausbau von Strassen und Bahnen kann die Förderung im Bergbau nicht
gesteigert werden. Ohne Transportwege ist auch die Ausfuhr landwirtschaftlicher Erzeugnisse begrenzt. Alle technischen
Einrichtungen brauchen Fachkräfte. Ihre Ausbildung ist vordringlich. Ausserdem müssen gerade in einem tropischen Land
die Gesundheitsfürsorge verstärkt neue Krankenhäuser gebaut und die Bevölkerung über Sauberkeit und richtige
Ernährung aufgeklärt werden. Alle diese Aufgaben sind mühevoll; nach aussen treten die Verbesserungen zunächst wenig
in Erscheinung. Doch sind sie nötig für die Änderung der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse. Bei der Verwendung
der vom Ausland kommenden Entwicklungshilfe müssen die geographischen Gegebenheiten des Landes berücksichtigt
werden; dabei wird von der Führung des jungen Staates viel Einsicht erwartet. Werden die Mittel gelegentlich für
aufwendige umstrittene Pläne verwendet so dürfen die helfenden Länder nicht die Geduld verlieren; sie müssen immer
bedenken dass das Bedürfnis nach einer sichtbaren Bestätigung der Unabhängigkeit nach wie vor gross ist.
Nach wie vor sind viele Hilfswerke und ähnliche Organisationen in Ghana tätig. Nicht immer sind die Bemühungen von Erfolg gekrönt, da immer wieder Projekte "über den Kopf" der lokalen Bevölkerung geplant und
deren Bedürfnisse nicht immer gerecht werden. Unter der Regierung Rawlings unternimmt das Land aber
grosse Anstrengungen in allen Landesteilen um zumindest den status quo zu sichern.
3.3.1.3
Erdkunde, 1968
Das Lehrmittel Erdkunde zeigt auf der Seite 31 ein Foto "Schwarze und Weisse beim Bau des Voltastaudammes". Der im Jahre 1965 fertiggestellte Voltastausee galt lange Zeit als grösster Stausee der Welt und sollte
Ghana helfen, den Schritt in die Industrialisierung zu machen. Wegen der steigenden Fluten mussten gegen
80'000 Menschen umgesiedelt werden. Die Pläne für deren neuen Siedlungen scheiterten aber infolge von
Geldmangel. Die damals entstandene "Volta River Authority" ist noch heute für die Stromversorgung des
Landes zuständig. Der durch das Wasserkraftwerk erzeugte Strom wird zu einem grossen Teil für die Aluminiumverhüttung verwendet. - Ursprünglich war geplant, die lokalen Bauxitvorkommen abzubauen, seit Beginn
der Verhüttung wurde aber billigeres Bauxit aus Jamaika eingeführt. - Der Rest des erzeugten Stromes wird
teilweise im Inland verbraucht, teilweise als Devisenbringer an Nachbarländer verkauft. Der zunehmende
Strombedarf und eine gleichzeitig auftretende Wasserknappheit, die auf einen höheren Verbrauch im nördlichen Nachbarland Burkina Faso, dem Herkunftsgebiet des Voltas, zurückgeht, hatte nach Berichten aus Ghana
erstmals im Februar 1998 zu einer Versorgungslücke geführt, die sich unvorteilhaft auf die heimische Wirtschaft auswirkt, z. B. musste die Zementfabrik ihre Tätigkeit einstellten, was im Zusammenhang mit dem
momentanen Bauboom in Ghana zu einer empfindlichen Preiserhöhung dieses Baustoffes geführt hat. Die
Auswirkungen der Stromknappheit auf eine zumindest teilweise computerisierte Verwaltung kann man sich
denken.
Im Kapitel "Grosse Ströme im Dienste des Menschen" schreibt der Autor auf der Seite 35 über den, den Volta
aufstauenden Akosombostaudamm:
...Elektrische Energie soll am Volta-Staudamm in Ghana erzeugt werden. Seine Sperrmauer ist 640 m lang und 113 m
hoch. Ein grosses Werk soll einen Teil des Stromes zur Aluminiumerzeugung nutzen. Mächtige Bauxitlager sind in der
Nähe vorhanden. Durch den Stau wird der Fluss auf 300 km für Schiffe befahrbar...
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 66
Einführung: Themenkreis Ghana
Die in die Schiffahrt auf dem Voltasee gesetzten Hoffnungen wurden nicht erfüllt, dafür erwies sich der See
als ausgesprochen fischreich und trägt als Proteinlieferant massgeblich zur Ernährung der umliegenden Regionen Ghanas bei.
Ein weiteres Kapitel mit dem Titel "Kolonien wurden selbständige Staaten" zeigt auf der Seite 37 ein Foto mit
der Bildlegende "Parlamentseröffnung in Ghana". Im Text schreibt der Autor zur Entwicklung Ghanas:
Die Republik Ghana entwickelte sich ruhiger. Sie hat sich nach einem grossen Negerreich benannt, das vor Jahrhunderten
im westlichen Sudan bestand. Als britische Kolonie trug dieses Land den Namen Goldküste, weil dort im Sand Gold
gefunden wurde. 1956 hat der junge Eingeborenenstaat seine Unabhängigkeit erhalten.
Kakao ist der Reichtum des Landes. Europäer hatten mit dem Anbau in Pflanzungen begonnen. Als sie damit grossen
Erfolg hatten, zeigten sie den Eingeborenen, wie man den Kakaobaum pflanzen und pflegen muss. Auch Afrikaner legten
Kakaoplantagen an. Heute gibt es neben vielen kleinen Kakaobauern auch eingeborene Unternehmer, die Zehntausende
von Kakaopflanzen besitzen. Sie sind wohlhabend geworden und sind sich ihres Besitzes und ihrer Geltung bewusst.
Ghana liefert heute fast 25% der Welterzeugung an Kakao.
Ein weiterer Reichtum des Landes sind seine Bodenschätze. In den Bergwerken, in denen viele Afrikaner Arbeit finden,
gewinnt man Diamanten, Gold und Manganerze, vor allem aber Bauxit.
Die Hauptstadt Akkra zeigt den Reichtum des Landes. Bauwerke aus Beton und Glas, Krankenhäuser, Schulen und
Kirchen werden errichtet. Das Nationalmuseum und die Staatsbibliothek geben Zeugnis vom kulturellen Leben der Stadt.
Starker Verkehr flutet über die breiten, asphaltierten Strassen.
Der anfängliche wirtschaftliche Erfolg Ghanas fand ein jähes Ende, als die Rohstoffpreise für Kakao ihre
Talfahrt antraten. Obwohl Ghana über eine im Vergleich zu vielen anderen afrikanischen Staaten gute Infrastruktur verfügt, in die noch immer massiv investiert wird, - in den letzten drei Jahren wurde z. B. die Kanalisation der drittgrössten Stadt massiv ausgebaut - zählt es heute zu den ärmeren Ländern der Welt.
Auf der Seite 38 schreibt der Autor in einer Zusammenfassung "Äquatorialafrika und der Sudan" über Ghana:
1957 entstand aus der früheren britischen Kolonie Goldküste und einem schmalen Streifen der einstmaligen deutschen
Kolonie Togo die Republik Ghana... Europäische Wissenschaftler, Ingenieure, Ärzte und Verwaltungsfachleute helfen
beim Aufbau von Verwaltung und Wirtschaft, Wissenschaft und Gesundheitsfürsorge. Durch den Bau von Fabriken,
Strassen, Eisenbahnen und Staudämmen, durch Anleihen und Schenkungen unterstützen die europäischen Staaten diesen
Aufbau.
Diese Hilfe, hinter der lange Zeit massive wirtschaftliche Interessen, später eine Art Wiedergutmachungsmentalität für die Kolonialzeit stand, wird in der einen oder anderen Form bis heute weitergeführt und ist in einigen Bereichen dringend nötig, in anderen sind es vor allem die finanziellen Zuschüsse, die die Regierung
Ghanas dazu bewegen, ein Entwicklungsprojekt zu akzeptieren.
3.3.1.4
Länder und Völker, 60er Jahre
Der Band 3 des Lehrmittels "Länder und Völker" beschäftigt sich im Zusammenhang mit Ghana auf der
Seite32 ebenfalls mit dem Anbau von Kakao:
An der Goldküste schätzt man die Zahl der eingeborenen Kakaobauern auf 300'000. Der Erfolg dieser Wirtschaftsweise ist
überraschend. Heute wird die Hälfte der Kakaoernte der Welt an der Küste von Oberguinea erzeugt und zum grossen Teil
über den Kakaohafen Akkra versandt.
Auf der gleichen Seite findet sich auch eine Zeichnung "Kakaoernte an der Goldküste", die auf der Seite 194
dieser Arbeit wiedergegeben wird.
Über "Bewohner und Siedlungen" von Oberguinea, zu diesem Gebiet gehört auch Ghana, fährt der Autor auf
der Seite 32 fort:
...Die Eingeborenen von Oberguinea gehören zu den fortschrittlichsten Vertretern der schwarzen Rasse in Afrika. Sie sind
gross, kräftig und fleissig und waren daher früher auf den Sklavenmärkten besonders begehrt. Die Orte an der Küste sehen
sauber und freundlich aus... Akkra bietet ein recht malerisches Strassenbild. Die Frauen tragen grossgemusterte
Stoffstreifen in bunten Farben. Baumwolle wächst ja im Lande, Weberei und Färberei stehen auf hoher Stufe. Im
Strassenbild fallen viele bebrillte junge Neger auf. Es sind Studenten des Prince-of-Wales-College, das in Schimota
nördlich Akkra liegt...
Diese Beschreibung des Küstengebietes trifft bis zu einem gewissen Grade auch heute noch zu. Allerdings sind
die Küstenstädte seit dem Erscheinen von "Länder und Völker" in einem gewaltigen Tempo gewachsen, so
dass Accra, die Hauptstadt Ghanas, heute gegen 2 Millionen Einwohner zählt. Im Anbetracht dieser
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 67
Einführung: Themenkreis Ghana
"Überbevölkerung" der Städte hat sich auch das dortige Erscheinungsbild gewandelt. Zwar gibt es beispielsweise in Accra immer noch sehr vornehme Quartiere, die an idyllische Zustände in gewissen Gegenden Europas erinnern, doch für die meisten Stadtteile ist die teilweise offen geführte Kanalisation und der stetig zunehmende Verkehr zu einem Problem geworden. Im Text schreibt der Autor zur politischen Entwicklung in Ghana
(S.32):
...Die frühere Kronkolonie Goldküste wurde 1957 ein unabhängiger Staat (Dominion) unter dem Namen Ghana im
Rahmen der englischen Völkergemeinschaft...
Die weitere Entwicklung des Landes wurde bereits beschrieben.
3.3.1.5
Seydlitz für Gymnasien, 1963-1971
Der sechste Band von "Seydlitz für Gymnasien" fordert in einer Aufgabenstellung auf der Seite 82 den Schülern auf, die "Hauptprobleme und politischen Strömungen in Afrika nach Büchern" von Nkrumah u.a. zu schildern. Kwame Nkrumah (1909-1972) war der erste Premierminister (1957-1960) und spätere Präsident
(1960-1966) Ghanas. Nkrumah träumte von einem Afrika, das sich aus den Fesseln des Kolonialismus lösen
und zu einer Einheit finden könnte, die es zu einem ernstzunehmenden Partner in der internationalen Gemeinschaft machen würde. Auf der Seite 102 erwähnt der Autor Ghana noch einmal als ein Produktionsland von
Kakao.
3.3.1.6
Fahr mit in die Welt, 1971-1974
Das Lehrmittel "Fahr mit in die Welt" gibt auf der Seite 64 eine Beschreibung "Quer durch Ghana" wieder:
Die Reise begann in Akkra, einer Stadt in modernem Gewande, fast europäisch. Wir wurden ins Innere des Landes geführt,
ins Reich der kriegerischen Aschantistämme. Wir kamen durch feuchtwarme Tropenwälder und im Norden des Landes in
savannenartige Gebiete. Das Land führt heute Kakao und Edelhölzer, Manganerze, Bauxit und Diamanten aus. Die
Industrie soll profitieren von grossen Wasserkraftwerken, die noch im Bau sind. (Inzwischen ist der Volta-Stausee
vollendet).
Das wirtschaftliche Zentrum des Aschantigebietes, die Stadt Kumasi, die mit ihren rund 800'000 Einwohner
nach der Hauptstadt bevölkerungsmässig an zweiter Stelle steht und sich als Handels- und Universitätsort
behaupten konnte, ist Sitz des Aschantikönigs geblieben, dessen Funktion vor allem zeremonieller Natur ist,
wenngleich er immer noch über einen grossen Einfluss verfügt. Zum Anbau von Kakao schreibt der Autor auf
der Seite 64:
Wir besuchen einen Farmer. Er hat eine Kakaopflanzung. Er klärt uns auf, dass Kakaobäume schon in ihrem 5. Lebensjahr
Früchte tragen können. Den vollen Ertrag liefern sie aber nach 10 bis 12 Jahren. Alle sechs Wochen kann man dann 40 bis
50 gurkenähnliche bis zu 25 cm lange Früchte ernten. Diese Früchte bergen in ihrem Innern 25 bis 50 Kakaobohnen.
Die Kakaobohnen lässt man einige Tage liegen. Darauf werden sie gewaschen und getrocknet, nochmals gereinigt,
geröstet, geschält und zerrieben. Aus der Kakaomasse wird das Fett herausgepresst. Aus dem gewonnenen Kakaopulver
kann dann Schokolade hergestellt werden. Ausser den Plantagen der Weissen gibt es auch viele Betriebe der Eingeborenen.
Das Lehrmittel stattet, als erstes der untersuchten Werke, dem ghanaischen Kakaobauer einen Besuch ab. Ein
Thema, welches in späteren Lehrmitteln mehr oder weniger ausführlich immer wieder aufgegriffen wird.
Auf der Seite 64 ist auch eine Tabelle "Kakao (1966)", die Produktion und Ausfuhr der wichtigsten Produzentenländer angibt (Ghana steht an zweiter Stelle hinter der Elfenbeinküste), zu finden.
3.3.1.7
Dreimal um die Erde, 1977-1980
Im Band 1 des Lehrmittels "Dreimal um die Erde" schreibt der Autor im Kapitel "Kakao aus Ghana" auf der
Seite 94, auf der auch ein Foto "Trocknen der Kakaobohnen" und Klimawerte zu Kumasi abgedruckt sind:
Die meisten der 200'000 selbständigen Kakaobauern besitzen weniger als 4 ha Land. Für Kakao bekommen sie höhere
Preise als für Gemüse und Obst. Deshalb bauen sie fast nur Kakao an. Für den eigenen Bedarf erzeugen sie Knollenfrüchte
(Maniok, Yams, Taro), Mais, Mehlbananen und Gemüse auf kleinen Feldern (Beeten), die vor den Frauen mit der Hacke
bearbeitet werden. Man kann hier das ganze Jahr über säen, pflanzen und ernten.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 68
Einführung: Themenkreis Ghana
(Zum Klima Ghanas siehe die Bemerkungen weiter unten.) Der Autor fährt mit einer Beschreibung des Kakaoanbaus fort:
Vor der Anlage eines neuen Kakaofeldes muss der dichte Wald gerodet werden. Die Bauern schlagen das Unterholz und
Strauchwerk ab und verbrennen es mit der gefällten Bäumen. Einige hohe Bäume lässt man stehen, damit sie Schatten
spenden.
Der Kakao ist eine Pflanze aus dem dunklen, unteren Stockwerk des tropischer Waldes. Als niedrige Schattenspender
werden häufig Mehlbananenstauden gepflanzt. Sie liefern den Bauern zugleich ein wichtiges Nahrungsmittel.
Fünf Jahre dauert es, bis die Kakaosträucher die ersten Früchte tragen. Während dieser Zeit muss der Bauer die Sträuche
häufig beschneiden, ständig das Unkraut beseitigen und immer darauf achten, dass genügend Schatten vorhanden ist. Ein
Kakaostrauch kann 50 Jahre Früchte tragen.
Der Text wird am Ende der Seite durch die Aufforderung "Begründe nach den Klimaangaben... warum in
Ghana in jedem Monat Saat und Ernte möglich sind." abgeschlossen. Diese Aufgabenstellung zeigt auf, wie
heikel die in einem Lehrmittel für die Oberstufe gemachten Aussagen sein können, wird doch hier der
Eindruck erweckt, in Ghana könnten die Bauern jederzeit aussäen oder ernten. Dies trifft jedoch nur auf einen
Teil Ghanas zu, der obwohl bevölkerungsreich, flächenmässig nur einen kleineren Teil des Landes einnimmt.
Je nach Einteilung werden in Ghana zwischen drei bis fünf klimatisch verschiedene Regionen ausgemacht.
Folgt man der Dreiteilung so ergibt sich ein mässig heisser und regenarmer aber schwüler Küstenteil um
Accra, der sehr bevölkerungsreich ist, ein mit tropischem Regenwald versehener und relativ kühler Mittelteil,
der im Text angesprochen wird, und ein grosses Savannengebiet im Norden, welches heiss und ausserhalb der
Regenzeit sehr trocken ist, in dem den Bauern nur sehr enge Zeitfenster zur Aussaat bleiben.
Auf der Seite 95, die eine Karte "Bodennutzung" in Ghana, aus der die eben gemachten Bemerkungen herausgelesen werden könnten, ein Foto "Kakaoernte in Ghana und eine Tabelle "Kakaoernte... (1975)" zeigt, fährt
der Autor mit der Beschreibung des Kakaoanbaus unter der Kernaussage "Die Kakaoernte erfordert sehr viele
Arbeitskräfte" fort:
Von November bis Anfang Februar wird in Ghana Kakao geerntet. Mit der ganzen Familie ziehen die Bauern zur Ernte aus
dem Dorf hinaus. Mit einem Haumesser schlagen die Männer die Früchte ab. Frauen und Kinder sammeln sie vom Boden
auf und tragen sie zu einem Sammelplatz ins Dorf. Dort brechen andere Männer die Früchte mit einem geschickten
Messerschlag auf. Sie dürfen dabei die Samen im Innern, die Kakaobohnen, nicht beschädigen. Frauen und Mädchen lösen
die 30 bis 40 Bohnen aus dem weichen Fruchtfleisch heraus.
Unter der Kernaussage "Die Kakaobohnen müssen nach der Ernte sorgfältig aufbereitet werden" heisst es
weiter:
Sie werden zu kleinen Haufen auf Bananenblätter geschüttet und mit Bananenblättern zugedeckt. Die Bohnen beginnen zu
gären. Das restliche Fruchtfleisch zerfällt, die Bohnen färben sich braun und entwickeln das Schokoladenaroma. Etwa 6
Tage dauert dieser Vorgang. Nach der Gärung breitet der Bauer die Bohnen auf langen Gestellen in der Sonne zum
Trocknen aus... Mehrfach wendet er sie mit der Hand oder mit einem hölzernen Rechen, damit alle Bohnen gleichmässig
trocknen können. Sie setzen sonst Schimmel an. Schliesslich müssen noch alle schlechten Bohnen, Bruchstücke, Schalen
und Schmutzteile ausgelesen werden.
Nun kann der Bauer seine Ernte verkaufen. Er bringt sie zu einer staatlichen Sammelstelle. Dort werden die Bohnen
sorgfältig auf ihre Qualität geprüft. Von seiner 4 ha grossen Pflanzung erntet der Bauer etwa 12 dt Kakaobohnen.
Die letzte Kernaussage "Ghana liefert die meisten Kakaobohnen für den Weltmarkt" trifft heute nicht mehr zu.
Zu der problematischen Abhängigkeit der vieler Entwicklungsländer von wenigen Produkten schreibt der
Autor auf der Seite 113 des zweiten Bandes unter der Überschrift "Zwei Drittel der Einnahmen in den
Entwicklungsländern stammen aus Rohstoffexporten" zu Ghana:
Ghana konnte zum Beispiel zu Beginn der sechziger Jahre seine Kakaobohnen zu hohen Preisen verkaufen. Wegen der
günstigen Absatzmöglichkeiten legten Nigeria und Kamerun ebenfalls Kakaopflanzungen an, die 1965 erstmals den
Weltmarkt belieferten. Günstige Witterungsbedingungen brachten eine überdurchschnittliche Ernte. Das Mehrangebot
führte zum Preissturz. Ein Teil der Ernte konnte nicht verkauft werden, der andere Teil nur mit Verlusten. Die erwarteten
Deviseneinnahmen blieben aus; Einfuhren von wichtigen Industriewaren mussten unterbleiben.
Auf der Seite 113 ist auch eine Grafik "Veränderungen der Rohstoffpreise auf dem Weltmarkt Ende 1974
gegenüber Anfang 1974 in %" abgedruckt, welche die im Text gemachten Aussagen bezüglich der Preisschwankungen noch einmal konkret illustriert, so betrug die Veränderung nach den Angaben für Kakao +64%,
fiel für das betreffende Jahr, eher untypisch, also positiv aus.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 69
Einführung: Themenkreis Ghana
3.3.1.8
Terra Geographie, 1979
Der erste Band des Lehrmittels "Terra Geographie" beschäftigt sich im Zusammenhang mit der Entwicklungshilfe unter dem Titel "Ochsenpflüge für Ghana" mit der ehemaligen Goldküste. Die Seite 172 bildet die drei
Fotos "Traditionelle Ackerbestellung mit der Hacke", eine Frau, welche ihr Kind auf dem Rücken trägt, bearbeitet das Feld in gebeugter Stellung; "Deutsches Entwicklungsprojekt: Pflügen mit Ochsen", ein Weisser läuft
neben einem Schwarzen her, der den Pflug führt, und "Moderne Ackerbestellung mit dem Traktor". Im Text
schreibt der Autor auf der Seite 172:
Mit einer Hacke und in gebückter Haltung - so haben die Bauern im Norden Ghanas seit Jahrhunderten ihre Äcker bestellt.
Sie sind Hackbauern. Mit der Hacke kann eine Familie etwa 2 ha bearbeiten. Ein Traktor dagegen würde Kraft sparen
helfen und ein Vielfaches schaffen. Nur... Ein Traktor mag für einen Grossbauern lohnend sein. Für einen Kleinbauern hat
er zu viele Nachteile. Aber gerade die Kleinbauern brauchen Entwicklungshilfe am dringendsten. Von den über 10 Mio.
Einwohnern Ghanas leben fast 7 Mio. auf dem Land, die Mehrzahl von ihnen in kleinbäuerlichen Familien. Nur wenn sich
auch ihre Lebensverhältnisse verbessern, wird man von einer echten Entwicklung sprechen können.
Für die Kleinbauern bedeutet ein Ochsengespann mit einem Eisenpflug bereits einen gewaltigen technischen Fortschritt.
Ochsenpaar und Pflug kosten etwa 1'500 DM. Das ist viel Geld. Aber jetzt kann eine Bauernfamilie dreimal soviel Fläche
bestellen wie früher mit der Hacke. Sie erzeugt jetzt so viele Nahrungsmittel, dass sie sogar etwas verkaufen kann.
Entgegen dem Eindruck, den der Text vermitteln mag, sind es gerade die Kleinbauern in Afrika, welche als
Basis aller Entwicklung dienen, d.h. ihre Leistung ermöglicht oft erst die Entwicklung in den Städten. Zur Idee
der Umstellung auf den Pflug ist anzumerken, dass er von der Mehrzahl der Kleinbauern bis heute nicht
bezahlt werden könnte; das Durchschnittseinkommen in Ghana liegt je nach Angaben bei rund 700 Franken
pro Jahr, wobei viele Kleinbauern wohl eher über weniger als 200 Franken pro Jahr verfügen dürften
Zwei weitere Erwähnungen Ghanas finden sich auf der Seite 188, die ein Grafik "Menschen pro Arzt" zeigt, in
der für Ghana ein Wert von 18'000 MpA angegeben wird, und auf der Seite 189, die eine Grafik "Menschen
pro Krankenbett" abbildet, die für Ghana einen Wert von ca. 800 MpK angibt.
3.3.1.9
Musikstudio (1980-1982)
Der Band 2 des Lehrmittels "Musikstudio" zeigt auf der Seite 21 ein Foto "Ewe-Orchester". Im Text schreibt
der Autor unter der Überschrift "Musik im Leben der Stammesgemeinschaft":
Die Liedtexte wurzeln oft im persönlichen Erleben. Bei den Akan in Ghana verbreitete sich ein Wiegenlied, das davon
erzählt, wie zwei Frauen eines bestimmten Mannes gleichzeitig Babies erwarteten. Seiner Favoritin liess der Mann "Fleisch
und Salz", Symbole des Überflusses, zukommen, während die Nebenfrau von Kokojamsblättern leben musste. Trotzdem
brachte sei ein grosses, kräftiges Kind zur Welt, dem sie triumphierend folgendes Wiegenlied sang: "Du Kind von
Kokojamsblättern rund und kräftig. Das Kind von Fleisch und Salz ist schwach und mager."
Die Akan Ghanas, eine ganze Gruppe von Völkern, leben im Regenwald und der Feuchtsavannenzone. Da in
diesen Gebieten keine Rinderhaltung möglich ist, gehört Fleisch zu den "Luxusgütern". Auch Salz ist Mangelware, denn es muss entweder aus den Lagunen an der Küste oder den noch viel weiter entfernten Salzminen
aus dem nördlichen Landesinnern herbeigeführt werden. Zwar gibt es unterdessen natürlich auch Salz in der
aus Europa gewohnten Form zu kaufen, doch ist dies auch nicht preiswerter als das auf dem Markt angebotene
Salz. Trotzdem hat das Salz seit dem 16. Jh., als es in "Gold aufgewogen" wurde, viel von seinem heutigen
Wert verloren.
3.3.1.10 Seydlitz: Mensch und Raum, 1983-1984
Der erste Band des Lehrmittels "Seydlitz: Mensch und Raum" beschäftigt sich unter dem Titel "Holz aus
Ghana - Holz für den Export" mit der Holzgewinnung im tropischen Regenwald: Die Seite 26 zeigt zwei Fotos
"Holzfäller bei der Arbeit" und "Schleppen der Stämme zum Sammelplatz", sowie eine Tabelle "Einschlag und
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 70
Einführung: Themenkreis Ghana
Verwendung von Holz". (Diese wird auf der Seite 328 dieser Arbeit wiedergegeben.) Im Text schreibt der
Autor dazu:
Bereits seit der Zeit, als das Gebiet der Republik Ghana noch britische Kolonie war, sind Edelhölzer ein wichtiger
Exportartikel dieses Landes. Sie werden zumeist als unverarbeitetes Rundholz in andere Staaten verkauft.
Allerdings ist der Einschlag von Holz im tropischen Regenwald immer damit verbunden, dass man grosse Schwierigkeiten
überwinden und schwerwiegende Nachteile in Kauf nehmen muss...
Nach der Aufzählung einiger dieser Schwierigkeiten, gibt der Autor auf der Seite 27 ein "Interview mit dem
Vertreter des Wirtschaftsministeriums von Ghana" wieder:
"In Ihrem Land ist genauso wie in anderen Staaten der Dritten Welt lange Raubbau am Wald getrieben worden. Welche
Ursachen hatte dies?"
"Diese Entwicklung, die allen afrikanischen Staaten grosse Sorgen bereitet, hat heute verschiedene Gründe. Hier möchte
ich nur den wichtigsten erwähnen. Wie alle Entwicklungsländer sind wir gezwungen, Rohstoffe zu verkaufen, weil wir
kaum eigene Industrien besitzen, um diese Rohstoffe weiterverarbeiten zu können. Unsere Importe können wir daher nur
mit den Erlösen aus dem Export von Kakao, Holz, Gold, Bauxit und anderen Rohstoffen bezahlen. "
"Es gibt heute schon Staaten, die bestimmte Edelholzarten nicht mehr exportieren, weil die Vorräte erschöpft sind."
" Wenn wir nichts unternehmen würden, dann könnte das in naher Zukunft auch bei uns geschehen. Deshalb versuchen wir
vorzubeugen. Vor ein paar Jahren haben wir begonnen, auf Rodungsflächen Holzplantagen anzulegen, die ausschliesslich
mit einer Baumart bepflanzt wurden. Man muss nach dem Pflanzen sehr darauf achten, dass die Nährstoffe nicht durch die
Regenfälle aus dem Boden ausgewaschen werden. Deshalb haben wir schnellwachsende Sträucher zwischen die
Baumreihen gepflanzt, um so auch für zusätzliche Nährstoffe zu sorgen. Allerdings haben wir inzwischen festgestellt, dass
das Wachstum der Bäume etwas langsamer ist als im Urwald und dass sie gegen Schädlinge anfälliger sind."
"Man muss wohl die Ergebnisse abwarten?"
"Ja, gegenwärtig haben unsere Forstexperten den Eindruck, dass diese Art der Forstwirtschaft in den Tropen nicht sehr
erfolgreich sein kann. Sie versprechen sich mehr davon, wenn sie die natürliche Verjüngung der Edelhölzer im Urwald
unterstützen. Man kann das Wachstum der Bäume dadurch fördern, dass man einige in der Nähe stehende Bäume fällt,
damit die Nutzbäume mehr Licht bekommen. Auch kann man die Bäume von würgenden Lianen und Schmarotzern
befreien und das umstehende Buschwerk niedrig halten."
Neben der Tatsache, dass hier der Vertreter der ghanaischen Regierung zu Wort kommt, erwähnt der Autor
auch die landwirtschaftliche Forschung des Landes. Die im Interview erwähnten Ansätze konnten allerdings
nur zum Teil umgesetzt werden.
Noch 1990 zitierte Geo einen internen Bericht des Vereins Deutscher Holzeinfuhrhäuser von 1989 über das
damals als wichtigsten Lieferanten für tropisches Rundholz geltende Ghana, in dem es hiess: "Die Holzhandelsbeziehungen zwischen Ghana und der Bundesrepublik Deutschland haben sich seit Jahrzehnten recht positiv entwickelt... Der Wald wird in keiner Weise geschädigt... Der Einschlag im ghanaischen Wald wird von
der zuständigen Forstverwaltung streng kontrolliert." Der Autor des Artikels, Werner Paczian, kommt allerdings zu dem Schluss, dass die im Bericht gemachten Aussagen nicht der Wahrheit entsprächen, da es "gängige Praxis... gewesen" sei, "Hölzer geringeren als den tatsächlichen Güteklassen zuzuordnen, Arten falsch
auszustellen und Doppelrechnungen auszustellen". (Geo 3/1990, S. 56-58)
3.3.1.11 Geographie der Kontinente, 1984
Oskar Bärs "Geographie der Kontinente" widmet sich im Kapitel "Bei einem Kakaopflanzer in Ghana" der
ehemaligen Goldküste. Dabei verwickelt er sich neben der eigentlich sachlichen Darstellung des Themas teilweise aber auch in Widersprüche. "Ghana ist der wichtigste Kakaoproduzent der Erde" lautet der die Thematik
einleitende Satz auf der Seite 52. Einer auf Seite 53 abgedruckten Tabelle ist aber zu entnehmen, dass die
Kakaoproduktion in den siebziger Jahren in Ghana laufend abgenommen hat, während sie im Nachbarland, der
Elfenbeinküste enorm zugenommen hat, so dass für das Jahr 1980 Ghana nach der Elfenbeinküste und Brasilien erst auf Platz 3 der Kakaoproduzenten auftritt. Seit dem Erscheinen des Buches hat die Bedeutung des
Kakaos als Exportgut in Ghana weiterhin abgenommen. Inzwischen ist das am meisten Devisen einbringende
Exportgut wieder Gold, das Ghana jahrhundertelang als Goldküste bekannt machte. Trotzdem bleibt der
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 71
Einführung: Themenkreis Ghana
Kakaoanbau für viele Kleinbauern des Südens von Ghana von Bedeutung. Bär lässt einen dieser Kleinbauern,
Herrn Buabang, auf Seite 52 selbst zu Wort kommen:
"Meine Kakaopflanzung ist mit ihren gut 10 ha eine der grössten der Region. Wir sehen von hier aus gut, wie das Gelände
gegen den Fetentaa-Fluss hin leicht abfällt. Das erste Feld wurde 1960 im obersten Hangabschnitt, hier gerade unter uns,
noch in der Nähe des Hauses angelegt. Weitere Rodungen erfolgten dann in mehr oder weniger regelmässigen
Zeitabständen hangabwärts. Stets wurde der Wald im November gerodet und das Holz im Januar verbrannt. Grosskronige
Bäume liessen wir als Schattenspender für die jungen Kakaobäume meist stehen, denn der Kakaobaum stammt aus der
untersten Baumschicht des ursprünglichen Regenwaldes. Die Bäumchen wurden jeweils in den Monaten März und April
gesetzt. In die Zwischenraume pflanzten wir - als zusätzliche Schattenspender und zugleich zur Eigenversorgung - immer
zugleich Bananen und Knollenfrüchte wie Taro oder Yams. Leider nahm 1974 ein fünf Jahre vorher angelegtes Kakaofeld
durch das Feuer der Brandrodung eines Nachbarn so stark Schaden, dass es in der Folge aufgegeben werden musste. Es
wurde später mit Kaffeebäumen bepflanzt. Sie wissen ja: Kaffee bildet in dieser Gegend häufig das zweite Marktprodukt.
Auf den schlechteren Böden um das Farmhaus, gleich hinter uns, wachsen heute auch kleinere Ananaskulturen. Unser
'Garten', das Feld, auf dem Mais, Taro und Yams für unseren eigenen Bedarf gepflanzt wird, muss jeweils nach zwei bis
drei Jahren verlegt werden, da dann der Boden bereits so erschöpft ist, dass die Erträge zu klein ausfallen. Wir nennen hier
dieses Anbausystem Landrotation.
Nach dieser eingehenden Beschreibung seiner Kakaopflanzung führt Herr Buabang mit seinem Bericht fort:
Nun werden Sie natürlich wissen wollen, wie die Arbeit während des Jahres hier abläuft. Meine Familie und meine sechs
Angestellten - z.T. ebenfalls mit ihren Familien - besorgen alle Arbeiten, die im Laufe des Jahres zu erledigen sind, vom
Roden über das ständige Jäten bis zur Ernte, ihrer Verarbeitung und zur Neupflanzung. Sie erhalten dafür als Entlöhnung
einen Drittel des gesamten Ertrags und natürlich die hier ebenfalls erzeugten Nahrungsmittel. Während der Arbeitsspitzen
zur Erntezeit können wir stets auch auf die Hilfe benachbarter Farmer zählen. Dies beruht natürlich auf Gegenseitigkeit...
... Der Ablauf der Arbeiten ist nicht von Jahr zu Jahr ganz gleich. Er hängt von den Launen des Wetters, vor allem von der
Verteilung der Niederschläge ab. Die beiden Erntezeiten bilden stets die Höhepunkte. d.h. die arbeitsreichste Zeit des
Jahres. Die Männer schlagen täglich die gerade reif gewordenen Früchte mit den Haumessern von den Bäumen. und die
Frauen tragen sie in Körben auf den Arbeitsplatz hinter dem Haus. Dort schlagen einige der Männer die Früchte mit dem
Messer entzwei, worauf Frauen und Kinder mit den Fingern die Kakaobohnen herauslösen und von Verunreinigungen
trennen. In jeder Frucht stecken 30 bis 50 fast weisse Bohnen. Diese werden dann zum Gären (Fermentieren) zwischen
Bananenblättern zu einem Haufen aufgeschichtet und mit Holzstücken beschwert. Durch das Fermentieren werden die
Bohnen braun und entwickeln das Schokoladearoma. Nach sechs Tagen breitet man sie auf Holzgestellen zum Trocknen
aus. Damit sie von der Sonne gleichmässig beschienen werden, dreht man sie mit hölzernen Rechen häufig um und deckt
sie bei Regenschauern und natürlich über Nacht sorgfältig zu. Aus ihrer langen Erfahrung wissen die Arbeiter, wann die
Bohnen so weit getrocknet sind, dass sich die Schale gut vom innern Kern trennen lässt. Das Trocknen dauert je nach
Wetter etwa zwei Wochen. Während der ganzen Zeit liest man immer wieder schlechte Ware heraus und trennt
zusammengeklebte Bohnen. Das fertige Erntegut wird schliesslich in Säcke abgefüllt und bis zum Abtransport im
Lagerraum aufbewahrt.
Wie beschrieben ist die Kakaobohnengewinnung ein sehr arbeitsintensiver Prozess. Herr Buabang fährt fort,
die grösseren Zusammenhänge schildernd:
Die gesamte Ernte wird mit Lastwagen nach dem 25 km entfernten Marktort Berekum gefahren. wo sie von der Einkaufsund Verarbeitungsgenossenschaft noch etwas weiter behandelt werden muss. Wir haben unsere Erträge in den letzten
Jahren ständig etwas erhöhen können. Im vergangenen Jahr ernteten wir erstmals 200 Säcke Kakaobohnen zu je 27 kg.
Aber wir sollten noch mehr produzieren! Denn alles, was wir kaufen müssen, Gegenstände aus der Stadt, Geräte für das
Haus, Benzin und Nahrungsmittel, ist in den letzten Jahren sprunghaft teurer geworden. Auch die Steuern, das Schulgeld
für die Kinder sowie die Kosten für ihre Kleider sind gestiegen. Für unseren Kakao aber erhalten wir seit Jahren gleich viel,
oder, wenn ich mich recht erinnere, sogar etwas weniger. Die Zwischenhändler an der Küste machen zu grosse Gewinneund die Weltmarktpreise werden nicht in unserem Land festgesetzt. Wir arbeiten heute für jeden Gegenstand, den wir
drunten kaufen, fast doppelt so lang wie vor 15 Jahren. Es wird uns wohl nichts anderes übrig bleiben, als nochmals Wald
zu roden und noch mehr Kakaobäume zu pflanzen. Junge Bäumchen brauchen aber mindestens fünf Jahre, bis sie erste
Früchte tragen. Was machen wir bis dahin, und wie wird meine Rechnung dann aussehen? Hoffentlich bleiben wir
wenigstens von der Pflanzenkrankheit verschont, die Ghanas Kakaopflanzungen seit einigen Jahren heimsucht und bei der
Wurzeln und Blätter der Bäume absterben. Über 100 Mio. Bäume mussten deswegen schon geschlagen werden."
(Berekum liegt etwa 120 km nordöstlich von Kumasi und ist über eine Überlandstrasse relativ gut zu erreichen. Von Kumasi aus bestehen Bahnverbindungen nach Accra und Sekondi-Takoradi, einem Küstenhafen.)
Zusätzlich enthalten die beiden Seiten mehrere Fotos, von denen zwei ghanaische Bauern bei der Arbeit
zeigen: "Öffnen der Kakaofrüchte" und "Trocknen der Kakaobohnen".
3.3.1.12 Mensch und Raum, 1983-1986
Auch der erste Band des Lehrmittels "Mensch und Raum" beschäftigt sich mit dem Thema "Kakao aus
Ghana". Auf der Seite 78f., die auch eine Klimatabelle für Kumasi und ein Foto "Trocknen der Kakaobohnen"
abbildet, schreibt der Autor:
...Europäer brachten Kakaopflanzen in das tropische Afrika... In Ghana wird der meiste Kakao in kleinen bäuerlichen
Betrieben angebaut. Die 200'000 selbständigen Kakaobauern besitzen oft weniger als 4 ha Land. Kakao bringt höhere
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 72
Einführung: Themenkreis Ghana
Preise als Gemüse und Obst. Weitgehend für den eigenen Bedarf erzeugen sie Knollenfrüchte (Maniok, Yams, Taro), Mais,
Mehlbananen und Gemüse. Die Frauen bearbeiten die kleinen Felder (Beete) mit der Hacke. Man kann hier das ganze Jahr
über säen, pflanzen und ernten.
Die Anlage einer Kakao-Pflanzung erfordert sehr viel Mühe. Die Bauern müssen zunächst den dichten Wald roden. Sie
schlagen das Unterholz und Strauchwerk ab und fällen fast alle Bäume. Das trockene Holz wird verbrannt.
Der Kakao ist eine Pflanze aus dem dunklen, unteren Stockwerk des tropischen Waldes. Schattenbäume müssen die
empfindlichen Kakaobäume vor zuviel Sonnenlicht und zu starkem Wind schützen. Deshalb haben die Bauern beim Roden
nicht alle Bäume gefällt. Als weitere Schattenspender pflanzen sie ausserdem noch Mehlbananen an. Das sind hohe
Stauden. Sie liefern ein wichtiges Nahrungsmittel.
Zu Beginn der Regenzeit werden die Kakaosetzlinge gepflanzt. Etwa fünf Jahre dauert es, bis die Kakaosträucher die
ersten Früchte tragen. Während dieser Zeit muss der Bauer die Sträucher häufig beschneiden, ständig das Unkraut
beseitigen und immer darauf achten, dass genügend Schatten vorhanden ist. Ein Kakaostrauch kann etwa 50 Jahre Früchte
tragen. Dann ist der Boden ausgelaugt. Neue Kakaosträucher müssen an anderen Stellen gepflanzt werden. Auf dem
brachliegenden Land wächst wieder Wald.
Im November beginnt im Süden Ghanas die lange Trockenzeit. Sie dauert bis Ende Februar. In diesen Monaten wird hier
der meiste Kakao geerntet. Die Ernte erfordert sehr viele Arbeitskräfte. Die Bauern ziehen mit der ganzen Familie auf die
Felder. Mit einem Haumesser schlagen die Männer die Früchte ab... Frauen und Kinder sammeln sie vom Boden auf und
tragen sie zu einem Sammelplatz ins Dorf. Dort brechen andere Männer die Früchte mit einem Messerschlag auf. Sie
dürfen dabei die Samen im Innern, die Kakaobohnen, nicht beschädigen. Frauen und Mädchen lösen die 30 bis 40 Bohnen
aus dem weichen Fruchtfleisch heraus.
Der letzte Abschnitt des Textes findet sich im gleichen Wortlaut schon im Lehrmittel "Dreimal um die Erde"
von 1977-1980 (Bd. 1, S. 95) und wird deshalb hier nicht noch einmal wiedergegeben. Nebst dem Text enthält
die Seite 79 eine Karte Ghanas, in der die Kakaoanbaugebiete und der tropische Regenwald eingezeichnet
sind, eine Tabelle "Ausfuhr von Kakao..." mit Angaben von 1980 und ein Foto "Kakaoernte in Ghana",
welches das Abschlagen der Früchte mit dem Haumesser zeigt.
3.3.1.13 Seydlitz: Mensch und Raum, 1987
Das Lehrmittel "Seydlitz: Mensch und Raum" erwähnt Ghana zweimal: Auf der Seite 110 schreibt der Autor,
"in Ghana sei Kakao favorisiert worden", auf der Seite 299 wird der Exportanteil von Kakao für Ghana mit
76% beziffert, während eine Tabelle zu den "Terms of Trade" für Ghana nach dem Rekordjahr von 1978 mit
einem Wert von 193%, 1981 nur noch einen Wert von 75% im Vergleich zum Referenzjahr 1975 angibt.
3.3.1.14 Singen Musik (1992)
Der Band 4 "Experimente" des Lehrmittels "Singen Musik" enthält auf den Seiten 33-35 das Lied "Tu! Tu!
Gbovi" von W. K. Amoaku. Die Melodie des Liedes ist in ganz Ghana als Kinderlied mit unterschiedlicher
Textunterlegung bekannt.
3.3.1.15 Klangwelt-Weltklang 2, 1993
Im Musiklehrmittel "Klangwelt-Weltklang" kommt auf der Seite 26 ein Musiker unter der Überschrift "Lucas
'Mkanlangu': Als Trommelschüler in Ghana" zu Wort:
...Die Trommel spricht, führt die Tänzer oder folgt dem Tanz. Die Trommel drückt Freude aus, andererseits ist die
Trommel etwas sehr Würdevolles. Sie kann beten! Ein Trommelvers aus Ghana sagt, ein Häuptling ohne Trommler sei
keiner. Vor der Kolonialisierung liess der Aschantikönig sogar Gerichtsurteile über die Trommel verkünden. Afrikanische
Sprachen haben die Eigenart, dass erst die Tonhöhe die Bedeutung von Wörtern endgültig festlegt. Die Tonhöhenmelodien
werden vom Spieler der Talking drum nachgeahmt...
Als Musikbeispiel führt der Autor ein Beispiel der "Haussa-Talking drum", die im Norden Ghanas verbreitet
ist, an: "Die Schildkröte hat einen harten Panzer. Wer Pfeile auf sie schiesst, ärgert sich nur selbst."
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 73
Einführung: Themenkreis Ghana
3.3.1.16 Musik hören, machen, verstehen, 1990-1995
Der dritte Band des Lehrmittels "Musik hören, machen, verstehen" stellt auf der Seite 116 den Gigbo vor,
einen traditionellen Tanz aus Ghana. Dazu sind die Noten eines Begleitarrangements abgedruckt, ebenso wie
ein Foto, der in dieser Musik aus Ghana verwendeten "Oblente-Drums". Im Text schreibt der Autor:
Der "Gigbo" ist ein traditioneller Tanz, der in Ghana bei bestimmten sozialen Anlässen aufgeführt wurde. Er stammt aus
Liberia und wurde schon im 19. Jahrhundert in Ghana populär...
Die Seite 117 zeigt ein Foto "Der Master-Drummer Aja-Addy mit einer Talking Drum". Der abgebildete Musiker wird im Lehrerband 3 zum Lehrmittel zitiert (siehe weiter unten).
Die Seite 118 druckt ein Stück "N'ike N'ike" ab, dazu schreibt der Autor:
Das Gigbo-Arrangement wird in dieser oder in variierter Form gerne als Begleitung zum sogenannten Highlife gespielt.
Highlife ist ein Tanzstil und eine Musik, die in den 50er und 60er Jahren zur beliebtesten Tanzmusik in Westafrika,
insbesondere in Ghana und Nigeria, wurde...
Auf der Seite 104 des Lehrerbandes 3 der wird im Schülerband 3 auf der Seite 117 abgebildete ghanaische
Meistertrommlers Aja Addy näher vorgestellt:
...Er ist ein inzwischen auch in Europa berühmter Master-Drummer aus dem Volk der Ga in Ghana. Gleichzeitig ist Aja
Addy Priester der Tigari-Religion, einer traditionellen afrikanischen Religion. Seine Musik ist für ihn viel mehr als nur
Unterhaltung. Sie hat für ihn spirituelle, wir würden sagen philosophische Bedeutung. Aja Addy hat die Philosophie seiner
Musik selbst in Worte gefasst:
"Geduld geht verloren in einer Welt mit einer ständig wachsenden Informationsmenge. Die Menschen verlieren sich in
ihrer eigenen Unruhe und Ungeduld. Musik kann eine heilende Kraft sein, um die Kraft der Geduld wiederzuentdecken.
Du kannst Deinen Körper zur Musik bewegen und augenblicklich beginnst Du Dich zu entspannen. Augenblicklich
empfindest Du Glück.
Wenn ich mehr als zwei Tage lang keine Trommel gespielt habe oder mindestens Musik gehört habe, beginne ich, krank zu
werden. Ich bin mit Musik aufgewachsen. Mein Grossvater war Priester und mein Vater war ein Trommler. Als
Tigari-Priester weiss ich, dass Musik Medizin ist. Lausche der Musik! Fang' an zu lächeln, und Geduld kommt
unwillkürlich zu Dir zurück. Die Kraft der Musik, des Rhythmus und des Tanzes bereitet Dir den Weg zur Geduld".
In den Anmerkungen zum im Schülerband 3 auf der Seite 118 vorgestellten Lied "N'ike N'ike" schreibt der
Autor auf der Seite 104 zum Thema "Highlife":
...Erst in den 50er und 60er Jahren entwickelte sich daraus eine spezifische schwarz-afrikanische Tanzmusik. Wegbereiter
war E.T. Mensah mit seiner Tempos Band (in Ghana)...
Trotz der Vielzahl von regionalen Ausprägungen blieben diese beiden Hauptformen bis heute stilprägend:
1. Tanz-Bands, in denen die Bläser (Saxophone, Trompeten, Posaunen) dominierten. Ihr Stil ist westlich orientiert mit
starken Einflüssen der afro-kubanischen Tanzmusik...
2. Gitarrenbands, die in der Rhythmik, Melodik, vor allem auch in der Besetzung (afrikanische Perkussion) aber auch der
Spielweise der Instrumente roots-orientierter waren...
Der Highlife-Tanzschritt ist aufgrund der Tatsache, dass er zunächst nur von der Upper Class getanzt wurde, sehr 'cool'.
Ruhige Bewegungen des Oberkörpers, Kopf hoch, Blick nach vorne, kleine Schritte in den Füssen...
In Ghana gehört der Highlife immer noch zu den beliebtesten Tanzformen, vor allem der älteren Leute in den
Städten. Die Jugend orientiert sich zunehmend an den aus Amerika kommenden neueren Tanzformen. Nach
wie vor gehört es aber zur Pflicht eines Teilnehmers der in Ghana beliebten "Dancing contests", die von
verschiedenen Firmen, teilweise landesweit durchgeführt werden, neben einer freien Vorführung des Könnens,
einen Highlife mit obligatem Taschentuch und meist in der traditionellen Kleidung der Aschanti aufzuführen.
3.3.1.17 Seydlitz: Geographie, 1994-1996
Der vierte Band des Lehrmittels "Seydlitz: Geographie" gibt auf der Seite 179 zum Sklavenhandel einen
kurzen Text "Tauschwert eines Sklaven" über die damaligen Ankaufspreise in Ghana wieder:
In Christiansborg (Ghana) kostete im Jahre 1750 ein "Mannsklave" in besten ohne Fehl" den Gegenwert von 1920 Mark.
Dafür durften sich die "Lieferanten" aussuchen: "2 Flinten, 40 Pfund Schiesspulver, 30 Liter Branntwein, 1 Stück Kattun, 4
Stück ostindisches Gewebe, 4 Stück grobe schlesische Leinwand, 2 Stangen Eisen, 1 Stange Kupfer, 160 Stück Korallen,
20 Pfund Kaurimuscheln, 1 Zinnschale."
Die Kaurimuscheln waren deshalb begehrt, weil sie teilweise als Währung benutzt wurden. Oft wurden die
versklavten Schwarzafrikaner wochenlang in enge Verliesse eingesperrt, bevor sie auf ein Schiff verfrachtet
wurden und dort die lange Reise nach Übersee antraten. Das Elmina Castle in der Nähe von Cape Coast dient
heute als Museum, in dem der Besucher versuchen kann, sich ein Bild der damaligen Zustände zu machen.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 74
Einführung: Themenkreis Ghana
3.3.1.18 Zusammenfassung
Eine Zusammenfassung der vermittelten Ansichten und Aspekte zu Ghana im 20. Jahrhundert findet sich im
Teil "Ergebnisse der Untersuchung" unter dem Untertitel "Ghana" auf der Seite 519 im Kapitel "Genannte
Länder" dieser Arbeit.
3.3.2
Krieg
Der zweite Themenkreis soll sich mit der Darstellung der Kriege in Schwarzafrikas und dem kriegerischen
Verhalten der dort lebenden Völker beschäftigen. Bei der Betrachtung stehen dabei die Konflikte zwischen
schwarzafrikanischen Nationen, Bürgerkriege und die während der Kolonialzeit geführten Widerstands- und
Eroberungskämpfe im Zentrum der Betrachtung. Die Auswirkungen des Sklavenhandels und der beiden Weltkriege auf Schwarzafrika hingegen sollen nur am Rande in die Betrachtung einfliessen.
3.3.2.1
Lesebuch für die Oberklassen, 30er Jahre
Das "Lesebuch für die Oberklasse" beschreibt als erstes der untersuchten Lehrmittel kriegerische Konflikte in
Schwarzafrika. Auf der Seite 369 schreibt der Autor über die Völker Afrikas:
Die Stämme leben häufig in Fehde miteinander. Die Kriege führen sie mit wilder Grausamkeit. Manche Gegenden, die
einst ein Bild friedlichen Lebens boten, sind so zu menschenleeren, verwilderten Gebieten geworden. Besonders schlimm
hausten früher die arabischen Sklavenjäger. Bis ins Innerste Afrikas drangen diese Räuber vor und brachten Schrecken,
Elend und Tod in die Negerdörfer. Seitdem die Europäer von Afrika Besitz genommen haben, ist diesen Menschenjagden
ein Ende gemacht worden.
Neusch differenziert nicht zwischen den verschiedenen Volksgruppen, beispielsweise den eher einer kriegerischen Tradition verpflichteten Nomaden, die schon seit mehreren hundert Jahren immer wieder eine Bedrohung für den Handel im ganzen Sudan darstellten, und den sesshaften und oft friedlicheren Bauernvölker.
Auch ist die Bezeichnung "wilde Grausamkeit" für die in Schwarzafrika damals geführten Kleinkriege und
Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Volksgruppen im Anbetracht des in Europa damals gerade erst
überstandenen Ersten Weltkrieges und seiner Greuel unangebracht.
Als Verleugnung der Geschichte mutet im Anbetracht der tatsächlichen Geschehnisse der vom Autor vermittelte Eindruck an, die Europäer hätten den Kontinent befriedet, unter der Kolonialherrschaft sei vieles besser
geworden. Die Kolonisation durch die Europäer führte in vielen Gegenden Schwarzafrikas zu Aufständen
gegen die Eroberer, Elend und in einigen Fällen zur teilweisen Vernichtung von ganzen Völkern.
3.3.2.2
Leitfaden für den Geographieunterricht, 1934
Im "Leitfaden für den Geographieunterricht" findet sich nur eine Stelle auf der Seite 116 in der es heisst, dass
die steppenbewohnenden "mohammedanischen Mischvölker, Somali und Massai... kriegerische Viehzüchter"
seien. Diese Behauptung trifft heute noch zumindest teilweise zu, denn obwohl sich viele dieser Völker unterdessen aus Zwang oder freiem Willen der westlichen Zivilisation zumindest teilweise angeglichen haben,
kommt es zwischen ihnen immer wieder zu Auseinandersetzungen um Land, Wasser und Vieh.
3.3.2.3
Harms Erdkunde - Die Welt in allen Zonen, 1961
Hermann Baumann beschreibt in "Harms Erdkunde" auf der Seite 269 im Kapitel "Kunst in Benin" den
Königspalast des historischen Reiches Benin:
Das mit Palmblättern bedeckte Dach ruht auf hölzernen Säulen, die von unten bis oben mit Messing (d. h. Bronzeplatten)
belegt waren, "darauf ihre Kriegstaten und Feldschlachten abgebildet sind"...
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 75
Einführung: Themenkreis Krieg
Damit weisst Baumann darauf hin, dass auch in Schwarzafrika "Feldschlachten" nicht unbekannt waren, ohne
jedoch von wilden Grausamkeiten zu sprechen.
Einen weiteren Aspekt spricht das Lehrmittel im Kapitel "Amos Tutuola: Ein schwarzer Dichter" auf Seite 303
an, indem Janheinz Jahn über den Dichter schreibt, er habe "drei Jahre lang während des Krieges in der Royal
Air Force in Nigeria" Dienst geleistet. Eine Bemerkung die Zeuge davon ablegt, dass auch Schwarzafrika nicht
von den Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges verschont blieb.
3.3.2.4
Geographie Widrig, 1967
Widrig äusserst sich weit weniger nüchtern über die Auseinandersetzungen zwischen schwarzafrikanischen
Völkern und unterstellt diesen nicht nur, ständig Krieg gegeneinander geführt zu haben, sondern bezichtigt sie
auf der Seite 303 gleich auch noch der "Menschenfresserei":
...Indem Sklaven, gefangene Feinde und Hexer getötet und den Geistern als Opfer dargebracht wurden, gelangten deren
Teile auch in die Bratpfanne oder an den Spiess, wobei es nurmehr ein kleiner Schritt war, die Getöteten nach bestimmten
Vorschriften zu verzehren. Die Menschenfresserei und die ständigen Kriege haben zur ungewöhnlichen Entvölkerung
weiter Gebiete Afrikas wesentlich beigetragen.
Auf den Vorwurf der Menschenfresserei soll hier nicht weiter eingegangen werden, da er eingehender an anderer Stelle dieser Arbeit diskutiert wird. Was nun Widrigs letzten Satz angeht, die "Menschenfresserei und die
ständigen Kriege" hätten "zur ungewöhnlichen Entvölkerung weiter Gebiete Afrikas wesentlich beigetragen"
so kann dies wohl nur als eine bewusste Lüge betrachtet werden, die einerseits den Afrikaner als "Unmensch"
darzustellen, andererseits die eigene düstere Vergangenheit des "Sklavenhandels" zu vertuschen versucht, denn
weder ausschliesslich Kriege und schon gar nicht antrophage Praktiken haben zu einem Bevölkerungsrückgang
beigetragen, sondern er wurde wesentlich mitbestimmt durch den über Jahrhunderte von den Europäern und
Arabern praktizierten Menschenraub und die dadurch ausgelösten sozialen Umstrukturierungen. In der Kolonialzeit trugen dann die Zwangsarbeit und eingeschleppte Krankheiten mit dazu bei, dass das Bevölkerungswachstum entscheidend gehemmt wurde.
3.3.2.5
Seydlitz für Realschulen, 1968
Der Band 3 von "Seydlitz für Realschulen" spricht auf der Seite 30 unter der Überschrift "Die Republik Sudan"
von "starken Spannungen" zwischen den "beiden Bevölkerungsgruppen" der Araber und der vornehmlich als
Hackbauern tätigen "Negern".
Diese Spannungen führen bis heute immer wieder zu Auseinandersetzungen, die zeitweise bürgerkriegsähnliche Formen annehmen und zuletzt im Mai 1998 wieder die bekannten Bildern von flüchtenden Menschen mit
Hungerbäuchen um die Welt gehen liessen, während die zu Hilfe eilenden humanitären Organisationen ihre
Tätigkeit infolge der chaotischen Zustände stark einschränken mussten. Im August 1998 entschlossen sich die
arabische Regierung und die schwarzafrikanischen Rebellengruppen unter dem zunehmenden internationalen
Druck und vielleicht im Anbetracht der Notlage der im Süden des Landes lebenden Menschen zu Friedensgesprächen, deren Ausgang hinsichtlich einer friedlichen Lösung im Anbetracht der Geschichte dieses Gebietes
aber angezweifelt werden darf.
3.3.2.6
Länder und Völker, Ende 60er Jahre
Das Lehrmittel "Länder und Völker" zeigt auf der Seite 26 des dritten Bandes die Zeichnung "Wadaikrieger
mit wattierten Rüstungen". (Siehe dazu die Seite 194 dieser Arbeit.)
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 76
Einführung: Themenkreis Krieg
Auf der Seite 65 beschreibt der Autor die Äthiopier als "stolz und kriegstüchtig", deren Staat "sich einst bis
nach Arabien, Ägypten und Ostafrika" erstreckt habe. Zur neueren Geschichte des Landes schreibt der Autor
auf der Seite 46:
In dem Kriege mit Italien wurden viele Siedlungen zerstört...
Die Eroberung Äthiopiens durch die Italiener 1935 wurde von vielen Afrikanern als Schlag gegen ihre Unabhängigkeitsbemühungen angesehen, wurde doch dadurch das letzte "afrikanische" Land Kolonie einer europäischen Macht. Weiter berichtet der Autor:
Die italienischen Ansiedler, die Amharafrauen heirateten, durften im Lande bleiben, da die Äthiopier ihre Aufbauarbeit zu
würdigen wissen.
Ein Beispiel für den pragmatischen Umgang der meisten schwarzafrikanischen Staaten mit den damaligen
"Repräsentanten" der Kolonialmächte. Nur in sehr wenigen Staaten wurden die angesiedelten Europäer mit
Gewalt des Landes verwiesen.
3.3.2.7
Seydlitz für Gymnasien, 1963- ca. 1971
Im fünfte Band des Lehrmittels "Seydlitz für Gymnasien" heisst es auf der Seite 109 über die Massai:
Erfüllt von kriegerischem Geist, haben sie immer wieder die benachbarten Ackerbaugebiete angegriffen.
Ende der neunziger Jahre haben sich viele Massai zwar einen Grossteil ihrer traditionellen Lebensweise erhalten können, von Kriegstaten und der Verstümmelung gegnerischer Kämpfer wissen aber nur noch die Ältesten
der Massai aus eigener Erfahrung zu berichten. Die einstig stolze Kriegerkaste der Massai findet nur noch
wenig neue Mitglieder, für die es längst nicht mehr aussergewöhnlich ist, eine Bar zu besuchen und eine
Flasche Cola zu trinken.
3.3.2.8
Fahr mit in die Welt, 1971-1974
"Fahr mit in die Welt" lässt als erstes der untersuchten Lehrmittel auf der Seite 44 einen Schwarzafrikaner zu
den Konflikten in Afrika zu Wort kommen.
"Zeigt mit eurem Verhalten uns gegenüber sowohl in der Neuen wie der Alten Welt, dass ihr es annehmt und daran glaubt,
dass wir alle die gleiche menschliche Natur haben. Dann können und wollen wir in Afrika antworten auf die ausgestreckte
Hand; dann werden wir nicht bloss gemeinsam die Probleme Afrikas lösen, sondern durch die Bande der Freundschaft, der
Bruderschaft werden wir einen neuen Weg entdecken, um eine Weltgemeinschaft zu schaffen, in der der Mensch ein
reicheres, volleres Leben führt und frei ist vom Krieg und der unheimlichen Furcht vor der Vernichtung. Wir wollen alle
mithelfen, eine Weltgemeinschaft von freien Menschen zu schaffen, die in Freiheit miteinander verbunden sind".
Einerseits kommt in diesen Text eine afrikanische Sichtweise zur Geltung, andererseits hebt sich das abgedruckte Plädoyer stark vom Bild der unter sich zerstrittenen "Stämme Afrikas" ab.
In einem Text mit dem Titel "Quer durch Ghana" auf der Seite 64 spricht der Autor von den "kriegerischen
Aschantistämmen". Die Aschanti, die zahlenmässig grösste Volksgruppe des heutigen Staates Ghana, waren
als kriegerisch verschrien, weil sie nicht nur über ein stehendes Heer verfügten, sondern es ihnen auch gelang,
sich relativ lange gegen die Briten zu wehren, bevor sie niedergeworfen wurden. Selbst dann kam es immer
wieder zu Aufständen. Die Residenz des Königs der Aschanti, Kumasi, wurde von den Briten dem Erdboden
gleichgemacht und später im Kolonialstil wieder aufgebaut.
Die Seite 65 zeigt ein Foto "Watussi beim Kriegstanz", die einen Kopfschmuck tragen - der dem Aussehen
nach dem Bild aus dem Comic "Little Nemo" auf Seite 486 dieser Arbeit Pate gestanden haben könnte - und
Speere in der Hand halten.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 77
Einführung: Themenkreis Krieg
3.3.2.9
List Geographie, 1972-1976
Im Band 2 des Lehrmittels "List Geographie" zitiert der Autor auf der Seite 127 einen Zeitungsartikel aus dem
Jahr 1976, der von "tiefverwurzelten ethnischen und historischen Gegensätzen" zwischen den hellhäutigen
Nomaden und den sesshaften schwarzafrikanischen Bauern in Mali spricht:
...Furcht und Abneigung sind historisch bedingt. Nicht vergessen ist jene Zeit, in der die Tuareg die Sudanneger wie Ware
handelten. Bis tief ins 20. Jahrhundert hinein blieben die herrischen Wüstenreiter gefürchtete Sklavenjäger und -händler.
Jahrhundertelang versorgten die Tuareg den arabischen Raum mit schwarzen Sklaven. Sie überfielen die Dörfer,
verschleppten ihre Bewohner, plünderten und vernichteten die Ernte...
Die Sahelstaaten, in denen die Berber und arabischen Völker auf die Schwarzafrikaner treffen, haben fast alle
seit langer Zeit mit dem Problem der Rassenkonflikte zu kämpfen. In Mauretanien leben viele Schwarzafrikaner immer noch in sklavenähnlichen Umständen, obwohl die Sklaverei längst abgeschafft wurde. In Mali und
Niger behielten die Schwarzafrikaner die Oberhand über die meist nomadisch lebenden Berber, der Tschad
war jahrelang in Grenzstreitigkeiten mit dem nördlichen Nachbar Libyen verwickelt, und im Sudan herrscht
seit über 20 Jahren ein immer wieder aufflammender Bürgerkrieg zwischen der islamischen Regierung im
Norden und den christlich-animistischen Schwarzafrikanern im Süden.
Auf der Seite 130 beschreibt der Autor die geschichtliche Entwicklung im Raum Südafrika:
...Die weissen Einwanderer... drangen langsam nach Norden vor, wo nomadisierende Hottentotten und Buschmänner
lebten. Den Feuerwaffen der berittenen Weissen konnten sie nur wenig Widerstand entgegensetzen. Sie wurden
umgebracht oder zogen sich in die weniger fruchtbaren Gebiete im Landesinnern zurück. Erst im 18. Jahrhundert trafen
nordwärts vordringende weisse Viehhalter ("Treckburen") auf gleichfalls viehhaltende nomadisierende Schwarze
("Bantu"), die nach Süden vorstiessen. Zwischen beiden Gruppen kam es in der folgenden Zeit ständig zu kriegerischen
Auseinandersetzungen, in denen die Buren zuletzt die Oberhand gewannen...
List Geographie äussert damit, was die älteren Lehrmittel verschwiegen: Den europäischen Kolonisatoren fiel
das afrikanische Land nicht einfach in den Schoss, sie erkämpften es sich mit Waffengewalt und scheuten
dabei auch vor Greueltaten keineswegs zurück. Aus Belgisch-Kongo ist beispielsweise bekannt, dass Europäer
aufständischen Schwarzafrikanern die Hände abhackten. Diese Greueltaten wurden fotografisch dokumentiert
und lösten in Europa bei ihrem Bekanntwerden einen Proteststurm gegen die Politik des belgischen Königs
Leopold aus. Aber auch andere Kolonialmächte liessen Tausende vom Menschen hinrichten, um ihre Machtposition auf afrikanischem Boden zu halten.
3.3.2.10 Neue Geographie, 1974-1976
Der dritte Band des Lehrmittels "Neue Geographie" beschäftigt sich ebenfalls mit den Konflikten zwischen
Buren und Schwarzafrikanern. Auf den Seiten 80-81 schreibt der Autor unter der Überschrift "Aus der
Geschichte der Weissen und Schwarzen in Südafrika":
1779
Erster Krieg zwischen Buren und Afrikanern (= gut organisierte, Vieh züchtende Bantu-Stämme). In der
Folgezeit werden die Bantu-Stämme besiegt und zurückgedrängt...
1835-1846 "Grosser Trek": rund 10'000 Buren ziehen auf Ochsenkarren in das Innere des heutigen Südafrika. Sie suchen
neue Weideplätze für ihre grossen Viehherden und wollen der britischen Verwaltung entgehen. Es kommt zu
schweren Kämpfen, z. B. mit den Zulus.
Im Gegensatz zum Lehrmittel "List Geographie" macht die "Neue Geographie" genauere Angaben zum zeitlichen Geschehen.
3.3.2.11 Dreimal um die Erde, 1977-1980
Das Lehrmittel "Dreimal um die Erde" beschreibt im Band 2 auf der Seite 44 als erstes der untersuchten Lehrmittel die Biafrakrise:
...Durch bedeutende Erdölfunde seit 1956 erhielt die Ostregion Nigerias ein wirtschaftliches Übergewicht. Daraufhin
erklärten die Ibo 1967 die Unabhängigkeit ihrer Provinz unter dem Namen Biafra und kämpften drei Jahre gegen die
Zentralregierung in Lagos um ihre Selbständigkeit. Dieser Biafra-Krieg forderte über 2 Mio. Menschenleben. Tausende
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 78
Einführung: Themenkreis Krieg
von Kindern starben in Biafra an Hunger und Unterernährung. Grossbritannien und die Sowjetunion unterstützten die
Zentralregierung durch Waffenlieferungen; Frankreich lieferte Waffen an Biafra.
Die "Vereinten Nationen" (UN) und auch die Vereinigung der afrikanischen Staaten ("Organisation für afrikanische
Einheit" OAU) verweigerten Biafra das Selbstbestimmungsrecht.
Die UN lehnte eine "Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines selbständigen Staates" ab; die OAU forderte die
"Unantastbarkeit der afrikanischen Staatsgrenzen", so wie sie willkürlich von den europäischen Kolonialmächten
geschaffen wurden. 1970 musste Biafra bedingungslos kapitulieren. Die demokratische Verfassung von Nigeria wurde
ausser Kraft gesetzt. Eine Militärregierung übernahm in Nigeria die Macht. Alle politischen Parteien wurden verboten.
Der Biafrakrieg ist der erste, in den untersuchten Lehrmitteln beschriebene Krieg, der weltweite Aufmerksamkeit errang. Die Bilder der Kriegsgreuel und der wegen des Kriegsgeschehens an Unterernährung leidenden
Kinder gingen um die ganze Welt.
Auch 1998 regiert in Nigeria eine von der Weltöffentlichkeit geächtete Militärjunta das Land. Dies hindert
aber europäische und amerikanische Interessengruppen nicht daran, die reichen Erdölvorräte des Landes
auszubeuten und durch ihr Geschäftsgebaren die diktatorische Regierung zu stützen.
Zu den politischen Unruhen in der Republik Südafrika, ausgelöst durch die von der weissen Regierung vertretene Apartheidspolitik, heisst es auf der Seite 59, dass ein "Ausfall von Rohstofflieferungen aus diesem Lande
durch einen Rassenkrieg im Innern" die Wirtschaft der Bundesrepublik "empfindlich treffen" würde.
Auf den Seite 61 schliesslich spannt der Autor den Bogen vom Biafrakrieg in Nigeria zur Apartheidspolitik in
der Republik Südafrika, wenn er schreibt:
Die Anhänger der Apartheidspolitik verweisen immer wieder auf Vorgänge in anderen afrikanischen Staaten, nachdem
diese unabhängig wurden, zum Beispiel auf Nigeria und den Biafrakrieg... Die Regierung Ugandas wies alle Asiaten aus
dem Land. In Angola brach nach der Befreiung von der portugiesischen Kolonialherrschaft ein Bürgerkrieg aus.
Viele Südafrikaner, Weisse und Nichtweisse, befürchten Ähnliches für Südafrika, wenn ein revolutionärer Umsturz käme...
Wobei der Autor nicht erwähnt, dass der "Bürgerkrieg" in Angola, der besser als Rebellenkrieg bezeichnet
würde, von südafrikanischen Kräften nicht unwesentlich, beispielsweise durch die Ausbildung der Rebellen
und Waffenlieferungen, gefördert wurde.
Zur politischen Lage der Entwicklungsländer, zu denen auch fast alle afrikanischen Staaten gehören, schreibt
der Autor im dritten Band auf der Seite 107:
Häufig hemmen Regierungsumstürze und Bürgerkriege die wirtschaftliche Entwicklung des Landes.
Zu Afrika wäre zu bemerken, dass es in einigen Staaten, wie beispielsweise Nigeria, tatsächlich zu häufigen
Regierungswechsel kam, die durch Gewalt erzwungen wurden, andere Länder waren zumindest politisch
äusserst stabil und wurden im Zeitraum von der Unabhängigkeit bis 1998 nur von einigen wenigen Staatsoberhäuptern regiert, die meist durch demokratische Wahlen abgelöst wurden. Ausserdem vergisst der Autor zu
erwähnen, dass die Bürgerkriege und Putsche in einigen Ländern, so beispielsweise in der Demokratischen
Republik Kongo, auf das Vermächtnis der Kolonialzeit zurückgehen und zeitweise von aussen gefördert
wurden.
3.3.2.12 Geographie thematisch, 1977-1980
Der zweite Band des Lehrmittels "Geographie thematisch" beschäftigt sich ebenfalls mit der unruhigen
Geschichte Nigerias. Auf der Seite 185 zählt er unter der Überschrift "Daten aus der jüngsten Geschichte Nigerias" folgende Ereignisse auf:
15.1.1966
28.7.1966
27.5.1967
30.5.1967
Militärputsch unter Ibo-General Ironsi. Ermordung des Premierministers Balewa. Ausserkraftsetzung der
Bundesverfassung und Errichtung eines Einheitsstaates. Schwere Ausschreitungen gegen Angehörige des
Ibo-Volkes in Kano und Jos.
Militärputsch unter General Gowon, einem Haussa. Wiederherstellung der alten Bundesverfassung. Weitere
Massaker gegen Ibos in der Nordregion.
Neugliederung Nigerias in 12 Bundesstaaten
Der Militärgouverneur der Ostregion Ojukwe erklärt die Unabhängigkeit dieser Provinz vom nigerianischen
Bundesstaat und gründet die Republik Biafra. Alle ausserhalb Biafras lebenden Ibos werden aufgerufen, in
ihr Stammesgebiet der ehem. Ostregion zurückzukehren. Grausamer Bürgerkrieg in Nigeria.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 79
Einführung: Themenkreis Krieg
Wirtschaftsblockade der nigerianischen Bundesregierung gegen Biafra. Unbeschreibliche Hungersnöte in der
ehemaligen Ostregion.
12.12.1970 Sieg der Bundestruppen über Biafra. Ende des Bürgerkrieges. Ostregion wieder Bundesstaat der Republik
Nigeria.
3.2-1976
Neugliederung Nigerias in 19 Bundesstaaten.
Der Autor verzichtet darauf, Bilder aus dem Biafra-Krieg wiederzugeben, die der Welt die hungernden und
sterbenden Kinder vorführten, die spätestens ab Mitte der siebziger Jahre zu einem Synonym für Hunger und
Elend Afrikas werden sollten.
3.3.2.13 Musikstudio, 1980-1982
Das Musiklehrmittel "Musikstudio" zeigt im zweiten Band auf der Seite 22 ein Foto "Kriegstanz der Bamun".
3.3.2.14 Seydlitz: Mensch und Raum, 1987
Das Lehrmittel "Seydlitz: Mensch und Raum" beschäftigt sich ab der Seite 132 unter dem Titel "Ein Kolonialkontinent Europas" auch mit den Auseinandersetzungen im damaligen Afrika:
Im Zeitalter des Imperialismus wurde schliesslich auch Afrika kolonialisiert, Frankreich eroberte seit 1834 Algerien, 1854
den Senegal. England besetzte 1882 Ägypten und betrieb erfolgreich eine Kap-Kairo-Politik, in den Burenkriegen
(1899-1902) sogar gegen weisse Burenrepubliken. Portugal verteidigte seine afrikanischen Territorien in Angola und
Mosambik. Das Deutsche Reich und Italien griffen ab 1884 nach den noch freien Küstengebieten. Auf der Berliner
Afrikakonferenz (1884/85) einigten sich die Kolonialmächte auf Einflusssphären und legten Regeln für die Okkupation
Afrikas fest.
Die Zeit der Kolonisierung war voller Kämpfe, weil die europäischen Mächte ihre Konflikte auch in Afrika austrugen und
weil hartnäckiger Widerstand und zahlreiche Aufstände afrikanischer Völker durch Eroberungszüge, Straf- und
Vernichtungsaktionen unterdrückt wurden.
Wenn auch der Autor auf den Widerstand der schwarzafrikanischen Bevölkerung nicht näher eingeht, so wird
dieser doch zumindest erwähnt. Zu den Auswirkungen des Sklavenhandels schreibt er weiter:
Dieser Menschenhandel, in den afrikanische Küstenbewohner aktiv einbezogen wurden, führte nicht nur zu hohen
Menschenverlusten, sondern durch die gewaltsame Beschaffung der Sklaven, durch Kriege und Sklavenjagden zu einer
tiefgreifenden Zerstörung vieler afrikanischer Völker und Kulturen und zur Zerrüttung geordneter politischer und
gesellschaftlicher Werte und Strukturen.
Der Autor verschweigt nicht, dass auch afrikanische Völker in den durch den Sklavenhandel initierten oder
verstärkten Konflikten eine aktive Rolle spielten. Während der Zeit des Sklavenhandels schufen die Europäer
Strukturen, die sich später auch für die Ausbeutung von Rohstoffen als hilfreich erwiesen.
Auf der Seite 133 beschäftigt sich der Autor mit der Entwicklung der frühen Demokratischen Republik Kongo:
Anfang der 50er Jahre entstand die erste politische Bewegung unter Schwarzafrikanern, 1958 kam es zu ersten Unruhen,
die sich 1959 ausweiteten. Daraufhin beschloss die belgische Regierung, der Kolonie bereits zum 30. Juni 1960 die
Unabhängigkeit zu gewähren.
Sezessionsversuche der Kupferprovinz Katanga (Shaba) und innenpolitische Wirren führten zum Bürgerkrieg. Dieser
weitete sich zu einem internationalen Krisenherd aus, weil einerseits belgische Truppen direkt eingriffen und andererseits
die sozialistisch orientierte Regierung Hilfe von der UdSSR erhielt. Erst durch den Einsatz einer UN-Truppe konnte die
Kongokrise einigermassen unter Kontrolle gebracht werden.
Unter Mobutu, der 1965 durch einen Putsch an die Macht kam, wurden die östlichen Berater ausgewiesen und ein
prowestlicher Kurs eingeschlagen, der Zaire die Unterstützung westlicher Mächte sicherte... Jede Opposition im Land
wurde und wird unterbunden und ausgeschaltet.
Die unruhige Geschichte des Landes spiegelt sich in seiner Namensgebung: Das bis zur Unabhängigkeit
Belgisch-Kongo genannte Gebiet, trug ab 1960 bis 1971 den Namen Demokratische Republik Kongo, wurde
dann unter Mobutus neuer Politik des kulturellen Erbes in Zaire umgetauft, in Anlehnung an das von den
Portugiesen falsch ausgesprochene Bakongo-Wortes "nzadi" (=Flusslauf), und heisst seit dem Sturz Mobutus
durch Laurent-Désiré Kabila im Mai 1997 wieder Demokratische Republik Kongo.
3.3.2.15 Klangwelt-Weltklang 2, 1993
Der zweite Band des Lehrmittels "Klangwelt - Weltklang" erwähnt auf der Seite 44 das Hörbeispiel einer
Kriegsmusik der "Banda Linda, Zentralafrika";
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 80
Einführung: Themenkreis Krieg
3.3.2.16 Seydlitz Erdkunde 1993-1995
Der dritte Band des Lehrmittels "Seydlitz Erdkunde" beschäftigt sich in mehreren Kapiteln mit verschiedenen
Konflikten in Schwarzafrika. Auf der Seite 123 schreibt der Autor, über die Entwicklungsländer, zu denen
auch die meisten afrikanischen Staaten zählen, dass "17 Mio. Menschen... auf der Flucht vor Krieg, Terror und
Hunger" seien. Eine Karte "Hunger in Afrika (Stand 1993) bezeichnet die Staaten Liberia, Angola, Sudan,
Äthiopien, Somalia, Ruanda, und Mosambik als "Länder, die unter Bürgerkrieg oder dessen Folgen leiden".
Auf der Seite 134 schreibt der Autor zu Nigeria:
...rund 250 verschiedene Völker und Stämme... und deren unterschiedliche regionale Verteilung führten in der
Vergangenheit und Gegenwart immer wieder zu Putschversuchen und Bruderkriegen...
"Aus der Geschichte Nigerias" nennt der Autor unter anderem folgende Daten:
1804
1861
1960-1966
1967-1970
1993
Krieg der Fulani gegen die Haussa-Staaten, Sieg und Ausdehnung des Reiches nach Süden (Jorubaland)
Lagos wird britische Kronkolonie, nachfolgend Unterwerfung der Joruba (1886), Ibo (1898) und Fulbe
(Fulani/Haussa 1903)
Krisen, Unruhen, Militärputsch, Kampf um die Macht, Stammesauseinandersetzungen
Die Ostregion (Ibos) erklärt sich zur "Republik von Biafra", die Nord- und Westregion erobern nach 2.5
Jahren Krieg Biafra; Hungersnöte bei den Ibos, seitdem Militärregierung
Geplante Einsetzung einer gewählten zivilen Regierung
Der Sieger der Wahl von 1993 Chief Moshood Abiola gelangte nie an die Macht, da die Wahlen durch die
Militärregierung nicht anerkannt wurden. Abiola starb im Juli 1998 im Gefängnis, kurz vor seiner Freilassung
und einen Monat nach dem Tod des nigerianischen Diktators Sani Abacha, der das Land fünf Jahre lang
regierte. Der Nachfolger Abachas, General Abdusalam Abubakar versprach Ende Juli 1998 Neuwahlen und die
Einsetzung einer zivilen, demokratisch gewählten Regierung auf den Mai 1999. Im August zeichneten sich
Bestrebungen der Bevölkerung der südlichen Teile des Landes ab, sich vom Rest Nigerias loszusagen. Ob es
der Militärregierung und der für 1999 geplanten Militärregierung gelingen wird, das Land zusammenzuhalten
muss sich wieder einmal weisen.
Im Kapitel "Rassenkonflikte in Südafrika" schreibt der Autor auf der Seite 138 über die Wanderungen der
Buren ins Landesinnere am Ende des 18. Jahrhunderts:
Sie dehnten gewaltsam ihr Siedlungsland aus und verdrängten dabei die Hottentotten und Buschmänner. Diese schwarzen
Ureinwohner zogen sich schliesslich ins unfruchtbare Hinterland zurück...
Seit dem 18. Jahrhundert trafen die nach Norden vordringenden weissen Viehhalter auf nomadisierende Schwarze, die aus
Ostafrika eingewandert waren. Im Kampf um das Weideland setzten sich die Weissen durch...
Mitte des 19. Jh. endete eine ganze Reihe von Kriegen gegen Schwarzafrikaner mit ihrer Unterwerfung...
In einem letzten Kapitel "Arbeitswanderungen und Armutsflüchtlinge" gibt der Autor auf der Seite 148 eine
Karte "Länder mit Flüchtlingen (Auswahl) nach Angaben der UN-Flüchtlingskommission" mit Zahlen von
April 1991 wieder. Für Afrika werden insgesamt rund 6 Millionen Flüchtlinge angegeben. Davon entfallen
nach der Karte auf die einzelnen Länder als Aufnahmestaaten (Zahlen in Klammern: Flüchtlinge in Tausend):
Algerien (170), Senegal (58), Sierra Leone (129), Elfenbeinküste (300), Kamerun (52), Uganda (142), Ruanda
(22), Burundi (270), Simbabwe (183), Sudan (768), Äthiopien (985) Somalia (100), Kenia (35), Tansania
(265), Zaire (427), Sambia (138), Malawi (940), Swasiland (420). Als Ursachen für die Flüchtlingsbewegungen werden unter anderem "Krieg und Bürgerkrieg, Menschenrechtsverletzungen und Bedrohung von Minderheiten" genannt.
Eine Grafik "Auf der Flucht", welche die Zahl der Flüchtlinge, die ihr Heimatland verlassen haben beziffert,
gibt für Mosambik 1.725 Mio., Somalia 0.865 Mio., Äthiopien und Eritrea 0.835 Mio., Angola 0.404 Mio. und
den Sudan 0.263 Mio. Flüchtlinge an.
Auf der Seite 149 folgt ein Text "Ruanda 1994" in dem es heisst:
Der Bürgerkrieg und die Massenmorde in Ruanda haben einen der grössten Flüchtlingsströme in der Geschichte ausgelöst.
Fast eine halbe Mio. Menschen flohen innerhalb von zwei Tagen in das benachbarte Tansania. Als ruandische Rebellen der
Patriotischen Front (FPR) das Grenzgebiet zu Tansania eroberten, wurde die Massenflucht plötzlich unterbrochen. Das
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 81
Einführung: Themenkreis Krieg
UN-Flüchtlingswerk forderte die FPR dringend auf, die Grenze wieder zu öffnen. In Tansania entstand bei der Kleinstadt
Ngara nach UN-Angaben das grösste Flüchtlingslager der Welt mit fast einer halben Mio. Menschen. Tansania erliess
einen dringenden Hilfsappell, weil es dem riesigen Zustrom nicht gewachsen sei.
Dieser grausamste Massenmord der schwarzafrikanischen Geschichte, der sich aus länger zurückliegenden
Spannungen entwickelt hatte, zeigte deutlich auf, dass von solchen Geschehnissen nicht nur das betreffende
Land, sondern auch die Nachbarländer in Mitleidenschaft gezogen worden.
3.3.2.17 Seydlitz Geographie, 1994-1996
Der dritte Band des Lehrmittels "Seydlitz Geographie" greift auf der Seite 54 den Konflikt im Sahelgebiet auf,
wenn es einen Regierungsbeamten aus Mali über die Nomaden aussagen lässt:
"Die Nomaden müssen endlich sesshaft gemacht werden: Sie bewegen sich ungebunden, sind bewaffnet, scheuen keinen
Kleinkrieg um Weiden, kreuzen Grenzen nach Gutdünken, entziehen sich dem staatlichen Gesundheitsdienst, ebenso dem
Schulbesuch..."
Auf der Seite 61 schreibt der Autor unter der Überschrift "Kenias Weg in die Neuzeit" über die Massai:
Das bekannteste Volk ist das der Massai, ein Volk einstmals kriegerischer Hirten...
Weiter schreibt der Autor, dass "das Massailand... allen Massai" gehörte. In den letzten Jahren kam es aber
vermehrt zu Landkonflikten zwischen verschiedenen Volksgruppen, zu denen auch die Massai zählen. Dabei
ging es nicht in erster Linie um das Land an sich, sondern um günstige Weideplätze und Wasservorkommen.
(Kenia, ZDF 1998)
Der vierte Band des Lehrmittels enthält ein Kapitel "Schwarzafrika" indem der Autor auf der Seite 178
schreibt:
Schwarzafrika... das ist der Schauplatz von Massakern, Aufständen, Stammes- und Bürgerkriegen.
Damit zeichnet er das Bild des im Chaos versinkenden Kontinents, welches sich auch in den Zeitungs- und
Fernsehberichten lange grosser Beliebtheit erfreute.
3.3.2.18 Diercke Erdkunde, 1995-1997
Der vierte Band des Lehrmittels "Diercke Erdkunde" zeigt auf der Seite 150 zum Thema "Auf der Flucht" eine
Grafik, die als Fluchtgrund neben anderen Krieg, Unterdrückung, Gewalt und Ungerechtigkeit nennt.
3.3.2.19 Zusammenfassung
In 19 der untersuchten Lehrmittel aus dem Geographie- und Musikbereich, etwa der Hälfte der Geographielehrmittel und -bücher, wird kriegerisches Verhalten oder eine kriegerische Auseinandersetzung erwähnt.
Die folgenden Lehrmittel erwähnen bestimmte Volksgruppen als kriegerisch: "Leitfaden für den Geographieunterricht" (1934), die Somali und Massai; "Harms Erdkunde - Die Welt in allen Zonen" (1961), das alte
Benin; "Fahr mit in die Welt" (1972), die Aschanti; "Länder und Völker" (60er Jahre), die Wadaikrieger
(Tschad), und Äthiopier; "Seydlitz für Gymnasien" (1963- ca. 1971), die Massai; "List Geographie"
(1972-1976), die Tuareg; "Seydlitz Geographie" (1994-1996), die Massai.
Kriegstänze werden in den Lehrmitteln "Fahr mit in die Welt" (1972), die Watussi; "Musikstudio" (1980-1982)
die Bamun; "Klangwelt-Weltklang 2" (1993), die Banda Linda (Zentralafrika) erwähnt oder vorgestellt.
In den Lehrmitteln "Lesebuch für die Oberklassen" (30er Jahre) und "Geographie Widrig" (1967) sprechen die
Autoren von der Entvölkerung des afrikanischen Kontinentes durch die stetigen "Stammeskriege", während in
"Seydlitz: Mensch und Raum" (1987) von "tiefgreifende Zerstörungen" durch die vom Sklavenhandel initierten Veränderungen die Rede ist.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 82
Einführung: Themenkreis Krieg
Kolonialkriege werden in den Lehrmitteln "Länder und Völker" (60er Jahre), Äthiopien; "List Geographie"
(1972-1976), Südafrika; "Neue Geographie" (1974-1976), Südafrika; "Seydlitz: Mensch und Raum" (1987),
Senegal, Südafrika, Angola, und Mosambik; und "Seydlitz Erdkunde" (1993-1995), Nigeria und Südafrika,
erwähnt.
Nur gerade drei der Lehrmittel sprechen von Spannungen zwischen arabischen und schwarzafrikanischen
Völkern im Sahelgebiet: "Seydlitz für Realschulen" (1968), Sudan; "List Geographie" (1972-1976), Mali; und
"Seydlitz Geographie" (1994-1996), ebenfalls Mali.
Von Bürgerkriegen ist in vier Lehrmitteln die Rede: "Dreimal um die Erde" (1977-1980), Biafra, ausserdem
wird ausgesagt, die Bürgerkriege "hemmen" die "wirtschaftliche Entwicklung" der schwarzafrikanischen Staaten; "Geographie thematisch" (1977-1980), Biafra; "Seydlitz: Mensch und Raum" (1987), Kongo
(Katangagebiet); und "Seydlitz Erdkunde" (1993-1995), Liberia, Angola, Sudan, Äthiopien, Somalia, und
Ruanda, als damals aktuelle Bürgerkriege, Biafra als historischen Bürgerkrieg.
Eine ganze Reihe von Lehrmitteln enthält darüberhinaus weitere Aussagen. Im "Leitfaden für den Geographieunterricht" (1934) wird behauptet, die Europäer hätten die schwarzafrikanischen Gebiete befriedet. "Harms
Erdkunde - Die Welt in allen Zonen" (1961) erwähnt den Militärdienst eines Schwarzafrikaners in der Royal
Air Force in Nigeria. "Dreimal um die Erde" (1977-1980) äussert die Angst, ein allfälliger Bürgerkrieg in
Südafrika könnte zum Ausfall von Rohstofflieferungen nach Europa führen, ausserdem werden der Biafrakrieg
und die Vertreibung von Ausländern in Uganda (unter Idi Amin) als Argument für die Aufrechterhaltung der
Apartheid in Südafrika benutzt. Das Lehrmittel "Seydlitz: Mensch und Raum (1987) erwähnt als einziges
ausdrücklich Aufstände der schwarzafrikanischer Völker gegen die Kolonisatoren. "Seydlitz Erdkunde"
(1993-1995) erwähnt den Krieg der Fulani gegen die Hausa von 1804, ausserdem werden Flüchtlinge, speziell
im Zusammenhang mit Ruanda, als Opfer des Krieges thematisiert. "Seydlitz Geographie" (1994-1996)
charakterisiert Schwarzafrika als "Schauplatz von Massakern, Aufständen, Stammes- und Bürgerkriegen" (Bd.
4, S. 178). "Diercke Erdkunde" (1995-1997) erwähnt noch einmal Flüchtlinge.
Die Aufzählung zeigt, dass die älteren Lehrmittel dazu neigten, die Schwarzafrikaner als sich gegenseitig
abschlachtende "Stämme" zu charakterisieren, die nur Dank der Europäer den Frieden fanden, während erst ab
Ende der sechziger Jahren die von den Europäern geführten Kolonialkriege und erst ab Mitte der siebziger
Jahren erstmals Bürgerkriege in den unabhängig gewordenen Staaten Schwarzafrikas erwähnt werden. Die
durch diese Binnenkriege ausgelösten Flüchtlingsströme finden sogar erst in den neunziger Jahren Erwähnung.
3.3.3
Religion
Im dritten Themenkreis soll die Darstellung der afrikanischen Religionen in den untersuchten Geographielehrmitteln diskutiert werden. Auf einen Einbezug der Musiklehrmittel wurde verzichtet. Wie schon bei den
beiden anderen Themenkreisen werden nur diejenigen Lehrmittel erwähnt, die nennenswerte Aussagen zum
Thema machen. Die Kommentare decken sich zu einem Grossteil mit denen, die in der Besprechung der
einzelnen Lehrmittel gemacht wurden.
3.3.3.1
Lehr- und Lesebuch für die thurgauischen Volksschulen, 1912
Das älteste der untersuchten Lehrmittel äussert sich nur in einem einzigen Abschnitt auf der Seite 386 über die
Menschen Schwarzafrikas, in dem er heisst:
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 83
Einführung: Themenkreis Religion
...Das Christentum hat noch wenig Eingang in Afrika gefunden; stark verbreitet ist im Norden die mohammedanische
Religion. Millionen von Negern aber leben im Zustande heidnischen Aberglaubens und entsetzlicher Roheit...
Die Leser erfahren also, dass der Schwarzafrikaner ein Heide von entsetzlicher Roheit ist, der seinen Zustand
wohl aber nicht selbst verschuldet hat, da ja das Christentum noch nicht bis zu ihm vorgedrungen ist.
3.3.3.2
Leitfaden für den Geographieunterricht, 1934
Der Autor des "Leitfadens" beschreibt unter dem Titel "Die Religion" die verschiedenen Glaubensysteme der
schwarzafrikanischen Menschen. Auf der Seite 213 schreibt er zum "Fetisch- und Dämonendienst", nach der
Aussage, dass der Mensch in der Religion versuche, "die Rätsel, welche ihn bewegen" zu lösen:
Fetisch- und Dämonendienst ist die Religion niedrigstehender Völker. Bei diesen Heiden ist das Priestertum (Zauberer,
Schamane) stark entwickelt (Verehrung der Tiere und Ahnen).
Der anschliessende Vergleich des Islam mit dem Christentum scheint die Sichtweise des Autors in Bezug auf
die verschiedenen Religionen widerzuspiegeln (S. 213):
...Der Islam (= Hingabe an Gott), der heute noch in... Afrika an Verbreitung gewinnt, ist wie das Christentum eine
monotheistische (= ein Gott) Religion. Dieses ist die Religion der Europäer, die es durch die Mission unter die Heiden
bringt.
Nach Ansicht des Autors ist es also die Aufgabe "der Europäer,... durch die Mission" den Glauben an den
einen Gott unter die niedrigstehenden Heiden Schwarzafrikas zu bringen. Eine Folgerung die sich aus der
Sichtweise auf die schwarzafrikanischen Religionen und der Tatsache, dass das Christentum, wie im "Lehrund Lesebuch für die thurgauischen Volksschulen" von 1912 bemerkt wurde, in Afrika damals "noch wenig
Eingang" gefunden hatte, ergab.
3.3.3.3
Harms Erdkunde - die Welt in allen Zonen, 1961
Harms Erdkunde enthält einen Text "Afrika, bevor die Europäer kamen" von Leo Frobenius, der die in den
weiter oben erwähnten Zitaten behauptete "Überlegenheit" der christlichen Europäer gegenüber den schwarzafrikanischen "Heiden auf die Tatsache zurückführt, dass die Europäer damit die Greuel des Sklavenhandels zu
rechtfertigen versuchten (S. 262):
So wurde der Begriff Fetisch als Symbol einer afrikanischen Religion erfunden. Eine europäische Fabrikmarke! Ich selbst
habe in keinem Teil Afrikas die Fetischanschauung bei Negern gefunden. Die Vorstellung vom 'barbarischen Neger' ist
eine Schöpfung Europas.
Diese Folgerung ist nicht sehr weit hergeholt, betrachtet man die Veränderung des europäischen Bildes von
den Schwarzafrikanern im Laufe der Zeit. (Sie dazu die Zusammenfassung zum "Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen durch die Jahrhunderte" auf Seite 58 dieser Arbeit.)
3.3.3.4
Schweizerischer Mittelschulatlas, 1962
Der "Schweizerische Mittelschulatlas" von 1962 zeigt auf der Seite 107 eine Karte zu den Religionen, auf der
fast ganz Schwarzafrika als den Naturreligionen zugehörend bezeichnet wird.
3.3.3.5
Geographie Widrig, 1967
Während die bisher betrachteten Geographielehrmittel und -bücher nur sehr kurz auf die Religionen in
Schwarzafrika eingegangen sind, widmet Widrig dem Thema in seinem Buch "Geographie" eine längere
Passage.
In seinen Ausführungen über "Die Negerstämme" schreibt Widrig auf den Seiten 302 und 303 zur Religion
dieser Menschen:
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 84
Einführung: Themenkreis Religion
Es ist wahrscheinlich, dass ursprünglich der Glaube an ein höchstes göttliches Wesen die Grundlage für die Religion des
Negers war. Heute stehen der Ahnenkult, der Geisterglaube und der Fetischdienst im Vordergrund. Die Neger glauben an
ein Weiterleben nach dem Tode. Sie glauben, dass ihnen die Toten Gutes oder Böses bringen können. Deshalb ist bei jeder
Gelegenheit auf die Seelen der Verstorbenen Rücksicht zu nehmen. Man hat ihnen Opfer und Gaben darzubringen. Dieser
Ahnenkult ist ein wesentlicher Bestandteil der Religion der afrikanischen Naturvölker.
Widrig geht hier eindeutig davon aus, dass seine eigene Religion, nämlich das Christentum, die einzig wahre
sei, von der die Schwarzafrikaner im Verlaufe der Geschichte irgendwie abgefallen wären. - Eine Vorstellung,
die sich schon bei den ersten Missionaren auf dem afrikanischen Kontinent fand, wie Bitterli in seinem Buch
"Die 'Wilden' und die 'Zivilisierten'" schreibt: "Während sich der Christenmensch nach dem Sündenfall
mühsam zur wahren Gotteserkenntnis emporgearbeitet hatte, war nun freilich der Un- oder Irrgläubige, aus
Gründen, welche sich die theologischen Theoretiker sehr verschieden erklärten, immer mehr von Gott abgefallen; seine Gottesverehrung hatte sich zum Götzendienst pervertiert, das Bemühen um Reinheit der Sitten war
dem Hang zur Ausschweifung aller Art gewichen. Doch die guten Seelenkräfte lebten auch im Heiden fort; da
sie aber zu wenig entwickelt waren, als dass dieser den Weg zu Gott allein hätte finden können, ergab sich für
den Christenmenschen die moralische Aufgabe, dem Heiden zu helfen. Neben die lebensrechtliche Verpflichtung zur äusseren Mission trat also, wenn man will, eine christlich-humane Verpflichtung, die vom Grundgedanken eines einzigen Schöpfergottes und von der Einheit des Menschengeschlechtes ausging." (Bitterli 1977,
S. 108) - Nur so kann Widrig zum Schluss kommen, dass die "Neger" ursprünglich monotheistisch veranlagt
waren. Wie zweifelhaft eine solche Annahme ist, zeigt nicht nur ein Blick auf die noch heute existierenden
Glaubenssystem in aller Welt, sondern auch eine Betrachtung alter Glaubenssysteme wie sie z. B. bei den
Indianern Nordamerikas, den Schamanen Sibiriens, den Hindus Indiens oder im vorchristlichen Europa
verbreitet waren.
Die weiteren Ausführungen Widrigs beschreiben den Umgang schwarzafrikanischer Menschen mit dem Zufall
und Unglücksfällen (S. 302):
...Scheidet jemand durch Krankheit oder Unglücksfall, durch den Zahn wilder Tiere oder durch Feindeshand aus dem
Leben, ist der Neger überzeugt, dass der Tod nur durch den Willen eines Geistes oder eines Zauberers verursacht worden
ist. Die unmittelbaren Todesursachen erscheinen ihm nur als das Mittel, dessen sich der Geist bediente. Also nicht das
Krokodil, das seinen Bruder verschlang, ist der Schuldige, sondern ein Geist im Innern des Tieres. Es kann aber auch ein
Hexer unter den Menschen gewesen sein. In diesem Fall muss der vermutliche Missetäter durch eine Giftprobe oder ein
sonstiges grausames Mittel ausfindig und unschädlich gemacht werden. So sind Glück und Unglück, Erfolg und Misserfolg
deutliche Anzeichen dafür, dass Geister in das Leben eingegriffen haben. Man fürchtet sich vor ihnen, besonders in der
Nacht...
Ein Blick zurück in die Geschichte Europas zeigt, dass ähnliche Vorstellung auch nach der Aufklärung den
Europäern gar nicht so fremd waren, man denke nur an die in ganz Europa durchgeführten "Hexenverbrennungen" oder die von katholischen Priestern in einigen Gegenden Europas bis heute praktizierten "Teufelsaustreibungen". Zu solchen Eskalationen scheint es, nach dem aktuellen Wissensstand, in Schwarzafrika nie gekommen zu sein.
Den traditionellen Glaubensvorstellung treten heute die Glaubenssysteme einer zunehmend christianisierten
oder islamisierten Gesellschaft entgegen, obwohl auch unter den Anhängern dieser neueren Religionen die
alten Überlieferungen durchaus noch Bestand haben.
Über den in der Literatur immer wieder beschriebenen Fetischdienst der Afrikaner, lässt sich Widrig folgendermassen verlauten:
Es können aber auch irgend ein gewöhnlicher Gegenstand, ein Stein, ein Lehmklumpen, eine Muschel, ein Baum oder eine
geschnitzte Holzfigur von den Geistern zum Aufenthaltsort gewählt werden. Man nennt einen solchen Gegenstand einen
Fetisch, dessen Bedienung Fetischdienst.
Der Glaube um diese Geister, besser würde man sie als Hausgötter bezeichnen, wie dies beispielsweise in
China der Fall ist, wurde von den Europäern oft missverstanden, die in der "Anbetung der Gegenstände" einen
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 85
Einführung: Themenkreis Religion
Götzendienst zu erkennen glauben. Dabei betet der Gläubige keinesfalls den Gegenstand an, sondern die spirituelle Macht, die sich diesen Gegenstand oder das Lebewesen als "Wohnsitz" auserkoren hat - man könnte
ebensogut behaupten, dass ein gläubiger Christ ein Stück Holz verehre, wenn er sich vor dem Kreuz niederkniet und betet.
Widrig fährt in seinen Schilderungen fort, wobei zu sagen ist, dass seine Behauptung bezüglich Menschenblut
mit anderen Quellen nicht verifiziert werden konnte und eher an eine immer wieder praktizierte Diffamierung
Andersgläubiger erinnert (siehe weiter unten).
Die Fetische werden durch Zauberdoktoren, die Medizinmänner, ins Leben gerufen. Diese Leute fabrizieren irgend ein
Zaubermittel, das sie ins Innere der Holzgötzen bringen, ohne welches der Fetisch keine Zauberkraft ausstrahlen würde. Er
soll Wohltaten erweisen und Missetäter anzeigen. Die Medizinmänner bestimmen, welche Opfer und Gaben ihm
dargebracht werden müssen. Zuweilen sind die Fetische mit Menschenblut oder Ö1 zu bestreichen. Damit ein solcher
Ölgötze weiss, in welcher Richtung er seine Kraft wirken lassen soll, werden Nägel darein geschlagen. Er gleicht dann
"einer unförmigen Puppe mit roh geschnitztem Gesicht, so voller Nägel, dass er aussieht wie ein Stachelschwein". Die
Medizinmänner spielen oft eine unheilvolle Rolle, indem sie unschuldige Menschen irgend eines Verbrechens schuldig
erklären und sie einem qualvollen Tode ausliefern.
Diese Art des "Voodos", aus den Filmen Hollywoods über Haiti unterdessen einer breiten Öffentlichkeit
bekannt, ist, sofern sie tatsächlich in dieser Form praktiziert wurde, sicherlich nur für einen Teil der Bevölkerung Afrikas, der seltsamerweise nie näher präzisiert wird, zutreffend.
Widrig schliesst mit einem Abschnitt auf Seite 303 die jeglicher gesunden Argumentation entbehrt, selbst
wenn seine Vorwürfe betreffend der Menschenfresserei punktuell zutreffen sollten (sie konnten mittels anderer
Quellen nicht eindeutig belegt werden, obwohl die Anschuldigung auch in weiteren Lehrmitteln auftritt):
Es scheint, dass auch die Menschenfresserei, der Kannibalismus, mit Religion und Aberglauben zusammenhängt. Indem
Sklaven, gefangene Feinde und Hexer getötet und den Geistern als Opfer dargebracht wurden, gelangten deren Teile auch
in die Bratpfanne oder an den Spiess, wobei es nurmehr ein kleiner Schritt war, die Getöteten nach bestimmten
Vorschriften zu verzehren...
Um den wahrscheinlichen Wahrheitsgehalt solcher Aussagen ins rechte Licht zu rücken, sei angemerkt, dass
viele Chinesen noch in den fünfziger Jahren der Überzeugung waren, Christen würden in ihren Gottesdiensten
kleine Kinder verzerren.
Eine weitere Erwähnung der Religionen in Schwarzafrika findet sich auf der Seite 306, auf der Widrig zu
einem mit "Hamiten und Semiten" betitelten Abschnitt schreibt:
Die hamitischen Fulbe, Haussa und Tibbu haben sich stark mit Negern gemischt. Die meisten dieser Völker sind zum Islam
übergegangen und fanatische Mohammedaner geworden...
Trotz dieser "negativen" Auswirkungen - die betroffenen Völker sind für das Christentum verloren, auch wenn
vor allem amerikanische Sekten noch immer versuchen, diese zur "Heilslehre" ihrer Form des Christentums zu
bekehren - schreibt Widrig über die Araber, dass sie den Schwarzafrikanern "Sprache und Religion" gebracht
hätten. Er stuft die traditionellen Glaubenssysteme also nicht nur als Perversion des ursprünglichen Glaubens
an ein göttliches Wesen ein, sondern spricht ihnen überhaupt ab, Religion zu sein.
3.3.3.6
Seydlitz für Realschulen, 1968
Das Lehrmittel "Seydlitz für Realschulen" beschäftigt sich im Band 3 im Kapitel "Hirten Händler, Hackbauern" auch kurz mit der Religion der beschriebenen Völker. Auf der Seite 34 vermerkt der Autor dass die
"Sudanneger den Islam" von "den eingewanderten Stämmen" der Fulbe und Haussa übernommen hätten. Die
Verbreitung des Islams in Afrika am Ende des 20. Jahrhunderts ist aus der Karte "Religionszugehörigkeit" auf
der Seite 574 im Anhang dieser Arbeit zu ersehen.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 86
Einführung: Themenkreis Religion
3.3.3.7
Erdkunde Oberstufe, 1968-1969
Etwas ausführlicher geht der Band 1 von "Erdkunde Oberstufe" auf die religiösen Vorstellungen schwarzafrikanischer Menschen auf der Seite 59 ein:
...Die Religion in den besser erschlossenen Gebieten wurde vom... Islam und in jüngerer Zeit vom Christentum überprägt.
Ursprünglich entsprach sie der Stellung der Menschen zur Natur. Den Naturgewalten wurden göttliche Kräfte
zugesprochen (Animismus). Blitz, Donner, Sturm und Wasser wurden und werden noch verehrt. Um die guten und bösen
Geister günstig zu stimmen, Krankheit und Tod zu bannen, bringt man ihnen Opfer dar (Dämonismus). Dinge, die als
schädlich oder nützlich galten, wurden als Idole verehrt (Fetischismus). Zauber- und Geisterglaube kennzeichnen diese
niedrigste Form des Polytheismus.
Die Glaubenssysteme Schwarzafrikas werden also pauschal als "niedrigste Form des Polytheismus" bezeichnet, nur in den "besser erschlossenen Gebieten" wurden diese von Christentum und Islam überprägt, so die
eurozentrische Sichtweise. Trotz der eher abfälligen Wortwahl unterscheidet sich der Text doch stark von der
Sichtweise der Lehrmittel vom Beginn des Jahrhunderts, die mit Ausnahme des Textes von Frobenius, die
schwarzafrikanischen Religionen mit tiefster Abscheu betrachteten, aus denen es die Schwarzafrikaner zu
erretten galt, notfalls auch durch den Islam.
3.3.3.8
Länder und Völker, Ende 60er Jahre
"Länder und Völker" geht im Band 3 auf der Seite 45 als erstes der untersuchten Lehrmittel auf das Christentum in Äthiopien ein, dass sich weitgehend unabhängig von der katholischen Kirche entwickelt hat:
Schon früh, im 4. Jahrhundert n. Chr., drang von Ägypten her das koptische Christentum ein und wurde zur Staatsreligion.
Daher ist das Land eine christliche Insel in einer islamischen Umwelt.
Obwohl die Christen Äthiopiens immer wieder durch den stärker werdenden Islam unter Druck gerieten,
wurden sie, trotz Teilnahme an den Kreuzzügen, weitgehend von den islamischen Gegenangriffen verschont.
Den Betrachter der neunziger Jahre erinnert das aktuell praktizierte Christentum der Äthiopier rein äusserlich
stark an islamische Formen der Religionsausübung.
Den traditionellen Religionen widmet der Autor nur einen einzigen Satz auf der Seite 51:
Die Religion der heidnischen Neger ist ein Geisterglaube, und zwar verehrt er die Naturgewalten und die Seelen der
Verstorbenen.
Damit reduziert der Autor die grosse Vielfalt der Glaubensformen auf die Begriffe "Geisterglaube", "Animismus" und "Ahnenverehrung".
3.3.3.9
Seydlitz für Gymnasien 1963- ca. 1971
Auch der "Seydlitz für Gymnasien" sagt auf der Seite 90 des fünften Bandes unter der Überschrift "Die Religionsgemeinschaften" kaum mehr über die traditionellen schwarzafrikanischen Religionen aus:
...Die niederen religiösen Formen der Geister- und Zauberglaubens, des Animismus und Fetischismus und der
Ahnenverehrung, sind eng an Naturerlebnisse gebunden...
Die in Schwarzafrika immer noch bedeutenden traditionellen Religionsformen werden hier also nicht nur als
"niedrige" Formen betrachtet, der Autor verwendet auch Begriffe wie "Animismus" und "Fetischismus", ohne
sie zu erläutern, geschweige denn auf ihre Problematik einzugehen.
3.3.3.10 Geographie für die oberen Klassen der Volksschule, 1972-1977
Wieder etwas ausführlicher kommt der vierte Band "Die Kultur" des Lehrmittels "Geographie für die oberen
Klassen der Volksschule" auf die Religionen Schwarzafrikas zu sprechen. Eine erste Aussage zum Einfluss des
Islams findet sich in einem Brief eines Schweizers aus Kamerun auf der Seite 50 des Bandes über die Kultur:
Die meisten Bewohner des Nordens sind Mohammedaner. Überall kann man sehen, wie sie den Gebetsteppich ausbreiten,
aus einem Kaldor Wasser über Gesicht, Hände und Füsse giessen, sich gegen Mekka neigen, den Boden küssen und ihre
Gebete verrichten.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 87
Einführung: Themenkreis Religion
Je nach Angaben sollen Ende des 20. Jahrhunderts 25-51% der der rund 14 Mio. Menschen zählendenden
Bevölkerung Kameruns traditionellen Religionen anhängen, während 33-50% sich zum Christentum und
16-25% zum Islam bekennen, wobei das Christentum vor allem im Süden, d.h. den Küstengebieten, und der
Islam vor allem im Norden - gegen die Sudanzone hin - dominant sind.
Im gleichen Band beschäftigt sich der Autor unter dem Titel "Religion" mit den Glaubenssystemen Schwarzafrikas, wobei er auf den Seiten 58f. einen Schwarzafrikaner zu Wort kommen lässt:
...Die Religion gilt bei uns Afrikanern viel mehr als bei euch... Bei euch besteht eine tiefe Kluft zwischen der Religion und
der praktischen Lebensführung. Religion und Leben sind bei euch zwei verschiedene Dinge. Leider kamen das
Christentum und der Kolonialismus von denselben Ausgangspunkten nach Afrika. Bei der Verwaltung unseres Volkes war
die Kirche ein enger Mitarbeiter der Regierungen.
So war es unvermeidlich, dass die Kirche Schaden erlitt. Stünde es in unserer Macht, uns mit Europa in Verbindung zu
setzen, so würden wir raten, die Europäer sollten sich nicht als christliches, sondern e einfach als europäisches Abendland
bezeichnen.
Dieses Zitat, die erste Äusserung eines Schwarzafrikaners zum Thema innerhalb der untersuchten Lehrmittel,
ergänzt der Autor auf der Seite 59 mit weiteren Angaben:
Rund 20% aller Afrikaner sind heute Christen, fast ebensoviele Mohammedaner. Etwa 60% halten an ihren einheimischen
Religionen fest...
Der Glaube der Afrikaner hat manche überraschende Ähnlichkeit mit dem christlichen Glauben. Zwar gibt es viele geistige
Einzelwesen, die ins Leben eingreifen, aber die Afrikaner glauben auch an einen Schöpfer der Welt. Er schuf das Ur-Paar
der Menschen und schenkte diesem von seiner eigenen, unvergänglichen Kraft. Diese ersten Menscheneltern bekamen
Kinder und gaben von ihrem Leben an sie weiter. Beim Sterben des ersten Menschenpaares ging ihr Leib zur Erde zurück,
doch als geistige Wesen blieben sie lebendig. Es ist den Verstorbenen nach afrikanischer Vorstellung möglich, das Leben
ihrer Kinder und Enkel zu beeinflussen.
Dieser Abschnitt ist zu allgemein gehalten, da sich wie schon erwähnt die Kulturen, und damit die Glaubensvorstellungen der afrikanischen Völker über ein weites Spektrum hinziehen. Zudem sind einige der "überlieferten" Glaubensvorstellungen stark von christlichen Einflüssen geprägt und gerade die unseren Glaubenssystemen ähnlichen Überlieferungen werden besonders gern zu Objekten der Forschung erklärt. Der Autor fährt
fort (S.59):
Für den Afrikaner ist die Lebenskraft wichtig. Er möchte möglichst viel Lebenskraft haben. Sie bedeutet für ihn gesund
sein, kräftig sein, Freude haben, Mut besitzen. Er unternimmt alles, um zu diesen Eigenschaften zu kommen. Er vollbringt
eine gute Tat, wenn er auch seinen Kindern und seinen Eltern dazu verhilft. Der Lebenskraft schadet er, wenn er
unaufrichtig oder eifersüchtig ist, wenn er hasst oder lügt.
Über die Lebenskraft kommt der Autor auf die Ahnen und deren Verehrung zu sprechen. Dazu schreibt er:
Die leiblichen Vorfahren und Nachkommen sind dem Afrikaner die Nächsten. Von ihnen hofft er am meisten Hilfe für das
Leben zu bekommen, und ihnen kann er auch am meisten geben. Darum ist für ihn die Familie so wichtig. Die
Nächstenliebe gegenüber fremden Menschen liegt ihm weniger. Nächstenliebe weit über die Familie hinaus ist eine
christliche Tugend.
Ein Arzt aus Lambarene erzählt, er habe immer wieder erlebt, wie gross der Zusammenhalt innerhalb der Familie sei, wie
selbstverständlich in diesem Rahmen Gastfreundschaft geübt werde. Dagegen sei er nicht selten überrascht gewesen zu
sehen, wie engherzig die Afrikaner denken und handeln, wenn ein anderer um Hilfe bittet. Wenn man als Fremder
allerdings das Vertrauen eines Afrikaners gewonnen habe, dann sei es auch wieder anders, dann werde man nämlich als
Sohn oder als Vater einfach in den Familienkreis aufgenommen.
Neben dem Text bildet die Seite 59 auch eine Plastik der Dogon "Ahnenpaar der Dogon, Westsudan" ab. Die
Dogon haben eine ganz eigene Kultur, welche aufgrund ihrer Besonderheiten seit ihrer "Entdeckung" durch
europäische Anthropologen Gegenstand der Forschung ist. Die Seite 60 zeigt das Foto einer afrikanischen
Maske. Ausserdem enthält die Seite ein Gedicht über die Ahnen, auf welches hier nicht weiter eingegangen
wird, da es aufgrund des Textes nicht eingeordnet werden kann und wenig zum Bild des schwarzafrikanischen
Menschen beiträgt. Dazu schreibt der Autor:
Mit der Religion haben auch die Masken etwas zu tun. Sie sind dazu da, die Menschen immer wieder an ein rechtes Leben
zu mahnen, und sie helfen ihnen auch, ein solches zu führen. Die Masken haben Kraft. Zum Beispiel vertreiben sie das
Böse. Sie helfen auch, Menschen mit schlechten Absichten festzustellen und ihr schlimmes Tun zu vereiteln. Manchmal
sprechen durch sie die verstorbenen Vorfahren und erteilen Ratschläge. Oder sie haben nach der Meinung der Afrikaner
auch einen Einfluss auf die Ernte.
Derjenige, der eine Maske trägt, ist kein gewöhnlicher Mensch mehr, sondern ein höheres Wesen. Die Maske macht ihn zu
etwas Überirdischem. Weil sie diese Fähigkeit hat, ist die Maske auch heilig und nicht etwa nur ein Spielzeug. Darum gibt
es auch strenge Vorschriften, wie man mit den Masken umgehen soll. Masken haben also eine ganz wichtige Aufgabe im
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 88
Einführung: Themenkreis Religion
Leben der afrikanischen Völker. Bei uns versteht man ihren eigentlichen Sinn nicht mehr, obwohl Masken früher auch bei
uns verwendet wurden. Heute dienen sie noch zur Verkleidung an der Fasnacht...
Je nach Volk und Kultur spielen die Masken eine mehr oder weniger wichtige Rolle. In den islamischen oder
christianisierten Gegenden haben sie aber stark an Bedeutung verloren, ganz im Gegensatz zur Musik, die auch
in den Städten im Zusammenhang mit Feiern immer wieder in traditionellem Stil aufgeführt wird.
Der Autor des Lehrmittels versucht also nicht nur ein ausführlicheres Bild schwarzafrikanischer Religionsausprägungen zu geben, sondern er verzichtet auch auf eine Wertung derselben.
3.3.3.11 Dreimal um die Erde, 1977-1980
Der Band 2 des Lehrmittels "Dreimal um die Erde" hält auf der Seite 40 die Vielfältigkeit der afrikanischen
Religionsformen fest, wenn es zur Kernaussage "Die Stämme unterscheiden sich vielfach... in Rasse, Sprache,
Religion und Bildungsstand" eine Tabelle zur Religionszugehörigkeit in Nigeria wiedergibt. Die einzelnen
Angaben, Mohammedaner (48%), Christen (33%) und Naturreligionen (19%), ergänzen sich dabei praktischerweise auf 100%, obwohl aufgrund von Daten aus anderen Ländern anzunehmen ist, dass viele Menschen zwei
der erwähnten Glaubenslehren praktizieren, denn nicht selten hängen die Mitglieder einer Familie unterschiedlichen Glaubenssystemen an.
Obwohl der Autor die "Naturreligionen", d.h. die traditionellen Religionen, erwähnt, geht er nicht näher darauf
ein, so dass sich die Leser abgesehen von der Idee der Naturnähe kein Bild machen können.
3.3.3.12 Seydlitz Erdkunde 1993-1995
Nachdem der Autor von "Seydlitz Erdkunde" im Band 3 auf der Seite 108 in der Beschreibung der Bevölkerung Afrikas festgehalten hat, dass zu den "wesentlichen Kennzeichen" eines Volkes seine Religion gehört,
schreibt er auf der Seite 134 im Kapitel zu Nigeria, einem Land, das "unterschiedliche Völker mit verschiedenen Religionen" zu einem Staat vereint, dass die "erste Begeisterung über die Unabhängigkeit... für kurze Zeit
die alten Stammes- und Religionsgegensätze vergessen" liess. Eine Karte auf der gleichen Seite zeigt die
Verteilung der "Religionen in Nigeria" und in einem Textkasten "Aus der Geschichte Nigerias" wird erwähnt,
dass die Hausa, die um 700 in das Gebiet des nördlichen Nigerias eingewandert waren, um 1100 islamisiert
wurden und 1841 die christliche Missionierung der Ibo, einem Küstenvolk begann. Über die statistischen und
kartographischen Informationen geht einmal mehr die Beschreibung der traditionellen Religionen Schwarzafrikas vergessen.
3.3.3.13 Diercke Erdkunde, 1995-1997
Diercke Erdkunde, das neueste der untersuchten Lehrmittel beschreibt im Band 3 auf der Seite 47 im Kapitel
"Frauen in Burkina Faso" die Religionszugehörigkeiten der Familie des 13jährigen Mädchens Khadija:
Khadija und ihre Eltern sind Moslems, ihre Verwandten dagegen bekennen sich zum Christentum. Alle sind aber auch
Animisten geblieben, d. h. sie glauben auch an Naturgeister oder den Einfluss von den Seelen der Ahnen auf ihr
gegenwärtiges Leben.
Eine für das Landesinnere Westafrikas häufige Konstellation, die von einer gewissen Toleranz der Religionsgemeinschaften füreinander zeugt. Mindestens solange keine Abwerbungen von der einen Konfession zur
anderen angestrebt werden, eine Verhaltensregel an die sich besonders christliche Gemeinschaften amerikanischer Prägung oft nicht halten und dadurch immer wieder für Unruhen sorgen.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 89
Einführung: Themenkreis Religion
Obwohl das Lehrmittel also auf die verschiedenen Religionen eingeht, bleiben auch hier die Leser mit einer
vagen Beschreibung des Glaubens an "Naturgeister" und die "Seelen der Ahnen" allein.
3.3.3.14 Zusammenfassung
Eine Zusammenfassung des vermittelten Bildes der religiösen Vorstellungen der Menschen Schwarzafrikas im
20. Jahrhundert, bei der auch die Aussagen der Musiklehrmittel mitberücksichtigt werden, findet sich im Teil
"Ergebnisse der Untersuchung" unter dem Untertitel "Religion" ab der Seite 526 dieser Arbeit.
3.3.4
Weitere Themenkreise
Neben den vorgestellten Themenkreisen enthalten die Teile "Der schwarzafrikanische Mensch im Geographielehrmittel", "Der schwarzafrikanische Mensch im Musiklehrmittel" und "Der schwarzafrikanische Mensch im
Lesebuch und Comic" weitere Themen innerhalb der Besprechung der Einzelwerke. Die für das Thema wichtigsten Zitate und Anmerkungen sind durch Querverweise miteinander verknüpft. Die folgende thematische
Auflistung verweist jeweils auf den ersten Eintrag einer Kette von Verweisen zu dem unter "Themenkreis"
genannten Thema:
THEMENKREIS
SEITE
Landwirtschaft:
Brandrodung
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362
Hackbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140
Heuschreckenschwärme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107
Entwicklung in Schwarzafrika:
Apartheid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149
Elendsquartiere
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158
Entwicklungshilfe, siehe auch Ochsenpflüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145
Hunger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107
Karibastaudamm
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161
Ochsenpflug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267
Schulabgänger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269
Sklavenhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95
Ujamaa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287
Ungünstige Lage des Kontinents
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135
Voltastaudamm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170
Wildbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
Exportprodukte:
Eisenerzabbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157
Kaffee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112
Kakao . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156
Sisal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225
Tee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164
Krankheiten
Lepra . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232
Malaria . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 90
Einführung: Weitere Themenkreise
THEMENKREIS
SEITE
Schlafkrankheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145
Länderdarstellungen:
Angola . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159
Äthiopien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112
Botswana . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161
Demokratische Republik Kongo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158
Kenia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123
Madagaskar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115
Malawi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203
Mali . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255
Mauretanien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100
Mosambik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159
Nairobi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165
Namibia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162
Nigeria . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123
Ruanda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165
Sambia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161
Simbabwe
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160
Tansania, siehe auch Ujamaa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221
Tschad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264
Nahrungsmittel Schwarzafrikas:
Erdnuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216
Maniok . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115
Personen:
Nkrumah, Kwame . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218
Schweitzer, Albert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124
Sonderthemen:
Benin (Nigeria)
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
Brautgeschenk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
Kano (Nigeria) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373
Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246
Lagos (Nigeria) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157
Medizinmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201
Menschenfresser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139
Sahelzone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317
Timbuktu (Mali) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
Tourismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166
Traditionelle Erziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244
Trommelsprache
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155
Völker:
Buschmänner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97
Hausa, Volk und Sprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
Massai . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 91
Einführung: Weitere Themenkreise
THEMENKREIS
Pygmäen
SEITE
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
Wirtschaft:
Kleinbusse als Transportmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156
Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107
Terms of Trade . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 92
Geographielehrmittel: Einleitung
4.
Der schwarzafrikanische Mensch im Geographielehrmittel
Erdkundebücher, die sich bewusst von rassistischem Denken und von der "Primitivität" der Afrikaner distanzieren oder
dagegen angehen, sind sehr selten... Bei der Behandlung der afrikanischen Unabhängigkeitsbewegungen... scheint
bisweilen eine melancholische Beurteilung durch, die von der Undankbarkeit gegenüber dem weissen Mann spricht... Man
verharrt in der Haltung eines naiven Paternalismus. Er offenbart sich in Erwähnungen wie unverschämte Wünsche der
Eingeborenen in bezug auf die Entwicklungshilfe... Die Superiorität der mit der Entwicklungshilfe eingeführten westlichen
Werte wird ohne weiteres postuliert... Das Ziel einer "Europäisierung" der Welt scheint der allgemeine Hintergrund aller
Entwicklungshilfebemühungen zu sein.
(Manfred Paeffgen, der eine Studie über das Bild Schwarzafrikas in der Bundesrepublik verfasse, worin er auch die seit
dem 2. Weltkrieg bis 1972 erschienenen Schulbücher analysierte, zitiert in Michler 1991, S. 5)
Anhand von Geographielehrmitteln, die in der Schule zur Anwendung kamen oder kommen, sowie mittels
Geographiebüchern, die allenfalls der Lehrkraft als Lieferant für Hintergrundwissen dienen, soll das Bild des
schwarzafrikanischen Menschen nebst den bereits im Teil "Vorwürfe an das von der Schule vermittelte Bild"
(ab der Seite 35 dieser Arbeit) auch auf eine Reihe von weiteren Kriterien hin untersucht werden. Jedes der im
folgenden aufgeführten Kriterien ist mit einem Hinweis auf die Stellen versehen, an denen es in den Grundzügen diskutiert wird.
1. Anteil des Lehrmittels, der sich mit Afrika allgemein und mit dem schwarzafrikanischen
Menschen, seiner Kultur, Sprache, seinen Traditionen und Errungenschaften beschäftigt.
Siehe dazu das Kapitel "Anteil der Afrikaseiten am Gesamtumfang der Geographielehrmittel" im
Teil "Ergebnisse der Untersuchung" auf der Seite 527 dieser Arbeit.
2. Auswahl der Länder und Darstellung der vielseitigen und unterschiedlichen Formen des Lebens
der schwarzafrikanischen Menschen.
Siehe dazu den Teil "Ergebnisse der Untersuchung" ab der Seite 494 dieser Arbeit.
3. Ethnozentrität der Darstellung der beschriebenen Menschen und Kulturen.
Das Thema wird im Rahmen der Einzelbesprechungen anhand der einzelnen Textstellen
behandelt.
4. Art der aufgeführten Materialien, insbesondere Originalberichte, Quelltexte (meist in
Übersetzungen), sowie Anteil der Materialien, die von Menschen der beschriebenen Länder
erarbeitet oder unter ihrer Mitwirkung erstellt wurden.
Das Thema wird im Rahmen der Einzelbesprechungen anhand der einzelnen Textstellen besprochen, sowie im Kapitel "Qualität und Aktualität der gemachten Aussage" auf der Seite 528 dieser
Arbeit angeschnitten.
5. Aktualität und Wahrheitsgehalt des Materials bezogen auf den Wissensstand der neunziger Jahre,
sowohl im Hinblick auf offensichtliche Fehlinformationen (wo diese nachgewiesen werden
können), als auch in Bezug auf seit dem Erscheinen des Textes vollzogene Veränderungen.
Das Thema wird im Rahmen der Einzelbesprechungen anhand der einzelnen Textstellen besprochen, sowie im Kapitel "Qualität und Aktualität der gemachten Aussage" auf der Seite 528
angeschnitten.
Zur besseren Einordnung der Quellen in den zeitlichen und räumlichen Rahmen werden zu Beginn der Einzeldiskussion jeweils, das Entstehungsjahr des Werkes (soweit möglich) oder das Erscheinungsjahr angegeben,
sowie das Zielpublikum (Schulstufe, für die das Lehrmittel gedacht ist). Aussagen der Lehrmittel werden, wo
möglich und für nötig befunden, kommentiert und allenfalls Gegenargumenten oder Fakten gegenübergestellt.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 93
Geographielehrmittel: Einleitung
Quellen für die Gegenargumente werden, falls es sich nicht nur um einzelne Zahlen oder Fakten handelt
jeweils angegeben. Dabei wird weitestgehend auf den Wissensstand der neunziger Jahre zurückgegriffen, der
in der Form verschiedener Publikationen, Film- und Tondokumenten, sowie Internetdateien und den für
Computer auf CD-ROM erschienen Enzyklopädien Compton, Encarta, Grolier, Infopedia u. a. vorlag. Bei
Medien, die im computerisierter Form vorlagen, wurde auf Seitenverweise verzichtet, da diese zu einem grossen Teil fehlen und die gesuchten Stellen mittels einer Stichwortsuche rasch aufgefunden werden können.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 94
Geographielehrmittel: Lehr- und Lesebuch für die thurgauischen Volksschulen (1912)
4.1 Lehr- und Lesebuch für die thurgauischen Volksschulen (1912)
Millionen von Negern aber leben im Zustande heidnischen Aberglaubens und entsetzlicher Roheit... (S. 386)
Das Lehr- und Lesebuch für die thurgauische Volksschule war für die 7. - 9. Klasse, also die Oberstufe,
gedacht. Nebst Lesetexten verschiedener Autoren enthält es auch einen geographischen Teil (S. 320-429) unter
dem Titel "Aus der Weltbeschreibung und Weltkunde". Davon beschäftigen sich sieben Seiten auch mit dem
afrikanischen Kontinent (S. 384-388, sowie S. 408-410 mit einem Text über den Suezkanal). Auf diesen Seiten
findet sich ein einziger Abschnitt über die den afrikanischen Kontinent bewohnenden Menschen (S. 386):
Von den drei Menschenrassen Afrikas - Weisse, Neger und Malaien - sind die Neger am stärksten, die Malaien am
schwächsten vertreten. Letztere bewohnen die Insel Madagaskar. Die kaukasischen Stämme, wie Abessinier, Araber und
Berbern, nehmen besonders den Nordosten und Norden des Erdteils ein, die Negervölker alles Gebiet von der Sahara bis
zum Kapland. Das Christentum hat noch wenig Eingang in Afrika gefunden; stark verbreitet ist im Norden die
mohammedanische Religion. Millionen von Negern aber leben im Zustande heidnischen Aberglaubens und entsetzlicher
Roheit, und noch mag es lange dauern, bis es gelingt dem empörenden Sklavenhandel ein Ende zu bereiten.
Mehr ist dem Lehrmittel über die Natur des Afrikaners nicht zu entnehmen. Ebensoviel oder wenig Raum
nimmt die Beschreibung der Tierwelt Afrikas ein. Die Schüler lernen also, dass der Schwarzafrikaner ein
Heide ist, und dass er in Roheit, was auch immer darunter verstanden werden soll, lebt. Konkrete Angaben, sei
es zur Kultur, oder auch nur zum Aussehen, werden nicht gemacht.
Der im letzten Satz des Zitats erhobene Vorwurf gegen den Sklavenhandel ist ebenfalls zu kurz geraten. Es
wird nicht deutlich, ob damit der von den omanischen Fürsten bis Anfang des Jahrhunderts praktizierte
Menschenhandel, der punktuell und bis heute andauernde Menschenhandel in Ländern wie etwa dem Sudan,
Senegal oder Mauretanien, oder die bis ins 19. Jahrhundert betriebene Sklaverei der Europäer, die zahlenmässig am bedeutendsten war - Schätzungen schwanken zwischen 15-75 Millionen Menschen, die dem afrikanischen Kontinent durch den Sklavenhandel und seine Folgen verloren gingen (Nentwig 1995, S. 68) -, gemeint
ist. (Zum Sklavenhandel siehe auch die Seite 97 dieser Arbeit.)
4.1.1
Zusammenfassung
Der einzige, kurze Abschnitt, den das Lehrmittel den Schwarzafrikanern widmet, zeugt von der Bedeutungslosigkeit, die der Autor ihnen zumisst. Die Lebensweise der schwarzafrikanischen Völker wird nicht nur als
primitiv beschrieben, sondern als von "entsetzlicher Roheit". Dieses Bild wird durch den Hinweis auf den
Sklavenhandel verstärkt, der die vor allem von den Europäern geförderte, an sich schon fragwürdige Praxis des
Menschenhandels den Völkern Afrikas zum Vorwurf macht - also jenen, die zunehmend darunter gelitten
haben.
Bedingt durch die Kürze des Abschnittes zeichnet der Autor ein völlig undifferenziertes und durch die Art der
Beschreibung äusserst negatives Bild der Menschen in Schwarzafrika, welches, hat es sich erst einmal in den
Köpfen der Schüler festgesetzt, den ansonsten nicht informierten Leser beim Anblick eines Schwarzen unwillkürlich erschauern lassen muss.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 95
Geographielehrmittel: Lesebuch für die Oberklassen (30er Jahre)
4.2 Lesebuch für die Oberklassen (30er Jahre)
Diese haben kräftigen Körperbau. Ihre Haut ist dunkelbraun bis schwarz. Starke Kiefer, eine platte Nase und wulstige
Lippen lassen das Gesicht unschön erscheinen. Das Haar ist kraus und wollig. (S. 368)
In dem von der Thurgauischen Lehrmittelkommission bearbeiteten "Lesebuch für die Oberklassen", es dürfte
aus den dreissiger Jahren stammten (das Erscheinungsjahr konnte nicht mehr festgestellt werden), entfallen die
Seiten 294 -378 auf die Geographie, davon beschäftigen sich 8 Seiten (S. 362 - 369) mit Afrika. Der von E.
Neusch bearbeitete Text ist in drei Teile gegliedert: "Der Nil und Ägypten" (S. 362-364), "Die Sahara" (S.
364-366) und "Die Negerländer" (S. 366-369). Im letztgenannten Teil findet sich auf den Seiten 368-369, nach
einer Beschreibung von Landschaft und Tierwelt, folgende Textstelle zur einheimischen Bevölkerung (S. 368):
Die durchwanderten Gebiete sind die Heimat der Neger. Diese haben kräftigen Körperbau. Ihre Haut ist dunkelbraun bis
schwarz. Starke Kiefer, eine platte Nase und wulstige Lippen lassen das Gesicht unschön erscheinen. Das Haar ist kraus
und wollig.
Statt sich auf die sachliche Beschreibung des Äusseren dieser Menschen zu beschränken, wird mit dem Attribut "unschön" eine Wertung des Aussehens eingeführt. Dabei gingen die Meinung über die Schönheit der
schwarzen Rassen seit der Römerzeit immer wieder auseinander, wie Adeleye anhand zahlreicher Zitate belegte. (Adeleye, 1992) Im Text setzt Neusch seine Beschreibung fort (S. 368):
Ihre Kleidung besteht aus einem Lendenschurz. In den Küstengegenden werden jedoch schon vielfach Baumwollkleider
getragen.
Hier weisst der Autor einerseits auf eine Veränderung der Gewohnheiten der Küstenbewohner, bewirkt durch
den Kontakt mit europäischen Missionaren hin, andererseits verschweigt er, dass es bei vielen afrikanischen
Völkern lange vor dem Kontakt mit den Europäern Brauch war, sich in unserem Sinne "angemessen" zu
bekleiden. Zu der Lebensweise und den Eigenschaften der Schwarzafrikaner schreibt Neusch (S. 368):
Die Hauptnahrung bilden Hirse und Mais. Dazu kommen allerlei Früchte und Fleisch. Die Neger sind anstellig und zeigen
Geschicklichkeit in mancherlei Dingen. Doch bringen sie es über einen gewissen Stand der geistigen Entwicklung nicht
hinaus.
Hirse und Mais sind bis heute wichtige Nahrungsmittel für viele Menschen in Schwarzafrika, nebst den aufgezählten Nahrungsmitteln spielen aber auch Kassawa, Yams und Reis ein bedeutende Rolle, um nur eine wenige aufzuzählen.
Die Bemerkung über die intellektuellen Fähigkeiten des Schwarzafrikaners entspricht dem Zeitgeist, die weisse Rasse wurde entweder als Krönung der Schöpfung oder als letztes und damit vollendetes Glied der Evolution betrachtet. Diese Sicht sollte sich noch lange halten und wird, obwohl sie unterdessen als Rassismus
entlarvt wurde, teilweise noch immer vertreten.
Meist leben sie unter einem Häuptling in Stämmen beisammen. An einzelnen Orten sind auch vorübergehend blühende
Negerstaaten entstanden. Dies ist besonders im westlichen Sudan der Fall. Da wohnen die Neger in volkreichen Dörfern
und Städten beisammen und treiben Ackerbau, Handwerk und Handel. In den grasreichen Gegenden bilden Viehherden
ihren Reichtum. Ihre Hütten sind viereckig, kegel- oder halbkugelförmig. Die Dörfer werden gewöhnlich mit Mauern oder
Dornhecken umgeben. So schafft man sich Schutz gegen wilde Tiere und feindliche Menschen.
Im Gegensatz zu den meisten anderen untersuchten Lehrmitteln werden die Hochkulturen im Sudangebiet
zumindest angedeutet. Ihre Bedeutung wird aber unterschätzt, wie im Kapitel "Übersicht über die Geschichte
Schwarzafrikas" unter dem Titel "Wirtschaft und Gesellschaft Westafrikas" auf den Seiten 30f. dieser Arbeit
aufgezeigt wird. Auch beschreibt der Autor verschiedene Siedlungs- und Hausformen und es wird klar, dass
verschiedene Räume Afrikas ein unterschiedliche Siedlungsdichte aufweisen. Eine Rundhütte ist unter dem
Titel "Negerdorf aus dem Innern Afrikas" mit Hilfe einer Zeichnung auf der Seite 368 abgebildet:
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 96
Geographielehrmittel: Lesebuch für die Oberklassen (30er Jahre)
Auf Seite 369 fährt der Autor fort:
Die Stämme leben häufig in Fehde miteinander. Die Kriege führen sie mit wilder Grausamkeit. Manche Gegenden, die
einst ein Bild friedlichen Lebens boten, sind so zu menschenleeren, verwilderten Gebieten geworden. Besonders schlimm
hausten früher die arabischen Sklavenjäger. Bis ins Innerste Afrikas drangen diese Räuber vor und brachten Schrecken,
Elend und Tod in die Negerdörfer. Seitdem die Europäer von Afrika Besitz genommen haben, ist diesen Menschenjagden
ein Ende gemacht worden.
Neusch differenziert nicht zwischen den verschiedenen Volksgruppen, beispielsweise den eher einer kriegerischen Tradition verpflichteten Nomaden, die schon seit mehreren hundert Jahren immer wieder eine Bedrohung für den Handel im ganzen Sudan darstellten oder den sesshaften und oft friedlicheren Bauernvölker.
Auch ist die Bezeichnung "wilde Grausamkeit" für die in Schwarzafrika damals geführten Kleinkriege und
Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Volksgruppen, im Anbetracht des in Europa gerade erst überstandenen Ersten Weltkrieges und seiner Greuel, unangebracht.
Die Entvölkerung ganzer Gebiete ist auf sehr unterschiedliche Faktoren, wie der Niedergang von Reichen,
Sklavenhandel, Epidemien, Klimaverschlechterung, durch die von Europäern eingeführte Zwangsarbeit, um
nur einige zu nennen, zurückzuführen.
Der Sklavenhandel wird ebenfalls sehr lückenhaft dargestellt, da die Schuld vor allem den Arabern zugeschoben wird, die diese Praxis zwar über einen längeren Zeitraum als die Europäer "pflegten", zahlenmässig aber
nicht an den durch den Dreieckshandel gestützten Menschenhandel der Europäer herankamen. Zudem wird die
Rolle der Schwarzafrikaner in diesem Handel völlig verschwiegen. Der so in ein einseitiges Licht gerückte
Menschenhandel dient dann im Text von Neusch praktischerweise auch als legitimer Grund für die "Besitzergreifung" Afrikas durch die europäischen Kolonialmächte. (Zum Sklavenhandel siehe auch die Seiten 95 und
99 dieser Arbeit.)
Über die anderen Völker südlich der Sahara schreibt Neusch auf der Seite 369:
Ausser den Negern trifft man im Kongobecken Zwergvölker, die in den Wäldern mit vergifteten Pfeilen Tiere jagen. In den
Steppen des Südwestens wohnen Hottentotten und Buschmänner. Sie sind ebenfalls von kleinem Wuchse, aber von
hellerer Farbe. Die Buschmänner sind die niedrigst stehenden Menschen. In ihrem Aussehen und Wesen gleichen sie fast
tierischen Geschöpfen. Erdlöcher, Felsspalten und ausgehöhlte Ameisenhaufen bilden ihre Wohnungen Pfeil und Bogen
sind ihre einzige Habe. Mit ihnen erjagen sie die schnellfüssigen Tiere der Steppe. Dabei zeigen sie sich als äusserst
gewandte und ausdauernde Läufer. Im Notfalle verzehren sie sogar Insekten, Schlangen und das ekelhafteste Gewürm. Wie
sie unglaubliche Mengen von Nahrung auf einmal geniessen können, so vermögen sie auch lange zu hungern. Als arge
Viehräuber wurden die Buschmänner früher von den weissen Ansiedlern niedergemacht, wo diese ihrer habhaft werden
konnten.
Die Zwergvölker Afrikas werden bis in noch heute im Gebrauch stehende Lehrmittel in ähnlicher Weise
beschrieben. (Siehe dazu weitere Zitate aus anderen Lehrmitteln für die "Pygmäen" auf den Seite 101 für die
"Buschmänner" und "Hottentotten" auf den Seite 103 dieser Arbeit). Im Rahmen der Evolutionstheorie wurden
sie immer wieder als eine Entwicklungsstufe betrachtet, die irgendwo auf dem Weg der Menschwerdung auf
urtümlichen, affenähnlichen Niveau stehengeblieben sei. So wurde noch um 1906 ein "Pygmäe" aus dem
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 97
Geographielehrmittel: Lesebuch für die Oberklassen (30er Jahre)
Kongogebiet im Affenhaus eines amerikanischen Zoos gehalten und dem Publikum zur Belehrung vorgeführt,
nachdem er von einigen Wissenschaftlern auf der Suche nach dem "missing link", dem fehlenden Glied in der
Evolution des Menschen, studiert worden war, die zum Schluss kamen: "The low state of their mental development is shown by the following facts. They have no regard for time, nor have they any records or traditions of
the past; no religion is known among them, nor have they any fetish rights; they do not seek to know the future
by occult means... in short, they are... the closest link with the original Darwinian anthropoid ape extant."
Dabei lautete die Fragestelltung: "Who and what are they? Are they men, or the highest apes?" Als der erste
Reiz verflogen war, ersann man zur Erheiterung des Publikums ein weiteres "Experiment" und brachte
Otabenga mit einem Orang-Utan zusammen: "The orangutan imitated the man. The man imitated the monkey.
They hugged, they let go, flopped into each other's arms. Dohong [the orangutan] snatched the woven straw
off Ota's head and placed it on his own.... the crowd hooted and applauded... the children squealed with
delight. To adults there was a more serious side to the display. Something about the boundary condition of
'being human' was exemplified in that cage. Somewhere man shaded into non-human." (Bergmann, 1993)
Im Lesebuch schreibt der Autor weiter über die Besitzverhältnisse auf dem afrikanischen Kontinent (S. 369):
Mit Ausnahme von Liberia in Oberguinea und Abessinien gehört heute das ganze Negergebiet den Europäern. Seitdem
kühne Forscher den Schleier lüfteten, der über dem dunkeln Erdteil lag, ist der wirtschaftliche Wert des Landes erkannt
worden. Mehr und mehr kommen afrikanische Produkte auf den Weltmarkt. Die Tropenländer liefern Kautschuk, Palmöl,
Palmkerne, Bananen, Erdnüsse, Gummi, Kopal (ein Harz zur Bereitung von Lack und Firnis), Elfenbein. Der Süden
versendet Gold, Diamanten, Kupfer, Wolle, Straussenfedern, Wein, Obst, Zucker, Kaffee, Baumwolle und Tee.
Der erste Satz dieses Abschnittes zeigt die damaligen Machtverhältnisse auf. Nachdem man erkannt hatte, dass
man sich die Menschen Afrika zu Unrecht als Eigentum genommen hatte, eignete man sich, nach einer Zeit
des friedlichen Handelns, praktisch den ganzen Kontinent an. (Siehe dazu die Seite 33 im Teil "Überblick über
die Geschichte Schwarzafrikas" dieser Arbeit.) Wie im Text geschrieben, wurde nach dem Verbot des Sklavenhandels der afrikanische Kontinent für die europäischen Händler, die vorwiegend entlang der Küste
operierten, uninteressant. Erst die Berichte verschiedener Afrikaforscher und Abenteurer führten zu einem
neuen Interesse Europas an den Ländern Afrikas, der "wirtschaftliche Wert des Landes" für die erstarkende
Industrie in Europa wurde erkannt, und man begann, die Rohstoffe Afrikas auszubeuten.
4.2.1
Zusammenfassung
Das "Lesebuch für die Oberklassen" bedeutet gegenüber dem "Lehr- und Lesebuch" von 1912 eine sowohl
quantitative wie auch qualitative Verbesserung. Anstelle der "entsetzliche Roheit" der Afrikaner spricht man
nun von der "Geschicklichkeit in mancherlei Dingen" und "blühenden Negerstaaten" auch wenn deren Bewohner "es über einen gewissen Stand der geistigen Entwicklung" nicht hinausbringen. Schlecht kommen die
"Zwergvölker" weg, deren Lebensweise der Autor als besonders primitiv eingestuft, wohl auch deshalb, weil
sie sich wirtschaftlich nicht nur nicht benutzen oder ausbeuten liessen, sondern sich im Falle der "Buschmänner" auf dem Rückzug vor den in ihr Land eindringenden Buren, von denen sie teilweise versklavt wurden, als
"arge Viehräuber" betätigten.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 98
Geographielehrmittel: Leitfaden für den Geographieunterricht (1934)
4.3 Leitfaden für den Geographiunterricht (1934)
Die Hottentotten sind ein träges, sorgloses, schmutziges Hirtenvolk. Sie wohnen in bienenkorbartigen Hütten, die mit
Binsenmatten bedeckt sind. Als Viehzüchter sind sie die Todfeinde der Buschmannen einem Jägervolk, das sich der
armseligen Lebensweise in Wüste und Steppe angepasst hat... Die Buschmänner sind der armseligste aller
Menschenstämme. Sie hausen ohne Hütten in Nestern... und... nähren... sich nur von der Jagd auf alles, "was da kreucht
und fleucht". Sie leben... ohne Band zwischen Eltern und Kindern... Sie sind, wie zahlreiche andere Naturvölker, dem
Aussterben nahe. (S. 117)
Das Werk "Leitfaden für den Geographieunterricht", 1934 in der 22. Auflage erschienen, befasst sich auf 17
(S.103-119) der insgesamt 231 Seiten speziell und in einigen Abschnitten auf weiteren Seiten auch mit dem
afrikanischen Kontinent und seinen Bewohnern.
4.3.1
Allgemeiner Teil
Nachdem der Autor auf den Seiten 103-106 in einem allgemeinen Überblick die Lage, den Bau, die Gewässer,
das Klima, die Pflanzen- und Tierwelt bespricht, folgt auf S. 106 im 7. Abschnitt eine Beschreibung der
Bevölkerung:
Den grössten Teil Afrikas bewohnen die Negervölker. Es sind kräftig gebaute Menschen von brauner bis schwarzer
Hautfarbe; ihr Haar ist kraus; wulstige Lippen bedecken ihre hervortretenden Kiefer; die Nase ist flach mit breiten Flügeln.
Sie beschäftigen sich mit Viehzucht oder Ackerbau, im Urwaldgebiet sind sie Hackbauer. Die meisten stehen noch auf
einer niedern Stufe des Heidentums, dem Fetischismus. - Im N der Sahara wohnen die braunen Mischvölker der Hamiten
und die hellfarbigen Berber. Sie sind vermischt mit den semitischen Arabern, welche den Islam brachten. In den
Trockengebieten Südafrikas leben die hellbraunen Buschmänner als Jäger, die Hottentotten als Viehzüchter, doch werden
sie immer mehr durch die Weissen verdrängt, die den S des Kontinents bevölkern. Hier sind es besonders Holländer und
Briten, während sich im N Franzosen festgesetzt haben.
Nach einer Charakterisierung des Aussehens und der Art der gepflegten Landwirtschaft folgt einer der typischen Bemerkungen über die Kultur der den "Fetischismus" pflegenden schwarzafrikanischen Menschen, die
als niedrigstehend angesehen wird. Richtig schätzt der Autor die Problematik der Verdrängung ursprünglich
heimischer Völker durch die europäischen Einwanderer im Raum Südafrika ein. Allerdings mussten die
"Buschmänner" und "Hottentotten" auch zunehmend den in diesen Raum vorstossenden Bantus weichen. Mit
einem kurzen Abschnitt über die geringe Bevölkerungsdichte des afrikanischen Kontinents und die Auswirkungen des Sklavenhandels auf die Bevölkerung und deren Kultur schliesst der Autor diesen ersten allgemeinen Abschnitt über die Bevölkerung:
Der Erdteil ist ziemlich dünn bevölkert, am dichtesten an der Küste und an den Flüssen. Die Sklavenjagden des
verflossenen Jahrhunderts haben blühende Völker vernichtet. Man schätzt die Einwohnerzahl auf etwa 140 Millionen
Menschen (nur 2 Mill. Weisse).
Diese Aussage über den Menschenhandel, der hier als "Sklavenjagd" bezeichnet wird, relativiert die im "Lesebuch für die Oberklassen" (siehe dazu die Seite 97 dieser Arbeit) gemachten Aussagen über die Folgen des
kriegerischen Gebarens der Völker Schwarzafrikas. (Zum Sklavenhandel siehe auch die Seite 115 dieser
Arbeit.)
Im 8. Abschnitt beschreibt der Autor die "Wirtschaftlichen Verhältnisse" des afrikanischen Kontinents:
Ackerbau, Handel und Verkehr stehen in Afrika noch auf niederer Stufe. Trotz der grossen Fruchtbarkeit des Tropengürtels
gelangen nur wenig Produkte zur Ausfuhr, die zudem auf den von Weissen geleiteten Plantagen gewonnen werden
(Kaffee, Kakao, Palmöl, Kopra, Kautschuk). Der Neger pflanzt nur für den eigenen Bedarf Bananen, Jams (eine
kartoffelähnliche Pflanze), Negerhirse (eine Getreideart mit einer grossen Rispe) und Erdnüsse. Die Bewohner der Steppen
treiben Viehzucht. Im S züchten sie Ochsen Fettschwanzschafe, Strausse, im N Kamele, Pferde und Schafe. Verschiedene
Stämme fristen ihr Leben durch Jagd und Sammeln von Früchten. Die Jagd liefert dem Welthandel, zwar immer spärlicher
das Elfenbein.
Wie bei anderen Autoren zum Anfang des 20. Jahrhunderts, z. B. Albert Schweitzer, wird nicht nur die Fruchtbarkeit des Regenwaldes überschätzt, sondern vielfach fehlt auch noch die Einsicht in ökologische Zusammenhänge, die der einheimischen Bevölkerung besser bekannt waren, allerdings nicht immer umgesetzt werden
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 99
Geographielehrmittel: Leitfaden für den Geographieunterricht (1934)
konnten. Ausserdem wurden viele einheimische Pflanzungen so angelegt, dass sich die Nutzpflanzen gegenseitig ergänzten und die Nährstoffe des Bodens optimal ausgenutzt werden konnten.
Die Industrie ist wenig entwickelt, da Steinkohle und Eisen fast ganz fehlen. Der Bergbau fördert Kupfer, Gold und
Diamanten in Südafrika, Eisenerz und Düngstoffe im N.
Diese Aussage steht im Gegensatz zur vor der Kolonialisierung in Teilen Afrikas blühenden Schmiedekunst.
Noch im 16. Jh. wurden in Schmelzöfen für die Eisengewinnung einiger Völker Schwarzafrikas höhere
Temperaturen als in denen Europas erzeugt. Afrikanisches Gold wurde bereits vor dem Eindringen der Europäer bis nach England, Indien oder China gehandelt und trug wesentlich zu der Blüte einer ganzer Reihe von
Reichen im Sudan und in Simbabwe bei.
Der vom Autor erwähnte Abbau von Eisenerz war beispielsweise im Liberia bis zum Ausbruch des Bürgerkrieges von grosser Bedeutung für die Exportwirtschaft. (Zur Eisenerzgewinnung in Liberia siehe auch die
Seiten 157 und 252 dieser Arbeit.) Mauretanien erwirtschaftet fast die Hälfte seiner Exporteinnahmen mit der
Förderung von Rohstoffen, wovon die geförderten Eisenerze mit rund 11 Mio. Tonnen pro Jahr in den neunziger Jahren den Löwenanteil ausmachen. (Fischer 1998; zu Mauretanien siehe auch die Seite 351 dieser Arbeit.)
Das Gebiet der heutigen Westsahara verfügt noch immer über grosse Phosphatvorkommen, über deren Abbau
aber wegen der Besetzung durch Marokko keine neueren Zahlen erhältlich sind.
Grosse Wüstenflächen und unbefahrbare Flussstrecken haben das Innere Afrikas bis vor kurzer Zeit von jedem grösseren
Verkehr abgeschlossen. Deshalb steht dort der Handel noch auf der Stufe des Tauschverkehrs; nur die Kaurimuschel
besitzt einigen Geldwert, sonst werden alle Waren gegen Baumwollstoffe, Eisenwaren, Vieh usw. eingetauscht. Doch
immer weiter dringen die Eisenbahnen und mit ihnen die Formen des europäischen Handels ins Land. Die
Haupthandelsplätze liegen am Meer oder an wichtigen Karawanenstrassen.
Die vom Autor genannten Eisenbahnen waren vor allem zum Transport der Rohstoffe für den Export gedacht
und wurden deshalb meist in der Form von Stichbahnen ins Landesinnere erstellt. Für die einheimische Bevölkerung haben diese Bahnen auch heute noch oft nur eine kleine Bedeutung.
Zu dem im Text erwähnten Zahlungsmittel der Muscheln, zitiert Braudel in seinem Buch "Sozialgeschichte
des 15. - 18. Jahrhunderts: Der Alltag" einen Portugiesen, der 1619 schrieb: "Die Zimbos... sind gewisse sehr
kleine Meeresschnecken, die an sich keinerlei Nützlichkeit oder Wert besitzen. Die Barbaren haben dieses
Geld einst eingeführt und benutzen es bis heute." (Braudel 1985, S. 482)
In vielen Gegenden Afrikas wird bis heute eine Art des Tauschhandels betrieben, der den Bauern die Subsistenzwirtschaft betreiben, entgegen kommt. Immer haben aber auch andere Zahlungssysteme existiert, die
jedoch, wohl als Folge der europäischen Tätigkeit, verdrängt wurden.
Afrika, der "Schwarze" Erdteil, ist erst in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts erforscht worden und es gibt noch
heute unbekannte Regionen. Berühmte Forscher, die vor kaum 50 Jahren zur Aufklärung der geographischen Verhältnisse
des Innern ihr Leben aufs Spiel setzten, waren Livingstone und Stanley.
Die "Erforschung" Afrikas durch Europäer war oftmals nur möglich durch die ortskundigen heimischen
Führer, die solche Expeditionen vielfach im Sinne des Gastrechtes unterstützten, wenn es vereinzelt auch zu
gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen den Exponenten der zwei Kulturkreise kam.
Mit einem kurzen Überblick über die damaligen Machtverhältnisse auf dem afrikanischen Kontinent schliesst
der Autor unter dem Titel "Staatliche Verhältnisse" seine allgemeinen Ausführungen auf der Seite 107 ab:
Afrika ist der Erdteil der Kolonien, denn der grösste Teil ist in den Händen der europäischen Staaten. Dabei beherrscht
Frankreich mehr den westlichen Teil und Madagaskar, während Englands Besitzungen im O von Ägypten bis zum Kap der
Guten Hoffnung reichen. Belgisch ist das Gebiet des Kongo, auch Portugal hat zwei Küstenstriche der tropischen
Gegenden inne, während Italien einige trockene, unfruchtbare Gebiete im N sein eigen nennt. Nur wenige Länder sind
unabhängig, so Abessinien und Ägypten, das allerdings unter britischem Einfluss steht.
Der Autor wendet sich nun der Beschreibung einzelner Landstriche zu. Auf den Seiten 107 - 112 beschreibt er
die Atlasländer, den Wüstengürtel und Ägypten, bevor er sich auf den Seiten 112 - 113 in den vier Abschnitten
"Form und Pflanzenwelt", "Klima", "Besiedlung" und "Staaten" dem Sudan zuwendet.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 100
Geographielehrmittel: Leitfaden für den Geographieunterricht (1934)
4.3.2
Der Sudan
Über die Bevölkerung des Sudans schreibt der Autor auf der Seite 112 folgendes:
Die Bewohner sind Sudanneger. Von NW her brachten hamitische Mischvölker, z. B. die Haussa, den Islam mit.
Diese Behauptung ist im Hinblick auf die Hausa nur teilweise korrekt, denn die Hausa wurden erst etwa im
11.Jahrhundert islamisiert, nachdem sie bereits in das Gebiet Nigers, Tschad und Nigerias eingewandert
waren.
In den trockenen Gebieten wird Viehzucht getrieben. In einigen Gegenden wird sie allerdings durch das Auftreten der
Tsetsefliege verhindert. In der feuchteren Savanne herrscht Feldbau als Hackbau vor. Hauptfrüchte sind die Negerhirse und
Erdnüsse.
Die Siedlungen bestehen aus würfelförmigen, meist roten Lehmhäusern oder strohbedeckten Rundhütten. Sie sind oft samt
den Feldern von Lehmmauern umgeben, so dass sie den Anblick eigenartiger Städte gewähren. An Knotenpunkten des
Karawanenverkehrs haben sich grosse Städte entwickelt, welche besonders zur Zeit der Märkte sehr volkreich sind. So
liegt Timbuktu am Niger, wo er die Wüste berührt, Bornu an der Niederung des flachen, abflusslosen Tschadsees. Die
Bedeutung dieser Städte hat seit dem Aufhören des Sklavenhandels stark abgenommen Eine wichtige Handelsstadt ist
Khartum, an der Vereinigung des Weissen und Blauen Nils. Sie liegt im Mittelpunkt des englisch-ägyptischen Sudan, der
heute dank der künstlichen Bewässerung viel Baumwolle liefert. Auch der obere Nil soll zu Bewässerungszwecken gestaut
werden. Sonst liefert das Land noch Erdnüsse. Früher spielte der Handel mit Elfenbein, Straussenfedern und Gold eine
Rolle. In Britisch-Nigeria wird Zinnerz abgebaut.
Die Einschätzung des Autors betreffend der "eigenartigen Städte" des Sudans ist nur teilweise richtig, wenn er
von einem Niedergang "seit dem Aufhören des Sklavenhandels" spricht. Der Niedergang begann, nicht wie
vom Autoren angenommen im 19. Jahrhundert, sondern setzte bereits im 15. Jahrhundert ein, als sich im Zuge
der Ausbreitung des Einflusses der Portugiesen entlang der Westküste, eine Umorientierung der
Sudanbevölkerung vom Norden hin nach den Süden vollzog. Nach dem Verlust ihres ehemaligen Handelsmonopols versanken viele betroffenen Städte in der Bedeutungslosigkeit. (Siehe dazu auch die Tabelle in der
Besprechung des Lehrmittels" Seydlitz: Mensch und Raum" (1987) auf der Seite 375 dieser Arbeit.)
Im vierten Abschnitt, über die Staaten, weist der Autor darauf hin, dass der direkte Einfluss der Europäer auf
das Landesinnere nach wie vor gering sei. Obwohl die Länder des afrikanischen Kontinents unterdessen alle
ihre Unabhängigkeit erlangt haben, lässt sich beispielsweise an der Westküste Afrikas nach wie vor eine
graduelle Abschwächung des euroamerikanischen Einflusses beim Vorstoss ins Landesinnere beobachten: Die
Lebensweise der Menschen in den Küstenstädten unterscheidet sich stark von den traditionellen Mustern in
den Dörfern des Landesinnern.
4.3.3
Die Guineaküste und das Kongogebiet
Auf den Seiten 114-116 folgt eine Beschreibung der Guineaküste und des Kongogebietes, die ebenfalls dem
Schema "Form", "Klima", "Pflanzendecke", "Besiedlung" und "Staaten" folgt.
Im Abschnitt "Klima" auf Seite 114 bemerkt der Autor, dass die Böden infolge Ausschwemmung nicht sehr
fruchtbar seien. "Deshalb erfordern die Plantagen Düngung, und die Eingeborenen müssen ihre Felder ständig
verlegen."
Der Wanderfeldbau wird in mehreren der später erschienenen Lehrmitteln eingehend thematisiert, deshalb soll
hier auf diese Thematik nicht weiter eingegangen werden. Die Düngung der Plantagen sollte sich Jahre später
als problematisch erweisen, da sie teilweise zu einer Versalzung der Böden führte.
Über die Bewohner dieser Landstriche berichtet der Autor im Abschnitt "Besiedlung" auf Seite 115:
Im Urwald von Oberguinea und des Kongobeckens leben Bantuneger. Sie roden kleine Teile des Urwaldes und bauen
Knollenpflanzen, wie Maniok, Jams, Negerhirse und Bananen an. Viehzucht ist infolge der Verbreitung der Tsetsefliege
unmöglich. In unzugänglichen, sumpfigen Teilen des Urwaldes wohnen Zwergvölker, Pygmäen. Sie leben von der Jagd,
welche sie mit vergifteten Pfeilen betreiben. Eine höherentwickelte Kultur mit Eisen- und Kupferverarbeitung haben die
Sudanneger von Oberguinea.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 101
Geographielehrmittel: Leitfaden für den Geographieunterricht (1934)
(Zu den "Pygmäen" siehe auch die Seiten 97 und 114 dieser Arbeit.) Es sei auf die vom selben Autor auf Seite
103 gemachte Bemerkung verwiesen, die weiter oben kommentiert wurde, dass "Steinkohle und Eisen fast
ganz" fehlten. Der Autor gliedert die verschiedenen Völker in die auf der Art der Landbestellung und des
materiellen Wohlstandes basierenden Kulturstufen ein, deren Einteilung sich in einigen Lehrmitteln noch
lange halten konnte.
Entgegen den immer wieder aufgestellten Bemerkungen benutzen die "Pygmäen" sehr unterschiedliche Jagdtechniken, die dem jeweiligen Beutetier angepasst sind und nicht nur auf "vergifteten Pfeilen" beruhen. So ist
beispielsweise bekannt, dass die Akan-Pygmäen ein Pflanzengift beim Fischfang benutzen, welches die Fische
betäubt aber nicht tötet. Ausserdem besteht ein Grossteil der Nahrung aus pflanzlicher Kost wie Knollen und
Wurzeln, die mittels gefertigter Werkzeuge, die nur diesem einen Zweck dienen, gewonnen werden. (Im Wald
der Pygmäen, 1998)
Nur wenige Weisse wohnen in dem feuchten Tropengebiet, denn das Klima ist äusserst ungesund. Malaria, Schlafkrankheit
und andere schreckliche Krankheiten suchen sogar die Eingeborenen heim. Deshalb haben die Europäer nur
Handelsniederlassungen, Faktoreien, an der Küste errichtet, in welchen die Erzeugnisse des Landes gesammelt und
verschickt werden. Es sind vor allem Kakao, Früchte der Öl- und Kokospalme, Kaffee aus zahlreichen Plantagen der
Küstenregion, kostbare Hölzer (Mahagoni, Ebenholz) aus dem Urwald, Kautschuk, Elfenbein aus dem Kongobecken. Der
Süden des Kongostaates ist in der Landschaft Katanga reich an Kupfererzen, und im Hochland von Angola finden sich
Diamanten und Radiumerz.
Im Gegensatz zu dem in dieser Arbeit besprochenen Geographielehrmittel aus dem Jahre 1953 sagt der Autor
klar aus, dass auch die Einheimischen unter den aufgeführten Tropenkrankheiten zu leiden hätten. Die Europäer "dringen nicht im zähem Kampf immer weiter ins Landesinnere vor" wie es in einem späteren Lehrmittel
heisst ("Geographie - Lehrmittel für die Sekundarschule" 1953, S. 113), sondern beschränken ihren Aufenthalt
auf das für den Abtransport der Rohstoffe nötige Minimum.
Mit einem Blick auf die Verkehrsprobleme im Kongogebiet, die für weite Landstriche bis heute nicht gelöst
sind, und die politische Gliederung im Abschnitt "Staaten" auf Seite 116 beendet der Autor seine Betrachtungen über Niederguinea und den Kongo.
4.3.4
Ostafrika
Noch auf der Seite 116 wendet sich der Autor Ostafrika zu. Im 2. Abschnitt "Klima", der auf eine Beschreibung der Topologie folgt, heisst es:
Da das Klima gesund ist, haben sich weisse Ansiedler niedergelassen, die ausgedehnte Weizen- und Maisfelder bebauen.
An der Küste und am Viktoriasee herrscht Plantagenwirtschaft (Kokospalme, Baumwolle), und heidnische Bantuneger
treiben Ackerbau. Die Steppe bewohnen mohammedanische Mischvölker, Somali und Massai, die kriegerische
Viehzüchter sind.
Im 3. Abschnitt mit dem Titel "Europäischer Kolonialbesitz" beschreibt der Autor die Ostküste, deren Infrastruktur und Produkte, bevor er im 4. Abschnitt "Abessinien" über die dortige Bevölkerung zu berichten weiss:
Die dunkelhäutige hamitische Bevölkerung hat ein entartetes Christentum dem Ansturm des Islam gegenüber zu erhalten
vermocht. Es sind Ackerbauer und Viehzüchter. Sie stehen unter der absolutistischen Herrschaft eines Kaisers. Um seine
Gunst bewerben sich Italiener Franzosen und Engländer, die sich an der heissen, unfruchtbaren Küste des Roten Meeres
festgesetzt haben. Wichtig ist, besonders als Einfuhrhafen, das französische Dschibuti, das eine Eisenbahn mit der
Hauptstadt Abessiniens, Adis-Abeba, verbindet.
Wenn der Autor von einem entartetem Christentum spricht, so obliegt er einer Täuschung, handelt es sich bei
der im ehemaligen Abessinien bis heute praktizierten Christentum doch um eine sehr alte, auf das 5. oder 6.
Jahrhundert zurückgehende Form dieser Glaubensrichtung, die in ähnlicher Weise auch von den Kopten in
Oberägypten bis auf den heutigen Tag gepflegt wird. Auf dem Konzil von Nicea wurde ein Glaubensstreit
zwischen dem Begründer des äthiopischen Christentums, dem syrischen Mönch Fromentius, der später als
St.Athanasius bekannt wurde, und einem weiteren Mönch, Arius, zu Gunsten von Athanasius entschieden.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 102
Geographielehrmittel: Leitfaden für den Geographieunterricht (1934)
Dies führte zu einer Spaltung der damaligen Kirche. Die Äthiopier und Ägypter blieben dabei, obwohl sie dem
Beschluss, über die Gottesnatur Christi, des Konzils folgten, auf der Seite der Verlierer, denn im Konzil von
Chalkedon wurde die "Irrmeinung" des Arius bestätigt. (Ki-Zerbo 1984, S. 92-93) Wenn schon von Entartung
die Rede ist, müsste man wohl also eher die mitteleuropäische Form, sei der Glaube nun katholisch oder reformiert geprägt, als entartet bezeichnen.
Der "absolutistische Kaiser" Abessiniens sorgte dafür, dass Abessinien das einzige Land Afrikas mit einer
mehrheitlich dunkelhäutigen Bevölkerung blieb, welches dem europäischen Eroberungswillen trotzen konnte bis es von den Italienern überrannt wurde.
4.3.5
Südafrika
In seiner Betrachtung der Region Südafrika weicht der Autor von seinem bisherigen Schema stark ab. Er gliedert den Text in die zwei Abschnitte "Das Innere" (S. 117-119) und "Der Süden und der Westen" (S. 119). Zur
Bevölkerung Südafrikas finden sich folgende Stellen im 1. Abschnitt auf den Seiten 117 - 118:
...Dort dehnt sich die Wüste Kalahari aus, die nicht so wasserarm wie die Sahara ist und daher den letzten Horden der
Buschmänner notdürftig ihre Nahrung liefert, die in allerhand saftreichen Knollen, Wassermelonen und Tieren besteht.
In feuchteren Gebieten liegen die Weiden der Hottentotten.
Hottentotten und Buschmänner gehören einer eigenartigen, gelbbraunen Menschenrasse an.
Die Hottentotten sind ein träges, sorgloses, schmutziges Hirtenvolk. Sie wohnen in bienenkorbartigen Hütten, die mit
Binsenmatten bedeckt sind. Als Viehzüchter sind sie die Todfeinde der Buschmannen einem Jägervolk, das sich der
armseligen Lebensweise in Wüste und Steppe angepasst hat (Giftpfeile). Die Buschmänner sind der armseligste aller
Menschenstämme. Sie hausen ohne Hütten in Nestern, die sie sich in Büschen, Felsspalten oder Ameisenbauten gemacht
haben, und decken sich nachts zum Schutze gegen die Kälte mit Asche zu. Ohne Vieh, alles Anbaues unkundig, nähren sie
sich nur von der Jagd auf alles, "was da kreucht und fleucht". Sie leben nicht in Stämmen, sondern nur in Horden
beisammen, ohne Band zwischen Eltern und Kindern: das Wasser schleppen sie in Strausseneiern mit sich oder verbergen
es in solchen auch im Boden. Sie sind, wie zahlreiche andere Naturvölker, dem Aussterben nahe.
Weiter im S wird das Weideland besser... Hier sind die Ansiedlungen der Kaffern, die in bienenkorbförmigen "Kraalen"
wohnen und Rinder züchten. Von S her sind seinerzeit holländische Kolonisten die Buren, mit ihren schwerfälligen, mit
10-20 Ochsen bespannten Karren eingewandert. Ihre Nachkommen treiben noch heute Viehzucht, deren Produkte als
Wolle und Straussenfedern ausgeführt werden. Sie müssen regelmässig zu Beginn der Trockenheit mit ihren Herden in
feuchtere Landschaften ziehen (trekken)...
(Siehe zu den "Buschmännern" auch die Seiten 97 und 130 dieser Arbeit.) Wie schon in den Lehrmittel "Lesebuch für die Oberklassen" werden auch hier die in einer "primitiven" Sozialform lebenden Restvölker Afrikas
als "schmutzig" und "armselig" taxiert. Dieser "armseligste aller Menschenstämme" würde aber bald vom
Antlitz der Erde verschwinden, denn er sei "dem Aussterben" nahe. Dabei vergisst der Autor zu erwähnen,
dass die von Süden eingewanderten Buren dazu beigetragen haben, das Volk der "Buschmänner" aus den
Gunsträumen des südafrikanischen Grossraumes zu vertreiben.
Der 2. Abschnitt zum Süden und Westen enthält keine im Rahmen dieser Arbeit interessierenden Aussagen.
Der Autor schliesst seine Betrachtung der afrikanischen Landschaften mit einem kurzen, sich auf Seite 119
befindenden Kapitel über "Die afrikanischen Inseln".
Zwei weitere Abschnitte zu den Menschen des schwarzafrikanischen Raums finden sich auf den Seiten S.211
unter dem Titel "Die Rassen":
Zahlreich ist auch die schwarze oder Negerrasse (ca. 200 Mill.). Sie bewohnt Afrika und Südindien. Neben der dunklen
Hautfarbe haben die Neger eine breite, plattgedrückte Nase, vorstehende Kiefer und Kraushaare. Zu Zeit des
Sklavenhandels sind viele von ihnen nach Amerika eingeführt worden, wo sie jetzt einen grossen Bestandteil der
Bevölkerung ausmachen.
Gegenüber dem Lehrmittel "Lesebuch für die Oberklassen" beschränkt sich der Autor in seiner Beschreibung
der "Neger" auf die Schilderung des Äusseren, ohne diese wertend zu beurteilen. Dabei liefert er aber ein viel
zu allgemeines Bild, welches sich nur auf einen Ausprägungstyp unter dem schwarzafrikanischen Menschen
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 103
Geographielehrmittel: Leitfaden für den Geographieunterricht (1934)
beschränkt, zudem wiederholt er im Wesentlichen die im gleichen Werk in der Einführung gemachten Aussagen, die auf der Seite 99 dieser Arbeit wiedergegeben werden.
Auf der Seite 213 versucht der Autor unter dem Titel "Die Religion" eine allgemeine Erklärung für den
"Fetisch- und Dämonendienst" zu geben (S. 213):
In der Religion versucht der Mensch die Rätsel zu lösen, welche ihn bewegen. Fetisch- und Dämonendienst ist die Religion
niedrigstehender Völker. Bei diesen Heiden ist das Priestertum (Zauberer, Schamane) stark entwickelt (Verehrung der
Tiere und Ahnen).
Der anschliessende Vergleich des Islam mit dem Christentum scheint die Sichtweise des Autors in Bezug auf
die verschiedenen Religionen widerzuspiegeln (S. 213):
...Der Islam (= Hingabe an Gott), der heute noch in Asien und Afrika an Verbreitung gewinnt, ist wie das Christentum eine
monotheistische (= ein Gott) Religion. Dieses ist die Religion der Europäer, die es durch die Mission unter die Heiden
bringt.
Nach Ansicht des Autors ist es also die Aufgabe "der Europäer,... durch die Mission" den Glauben an den
einen Gott unter die niedrigstehenden Heiden Schwarzafrikas zu bringen.
4.3.6
Zahlenteil
Statistische Aussagen über Afrika, die Bewohner des Kontinents und die von ihnen geschaffenen Produkte
finden sich auf den Seiten 216-223 in der "Statistischen Übersicht über die Staaten der Erde, ihre Grösse,
Einwohnerzahl, Volksdichte, Sprache und Religion (1930)", den Seiten 224-225 in "Die Haupthandelsländer
der Erde und ihre wichtigsten Ausfuhrwaren (1930)" und auf den Seiten 228-229 in der" Übersicht über die
Herkunft wichtiger Welthandelsgüter (1930)".
4.3.7
Zusammenfassung
Der "Leitfaden für den Geographieunterricht" vermittelt einen vergleichsweise differenzierten Eindruck der
schwarzafrikanischen Menschen, der durch die Gliederung Schwarzafrikas in Sudan, Guineaküste und Kongogebiet, Ostafrika und Südafrika bewirkt wird, sagt aber neben der Beschreibung der grundlegenden Wirtschaftsformen wenig über die Bräuche und Kultur dieser aus. Die Darstellungen, vor allem im Bezug auf die
Restvölker Afrikas, sind stark rassistisch geprägt. Während die allmählich als Arbeitskräfte der Weltwirtschaft
nützlich werdenden "Neger" zwar noch "missioniert" werden müssen, gibt es in der Welt von 1934 für die als
Jäger und Sammler lebenden Buschleute kein Platz mehr. Die stark eurozentrische Sichtweise des Autors
schlägt sich sichtlich in den gemachten Aussagen nieder.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 104
Geographielehrmittel: Arbeits- und Lesebuch für die Oberklassen (1936)
4.4 Arbeits- und Lesebuch für Oberklassen (1936)
Tausende von Menschen fielen... dem Hungertode zum Opfer, denn Vorsorge für schlimme Zeiten liegt dem froh in den
Tag lebenden Neger fern. (S. 350)
Das 1936 im Thurgauischen Lehrmittelverlag erschienene "Arbeits- und Lesebuch für Oberklassen", unterteilt
in einen geographischen und geschichtlichen Teil, beschäftigt sich im Geographieteil auf 22 von 259 Seiten
und 9 von 39 Tafeln im Anhang mit dem Thema Afrika.
Die Seiten 329-330 geben Auskunft über Import und Export der afrikanischen Gebiete. Für den Sudan und die
mittelafrikanischen Kolonien und Staaten werden folgende Exportgüter genannt:
Holz, Palmkerne, Kakao, Palmöl, Kautschuk, Elfenbein, Tabak, Mandeln, Baumwolle, Kaffee, Gummi, Sesam, Datteln,
Erdnüsse, Kolanüsse, Ingwer, Mahagoniholz, Straussenfedern, Häute und Felle, Rinder, Schafe, Ziegen, Kamele, Salz,
Elfenbein, Kupfer, Zinn, Manganerz, Diamanten, Gold.
Für die südafrikanischen Kolonien und Staaten werden aufgezählt:
Diamanten, Gold, Kupfer, Kohle, Blei, Zinn, Silber, Asbest, Edel- und Halbedelsteine, Vieh, Häute und Felle, Butter,
Wolle, Federn, Milch, Käse, Eier, Weizen, Südfrüchte, Zucker, Tee, Mais, Erdnüsse, Gemüse, Gewürznelken, Kaffee,
Kautschuk, Baumwolle.
Auf den Seiten 330-333 befindet sich ein Text über "Ägypten" von Fritz Jäger, gefolgt von drei Lesetexten "Im
Auto quer durch die Wüste" von G.M. Haardt und L. Audouin-Dubreil auf den Seiten 333-338, "Oasen" von
Heinrich Schmitthenner auf den Seiten 338-339 und "Die Steppe" von Leo Waibel auf den Seiten 339-341.
4.4.1
Die Savanne
Im Text "Die Savanne" von F. Thorbecke auf den Seiten 341-343 fallen folgende Sätze:
...Die Landschaft liegt wie im Todesschlaf: gelb und dürr das hohe Gras, kahl die Bäume, manche Flächen schwarz vom
Grasbrand, den die Eingeborenen entzündet haben...
...das Chamäleon, das in seiner unheimlichen, wenn auch kleinen Drachengestalt und dem wechselnden Farbenspiel seiner
hellgrünen Haut, den abergläubischen Neger mit Entsetzen erfüllt...
...Unter allen Tropenlandschaften bieten die Savannen dem Menschen die günstigsten Lebensbedingungen. Die weiten
offenen Flächen des Graslandes haben Raum zur Siedlung, ohne den schweren Rodungskampf, den der Urwald verlangt,
und die Uferwälder mit dem fruchtbaren Humusboden sind leichter zu roden und in Felder zu verwandeln.
Nebst der Tatsache, dass die Einheimischen Feuer in der Savanne legen, wozu wird im Text nicht erläutert,
erfährt der Leser, dass das Chamäleon den "abergläubischen Neger mit Entsetzen erfüllt" - als ob man aus der
panischen Reaktion, die nicht wenige Europäer im Anbetracht einer Spinne oder sogar einer Maus zeigen auf
deren Glauben schliessen könnte - und dass die Savannen besonders fruchtbar seien.
Der Lesetext, auf den Seiten 343-345, "Der Urwald" von Leo Waibel, der in vielen Lehrmitteln abgedruckt
wurde, enthält keine Informationen zum Thema.
4.4.2
"Negerleben"
Anschliessen folgt auf den Seiten 345-348 ein Text mit dem Titel "Negerleben" von Robert Unterweiz über die
Bewohner Ostafrikas, der hier, da es sehr detaillierte Beschreibungen enthält, leicht gekürzt wiedergegeben
werden soll. Nach einer Beschreibung der Vegetation weiss Unterschweiz über die Bewohner zu berichten
(S.385f.):
...Fünf bis sieben Stunden weit liegen die Dörfer in der Regel voneinander entfernt, also gerade der Tagesmarsch einer
Karawane. Dem Neger wächst das Essen nicht in den Mund, wie mancher Europäer sich das vorstellt. In monatelanger
harter Arbeit wird von den Männern gerodet; die Bäume werden gefällt, ganz grosse, die zu viel Arbeit machen würden,
werden nur entästet und stehen dann als lange, dürre Stangen auf den Feldern. Trotz der argen Verstümmelung leben sie
zumeist weiter und treiben bald wieder Äste, so dass der Schaden im Wald nicht allzu arg ist. Eine Trockenzeit lang liegen
die gefällten Bäume und Äste an der Erde, dann werden sie verbrannt und die Asche als Dünger in den Boden gehackt.
Einen andern Dünger haben die Leute nicht, und so kommt es, dass die Felder in den meisten Gegenden in einigen Jahren
nicht mehr ertragsfähig sind und neue gerodet werden müssen. Ist dies in der Nähe nicht möglich, so zieht das ganze Dorf
um und siedelt zur nächsten guten Wasserstelle über, denn eine solche ist erstes Erfordernis für das Neugründen einer
Siedlung. Die alte bleibt verlassen liegen... Ein Steppenbrand vernichtet sie bald, Busch wächst in der verbrannten Tembe
(Negersiedlung), Gebüsch und junge Bäumchen auf den verlassenen Feldern; nur Rizinussträucher oder Tomatenbüsche
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 105
Geographielehrmittel: Arbeits- und Lesebuch für die Oberklassen (1936)
gedeihen noch weiter, und nur der Kundige erkennt an der Art des Pflanzenwuchses, dass einst ein Dorf hier stand, denn
auch die schmalen Pfade, die hinführten, verwachsen rasch...
Nach dieser Beschreibung der Urbarmachung des Landes, in der Unterweiz den Brandrodungsfeldbau sehr
detailliert schildert und in der er nicht blind gegenüber dem ökologischen Verhalten der Einheimischen bleibt,
obwohl er diese nur als Nebenprodukt einer ansonsten zu aufwendigen Rodung sieht, das Vorurteil vom paradiesischen Afrika widerlegt und sich auf die sachliche Beschreibung der Tätigkeit der "Neger" beschränkt,
fährt er auf Seite 346 über die Feldarbeit fort:
...Ist also die Asche in die Erde gebracht, so werden Hirse und Mais angebaut, ferner Süsskartoffeln und Erdnüsse, auf
einem Unrathaufen noch ein paar Speisekürbisse. Männer und Frauen teilen sich in die Arbeit...
Mit Beginn der Regenzeit muss die Feldbestellung vorüber sein. Nun wird noch Unkraut gejätet, die Felder werden oft mit
hohen Knüppelzäunen umfriedet, damit das Wild nicht Schaden tue, und Frauen und Kinder scheuchen körnerfressende
Vögel am Tag, während die Männer die Nachtwache gegen Antilopen und Wildschweine übernehmen.
... Ist die Zeit der Ernte vorbei, dann rüsten sich die Männer, nachdem sie vorher das nötige Reisebier vertilgt haben, für
längere Abwesenheit vom Dorf. Die einen gehen Jahr für Jahr als Träger, andere haben, angeworben für einen
europäischen Plantagenbetrieb, Handgeld schon vor Monaten genommen, sammeln sich nun und gehen für sechs oder
neun Monate in die Fremde, um zu verdienen; wieder andere sind beim Eisenbahnbau beschäftigt. In dieser Zeit trifft man
selbst in grossen Dörfern neben Frauen jeden Alters nur einige Männer im Vollkraftalter, sonst nur Greise und
halbwüchsige Knaben.
Unterweiz beschreibt hier sehr eindrücklich die Folgen der Arbeit, die im Dienste der Europäer geleistet
wurde- meist nicht freiwillig, sondern unter Zwang manchmal unter Androhung von Waffengewalt. (Siehe
dazu die Seite 132 dieser Arbeit.) Ausserdem betont er noch einmal, dass die Menschen Schwarzafrikas nicht
etwa untätig herumsitzen, sondern wenn immer nötig ihren Beschäftigungen nachgehen, um sich und ihre
Familien zu ernähren.
Interessant ist seine Beobachtung über die Arbeitsteilung zwischen Frauen und Männern bei der Wache auf
dem Feld, die sich von Schilderungen des vergleichsweise "faulen afrikanischen Mannes" in "Diercke Erdkunde" von 1995-1997 (siehe dazu die Seiten 428 dieser Arbeit) stark unterscheidet.
Kommt die Regenzeit, dann kehren die Männer wieder heim, um bei der Feldarbeit zu helfen. Schon vor einigen Tagen
kam ein Mann vom benachbarten Dorf und verkündete abends im Dorfhof, dass er diesen oder jenen in Tabora oder
Kilimatinde gesehen habe... Mit Sehnsucht werden die Zurückkehrenden nun im Dorf erwartet. Plötzlich bringt weither das
dröhnende Antilopenhorn die Kunde von der Ankunft der Erwarteten. Sofort ist alles auf den Beinen, rennt aus der Tembe,
Frauen und Kinder eilen unter trillernden Jauchzern den Ankömmlingen entgegen, und selbst die alten Männer, die sonst
nur wortlos im Hof in der Sonne sitzen, erheben sich und gehen vors Tor...
Jetzt sind sie schon ganz nahe, und die Rodung ums Dorf hallt wider vom gellenden Geschrei der Frauen und Mädchen, die
ihre Männer und Liebsten bei der Heimkehr grüssen. Im bunten Blechkoffer bringen sie ihren Angehörigen bunte Stoffe,
Glasperlen, Kochgeschirr und ähnliches mit; mancher von den Jünglingen hat auch einen Beutel voll Silberrupien
zusammengespart, um damit den Brautpreis für sein Mädchen an die Schwiegereltern zahlen zu können. Die ersten paar
Nächte hindurch wird dann geschwatzt und langatmig alles Erlebte erzählt. Da sitzen die Jungen herum, und aus ihren
Augen blinkt die Sehnsucht, auch einmal hinauszukommen aus dem Dorf und Eisenbahn, Plantagen oder gar die Küste,
das grosse Meer und die Schiffe der Europäer zu sehen. Diese Wandersehnsucht, die eigentlich in jedes Menschen Brust
liegt, ist bei den Negervölkern besonders ausgeprägt. Jahr für Jahr ziehen sie hinaus, manch einer von ihnen kennt ganz
Ostafrika aus eigener Anschauung, manch einer aber auch liegt fern seiner Heimat in fremder Erde begraben. Die Frauen
aber bleiben fast immer zu Hause; und viele von ihnen sterben, ohne über die nächsten Dörfer hinausgekommen zu sein.
Sie haben auch ein vollgerütteltes Mass Arbeit im Dorf zu besorgen.
Diese Beschreibung der Rückkehr der Männer ins Dorf könnte auch eine Szene auf einem anderen Kontinent
wiedergeben, den Unterweiz schildert sie, ohne die speziellen Umstände der damaligen Lebenswirklichkeit der
beschriebenen Menschen, dazu gehört etwa der "Brautpreis", zu vergessen, ganz aus einem Verständnis für
universelle menschliche Regungen heraus. (Zum "Brautpreis" siehe auch die Seite 125 dieser Arbeit.)
Anzumerken bleibt lediglich, dass viele dieser Wanderarbeiter nicht etwa aus reiner Neugier durch "ganz
Ostafrika" zogen, was aufgrund der damaligen Transportmittel und der Grösse des Gebietes nur für sehr wenige möglich gewesen sein dürfte, sondern von wirtschaftlicher Not und der von den Kolonialmächten erhobenen Kopfsteuer getrieben wurden.
Im folgenden Abschnitt schildert Unterweiz die Arbeitsaufteilung zwischen den Geschlechtern:
Eine strenge Grenze ist zwischen der Arbeit der Männer und derjenigen der Frauen gezogen. Alles, was körperlich sehr
hohe Anforderungen stellt und eine in der Zeit kurze, aber gewaltige Anstrengung bedeutet, ist Sache der Männer. Die
körperlich leichte, dafür zeitlich oft lange währende Arbeit leistet die Frau. So schlägt der Mann im Wald das Bauholz und
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 106
Geographielehrmittel: Arbeits- und Lesebuch für die Oberklassen (1936)
das Brennholz, während die Frau nur abgefallene Äste sammelt. Der Mann spaltet mit der Axt die schweren Holzklötze,
während Frauen Axt und Messer nicht gebrauchen...
Das Jagen nach Wild mit Vorderlader, mit Speer, Bogen und Pfeil, das Fischen mit der Reuse, Angel oder Fischgabel ist
Männerarbeit; die Frauen dagegen sammeln Kerbtierlarven und fischen mit Körben die kleinen Fischlein, die in
austrocknenden Tümpeln zurückbleiben. Wo Rinderzucht herrscht, treibt der Mann das Vieh auf die Weide, melkt fast
überall und schüttelt die geronnene Milch im Flaschenkürbis zu Butter, versorgt Ziegen und Schafe. Das Roden ist
Männerarbeit, das Pflanzen und Jäten Frauenarbeit. Die Wartung des Feuers, das am Herd der Hütte bei einer guten
Hausfrau nicht verlöschen soll, die Zubereitung des Essens, alles was zum Kochen gehört, also Mehlstampfen und Mahlen,
Wassertragen, ja die Herstellung der Töpfe selbst obliegt den Weibern.
Der Hausbau ist Sache der Männer, das Verschmieren der Wände mit Lehm müssen die Frauen besorgen. Holzarbeiten,
Schnitzen liegt den Männern ob. Die Herstellung von Matten und anderen Erzeugnissen aus Flechtgras ist, wenigstens bei
den meisten Stämmen, Frauenarbeit... Die Arbeit hört auch für den Neger niemals auf; das süsse Nichtstun, das ihm oftmals
angedichtet wird, hätte im Jahr darauf schon einen knurrenden Magen zur Folge. Allerdings wartet er bis zum letzten
Augenblicke, um erst dann das schon brennend Notwendige zu schaffen. Eine zeitliche Voraussicht fehlt ihm; drum
pflanzen im Innern die Neger selten grössere Fruchtbäume. "Heute pflanze ich den Baum, Herr, in fünf Jahren trägt er
vielleicht. Ich weiss doch nicht, ob ich dann noch leben werde, antwortete mir ein Neger einmal. Durch das unvermeidliche
dauernde Übersiedeln würden übrigens die Früchte des alten Dorfplatzes oft nur in stundenweiten Märschen zu haben
sein."
Diese ausführliche Beschreibung der Arbeitsteilung, sie bleibt im Vergleich mit den anderen untersuchten
Lehrmitteln für viele Jahre unübertroffen, ist fast völlig frei von verallgemeinernden Aussagen. So weisst
Unterweiz sogar darauf hin, dass gewisse "Stämme" eine andere Arbeitsaufteilung vornehmen würden. Auch
die im Text genannte "fehlende zeitliche Voraussicht" führt er nicht auf einen Grundzug im Charakter der
Einheimischen zurück, sondern auf deren Lebensweise, indem er einen "Neger" zu Wort kommen lässt, was
gegenüber den älteren der in dieser Arbeit untersuchten Lehrmitteln ein Novum darstellt.
Viel Zeit verwendet der Schwarze auf die künstlerische Ausgestaltung seiner Geräte. Die Frauen bringen sorgfältig allerlei
Ornamente an den Tontöpfen an, und mancher Mann schnitzt viele Tage lang an einem Stuhl oder einer Schnupftabakdose,
oder brennt Kreise, Spiralen und Dreiecke in den Steg seines Musikinstrumentes. Auch für Körperschmuck, Armbänder,
Ohrschmuck, Halsketten, sowie für die manchmal recht schmerzhafte Anbringung von Schmucksachen hat er viel Zeit
übrig. Eigentliche gewerbsmässige Ausübung von Handwerken kennt der Neger im Innern des Landes nicht, sondern jeder
stellt in seinem Haushalt all das her, was er braucht.
Nach der Schilderung des Lebenserwerbs führt der Text von Unterweiz eine Beschreibung der künstlerischen
und kreativen Tätigkeiten der Schwarzafrikaner an, die in den älteren Lehrmitteln keine Erwähnung fand.
Wenn Unterweiz eine wenig differenzierte Arbeitsteilung - "die der Neger im Innern des Landes" nicht kennt innerhalb des von im beschriebenen Dorfes feststellt, so ist die wahrscheinlich auf die von ihm beobachtete
Volksgruppe zurückzuführen, denn bei anderen Völkern herrschte eine recht differenzierte Arbeitsteilung, die
allerdings vor allem in den kleinen Dörfern kaum die Norm darstellte.
Für die meisten Gegenstände hat sich im Lauf der langen Zelt ein fester Handelspreis herausgebildet. So gilt ein Huhn
gleich zwei Tauben, zwei Ziegen oder drei sind gleichwertig einer Eisenfeldhacke, je nach Grösse, eine Taube ist eine oder
zwei Pfeilspitzen wert...
Diese Aussage entspricht dem Bild des auf dem Markt stundenlang um den Preis einer Ware feilschenden
Schwarzafrikaners, der nicht nur um den Erwerb eines Gutes bemüht ist, sondern auch den sozialen Austausch
pflegt. Leider ist aus dem Text nicht ersichtlich, ob es sich bei dem von Unterweiz beobachteten Märkten um
lokale oder regionale Handelszentren handelte. (Siehe dazu unter dem Titel "Wirtschaft und Gesellschaft in
Westafrika" auch die Seite 31 dieser Arbeit, sowie die Seite 153.)
4.4.3
Heuschreckenplage
Der Teil über Afrika wird mit dem Lesetext "Heuschreckenplage" von O. Stollowski auf den Seiten 348-349
beendet, der sich ganz auf das Erlebnis der Begegnung mit einem Heuschreckenschwarm vertieft und mit
folgenden Worten schliesst (S. 350):
Die ihrer Hoffnung auf Nahrung beraubten Menschen schauten traurigen Blickes in die heimgesuchte Landschaft.
Schlimmer als Feuer und Wasser hat der Massenfrass der Wanderheuschrecke gehaust, gegen den es keine Hilfe, keine
Rettung gibt, der nachwirkt auf viele Monate hinaus, Not, Entbehrung, Hunger, Verzweiflung, elenden Tod und
Verbrechen im Gefolge!
So lag damals das Land vernichtet auf viele Tagereisen weit ins Innere. Tausende von Menschen fielen später dem
Hungertode zum Opfer, denn Vorsorge für schlimme Zeiten liegt dem froh in den Tag lebenden Neger fern.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 107
Geographielehrmittel: Arbeits- und Lesebuch für die Oberklassen (1936)
(Zum Hungerkrisen in Afrika siehe auch die Seite 148 dieser Arbeit.) Die Heuschreckenschwärme bedeuten
auch heute noch eine Gefahr für einige Anbaugebiete in Afrika, so in Madagaskar 1997, obwohl durch die
UNO unterdessen ein Frühwarnsystem eingerichtet wurde. Oft scheitern Massnahmen aber aus Mangel an
benötigten Ressourcen. Unterdessen wurden auch Stimmen laut, die darauf hinwiesen, dass zumindest einige
der Heuschreckenplagen durch Veränderungen des Ökosystems durch den Menschen verursacht werden. (Zu
den Heuschrecken siehe auch die Seite 145 dieser Arbeit.) Der letzte Satz Stollowskis "...denn Vorsorge für
schlimme Zeiten liegt dem froh in den Tag lebenden Neger fern." beruht auf einem Vorurteil (siehe die differenziertere Ausführung im zitierten Text von Unterweiz aus dem gleichen Buch auf Seite 107 dieser Arbeit).
4.4.4
Zusammenfassung
Mit Ausnahme des recht ausführlichen Textes "Negerleben" von Unterweiz, der punktuell das Geschehen in
einem Dorf schildert, enthält das Buch kaum Nennenswertes in Bezug auf die Fragestellung dieser Arbeit.
"Negerleben" gibt einen recht sachlich geschilderten Einblick in das Dorfleben eines Volkes Schwarzafrikas.
In dem einfühlsamen Text, der die Schwarzafrikaner weniger als Objekt der Anschauung, sondern viel mehr
als Menschen schildert und der bis heute wenig an Gültigkeit für die Schilderung des Lebens fernab der Grossstädte verloren hat, liegt auch die Stärke des Lehrmittels in Bezug auf die Darstellung der schwarzafrikanischen Menschen. Eine Neuigkeit stellt die Aussage eines Schwarzafrikaners dar, der seine Lebensweise "mit
eigenen Worten" begründen kann.
Negativ fällt auf, dass das Lehrmittel nur einen sehr punktuellen Einblick in die Vielfalt Schwarzafrikas liefert
und die Aussagen der Texte teilweise im Widerspruch zueinander stehen. Das gezeichnete Bild des schwarzafrikanischen Menschen bleibt deshalb im Anbetracht der Vielfalt der Lebensweisen zu undifferenziert.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 108
Geographielehrmittel: Sekundarschulatlas (1950)
4.5 Sekundarschulatlas (1950)
Der insgesamt 80 Seiten umfassende "Schweizerische Sekundarschulatlas" von 1950, der Vorgänger des auf
der Seite 129 dieser Arbeit besprochenen "Schweizerischen Mittelschulatlas", zeigt auf den Seiten 66-68
Karten zu Afrika.
Die Doppelseite 66-67 bildet eine physische Afrikakarte im Massstab 1:30 Mio. und drei kleinere Karten zu
Gebieten in Nordafrika ab. Die Seite 68 zeigt sechs kleine Karten Afrikas zur "Politischen Gliederung",
Niederschlägen, Völkern, Religionen, Wirtschaft und Volksdichte. (Zur politischen und wirtschaftlichen Karte,
sowie den Karten zur Volksdichte und Religion, siehe auch die Seite 564 im Anhang dieser Arbeit.) Die Karte
zu den Völkern unterscheidet Indo-Europäer, Semiten (Araber) und Hamiten (Berber), Sudan-Neger, BantuNeger, Hottentotten, Buschmänner, Zwergvölker und Indonesier. Die Karte zu den Religionen unterscheidet
katholische und evangelische Christen, abessinische Christen, Schiiten, Sunniten, sowie Heiden. Wobei fast
ganz Nordafrika als schiitisch, das mittlere und südliche Afrika als heidnisch eingefärbt werden, während die
christlichen Gebiete nur einen kleinen Raum einnehmen.
Weitere Abbildungen Afrikas finden sich auf den Seiten 72-79 auf Weltkarten zu unterschiedlichen Themen,
die aber mit Ausnahme der Karten zu verschiedenen Agrarprodukten auf den Seiten 76-77 keine weiteren
Rückschlüsse auf die Lebensweise der schwarzafrikanischen Menschen zulassen.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 109
Geographielehrmittel: Geographie - Lehrmittel für die Sekundarschule (1953)
4.6 Geographie - Lehrmittel für die Sekundarschule (1953)
...Die Natur zwingt den Neger, Vorräte anzulegen, damit er die Trockenheit unbesorgt überstehen kann. Er jagt, sammelt
Früchte, bearbeitet die Scholle mit der Hacke. Hirse, Mais Süsskartoffeln und Erdnüsse gedeihen vorzüglich.
Kürbisschalen werden verziert und als Gefässe aller Art gebraucht; selbst als Resonanzboden von Zupfinstrumenten finden
sie Verwendung... Der Neger glaubt an gute und böse Geister, denen er in lang andauernden Tänzen huldigt. (S. 116)
Das im Verlag der Erziehungsdirektion des Kantons Zürichs herausgekommene Geographielehrmittel für die
Sekundarschule, 1941 durch den zürcherischen Erziehungsrat in Auftrag gegeben, wurde erstmals 1945
gedruckt. 1948 folgte die 2. unveränderte und 1953 die 3. leicht veränderte Auflage, wobei die Texte für Afrika beibehalten wurden. Dem Prinzip der systematischen Länderkunde folgend, beschreibt Dr. Albert Gut den
Kontinent Afrika auf 27 (S. 109 - 136) von insgesamt 384 Seiten. Dabei liegt der Schwerpunkt der Information
eindeutig auf der physischen Geographie, die nicht als gesondertes Kapitel erscheint, sondern ihre Abhandlung
jeweils im Zusammenhang mit der Beschreibung der einzelnen Gebiete findet. Bemerkenswert ist neben der
sachbetonten Schilderung der Zustände auch die jeweils am Ende eines Abschnittes folgende, kurze Zusammenfassung, in der die wichtigsten Aussagen in komprimierter Form wiedergegeben werden.
Auf den Seiten 109 - 110, im Kapitel "Grösse, Erschliessung" steht über die Bevölkerungsdichte Afrikas und
gleichsam als Erklärung für die Besiedlung des Kontinents durch die Europäer:
Der gewaltige Raum ist sehr dünn besiedelt. Auf einen Quadratkilometer leben zehnmal weniger Menschen als in unserem
Erdteil; daher richteten sich die Blicke aus dem überbevölkerten Europa schon früh nach dem weiten Afrika.
Auf Seite 110, in der Zusammenfassung, wird auch auf die Schwierigkeiten, die den Europäern bei der Eroberung des Kontinentes zu schaffen machten, hingewiesen. Allerdings vergessen die Autoren zu erwähnen, dass
die gleichen Schwierigkeiten wohl auch von den Afrikanern überwunden werden mussten.
...Die Erschliessung von Afrika ist erschwert durch Wüste, Urwald, Stromschnellen, Randgebirge und ungesunde
Küstenstriche.
Auf den Seiten 110 -112 wird die Oberflächengestalt des Kontinentes sowie dessen Klima beschrieben, darauf
folgt auf mehreren ein Kapitel über "Die natürlichen Landschaften" (S. 113 - 121).
4.6.1
Die natürlichen Landschaften
Auf Seite 113 findet sich folgende Textstelle zu den Gefahren und Eigenheiten des tropischen Urwaldes:
...Die drückende Hitze und die grosse Feuchtigkeit der Luft setzen dem Europäer im tropischen Urwald besonders zu
(Treibhausklima). Schwer leiden die Menschen in diesen Gebieten aber auch unter den verheerenden Seuchen der
Schlafkrankheit und Malaria. Trotzdem dringt der Weisse in zähem Kampfe immer tiefer ins Innere vor; man nutzt vor
allem die wildwachsenden Kautschukpflanzen und baut in gerodeten Lichtungen Kaffee und Kakao an (Plantagen). Die
Erzeugnisse müssen von Eingeborenen auf schmalen Pfaden an die am Fluss gelegenen Sammelstellen getragen werden.
Die Neger wohnen meist in der Nähe der Flüsse; ihre laubbedeckten Hütten sind oft zu Strassendörfern aneinander gereiht.
Der Schwarze sammelt Früchte und ist auch Jäger. - Vereinzelte Zwergvölker leben in grosser Abgeschlossenheit in
Waldlichtungen; sie tragen als einzige Bekleidung Lendenschützen aus Bast.
Einerseits wird also der Kampf gegen die Natur geschildert, indem der Weisse Sieger bleibt, andererseits wird,
wenn auch nicht in aller Deutlichkeit, darauf hingewiesen, dass die einheimische Bevölkerung zur Erzeugung
von agraren Exportprodukten gezwungen wird. Auffallend ist die, wenn auch knappe, doch sachliche Schilderung der einheimischen Bewohner des Regenwaldes. Im Gegensatz etwa zum "Lehr- und Lesebuch für thurgauische Volksschulen" von 1912 und auch einigen später erschienen Lehrmittel verzichten die Autoren auf
eine Attribuierung der Afrikaner, die bei einem genaueren Hinsehen nicht haltbar ist.
In der Zusammenfassung zur Landschaft des tropischen Urwaldes werden die Nahrungsgrundlagen der einheimischen Bevölkerung sowie die wichtigsten Exportprodukte noch einmal aufgeführt (S. 114).
"...Die Ausfuhrprodukte der Plantagen sind Kautschuk, Kakao und Kaffee. Zwergvölker und Negerstämme leben als
Sammler, Ackerbauer und Jäger."
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 110
Geographielehrmittel: Geographie - Lehrmittel für die Sekundarschule (1953)
Auf den Seiten 114-116 wird die Grosslandschaft Savanne beschrieben. Auf der Seite 115 findet sich auch ein
Foto mit der Bildlegende: "Sudan-Neger mit wulstigen Lippen und breiter Nase; Haare zu kleinen Knäueln
zusammengerollt; an der Stirne Schmucknarben; Halsschmuck aus Giraffenhaaren" Warum die abgebildete
Person mit gekrümmten Rücken und vorgestrecktem Hals dasteht, darauf wird nicht weiter eingegangen.
Auf der Seite 116 schliesslich wird das Leben der Menschen in der Savanne beschrieben, die Tätigkeiten zum
Nahrungserwerb aufgeführt, und auch der Hinweis auf die praktizierte Vorratshaltung, die in anderen Lehrmitteln, weil sie zwischen den verschiedenen Völkern zuwenig differenzieren, oft und fälschlicherweise verneint
wird, und auf das kulturelle Leben fehlt nicht.
...Die Natur zwingt den Neger, Vorräte anzulegen, damit er die Trockenheit unbesorgt überstehen kann. Er jagt, sammelt
Früchte, bearbeitet die Scholle mit der Hacke. Hirse, Mais Süsskartoffeln und Erdnüsse gedeihen vorzüglich.
Kürbisschalen werden verziert und als Gefässe aller Art gebraucht; selbst als Resonanzboden von Zupfinstrumenten finden
sie Verwendung. Die Hütten mit dem Kegeldach ordnen die Eingeborenen kreisförmig um einen Platz zu einem stattlichen
Runddorf. Der Neger glaubt an gute und böse Geister, denen er in lang andauernden Tänzen huldigt.
Wieder wird, wenn auch stark vereinfacht, das Leben der heimischen Bevölkerung sachlich beschrieben. Der
Glaube an den "Fetisch" ist dem Glauben an "gute und böse Geister" gewichen, "denen in lang andauernden
Tänzen gehuldigt wird". In der Zusammenfassung heisst es dann:
...Die Neger wohnen in Hütten mit kegelförmigen Grasdächern; sie sind Jäger, Sammler und pflanzen Hirse, Erdnüsse und
Kürbisse.
Auf den Seiten 116-118 beschreiben die Autoren die Naturlandschaft Steppe. Die Betonung liegt auf den
saisonalen Niederschlägen und die sich daraus ergebende Lebensweise:
...Die Eingeborenen erwarten jeweils mit grosser Sehnsucht den ersten Regen... Nicht selten lodern zur Zeit der Dürre
Steppenbrände; die Hitze soll die Brut der Insekten vertilgen und die Asche als Düngemittel dienen. Dauert aber diese
Feuer allzu lange, so raubt es dem Boden jeglichen Pflanzenschutz, so dass Wind und Regen den Humus forttragen. Gegen
diese umfangreichen Bodenverwüstungen müssen die Verwaltungen der Kolonien mit allen Mitteln ankämpfen.
Was der Autor hier beschreibt ist die Brandrodung, wie sie teilweise bis heute praktiziert wird. Allerdings
bleibt unklar, ob er sich der Absichtlichkeit dieser Feuer bewusst ist, oder ob er sie gar nur als "Naturkatastrophe" sieht. Die im Text geschilderten Nachteile der Buschfeuer werden bis heute gegen die Technik der Brandrodung angeführt. Doch weder den kolonialen Regierungen noch den nachfolgenden Regierungen der heutigen Nationalstaaten ist es gelungen, breiten Schichten der Bevölkerung den Verzicht auf diese Landnutzung so
nahezulegen, dass sich daraus eine Verhaltensänderung ergeben hätte. Aus diesen Gründen finden sich in den
Medien der betroffenen Länder jährlich die wiederkehrenden Berichte über die Verwüstung nicht nur ganzer
Landstriche, sondern auch Dörfern und Menschen, die den absichtlich gelegten Flammen zum Opfer fallen.
Der Autor fasst die Erkenntnisse über die Savannenbewohner in einem Satz zusammen:
"...Hier leben die Eingeborenen als nomadisierenden Viehzüchter oder Sammler und Jäger."
Auf den Seiten 118-121 folgt eine Schilderung der Grosslandschaft Wüste und der Oasen, auf die hier nicht
weiter eingegangen werden soll. Nachdem die Eigenarten der Landschaft geschildert worden sind, wendet sich
der Autor den einzelnen Ländern oder Regionen zu, d.h. nach einer naturräumlichen Gliederung folgt nun die
politische.
4.6.2
Die Staaten
Auf den Seiten 122-123 beschreibt der Autor kurz die Atlasländer (Marokko, Algerien, Tunesien), gefolgt von
Ägypten (S. 124-129) mit einem Schwerpunkt auf den Suezkanal. Über die ägyptischer Stadt Kairo schreibt
der Autor:
Mittelpunkt von Religion und Wissenschaft des Islam ist die Weltstadt Kairo. Am Boden kniende Mohammedaner singen
zu bestimmter Stunde ihr eintöniges Gebet zu Allah. Ein buntes Gemisch von europäischen, orientalischen und
afrikanischen Völkern verleiht den Gassen ein eigenartiges Gepräge.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 111
Geographielehrmittel: Geographie - Lehrmittel für die Sekundarschule (1953)
Auf Seite 129 folgt in wenigen Zeilen ein kurzer Text über Äthiopien, der hier in in voller Länge wiedergegeben wird:
Das schwer zugängliche Äthiopien hebt sich deutlich von den umliegenden Ländern ab und nimmt auch klimatisch eine
Sonderstellung gegenüber der Umgebung ein. Der einheimische Kaffeestrauch hat von hier aus alle tropischen Zonen
erobert. Auf der vulkanischen Erde gedeihen bis auf 2500 m Höhe Weizen, Mais und Obst. Das abessinische Christentum
konnte sich gegen den Islam behaupten.
Obwohl der Kaffeestrauch ursprünglich aus dem Gebiet des heutigen Äthiopiens stammte, wurde die Pflanze
wahrscheinlich im Jemen zuerst als Genussmittel genutzt, wo sie 1000-1300 n. Chr. planmässig angebaut
wurde. (Lötschert/Beese 1992, S. 206-208; zum Anbau von Kaffee siehe auch die Seite 164 dieser Arbeit.)
Im doch recht knappen Text wird einerseits klar, woher der Kaffee ursprünglich stammt, andererseits wird
auch auf die christliche Kultur eines Teils der Bevölkerung hingewiesen, deren Glauben sich seit mehr als
1400 Jahren erhalten hat. Im Gegensatz zum Lehrmittel "Leitfaden für den Geographieunterricht" (1934, S.
116) verzichtet Gut auf eine Wertung des in dieser Region praktizierten Christentums. (Zu Äthiopien siehe
auch die Seite 148 dieser Arbeit.)
Auf der Seite 130 folgt eine Beschreibung über Oberguinea und den Sudan, wobei unter Sudan nicht das heutige Gebiet des Nationalstaates zu verstehen ist, sondern der Landschaftsgürtel der Savanne zwischen dem
Regenwald und der der Wüste benachbarten Steppe:
Am Küstensaum von Oberguinea, der regenreichsten Zone Afrikas, liegt ein üppiger Urwald; an weniger feuchten Stellen
wachsen Edelhölzer (Mahagoni). Überall in den Wäldern gedeiht die Ölpalme. Aus dem Fleisch ihrer Früchte gewinnt man
das Palmöl, das im Lande selbst als Speiseöl, in Europa aber zur Herstellung von Seifen und Kerzen verwendet wird. Die
Kerne geben das feinere Palmkernöl; die Pressrückstände sind ein begehrtes Viehfutter. Die Kakaokulturen haben
Kamerun, Nigeria und die Insel Sao Thome weltberühmt gemacht; diese Gebiete liefern etwa zwei Drittel der
Weltproduktion. Nicht unerheblich ist der Kautschukhandel. Weiter im Landesinnern wird Baumwolle angepflanzt. Wo die
Niederschläge aber abnehmen, geht die Savanne in Steppe über; die grosse Krümmung des Nigers liegt schon mitten in der
Wüste. Wo künstliche Bewässerung möglich ist, trifft man weite Erdnuss-Felder. Kohle, Zinn und Gold werden ausgeführt.
Oberguinea zählt zu den dichtestbesiedelten und bestentwickelten Tropenländern Afrikas.
(Zur Kakaoproduktion siehe auch die Seite 156 dieser Arbeit.) Die Betonung des Textes liegt eindeutig auf der
Bedeutung der damaligen Kolonialgebietes Englands und Frankreichs als Erzeugerländer für die in Europa
begehrten Rohstoffe. Erwähnenswert ist, dass Ghana noch nicht als Kakaoproduzent aufgeführt wird, da die
Kakaoproduktion dort erst in den folgenden Jahren einen Aufschwung erleben sollte.
Auf den Seiten 130-131 folgt eine Beschreibung von Niederguinea und dem Gebiet des Kongobeckens:
Das Stromgebiet des Kongos, das zweitgrösste der Erde, stellt mit seinen 12'000 km schiffbaren Wasserstrecken ein
grossartiges Verkehrsnetz dar, wobei allerdings die Stromschnellen und Fälle umgangen werden müssen. Auf einer Fläche
von 2,3 Mill. km2 leben hier 15 Mill. Menschen. Neben Kautschuk, Palmöl und Elfenbein nehmen die Erzeugnisse des
Bergbaues eine bedeutende Stellung ein: Im Kongostaat wird Pechblende gewonnen, die das kostbare Radium enthält. Die
Provinz Katanga ist reich an Kupfer. Etwa 3'000 Europäer und 20'000 Eingeborene arbeiten in Kupfergruben, die heute
10% der Welt-Kupferproduktion liefern. Von grosser Bedeutung sind die neusten Uranfunde (Atomenergie).
Überlandbahnen führen von der Küste des Atlantischen und Indischen Ozeans und der Südspitze Afrikas nach
Elisabethville, dem Mittelpunkt eines ständig wachsenden Industriegebietes.
Wie schon im vorigen Abschnitt liegt auch hier die Betonung auf der Schilderung der Produktion von Rohstoffen. Die damalige Aufbruchstimmung, die in den sechziger Jahren in der Unabhängigkeit vieler afrikanischer
Staaten gipfelte und Anlass zur Hoffnung für den afrikanischen Kontinent gab, deutet sich in der Bemerkung
über die Uranfunde an. Auf Seite 131 fasst der Autor zusammen:
Die tropische Küstenzone von Oberguinea erhält die reichsten Niederschlage von ganz Afrika. Sie liefert viel Palmöl,
Kakao, Kautschuk und Elfenbein. Neben den Pflanzenprodukten sind für das Kongobecken Kupfer, Radium und Uran von
hervorragender Bedeutung.
Auf den Seiten 131-134 folgt eine Beschreibung Südafrikas, wobei dabei ein Gebiet, das über das heutige
Südafrika hinausgeht und z. B. Namibia umfasst, gemeint ist. Über die Bewohner Südafrikas erfährt der Leser
folgendes (S. 133):
Die zwei Millionen Weissen in Südafrika sind Nachkommen der eingewanderten Holländer (der Buren) und Engländer. Im
Norden leben die Bantuneger, Kaffern und Zulu; von der Urbevölkerung sind nur noch wenige Hottentotten und
Buschmänner im trockenen Nordwesten übriggeblieben. Die Rassenunterschiede führen oft zu heftigen
Auseinandersetzungen.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 112
Geographielehrmittel: Geographie - Lehrmittel für die Sekundarschule (1953)
Die Beschreibung der Bevölkerung beschränkt sich also auf eine Aufzählung verschiedener Volksgruppen,
wobei nur die weisse Bevölkerungsgruppe zahlenmässig erfasst wird, dies wohl deshalb, weil über die anderen
Gruppen zur Zeit der Herausgabe des Buches keine verlässlichen Bevölkerungszahlen existierten.
Im Zusammenhang mit dem Gold- und Diamantenabbau macht der Autor unmissverständlich auf die Grundlage des "Reichtums" Südafrikas aufmerksam, der entgegen teilweise anderslautenden Behauptungen, die auch
in Schulbüchern ihren Niederschlag gefunden haben, aber in erster Linie der weissen Bevölkerung zugute kam
(S.134):
Die billige Arbeitskraft des Schwarzen hat nicht unwesentlich zum raschen Aufstieg beigetragen.
Der Autor fasst kurz zusammen:
Südafrika ist der wichtigste Lieferant von Gold und Diamanten. Die Steppengebiete sind Weideplätze grosser Viehherden
(Rinder, Pferde, Schafe und Ziegen). Viel Wolle wird nach England ausgeführt.
Damit schliesst er seine Ausführungen über den afrikanischen Kontinent.
4.6.3
Zusammenfassung
Auf den wenigen Seiten, die dem Autor zum Kontinent Afrika zur Verfügung standen, zeichnet er ein zwar
wenig ausführliches, die Schwarzafrikaner werden fast ausschliesslich auf ihre wirtschaftliche Exportleistung
reduziert, dafür aber sachlich richtiges - unter Verzicht von in anderen Lehrmitteln teilweise noch bis vor
kurzem verwendeten diffamierenden Ausdrücken - Bild des afrikanischen Menschen. Ob dies mit der persönlichen Einstellung des Autors im Zusammenhang steht, oder Ausdruck eines während der Weltkriege, in denen
zehntausende von Afrikanern aus den Kolonialgebieten eingesetzt wurden, vollzogenen Paradigmawechsel ist,
kann hier im Rahmen dieser Arbeit nicht mit Sicherheit festgestellt werden.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 113
Geographielehrmittel: Aussereuropäische Erdteile - Geographische Bilder (1953)
4.7 Aussereuropäische Erdteile - Geographische Bilder (1953)
Die Weiber schwingen die vollen, schweren Körbe auf ihre Köpfe, und gereckten Leibes mit steifem Nacken schreiten sie,
braune Göttinnen der Tropen, eine hinter der andern heimwärts, den Männern nach. (S. 141)
Das 191 starke Buch "Aussereuropäische Erdteile - Geographische Bilder" erschienen 1953 im Kantonalen
Verlag der Sekundarlehrerkonferenz des Kanton Zürichs, beschäftigt sich auf den Seiten 103-138 in den fünf
Lesetexten "Marakesch", "Zu Esel in der Wüste", "Im Land der Löwen", "Der Urwald" und "Gang in das
Maniokfeld" mit den Eigenarten Afrikas. Die drei letztgenannten Texte auf den Seiten 120-141 werden hier im
Hinblick auf das vermittelte Bild des schwarzafrikanischen Menschen untersucht.
4.7.1
"Im Land der Löwen"
Der erste Text "Im Land der Löwen" von Cherry Kearton ist ein Safaribericht, der nur in einem kurzen
Abschnitt auf Seite 127 auf die Bewohner Afrikas zu sprechen kommt, und der einen Einblick in die Mentalität der Weissen gibt, die sich als Touristen, teilweise auch als Forscher mehr für die Tiere als die Menschen
des Kontinents interessierten:
...Abermals will der Schlaf kommen, da ist es einer unseren schwarzen Boys, der uns aufscheucht. (Wir nennen ihn Boy;
aber in Wirklichkeit ist er ein gutgewachsener Bursche von fünfunddreissig Jahren mit einem Weib und vier drallen
Negerlein, die er in seinem Dorf zurückgelassen hat.) Er stürzt ins Zelt und flüstert: "Bwana! Tembo!" ("Herr, Elefant!")...
Kearton ist sich des Widerspruchs, einen Erwachsenen in gut kolonialbritischer Manier "Boy" zu nennen
durchaus bewusst, stört sich aber nicht weiter daran, sondern fügt mit der Bemerkungen über die "vier drallen
Negerlein" des Dieners der Reisegruppe noch eine weitere Abwertung hinzu.
4.7.2
Der Urwald
Der zweite Text mit dem Titel "Der Urwald" auf den Seiten 129-138, eine Nacherzählung der StanleyExpedition von Jakob Wassermann, in die auch einige Zitate Stanleys eingestreut werden, gibt ebenfalls nur
wenig Einblick in das Leben der heimischen Bevölkerung, "die mit ihren vergifteten Pfeilen als Gegner nicht
zu verachten sind." (S. 132)
Auf den Seiten 132-133 wird berichtet, wie der Eroberungszug Stanleys - der sein Fortkommen ohne Bedenken mit Waffengewalt erzwang, nicht davor zurückscheute, einen desertierenden Träger eigenhändig zu
exekutieren, und der laut eines Berichtes des Paters Joseph Strässle, einen Häuptling der Basoko dazu brachte,
über die Weissen auszusagen: "Krank seid ihr in euren Köpfen, denn Recht ist das keines!"(Harms Erdkunde
1961, S. 276) - auf die einheimische Bevölkerung wirkte (S. 132):
...Bei den Stromschnellen von Gwengwere stösst man auf sieben grosse Dörfer, die gesamte Bevölkerung hat die Flucht
ergriffen und alles bewegliche Gut mit fortgeschleppt; nur Trümmer von tönernem Kochgeschirr liegen überall herum.
Verhandlungen mit den Uferbewohnern verlaufen gelegentlich wie folgt: Zum Zeichen ihrer friedlichen Gesinnung giessen
sie sich eine Handvoll Wasser über den Kopf, dabei rufen sie: "O Monomopote (das heisst: Sohn des Meeres), wir haben
nichts zu essen, flussabwärts gibt es zu essen." Die Träger, Wangwana und Somali, antworten: "Wir können nicht
weitergehen, wenn ihr uns nichts gebt." Das macht den Wilden Angst; sie werfen den Fordernden dicke Maiskolben,
Paradiesfeigen und Zuckerrohr zu und sind glücklich, wenn man ihnen leere Sardinenbüchsen und Patronenkisten dafür
schenkt...
Die Expedition kam also trotz der Abneigung, auf die sie bei der einheimischen Bevölkerung stiess, voran, d.h.
sobald die "Eingeborenen" entweder bezwungen oder übertölpelt worden waren. Auf der Seite 133 wird
geschildert, wie Stanley einer "Pygmäenfrau" begegnete:
In Ugarrowas Ansiedlung sieht Stanley zum erstenmal eine Zwergin, ein wohlgebildetes Mädchen von siebzehn Jahren,
vierundachtzig Zentimeter gross. Sie gleicht einer farbigen Miniaturdame, sie hat eine Haut wie gelbgewordenes Elfenbein,
bewegt sich mit viel Anmut, und ihre Augen scheinen viel zu gross für so ein kleines Geschöpf. Das Zwergenfräulein
bleibt bei der Expedition.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 114
Geographielehrmittel: Aussereuropäische Erdteile - Geographische Bilder (1953)
(Zu den "Pygmäen" siehe auch die Seiten 101 und 115 dieser Arbeit.) Diese Frau, deren Namen der Autor
nicht erwähnt, wird im Text wie ein besonderes Ausstellungsstück beschrieben, allerdings fügt sich der gewonnene Eindruck nicht so richtig in das von gleichen Lehrmitteln weiter unten vermittelte Bild der "mit todbringenden Pfeilen... im Hinterhalt liegenden Zwerge" ein. Leider gibt der Text keine Auskunft über die Motive,
welche die "Pygmäenfrau" zum Verbleib bei der Expedition bewegten.
Auf der Seiten 135-136 werden die Auswirkungen des arabischen Elfenbein- und Sklavenhandels auf die
heimische Bevölkerung geschildert:
In weitem Umkreis haben sie jede menschliche Niederlassung eingeäschert, sogar die Bananenhaine sind zerstört, jedes
Kanu auf den Flüssen zersplittert, jede Insel verwüstet, die Männer getötet, die Weiber eingefangen, und wo friedliche
Dörfer waren, erheben sich Schutthaufen, Dornsträucher und meterhohes Gestrüpp. Das ganze Raubwesen ist ein
ausgebildetes System. Jedes Pfund Elfenbein hat ein Menschenleben gekostet, für je fünf Pfund, errechnet Stanley, ist eine
Hütte niedergebrannt, für zwei Zähne ein Dorf zerstört, für zwanzig Zähne ein Distrikt vernichtet worden.
(Zum Sklavenhandel siehe auch die Seiten 99 und 122 dieser Arbeit.) Auf der Seite 137 folgt noch einmal eine
Beschreibung der Hinterhältigkeit der "Pygmäen", ihrer Behausungen und ihres Tuns:
...und wenn dann noch die todbringenden Giftpfeile der im Hinterhalt liegenden Zwerge in die ungeordneten Reihen
schwirren, ist die wildeste Panik nicht mehr zu vermeiden...
In die "Lichtungen" sind wie Vogelnester die Dörfer der Zwerge hineingebaut; diese Pygmäen, Geschöpfe voll
verschlagenster List, haben die ungeheuren Bäume gefällt, mit ihren unvollkommenen Werkzeugen und schwachen
Gliedern haben sie es vermocht, was mag der Antrieb gewesen sein? die Sehnsucht nach der Sonne vielleicht?
(Zu den "Pygmäen" siehe auch die Seiten 114 und 126 dieser Arbeit.) Im Gegensatz zum ersten Text, der sich
mit den Tieren Afrikas beschäftige, steht hier die Tat eines Weissen, die damals rund 80 Jahre zurücklag im
Zentrum - aber auch hier wird nur wenig über das Leben der Bewohner dieser Landstriche ausgesagt. Vieles
beruht auf Vermutungen, stammt aus zweiter oder gar dritter Hand und Beschreibungen, die wohl einer näheren Betrachtung bedürften, werden kritiklos weitergegeben.
4.7.3
"Gang in das Maniokfeld"
Der dritte Text "Gang in das Maniokfeld" auf den Seiten 138-141 von Friedrich Schnak schliesst den "afrikanischen" Teil des Buches mit einem Text über den Maniokanbau auf Madagaskar ab. Die Probleme des Anbaus
werden in einem didaktisch aufbereiteten "Zwiegespräch" mit einem Maniokbauern erörtert. Die einheimische
Bevölkerung wird hier nicht mehr als unterlegen wie im ersten, oder als fremd und bedrohlich wie im zweiten
Text beschrieben, sondern es ist möglich sich in einer Weise zu unterhalten, die sich wohl kaum von der unterscheidet, wie ein Bauer in der Schweiz über seinen Kartoffelacker berichten würde:
Hinter dem laubbraunen Bambus- und Palmblattdorf haben die Eingebornen auf einem sanft abfallenden Hügel ein grosses
Maniokfeld angelegt. Die Männer und Weiber weilen gerade auf dem Acker, der gemeinsames Eigentum ist... Sie sind bei
der Ernte der reifen Wurzeln...
...Die Eingeborenen blicken auf und grüssen mich. Einen von ihnen, den Dorfältesten, der den Weg zu seinem Dorf mit
wilden Ananas und Büscheln wohlriechenden Zitronellagrases bepflanzt hat, kenne ich... Um die Hüften hat er würdevoll
ein rotes Tuch geschlungen, und in der Rechten hält er einen langen, schwarzen Stab, Ebenholz. Seine Männer hacken mit
einem beilähnlichen Werkzeug die Stengel fusshoch über dem Boden ab. Die Weiber reissen die Stiele heraus und scharren
mit den Händen die Stiele aus dem Boden.
Ich weiss, der Maniok ist für die heissen Länder eine so überaus kostbare Nahrungspflanze wie für uns die Kartoffel. Auf
dem bescheidenen Speisezettel der Eingebornen nimmt er, gleich dem Reis, eine bevorzugte Stelle ein...
...denn nun hält er mir einen umständlichen Vortrag über die verschiedenen kulinarischen Verwertungsmöglichkeiten der
gesegneten Wurzel. Mehl stampft man daraus, zu Fladen und kleinen Kuchen. Er schnalzt verstohlen mit der Zunge. Im
Geist bereitet er sich ein köstliches Gericht. Auf der Insel Reunion, berichtet er vertraulich, braut man aus Maniok einen
Schnaps. Kein Zuckerrohrgesöff schmeckt so delikat...
...Die Blätter, die jungen, zarten, geben ein gutes Gemüse...
...Inzwischen haben die andern Eingebornen ihre einfache, bäuerliche Arbeit verrichtet. Die Wurzeln sind in runde, hohe
Palmfaserkörbe eingesammelt. Die Männer nehmen ihre Geräte und verlieren sich den Fusspfad hinunter. Die Weiber
schwingen die vollen, schweren Körbe auf ihre Köpfe, und gereckten Leibes mit steifem Nacken schreiten sie, braune
Göttinnen der Tropen, eine hinter der andern heimwärts, den Männern nach.
Der Dorfälteste wird als würdevoll, erfahren, schlau und mit einem guten Gedächtnis ausgestattet bezeichnet,
die Frauen "als braune Göttinnen" beschrieben und der ganze Text vermittelt den Eindruck arbeitsamer und
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 115
Geographielehrmittel: Aussereuropäische Erdteile - Geographische Bilder (1953)
freundlicher Menschen, die sich bereitwillig auf die Neugier eines Fremden einlassen. Eine Beschreibung, die
sicher auf viele schwarzafrikanische Menschen zutrifft, auch wenn der Text bereits in Richtung rousseauscher
Verklärung tendiert. (Zu Madagaskar siehe auch die Seiten 163 und 184, zum Maniok die Seite 155 dieser
Arbeit.)
4.7.4
Zusammenfassung
Die auf Schwarzafrika bezogenen Texte des Buches liefern mit Ausnahme des letzten wenig gutes Material
zum Thema. Dieser beschreibt mit der Schilderung des Maniokanbaus eine Situation, die heute ebenso aktuell
ist wie damals, auch wenn die Sprache unterdessen nicht mehr dem Zeitgeist entsprechen dürfte.
Der im Text zu Wort kommende Bauer wird als aufgeweckter Mensch beschrieben, der genau weiss, was er
will. Allerdings zeigt der Text auch einen Tendenz, die Exotik der Frauen des beschriebenen Volkes
überzubewerten.
Die Pygmäen werden auch in diesem Lehrmittel weniger vorteilhaft beurteilt, als die anderen Volksgruppen
Schwarzafrikas, auch wenn einige ihrer Leistungen den Berichterstatter zu erstaunen scheinen.
Zudem scheinen die Taten der "Weissen" in zwei der drei Texte von grösserer Bedeutung zu sein, als die täglichen Bemühungen der einheimischen Bevölkerung, und dies in einem Lehrmittel, welches unter anderem die
Aufgabe hätte, die Eigenarten fremder Länder zu beschreiben.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 116
Geographielehrmittel: Neuer Grosser Weltatlas (1960)
4.8 Neuer Grosser Weltatlas (1960)
Die 158 Seiten, davon 30 Seiten Register, umfassende Volksausgabe des "Neuen grossen Weltatlas" von 1960
beschäftigt sich in Bild und Text mit Afrika und den dort lebenden Menschen.
4.8.1
"Afrika"
Die Seiten 15-16 des ersten Teiles des dreiteiligen Werkes - es enthält einen Text-, einen Karten- und einen
Registerteil, die über eigene Seitennumerierungen verfügen - drucken einen längeren Text zu Afrika ab, der
hier auszugsweise wiedergegeben werden soll. Gleich in der Einleitung wird die Beziehung Afrikas mit dem
europäischen Kontinent klargestellt (S.15):
Afrika ist der dem Nordkontinent Europa zugehörige Südkontinent, die Tropen Afrikas sind die natürliche Ergänzung der
europäischen Wirtschaft in den Breiten eines kühleren Klimas...
Die Tropen Afrikas dienen nach dieser Aussage also vor allem dazu, die Wirtschaft Europas zu ergänzen, oder
im Text zwar nicht ausgesprochen aber eine damals verbreitete Vorstellung, der europäischen Industrie die
nötigen Rohstoffe zu liefern. Weiter heisst es zur geographischen Erschliessbarkeit Afrikas:
In sehr geringem Masse ist Afrika durch Buchten, Halbinseln und Inseln gegliedert... Auch sind seine Küsten wenig
zugänglich... die grossen Flüsse haben häufig kurz vor ihrer Mündung Stromschnellen, die eine durchgehende Schiffahrt
ins Innere unmöglich machen. So blieb Afrika lange der unbekannte, der dunkle Erdteil...
Im folgenden Abschnitt beschäftigt sich der Autor mit den geologischen Gegebenheiten. In diesem Zusammenhang heisst es, Afrika sei ein "greisenhafter Kontinent". Des weiteren werden die grossen Flüsse und deren
Potential beschrieben (S. 15):
...Die Möglichkeiten der Bewässerung ausgedehnter Flächen und der Gewinnung von elektrischer Energie haben für die
wirtschaftliche Entwicklung des Erdteils grösste Bedeutung, da weite Gebiete unter Trockenheit leiden und Vorräte an
Kohlen und Erdöl gering sind.
Nach einer Beschreibung der klimatischen Grundlagen wendet sich der Autor den Menschen Afrikas zu:
Man nennt Afrika auch den "Schwarzen Erdteil". Das bezieht sich auf die Bewohner mit ihrer schwarzen Hautfarbe, die
Neger, die fast den ganzen Kontinent südlich der Sahara bewohnen. Man gliedert sie in zwei Hauptgruppen: die
Sudanneger in den offeneren Savannenlandschaften im Norden und die Bantuneger im Kongogebiet und im Süden. In
Nordafrika und in den Nilländern, also ausserhalb von Tropisch-Afrika, leben Araber, Berber, Niloten, Äthiopier und
Somali; mitunter haben sie hellere Haut und sprechen semitische oder hamitische Sprachen. Insgesamt hat der 30,3
Millionen qkm umfassende Erdteil 246 Millionen Bewohner - 8 Menschen auf einen Quadratkilometer.
Wie auch in anderen untersuchten Werken der Zeit, erfahren die "Neger" eine weit gröbere Einteilung als
weitere afrikanische Völker. Zu den Kulturen Afrikas schreibt der Autor (S. 15):
Auch in Afrika gibt es alte Kulturländer, wie Ägypten im fruchtbaren Nildelta und Äthiopien im gesunden gleichnamigen
Hochland. Phönizier, Griechen und Römer hatten ihre Kultur über Nordafrika ausgebreitet - so wurde auch Äthiopien früh
schon dem christlichen Glauben gewonnen. Aber erst die Araber bestimmten mit ihren Wanderungen und ihrem
islamischen Glauben das geistige und politische Leben eines grossen Teils von Afrika bis zum westlichen Kap Verde, zum
Tschadsee und in Ostafrika bis nach der grossen Insel Madagascar. Im ganzen Sudan vom Niger bis zum Nil gab es, zum
Teil bis in die Epoche der europäischen Kolonisation, mächtige einheimische Reiche, wie Mali, Ghana, Sonrhai, Yoruba
oder Bornu.
Ganz dem Zeitgeist entsprechend wird Afrika als Kontinent geschildert, dessen Bewohner ihre Kultur den
Einflüssen von aus anderen Gebieten kommenden Völkern verdanken. Immerhin werden auch die wichtigsten
westafrikanischen Reiche des Mittelalters genannt.
Der folgende Abschnitt auf der Seite 15f. beschäftigt sich mit der Kolonisation und der Unabhängigkeitsbewegung in Afrikas:
Anders als in Amerika erfolgte die koloniale Besitzergreifung Afrikas durch die Europäer, abgesehen von wenigen
Stützpunkten der Portugiesen auf ihrer Ostindienfahrt, erst spät. Im Jahrzehnt von l 880 bis 1890 wurde die Aufteilung
Afrikas unter Briten, Franzosen, Spanier, Portugiesen, Deutsche, Italiener und Belgier im wesentlichen beendet. Im 20.
Jahrhundert waren Marokko und Äthiopien die letzten Opfer europäischer Machtausdehnung. Seit den beiden Weltkriegen
drängen nunmehr mit aller Macht die Völker Afrikas zur Unabhängigkeit und Eigenstaatlichkeit. So gab es Ende 1959
bereits zehn selbständige Staaten, im Laufe des Jahres 1960 werden weitere 16 Staaten hinzukommen. Aber auch in den
noch nicht selbständigen Gebieten verstärken sich die Bewegungen zur Abschüttelung der kolonialen Bindungen immer
mehr. Der alte Erdteil erwacht zu neuem Eigenleben, nicht nur politisch, sondern auch wirtschaftlich und gewiss auch
geistig: Die Afrikaner erkämpfen auch ihre kulturelle Gleichberechtigung.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 117
Geographielehrmittel: Neuer Grosser Weltatlas (1960)
In diesem kurzen Abschnitt verwandeln sich die Afrikaner von "Opfern" der europäischen Aggression in
Menschen, die sich "kulturelle Gleichberechtigung" erkämpfen. Der ganze Erdteil zeige "neues Eigenleben".
Der Text spiegelt die damals in die jungen Länder Afrikas gesetzte Hoffnung. Eine optimistische Sichtweise,
die erst in den neunziger Jahren teilweise wieder aufgegriffen werden sollte.
Nach der Schilderung der Entwicklung im Norden Afrikas schreibt der Autor über die anderen Gebiete (S. 16):
Hingegen hat in Westafrika die Entwicklung zur Bildung afrikanischer Staaten seit der Umwandlung der britischen
Goldküste in den selbständigen Staat Ghana ein fast stürmisches Tempo genommenen: Alle ehemaligen Territorien
Französisch-Westafrikas sowie Togo sind souveräne Republiken geworden. Das britische Nigeria - das volkreichste Land
Afrikas - soll am l. l0. 1960 selbständig werden. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, dass auch die britischen Kolonien
Sierra Leone und Gambia ihre Unabhängigkeit erringen werden. Liberia an der westafrikanischen Küste, das vor hundert
Jahren von freigelassenen amerikanischen Negersklaven gegründet wurde, ist nicht mehr der einzige Neger-Freistaat
Afrikas.
Im eigentlich tropischen Afrika wurden Kamerun, die ehemaligen Territorien Französisch-Äquatorialafrikas und das
ungeheure, noch dünn besiedelte Gebiet des Kongobeckens souveräne Republiken, die z. T. noch der Französischen
Gemeinschaft angehören und unter sich durch eine Zollunion verbunden sind. Das portugiesische Territorium Angola, ein
gesundes Hochland, ist anscheinend noch in Ruhe.
Nach der Schilderung der Veränderungen in den Gebieten West- und Zentralafrikas beschäftigt sich der Autor
auch mit der Entwicklung Südafrikas, nicht ohne kritische Töne anzuschlagen:
Südafrika liegt grösstenteils ausserhalb der Tropen. Hier haben sich früh schon Niederländer,- die "Buren" - und Briten
niedergelassen, die ein ganz modernes europäisches Staatswesen, die Südafrikanische Union, aufgebaut haben. Doch fällt
auf diesen Staat der Schatten der Rassenfrage: Ob die vollständige räumliche Trennung von Negern und Weissen eine
Lösung bringen kann, muss die Zukunft zeigen. In Rhodesien und in Nyassaland, wo die europäische Besiedlung noch in
den Anfängen steht, ist die akute Gefahr noch grösser. Wiederum ruhig verhält sich das portugiesische Ostafrika,
Moçambique. Hinsichtlich des ehemaligen Deutsch-Südwestafrikas ist es noch ungewiss, ob es sich der Südafrikanischen
Union anschliessen wird.
Wie die "Zukunft zeigte", war die "räumliche Trennung von Negern und Weissen" nur eine Lösung auf Zeit,
und auch in den anderen angesprochenen Gebieten sollte sich die Herrschaft der weissen Minderheit in den
folgenden Jahren dem Ende zuneigen. Zu Ostafrika schreibt der Autor (S. 16):
Zu Britisch-Ostafrika gehört als Schutzgebiet das Königreich Uganda am grossen Viktoriasee; seine Bevölkerung ist
besonders begabt und fleissig. In Kenya, wo auch Europäer siedeln, und in Tanganyika, dem ehemaligen
Deutsch-Ostafrika, mit dem höchsten Berg Afrikas, dem Kilimandscharo, sind Verhandlungen im Gang, um die
Verselbständigung vorzubereiten.
Schliesslich beendet der Autor seine Betrachtungen mit einem Blick auf den Inselstaat Madagaskar:
Am Rande von Afrika liegt die von Malaien erst in historischer Zeit, teilweise erst im 15. Jahrhundert besiedelte Insel
Madagaskar, die doppelt so gross ist wie Grossbritannien und Irland zusammen. Die junge Republik ist jetzt völlig
unabhängig. Sie hatte bereits einen Vorläufer in dem wohlgeordneten Reich, das hier schon vor der Ankunft der Franzosen
bestand.
Die in diesem Werk vorliegenden Beschreibungen der Gebiete und Länder Afrikas zeigen, dass es durchaus
möglich ist, eine einigermassen aktuelle Geographie zu betreiben und die im Zusammenhang mit dem thurgauischen Lehrmittel "Geographie" von 1963 vermerkten, längst nicht mehr aktuellen Beschreibungen einzelner Staaten durchaus nicht die Regel sein müssen. (Siehe dazu auch die Besprechung des genannten Lehrmittels ab der Seite 130 dieser Arbeit.)
4.8.2
Weitere Textstellen zu Afrika
Afrika wird in verschiedenen weiteren Texten im Zusammenhang mit rein naturgeographischen Sachverhalten
genannt. Im Kapitel "Rassen und Völker - Die Entstehung des Menschen" auf den Seiten 29-30 erwähnt der
Autor den schwarzafrikanischen Menschen, der auch in einer mit "Neger" beschriebenen Zeichnung abgebildet wird, nur kurz, sagt aber aus, dass Überreste der frühesten Menschen unter anderem auch am Njassasee
(Ostafrika) entdeckt worden wären.
Im Kapitel "Die Bevölkerung der Erde - Verteilung, Siedlungsweise, Millionenstädte" auf den Seiten 30-31
beziffert der Autor das jährliche Bevölkerungswachstum Afrikas mit 2.08%. Ausserdem würden 8.3% aller
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 118
Geographielehrmittel: Neuer Grosser Weltatlas (1960)
Menschen in Afrika leben. In einer Liste der Millionenstädte auf der Seite 30 wird nur eine einzige afrikanische Stadt, Alexandria mit 1.244 Mio. Bewohner, aufgezählt.
Im Kapitel "Sprachen, Religionen, Kulturen" auf den Seiten 31-32 findet sich auf der Seite 32 eine Karte, die
das Gebiet Afrikas in den orientalisch-islamischen und dem afrikanischen Kulturkreis unterteilt, und damit den
schwarzafrikanischen Menschen eine eigene Kultur zuspricht. Im Text ist dann aber die Rede von "mit Fetischen behängten Bäume in Afrika", die den "Geisterglauben animistischer Religionen" der dortigen Menschen
bezeugen würden. Ausserdem heisst es zur afrikanischen Kultur:
Ob sich im erwachenden Afrika ein eigener Kulturkreis der Neger herausbilden wird, mag die nahe Zukunft erweisen.
Den "Negern" sei es also nicht gelungen, eine eigene Kultur zu schaffen, sondern diese müsse in der nahen
Zukunft erst noch entwickelt werden.
Nach dem Text "Nutzpflanzen, Landbauzonen" auf den Seiten 33-34 liefert Westafrika Erdnüsse und Kakao Ghana wird als Hauptproduzent von Kakao erwähnt - nach Europa. Kaffee komme aus West- und Ostafrika,
seine Heimat sei Äthiopien. Tabak werde in Zentralafrika angebaut. Der Sudan und Ägypten würden Baumwolle liefern, Angola Kapok und der Kongo Kautschuk.
Nach dem Text "Bergbau und Energie" auf den Seiten 34-35 befinden sich einige der bedeutendsten Goldgewinnungsstätte in Südafrika und Ghana. Platin komme aus Südafrika, Diamanten vor allem aus dem Kongogebiet, Kupfer aus Rhodesien, Uran aus dem Kongogebiet und Südafrika. Ausserdem erwähnt der Text das
Voltaprojekt in Westafrika und eine Karte zeigt eine Erdöllagerstätte in Angola.
Im Text "Industriezentren, industrielle Produktion" auf den Seiten 36 ist von der Raubwirtschaft der Europäer
in den Tropen, deren Rohstoffe von den europäischen Völkern "ausgebeutet" worden wären, die Rede. Die
Entwicklungsländer würden ihren "Ehrgeiz" darin setzten, selbst Industrien aufzubauen. "Eine Karte der Industriezentren der Erde" würde in "zehn oder zwanzig Jahren ganz anders aussehen".
Der Text "Weltverkehr" auf der Seite 38 spricht Afrika 70'000 km Schiene zu, ausserdem würden 9.6% der
Weltflotte unter liberianischer Flagge segeln. Zum Thema "Aussenhandel, Handelsgüter, Handelssprachen"
heisst es auf der Seite 39:
In Afrika folgen auf die weit voranstehende Südafrikanische Union als annähernd gleich wichtige Handelsländer Algerien,
Ägypten, Rhodesien und Nyassaland, Nigeria, die Republik Kongo und Marokko.
Die gebräuchlichsten Handelssprachen in Afrika seien Englisch und Französisch, in Nordafrika sei auch das
Arabische bedeutend.
Ein weiterer Text "Entschleierung der Erde" auf den Seiten 41-42 zeigt unter anderem auch die schrittweise
Erforschung Afrikas durch die Europäer auf.
4.8.3
Staaten und Länder von A-Z
Die Seiten 44-48, die den ersten Teil des Bandes beschliessen, geben in Kurzform die wichtigsten Fakten zu
den einzelnen Ländern der Erde wieder. Dabei werden die folgenden afrikanischen Staaten genannt: Ägypten,
Algerien, Angola, Äthiopien, Basutoland, Betschuanaland, Dahomey, Elfenbeinküste, Französisch-Somaliland,
Gabun, Gambia, Ghana, Guinea, Kamerun, Kenya, Komoren, Kongo (die heutige Demokratische Republik
Kongo), Kongo, Liberia, Libyen, Madagascar, Mali, Marokko, Mauretanien, Mauritius, Niger, Nigeria, Nyassaland, Portugiesisch-Guinea, Portugiesisch-Ostafrika, Nord- und Südrhodesien, Ruanda-Urundi, Sansibar und
Pemba, São Tomé und Principe, Senegal, Seychellen, Sierra Leone, Somalia, Spanisch-Guinea, Spanisch-
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 119
Geographielehrmittel: Neuer Grosser Weltatlas (1960)
Westafrika, Südafrikanische Union, Sudan, Südwest-Afrika, Swasiland, Tanganyika, Togo, Tschad, Tunesien,
Uganda, Volta und die Zentralafrikanische Republik.
Die Angaben zu den einzelnen Länder fallen unterschiedlich ausführlich aus, meist werden aber Fläche,
Bevölkerungszahl, die wichtigsten Gebiete und Volksgruppen, sowie Hauptstadt und wichtige Exportprodukte
genannt.
4.8.4
Kartenteil
Der Kartenteil zeigt neben einer Karte zum "Weltverkehr" auf der Seite 1, spezielle Afrikakarten auf den
Seiten 66-69. Die Seite 66 bildet eine physische Karte Afrikas ab, während die Seite 67 eine politische Karte
des Gebietes im Massstab 1:40 Mio. wiedergibt. Die Doppelseite 68-69 zeigt eine Karte Nordafrikas im Massstab 1:20 Mio., eine entsprechende Karte für das Gebiet südlich des Äquators fehlt.
Die Doppelseite 78-79 schliesslich zeigt neben einer politische Weltkarte auch die Flaggen der afrikanischen
Länder Ägypten, Äthiopien, Ghana, Liberia, Libyen, Marokko, Sudan, Südafrikanische Union und Tunesien.
4.8.5
Zusammenfassung
Der "Neue Grosse Weltatlas" gibt ein für das Erscheinungsjahr äusserst aktuelles Bild Afrikas wieder. Gleichzeitig weist er sich eindeutig als Produkt seiner Zeit aus, indem er einerseits grosse Hoffnungen in die jungen
schwarzafrikanischen Staaten legt, andererseits den Schwarzafrikanern der vergangenen Jahren eine eigentliche Kultur abspricht.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 120
Geographielehrmittel: Harms Erdkunde - Die Welt in allen Zonen (1961)
4.9 Harms Erdkunde - Die Welt in allen Zonen (1961)
...Missionare, Regierungsbeamte der Eingeborenenverwaltung, Anthropologen und "Kafferboeties"..., jene Kaffernbrüder
oder Kaffernschwärmer also, die seit den Zeiten van der Kempfs und dem ersten Auftreten der Londoner
Missionsgesellschaft immer wieder den Versuch unternommen haben, den Schwarzen als gleichberechtigten Bruder zu
behandeln. Kafferboeties sind Leute, die einer sentimentalen, der europäischen Gesellschaft schädlichen Liebhaberei für
Eingeborene huldigen. (S. 312)
Der Band "Die Welt in allen Zonen" ,1961 im Paul List Verlag erschienen, aus der Reihe "Harms Erdkunde",
stellt der Lehrkraft auf 67 der insgesamt 456 Seiten erdkundliche Lesetexte zu Afrika zur Verfügung, darunter
auch einige, die von afrikanischen Grössen wie Kwame Nkrumah (Afrika frei!, S. 264) verfasst wurden.
Aufgrund des Umfangs kann im Rahmen dieser Arbeit nicht auf jeden der Lesetexte im speziellen eingegangen werden, um jedoch trotzdem einen Überblick zu ermöglichen, sollen hier die Afrika betreffenden Einträge
im Inhaltsverzeichnis wiedergegeben und anschliessend ausgewählte Texte detailliert besprochen werden
(kursiv gedruckt: Texte, die ausserhalb der Fragestellung der Arbeit liegen; fett gedruckt: Texte die näher
besprochen werden; in Kapitälchen: Texte von Afrikanern):
SONG DER SOTHO IN SÜDAFRIKA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259
GEBET AN DIE MASKEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260
Herodot berichtet aus Afrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261
Afrika, bevor die Europäer kamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262
Weisse Farmerin unter Schwarzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262
AFRIKA FREI ! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264
Nationalbewusstsein und Staatenwerdung in Afrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267
Die Kunst von Benin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268
BENIN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271
Was bei den Weissen anders ist als bei den Schwarzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271
Tabus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273
Stanley und Moyimba . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275
Moyimbas Bericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276
An der Nilquelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278
Tunesische Wüste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280
- Die Salzwüste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280
- Die Oase von Tozeur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282
- In der Sandwüste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283
Das grösste ÖIkamp in der Sahara . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284
Kairo und die Ägypter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286
WARUM DIE EULE EIN NACHTVOGEL IST . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289
Begegnung in Takoradi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290
Urwald in Afrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291
Dünung vor Angola . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295
Die Nebel-Oase Erkowit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296
Die Eroberung des Kilimandscharo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298
TOTENGESANG DER PYGMÄEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300
Alltag des Wildhüters am Ngorongoro-Krater . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301
Amos Tutuola, ein schwarzer Dichter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303
GEFÄHRLICH, IM BUSCH ZU WANDERN, ABER GEFÄHRLICHER, AUF DER STRASSE DER TOTEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304
Heuschrecken auf einer Farm in Kenia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306
Die Viktoriafälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308
Die Inder in Ostafrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309
Der Weisse in schwarzer Sicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312
Johannesburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315
Zyklon über Madagaskar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316
Auf den Kanarischen Inseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319
Der Nordostpassat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319
Der Pik des Teide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321
4.9.1
"Gebet an die Masken"
Als Hintergrundinformation zum Text "Gebet an die Masken" liefert der Autor folgenden Text (S. 260), der
ein Bild eines Afrikaners zeichnet, dass dem Hoffnungsbild der damaligen Zeit - vor der Unabhängigkeit
vieler Staaten Afrikas - entsprach: dem europäisch gebildeten Menschen, der seine afrikanischen Wurzeln
nicht verleugnet und aus den beiden Kulturen eine sinnvolle Synthese zu schaffen vermag:
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 121
Geographielehrmittel: Harms Erdkunde - Die Welt in allen Zonen (1961)
Leopold Sedar Senghor ist am 9. Oktober 1906 in Joal-la Portugaise, Senegambien, geboren und heute Professor für
afrikanische Sprachen an der Ecole Nationale de la France d'Outremer, Abgeordneter Senegals in der französischen
Nationalversammlung und Mitglied der Beratenden Versammlung des Europa-Rats. Nach Herkunft und Geburt Afrikaner,
nach Erziehung und Bildung Franzose, gilt Senghor als Muster geglückter Assimilation.
Frankreich verfolgte lange Zeit die sogenannte Politik der Assimilation, d.h. die Bewohner der (ehemaligen)
Kolonien sollten langsam aber sicher zu "guten französischen Staatsbürgern" erzogen werden. Positiv an dieser
Politik war die Möglichkeit für schwarze Intellektuelle, eine Ausbildung in Frankreich selbst zu erlangen und
sich so ein Bild über einen Teil der Kultur des Kolonisators zu machen. Andererseits führte diese Politik zu
einer Entfremdung, ja sogar Verachtung der eigenen Kultur bei nicht wenigen Intellektuellen der betroffenen
Länder.
Diese Hin- und Hergerissenheit zwischen zwei Kulturkreisen spricht der Autor an, wenn er in seinem Text
weiterfährt (S. 260):
Ein schwarzer Franzose? Ein französischer Westafrikaner? Das eine mag für den Politiker gelten, das andere mögen ihm
stolze Missionslehrer lobend, gestrige Kolonialherren abfällig nachrufen. Für den Dichter trifft beides nicht zu.
Der geistsprühende, parkettgewandte Franzose zeigt als Lyriker, dass er nichts aufgab vom afrikanischen Erbe- und der
afrikanische Mahner, Deuter, Werber und Ankläger zeigt als Dichter und Weltmann, dass ihm christlicher Glaube,
französische Sprache, europäische Kleidung keine Hülsen sind, die er bedarfsweise anlegt oder abwirft.
Er ist, auch wenn er sich bescheiden selbst so nennt, kein "kultureller Mischling", der, seiner Erbkultur schon halb
verfremdet und der Fremdkultur erst halb erschlossen, wurzellos zwischen beiden triebe. Nein, er ist Vollafrikaner und
Volleuropäer, Vorbild vielleicht eines möglichen Menschentyps der Zukunft: des Eurafrikaners, der in zwei Traditionen
verwurzelt, beide harmonisch vereint.
Mit einer solcherart gebildeten afrikanischen Elite sollten die afrikanischen Staaten dem Fortschritt entgegengeführt und gleichzeitig die Bindung mit dem kolonialen "Mutterland" aufrechterhalten werden. Die Bindung
der afrikanischen Staaten an die Kolonialmächte hatte sich, durch Unabhängigkeitserklärungen verschiedener
Gebiete, zur Zeit des Erscheinens des Buches bereits in Teilen Afrikas aufgelöst. Die Hoffnungen und Träume,
die die neuen Staaten Anfang der sechziger Jahre antrieb, haben sich zu einem grossen Teil nicht erfüllt.
4.9.2
"Afrika, bevor die Europäer kamen"
Im Text "Afrika, bevor die Europäer kamen" auf der Seite 262, der hier in seiner vollen Länge wiedergegeben
werden soll, von Leo Frobenius, einem der bekanntesten und bedeutendsten Afrikaforscher seiner Zeit, - sein
Bericht dient sozusagen als Beweisstück des Wissens um die tatsächlichen Leistungen der schwarzafrikanischen Völker, welche aber in noch allzuvielen Lehrmitteln bis in die letzten Jahre hinein ignoriert wurden, und
für die es aufgrund dieses und anderer Texte eigentlich keine Entschuldigung gibt - werden kurz die Lebensweise und Errungenschaften einiger afrikanischer Völker in der Zeit vor dem 15. Jahrhundert beschrieben:
Als die ersten europäischen Seefahrer in die Bai von Guinea kamen und bei Weida Land betraten, waren die Kapitäne sehr
erstaunt. Sorgfältig angelegte Strassen, auf viele Meilen ohne Unterbrechung eingefasst von angepflanzten Bäumen;
Tagereisen weit nichts als mit prächtigen Feldern bedecktes Land, Menschen in prunkenden Gewändern aus
selbstgewebten Stoffen! Weiter im Süden dann, im Königreiche Kongo, eine Überfülle von Menschen, die in Seide und
Samt gekleidet waren, eine bis ins kleinste durchgeführte Ordnung grosser, wohlgegliederter Staaten, machtvolle
Herrscher, üppige Industrien, - Kultur bis in die Knochen! Als ebendies erwies sich der Zustand in den Ländern auf der
Ostseite, zum Beispiel an der Mozambiqueküste.
Aus den Berichten der Seefahrer vom 15. bis zum 17. Jahrhundert geht ohne jeden Zweifel hervor, dass das vom
Saharawüstengürtel gen Süden sich erstreckende Negerafrika damals noch in der vollen Schönheit harmonisch
wohlgebildeter Kulturen blühte. Eine Blüte, die europäische Konquistadoren, soweit sie vorzudringen vermochten,
zerstörten. Denn das neue Land Amerika brauchte Sklaven; Afrika bot Sklaven. Sklaven zu Hunderten, Tausenden,
schiffsladungsweise! Der Menschenhandel war jedoch niemals ein leicht zu verantwortendes Geschäft. Es erforderte eine
Rechtfertigung. So wurde der Begriff Fetisch als Symbol einer afrikanischen Religion erfunden. Eine europäische
Fabrikmarke! Ich selbst habe in keinem Teil Afrikas die Fetischanschauung bei Negern gefunden. Die Vorstellung vom
'barbarischen Neger' ist eine Schöpfung Europas.
(Zum Sklavenhandel siehe auch die Seiten 115 und 130 dieser Arbeit.) Frobenius zeichnet hier mit deutlichen
Worten ein Bild, das obwohl einseitig, denn er verschweigt traurigere Kapitel der afrikanischen Geschichte,
die ebenso wie die Geschichte anderer Kontinente Höhen und Tiefen aufweist, der Wahrheit wohl näher
kommt als die üblicherweise porträtierten Charakterbilder von den "Wilden" und "Primitiven" Afrikas, die
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 122
Geographielehrmittel: Harms Erdkunde - Die Welt in allen Zonen (1961)
auch in heute noch im Schulgebrauch befindlichen Lehrmitteln (siehe die Besprechung von Oskar Bärs "Geographie der Kontinente" auf den Seiten 339f. dieser Arbeit) anzutreffen sind.
4.9.3
"Weisse Farmerin unter Schwarzen"
Tanja Blixen - die 1913 nach Kenia zog um eine Kaffeeplantage zu leiten, und von der die Kenianer sagten:
"Hier ist sie, wo sie nicht sein sollte", 1931 nach dem Konkurs ihrer Unternehmung nach Europa zurückkehrte
dort ihren weltberühmt gewordenen Roman "Out of Africa" über den "Lustgarten Afrika", den es so nie gegeben hat, schrieb (Leippe 1985) - spricht in dem von ihr übernommenen Text "Weisse Farmerin unter Schwarzen" auf der Seite 263 die Schwierigkeiten der Kommunikation zwischen ihr und der einheimischen Bevölkerung an, die wohl zu einem guten Teil auf die Erfahrung der Afrikaner mit der britischen Besetzungsmacht in
Kenia zurückzuführen sind und die in ähnlicher Art überall dort zu Missverständnissen führen können wo das
"afrikanische" Wertesystem auf das "europäische" trifft:
Ehe man den Schwarzen genau kennt, gelingt es einem kaum, von ihm eine gerade Antwort zu bekommen. Auf die direkte
Frage, etwa, wieviel Kühe er besitzt, gibt er eine ausweichende Antwort: "So viele, wie ich dir gestern sagte." Es geht
einem Europäer gegen das Gefühl, solch eine Antwort hinzunehmen, aber wahrscheinlich geht es einem Schwarzen ebenso
gegen das Gefühl, so geradezu gefragt zu werden. Wenn wir drängten oder versuchten, den Leuten eine Erklärung ihres
Benehmens abzupressen, dann zogen sie sich zurück, solange es ging, und kehrten dann irgendeinen grotesken lustigen
Spass hervor, um uns auf falsche Spur zu lenken. Sogar kleine Kinder bewiesen in einer solchen Lage die Abgefeimtheit
alter Pokerspieler, denen es ganz gleich ist, ob man ihre Karten unterschätzt oder überschätzt, solange man nur nicht weiss,
was sie wirklich in der Hand halten. Da, wo wir an die Grundlage ihrer Existenz rührten, benahmen sich die Schwarzen wie
Ameisen, in deren Haufen man mit einem Stock hineinsticht: sie besserten den Schaden mit unermüdlicher Kraft rasch und
ruhig aus, als gelte es, eine Unschicklichkeit zu vertuschen.
Schwierigkeiten der beschriebenen Art dienen im besten Fall der Belustigung aller Beteiligten, im schlimmsten Fall können sie zu Fehlentscheidungen führen, die weitere Konsequenzen nach sich ziehen.
Leider kommt es in der Begegnung zwischen Menschen aus den Industrienationen, die als Tourist, als "Entwicklungsexperte" mit dem Ideal des Helfenwollens, oder aus reiner Profitgier ein schwarzafrikanisches Land
besuchen, und der einheimischen Bevölkerung oft zu solchen Missverständnissen. Diese bleiben dem kurzfristig verweilenden Besucher allzu oft verborgen, da viele schwarzafrikanische Völker eine Kultur der minimalen Konfrontation pflegen, wie sie in ähnlicher Weise aus Japan und China bekanntgeworden ist. Wer also
nicht sehr genau hinhört, läuft Gefahr, lange Zeit eine falsche Vorstellung von den tatsächlichen Absichten
und Wünschen seines Gegenübers mit sich herumzutragen. (Zu Kenia siehe auch die Seite 165 dieser Arbeit.)
4.9.4
Kunst in Benin
Hermann Baumann beschreibt im Text "Kunst in Benin", aus welchem hier drei Abschnitte diskutiert werden
sollen, den Reichtum und die Kultur des historischen Königreiches Benin, das geographisch mit dem heutigen
Staat gleichen Namens nicht deckungsgleich ist, sondern auf dem Gebiet des heutigen Nigerias lag.
In einem ersten Abschnitt auf der Seite 269 beschreibt der Autor, was der Holländer Samuel Blomert, der
Benin zur Zeit der Hochblüte bereiste, in einem von Dapper 1668 veröffentlichtem Buch über die Hauptstadt
des Königreichs Benin zu berichten wusste:
...Die Stadt Benin selbst, Herz und Residenz des Königreiches, war auf einer Seite mit einer zwei Meter hohen Mauer aus
Palisaden, die mit rotem Lehm gedichtet waren, umgeben. Auf der anderen Seite begrenzten Busch und Morast die
ungewöhnlich grosse Stadt. Auffallend gradlinige Strassen zerschnitten das Stadtbild; die Gehöfte selbst waren wieder von
Mauern umgeben, und die Häuser hatten viele Gemächer mit spiegelblank geriebenen Wänden und Decken. Der
Königspalast wird von Dapper ziemlich gut charakterisiert. Das mit Palmblättern bedeckte Dach ruht auf hölzernen Säulen,
die von unten bis oben mit Messing (d. h. Bronzeplatten) belegt waren, "darauf ihre Kriegstaten und Feldschlachten
abgebildet sind". Die Dächer der Häuser zeigen oft kleine Türme, welche mit aus Kupfer gegossenen Vögeln besetzt sind...
Ein Bild das sich in ganz wesentlichen Zügen von Berichten unterscheidet, die in nicht wenigen Lehrmitteln
zu finden sind und die sich ganz der Lehm- und Strohhüttenromantik ergeben, und als nur ein Beispiel für
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 123
Geographielehrmittel: Harms Erdkunde - Die Welt in allen Zonen (1961)
eine, im europäischen Sinne gedachten Hochkultur in der langen Geschichte Afrikas zeugt. (Eine weitere
Beschreibung der Stadt Benin findet sich im Teil "Überblick über die Geschichte Schwarzafrikas" auf der
Seite 29 dieser Arbeit.) Baumann kommt anschliessend auf die Schattenseiten dieser Kultur zu sprechen (S.
269):
Die Herrschsucht des Königs war ungewöhnlich und ungehemmt, wie in fast allen Despotien Westafrikas. Menschenopfer
- oft 23 am Tage - wurden bei der Königsbestattung und bei den jährlichen Gedenkfeiern für den verstorbenen Herrscher
dargebracht. Eine ununterbrochene Kette blutigster Untaten kennzeichnet den Weg der Benin-Dynastie und ihrer höfischen
Kultur, und es ist bezeichnend, dass mit dem Schwinden der künstlerischen Erlebniskraft des Beninvolkes diese durch das
Verlangen dämonischer Mächte und religiöse Übersteigerung ausgelöste hemmungslose Blutgier zu wachsen schien.
Im Gegensatz zu der Bezeichnung Baumanns der westafrikanischen Reiche als "Despotien", wurden diese
zwar von Herrschern mit sehr weitreichenden Befugnissen regiert, der König selbst war aber einer Vielzahl
von Vorschriften und Kontrollen unterworfen, die, hielt er sie nicht ein, zu seinem Sturz oder Schlimmerem
führen konnten.
Die von Baumann beschriebenen "Menschenopfer", dienten nicht dazu, die Götter zu versöhnen, stellten also
keine Opfer im eigentlichen Sinne dar, sondern Hintergrund der Handlungsweise war die Idee, den verstorbenen König auf seine Reise in die "andere Welt" mit Dienern zu versorgen. Ausserdem gibt es Anzeichen dafür,
dass sich die Handlungsweise logisch begründen lässt, wenngleich sie in europäischen Augen dadurch ethisch
nicht vertretbarer wird: So wurde die Gefahr für den König, vergiftet zu werden, durch das Wissen der Köche,
dass sie ihrem Herrscher in den Tod folgen würden, sicher verringert.
Aus heutiger Sicht scheinen diese Praktiken höchst befremdlich, und es wird kaum einen Schwarzafrikaner
gegen, der nicht auch so empfindet. Die von Baumann erwähnte "hemmungslose Blutgier" konnte mit Hilfe
anderer Quellen jedoch nicht verifiziert werden.
In einem letzten Abschnitt soll Baumann nun zu den in der Zwischenzeit weltberühmten Skulpturen von Benin
zu Wort kommen (S. 270), deren Schönheit sich in Worten nur schwer fassen lässt und die in einem Bildband
aufzustöbern ein lohnendes Unterfangen ist:
Dieser Bronzeguss ist das Erstaunlichste der Beninkultur. Die Vollendung der Technik des Giessens in verlorener Form
(cire perdue) ist derart ungewöhnlich, dass man es versteht, wenn Gelehrte ernsthaft an indische oder europäische
Lehrmeister in Benin dachten. Doch ist man heute wohl allgemein von diesen Vermutungen - mehr als solche waren es nie
- abgekommen, und man sieht jetzt immer mehr in allen Beninkunstwerken den typisch afrikanischen Stil. Wir wissen
heute, dass in Benin wohl eine selten hohe Fertigkeit in dieser Technik erreicht wurde, dass aber von der Goldküste bis
Kamerun ein altes Bronzegiessergebiet bestand, dessen Beziehungen mit dem alten Mittelmeergebiet viel tiefer in die
Geschichte hineinreichen als die kolonialen Einflüsse Europas in Westafrika.
Die damalige Sichtweise auf Afrika wird durch die Bemerkung über "indische und europäische Lehrmeister"
deutlich. Den Schwarzafrikanern wurde nicht zugetraut, aus eigenen Kräften eine hohe Fertigkeit auf irgendeinem Gebiet zu erlangen, respektive eine eigene Kultur, die diesen Namen auch verdient hätte, zu schaffen.
Selbst nach der Korrektur dieses Irrtums bezüglich der Erzeugnisse Benins, hält Baumann an der Einflussnahme aus dem Mittelmeergebiet fest, auch wenn diese zurückdatiert wird, ohne seine Annahme zu begründen.
Die vielfältigen Handelsbeziehungen der vorkolonialen afrikanischen Reiche wird in besseren Geschichtsbüchern über den afrikanischen Kontinent im Detail dargestellt, hier sei auf den Teil "Überblick über die
Geschichte Schwarzafrikas" ab der Seite 25 dieser Arbeit hingewiesen. (Zu Nigeria siehe auch die Seite 126
dieser Arbeit.)
4.9.5
"Was bei den Weissen anders ist als bei den Schwarzen"
Als typisches Beispiel für das mangelnde Verständnis gegenüber der schwarzafrikanischen Kultur und
unzulässigen Verallgemeinerungen, aufgrund von Einzelerlebnissen oder der Erfahrung mit einer Volksgruppe,
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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Geographielehrmittel: Harms Erdkunde - Die Welt in allen Zonen (1961)
auf einen ganzen Kontinent - deren sich viele oft nicht erwehren können, die aber glücklicherweise nur wenige
zu Papier bringen - mag der Text "Was bei den Weissen anders ist als bei den Schwarzen" von Albert Schweitzer, dessen Texte über die einheimische Bevölkerung Afrikas oft nicht über alle Zweifel erhaben sind, auf den
Seiten 271-273 dienen. Zur Diskussion soll hier nur ein Ausschnitt aus seinen Betrachtungen über den "Brautpreis" (S.272), der bei weitem nicht allen Völkern Schwarzafrikas bekannt ist, angeführt werden :
Frauen sind hier ein Wertobjekt. Vom Augenblick der Geburt eines Mädchens an stellen die Angehörigen das Kapital, das
das bedeutet, in Rechnung. Von Jugend auf ist diese Betrachtungsweise dem Schwarzen geläufig. Als eine weisse Dame in
meinem Spital Zwillingstöchter gebar und die Kinderchen dem Boy gezeigt wurden, wusste dieser dem Vater nichts
anderes zu sagen als: "Jetzt bist du aber reich!"
Da es in den meisten Ländern Afrikas keine Rentenversorgung gibt, wie sie in vielen Länder Europas üblich
ist, sind eigene Kinder ein Garant für die Versorgung im Alter. Es ist für eine schwarzafrikanische Frau sehr
schwierig kinderlos zu bleiben, da Kinderlosigkeit in vielen afrikanischen Gesellschaften als Unglück oder gar
als "Strafe der Götter" angesehen wird. Afrikanerinnen besitzen vergleichsweise wenige der Rechte, die einer
Frau in Europa zugestanden werden, allerdings kann sie auch in einer Weise schalten und walten, die wohl
viele Europäerinnen in Erstaunen versetzen würde.
Interessant ist die Reaktion des Bediensteten, im Text als Boy bezeichnet, gibt es doch Völker in Afrika, bei
denen eine Zwillingsgeburt als Unglück angesehen wird.
Da die Frau bei der Heirat in gewissen Volksgruppen ihre Familie verlässt, und damit nicht mehr für ihre
Eltern sorgen kann, bezahlt der Bräutigam oftmals einen "Brautpreis", der aber sehr unterschiedlich ausfallen
kann. Besonders in bessergestellten Familien gewisser Völker kann es dabei auch heute noch zu übertriebenen
Forderungen seitens der Eltern kommen. Dabei spielt aber weniger Geldgier, als vielmehr Prestigedenken "nicht jeder kann in unsere Familie einheiraten" - eine Rolle. Schweitzer schildert weiter, was für Folgen ein
überhöhter "Brautpreis" haben kann (S. 272):
Das ganze Leben des Schwarzen ist durch die mit der Verheiratung verbundene Geldangelegenheit beherrscht. Um sich die
Mittel zum Kaufe einer Frau zu erwerben, sucht er vom sechzehnten Jahre an eine Verdienstmöglichkeit. Oft muss er sich
zu diesem Zwecke entschliessen, sein Dorf zu verlassen und irgendwo bei einem Weissen eine Stelle anzunehmen. Was er
auf diese Weise in drei bis vier Jahren zusammenbringt, reicht zur Bezahlung der Frau bei weitem nicht hin. Der verlangte
Preis ist gewöhnlich so hoch, dass er das, was ein Eingeborener in zehnjähriger Arbeit beiseite legen kann, übersteigt. Also
heiratet er, indem er die Frau auf Abzahlung kauft. Sein Vater, oder, wenn dieser nicht mehr am Leben ist, ein älterer
Bruder, müssen ihm für die erste Anzahlung, die er zu machen hat, behilflich sein und die Garantie für die Ratenzahlung
übernehmen.
Auch wenn der "Brautpreis" relativ moderat ausfällt - er gilt auch als Beweis dafür, dass der Mann in der Lage
ist, seine zukünftige Familie zu ernähren - bietet er doch für viele eine zumindest zeitweilig kaum zu überbrückende Hürde, die letztendlich dazu führt, dass sich Frauen als alleinerziehende Mütter durch das Leben
schlagen müssen. Allerdings gibt es auch Studien, die darauf hinweisen, dass der "Brautpreis" auf lange Sicht
einen gesellschaftlichen Nutzen erbringt, indem er zum Beispiel zur Bremsung des Bevölkerungswachstums
beiträgt. Zudem drückt sich in ihm heute eine Bekenntnis zu traditionellen Werten und die Hochachtung vor
der "erworbenen" Frau aus, die durch die Bezahlung des "Brautpreises" nicht in erster Linie in den Besitz des
Mannes übergeht, sondern von ihrer Familie in die Familie des Mannes überwechselt. Der Brautpreis ist also
letztlich nicht eine Sache zwischen Bräutigam und Schwiegereltern, sondern dient der Verbindung zweier
Familien und ist deshalb ein sozialer Kontrakt, der mehr als nur zwei Menschen betrifft. (Zum "Brautpreis"
siehe auch die Seiten 106 und 330 dieser Arbeit.)
Ähnlich fragwürdig wie der erste Text Albert Schweitzers ist, aus den bereits angeführten Gründen, auch der
zweite über "Tabus" auf den Seiten 273-274. (Zu Albert Schweitzer und seinem Werk siehe auch die Seite 209
dieser Arbeit.)
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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Geographielehrmittel: Harms Erdkunde - Die Welt in allen Zonen (1961)
4.9.6
Totengesang der Pygmäen
Der auf der Seite 300 zu findende "Totengesang der Pygmäen" soll hier wiedergegeben werden, da er in
verschiedenen Büchern unterschiedlich beurteilt wird:
Das ist die grosse Kälte der Nacht, das ist das Dunkel.
Der Mensch ist vorübergegangen, der Schatten verschwunden,
Der Gefangene ist frei.
Schöpfer Gott, Schöpfer Gott, zu Dir geht unser Rufen.
Ihr Sterne habt es besser.
Der Vater Mond stirbt und kehrt zurück.
Die Mutter Sonne stirbt und kehrt zurück.
Ihr Sterne habt es besser.
O Sonne, o Sonne!
Der Tod kommt, das Ende naht, der Baum fällt und stirbt.
O Sonne, o Sonne!
Das Kind wird im Schoss der Mutter geboren,
Der Tote lebt, der Mensch lebt, die Sonne lebt.
O Sonne, o Sonne!
(Zu den "Pygmäen" siehe auch die Seiten 115 und 141 dieser Arbeit.) Theodor Bohner schreibt auf der gleichen Seite zu diesem Gedicht:
Der französische Missionar Trilles teilte das Leben mit Pygmäen in Äquatorial-Afrika, fand bald Vertrauen. Er hat
Totengesänge von ihnen aufgezeichnet. Nach solchen Gesängen verbrannten die Zwerge Habe und Hütte des Toten, damit
er nicht zurückkommen möge.
Im Anbetracht der einfachen Behausungen und der Tatsache, dass andere Bewohner des Regenwaldes in dokumentierten Fällen bei dem Verdacht auf Seuchengefahr ihre Dörfer isolierten und die Hütten der Kranken
verbrannten, kommt dieser Verhaltensweise vielleicht mehr als eine rein "spirituelle" Bedeutung zu.
In dem weiter hinten diskutiertem Werk "Geographie" von Widrig heisst es hingegen noch in der "7., durchgesehenen Auflage" von 1967 im Zusammenhang mit dem gleichen Text (Widrig 1967, S. 305): "Bei anderen
Lieder täuscht man sich jedoch, wenn man in ihnen Gedankentiefe vermutet. Zusammenhängende Gedanken
können kaum herausgelesen werden." Der Leser möge sich in diesem Falle seine eigenen Gedanken machen
und dabei berücksichtigen, dass solche Texte oft zumindest zwei Übersetzungen erfahren haben
4.9.7
"Amos Tutuola: Ein schwarzer Dichter"
Im Text "Amos Tutuola: Ein schwarzer Dichter" auf Seite 303 skizziert Janheinz Jahn Leben und Werk des
afrikanischen Poeten, dessen Geschichte "Gefährlich, im Busch zu wandern, aber gefährlicher, auf der Strasse
der Toten" - einer Variation der Geschichte des ewig hungrigen und nimmersatten Fabelwesens, die in der
Form des Märchens in Afrika verbreitet und auch in Europa nicht unbekannt ist - auf den Seiten 304-305 abgedruckt wird. Der Text Jahns soll hier leicht gekürzt wiedergegeben werden, da er für das Leben vieler afrikanischer Intellektueller typische Lebensumstände schildert:
Amos Tutuola ist 1920 in Abeokuta geboren, der grossen Stadt "unter dem Felsen" in Westnigeria. Sein Stamm, der Stamm
Yoruba mit über vier Millionen Menschen, wohnt im unteren Nigerknie bis hin zur Küste, die auf vielen Karten immer
noch Sklaven-Küste heisst... Tutuola kam mit vierzehn Jahren in die Heilsarmee-Schule seiner Vaterstadt. Da seine
Begabung auffiel, nahm ihn schon zwei Jahre später die höhere Schule in Lagos auf. Er konnte die Ausbildung nicht
vollenden: 1939 starb sein Vater, und da die Familie das Schulgeld nicht weiterhin aufbringen konnte, ging er aufs Feld
und baute Getreide an. Er wollte die Ernte verkaufen und so sein Schulgeld bezahlen, doch fiel in jenem Jahr kein Regen,
und sein Getreide gedieh nicht. Da wurde er Kupferschmied, zunächst in der Werkstatt seines Bruders, dann drei Jahre lang
während des Krieges in der Royal Air Force in Nigeria. Nach seiner Entlassung wollte er sein Handwerk auf eigene
Rechnung betreiben, doch fehlte es ihm am Grundkapital. Er wurde Angestellter im Labour Department in Lagos. Damit
unzufrieden, begann er zu schreiben.
(Zu Nigeria siehe auch die Seiten 123 und 157 dieser Arbeit.)
Tutuola stellt unserer realen Welt eine Welt höherer, ursprünglicherer Realität gegenüber: den afrikanischen
Kräfte-Kosmos, in dem Leben und Tod, Wirkliches und Vorgestelltes zusammenfallen. Es ist die über-real(istisch)e Welt,
zu der die Surrealisten in ihren Werken vordringen wollten. Das afrikanische Bewusstsein hat jenen unmittelbaren Kontakt
mit dem Unbewussten, jenen Ansatzpunkt des Geistes, den die Surrealisten ahnten und suchten.
In dem Epos "Der Palmweintrinker" zieht der Held zur Totenstadt und besteht auf dem Hin- und Rückweg zahllose
Abenteuer im unheimlichen Busch mit seltsamen Wesen, über deren Existenz er sich nicht wundert. Sie sind für ihn real
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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Geographielehrmittel: Harms Erdkunde - Die Welt in allen Zonen (1961)
vorhanden, er geht mit ihnen um wie mit den Lebenden und mit den Toten. Wenn er seine Djujus, seine Zauberkräfte,
anwendet, wird er selbst zu einem der seltsamen Wesen. Tutuola glaubt an sie, wie Millionen Afrikaner an sie glauben.
Neben der Schilderung eines wechselhaften Lebenslaufes fallen einige Sätze, die eine nähere Betrachtung
verdienen. So wird das Volk Tutuolas, die Yoruba, als "Stamm" bezeichnet, obwohl es, wie im Text vermerkt
wird, "über vier Millionen Menschen" zählt. Eine Wortwahl, die auf die schwarzafrikanischen Völker immer
wieder zu Unrecht angewandt wird, denn wie Okwudiba Nnoli in "Tribalism or Ethnicity: Ideology versus
Science" 1978 schrieb: "Was machen 2 Millionen Norweger zu einem Volk und ebenso viele Baganda zu
einem Stamm? Ein paar Hunderttausend Isländer zu einem Volk und 14 Millionen Hausa-Fulani zu einem
Stamm? Es gibt dafür nur eine Erklärung: Rassismus..." (Jestel 1982, S. 102)
4.9.8
"Der Weisse in schwarzer Sicht"
Auf den Seiten 312-314 schafft es Peter Sulzer in seinem Text "Der Weisse in schwarzer Sicht", durch die
Umkehrung der Sichtweise, nicht unähnlich Albert Schweitzer in "Was bei den Weissen anders ist als bei den
Schwarzen", soweit vom eigentlichen Thema abzukommen, dass auch einige für diese Arbeit interessante
Sätze über die einheimische schwarze Bevölkerung Südafrikas fallen. Sulzer benutzt die zitierte Sichtweise der
Afrikaner als Entschuldigung für seine eigenen rassistischen Bemerkungen. Dabei beschränkt er sich nicht nur
auf Seitenhiebe gegen die schwarze Bevölkerung, er ist sich auch nicht zu schade, über Leute herzuziehen, die
an ein Zusammenleben von "Schwarz und Weiss" glauben oder sonst mit der einheimischen Bevölkerung
häufig in Kontakt kommen (S.312):
...Missionare, Regierungsbeamte der Eingeborenenverwaltung, Anthropologen und "Kafferboeties"..., jene Kaffernbrüder
oder Kaffernschwärmer also, die seit den Zeiten van der Kempfs und dem ersten Auftreten der Londoner
Missionsgesellschaft immer wieder den Versuch unternommen haben, den Schwarzen als gleichberechtigten Bruder zu
behandeln. Kafferboeties sind Leute, die einer sentimentalen, der europäischen Gesellschaft schädlichen Liebhaberei für
Eingeborene huldigen.
Nach Sulzers Ansicht handelt es sich bei einem schwarzen Südafrikaner also nicht um einen "gleichberechtigten Bruder". Nur schon der Versuch einer solchen Sichtweise ist für ihn eine für die "europäische Gesellschaft
schädliche Liebhaberei".
Weiter lässt er einen Weissen zu Wort kommen, der aussagt, "es gebe hier zu viele Schwarze" (S. 313), was in
Anbetracht der geschichtlichen Realität eine Frechheit ist, die sich aber bis heute in der "Besorgnis" gewisser
Autoren über die Überbevölkerung in den Ländern der "Weltmeister im Kinderkriegen" (Michler 1991, 359)
wiederholt. Auf der gleichen Seite schreibt Sulzer:
Und wenn bei unserem ersten Eindruck vom Schwarzen das Affenähnliche überwiegt, so gelten andererseits auch wir den
Afrikanern nicht sogleich als Menschen...
...Es steht ausser Zweifel, dass der Afrikaner bei seiner Begegnung mit dem weissen Mann in uns das Übermenschliche,
göttergleich Mächtige zu erkennen glaubte. Schon vor dem Auftreten der Europäer in Südafrika bahnten wohl Sage und
Glaube dieser Vorstellung den Weg.
Sulzer führt als Entschuldigung für seine unqualifizierten Bemerkungen also an, dass Afrikaner die Europäer
in einem ähnlichen Licht sehen würden. Dies widerspricht der Gastfreundlichkeit, die viele Europäer, sofern
sie sich nicht selbst als "weisse Götter" deklarieren, in weiten Teilen Afrikas immer wieder erleben durften.
Gleichzeitig versperrt eine solche Bemerkung auch den Zugang zu einer sachlichen Betrachtung rassistischer
Tendenzen bei den Völkern Schwarzafrikas, die durchaus latent vorhanden sind, und sich bei passender Gelegenheit, wie beispielsweise in Ruanda, gewalttätig äussern können.
Die Vorstellung des "göttergleichen" Weissen dürfte spätestens seit den beiden Weltkriegen von vielen Afrikanern angezweifelt werden, allerdings hat sich eine gewisse Bewunderung im Hinblick auf die technische
Innovationsfreude des "weissen Mannes" in vielen Teilen der Bevölkerung gehalten. Zu dieser Bewunderung
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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tragen auch die Filme Hollywoods bei, die ein Bild besonders von Amerika vermitteln, das weitab von der
Realität liegt. Sulzer fährt fort (S.314):
Der Schwarze fühlt sich dem Apparat des weissen Staates, in dem er lebt, machtlos preisgegeben. Hinter jeder Massnahme,
sei sie auch noch so gut gemeint, sieht er eine absichtlich gegen ihn gerichtete Finte. Die fieberhafte Hast, mit der, nach
Ansicht der Afrikaner, manche Gesetze im Parlament durchgepeitscht werden, weckt von vornherein den Verdacht des
schwarzen Mannes...
Angesichts der damaligen Situation in Südafrika, in Anbetracht der durch die Weissen verabschiedeten Gesetze kann diese Einstellung der schwarzen Südafrikaner kaum verwundern.
...Die Logik des europäischen Gerichtsverfahrens schlägt dem Rechtsempfinden des Afrikaners oft geradezu ins Gesicht.
Nicht nur widerstrebt ihm der Eingriff der Polizei, wo der Verbrecher auf frischer Tat ertappt wird, die Art und Weise, wie
der Schuldige gefunden wird, die Urteilsverkündung nach Paragraphen und der Freispruch im Falle mangelnder Indizien;
die Verteidigungsreden erscheinen dem einfachen Schwarzen als ein Ränke- und Possenspiel, in dem er aus Mangel an
Sachkenntnis, und weil die Advokaten zu teuer sind, notwendigerweise den Kürzeren ziehen muss,...
...Während die britische Justiz in Südafrika noch vor fünfundzwanzig Jahren... bei den gebildeten Afrikanern einen
ausgezeichneten Ruf genossen hatte, scheint heute das Vertrauen dieser Kreise in die Rechtsprechung der Weissen
empfindlich geschädigt, wenn nicht erschüttert zu sein.
Es sei hier auf die Arbeit der "Truth and Reconcilliaton Commission" in Südafrika hingewiesen, die fast
unglaubliche Geschichten der Unterdrückung und Menschenverachtung seitens der damaligen "weissen"
Regierung zu Tage gefördert hat. So wurden im Verlauf der Kommissionsarbeit Forschungsprojekte aufgedeckt, die auf die Vernichtung der Schwarzen Südafrikas mittels speziell zu entwickelnder chemischer und
biologischer Waffen abzielten. Oppositionelle schwarze Politiker sollten durch verabreichte Gifte in der Haft
verblöden oder eliminiert werden. (TA 15.06.98, S. 5) Sulzer fährt fort (S. 314):
Vom Medizinmann und Zauberer, der er ursprünglich war, verwandelt sich der Europäer für den Bantuneger mehr und
mehr in den rücksichtslosen, stets berechnenden und nur auf materiellen Nutzen bedachten Machtmenschen. Nur
verhältnismässig wenige der Gebildeten und Halbgebildeten besitzen den nötigen Abstand zu den afrikanischen
Gegenwartssorgen, um den weissen Mann in seiner Ganzheit zu sehen.
Hat man nur eine schwache Ahnung der Zustände im damaligen Südafrika, die immerhin zu einem Ausschluss
aus dem ehemals britisch dominierten "Common Wealth" und später zu Sanktionen seitens der UNO führten,
erkennt man, dass dieser Text wohl in ähnlicher politischer Absicht entstanden ist, wie das auf der Seite 2
dieser Arbeit abgedruckte Zitat aus der Personalzeitung einer Schweizer Grossbank von 1960 und nur als blanker Zynismus verstanden werden kann.
4.9.9
Zusammenfassung
Zusammengefasst hinterlässt der Band "Die Welt in allen Zonen" einen gemischten Eindruck, da er einerseits
umfangreiches Material - darunter auch Texte von schwarzen Afrikanern abdruckt - diese jedoch, auch wenn
sie eindeutig rassistische Töne anschlagen, wie etwa im letzten aufgezeigten Beispiel, unkommentiert wiedergibt. Insgesamt spiegeln die Texte das damalige zerissene Bild der Weissen, die einerseits froh darüber waren,
sich gewisser Altlasten glimpflich entledigt zu haben - viele Kolonien waren auf dem Weg zur Unabhängigkeit. Andererseits blickten sie, in denen für sie nach wie vor nützlichen Gebieten der gemässigteren Klimate,
gerade dieser Entwicklung mit Unbehagen entgegen. Bei der Verteidigung des Status quo sollten sie in den
folgenden Jahren in den Länder Süd- und Ostafrikas, wenig Skrupel in der Wahl der Mittel zeigen. Diese
Entwicklung wurde durch die Vermittlung des Bildes eines "unterentwickelten" und "unreifen" Schwarzen
wenn nicht gefördert, so doch massgeblich unterstützt, denn man das eigene Handeln mutierte damit "zum
Guten der bedauernswerten Kreaturen".
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 128
Geographielehrmittel: Schweizerischer Mittelschulatlas (1962)
4.10 Schweizerischer Mittelschulatlas (1962)
Der 144 Seiten starke "Schweizerische Mittelschulatlas" von 1962 bildet Karten von Afrika auf den Seiten
102-107 ab. Die Doppelseite 102-103 zeigt drei kleine Karten zur Tektonik, den Niederschlägen und der Vegetation, und eine grosse Übersichtskarte mit dem Massstab 1:30 Mio. Die Seite 104 zeigt eine Karte der Atlasländer, die Seite 105 vier kleinere Karten zu Ostafrika, Tunis, Kapstadt und Südafrika. Die Seite 106 bildet
eine Karte zur Wirtschaft im Massstab 1:45 Mio. ab, sowie zwei kleinere Karten auf denen "Produkte" aus der
Land- und Forstwirtschaft, sowie die "Volksdichte" ersichtlich sind. Die Seite 107 zeigt eine politische Karte
im Massstab 1:45 Mio. und zwei kleinere Karten zu den verschiedenen Völkern - sie werden in Indogermanen,
Türken, Semiten, Hamiten, Sudan-Neger, Bantu-Neger, Hottentotten, Buschmänner, Zwergvölker und Malaien
aufgeteilt - und den Religionen, wobei fast ganz Schwarzafrika den Naturreligionen zugehörend eingefärbt
wird.
Neben diesen speziell Afrika gewidmeten Seiten enthält der Band eine Reihe von Weltkarten auf den Seiten
132-141. Die Seiten 132-133 zeigen Klimakarten in der Zylinderprojektion, auf denen Afrika etwa gleichgross
wie Grönland erscheint. Die Seite 135 zeigt eine Halbkugel der Erde in der äquatorständigen orthographischen
Azimutalprojektion, auf der Afrika wieder zu klein erscheint, da es gegen den Rand der Karte hin abgebildet
wird. Drei weitere Weltkarten in der Zylinderprojektion bilden die Seiten 136-137 ab. Die Karte "Volksdichte"
auf der Seite gibt Afrika ungefähr im richtigen Grössenverhältnis wieder. Zwei weitere Karten zu Verkehr und
Wirtschaft auf den Seiten 139 und 140 geben die Kontinente flächentreu wieder. Dies gilt auch für die Karten
"Völker", "Religionen", "Produkte 1: Bodenschätze", "Produkte 2: Getreide", "Produkte 3: Kolonialprodukte"
und "Produkte 4: Industriepflanzen".
Da ein Grossteil der im Lehrmittel gezeigten Karten den afrikanischen Kontinent im Verhältnis zu klein abbildet, wird Afrika zu einem "Zwerg" unter den Kontinenten degradiert, obwohl es rund dreimal so gross wie
Europa ist. Damit verliert es im Bewusstsein der Leser an Bedeutung und wird zu einem blossen "Anhängsel"
im Süden Europas, womit eine Grundlage für eine undifferenzierte Sichtweise auf die Bewohner des
Kontinentes geschaffen wird, welche die nur wenig differenzierten Legenden noch verstärken: Beispielsweise
im Falle der Völkerkarte Afrikas, welche die eigentlichen Schwarzafrikaner in nur zwei Gruppen, die "SudanNeger" und die "Bantu-Neger" aufteilt.
Die Themen der Themenkarten wurden grösstenteils aus dem auf der Seite 109 dieser Arbeit besprochenen
"Schweizer Sekundarschulatlas" übernommen, wobei sie jedoch einer Anpassung, teilweise Neueinfärbung
unterzogen wurden.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 129
Geographielehrmittel: Geographie (1963)
4.11 Geographie (1963)
Die Neger Afrikas beschäftigen sich mit Viehzucht und Ackerbau und haben zum grossen Teil ihre Sitten und Gebräuche
beibehalten. Die meisten Negervölker treiben Ahnen- und Totenverehrung und glauben an Zauberei. Sie sehen in Steinen,
Lehmklumpen, Muscheln, Bäumen oder geschnitzten Holzfiguren ihre Geister (Fetische) und lassen sich durch Zauberer
und Medizinmänner helfen und beraten. Die Fetische werden oft mit Menschenblut oder Öl bestrichen und mit Nägeln
beschlagen, damit die Kräfte dieses Ölgötzen in der richtigen Art wirken. (S. 167)
Das 247 Seite starke thurgauische Lehrmittel "Geographie" aus dem Jahre 1963 basiert unter anderem auf den
Geographiebüchern von Hotz-Vosseler, Harms und Widrig, die an anderer Stelle ebenfalls Gegenstand der
Untersuchung dieser Arbeit sind. (Siehe dazu die Seiten 99, 121 und 135 dieser Arbeit.)
Nach einem allgemeingeographischen Teil (S. 11 - 37), in dem auf der Seite 19 Bevölkerungszahlen Afrikas
für die Jahre 1900, 1925 und 1961 angegeben werden; einem Zahlen- und Tabellenteil, der auch einige statistische Werte zu Afrika beinhaltet (S. 19, 45, 47, 50 und 51), befasst sich das Lehrmittelauch mit Afrika
(S.165-181).
4.11.1
Die Bewohner
Auf den Seiten 165-167 bietet das Buch einen Überblick über die Lage und das Klima Afrikas, bevor es, nach
der Darstellung der Tierwelt, auf der Seite 167 auf die menschlichen Bewohner des Kontinents zu sprechen
kommt:
Die Zahl der Einwohner wird mit 272 Millionen, 8 auf 1 km2, angegeben. Als Reste der Urbevölkerung gelten die
Buschmänner und Hottentotten. Sie sind mit einigen andern Zwergvölkern von Negern und Weissen mehr und mehr in die
Wälder und unfruchtbaren Gebiete verdrängt worden und leben ausserordentlich primitiv, nähren sich von Insekten,
Fröschen, Mäusen, Eidechsen, aber auch von Wurzeln, Würmern und Larven. Sie sind von sehr kleinem Wuchs und
erreichen selten die Grösse von 1,40 m. - Den weitaus grössten Teil der Einwohner machen die Neger aus. Sie sind kräftig
gebaute Menschen mit brauner bis fast schwarzer Haut, krausem Haar und wulstigen Lippen.
(Siehe zu den "Buschmännern" auch die Seiten 103 und 133 dieser Arbeit.) Während der Autor sich in diesem
ersten Abschnitt bei den normalwüchsigen afrikanischen Völkern auf eine äussere Beschreibung beschränkt,
wird das Leben der kleinwüchsigen Völker kurz als "ausserordentlich primitiv" skizziert. Bei der Beschreibung
der Nahrung dieser Menschen beschränkt der Autor sich auf das Aufzählen von tierischer und pflanzlicher
Nahrung, welche auf die Schüler besonders fremd, wenn nicht sogar widerlich wirken muss. Ob diese Einengung der Nahrungsquellen mit Absicht geschah oder auf schlichtem Unwissen des Autors basiert - die "Pygmäen" nutzen z. B. ein wesentlich reicheres Nahrungsangebot, das nebst dem aufgezählten von Früchten, über
den Honig wilder Bienen, Fische bis hin zu Warzenschweinen reicht - lässt sich aufgrund des vorliegenden
Textes nicht feststellen. Eher widersprüchlich berührt da, die auf der Seite 179 in Form einer Zeichnung als
abbildungswürdig betrachtete Lianenbrücke, welche allerdings für die Schüler nicht beschrieben wird und
unverkennbar die typischen Merkmale, der für die Überquerung von Flüssen erbauten Bauwerke der als "primitiv" beschriebenen "Pygmäen", zeigt. Weiter fährt der Text, nun die "Neger" ansprechend fort (S. 167).
Im letzten Jahrhundert wurden sie massenhaft gefangen und als Sklaven nach Amerika verkauft. Glücklicherweise setzte
ein Verbot diesem unmenschlichen Handel ein Ende.
In diesen zwei kurzen Sätzen wird der Eindruck des hilflosen Afrikaners vermittelt, der wie ein Tier in die
Falle getrieben und nach Übersee verkauft wird. Ob die Verwendung der Passivform im ersten Satz die
Mitschuld Europas verschleiern soll, sei dahingestellt. Der Hinweis auf die Mitwirkung afrikanischer Küstenvölker beim Dreieckshandel zwischen Europa, Afrika und Amerika, dessen Opfer vor allem die weiter im
Landesinnern ansässigen Völker waren, fehlt. (Zum Sklavenhandel siehe auch die Seiten 122 und 135 dieser
Arbeit.)
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 130
Geographielehrmittel: Geographie (1963)
Anschliessend geht der Text auf die Lebensweise der negriden Völker Afrikas ein, wobei, wohl auch im Sinne
einer didaktischen Verdichtung, die Lebensweise ganz unterschiedlicher Völker des schwarzafrikanischen
Gebietes pauschal abgehandelt wird (S. 167):
Die Neger Afrikas beschäftigen sich mit Viehzucht und Ackerbau und haben zum grossen Teil ihre Sitten und Gebräuche
beibehalten. Die meisten Negervölker treiben Ahnen- und Totenverehrung und glauben an Zauberei. Sie sehen in Steinen,
Lehmklumpen, Muscheln, Bäumen oder geschnitzten Holzfiguren ihre Geister (Fetische) und lassen sich durch Zauberer
und Medizinmänner helfen und beraten. Die Fetische werden oft mit Menschenblut oder Öl bestrichen und mit Nägeln
beschlagen, damit die Kräfte dieses Ölgötzen in der richtigen Art wirken.
Die "Negervölker" treiben nicht nur einen Kult, der als Verehrung der Ahnen weltweit verbreitet ist, den Schülern wieder eher seltsam erscheinen muss, sie verehren auch Götzen, die sogar mit "Menschenblut... bestrichen" würden. Welcher Quelle der Autor diese Aussage entnimmt, bleibt ebenso sein Geheimnis, wie welche
Volksgruppe er damit beschreibt. Aufgrund der kulturellen Vielfalt Afrikas wäre eine solche Erscheinung
durchaus denkbar, sicher aber nicht die Regel, da bei solchen Ritualen normalerweise ein Tier geopfert wird,
wenn es sich nicht nur um ein symbolisches Opfer in Form einer Essensgabe handelt. Mit den folgenden
Worten schliesst der Text (S. 167):
Die Hamiten verbreiteten sich von Ägypten aus über ganz Nordafrika und übten einen grossen Einfluss aus. Zu ihnen
gehören die Ägypter, Berber und Somalineger. Am Nordrande sind Araber und Semiten daheim. In den Küstenländern
wohnen annähernd 5 Millionen Europäer.
Dieser Einfluss der Hamiten wird in Bezug auf die altägyptische Kultur von Ki-Zerbo (siehe die Seite 26
dieser Arbeit) kritisch betrachtet, denn hinter Äusserungen solcher Art steckt oft weniger geschichtlich
fundiertes Wissen, sondern vielmehr der Glaube, die Völker Schwarzafrikas seien zu keinen eigenen Kulturleistungen fähig.
Auf der gleichen Seite finden sich zwei nicht mit Legenden versehene Zeichnungen: die eine bildet eine
Schwarzafrikanerin ab, die wohl Hirse mit dem typischen Holzpflock - der in weiten Teilen Afrikas verbreitet
ist und auch heute noch häufig verwendet wird - zu Mehl verarbeitet; die andere stellt eine geschnitzte Skulptur dar, deren Ursprung in Westafrika liegen dürfte.
Auf den Seite 168 findet sich ein kurzer Text über die Atlasländer. Auf den Seiten 168-169 wird die Sahara
beschrieben und auf den Seiten 169 -171 folgt ein Text über Ägypten, in dem eine Erwähnung der Pyramiden
nicht fehlen darf, sowie ein kurzer Abschnitt über den Suezkanal.
4.11.2
Der Sudan
Auf der Seite 172 findet sich nebst den Zeichnungen einer Erdnusspflanze und der afrikanischen Rundhäuser,
mit "Negerhütten" untertitelt, ein Text über den Sudan, wobei der Landschaftsgürtel und nicht die gleichnamige Nation gemeint ist. Über die in diesem Gebiet lebenden Menschen gibt der Text Auskunft:
Man bezeichnet damit die Landschaft zwischen Sahara und Urwald. Der Sudan reicht vom Atlantischen Ozean bis nach
Abessinien und ist die Heimat der Sudanneger, die hier eine kümmerliche Landwirtschaft betreiben. Hirse und Erdnüsse
sind die Hauptprodukte, doch werden auch Mais, Bohnen, Batate und Kürbisse gepflanzt. Die Negerhütte ist meistens aus
Ruten geflochten und mit Lehm verstrichen. Stroh deckt das Dach. Die Türen sind so niedrig, dass man nur gebückt
eintreten kann. Fenster hat es keine. Geflochtene Bänke oder Matten zum Schlafen sind die einzige Einrichtung. Krüge und
Mahlsteine bilden mit den Kochtöpfen die Kücheneinrichtung. Eine Vorratshaltung kennt der Neger nicht. Täglich muss
gedroschen und gemahlen werden. Ist der Boden erschöpft, so zieht man aus und sucht sich wieder einen günstigen Acker.
Weiter nordwärts werden die buckligen Rinder als Haustiere gehalten. - Am obern Nil sind grössere Siedlungen zu treffen.
Hier ist der Neger in Plantagen, insbesondere in Baumwollfeldern, beschäftigt.
Der Autor zeichnet das Bild einer armen, in der Landwirtschaft tätigen Bevölkerung. Auch die Behausungen
wirken laut der Beschreibung eher erbärmlich. Das bestimmte architektonische Eigenheiten der Hütten, wie
etwa das Fehlen der Fenster, klimatische Gründe haben, und die Bewohner ein Grossteil der Zeit im Freien
verbringen, darauf weist der Autor nicht weiter hin. Schlichtweg falsch ist der Satz "Eine Vorratshaltung kennt
der Neger nicht.", wie sich nach kurzem Nachdenken über die Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln, wie etwa
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 131
Geographielehrmittel: Geographie (1963)
Mais oder Hirse, unter dem Jahr leicht einsehen lässt. Die traditionellen Vorrichtungen zur Vorratshaltung sind
unterschiedlich weit ausgebaut. Als besonderes Problem erweist sich das heisse Klima, das eine lange Lagerung von z. B. gemahlenem Getreide verunmöglicht. (Siehe dazu auch die Seite "Vorratslagerung in Schwarzafrika" im Anhang auf der Seite 599 dieser Arbeit.)
4.11.3
Ostafrika
Auf der Seite 173 findet sich neben einer Zeichnung von Bauern, die gemeinsam ein Feld mit der Hacke bearbeiten, ein Text über Ostafrika, der folgende Angaben über die heimische Bevölkerung beinhaltet:
...Wie im Sudan treiben die Eingeborenen im Norden mehr Viehzucht, im Süden Hackbau. Sie pflanzen Hirse, Mais,
Manjok (Tapioka), Yams (eine Kletterpflanze, deren Wurzeln gegessen werden), Batate, Erdnüsse und Bananen. Die
Plantagen liefern Sisalhanf, Kautschuk, Baumwolle, Kopra und Kaffee. Der Sisalhanf wird aus den Blättern einer
Agavenart gewonnen.
Die erstgenannten Pflanzen dienen in erster Linie der Selbstversorgung, die man auch als Subsistenzwirtschaft
bezeichnet. Die auf den Plantagen angebauten Arten dienen in erster Linie dem Export. Mittels Erhebung einer
"Kopf"- oder "Hüttensteuer" wurden die Schwarzen Ostafrikas gezwungen, auf den Plantagen der Weissen zu
arbeiten. All dies wird im Text nicht erwähnt, da sich der Autor auf ein blosses Aufzählen der angebauten
Pflanzen beschränkt.
4.11.4
Das Kongobecken und die Guineaküste
Auf der Seite 174 folgt ein Text über "Das Kongobecken und die Guineaküste", der auch einige der häufigsten
Krankheiten der Tropengebiete Afrikas aufzählt:
Das Stromgebiet des Kongo und die Küste von Guinea werden Westafrika genannt. Es ist das eigentliche Urwaldgebiet
Afrikas mit dem heissen und feuchten Klima, das für den Weissen unerträglich ist.
Kurz sei hier bemerkt, dass das feuchtheisse Klima nicht nur dem nicht akklimatisierten Europäer Mühe bereitet, sondern, vor allem auch einheimische Kinder unter diesem Klima leiden. Generell führt es nach kurzer
Anstrengung, vor allem auch körperlicher Natur, zu raschen Erschöpfungserscheinungen und allgemeiner
Müdigkeit.
Weiter schreibt der Autor auf der Seite 174 "Malaria, Schlafkrankheit, Schwarzwasserfieber und Amöbenruhr"
seien "die gefürchteten Tropenkrankheiten". Schwarzfieber ist eine Folge der Malaria, wahrscheinlich im
Zusammenhang mit der Einnahme von Malariamitteln wie Chinin, bei der die zerstörten Blutkörperchen durch
die Niere ausgeschieden werden. Dadurch färbt sich der Harn dunkel, woraus sich der Name der Krankheit
ableitet. Dauert das Schwarzfieber längere Zeit an, kommt es, bedingt durch die Überbelastung, zu Nierenversagen. (Zur Malaria siehe auch die Seite 145 dieser Arbeit.) Über das Wirken der Europäer berichtet der Autor
(S.174):
Der Europäer lebt an der Küste und sammelt und verschifft die Produkte aus dem Landinnern: Edelhölzer, Kautschuk,
Kaffee, Kakao, Kopra und Kokosnüsse. Die zahlreichen Wasserläufe bilden die Verkehrswege. Von den Ufern tragen die
Eingeborenen die Lasten auf dem Kopfe durch die schmalen Pfade des Urwaldes. In den durch Rodung entstandenen
Lichtungen werden Bananen gepflanzt. Viehzucht ist hier unmöglich.
Die Haltung von Vieh wird durch das Vorkommen der Tsetsefliege, der Überträgerin der weiter oben erwähnten Schlafkrankheit, verhindert. Weiter heisst es (S. 174):
In einigen schwer zugänglichen Waldgebieten leben noch zerstreute Gruppen von Zwergvölkern die in Hütten mit
Blätterdächern ein äusserst primitives Dasein fristen.
In welcher Weise das Leben der "Zwergvölker" als "primitiv" angesehen werden muss, sieht man davon ab,
dass sie unter einem Blätterdach ein "äusserst primitives Dasein fristen", dafür bleibt der Autor die Erklärung
schuldig. Es sei bereits darauf hingewiesen, dass sich diese Art der Attribuierung der Pygmäen in weiteren
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 132
Geographielehrmittel: Geographie (1963)
Lehrmitteln nachweisen lässt. (Siehe dazu auch die Besprechung von Bärs "Geographie der Kontinente", 1984,
auf der Seite 341 dieser Arbeit).
4.11.5
Südafrika
Die länderkundliche Betrachtung afrikanischer Gebiete und Staaten endet mit einem weniger als eine Seite
langen Text über Südafrika (S. 174-175), der nur wenig über die Bewohner dieser Region aussagt:
...In den unwirtlichen Steppen und Wüsten leben die aus den Kulturgebieten vertriebenen Buschmänner und Hottentotten,
Zwergvölker von äussert bescheidener Lebensart.
Die Kulturgebiete Südafrikas sind von vielen Europäern bewohnt Von den rund 16 Millionen Einwohnern der
Südafrikanischen Union sind 3 Millionen Weisse, vorwiegend Buren (Holländer) und Engländer.
Was genau der Autor unter dem Begriff Kulturgebiet versteht, wird nicht näher erläutert. Nach seinem Text
werden diese jedoch vor allem mit den Europäern assoziiert, während die "Buschmänner", "Hottentotten" und
"Zwergvölker" sozusagen in die "Wüste" geschickt wurden. (Siehe zu den "Buschmännern" auch die Seiten
130 und 141 dieser Arbeit.) Die Bevölkerungsmehrheit im Gebiet der damaligen Südafrikanischen Union, die
Bantu-Völker, wird nicht einmal erwähnt, sondern es bleibt den Lesern überlassen, diese aufgrund der im Text
angegebenen Bevölkerungszahlen zu beziffern. Da verwundert es auch kaum, dass der Autor auf die anfangs
der sechziger Jahre bereits praktizierte Apartheidspolitik nicht eingeht, obwohl das "afrikanische Jahr 1960",
in dem viele afrikanische Staaten die Unabhängigkeit errangen, zum Zeitpunkt der Drucklegung erst drei Jahre
zurücklag. An diesem Beispiel zeigt sich, wie die politische (und teilweise auch wirtschaftliche) Realität ein
Geographielehrmittel und dessen Themenwahl überholen und veralten lassen kann, bevor es überhaupt in die
Schulstube gelangt.
4.11.6
Lesetexte
Auf den Seiten 176 - 181 folgen drei Lesetexte übertitelt mit "Auf der Cheopspyramide", "Oasen" und "Im
Urwald" (dieser Text wurde aus Harms Erdkunde, 1961 übernommen und gekürzt), die auf das Thema der
Arbeit bezogen aber keinen weiteren Kenntnisgewinn mehr bedeuten.
4.11.7
Zusammenfassung
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass diese "Geographie" nur wenige Aussagen über die Natur des schwarzafrikanischen Menschen macht, über dessen Lebensweise die Leser kaum etwas Greifbares erfahren. Zudem
vermittelt das Lehrmittel ein zweifelhaftes Bild, das nur als bewusste Manipulation oder grosses Unverständnis
seitens der Autoren verstanden werden kann. Geben diese doch im Vorwort selbst an, ihre Beschreibungen
unter anderem auch auf Harms zu stützen, der jedoch ein weit differenzierteres Bild bietet. (Siehe die Besprechung zu "Harms Erdkunde" 1961 auf der Seite 121 dieser Arbeit.) Zudem ist das Lehrmittel, was die politische Gliederung Afrikas anbelangt, schon vor dem Erscheinen veraltet und lässt im Gegensatz auch zu einigen
älteren Lehrmitteln, keinen Bewohner der vorgestellten Gebiete zu Wort kommen.
Dem Eindruck, die Autoren hätten wenig Ahnung von der Materie - von einem Betretenhaben des schwarzafrikanischen Teiles des Kontinents soll nicht einmal die Rede sein - und hätten im wesentlichen ältere Texte in
recht glückloser Weise kopiert, ohne auf aktuelle Entwicklungen Bezug zu nehmen, kann sich der Text nicht
verwehren.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 133
Geographielehrmittel: Weltatlas (1965)
4.12 Weltatlas (1965)
Der "Grosse Reader's Digest Weltatlas" von 1965 umfasst 217 Seiten, wobei 41 Seiten auf das Register entfallen. Der afrikanische Kontinent wird mittels einer physischen Karte auf den drei Seiten 26-28 dargestellt.
Dabei wird Guinea-Bisseau noch als "Portugiesisch Guinea", Burkina Faso als "Obervolta", Benin als "Dahomey", Djibouti als "Franz.-Somaliküste", Äquatorialguinea als "Spanisch Guinea", die Demokratische Republik Kongo als "Kongo", Simbabwe als "Rhodesien", Namibia als "Südwestafrika", Botswana als "Betschuanaland" und Lesotho als "Basutoland" bezeichnet. Auf den Seiten 76-80 gibt der Weltatlas politische Karten
Afrikas im Massstab 1:12.5 Mio. wieder, auf denen neben topographischen Merkmalen auch die wichtigsten
Verkehrsverbindungen eingezeichnet sind. Ausserdem macht der Atlas auf diesen Seiten Angaben zu Fläche,
Bevölkerungszahl und Hauptstadt einzelner Länder.
Auf weiteren Seiten tritt der afrikanische Kontinent im Zusammenhang mit "Schätzen der Erde - Minerale und
Gesteine" auf den Seiten 114-115, "Formen der Landnutzung" auf den Seiten 122-123 - wobei nur in den
Gebieten des Nils, des Nigerknies, entlang der Westküste und in Südafrika intensiver Anbau verzeichnet wird in Erscheinung.
Auf den Seiten 130-131 zur "Entwicklung des Menschen" steht Europa im Zentrum der Betrachtung, Afrika
wird trotz vieler auf einer Karte verzeichneten Funde nur am Rande erwähnt. Über die negride Rasse heisst es
im Weltatlas, Augen-, Haar- und Hautfarbe seien dunkelbraun bis schwarz, die Haare kraus, Bartwuchs und
Körperbehaarung nur spärlich vorhanden, die Nase breit und flach und die Lippen dick und wulstig.
Auf den Seiten 132-133 zu den "Grossen Kulturen" tritt Afrika nur im Zusammenhang mit Ägypten, welches
dem "Nahen Osten" zugeordnet wird, in Erscheinung. Die Karte "Die Religionen der Menschheit" auf den
Seiten 134-135 weist Nordafrika und Teile Ostafrikas als islamisch, Äthiopien, Südafrika, Malawi, Uganda
und Teile Westafrikas als christlich aus. Die meisten Gebiete werden als zu "Stammesreligionen" zugehörig
bezeichnet.
Die Seiten 140-141 beschäftigen sich mit der "Bevölkerung der Erde", wobei das gesamte Afrika mit Ausnahme der Wüstenländer als Gebiet "geringer" Bevölkerungsdichte mit "schnellem Wachstum" bezeichnet wird.
Für das Jahr 2000 wird die Bevölkerungszahl Gesamtafrikas auf 517 Millionen geschätzt. (1996 betrug die
Bevölkerung Afrikas bereits über 700 Mio. Menschen. Das Bevölkerungswachstum in den afrikanischen
Ländern wurde damals also unterschätzt.)
Die Karte "Was die Menschen essen" auf den Seiten 142-143 macht Angaben zur Ernährung in Ägypten,
Rhodesien, Gambia, Nigeria und Südafrika. Mais, Hirsearten, Maniok und andere Knollengewächse, sowie
Reis werden als wichtigste Grundnahrungsmittel Schwarzafrikas angegeben. Die Seiten 144-145 zur "Weltgesundheit" bezeichnen die meisten Gebiete Schwarzafrikas, darunter auch die Republik Südafrika, als Gebiet, in
dem Unterernährung ziemlich häufig bis weitverbreitet ist. Ausserdem wird fast ganz Afrika als Malariagebiet
ausgewiesen.
Neben der Tatsache, dass die Weltkarten die tatsächlichen Flächenverhältnisse der einzelnen Kontinente gut
wiedergeben, fällt auf, dass die meisten Angaben auch für Afrika relativ differenziert ausfallen, nur auf kulturellem Gebiet bleibt die Vorstellung von "Dunklen Kontinent" bestehen.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 134
Geographielehrmittel: Geographie Widrig (1967)
4.13 Geographie (Widrig, 1967)
Es scheint, dass auch die Menschenfresserei, der Kannibalismus, mit Religion und Aberglauben zusammenhängt. Indem
Sklaven, gefangene Feinde und Hexer getötet und den Geistern als Opfer dargebracht wurden, gelangten deren Teile auch
in die Bratpfanne oder an den Spiess, wobei es nurmehr ein kleiner Schritt war, die Getöteten nach bestimmten
Vorschriften zu verzehren. Die Menschenfresserei und die ständigen Kriege haben zur ungewöhnlichen Entvölkerung
weiter Gebiete Afrikas wesentlich beigetragen. (S. 303)
Das 1967 in der 7. Auflage beim Logos Verlag in Zürich erschienene Buch "Geographie" von A. Widrig ist
laut dem Vorwort aus der 6. Auflage "für Lehrer geschrieben; doch können es reifere Schüler auch als Handbuch benutzen". Es will "den Geographieunterricht mehr nach der Tiefe als nach der Breite... gestalten" und
soll "die Kenntnisse über die nahen und fernen Länder unserer schönen Erde auf freudige Art... mehren!"
(Widrig, 1963/64, S. 7). Afrika wird auf 95 (S. 295-389) der insgesamt 776 Seiten behandelt.
Auch bei diesem Werk ist es aufgrund des umfangreichen Textmaterials nicht möglich, den Inhalt immer im
Detail zu besprechen, deshalb soll hier eine Beschränkung auf die auffallendsten Stellen, Stärken und Schwächen die Regel sein.
4.13.1
Geschichte
In der allgemeinen Einleitung auf den Seiten 295-328 heisst es zur Lage Afrikas unter dem Titel "Afrika, der
dunkle Erdteil" (S. 297):
Man glaubt, dass Afrika schon vor unserer Zeitrechnung mit Schiffen umfahren wurde. So heisst es, dass im Auftrag des
ägyptischen Königs Necho (610-595) phönizische Schiffe vom Arabischen Meerbusen ausfuhren und im dritten Jahr durch
die Säulen des Herkules, also von Gibraltar her, wieder zurückkehrten. Sicher weiss man, dass zur Zeit der Entdeckungen
(1487) der Portugiese Bartolomeo Diaz das Kap der Guten Hoffnung und sein Landsmann Vasco da Gama (1498) den
Seeweg nach Indien fanden. Die Ergebnisse dieser Seefahrten hinterliessen aber in Europa keinen bleibenden Eindruck.
Man beschränkte sich in der Folge auf Küstenfahrten nördlich des Äquators, holte sich dort massenweise schwarze Sklaven
und wendete sich dem näher gelegenen Amerika zu.
(Zum Sklavenhandel siehe auch die Seiten 130 und 136 dieser Arbeit.) Im gleichen Kapitel spricht der Autor
von der ungünstigen Lage Afrikas, die er einerseits auf die Form des Kontinents, andererseits - und hier verrät
sich bereits seine stark eurozentrische Haltung - dadurch zu untermauern versucht, dass er die Entfernungen
afrikanischer Städte und Häfen mit derer amerikanischer Orte zu Europa vergleicht. (Siehe dazu auch die
Seite 215 dieser Arbeit.)
Die Idee, den Zivilisationsstand von Völkern auf geographische Merkmale der Kontinente zurückzuführen
geht nach Nicolaas Rupkes Aufsatz "Paradise and the Notion of a World Centre" auf den Geographen Carl
Ritter zurück, der vom Gedanken fasziniert war, Europa läge im Zentrum der anderen Kontinente. Sein Schüler Arnold Guyot verglich in seinem Geographiebuch "Earth and Man" von 1859, die Küstenlänge der Kontinente - eine allgemeingültige Längenmessung von Küsten ist wegen deren fraktalen Eigenschaften nicht
möglich, da das Ergebnis von der Grössenordnung des gewählten Massstabes abhängig ist - mit deren Fläche.
Aus der vielgestaltigeren Küstenlinie der nördlichen Kontinente schloss er, diese seien für die Entwicklung der
Menschheit besser geeignet als die südlichen Kontinente, die über weniger ausgeprägte Einbuchtungen in der
Landmasse verfügen. Aufgrund dieser Tatsachen nahm er an, dass die "privilegierten Rassen" der nördlichen
Landmassen nicht nur das Recht, sondern die Pflicht hätten, die südlicheren Rassen zu erziehen: "To impart to
other nations the advantages constituting their own glory, is the only way of legitimating the possession of
them. We owe to the inferior races the blessings and comforts of civilization." (Schmutz Hrsg., 1996, S. 82-85)
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 135
Geographielehrmittel: Geographie Widrig (1967)
Über die Schwarzafrikaner sagt Widrig nur in einem Nebensatz aus, sie seien "massenweise" als Sklaven nach
Übersee verschifft worden, d.h. schon bei ihrem ersten Auftreten im Text werden sie, ohne ausdrücklich
genannt zu werden, in eine passive Opferrolle gedrängt.
Auf Seite 298 setzt Widrig seine Überlegungen fort und kommt "auf die Lage im Gradnetz und deren Folgen
für die Erschliessung" zu sprechen, wobei er natürlich wieder die Erschliessung durch die Europäer meint. Auf
der Seite 299 hält er unter dem Titel "Afrika in der Bewertung des letzten Jahrhunderts" Rückblick auf die
Kolonialgeschichte:
Noch zu Anfang der neunziger Jahre erklärte der deutsche Reichskanzler Caprivi, es könnte ihm kein grösseres Unglück
geschehen, als wenn ihm ganz Afrika angeboten würde. Die damaligen Afrikakarten erstreckten sich über dessen
Küstengebiete. Das Innere des Erdteils wurde mit allerlei Bildern von wilden Tieren ausgefüllt, die sich meist auf
abenteuerliche Reiseschilderungen stützten und dem Beschauer fast das Gruseln beibrachten. Es musste als Fortschritt
bezeichnet werden, als diese Ländereien als weisser Fleck mit der nüchternen Anschrift "Unerforschtes Gebiet"
eingezeichnet wurden. - Berühmte Afrikaforscher wie der Missionar David Livingstone, Stanley und andere bereisten unter
grössten Entbehrungen das Landinnere und brachten zuverlässige Kunde über Land und Volk nach Europa. Aber auch auf
englischer Seite fand man zunächst wenig Verständnis für das heisse Afrika. Es war gerade gut genug, den Europäern und
Arabern in einem abscheulichen Sklavenhandel das "Schwarze Elfenbein" zu liefern, was man selbst in englischen
Regierungskreisen als einen "der Nation so wohltätigen Handel" pries. Als den Sklavenjagden und der Ausfuhr der
afrikanischen Menschen von der Westküste nach Amerika ein Ende gesetzt wurde, schien das tropische Afrika wertlos
geworden zu sein. "Im Jahre 1865 beantragte ein königlicher Ausschuss in London, die westafrikanischen britischen
Stützpunkte, die man zur Bekämpfung des Sklavenhandels errichtet hatte, so bald als möglich aufzugeben. Und der
englische Premierminister Salisbury fand, man möge ruhig den 'gallischen Hahn im Sande scharren lassen', also die
afrikanischen Wüsten den Franzosen überlassen."
(Zum Sklavenhandel siehe auch die Seiten 135 und 142 dieser Arbeit.)
Als aber Frankreich nach seiner Niederlage im Jahre 1870 sein Augenmerk doch auf den heissen Erdteil richtete und in
dessen westlichem Teil ein ganzes Kolonialreich aufzubauen begann, brach der Streit um die "Aufteilung"; des
missachteten Afrika los. Es wurden Schutzverträge mit den Eingeborenen abgeschlossen, die ihre Rechte um Spottpreise
verschacherten, ohne dass sie es selber merkten. Zuweilen erachtete man es überhaupt als überflüssig, mit den Schwarzen
Verträge abzuschliessen. Die europäischen Regierungen einigten sich direkt untereinander und wiesen sich gegenseitig
ihre "Einflussgebiete" zu. Um die Jahrhundertwende war Afrika in der Hauptsache "verteilt", und nur Abessinien und
Liberia blieben selbständig, während die Südafrikanische Union (Südafrikanische Republik) eine eigene Verwaltung
erhielt und britisches Dominion wurde.
Ausser der Bemerkung, dass hier eine Geschichtsschreibung ganz aus europäischer Sicht betrieben wird, sei
auf den zweiten Teil dieser Arbeit, den "Überblick über die Geschichte Afrikas", zu den Afrikaforschern
Livingstone und Stanley und deren Werk auf die einschlägige Literatur verwiesen, sowie im Falle Stanleys auf
die in der Besprechung von "Aussereuropäische Erdteile - Geographische Bilder (1953)" zitierte Bemerkungen
des Häuptlings der Basoko auf der Seite 114 dieser Arbeit.
4.13.2
Die "Negerstämme und ihre Kultur"
Auf der Seite 300 im Abschnitt "Die Rasse" unter dem Titel "Die Negerstämme" beschreibt Widrig Gestalt
und Wuchs der schwarze Rasse mit den folgenden Worten:
Afrika ist die Heimat der Negerrasse. Die Neger sind von kräftigem Wuchs. Sie besiedeln Mittelafrika und die südliche
Hälfte des Erdteils. Das auffallendste Rassenmerkmal des Negers ist die dunkle Hautfarbe. Die Haare sind kraus und
spiralförmig zu Knäuelchen gewunden, zwischen denen die Kopfhaut sichtbar wird. Die Lippen sind gross und wulstig.
Die Nase ist rundkuppig mit breiten Nasenflügeln.
Er unterstützt seine Beschreibung mit der Wiedergabe einer Zeichnung - auf Fotos verzichtet er aus didaktischen Gründen bewusst - einer "Ubugwe-Frau, Ostafrika" (siehe die Abbildung weiter unten links), die, im
Gegensatz zu Fotos aus anderen Publikationen (siehe die Abbildung weiter unten rechts, aus dem zürcherischen Lehrmittel "Geographie" von 1953, S.115), die oftmals mittels harter Schatten und unvorteilhafter
Körperhaltung einen möglichst rohen Eindruck des Schwarzafrikaners zu vermitteln versuchen, einen vorteilhafteren Eindruck der abgebildeten Person vermittelt.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 136
Geographielehrmittel: Geographie Widrig (1967)
In einem zweiten Abschnitt mit dem Titel "Sprache, Musik und Tanz" schreibt Widrig über den Sprachenreichtum Afrikas (S. 301):
Nach ihrer Sprache unterscheidet man Sudan- und Bantuneger. Sprachkundige Forscher glauben festgestellt zu haben, dass
innerhalb der Bantu-Sprachgruppe 182 Sprachen und 119 Mundarten, in der Gruppe der Sudansprachen 264 Sprachen mit
114 Mundarten unterschieden werden können... Oft soll die Sprache nach wenigen Dörfern wieder wechseln...
Die Sprachen- und Kulturvielfalt des afrikanischen Kontinents mag dazu beigetragen haben, dass heute in
vielen afrikanischen Länder die Sprache der ehemaligen Kolonialmächte als offizielle Umgangssprache
verwendet wird. (Siehe dazu die Karte "Offizielle Amtssprachen" im Anhang auf Seite 572 dieser Arbeit.)
Widrig dürfte mit seinen Zahlenangaben eher am unteren Ende der Schätzungen rangieren, die bis zu über
1000 verschiedenen Sprachen nennen. Oft wird in der Literatur auch der Begriff "Dialekt" benutzt, der aber
wenig aussagekräftig ist, da die Sprachferne eines Dialektes zu einem anderen sehr unterschiedlich ausfallen
kann. Gewisse Dialekte unterscheiden sich kaum mehr als dies für verschiedene deutschschweizerischen
Mundarten der Fall ist, andere weisen einen ähnlichen Verwandtheitsgrad auf wie etwa Italienisch und
Englisch.
Auf Seite 301 führt Widrig einige Sprachbeispiele und "afrikanische Sinnsprüche" an bevor er zum Fazit
kommt: "Es hat sich gezeigt, dass der Neger erstaunlich leicht fremde Sprachen lernt." Falls er damit andeuten
sollte, Schwarzafrikaner würden wesentlich schneller eine neue Sprache erlernen, als dies beispielsweise bei
Europäern der Fall ist, handelt es sich sicherlich um eine Übertreibung. Andererseits ist es eine Tatsache, dass
viele Schwarzafrikaner drei, vier oder mehr Sprachen beherrschen, was den Europäern aber nur aufgrund der
eigenen "Sprachenarmut" als seltsam erscheinen mag.
Ebenfalls auf Seite 301 geht Widrig auf eine weitere Besonderheit afrikanischer Kommunikation ein:
Eine besondere afrikanische Verständigungsform ist die Trommelsprache. Sie ersetzt in weiten Gebieten Innerafrikas
Telegraph und Telephon. Diese Erfindung erlaubt es den Eingeborenen, sich auf Entfernungen von mehreren Kilometern
zu unterhalten. Die Trommeln bestehen aus ausgehöhlten Baumstämmen, die mit Fellen überzogen sind.
(Zur Trommelsprache siehe auch die Seite 155 dieser Arbeit.) Diese Art der Informationsübermittlung wurde
beispielsweise noch in den letzten Jahren in Togo mit Erfolg gebraucht. Allerdings dürfte sie heute nur noch
von einer Minderheit der afrikanischen Bevölkerung verstanden oder gar benutzt werden.
Die Trommel als Überleitung benutzend kommt Widrig auch auf die afrikanische Musik zu sprechen (S. 301f.)
Die Trommel ist auch das Hauptinstrument der Musik für den Tanz... Stundenlang schwingen Tänzer und Tänzerinnen in
brütender Sonnenhitze in einem meisterhaften Rhythmus Arme und Beine. Tanz und Musik bilden eine untrennbare
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 137
Geographielehrmittel: Geographie Widrig (1967)
Einheit. Meist sind die Tänzer abenteuerlich aufgeputzt. Dabei zeigt sich ein eigenartiges Schönheitsempfinden. Oft wird
der Körper auch auf Lebzeiten durch allerlei Verunstaltungen, Narben und durch Tätowieren "verschönert".
Durch die Verbreitung der elektronischen Medien wurde das eigene Musikschaffen in vielen Gegenden Afrikas
verdrängt. Besonders die jüngere Generation in den Städten ist mit der Discomusik, sei sie amerikanischen,
europäischen oder auch afrikanischen Ursprungs, vertrauter als mit der traditionellen Musik. Diese wird vor
allem bei festlichen Anlässen wie Hochzeiten, Beerdigungen, Erntedankfesten oder anderen traditionellen
Feiern, in einigen Ländern auch als Fach im Stundenplan der Volksschule gepflegt. Es ist ein Irrtum anzunehmen, Afrikaner seien in Sachen Tanz und Rhythmus von Natur aus begabt. Das Können vieler Schwarzafrikaner auf diesem Gebiet ist vielmehr auf Erfahrungen, die schon im frühesten Kindesalter gemacht werden,
zurückzuführen. So etwa, wenn Eltern ihr zweijähriges Kind dafür loben, dass es sich im Takt zu einer gerade
gespielten Musik bewegt.
Zu den weiteren Bemerkungen Widrigs stellt sich die Frage, was er wohl bei einem Besuch einer Technoparty
sagen würde, wo die "Tänzer abenteuerlich aufgeputzt" in einem "meisterhaften Rhythmus Arme und Beine"
schwingen. Wahrscheinlich würden ihm unter den Tanzenden auch einige auffallen, die ihr Aussehen durch
Piercing und dergleichen "verschönert" haben.
4.13.3
Die Religion
Im dritten Abschnitt seiner Ausführungen über "Die Negerstämme" schreibt Widrig auf den Seiten 302 und
303 über die Religion dieser Menschen:
Es ist wahrscheinlich, dass ursprünglich der Glaube an ein höchstes göttliches Wesen die Grundlage für die Religion des
Negers war. Heute stehen der Ahnenkult, der Geisterglaube und der Fetischdienst im Vordergrund. Die Neger glauben an
ein Weiterleben nach dem Tode. Sie glauben, dass ihnen die Toten Gutes oder Böses bringen können. Deshalb ist bei jeder
Gelegenheit auf die Seelen der Verstorbenen Rücksicht zu nehmen. Man hat ihnen Opfer und Gaben darzubringen. Dieser
Ahnenkult ist ein wesentlicher Bestandteil der Religion der afrikanischen Naturvölker.
Widrig geht hier eindeutig davon aus, dass seine eigene Religion, nämlich das Christentum, die einzig wahre
sei, von der die Schwarzafrikaner im Verlaufe der Geschichte irgendwie abgefallen wären. - Eine Vorstellung,
sie sich schon bei den ersten Missionaren auf dem afrikanischen Kontinent fand, wie Bitterli schreibt: "Während sich der Christenmensch nach dem Sündenfall mühsam zur wahren Gotteserkenntnis emporgearbeitet
hatte, war nun freilich der Un- oder Irrgläubige, aus Gründen, welche sich die theologischen Theoretiker sehr
verschieden erklärten, immer mehr von Gott abgefallen; seine Gottesverehrung hatte sich zum Götzendienst
pervertiert, das Bemühen um Reinheit der Sitten war dem Hang zur Ausschweifung aller Art gewichen. Doch
die guten Seelenkräfte lebten auch im Heiden fort; da sie aber zu wenig entwickelt waren, als dass dieser den
Weg zu Gott allein hätte finden können, ergab sich für den Christenmenschen die moralische Aufgabe, dem
Heiden zu helfen. Neben die lebensrechtliche Verpflichtung zur äusseren Mission trat also, wenn man will,
eine christlich-humane Verpflichtung, die vom Grundgedanken eines einzigen Schöpfergottes und von der
Einheit des Menschengeschlechtes ausging." (Bitterli 1977, S. 108) - Nur so kann er zum Schluss kommen,
dass die "Neger" ursprünglich monotheistisch veranlagt waren. Das diese Annahme höchst zweifelhaft ist,
zeigt nicht nur ein Blick auf die noch heute existierenden Glaubenssysteme in aller Welt, sondern auch eine
Betrachtung alter Glaubenssysteme, wie sie z. B. bei den Indianern Nordamerikas, den Schamanen Sibiriens,
oder den Hindus Indiens oder imvorchristliche Europa verbreitet waren.
Die weiteren Ausführungen Widrigs beschreiben den Umgang schwarzafrikanischer Menschen mit dem Zufall
und Unglücksfällen:
...Scheidet jemand durch Krankheit oder Unglücksfall, durch den Zahn wilder Tiere oder durch Feindeshand aus dem
Leben, ist der Neger überzeugt, dass der Tod nur durch den Willen eines Geistes oder eines Zauberers verursacht worden
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 138
Geographielehrmittel: Geographie Widrig (1967)
ist. Die unmittelbaren Todesursachen erscheinen ihm nur als das Mittel, dessen sich der Geist bediente. Also nicht das
Krokodil, das seinen Bruder verschlang, ist der Schuldige, sondern ein Geist im Innern des Tieres. Es kann aber auch ein
Hexer unter den Menschen gewesen sein. In diesem Fall muss der vermutliche Missetäter durch eine Giftprobe oder ein
sonstiges grausames Mittel ausfindig und unschädlich gemacht werden. So sind Glück und Unglück, Erfolg und Misserfolg
deutliche Anzeichen dafür, dass Geister in das Leben eingegriffen haben. Man fürchtet sich vor ihnen, besonders in der
Nacht...
Ein Blick zurück in die Geschichte Europas zeigt, dass ähnliche Vorstellung auch nach der Aufklärung den
Europäern gar nicht so fremd waren, man denke nur an die in ganz Europa durchgeführten "Hexenverbrennungen" oder die von katholischen Priestern in einigen Gegenden Europas bis heute praktizierten "Teufelsaustreibungen". Zu solchen Eskalationen scheint es, nach dem aktuellen Wissensstand, in Afrika nie gekommen zu
sein.
Den traditionellen Glaubensvorstellung treten heute die Glaubenssysteme einer zunehmend christianisierten
oder islamisierten Gesellschaft entgegen, obwohl auch unter den Anhängern dieser neueren Religionen die
alten Überlieferungen durchaus noch Bestand haben.
Über den in der Literatur immer wieder beschriebenen Fetischdienst der Afrikaner lässt sich Widrig folgendermassen verlauten:
Es können aber auch irgend ein gewöhnlicher Gegenstand, ein Stein, ein Lehmklumpen, eine Muschel, ein Baum oder eine
geschnitzte Holzfigur von den Geistern zum Aufenthaltsort gewählt werden. Man nennt einen solchen Gegenstand einen
Fetisch, dessen Bedienung Fetischdienst.
Der Glaube an diese Geister, besser würde man sie als Hausgötter bezeichnen, wie dies beispielsweise in
China der Fall ist, wurde von den Europäern oft missverstanden. Sie vermeinten in der "Anbetung der Gegenstände" einen Götzendienst zu erkennen. Dabei betet der Gläubige keinesfalls den Gegenstand an, sondern die
spirituelle Macht, die sich diesen Gegenstand oder Lebewesen als "Wohnsitz" auserkoren hat. Ebensogut
könnte behauptet werden, ein gläubiger Christ verehre ein Stück Holz, wenn er sich vor dem Kreuz niederkniet
und betet.
Widrig fährt in seinen Schilderungen fort, wobei zu sagen ist, dass seine Behauptung bezüglich Menschenblut
mit anderen Quellen nicht verifiziert werden konnte (ausser im Lehrmittel "Geographie von 1963, S. 167,
welches sich aber auf eine frühere Ausgabe von Widrig bezieht) und eher an eine immer wieder praktizierte
Diffamierung Andersgläubiger erinnert (siehe weiter unten).
Die Fetische werden durch Zauberdoktoren, die Medizinmänner, ins Leben gerufen. Diese Leute fabrizieren irgend ein
Zaubermittel, das sie ins Innere der Holzgötzen bringen, ohne welches der Fetisch keine Zauberkraft ausstrahlen würde. Er
soll Wohltaten erweisen und Missetäter anzeigen. Die Medizinmänner bestimmen, welche Opfer und Gaben ihm
dargebracht werden müssen. Zuweilen sind die Fetische mit Menschenblut oder Ö1 zu bestreichen. Damit ein solcher
Ölgötze weiss, in welcher Richtung er seine Kraft wirken lassen soll, werden Nägel darein geschlagen. Er gleicht dann
"einer unförmigen Puppe mit roh geschnitztem Gesicht, so voller Nägel, dass er aussieht wie ein Stachelschwein". Die
Medizinmänner spielen oft eine unheilvolle Rolle, indem sie unschuldige Menschen irgend eines Verbrechens schuldig
erklären und sie einem qualvollen Tode ausliefern.
Diese Art des "Voodos", aus den Filmen Hollywoods über Haiti unterdessen einer breiten Öffentlichkeit
bekannt, trifft, sofern sie tatsächlich in dieser Form praktiziert wurde, sicherlich nur für einen Teil der Bevölkerung Afrikas, der seltsamerweise nie näher präzisiert wird, zu.
Widrig schliesst mit einem Abschnitt auf Seite 303, der jeglicher gesunden Argumentation entbehrt, selbst
wenn seine Vorwürfe betreffend der Menschenfresserei punktuell zutreffen sollten (sie konnten mittels anderer
Quellen nicht eindeutig belegt werden, obwohl solche Anschuldigungen auch in weiteren Lehrmitteln
auftreten):
Es scheint, dass auch die Menschenfresserei, der Kannibalismus, mit Religion und Aberglauben zusammenhängt. Indem
Sklaven, gefangene Feinde und Hexer getötet und den Geistern als Opfer dargebracht wurden, gelangten deren Teile auch
in die Bratpfanne oder an den Spiess, wobei es nurmehr ein kleiner Schritt war, die Getöteten nach bestimmten
Vorschriften zu verzehren. Die Menschenfresserei und die ständigen Kriege haben zur ungewöhnlichen Entvölkerung
weiter Gebiete Afrikas wesentlich beigetragen.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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Geographielehrmittel: Geographie Widrig (1967)
Um den wahrscheinlichen Wahrheitsgehalt solcher Aussagen ins rechte Licht zu rücken, sei angemerkt, dass
viele Chinesen noch in den fünfziger Jahren der Überzeugung waren, Christen würden in ihren Gottesdiensten
kleine Kinder verzerren. (Zum Vorwurf des Kannibalismus siehe auch die Seite 196 dieser Arbeit.)
Was nun Widrigs letzten Satz zum Kapitel Religion angeht, die "Menschenfresserei und die ständigen Kriege"
hätten zur ungewöhnlichen Entvölkerung weiter Gebiete Afrikas wesentlich beigetragen" so kann dies wohl
nur als eine bewusste Lüge betrachtet werden, die einerseits den Afrikaner als "Unmensch" darzustellen, andererseits die düstere Vergangenheit der Europäer im "Sklavenhandel" zu vertuschen versucht. Denn weder Kriege noch allfällige antrophage Praktiken haben ausschliesslich zu einem Bevölkerungsrückgang beigetragen,
der wesentlich mitbestimmt wurde durch den über Jahrhunderte von den Europäern und Arabern praktizierte
Menschenraub und die dadurch ausgelösten sozialen Umstrukturierungen. In der Kolonialzeit trugen dann
Zwangsarbeit und eingeschleppte Krankheiten mit dazu bei, das Bevölkerungswachstum entscheidend zu
hemmen.
4.13.4
Die Wirtschaft
Auch im nächsten Abschnitt über die "Afrikanische Wirtschaftsform" erlaubt sich Widrig nebst durchaus sachlichen Darstellungen von Sachverhalten einige Ausrutscher:
Wie jedes Volk, besitzen auch die afrikanischen Naturvölker ihre Kultur. Aber diese ist anders geartet als die der
europäischen Kulturvölker. Entwicklung und Entfaltung der Kultur hängen nicht vom Menschen allein ab. Mittelbar übt
auch das Klima einen Einfluss aus, indem es zum Beispiel Krankheiten begünstigen oder durch die Hitze jede menschliche
Tätigkeit lähmen kann. Das feuchtheisse Afrika als Beherbergerin der Tsetsefliege macht die Viehzucht unmöglich. Daher
fehlt es auch an Zugtieren, und der Neger muss seinen Acker notgedrungen mit der Hacke bestellen. Das Fehlen des
Pfluges ist also nicht einem Mangel an Erfindungskraft des Negers zuzuschreiben. Die einzelnen Stämme, die als
Hirtenvölker und Viehzüchter leben, sind an die trockenen Steppengebiete gebunden. Der afrikanische Hackbau erstreckt
sich vorwiegend auf den Anbau von Jams und Bataten, Negerhirse, Bananen und Erdnüssen. Jams und Batate sind
Pflanzen mit knolligen Wurzelgewächsen, die in ihrem Geschmack an süssliche Kartoffeln erinnern. Nach wenigen Jahren,
wenn der Boden ausgenützt ist, müssen neue Felder aufgesucht werden, denn Dünger ist keiner vorhanden. Jedermann
pflanzt nur soviel, wie er für seinen Lebensunterhalt benötigt. Das ist auch wieder in der Eigenart des Landes begründet.
Die gleichartigen, weiten Räume, die immer wieder die gleichen Produkte liefern, bieten keine Tauschmöglichkeiten.
Deshalb sind Handel und Verkehr gehemmt.
Der Text enthält mehrere unpräzise oder falsche Informationen. So trifft die Bemerkung über die Viehzucht
nur für Teile des afrikanischen Gebietes zu. In Westafrika ist z. B. die Viehzucht bereits auf ca. 10° nördlicher
Breite möglich. Aus diesem Grund sind auch Widrigs Schlussfolgerungen zum Hackbau falsch. Vielmehr liegt
die Bevorzugung der Hackbau-Kultur, die sich bis heute in den tropischen Gebieten Afrikas gehalten hat, in
der Ausschwemmungsgefahr für den Boden, die durch ein Umpflügen wesentlich erhöht würde. (Zum
Wanderhackbau siehe auch die Seite 153 dieser Arbeit.)
Bei der Aufzählung der angebauten Nutzpflanzen vergisst Widrig, den Maniok (auch Kassawa) genannt zu
erwähnen, der schon früh aus Südamerika eingeführt wurde und sich anschliessend über weite Teile der
Tropen Afrikas verbreitete.
Widrigs Bemerkungen zum Tauschhandel sind kausal ebenfalls falsch begründet. Der mangelnde Austausch
von Waren dürfte eher auf die Unterdrückung des Binnenhandels durch die Kolonialmächte zurückzuführen
sein, da dieser nicht ihren Interessen entsprach, denn vor den Auftreten der Europäer verfügte zumindest das
nördliche Afrika und die Ostküste über weitläufige Handelsnetze. (Siehe dazu die Karte "Handelsstrecken im
Mittelalter" auf der Seite 30 dieser Arbeit.)
Widrig lässt sich zu weiteren Behauptungen verleiten, die nicht nur unhaltbar, sondern für einen Afrikaner
auch beleidigend wirken müssen (S. 304):
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 140
Geographielehrmittel: Geographie Widrig (1967)
Der Neger lernte nicht, für seine Zukunft zu sorgen. Weitsichtiger Scharfblick und Ausdauer sind seinem Wesen fremd. Er
ist ein Kind des Augenblicks. Dabei ist er aber in den Plantagen unter der heissen Tropensonne immer noch der
leistungsfähigste Arbeiter.
An dieser Stelle sei auf den in der Einleitung zu "Das von der Schule ermittelte Bild" auf der Seite 61 dieser
Arbeit erhobenen Vorwurf, die Afrikaner seien "Arbeitstiere..., die sich stundenlang in der Sonne abrackern"
könnten, verwiesen.
Als Gegenbeispiel sei der Wanderfeldbau der Bantus in den tropischen Regenwäldern angeführt, der eine
Planung auf zwanzig oder mehr Jahre hinaus bedarf. Allgemein lässt sich sagen, die Berichte der Europäer aus
der Kolonialzeit müssen mit Vorsicht genossen werden, da sie gerade den Menschen, deren Kultur sie teilweise zerstört haben Kulturlosigkeit zum Vorwurf machen.
Ein weiteres besonders faszinierendes Beispiel liefert das Volk der Dogon, die das Interesse der Anthropologen durch ihr Wissen über den Lauf der Sterne auf sich zogen, und deren rituelle Feierlichkeiten bis zu mehrere Jahrzehnte im voraus festgesetzt werden.
Widrig schliesst seine Überlegungen zu der Wirtschaftsformen mit den folgenden Worten ab (S. 304):
Mit ihren einfachen Werkzeugen haben die Neger in der Töpferei, der Flechterei, Schnitzerei, Weberei und Färberei, in der
Eisengewinnung und Messinggiesserei Bewundernswertes geleistet. Es ist unrichtig, den Neger für höhere Kulturarbeit
unfähig zu halten. Doch kann er, nach jahrhundertelangem Stillstand in der geistigen Entwicklung, nicht von heute auf
morgen zu einem Träger europäischer Kultur gemacht werden. Reisst man ihn unvermittelt aus seiner afrikanischen
Lebensgemeinschaft heraus und steckt ihn in europäische Kleidung, dann ist er erst ein Nachahmer einer für ihn fremden
Art. Er ist stolz auf seine neue Würde, aber es fehlt ihm die Reife abendländischer Kultur.
Widrig weist auf die Handwerksarbeit und die Kunstgegenstände hin und würdigt diese. Gleichzeitig macht er
den Lesern klar, dass es dem Afrikaner im Vergleich zum Europäer an "Reife" fehle, was nur durch die eurozentrische Haltung des Autors begründbar ist. Richtig weist er auf die Schwierigkeit hin, die der Wechsel von
einer Kultur zur anderen mit sich bringt. Besonders in den Städten Afrikas, müssen sich viele Menschen heute
die Frage nach dem eigenen Standpunkt zwischen "traditioneller Lebensweise" und Anpassung an die "Technisierung" der europäischen, amerikanischen Kultur stellen. Dabei gelingt es nicht allen, die positiven Seiten
beider Strömungen zu vereinen.
4.13.5
"Pygmäen", "Buschmänner" und "Hottentotten"
Nach der Betrachtung der Wirtschaftsformen wendet sich Widrig auf den Seiten 304-305 den "Restvölkern"
Afrikas zu, gemeint sind damit die "Pygmäen", "Hottentotten" und "Buschmänner". Über sie weiss er folgendes zu berichten:
Die Buschmänner, Hottentotten und die Zwergvölker oder Pygmäen des Kongogebietes sind hellfarbig und gelten als die
Überreste einer afrikanischen Urbevölkerung. Sie unterscheiden sich in Körperbau und Sprache vollständig von den
kräftigen Negerstämmen, von denen sie in die unwirtlichsten Gebiete der Kalahari und des dichten Urwalds
zurückgedrängt wurden. Die Zwergvölker erreichen eine Grösse von 1,40 Meter. Ihre Frauen sind meist noch kleiner.
Nach der Beschreibung der äusserlichen Merkmale wendet Widrig sich der Sprache dieser "Zwergvölker" zu:
Die Sprache der Hottentotten und Buschmänner überrascht den Europäer durch die eigenartigen Schnalzlaute. Doch
berichten weisse Männer, welche die Gastfreundschaft der Buschmänner genossen, von einem bewundernswerten
Reichtum der Dichtung dieses Volkes. Sie erzählt von Freundestreue, Mutterschmerz, Kindespflicht, Gattentreue und
Geschwisterliebe.
Die Naturvölker erzählen sich ihre Dichtungen in lebendiger, melodiereicher Sprache am Lagerfeuer unter Mienen- und
Gebärdenspiel.
(Zu den Schnalzlauten siehe auch die Ausführungen auf der Seite 251 dieser Arbeit). Die Bemerkung über den
"Reichtum der Dichtung" kann nur darauf zurückgeführt werden, dass dieser den als "primitiv" betrachteten
Völkern nicht zugetraut wurde.
Widrig führt auf der Seite 305 zwei Beispiele von Gesängen an: eine Art Heiratslied und einen Totengesang,
der auf Seite 126 dieser Arbeit in der Besprechung von "Harms Erdkunde - Die Welt in allen Zonen (1961)"
wiedergeben ist. Über die Kulturstufe der "Zwergvölker" schreibt Widrig auf Seite 305:
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 141
Geographielehrmittel: Geographie Widrig (1967)
Die Zwergvölker und Buschmänner sind die primitivsten Völker Afrikas. Sie leben als Sammler und Jäger in der Kalahari
und in den dichten Urwäldern des Kongogebietes. Dort fristen sie ein Leben, über dessen Armseligkeit wir uns kein Bild zu
machen imstande sind. Allerlei kleines Getier wie Insekten, Frösche, Mäuse und Eidechsen dient ihnen zur Nahrung. Mit
den Grabstock wühlen sie nach Wurzeln und Knollen, Würmern und Larven. Ein einfacher Wetterschutz, bestehend aus
einigen Stangen und darüber ausgebreitetem Laubwerk, ist ihre Wohnung. Ihre Waffen sind Bogen und vergiftete Pfeile.
So ziehen sie als primitive Nomaden durch die Wildnis, wo sie allmählich aussterben.
Ein Vergleich mit der aus dem thurgauischen Lehrmittel "Geographie" von 1963 auf Seite 130 in dieser Arbeit
zitierten Stelle und der Verweis auf die dort gemachten Bemerkungen soll hier genügen. (Zu den "Pygmäen"
siehe auch die Seiten 126 und 147 dieser Arbeit, zu den "Buschmännern" die Seiten 133 und 149.)
4.13.6
"Das weisse Afrika"
Nach den Teilen "Afrika, der dunkle Erdteil" auf den Seiten 296-300 und "Das schwarze Afrika" auf den
Seiten 300-305, die bereits besprochen wurden, folgt auf den Seiten 306-314 ein mit "Das weisse Afrika" überschriebenes Kapitel. In einem ersten Abschnitt betitelt mit "Hamiten und Semiten" auf der Seite 306 schreibt
Widrig unter anderem:
...Die Hamiten sind vorwiegend braun und zeigen europäerähnliche Gesichtszüge. Sie gelten als kriegerisch und
unternehmungslustig. Zu ihnen gehören unter andern die Berber, die Tuareg, einige Stämme zwischen dem oberen
Nilgebiet und der Küste von Somali. Die hamitischen Fulbe, Haussa und Tibbu haben sich stark mit Negern gemischt. Die
meisten dieser Völker sind zum Islam übergegangen und fanatische Mohammedaner geworden...
Widrig gibt hier die künstliche Einteilung der Rassenlehre wieder, die bis heute in verschiedenen Lehrmitteln
angeführt wird, die aber einer näheren Betrachtung nicht standhalten kann, da die Einteilungen einerseits
fehlerhaft sind, andererseits die Übergänge zwischen den Rassen fliessend sind. Die Hausa beispielsweise,
lassen sich allenfalls durch ihre Sprache, die in Westafrika von bis zu 50 Millionen Menschen gesprochen und
als Handelssprache verwendet wird (Vögele 1995, S. 9), von ihren Nachbarn unterscheiden. (Zu den Hausa
siehe auch die Seiten 57 und 152 dieser Arbeit.)
Zum Einfluss des Islams und der arabischen Kultur auf die schwarzafrikanische Bevölkerung schreibt Widrig:
Während des ganzen Mittelalters waren die Araber die Herren des Landes... Nicht die Wüsten, sondern die starken
Negerstämme des Sudans sind es gewesen, die das Vordringen des Arabers gegen Süden aufhielten. Die Beduinen nannten
die Sudanneger Muntschi, das heisst sie haben uns gegessen. Der Araber brachte dem Lande Sprache und Religion... In
Ostafrika ist er zum verbissenen Träger eines wüsten Sklavenhandels geworden.
Im hier verkürzt wiedergegebenen Abschnitt fasst Widrig verschiedene Entwicklungen sowohl in räumlicher
als auch in zeitlicher Sicht zusammen, die nur einen Teil des tatsächlichen Geschehens schildern. Für eine
detaillierte Übersicht sei auf den 2. Teil dieser Arbeit, auf den "Überblick über die Geschichte Afrikas",
hingewiesen.
Unter dem Titel "Europäer - Schlimme Vorbilder" schildert Widrig auf den Seiten 306-307 den Sklavenhandel
in einer sehr bildlichen und sicher beeindruckenden aber wenig sachlichen Weise:
Man kann sich nur blutenden Herzens jener Sklavenkarawanen erinnern, die einst aus dem Innern Afrikas kamen. Man
hatte die schwarzen Menschen eine Kette bilden lassen. Sie kamen oft tausend Meilen weit aus den endlosen Wäldern und
Steppen, gingen Millionen und Millionen Schritte im Gabelholz, einer hinter dem andern. Sie kamen die gewundenen
Pfade entlang, durch das Dickicht, die Dornen und die Schlammlöcher des Urwaldes. Sie schritten durch Lichtungen
zwischen den hohen und schneidenden Gräsern der weiten Ebenen hindurch. Sie durchquerten Stein- und Sandwüsten,
wateten durch Moräste, ertranken in Flüssen und Furten. Sie erklommen die Stufen der Gebirge und glitten deren Hänge
hinunter. Sie waren dem Wind und der Kälte des Hochlandes ausgesetzt. Der Regen prasselte auf ihre Rücken nieder, und
die Tropensonne brannte auf ihre Köpfe. Sie wurden in den Niederungen von Fliegenschwärmen angefallen, gebissen und
ausgesogen. Ihre Körper waren zerkratzt und zerschunden. Die Haut schälte sich vom Leib, voll von Schmutz und Staub.
Tag und Nacht wurden sie von Schmarotzern, von Läusen und Zecken geplagt. Sie kamen mit gedunsenem Leib,
blutunterlaufenen Augen, herausstehenden Backenknochen daher. Den Fuss im Eisen, den Verbindungsstrick in beiden
Händen, jeder mit seinem Vordermann überdies durch eine lange Holzgabel verbunden, die seinen Hals umklammerte,
jeder mit einer Last auf dem Haupt, so gingen, zogen, schleppten sie sich weiter. Das war die Sklavenkette, die mit Stöcken
und Peitschen vorwärtsgetrieben wurde. Tausende von Schlägen setzten Tausende von Füssen in Bewegung. Schwarze
Geier mit nackten Hälsen liessen sich auf jene Unglücklichen nieder, die den Anstrengungen erlagen.
Berichten ehemaliger Sklaven und Sklavenhändler zufolge wurden die Sklaven oft in verschiedenen Etappen,
verbunden mit mehrmaligen Besitzerwechsel, zur Küste gebracht. Dort begann erst die eigentliche Tortur,
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 142
Geographielehrmittel: Geographie Widrig (1967)
wurden die Sklaven doch oft, bis zur Ankunft des nächsten Sklavenschiffes in Gruppen von hundert oder mehr
Menschen in engen Räumen wochenlang eingesperrt. Umstände die nur noch von den Zuständen auf den
Schiffen während der Überfahrt an Unmenschlichkeit überboten wurden. (Zum Sklavenhandel siehe auch die
Seiten 136 und 155 dieser Arbeit.)
In einem weiteren Abschnitt auf Seite 307 betitelt mit "Entbehrungen" schildert Widrig die Aufopferung der
Europäer, die ihre schwarzen Mitmenschen, so zumindest die Aussage des Textes, aus der Barbarei befreiten:
Es gab immer wieder bedeutende Europäer, die versuchten, als gütige Helfer ins Innere Afrikas vorzudringen. Teils waren
es Forscher, teils Missionare, Ärzte, Offiziere und Soldaten, die in bester Absicht auf alle, aber auch gar alle
Bequemlichkeiten des Lebens verzichteten und sich der afrikanischen Sonne zuwandten. Sie erlernten die Sprachen der
Eingeborenen und passten sich ihrer Lebensweise an. Sie teilten mit den Schwarzen deren hartes Los, nährten sich von
Eidechsen und Schlangen, tranken aus braunen, stinkenden Pfützen. Sie wurden durch Krankheiten niedergestreckt und
schleppten sich dennoch mit eiserner Willenskraft, auf sich allein angewiesen, weiter. Sie starben einsam und verlassen in
afrikanischer Ferne. Ihr Leben war nur Güte und Hingebung an ihre schwarzen Freunde, durch die sie oft verraten,
ausgeplündert und überfallen wurden. Sie erhoben seit jeher die Stimme gegen die Knechtung der afrikanischen Völker.
Sie haben die Eingeborenen dazu gebracht, viele ihrer grausamen Sitten, die Menschenopfer und andere furchtbare Untaten
forderten, aufzugeben.
Diese "bedeutenden" Europäer waren keinesfalls die Regeln, sondern es handelt sich um wenige Ausnahmen.
Besonders die Offiziere und Soldaten dürften sich kaum auf einen vertiefenden Kontakt mit der einheimischen
Bevölkerung eingelassen haben, war es doch ihre Aufgabe die Interessen der europäischen Mächte gegenüber
der Bevölkerung, notfalls mit Gewalt, durchzusetzen. Einer der seltenen Ausnahmen war sicher der englische
Missionar Livingstone, der nach der Rückkehr von seiner ersten Afrikareise die englische Sprache erst wieder
erwerben musste, hatte er sich doch immer bemüht, die Sprache derjenigen Afrikaner zu sprechen, mit denen
er Umgang pflegte. Livingstones Leben schildert Widrig in kurzen Worten auf den Seiten 308-309.
Auf der Seite 309 schreibt Widrig im Zusammenhang mit den Reisen des Franzosen Caillé um 1828 über die
"Legendenstadt Timbuktu":
Und siehe da, die Paläste waren nichts als schlecht gebaute Lehmhäuser. Die goldenen Dächer bestanden aus Kot. Fusstief
stand der Wüstenstaub in den Strassen.
Widrig vergisst dabei, dass Caillé Timbuktu rund 500 Jahre nach der Zeit höchster Blüte besuchte - einer
Zeitspanne während der fast alle der im 14. Jahrhundert bedeutenden Handelsstädte in Bedeutungslosigkeit
versanken. (Zu Timbuktu siehe auch die Seiten 38 und 375 dieser Arbeit.)
Auf den Seiten 310-311 äussert sich Widrig unter dem Titel "Der Weg zur Unabhängigkeit" über die zum Zeitpunkt des Erscheinens des Buches teilweise bereits unabhängig gewordenen afrikanischen Staaten und deren
Fähigkeit sich selbst zu verwalten:
Während der Kolonisation hat der Europäer seine modernen Wirtschaftsformen Afrika vermittelt. Er legte Plantagen und
Bergwerke an, führte Industrien ein, baute Strassen und Eisenbahnen, förderte Handel und Verkehr. In den Städten
entstanden moderne Quartiere mit Schulen und Spitälern. Viele Eingeborene fanden Arbeit und Verdienst.
Bei der Abwägung über Nutzen und Schaden, den die Europäer mit ihrer Politik dem afrikanischen Kontinent
brachten, gehen die Meinungen heute auseinander. Auf der einen Seite stand die wirtschaftliche Ausbeutung,
andererseits erleichterten europäische Errungenschaften das Leben der einheimischen Bevölkerung speziell der
Städte, besonders was die Bekämpfung tropischer Infektionskrankheiten anbelangt.
Die durch die Europäer vermittelte Arbeit bestand nur allzuoft darin, den angesiedelten Europäern das Leben
durch die Erledigung unangenehmer Tätigkeiten leichter zu machen oder auf den Plantagen oder in Eigenregie
Produkte für den Export zu erzeugen. Der Verdienst reichte in der Regel gerade, um die von den Europäern,
mit dem Ziel der Eingliederung der heimischen Bevölkerung in die Weltwirtschaft, erhobene "Kopf-" oder
"Hüttensteuer" zu bezahlen. Widrig fährt fort (S. 310):
In den christlichen Missionen bestand kein Unterschied zwischen Schwarz und Weiss. Im modernen Wirtschaftsleben
blieben die Eingeborenen dagegen untergeordnete Beamten oder Arbeiter. Sie waren vielfach ungenügend ausgebildet und
konnten dem europäischen Denken nicht folgen. - Wer zum Beispiel mehr Lohn bekam, erschien oft erst wieder zur Arbeit,
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Geographielehrmittel: Geographie Widrig (1967)
wenn das Geld verbraucht war. - Es geschah auch, dass der Europäer ihre Weiterbildung vernachlässigte oder gar
verhinderte, um dem Weissen die bessern Posten zu sichern.
In Westafrika verfolgte z. B. die Basler Mission eine Politik, die der einheimischen Bevölkerung den
Anschluss an die europäische Kultur ermöglichen sollte. Die Missionare in ihrem Dienst verpflichteten sich,
das einfache Leben der einheimischen Bevölkerung zu teilen. Bis heute haben sich einige Spitäler und Schulen, die durch die Basler Mission anfangs des Jahrhunderts errichtet wurden, in Ländern wie Ghana, einen
guten Ruf erhalten.
4.13.7
"Unabhängigkeit südlich der Sahara"
Mit der zunehmend europäisierten Bildung der afrikanischen Elite und den Erfahrungen vieler Schwarzafrikaner, die in den beiden Weltkriegen zum Kriegsdienst eingezogen wurden, wuchs das Verlangen nach Unabhängigkeit. Widrig beschreibt dies auf Seite 310-311 mit einer Mischung aus Bedauern und Unverständnis:
In den Städten und Hafenplätzen lernten die Eingeborenen das moderne Leben kennen. Sie sahen, dass der Europäer mehr
verdiente, und sagten sich, Afrika sei ihr Land und der Weisse bestehle sie. Ehemalige afrikanische Studenten europäischer
und amerikanischer Universitäten wurden zu Führern der Unzufriedenen im Kampf gegen den Kolonialismus. Sie zogen
durch die Strassen und trugen Spruchbänder mit der Aufschrift: "Afrika den Afrikanern!" Die Sowjetunion unterstützte
diese Forderung in der Absicht, den Westeuropäer in Afrika zu schwächen.
Mit dem letzten Satz wird klar, dass viele Länder zwar die gewünschte Unabhängigkeit erlangten, von den
Weltmächten USA und UDSSR aber in deren "Kalten Krieg" verwickelt wurden. Auseinandersetzungen deren
Folgen sich noch immer, beispielsweise in Angola oder Äthiopien und Eritrea, auswirken.
Über die erreichte Unabhängigkeit des Vorreiters und afrikanischen Hoffnungsträgers Ghana, der ehemaligen
Goldküste, schreibt Widrig auf Seite 311:
...Waren es zuerst die Länder des Islams, die ihr Ziel erreichten, so gelang es 1957 der von Negern bewohnten britischen
Goldküste, den Staat Ghana zu gründen. Viele Afrikaner konnten es nun kaum erwarten, nach dem Vorbild Ghanas, das
"europäische Joch" abzuschütteln. Die Kolonien wurden fast von heute auf morgen unabhängige Staaten. Schlimm waren
die Folgen: Viele Europäer verliessen Afrika. Die Eingeborenen, plötzlich auf sich selber angewiesen, waren darauf
schlecht vorbereitet. Es fehlte ihnen an Geld, Ausbildung, Erfahrung und innerer Reife, das von den Europäern begonnene
Werk zu übernehmen und weiter aufzubauen...
Ob es in Länder wie Ghana wirklich an der "inneren Reife" der Politiker fehlte oder ob andere Faktoren eine
Rolle spielten, sei dahingestellt. Widrig schätzt aber die Folgen der teilweise übereilten Unabhängigkeit afrikanischer Staaten richtig ein, wie die Entwicklung in den folgenden Jahren zeigen sollte.
Auf den Seiten 311-313 versucht Widrig seine These am Beispiel der beiden Länder Marokko und Mauretanien zu belegen. Auf den Seiten 313-314 schreibt er unter dem Titel "Unabhängigkeit südlich der Sahara":
Viele afrikanische Menschen sind unsagbar arm, unterernährt, wohnen in elenden Hütten und kein Arzt ist erreichbar,
wenn sie krank sind. Sie verstehen nur mit wenigen Habseligkeiten umzugehen und wissen nicht, was lesen und schreiben
heisst, geschweige denn, was das Wort "Unabhängigkeit" bedeutet. Bei einer Abstimmung fragte ein Neger, bevor er seine
Stimme abgab, ob die Unabhängigkeit ein Mann oder eine Frau sei. In den Städten nennen sich die Eingeborenen mit Stolz
Afrikaner. Sie sind begeistert, wenn sie das Wort Freiheit hören. Manche glauben, diese berechtigte sie, den Besitz des
Europäers zu plündern.
Leider trifft die Beschreibung Widrigs, was die materiellen Verhältnisse anbelangt, bis zum heutigen Tag auf
viele Menschen in Schwarzafrika zu, auch wenn diese ihre Hütten vielleicht nicht als "elend" betrachten. Das
von ihm angeführte Beispiel zur politischen Reife ist eine unzulässige Verallgemeinerung. In vielen Staaten
Afrikas haben die Stimmberechtigten immer wieder gezeigt, dass sie durchaus in der Lage sind, die richtige
Entscheidung zu fällen, sofern sie daran nicht unter Androhung von Gewalt gehindert werden.
Als weitere Negativbeispiele führt Widrig Vorfälle in Tansania und die Situation in Nigeria nach der
Unabhängigkeit an. Positiveres weiss er aus Ghana zu berichten, das unter Kwame Nkrumah zum Vorbild für
ganz Afrika wurde (S. 131):
Viele Eingeborene haben einen unersättlichen Bildungshunger. Um die Analphabeten lesen und schreiben zu lehren,
ziehen in Ghana Wanderlehrer durch das Land, von den schwülen Dschungeln im Süden bis zur Steppe im Norden. Sie
reisen zu Fuss, per Velo oder mit dem Moped. Ehrenamtliche Helfer stehen ihnen zur Seite, die als Erkennungszeichen
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 144
Geographielehrmittel: Geographie Widrig (1967)
eine Nadel mit der blaurot flammenden "Fackel des Wissens" am Hemd tragen. Der weithin hörbare Dorfgong ruft gross
und klein zum Unterricht zusammen. - Für höhere Schulen müssen die afrikanischen Volkssprachen erst bearbeitet werden,
bevor sie als Bildungsmittel dienen können. Wer studieren will, muss europäische Sprachen lernen, um dem Unterricht an
den Hochschulen folgen zu können.
Auch nach der jüngsten Schulreform in Ghana ist das Erlernen des Englischen, das sich vor allem aus politischen Gründen halten konnte, nach wie vor Bedingung für den Eintritt in eine höhere Schule.
Im letzten Abschnitt zur "Unabhängigkeit südlich der Sahara" kommt Widrig auf die Entwicklungshilfe zu
sprechen (S. 131):
Es ist notwendig, dass den unabhängig gewordenen Ländern geholfen wird. Man nennt das Entwicklungshilfe und die
betreffenden Völker unterentwickelte Nationen. Besonnene Afrikaner haben eingesehen, dass der Schritt vom Urwald ins
Atomzeitalter vorbereitet sein muss. So sagte der Präsident der alten Negerrepublik Liberia: "Wir sind deshalb so arm, weil
wir das Pech hatten, nie eine Kolonie gewesen zu sein."
Dieses Zitat ist aufgrund des Bedürfnisses von Widrig, den Begriff "Entwicklungshilfe" zu erläutern, im
Zusammenhang mit der Behandlung dieser Thematik in Lehrmitteln späterer Jahre interessant, denn bis heute
engagieren sich die Industrieländer, teilweise mit viel Engagement und wenig Erfolg, in den Entwicklungsländern Afrikas. (Zur Entwicklungshilfe siehe auch die Seite 168 dieser Arbeit.)
4.13.8
Tropenkrankheiten
Die Seiten 314-317 widmet Widrig den Tropenkrankheiten. Über die Schlafkrankheit und die Malaria schreibt
er auf Seite 315:
...Die Wirkung der Schlafkrankheit auf die afrikanischen Völker ist furchtbar. Ganze Landstriche im Kongo sind
ausgestorben. Die Hütten der Siedlungen stehen noch da, aber die Eingeborenen sind im Elend untergegangen. Die
Tropenheilkunde hat Mittel geschaffen, welche die Blutschmarotzer im ersten Krankheitsstadium schlagartig vernichten...
...Trotz des Chinins und anderer Bekämpfungsmittel gehen auch heute noch alljährlich Tausende von Menschen an Malaria
zugrunde...
(Zur Schlafkrankheit und ihren Auswirkungen siehe auch die Seite 157132 und 232 dieser Arbeit.) Diese
Worte haben bis heute wenig an Gültigkeit verloren. Nach wie vor stellen die tropischen Infektionskrankheiten
für die Menschen der betroffenen Gebiete ein grosses Problem dar. Selbst ein wirksames Medikament ist nur
eine Lösung auf Zeit, da die Erreger nach einigen Jahren meist eine Resistenz entwickeln. Auf Seite 316
schreibt Widrig über die Amöbenruhr:
...Die Unsauberkeit der Eingeborenen vermittelt ihr den Weg in das Wasser, in die Kleider, an die Hände, auf die Früchte,
an die täglichen Gebrauchsgegenstände, in die Lebensmittel. Gelangt sie in den Mund und durch diesen in den Magen und
Darm, ist die Ansteckung da...
Eine gefährliche Aussage, die zur Annahme verleitet, die "Eingeborenen" würden keine Hygiene kennen.
Dabei erscheint es vielen Afrikaner unverständlich, dass es Europäer gibt, die nicht täglich mindestens einmal
baden. Zu Problemen in der Hygiene führt der Wassermangel und vor allem die oftmals in den ländlichen
Gegenden nicht vorhandene Trennung zwischen Trink- und Abwasser.
4.13.9
Insekten
Auf den Seiten 317-320 beschreibt Widrig die Insektenwelt Afrikas und den Einfluss der Insekten auf den
Menschen. Auffallen dabei ist, dass er mit keinem Wort die Nutzung der Insekten, die wertvolle Lieferanten
der Mangelware "Protein" sind, durch den Menschen beschreibt. In vielen ländlichen Gegend ist der Jungfernflug der Termiten Grund für viel Aufregung unter den Kindern. Von einer elektrischen Lampe oder einer
Kerze des Nachts angelockt, werden die Termiten eimerweise eingesammelt, anschliessend in ihrem eigenen
Fett fritiert und dann entweder an Ort und Stelle verzehrt oder als Vorrat eingelagert. Neben den Termiten
stehen auch weitere Insekten, wie grosse Heuschreckenarten, als eine Art "Frühlingsrolle" oder gewisse
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 145
Geographielehrmittel: Geographie Widrig (1967)
Raupen, auf dem Speisezettel. Vielfach gelten sie als Delikatesse. (Zu den Heuschrecken siehe auch die Seiten
107 und 198 dieser Arbeit.)
4.13.10 Ackerbau und Viehzucht in der Savanne
Die folgenden Seiten 320-373 enthalten keine Textstellen, die im Rahmen der Untersuchung interessieren. Die
Themen auf diesen Seiten sind: "Der Aufbau des Bodens" (S. 320-322); "Das Klima" (S. 323-327); "Die Sahara" (S. 328-343); "Ägypten" (S. 344-363); "Libyen" (S.363); "Die Atlasländer" (S. 364-369) und ab Seite 370
"Der Sudan".
Auf Seite 373 schreibt Widrig zum Thema "Das Tierparadies", den Interessenkonflikt zwischen Viehzucht und
Erhalt der heimischen Fauna aufgreifend:
...Begreiflich, dass hungernde Steppenvölker sagen, Viehherden und Weiden seien ihnen wichtiger als wilde Tiere.
Versuche und Beobachtungen sollen erwiesen haben, dass ein vernünftig gehegter Wildbestand die Bevölkerung besser
mit Fleisch zu ernähren vermag als Viehzucht...
(Zu den Hungerkrisen in Schwarzafrika siehe auch die Seiten 107 und 148 dieser Arbeit.) Dieser Konflikt
bleibt in Gegenden Ost- und Südafrikas bis heute aktuell, wurde durch den aufkommenden Safaritourimus
jedoch teilweise entschärft. In grossen Teilen der Sudanzone hingegen wurde die Frage aufgrund der zunehmenden Bevölkerungszahl und der Dürrejahre zugunsten der Viehzucht entschieden.
Auf den Seiten 374-375 schreibt Widrig unter dem Titel "Haus und Acker":
Der Acker des Negers enthält wenige, anspruchslose Nutzpflanzen. Er ist nicht so gepflegt wie unsere Gärten und Felder.
Wenn der Wald gerodet und der Acker mit der Hacke oberflächlich bearbeitet ist, schiessen noch allerorts Steppengräser
und Schösslinge des Busches, durch tiefgreifende Wurzeln genährt, aus dem Boden. Aus verkohlten Baumstämmen
spriessen neue grüne Zweige. Einen Teil des Astwerks flicht man zu einem Knüppelzaun, der Dorf und Feld umgibt und
gegen wilde Tiere schützen soll. Das Gestrüpp verbrennt zu Asche, die man als Dünger in den Boden hackt. Es braucht viel
harte Arbeit, bis man einen ertragfähigen Acker hat...
Die von Widrig beschrieben Umzäunung dient nicht nur dem Schutz vor Wildtieren, sondern bietet auch den
Ziegen, die von ihren Besitzern frei laufengelassen werden, Einhalt und schützt so die angebauten Pflanzen
vor Frassschäden.
In nächsten Abschnitt beschreibt Widrig die angebauten Pflanzen und fasst die Bemühungen der Bauern, allerlei Tiere vom Acker fernzuhalten, in die Worte: "Der Neger steht diesen Feinden meist machtlos gegenüber".
Es folgt eine recht detaillierte Beschreibung der Verwendung der angebauten Hirse auf den gleichen Seiten:
Die Hirse ist dem Neger, was uns das tägliche Brot. Da er keine Arbeitsteilung kennt, muss die Köchin vor jedem Mahl
dreschen und mahlen. "Sie muss das übliche Korn in der nötigen Menge täglich im Mörser stampfen, was unserem
Dreschen entspricht. Dann wird in Handschalen durch Schütteln im Winde die Spreu abgesondert, der Rest zwischen zwei
Steinen mit der Hand gemahlen. Um endlich das Mehl zum Brei kochen zu können, müssen erst noch Wasser und
Brennholz herbeigeschafft werden. So ist es denn dem Arbeiter oder Träger ganz unmöglich, sich ein Frühmahl zu leisten,
denn die aufgehende Sonne sieht ihn schon bei der Arbeit oder auf dem Marsche. So kommt er erst gegen Abend zu seiner
einzigen Mahlzeit, dem einfachen Hirsebrei, der in Gemeinschaft mit andern aus einem Napf mit den Fingern gegessen
wird. Soweit Früchte oder Wurzeln vorhanden sind, was durchaus nicht immer der Fall ist, müssen sie tagsüber den Hunger
stillen helfen." (E. Hennig.) Die Bevölkerung ist daher unterernährt. Trotzdem ist sie guten Mutes,...
Diese Beschreibung zeigt, dass Erzählungen über die "Faulheit der Schwarzen" als falsch angesehen werden
müssen. Bis zum heutigen Tag stehen die Menschen des ländlichen Sudan frühmorgens auf, und verbringen,
solange die Sonne noch nicht allzuheiss auf die Savannenlandschaft herunterbrennt, einen Grossteil des Tages
auf ihren Feldern, auf dem Weg zur nächsten Wasserstelle oder auf der Brennholzsuche.
Im folgenden Abschnitt (S. 375) beschreibt Widrig, Hennig zitierend, die Behausungen, welche für diesen Teil
Afrikas typisch sind und sich überall dort gehalten haben, wo sich der modernere europäische Baustil als zu
teuer erweist:
Der Acker schliesst in der Regel unmittelbar ans Haus der Familie an. Die Negerhütte ist von grosser Einfachheit, ein
Rechteckbau oder eine Rundhütte mit einem Kegeldach. Die Seitenwände sind gewöhnlich aus Lehm gemauert oder aus
Ruten geflochten und mit Lehm verstrichen. Das Holzdach trägt dicke Strohpolster, die man jährlich erneuert. "Die Hütten
sind im Innern finster, rauchig und eng, die Türen so niedrig, dass der Eintretende sich bücken muss. Einige niedere,
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 146
Geographielehrmittel: Geographie Widrig (1967)
geflochtene Bänke zum Schlafen, Matten, Koch- und Wassergefässe bilden die ganze Einrichtung. Der Raum bietet nur
den notdürftigsten Platz zum Schlafen." (E. Hennig.) Sind die umliegenden Felder erschöpft, sucht die Dorfgemeinschaft
eine neue Wasserstelle und zieht weiter. Ein Savannenbrand und das ganze alte Dörfchen ist spurlos verschwunden!
Widrig beschreibt zwei verschiedene Hüttenformen. Die Rundhütte ist typisch für die regenärmeren Gebiete
des Sudan, die Form des Rechteckbaus für die regenreicheren. In Ghana beispielsweise löst die eine Bauform
die andere innerhalb weniger Kilometer ab. Die Rundhütte gilt dort als Zeichen des Nordens.
Im letzten Abschnitt beschreibt Widrig kurz die Viehzucht:
Je weiter man sich den Wohngebieten der nördlichen Trockensteppen zuwendet, desto mehr tritt die Viehzucht als
Haupterwerbszweig hervor. Die Herden, meist aus Buckelrindern bestehend, werden während der Trockenzeit gegen
Süden getrieben. In der Regenzeit wenden sie sich wieder den trockenen Grasländern zu, schon um den Stichen der
Tsetsefliege zu entgehen.
Diese Viehwanderungen stellen seit der Entstehung der Nationalstaaten ein Problem dar, weil die Hirten bei
befürchteter Seuchengefahr die Grenzen nicht mehr überqueren dürfen. Oft kommt es auch zu Konflikten
zwischen der Hirten dieser Viehherden und der sesshaften Bevölkerung, die Ackerbau treibt.
4.13.11 "Die Guineaküste und das Kongobecken"
Im nächsten Kapitel "Die Guineaküste und das Kongobecken" auf den Seiten 376-379 beschreibt Widrig,
nachdem er die Leser über "Das Land und seine Gewässer" und "Den tropischen Regenwald: Die Naturlandschaft" informiert hat, "Mensch und Urwald" auf den Seiten 377-378:
Das Kongogebiet wird vorwiegend von Bantustämmen bewohnt. Die Besiedlung ist sehr unterschiedlich, je nach der Natur
des Landes. Krankheiten und innere Fehden haben ganze Dörfer entvölkert. Der dichte Urwald ist sehr menschenfeindlich
und deshalb auf weite Strecken völlig unbesiedelt. Am günstigsten sind die Lebensbedingungen beim Übergang in die
Savanne, wo die Niederschläge einen hinreichenden Ertrag aus dem Hackbau sichern. Das wichtigste Erzeugnis der
Pflanzungen in den gerodeten Waldgebieten ist die Banane. In den trockeneren Savannengebieten hören die
Bananenpflanzungen auf. An ihre Stelle treten die Körnerfrüchte Hirse und Mais. Dazu kommen noch Maniok, Jams und
Batate, Bohnen und Kürbisse. Die Viehzucht ist in den feuchten Gebieten unmöglich. - Die Siedlungen der Waldgebiete
sind Strassendörfer. In der freien Savanne findet man eher Haufensiedlungen. Völlig zurückgezogen in den Schutz der
schwer zugänglichen Waldgebiete leben noch einige zerstreute Gruppen von Zwergvölkern (Pygmäen). Sie führen ein
überaus armseliges Jäger- und Sammlerleben. Ein niedriges Blätterdach ist ihre Wohnung, ein Bogen mit vergifteten
Pfeilen ihre Waffe. Die Pygmäen werden etwa 140 cm gross.
Typisch an diesem Text ist die Gegenüberstellung der aus europäischer Sicht "zivilisierteren" Bantu und der
"urtümlich" lebenden "Pygmäen". (Zu den "Pygmäen" siehe auch die Seiten 141 und 154 dieser Arbeit.) Diese
Art des Vergleich findet sich auch 17 Jahre später noch im Lehrmittel "Geographie der Kontinente" von 1984,
das auf Seite 339 dieser Arbeit besprochen wird. Über die wirtschaftliche Entwicklung im Regenwaldgebiet
schreibt Widrig auf Seite 379:
Die wirtschaftliche Erschliessung des Urwaldes steckt noch in den Anfängen. Edle Hölzer, Palmkerne und Kautschuk
bilden seinen Reichtum. Plantagen finden sich an den Verkehrslinien, besonders in den Küstenländern von Guinea. Dort
werden vor allem Kaffee, Kakao, Öl- und Kokospalmen angebaut. - In Katanga, das eine besondere Entwicklung
durchgemacht hat, werden reiche Kupferminen ausgebeutet. Es ist der wirtschaftlich wichtigste Teil des Kongogebietes
und bestrebt, unabhängig zu sein.
Unterdessen haben sämtliche Länder des Kongobeckens die Unabhängigkeit erlangt und die Erschliessung des
Regenwaldes wird zumindest in Europa von breiten Kreisen der Bevölkerung mit anderen Augen betrachtet,
da man die Vernichtung der "grünen Lungen" fürchtet.
4.13.12 Ostafrika
Im nächsten Kapitel zu Ostafrika, auf den Seiten 380-388 beschreibt Widrig die "Grabenbrüche und Seen,
Vulkane und Bruchstufen" (380-381), und die "Ostafrikanische Savannen- und Steppenlandschaft"
(S.382-384), bevor er auf den Seiten 384-388 unter dem Titel "Volk und Bodenwirtschaft" auf für diese Arbeit
relevante Themen zu sprechen kommt:
Die Steppenbewohner nördlich des Äquators sind Nomaden. Sie sind vorwiegend Hamiten, die sich mit Negern und
Arabern vermischten. Zu ihnen zählen die Galla, Somali und Massai. Die dunkelhäutigen Abessinier werden als
semitisches Volk angesehen. Die Steppenvölker ernähren sich vorwiegend durch die Viehzucht. Ihre Herden bestehen aus
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 147
Geographielehrmittel: Geographie Widrig (1967)
Buckel- und Langhornrindern. Südlich des Äquators gehören die Eingeborenen zu den Bantuvölkern. Sie leben
vorwiegend vom Hackbau und pflanzen die gleichen Gewächse an wie im Sudan und im Kongogebiet: Hirse und Mais,
Maniok, Jams, Batate, Erdnüsse und Bananen. An der Küste lebt das handelstüchtige Mischvolk der Suaheli. Ihre Sprache,
das Kisuaheli, gilt in weiten Teilen Ostafrikas als Verkehrs- und Geschäftssprache...
...Wie im übrigen dunklen Erdteil, so entstehen auch in Ostafrika neue Staaten. Die politischen Verhältnisse ändern rasch...
Denkt man an Länder wie Somalia oder Äthiopien, das Widrig auf den Seiten 386-387 beschreibt, wird klar,
dass sich die Verhältnisse bis zum heutigen Tag lange noch nicht in allen Regionen Ostafrikas stabilisiert
haben. Über Äthiopien erfährt der Leser:
Das alte Wort Äthiopien bedeutete früher: Land am oberen Nil. Heute umfasst das Kaiserreich Äthiopien das Hochland
von Abessinien und erstreckt sich nordwärts über Eritrea bis ans Rote Meer. Äthiopien heisst "Land der Dunkelhäutigen";
seine Einwohner nennen sich Äthiopier (nicht Abessinier). Es sind aber viele Tönungen der Haut vorhanden. Die
verhältnismässig hellhäutigen Amharen mit krausen schwarzen Haaren bezeichnen sich als weiss und sagen von den
Europäern, sie seien "rosa"; ihre Mitbürger aus andern Rassen gelten als braun oder schwarz.
An der Spitze des Staates steht der Kaiser, amtlich Negusa Nagast, in Europa Negus Negesti (das heisst "König der
Könige") genannt. Dieser Titel hat in Äthiopien seine Berechtigung, denn in diesem Reich gibt es tatsächlich viele "Ras",
die wie Könige regieren. Die Äthiopier glauben, Kaiser Haile Selassie sei der 225. Nachkomme Salomons. Der Kaiser will
moderne Technik und europäische Lebensweise schrittweise einführen. Die Italiener, die Abessinien von 1935 bis 1940
besetzt hielten, leisteten ihm ungewollt grosse Vorarbeit. In kaum einem andern Land sieht man westliche Zivilisation und
afrikanische Rückständigkeit näher beisammen.
"Vor einer roten Verkehrsampel in Addis Abeba (das heisst 'Neue Blume') hält ein barfüssiger Hirt seine Schafe und
Ziegen zurück, um Autos und hochbeladene Kamele, die 'Grün haben', vorbei zu lassen. Neben modernen, hohen
Geschäftshäusern ducken sich niedrige, uralte Holzbaracken. Männer, wie zu biblischen Zeiten gekleidet, mit weissem
Schultertuch und braunen, enganliegenden Hosen, betrachten die Schaufenster, in denen Badewannen, Radios und
Photoapparate ausgestellt sind. In solchen Läden kann man auch hochempfindliche Kleinbildfilme kaufen...
Widrig führt hier noch weitere Beispiele an, die belegen sollen wie gross der Kontrast zwischen alt und neu ist.
Eine Konfrontation die vielen Menschen Afrikas, die in grossen Städten leben, geläufig ist und die besonders
scharf heraustritt, wenn sie ihre Verwandten in den ländlichen Gegenden des Landes besuchten, wo vielleicht
weder Elektrizität noch fliessendes Wasser vorhanden sind. (Zu Äthiopien siehe auch die Seiten 112 und 166
dieser Arbeit.)
Auf den Seiten 387-388 beschreibt Widrig unter dem Titel "Dürre und Sintflut" Szenen, die sich in ähnlicher
Weise immer wieder, zuletzt im Mai/Juni 1998, als am Victoriasee, dem grössten Binnengewässer Afrikas, der
Wasserspiegel innert weniger Monate um 1.5 m stieg (TA 29.5.98, S. 16), wiederholt haben:
Fast zwei Jahre lang, von 1959 bis 1961, haben der grösste Teil von Kenya und angrenzende Gebiete Tanganjikas und
Somalilands unter Wasserarmut gelitten. Es war noch nie so schlimm, seit man die Wetterbeobachtungen aufschrieb. Das
Grasland war verbrannt, das Vieh verendet, der Mais verdorrt. Das Elend des Menschen wurde immer schlimmer. Am
schwersten litt der nomadisierende Stamm der Massai, etwa 40'000 Menschen, die 250'000 Stück Vieh verloren. Alles
hungerte, am meisten die Kinder.
Im Frühjahr 1961 halfen die Engländer und Amerikaner. Allein im Mai wurden in Mombasa 100'000 Säcke Mais
ausgeladen. Auf diese Weise ernährte man über 400'000 Menschen und bewahrte sie vor dem Hungertod.
Im Herbst kam der langersehnte Regen - nun aber in Mengen wie nie zuvor. Es schien, aller Regen, der zwei Jahre
ausblieb, müsse nun auf einmal fallen. Die Flüsse traten über die Ufer und überschwemmten Felder, Dörfer und Städte.
Ganze Bananenpflanzungen wurden fortgeschwemmt, der Weizen von den Wolkenbrüchen niedergewalzt. Das Wasser
unterspülte die Bahndämme, riss Brücken weg, unterbrach Wege und Strassen. Der ganze Verkehr brach zusammen...
Pausenlos, vom Morgen bis zum Abend, starteten in Nairobi schwere Transportflugzeuge, jedes 11 Tonnen Mais und
Maismehl in Säcken an Bord. Sie flogen ihre Lasten bei strömendem Regen über triefende Urwälder, bodenlose Moräste
und endlose Wasserflächen. Bei den Siedlungen der Eingeborenen warfen sie die Säcke ab.
Die Eingeborenen sind bei solchen Klimaverhältnissen schutzlos Hunger und ansteckenden Krankheiten preisgegeben...
(Zu den Hungerkrisen in Schwarzafrika siehe auch die Seiten 107 und 180 dieser Arbeit.) Widrig sieht solche
Katastrophen als Zeichen dafür, dass die betroffenen Länder noch nicht in der Lage sind für sich selbst zu
sorgen, und er hält fest, dass "sie ohne auswärtige Hilfe zugrunde gegangen wären" (S. 388). Die in solchen
Bemerkungen zur Schau gestellten Abhängigkeitsverhältnisse, stiessen bei den heimischen Politikern der
betroffenen Länder nicht immer auf Gegenliebe.
4.13.13 Südafrika
Auf den Seiten 389-403 wendet sich Widrig Südafrika zu. Nach einer kurzen Beschreibung von "Wüste und
Meer" auf den Seiten 389-390, folgt auf den Seiten 390-395 ein Text über die "Buschmänner" nach Siegfried
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 148
Geographielehrmittel: Geographie Widrig (1967)
Passage unter dem Titel "Aussterbendes Volk", der hier aufgrund seiner Länge nur auszugsweise wiedergegeben wird:
...Die Hottentotten, schätzungsweise etwa 100'000 Menschen, sind von kleinem Wuchs. Sie besitzen eine graugelbe,
überaus runzelige Haut. Ihre Haare sind zu kleinen Knäueln verfilzt. Die Wohnungen bestehen aus einfachen
Bienenkorbhütten. Bei ihrem Bau werden kreisförmig Pfähle in den Boden gesteckt, oben kuppelförmig
zusammengenommen und mit Fellen, Matten oder Tüchern überdeckt. Mehrere solche Hütten nennt man eine Werft...
Die Buschmänner sind ihrer Lebensnotwendigkeiten beraubt und nur noch in den unwirtlichsten und entlegensten
Gebieten der Kalahari anzutreffen. Es gibt noch etwa 10'000. Sie werden durchschnittlich 145 bis 155 cm gross. Ihre Haut
ist, ähnlich jener der Hottentotten, fahlgelb, das kurze Haar knötchenförmig zusammengerollt. Sie wandern familienweise
umher, zuweilen nur Sträucher als Wetterschutz benützend...
Auf diese äusserliche Angaben folgt eine ausführliche Schilderung der Lebensweise der "Buschmänner", die
ihre Jäger- und Sammlertätigkeit, wie Feuer machen, einrichten des Übernachtungsplatzes, Nahrungssuche,
Art der erbeuteten Tiere, Hunger und Entbehrung, beschreibt. Dabei fallen Ausdrucke und Sätze wie: "Wenn
das Fleisch aussen verbrannt, im Innern aber noch halb roh und blutend ist, wird es mit Fingern und Messern in
Stücke zerrissen und gierig verschlungen."; "die... schmutzigen Buschmänner"; "der unstete und scheue
Blick"; "der finstere Gesichtsausdruck"; "Das Leben der Buschmänner ist hart und entbehrungsreich."; "...diese
abgezehrten, schwankenden Gestalten, hohläugig, mit eingefallenen Gesichtern, fleischlosen Gliedern und
skelettartigem Brustkorb, der auffallend vom aufgetriebenen Bauch absticht, der in der Not mit unverdaulicher
Kost gefüllt wurde" und "verkommene Häuflein". Der Text schliesst mit den Worten (S.395):
...Man begreift kaum, wovon dann überhaupt die Buschmänner noch leben, wie sie es fertig bringen, ihr elendes Dasein zu
fristen.
(Siehe zu den "Buschmännern" auch die Seiten 141 und 161 dieser Arbeit.) Die Seiten 396-401 beschäftigen
sich mit der Gold- und Diamantengewinnung in Südafrika, die Seiten 402-403 mit "Volk und Staat". Über die
weisse Minderheit in Südafrika schreibt Widrig (S. 402):
...Sie haben sich während drei Jahrhunderten in einer farbigen Umwelt rassenrein erhalten und fühlen sich gegenüber ihren
Vorfahren und Nachkommen verpflichtet, die westeuropäische Kultur in Südafrika zu erhalten...
Auf welche Weise auch immer dieser Satz interpretiert wird, er hat wenig Schmeichelhaftes für die afrikanischen Bevölkerungsgruppen in diesem Raum. Als Argument gegen die Abschaffung der Apartheid werden
folgende Gründe angebracht (S. 403):
...Bei Gleichberechtigung würde durch den Stimmzettel der führende Einfluss des Weissen ausgeschaltet und Südafrika ein
Bantustaat. Die eingeborene Bevölkerung wäre nicht imstande, eine vernichtete europäische Zivilisation durch etwas
Gleichwertiges zu ersetzen. Die Weissen machen geltend, dass sich die Zahl der Bantu vervielfacht hätte, seit eine
geordnete Verwaltung die mörderischen Stammeskämpfe beendete und dass die Sterblichkeit dank des modernen
Gesundheitsamtes ständig sinkt. Die Bantu finden in den Städten Arbeit und werden besser bezahlt, als dies in den
Eingeborenenstaaten Afrikas zutrifft. Deshalb wandern sie auch nicht aus. Im Gegenteil, es wollen immer wieder Bantu
von Norden her in die Südafrikanische Republik einwandern. Der Staat gibt gewaltige Summen aus, um
Lebensverhältnisse und Ausbildung der farbigen Bevölkerung zu heben. Die erforderlichen Beträge sind eine Last für den
weissen Steuerzahler. "Tausende von Bantu könnten als Rechtsanwälte, Ärzte, Lehrer, Beamte, Händler, Handwerker und
Facharbeiter in den Bantustädten ihr Brot verdienen..."
Konkrete Argumente für die Abschaffung der Apartheid werden nicht angeführt, Widrig beschränkt sich
darauf, den Friedensnobelpreisträger Albert John Luthuli zu zitieren:
Es gibt aber auch Neger, die in bester Absicht für die Gleichberechtigung kämpfen. Albert John Luthuli, der den
Friedensnobelpreis für 1960 erhielt, erklärte: "Nicht als Neger kämpfe ich gegen die unterschiedliche Behandlung der
Rassen, sondern als Christ."
Immerhin verschweigt er nicht, welche Folgen das Festhalten der Südafrikanischen Regierung an der Apartheidspolitik hatte (S. 403):
Die Meinungsverschiedenheiten, die im britischen Commonwealth über der Rassenfrage entstanden sind, haben dazu
geführt, dass die Südafrikanische Republik aus dieser Staatengemeinschaft ausgetreten ist
(Zur Apartheidspolitik Südafrikas siehe auch die Seite 162 dieser Arbeit.) Unterdessen hat die Apartheidspolitik Südafrikas nur noch geschichtlichen Charakter, die daraus erwachsenden Probleme spielen aber noch
immer eine bedeutende Rolle.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 149
Geographielehrmittel: Geographie Widrig (1967)
Widrig schliesst den Afrikateil auf der Seite 404 mit einer Tabelle der afrikanischen Länder und Verwaltungsgebiete, die über Fläche, Bevölkerungszahl und Jahr der Unabhängigkeit Auskunft gibt.
4.13.14 Zusammenfassung
Das Buch von Widrig stellt zwar umfangreiches Material, welches auch einen gewissen Raum für Differenzierung lässt - sogar die Rolle der afrikanischen Frau wird einmal kurz erwähnt -, zum Thema der Untersuchung
zur Verfügung, berichtet aber in vielen Belangen einseitig. Er setzt die paternalistische Sicht der Kolonialmächte weit stärker ins Zentrum als die Stimme der schwarzafrikanischen Bevölkerung oder macht sich sogar
rassistischer Äusserungen schuldig. So unterlässt es Widrig z. B. kritische Stimmen wie die des afrikanischen
Vordenkers Nkrumah zu Wort kommen zu lassen, die einige andere Textstellen auf wohltuende Weise relativiert hätten.
Widrig skizziert ein Bild eines von Europa kulturell und wirtschaftlich abhängigen Schwarzafrikas, welches
im besten Fall dazu fähig ist, für den Export nach Europa zu produzieren, sich sonst aber auf die Subsistenzwirtschaft beschränkt, denn die ehemalige "Grösse" der afrikanischen Reiche musste der "Armut" und "mangelnder Voraussicht" weichen.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 150
Geographielehrmittel: Seydlitz für Realschulen (1968)
4.14 Seydlitz für Realschulen (1968)
...Aus dem Kassaigebiet kommt mehr als die Hälfte aller Industriediamanten der Erde... Im Hochland von Katanga... finden
sich reiche Vorkommen von Kupfer-, Kobalt-, Zinn und Uranerzen. In modernen Industriewerken werden sie z. T. im
Lande selbst verarbeitet. Die Hüttenwerke in Katanga decken einen hohen Anteil des Weltbedarfs dieser Metalle. Die
Hauptstadt des Katangagebietes ist Lubumbashi (Elisabethville)... Hier und in Jadotville glaubt man sich in ein
europäisches Industriegebiet versetzt: Gleisanlagen, Abraumhalden, Werkstätten, Fabriken und moderne Wohnsiedlungen
für die Bergarbeiter mit Schulen und Krankenhäusern zeigen das neue Gesicht Afrikas. (Bd. 3, S. 43)
Das im Zeitraum 1966 - 1973 erschienene sechsbändige, 744 Seiten umfassende Lehrmittel "Seydlitz für Realschulen" befasst sich in den Bänden 3 und 6, beide 1968 erschienen, auf insgesamt 57 Seiten mit Afrika, wobei
zu jedem Kapitel Arbeitsaufträge gestellt und in einem Kästchen "Zum Behalten" die wesentlichen Aussagen
wiederholt werden.
4.14.1
Band 3
Der Band 3 beginnt mit einem allgemeinen Teil zu Afrika auf den Seiten 10-15. Nachdem die Themen "Gebirge - Hochländer - Beckenlandschaften" (S. 10), "Das Klima prägt die Landschaften Afrikas" und "Die
Klima- und Pflanzengürtel Afrikas" (S.11-12) behandelt wurden, heisst es auf Seite 13 unter der Überschrift
"Afrika - der 'Schwarze' Erdteil?":
Häufig bezeichnet man Afrika auch als den "Schwarzen" Erdteil. Das ist nur teilweise richtig, denn die Neger bewohnen
nicht ganz Afrika. Im nördlichen Afrika wohnen hellfarbige Menschen... Erst südlich der lebensfeindlichen Sahara beginnt
Negerafrika mit einer Vielzahl von Völkern und Stämmen. Zwei grosse Gruppen heben sich heraus: die Sudanneger im
Sudan und in Oberguinea und die Bantus im Kongobecken und in Hochafrika. Sie unterscheiden sich vor allem durch ihre
Sprache. Im undurchdringlichen tropischen Regenwald gibt es in geringer Zahl Zwergmenschen, die Pygmäen. Die
kleinwüchsigen Buschmänner und die Hottentotten leben in den südafrikanischen Trockengebieten.
In die Küstenlandschaften sind Menschen anderer Rassen eingewandert...
Mehr als 300 Mill. Menschen leben heute in Afrika. Davon gehört die Hälfte der schwarzen Rasse an... Gemessen an der
Fläche ist Afrika nur dünn besiedelt - allerdings müssen wir bedenken, dass weite Gebiete für eine wirtschaftliche Nutzung
ganz oder teilweise ausfallen.
Nach dieser Einführung schreibt der Autor unter der Überschrift "Zum Behalten" auf der Seite 13:
Der grösste Teil Afrikas liegt zwischen den Wendekreisen; damit ist Afrika ein tropischer Erdteil. Die jährliche Verteilung
der Regen- und Trockenzeiten ist für das Leben der Bewohner von entscheidender Bedeutung. Nach Lage, Bodengestalt,
Klima, Pflanzenwelt und Bevölkerung lässt sich Afrika in sieben Grosslandschaften gliedern: Mittelmeerafrika, Sahara,
Nilländer, Sudan, Äquatorialafrika, Südafrika und Ostafrika.
An diese Einteilung, die sich in ähnlicher Art auch in anderen Lehrmitteln findet, hält sich der Band in der
Beschreibung der verschiedenen Grossräume. Auf Seite 14 schreibt der Autor zur "Erschliessung Afrikas":
...Erst nach dem zweiten Weltkrieg erlangten, vielfach unterstützt von der bisherigen Kolonialmächten, fast alle
afrikanischen Gebiete ihre Unabhängigkeit. Der Weg, den diese Staaten vor sich haben, um sich wirtschaftlich und
politisch zu behaupten, erfordert für alle noch grosse Anstrengungen. Die jungen Länder bedürfen für ihre Entwicklung
noch auf Jahrzehnte der tatkräftigen Hilfe der grossen Industrieländer...
Viele afrikanische Länder mussten sich die Unabhängigkeit aber gegen den Einfluss der sie regierenden Kolonialmächte erkämpfen. Zudem zogen sich einige der europäischen Mächte aus Teilen Afrikas zurück, weil sie
erkannten, dass eine solche Kolonie nicht "wirtschaftlich" geführt werden konnte.
Die als notwendig angesehene Entwicklungshilfe wurde später zum Teil auch als "Wiedergutmachung" an den
Ländern Schwarzafrikas betrachtet, entsprechend sinnvoll fielen gewisse Entwicklungsprojekte aus.
4.14.1.1 Der Norden Afrikas
Nach diesen allgemeinen Ausführungen folgt eine Beschreibung der Grossräume Afrikas. Auf den
Seiten15-19 heisst es "Mittelmeerafrika - Winterregenländer", auf den Seiten 20-24 "Die Sahara - Wüsten und
Oasen" und auf den Seiten 25-31 "Die Niloase - Ägypten und Sudan". Auf Seite 30 schreibt der Autor in einem
kurzen Text zu "Die Republik Sudan":
...Im Norden wohnen Araber und arabische Mischlinge... Im Süden dagegen leben vornehmlich Neger als Hackbauern.
Zwischen beiden Bevölkerungsgruppen bestehen starke Spannungen.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 151
Geographielehrmittel: Seydlitz für Realschulen (1968)
Diese Spannungen führen immer wieder zu Auseinandersetzungen, die zeitweise bürgerkriegsähnliche Formen
annehmen und zuletzt im Mai 1998 einmal mehr zu den bekannten Bildern von flüchtenden Menschen mit
Hungerbäuchen führten, während die den Menschen zu Hilfe eilenden humanitären Organisationen ihre Tätigkeit infolge der chaotischen Zustände stark einschränken mussten.
4.14.1.2 Die Savannen des Sudans
Nach diesen Betrachtungen werden auf den Seiten 32-35 "Die Savannen des Sudans" beschrieben. Drei Fotos
auf der Seite 33 zeigen Menschen mit ihrem Beförderungsmittel, dem Esel, mit der Bildlegende: "Der Weg hat
die typisch rote Farbe des trockenen Savannenbodens"; eine kleine Siedlung, mit der Legende "Savanne zur
Regenzeit. Inmitten grüner Hirsefelder liegen die Gehöfte. Sie sind aus Lehm gebaut und dienen einer ganzen
Sippe als Unterkunft.", sowie eine kleine, Festung mit der Bildlegende "'Burg' eines Häuptlings im Grasland
des Sudan".
Im Kapitel "Hirten Händler, Hackbauern" schreibt der Autor über die Bevölkerung auf Seite34:
Die offenen Grasländer waren schon frühzeitig recht dicht bevölkert; denn sie boten ausreichend Nahrung und legten den
Menschen nur wenige natürliche Hindernisse in den Weg. Sudan oder arabisch "bilad as sudan" bedeutet "Land der
Schwarzen". Und tatsächlich war der Sudan ursprünglich von Negern besiedelt. Zu ihnen sind aber wegen der leichten
Durchgängigkeit des Landes hellhäutige Stamme aus Nordosten, aus Vorderasien, eingewandert. Dazu gehören die Haussa
und Fulbe. Als Hirtenvölker waren sie den sesshaften Einwohnern an Beweglichkeit überlegen. Im Laufe der Zeit
unterwarfen sie die einheimische Negerbevölkerung und vermischten sich mit ihr. Von den eingewanderten Stämmen
haben die Sudanneger den Islam übernommen.
Nicht nur der Sudan, auch die heutige Wüste Sahara, war einstmals Schauplatz zahlreicher menschlicher Aktivitäten. So fanden Archäologen, etwa 300 km vom heutigen Tschadsee, ein über 8500 Jahre altes Boot, das
eine für die damalige Zeit hochstehende technische Fertigung aufwies: "Das archaische Boot ist überaus fachmännisch gestaltet: Bug und Heck sind sorgsam zugespitzt, und der Stamm bis auf eine Wandstärke von fünf
Zentimeter ausgehöhlt, vermutlich mit Hilfe eines Schwellbrandes..." (Geo 8/94, S. 159) Da wie im Text richtig erwähnt, dieses Gebiet ursprünglich von Schwarzafrikanern besiedelt war, muss das Boot einem geschickten Vorfahren der heutigen Menschen Schwarzafrikas zugeschrieben werden.
Die einwandernden Völker gingen in der Regel rasch in den einheimischen Gruppen auf, so dass sich
beispielsweise die Hausa durch ihre Sprache und Kultur von den benachbarten Völkern unterscheiden, dem
Aussehen nach aber sind sie eindeutig Schwarzafrikaner. Auch die Überlegungen, hinter denen oft die Idee
lag, alle Kultur sei Schwarzafrika von aussen zugekommen, haben wenig Bedeutung, da fast alle Volksgruppen Afrikas immer einer gewissen Durchmischung unterworfen waren. Mit viel Vorsicht lässt sich vielleicht
sagen, dass gerade dort, wo es zu einer besonders starken Durchmischung kam, ein kultureller Wandel einsetzte. Dieser hat jedoch wenig mit der Herkunft der einzelnen Volksgruppen zu tun.
Die Verbreitung des Islams in Afrika ist aus der Karte "Religionszugehörigkeit" auf der Seite 574 im Anhang
dieser Arbeit zu ersehen. Auf der Seite 34 fährt der Autor fort:
Die Haussa trifft man heute meist als Handwerker und Händler. Daher ist ihre Sprache im Sudan weit verbreitet. Die Fulbe
sind dagegen vor allem Viehzüchter. Sie halten langhörnige Rinder, Ziegen und Schafe, in den trockeneren Gegenden auch
Esel und Kamele. Ihr Lieblingstier ist das Pferd. Das Grasland eignet sich für die Herden sehr gut. Selbst das ausgedörrte
Heu auf dem Halm bietet Nahrung. In der kurzen Regenzeit kann sogar die Dornsavanne vorübergehend als Weide genutzt
werden. Viel lieber treiben die Nomaden jedoch ihre Tiere südwärts auf die abgeernteten Hirse-, Mais-, Bohnen- und
Erdnussfelder. Im Süden der Trockensavanne, wo die Niederschläge zunehmen, ist bereits Regenfeldbau möglich. Wo man
künstlich bewässern kann, wird Baumwolle und in zunehmendem Umfang auch Reis angebaut, namentlich im Binnendelta
des Nigers und am Tschadsee. Durch den langen Transport zur Küste verteuern sich aber die erzeugten Güter sehr. Für den
Weltmarkt wurde vor allem die Erdnuss wichtig.
Im Text wird nicht erwähnt, dass verschiedene Hausa-Fürsten in Niger bis heute ihre eigenen Reittruppen
unterhalten, die früher als schlagkräftige Armeen dienten. Noch heute steht das Pferd bei den Hausa derart
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 152
Geographielehrmittel: Seydlitz für Realschulen (1968)
hoch in Ehren, dass die Tiere in den königlichen Stallungen ausschliesslich von Hand gefüttert werden.
(Afrika: Das Königtum und seine Grenzen, 1986; zu den Hausa siehe auch die Seiten 142 und 191 dieser
Arbeit.)
Vor hundert Jahren hat man mit dem Anbau dieser Pflanze, die aus Südamerika stammt, im Senegalgebiet begonnen.
Später, als Eisenbahnen und Strassen das Hinterland erschlossen, legte man auch im Innern des Sudans Erdnussfelder an.
Zu Beginn der Regenzeit wird der Boden mit der Hacke, die an einem kurzen Stiel befestigt ist, gelockert, die Saat in die
Erde gebracht und das Saatloch mit der Hacke wieder zugedrückt. Wenn die Blühten der niedrigen Büsche befruchtet sind,
neigen sich die Stempel zu Boden, und in der Erde reifen dann die Nüsse. Im Oktober/November werden sie mit
harkenähnlichen Geräten aus dem Boden gekratzt. Die Erdnüsse werden entweder unverarbeitet exportiert oder als
Erdnussöl und Ölkuchen.
Der Erdnussanbau sollte mithelfen, den nach dem 2. Weltkrieg in Europa herrschenden Fett- und Ölmangel
aufzufangen. Ausserdem hätten die durch den Handel erwirtschafteten Devisen dazu beitragen sollen, den
Ankauf von Industriegütern der afrikanischen Länder zu finanzieren. Nicht überall hatten diese Pläne Erfolg,
so wurde der Versuch der britischen Mandatsregierung, in Tansania grossflächig Erdnüsse zu kultivieren, zu
einem Disaster. (Siehe dazu auch die Seiten 216 und 305 dieser Arbeit.) Auf den Seiten 34-35 fährt der Autor
fort:
Im Grasland der Trockensavanne sind ausgedehnte "Grossdörfer" entstanden, die sich meilenweit hinziehen. Die
einstöckigen Lehmhäuser haben flache Dächer, fast fensterlose Aussenwände und sind um Innenhöfe herumgebaut. Hoch
erheben sich die schlanken Türme der Minarette über das Gewirr der Gassen, in dem sich der Fremde nur schlecht
zurechtfindet. Vieles erinnert hier an den Orient, nicht nur der Islam, sondern auch die Basare und das lebhafte Treiben der
Handwerker. An Markttagen kommen oft Zehntausende aus den umliegenden Dörfern zu Fuss, zu Pferd, heute aber auch
mit zahlreichen Autobussen in die Stadt. Die farbenprächtigen Gewänder der dunkelhäutigen Menschen bieten ein
malerisches Bild.
(Zu den lokalen Märkten siehe auch die Seiten 107 und 262 dieser Arbeit.) Die Kleider der Menschen in dieser
Region Afrikas sind bis heute sehr bunt geblieben, auch wenn teilweise traditionelle islamische Kleidung in
Weiss getragen wird. Die Buntheit der Kleidung wird durch die farbenprächtigen Muster der Stoffe, die teilweise traditionell oft aber auch modern gestaltet sind, noch verstärkt. Die Märkte sind ein letzter Abglanz der
einstmals mächtigen Handelsreiche der Region, deren damaliger Reichtum sich im gelegentlich getragenen
Goldschmuck der Marktfrauen widerspiegelt. (Afrika: Wohlstand durch Handel, 1986)
Der Autor fährt mit einem Rückblick in die Geschichte fort (S. 34):
Früher waren diese stadtartigen Ansiedlungen, wie Timbuktu, Sokoto und Kano, bedeutende Handelsplätze an den grossen
Karawanenstrassen, die sich von Westen nach Osten oder auch quer durch die Sahara ziehen. Für die in grossen Abständen
reisenden Karawanen waren sie Stapelplätze der Waren. Doch das Gesicht dieser Städte wandelt sich rasch, wie alles in
Afrika. Ausserhalb der alten Lehmmauern entwickeln sich in den wichtigeren Orten neue Stadtteile im europäischen Stil
mit breiten Alleen und hohen Gebäuden. Flugplätze und Autorasthöfe ersetzen allmählich die Sammelpunkte der
Karawanen, und der Handel der Gegenwart umfasst nahezu alle Gebrauchsgegenstände, die auch wir in unseren Läden
kennen.
Aus damaliger Sicht waren die Länder Afrikas, die mit neuem Selbstbewusstsein nach der Unabhängigkeit auf
dem Weltmarkt Monopolstellungen für gewisse Rohstoffe erlangten, viel dynamischer als in den darauffolgenden Jahren der wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Eine Sichtweise, die seit Anfang der neunziger Jahre wieder
an Boden gewinnt und in 1998 gar als "New Hope for Africa" Schlagzeilen machte, denn der rasche politische
Wandel Afrikas erregt wieder Aufmerksamkeit. Zur Feuchtsavanne schreibt der Autor (S. 34):
In der Feuchtsavanne beginnt das geschlossene Wohngebiet der Neger. Die Sudanneger sind Hackbauern. Auch grössere
Feldflächen bestellen sie mit der Hacke; den Pflug kennen sie nicht. Manche Stämme überlassen die Feldarbeit den Frauen,
während die Männer auf Jagd und Fischfang gehen. Da in den waldreicheren Gebieten wegen der Tsetsefliege keine
Viehhaltung möglich ist, fehlt auch der Dünger. Der Boden verarmt daher sehr schnell, und die Felder müssen nach einigen
Jahren verlegt werden. Die Ackerfläche wandert gewissermassen um das Dorf herum. Für diesen wandernden Hackbau
muss immer wieder neues Land gerodet werden. In der Feuchtsavanne wohnen weniger Menschen als in den offenen
Grasländern; es gibt auch keine grossen Städte.
(Zum Wanderhackbau siehe auch die Seite 140 und 186 dieser Arbeit.) Eine Veränderung der Landwirtschaft
könnte sich durch die Methoden der Agroforstwirtschaft anbahnen (siehe dazu die Seiten 424f. dieser Arbeit),
wenn sie sich nicht als weiterer Irrtum in einer langen Kette von Fehlschlägen erweist, die bestehenden
Anbaumethoden ohne langfristig negativen Folgen zu reformieren.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 153
Geographielehrmittel: Seydlitz für Realschulen (1968)
Auf der Seite 35 findet sich unter dem Titel "Die jungen Staaten des Sudans" - nebst Kurzdaten zu den
Ländern Senegal, Mali, Obervolta, Niger und Tschad - eine kurze Beschreibung der Sahelstaaten:
Der grösste Teil des Sudans war einst französisches Kolonialgebiet. Daher haben auch die selbständig gewordenen jungen
Republiken Senegal, Mali, Obervolta, Niger und Tschad nach wie vor enge wirtschaftliche Beziehungen zu Frankreich. Mit
Ausnahme von Senegal sind sie Binnenstaaten. Der wichtigste Hafenplatz ist Dakar. Die Stadt hat in den letzten Jahren
einen gewaltigen Aufschwung genommen. Sie ist das "Tor Westafrikas". Der Flugplatz ist nicht nur für Afrika von
Bedeutung, sondern stellt auch eine wichtige Zwischenstation auf dem Wege von Europa nach Südamerika dar. Das
moderne Dakar hat Hochhäuser, Industriewerke, grosse Verwaltungsgebäude und eine Universität. Überseeschiffe löschen
an langen Betonkais Industriewaren aus Europa und Amerika. Als Rückfracht laden sie Erdnüsse, Erdnussöl, Baumwolle
und Häute.
Senegal gilt dank seiner politischen Stabilität nach wie vor als eines der Musterländer Afrikas, das in der
Hauptstadt über eine moderne Infrastruktur verfügt. Dabei gerät in Vergessenheit, dass die Unterschiede
zwischen Stadt und Land nicht grösser sein könnten. Nicht umsonst geriet das Land anlässlich des "Global
March" gegen die Kinderarbeit von 1998 in die Schlagzeilen der Zeitungen. (Zur Kinderarbeit in Senegal siehe
auch die Seite 344 dieser Arbeit.)
Als Zusammenfassung findet sich auf der Seite 35 unter dem Titel "Zum Behalten" folgender Text:
Der Sudan ist die Übergangslandschaft zwischen der Wüste und der Regenwaldzone am Äquator. Von Norden nach Süden
folgen mit zunehmender Niederschlagsmenge und kürzerer Trockenzeiten aufeinander: die Dornsavanne, das Grasland der
Trockensavanne und die Feuchtsavanne. Im dichter besiedelten Grasland wohnen meist hellhäutige Viehzüchter, in der
von Bäumen belebten Feuchtsavanne Sudanneger. Sie treiben Hackbau. Erdnüsse und Baumwolle sind wichtige
Ausfuhrgüter.
Zwar nennt der Autor die wichtigsten Exportgüter, die Grundnahrungsmittel der Einheimischen werden aber
nicht erwähnt.
4.14.1.3 Äquatorialafrika
Nach der Beschreibung des Sudan wendet sich der Autor auf den Seiten 36-44 unter dem Titel "Äquatorialafrika - Tropische Regenwälder" dem nächsten Grossraum zu. Auf den Seiten 36-37 findet sich unter dem Titel
"Feuchtheisses Tropenklima" ein Text über den "Urwald" nach Leo Waibel. Im Kapitel "Der Urwald ist der
Feind des Menschen" auf Seite 38 - auf der neben einer Graphik, die den Vergleich zwischen traditioneller und
moderner Siedlungsform aufzeigt und die Bildlegende "Plan einer Siedlung im tropischen Regenwald" trägt,
auch ein Foto "Fischersiedlung im Nigerdelta mit Kokospalmen und Bananenstauden" abgebildet ist - heisst es
über die Bewohner:
Trotz der üppigen Pflanzenwelt bietet der Urwald für den Menschen keine günstigen Lebensmöglichkeiten. Die
sonnendurchflutete Region der Baumkronen liegt unerreichbar hoch über dem Boden. Das Blätterdach der Baumkronen
verhindert das Eindringen der Sonnenstrahlen, so bleibt auf dem Waldboden eine ungesunde Treibhausluft. Ein Europäer
kann die feuchte Hitze kaum ertragen, zumal auch die Nacht keine Abkühlung bringt. Die herabgefallenen Früchte
verfaulen sehr schnell, es gibt nur wenige jagdbare Tiere. Dazu kommt die Insektenplage. So leben nur wenige Menschen
im Regenwald: Es sind die kleinwüchsigen Pygmäen. Sie werden nur 1,40 m gross, haben aber eine kräftige muskulöse
Gestalt. Ihre Haut ist nicht schwarz wie bei den Sudan- oder Bantunegern, sondern kupferfarben. Sie leben von kleineren
Tieren, die sie sehr geschickt mit vergifteten Pfeilen erlegen; grössere Tiere werden in sorgfältig verdeckten Fallgruben
gefangen und dann getötet. Bleibt der Jagderfolg aus, so ernährt sich die Horde von allem, was an Früchten, Wurzeln,
Samen, Insekten und Weichtieren gesammelt werden kann. Diese umherschweifenden Sammler und Jäger leben in
einfachsten Behausungen. In dem ständig feuchtwarmen Klima genügt ein Regenschutz aus grossen Blättern, die über
biegsame Stöcke gedeckt werden.
Die einst als "primitiv" bezeichneten "Pygmäen" werden in diesem Text als von kleiner aber "muskulöser
Gestalt" geschildert. Sie sind "geschickt" und handeln "sorgfältig". Ihre Behausungen sind zwar einfach, erfüllen aber im tropischen Regenwald die Bedürfnisse ihrer Bewohner. (Zu den "Pygmäen" siehe auch die
Seiten 147 und 172 dieser Arbeit.)
Im Urwald leben auch Negerstämme. Schwächere Stämme der Sudanneger wurden von stärkeren Völkern aus den
Savannen in das Waldland abgedrängt. Von Süden stiessen die kräftigeren Bantuneger rodend und siedelnd in das dichte
Waldland vor. Während die Pygmäen nur Sammler, Fischer und Jäger sind, legen die Neger Felder an. Sie kerben die
Rinde einiger Bäume ringsum ein, so dass sie absterben müssen, und roden dann mit Feuer und Hackmesser das
Buschwerk. Zwischen den stehengebliebenen Baumstümpfen pflanzen die Frauen mit dem Grabstock, dessen unteres Ende
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 154
Geographielehrmittel: Seydlitz für Realschulen (1968)
spatenartig verbreitert ist, Bananen und Maniok. Die Maniokstaude wird 2 m hoch. Aus ihren Wurzelknollen gewinnt man
Stärkemehl.
Auch in diesem Lehrmittel findet sich also wieder die Gegenüberstellung von "Pygmäen" und Waldbantus.
Maniok, auch Kassawa genannt, ist keine in Afrika ursprünglich heimische Pflanze. Sie wurde aus Brasilien
eingeführt und verbreitete sich sehr rasch über grosse Teile des Kontinents. (Zur Maniokpflanze siehe auch die
Seiten 115 und 242 dieser Arbeit.) Über die Probleme der Bodenbewirtschaftung in den Tropen schreibt der
Autor auf der Seite 36:
Der ungedüngte Boden ist schon nach wenigen Jahren erschöpft. Dann muss ein neues Stück gerodet werden, während der
Urwald die alte Fläche rasch wieder überwuchert. Die Bantuneger halten einige Haustiere, neben Hühnern und Ziegen
auch Schweine, die unter den Hütten nach Nahrung wühlen. Zum Schutze gegen Tiere und Feuchtigkeit werden die
rechteckigen Hütten nämlich oft auf Pfählen errichtet. Unter mächtigen Palmen stehen sie in langer Reihe nebeneinander.
Mit Hilfe der Trommelsprache, die im Wald weithin hörbar ist, verständigt man sich von Dorf zu Dorf.
(Zur Trommelsprache siehe auch die Seite 137 und 434 dieser Arbeit.)
Auf der Seite 39 findet sich, neben einem Foto "Buntes Treiben an der Oberguineaküste bei Akkra. Die Frauen
wollen Fische kaufen.", welches in ähnlicher Art Ende der neunziger Jahre irgendwo an der westafrikanischen
Küste hätte aufgenommen werden können, unter dem Titel "Die Landschaften Äquatorialafrikas - Oberguinea
und das Kamerun-Kongo-Gebiet" auch folgender Textabschnitt:
Die Oberguineaküste ist von Monrovia bis zum Kamerunberg eine Schwemmland- und Ausgleichsküste. Haffe und
Strandseen sind durch Nehrungen vom Ozean getrennt. Fast immer steht vor der Küste eine hohe Brandung. Es fehlt an
guten natürlichen Hafenplätzen. So können die grossen Schiffe nur weit draussen vor der Küste ankern. Die Afrikaner
steuern mit erstaunlicher Geschicklichkeit ihre kleinen Boote durch den Brandungsgürtel. Sie bringen und holen Säcke,
Ballen und Kisten, aber auch die Reisenden von oder an Bord.
Ähnliche Beschreibungen finden sich bereits aus dem 18. Jh. So schreibt der "Seefahrer" Nettelbeck: "Die zu
diesem Handel ausgerüsteten Schiffe pflegten längs der ganzen Küste von Guinea zu kreuzen. Sie hielten sich
unter wenigen Segeln stets etwa eine halbe Meile vom Ufer. Wurden sie dann am Land von Negern erblickt,
welche Sklaven oder Elefantenzähne zu verhandeln hatten, so machten diese am Land ein Feuer an, um dem
Schiff durch den aufsteigenden Rauch ein Zeichen zu geben, dass es vor Anker ginge. Zu gleicher Zeit aber
warfen sie sich auch in ihre Kanus und kamen an Bord, um die zur Schau ausgelegten Waren zu mustern.
Gingen sie dann wieder, so versprachen sie, mit einem reichen Vorrat von Sklaven und Zähnen wiederzukommen." (Projekt Gutenberg-DE, Nettelbeck, um 1775)
Das nächsten Kapitel auf der Seite 40, auf der zwei Fotos "Elfenbeinmarkt in Kinshasa" und "Ein Mahagonibaum wird gefällt, die Arbeiter stehen dabei auf einem 3 m hohen Gerüst." abgebildet sind, steht unter dem
Titel "Der Handel lockt die Europäer an die Küsten Äquatorialafrikas". Der Autor schreibt über die Geschichte
dieses Gebietes:
Kap Verde, das "Grüne Kap", nannten die ersten Seefahrer aus Europa den westlichen Vorsprung Afrikas... Die
Mündungstrichter der kleinen Flüsse boten den Segelschiffen zwar nur wenige, aber gute Anlegeplätze. Hier konnten sie
ihre Wasser- und Nahrungsmittelvorräte ergänzen. Aber es bot sich auch bald die Möglichkeit, gegen manchen billigen
Tand von den Eingeborenen der Küstenstämme Waren einzutauschen, die in Europa hoch bezahlt wurden. Vor allem die
Küste von Oberguinea war ihr Ziel. Dort konnte man den damals sehr wertvollen Pfeffer, dazu Gold und Elfenbein
einhandeln. Noch heute tragen die einzelnen Küstenstreifen die Namen der wichtigsten Handelsgüter der damaligen Zeit.
Viele Schiffe wurden aber auch mit lebendiger Fracht beladen: mit Schwarzen, die man als Sklaven für die schwere Arbeit
auf den Plantagen der Neuen Welt verkaufte. Im dichtbesiedelten Nigergebiet machten arabische Sklavenjäger
rücksichtslose Menschenjagden. Sie brachten ihre Beute gefesselt auf die Märkte an der Küste. Mancher Häuptling fand
sich noch vor 150 Jahren bereit, seine Untertanen an die Sklavenhändler zu verkaufen.
Als erstes der untersuchten Lehrmittel erwähnt der dritte Band von "Seydlitz für Realschulen" die Tatsache,
dass sich die Schwarzafrikaner auch aktiv am Sklavenhandel beteiligten und nicht nur passive Opfer waren.
Die dadurch verursachte Mitschuld kann bei der Begegnung eines Schwarzafrikaners und eines Afroamerikaners zu einem gewissen Unbehagen führen, denn zweifelsohne waren die in die "Neue Welt" verschifften
Menschen die grössten Verlierer des Dreieckhandels. Zwar verloren auch viele Zurückgebliebene durch den
Menschenhandel ihre Verwandten, aber nicht wenige zogen daraus einen zumindest kurzfristigen Vorteil.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 155
Geographielehrmittel: Seydlitz für Realschulen (1968)
Der bereits zitierte Nettelbeck schilderte die durch den Sklavenhandel bewirkten Veränderung im Zusammenleben der schwarzafrikanischen Völker an der westafrikanischen Küste um 1775 mit den folgenden Worten:
"Da hier Menschen als Ware angesehen wurden, mussten solche Artikel gewählt werden, welche den Schwarzen am unentbehrlichsten waren... Einmal gewöhnt, diese verschiedenen Artikel von den Europäern zu erhalten, können und wollen die Afrikaner sie nicht missen. Sie sind darum unablässig darauf bedacht, sich die
Ware zu verschaffen, welche sie dagegen eintauschen können. Also ist auch das ganze Land immerfort in kleine Parteien geteilt, die sich in den Haaren liegen und alle Gefangenen, welche sie machen, entweder an die
schwarzen Sklavenhändler verkaufen oder sie unmittelbar zu den europäischen Sklavenschiffen führen. Wenn
es ihnen an solcher Kriegsbeute fehlt, greifen ihre Häuptlinge, die eine despotische Gewalt über ihre Untertanen haben, auch diejenigen auf, welche sie für die entbehrlichsten halten. Oder es geschieht, dass der Mann
sein Weib, der Vater sein Kind und der Bruder den Bruder auf den Sklavenmarkt zum Verkauf schleppt.
Man wird leicht begreifen, dass es bei solchen Raubzügen an Grausamkeit nicht fehlt und dass sich alle diese
Länder dabei in dem elendsten Zustand befinden. Ebensowenig aber kann auch geleugnet werden, dass die
erste Veranlassung zu all diesem Elend von den Europäern herrührt, welche durch ihre eifrige Nachfrage den
Menschenraub bisher begünstigt und unterhalten haben." (Projekt Gutenberg-DE, Nettelbeck, um 1775; zum
Sklavenhandel siehe auch die Seiten 142 und 175 dieser Arbeit.)
Zur Erforschung und Eroberung des Inlandes durch die Europäer schreibt der Autor auf der Seite 40:
In das ungesunde und gefährliche Innere drangen die Europäer erst viel später vor. Sie begnügten sich damit, befestigte
Handelsplätze an der Küste anzulegen. Spanier und Portugiesen, Engländer und Franzosen, Holländer, Dänen und
Brandenburger hatten hier ihre Faktoreien angelegt.
Erst im 19. Jahrhundert entstanden aus diesen Handelsniederlassungen durch Verträge mit eingeborenen Häuptlingen, aber
auch durch einfache Besitzergreifung ausgedehnte Kolonien oder Schutzgebiete. Das Deutsche Reich erwarb 1884 die
Schutzgebiete Togo und Kamerun. Sie wurden nach dem ersten Weltkrieg vom damaligen Völkerbund als Mandate an
England und Frankreich zur Verwaltung übergeben.
So befand sich vor dem zweiten Weltkrieg fast ganz Äquatorialafrika im Besitz von drei Staaten: Frankreich,
Grossbritannien und Belgien. Den Portugiesen und Spaniern verblieben nur kleine Reste: Portugiesisch-Guinea... und Sao
Tome. In den letzten Jahren sind alle übrigen Kolonialgebiete selbständige Staaten geworden. So hat sich in wenigen
Jahrzehnten die politische Karte Afrikas völlig gewandelt.
Während das Lehrmittel "Geographie" des Kantons Thurgau um 1963 die Unabhängigkeit der schwarzafrikanischen Staaten noch nicht thematisiert, wird diese 1968 als gegebene Tatsache sachlich beschrieben.
Zu den "Staaten Äquatorialafrikas und ihrer Wirtschaft" schreibt der Autor (S. 40f.) über die Westküste:
Von den Europäern wurden einst im Regenwaldgebiet Plantagen - landwirtschaftliche Grossbetriebe in den Tropen angelegt. Von dort gelangen Bananen, Kaffee und Kakao, Kokosnüsse, Kolanüsse und Palmöl auf den Weltmarkt. Auch
die Einheimischen haben inzwischen den Anbau dieser Produkte übernommen und dabei beträchtliche Fortschritte erzielt
Der grösste Kakaolieferant der Welt ist Ghana, seine Hauptstadt Akkra der wichtigste Kakaoausfuhrhafen. Ausserdem
kommen aus den Regenwäldern wertvolle Hölzer.
(Zum Kakaoanbau siehe auch die Seiten 112 und 169 dieser Arbeit.) Auf der Seite 41 ist ein Foto "Träger bringen Kakaobohnen zur Sammelstelle", das zeigt, wie Schalen mit daraufliegenden Säcken, gefüllt mir Kakaobohnen, auf dem Kopf getragen werden. Ausserdem werden Kurzdaten zu den Ländern Liberia, Guinea, Elfenbeinküste, Dahome, Togo, Sierra Leone, Ghana und Nigeria abgedruckt. Im Text heisst es weiter (S.41):
Der Bau leistungsfähiger Verkehrswege gehört zu den vordringlichsten Entwicklungsaufgaben der Staaten Oberguineas.
An der Küste müssen - wie schon in Takoradi und in Tema - moderne Häfen entstehen, damit auch sperrige Güter:
Maschinen, Eisenbahnwagen, Bagger und Industrieausrüstungen, sicher gelöscht werden können. Da früher jede
Kolonialmacht ihre eigenen Eisenbahnlinien anlegte, verlaufen die Strecken meist nur als Stichbahnen ins Landesinnere;
sie haben keine Verbindungen untereinander. Auch das Strassennetz genügt nicht den Ansprüchen; es müssen mehr
Allwetterstrassen gebaut werden, die auch in der Regenzeit benutzbar sind. Bahnlinien und Strassen dienen vor allem dazu,
die Bodenschätze, aber auch die landwirtschaftlichen Ausfuhrgüter zur Küste zu transportieren. Auch die Edelhölzer aus
dem Regenwaldgebiet müssen mit der Eisenbahn oder mit dem Lkw zu den Sägewerken und Verschiffungsplätzen
geschafft werden.
Für den Transport von Personen hat sich in ganz Westafrika das Prinzip der privat geführten Kleinbusse durchgesetzt, die in Ghana Trotros genannt werden. Für eine kleine Gebühr werden die Einheimischen in oder
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 156
Geographielehrmittel: Seydlitz für Realschulen (1968)
ausserhalb der Stadt von einem Ort zum nächsten befördert und dies im Gegensatz zu den staatlichen Busbetrieben, die häufig nur eine oder zwei Fahrten pro Tag anbieten, mit einer weit höheren Verkehrsfrequenz und
zu günstigeren Zeiten.
Zu den Bodenschätzen äussert sich der Autor (S. 41):
Für den Ausbau der Industrie sind die wertvollen Bodenschätze der Oberguineaschwelle (Eisen-, Mangan-, Kupfer und
Zinnerze, Bauxit, Gold und Diamanten) wichtig. Für die Verarbeitung der Bodenschätze ist vor allem elektrische Energie
nötig. Sie wird aus Wasserkraft gewonnen. Grosse Staudämme am Niger und am Volta sind bereits entstanden oder im
Bau.
(Zum Voltastaudamm siehe auch die Seite 170 dieser Arbeit.) In den folgenden Abschnitten stellt der Autor
kurz die verschiedenen Staaten Westafrikas vor. Zu Liberia schreibt er (S. 41):
Liberia ist der älteste selbständige Staat Westafrikas. Er wurde 1822 von Nordamerikanern für von ihnen freigelassene
Negersklaven gegründet. Die Hauptstadt Monrovia wurde benannt nach Monroe, dem damaligen Präsidenten der USA.
Viele grosse Schiffe tragen am Heck den Namen ihres Heimathafens Monrovia. Sie gehören aber Ausländern, die ihre
Tanker und Frachter unter liberianischer Flagge fahren lassen, weil der Staat nicht so hohe Steuern verlangt; ausserdem
macht er für Ausrüstung und Sicherheit weniger Vorschriften. Amerikanische und europäische Firmen betreiben in Liberia
Kautschukplantagen; seit einigen Jahren wird in Gemeinschaft mit deutschen Firmen das reichlich vorhandene Eisenerz
abgebaut.
(Zur Eisenerzgewinnung in Liberia siehe auch die Seiten 100 und 252 dieser Arbeit). Der Autor setzt seine
Länderbeschreibung fort (S.41):
Die jungen Republiken Guinea, Elfenbeinküste, Dahome und Togo gehörten einst zum französischen Kolonialbesitz; sie
pflegen auch heute noch enge wirtschaftliche Beziehungen zu Frankreich. Die Verkehrssprache ist Französisch. Ähnlich
bestehen zwischen den einst britischen Besitzungen Sierra Leone, Ghana und Nigeria - mit Englisch als Verkehrssprache besondere Verbindungen zu Grossbritannien. Ghana, früher Goldküste genannt, führt heute den Namen eines ehemaligen
grossen Negerreiches im Sudan.
(Zu den offiziellen Landessprachen siehe die Karte "Offizielle Amtssprachen" auf der Seite 572 im Anhang
dieser Arbeit.) Für eine besondere Anbindung der Kolonien an Frankreich sorgte der CFA, der jahrelang durch
die französische Währung gestützt wurde, im Zusammenhang mit der Einführung des Euros jedoch immer
mehr in Frage gestellt wird.
Auf der Seite 42 findet sich, neben zwei Fotos "Dorf in Nordnigeria" und "Im Hafen von Takoradi", eine
Beschreibung des 1960 unabhängig gewordenen Nigeria, von dem es auch heisst, jeder fünfte Afrikaner sei ein
Bewohner dieses Landes:
Nigeria ist der volkreichste und dichtestbesiedelte Staat in Äquatorialafrika. Es reicht bis an den Tschadsee. Die
ackerbautreibende Bevölkerung lebt in grossen stadtartigen Siedlungen, umgeben von hohen Lehmmauern. Lagos, der Sitz
der Regierung, hat fast eine halbe Million Einwohner. Grösser noch ist Ibadan mit einer neuen Universität; es hat bereits
mehr als 600'000 Einwohner.
Unterdessen ist Lagos zu einer der grössten Städte Schwarzafrikas (10.3 Mio. Einwohner) angewachsen und
die Bevölkerung Nigerias wird auf rund 120 Mio. Menschen geschätzt. (Weltatlas 1997; zu Nigeria siehe auch
die Seiten 126 und 275, zu Lagos die Seite 279 dieser Arbeit.)
Ähnlich wie in Nigeria errichteten viele der unabhängig gewordenen schwarzafrikanischen Staaten eigenen
Universitäten, in denen aber oft noch Europäer tätig blieben.
Der Autor fährt fort mit der Beschreibung der des Einflussgebietes von Frankreich (S. 42):
Die meisten Staaten in Äquatornähe gehörten früher zu Frankreich; heute bestehen dort die Republiken Kamerun, Gabun,
Kongo (Brazzaville) und die Zentralafrikanische Republik, ein Binnenstaat, der bis an den Rand der Wüste reicht. Im
Tiefland an der Küste liegen - ebenso wie in Oberguinea ausgedehnte Plantagen auf gerodeten Urwaldflächen. Dort
gedeihen Bananen, Tabak, Kakao sowie Kautschukbäume. Im höhergelegenen Hochland von Adamaua, wo die
Regenmengen geringer sind, ist der Anbau von Baumwolle und Erdnüssen möglich. Hier ist es auch gelungen, nach
Ausrottung der Schlafkrankheit grosse Herden von Rindern, Schafen und Pferden zu halten. Durch chemische
Bekämpfungsmittel und dadurch, dass man in den Sumpfgebieten die Brutstätten der Tsetsefliege mit einer dünnen
Ölschicht bedeckte, konnte man der gefährlichen Seuche Herr werden. Aus den Waldgebieten der Niederguineaschwelle
kommt das hellrote Gabun- oder Okoumeholz auf den Weltmarkt.
Wenn der Autor schreibt, die Vernichtung der Tsetsefliege könne durch das Bedecken der "Brutstätten der
Tsetsefliege mit einer dünnen Ölschicht" in den Sumpfgebieten erreicht werden, dann verwechselt er die
Bekämpfung der Tsetsefliege mit der Bekämpfung der Malariamücke, bei der diese, wenn auch nicht gerade
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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Geographielehrmittel: Seydlitz für Realschulen (1968)
umweltfreundliche Methode, Wirkung zeigt, da die Malariamücke tatsächlich in ruhig stehenden Gewässern
brütet. Das Tsetsefliegenweibchen jedoch gebiert eine Larve in voller Lebensgrösse, die sie dann im Boden
oder zwischen verrottenden Blättern vergräbt, wo die Larve die Metamorphose zur adulten Form vollzieht.
Dementsprechend ist die "Ölschichtmethode" für die Tsetsefliege wirkungslos. (Infopedia 1996; zur Schlafkrankheit siehe auch die Seiten 145 und 197 dieser Arbeit.) Der Autor fährt fort (S. 42):
Die Republik Kongo ist der wichtigste Staat in Äquatorialafrika. Sein Gebiet war bis 1960 belgische Kolonie. Die Republik
nimmt fast das gesamte Kongobecken ein, hat aber nur einen schmalen Zugang zum Ozean. Nachdem das Land
selbständig geworden war, stürzten die grossen Gegensätze zwischen den einzelnen Stämmen die junge Republik in
blutige Unruhen. Erst durch das Eingreifen der UN konnten die Streitigkeiten einigermassen beigelegt werden;
überwunden sind sie noch keineswegs.
Das unter dem Namen Zaire bekannte Land wurde jahrelang durch eine Führungselite um den 1997 durch eine
Rebellenarmee aus dem Nachbargebieten Burundis und Ruandas gestürzten Mobutu Sese Seko wirtschaftlich
ausgebeutet. Der Regierung Kabilas blickt die Weltöffentlichkeit nach kurzer Begeisterung mit Zurückhaltung
entgegen. Allerdings hat die Demokratische Republik Kongo, wie sie nun genannt wird, viele Bodenschätze zu
bieten, die aber infolge der politischen Instabilität und der schlecht ausgebauten Infrastruktur nur schlecht
gefördert werden können. Erschwerend kommt die Nachbarschaft von Staaten hinzu, in denen bis in die späten
neunziger Jahre Bürgerkrieg herrschte.
Auf der Seite 42 beschreibt der Autor die "Leistungen" der ehemaligen Kolonialmacht Belgien:
Das kleine Belgien hatte viel Geld und Arbeit für die Entwicklung seiner achtzigmal grösseren Kongokolonie
aufgewendet. Unter unerhörten Mühsalen wurde eine Eisenbahnlinie durch den fieberverseuchten Urwald von Matadi nach
Kinshasa (Leopoldville) gebaut; sie umging die Stromschnellen im Mündungsgebiet des Kongos. Über diese Strecke rollte
das gesamte Material zum Bau von Werften und Schiffen nach Leopoldville. Mit Hilfe der dort gebauten Flussschiffe
konnte man das Kongobecken weiter erschliessen und die wichtigen Güter des tropischen Regenwaldes, Kautschuk,
Palmkerne, Bananen und Holz, ausführen. So wurde Kinshasa zum Hauptumschlagplatz des Landes. Mit prächtigen
Häuserblocks an breiten Alleen ist es eine der modernsten Grossstädte Afrikas.
Kinshasa ist mit rund 4.2 Mio. Einwohnern Ende des 20. Jahrhunderts einer der grössten schwarzafrikanischen
Städte. Trotz seiner Hochhäuser, wohlhabenden Wohngebieten und der Funktion als geistiges und kulturelles
Zentrum des Landes, kämpft die moderne Grossstadt mit den für viele Entwicklungsländer typischen Problemen, wie Slumbildung - etwa ein Drittel der Einwohner, die oft aus den ländlichen Gegenden angezogen
werden, leben in den Slumgegenden der Aussenbezirke -, hoher Arbeitslosigkeit, chaotischen Verkehrsverbindungen, unzureichenden Wohnmöglichkeiten und Lebensmittelknappheit. (Zu den Slums in Schwarzafrika
siehe auch die Seite 235 dieser Arbeit.) Auf Seite 43 fährt der Autor fort:
Ausser diesen Handelsgütern verfügt die Republik Kongo aber auch über wertvolle Bodenschätze. Aus dem Kassaigebiet
kommt mehr als die Hälfte aller Industriediamanten der Erde. Diese kleinen unansehnlichen Diamanten werden nicht als
Schmuck verwendet, sondern für Bohr-, Schneid- und Schleifgeräte gebraucht. Im Hochland von Katanga, am Oberlauf
des Kongo, finden sich reiche Vorkommen von Kupfer-, Kobalt-, Zinn und Uranerzen. In modernen Industriewerken
werden sie z. T. im Lande selbst verarbeitet. Die Hüttenwerke in Katanga decken einen hohen Anteil des Weltbedarfs
dieser Metalle. Die Hauptstadt des Katangagebietes ist Lubumbashi (Elisabethville). Sie liegt 1245 m hoch und hat ein
gesundes Klima. Hier und in Jadotville glaubt man sich in ein europäisches Industriegebiet versetzt: Gleisanlagen,
Abraumhalden, Werkstätten, Fabriken und moderne Wohnsiedlungen für die Bergarbeiter mit Schulen und
Krankenhäusern zeigen das neue Gesicht Afrikas.
Jadotville, das seit 1966 Likasi heisst, liegt ungefähr 100 km nordöstlich von Lubumbashi und ist ein
Verkehrsknotenpunkt und Bergbauzentrum, in dem Kupfer und Kobalt gewonnen und verarbeitet, sowie Zink,
Kalk und Kadmium verarbeitet werden. Ausserdem verfügt die Stadt, die rund 190'000 Einwohner zählt, über
verschiedene Industrieunternehmen vor allem im Bereich Chemie. (Weltatlas 1997)
Verkehrsmässig liegt das Industriegebiet von Katanga ungünstig, denn der Wasserweg über den Kongo ist lang und
zeitraubend. Ausserdem müssen alle Güter zweimal umgeladen werden. Daher geht der Güterverkehr von und nach
Katanga mit der Eisenbahn über die portugiesischen Häfen Beira in Mosambik am Indischen Ozean oder über Lobito in
Angola am Atlantik.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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Geographielehrmittel: Seydlitz für Realschulen (1968)
Beide Routen sollten ab 1975, nach der Unabhängigkeit der beiden Länder von Portugal, infolge der von
Südafrika mitinitiierten Bürgerkriege wegfallen. Damit hatte die damalige Politik der Republik Südafrikas
Auswirkungen bis weit in den Norden.
Auf der Seite 43 sind auch zwei Fotos - "Kupfergrube in Lubumbashi, Katanga" und "Bananenplantage in
Kamerun", das einen der auf Seite 156 dieser Arbeit erwähnten Kleinbusse mit Aufschrift "Trust in God"
zeigt- abgebildet, sowie die Kurzdaten zu den Ländern Kamerun, Gabun, Demokratische Republik Kongo,
Republik Kongo und Zentralafrikanische Republik abgedruckt. Unter "Zum Behalten" schreibt der Autor
(S.43):
...Dichte, menschenfeindliche Regenwälder bedecken weite Gebiete, vor allem das wasserreiche Kongobecken. Hackbau
treibende Negervölker sind von Norden und Süden rodend und siedelnd in den Urwald vorgedrungen. Die tropische
Plantagenwirtschaft liefert dem Weltmarkt Kakao, Erdnüsse, Kautschuk, Palmkerne und Bananen. Die Republik Kongo ist
durch ihre reichen Bodenschätze im Katangagebiet der wirtschaftlich stärkste Staat in Äquatorialafrika.
(Zur wirtschaftlichen Stärke der Demokratischen Republik Kongo siehe die Karte "Bruttosozialprodukt pro
Kopf" auf Seite 569 im Anhang dieser Arbeit, weitere Hinweise finden sich auf der Seite 178.)
Seite 44 zeigt eine Karte des besprochenen Gebietes, sowie eine Tabelle "Kakaoernte 1965". (Eine Tabelle zu
Kakaoernten verschiedener Jahre findet sich auf Seite 552 im Anhang dieser Arbeit.) Auf der Seite 44 findet
sich auch ein kurzer Abschnitt über "Die Inseln vor der Westküste Nordafrikas", der aber keine nennenswerten
Angaben über die Bevölkerung macht.
4.14.1.4 Südafrika
Die Seiten 45-53 beschreiben den Grossraum "Südafrika". Nach den Kapiteln "Auch südlich des Äquators:
Savannen - Wüste - Winterregengebiet" (S.45) und "Südafrika - eine hochgelegene Beckenlandschaft" (S. 46),
sowie einem Foto "Dorf in Angola. Die Eingeborenen leben zum Schutz gegen Löwen in grossen Dörfern mit
Palisadenzäunen. Eine Familie bewohnt mehrere der Rechteckhütten. Rinder und Ziegen werden abends in die
Umzäunung getrieben.", den Kurzdaten zu den Ländern Angola, Mosambik, Rhodesien, Sambia und Malawi
folgt auf den Seite 46-47 eine Beschreibung "Staaten der Savannenländer und ihre Wirtschaft":
Portugal besitzt auf der West- und Ostseite Südafrikas noch grosse Gebiete: Angola am Atlantik und Mosambik am
Indischen Ozean. Beide werden vom Mutterland als gleichberechtigte überseeische Provinzen behandelt; dadurch wird für
die Bewohner das Gefühl der Abhängigkeit gemildert. Auch gibt es keine Rassentrennung zwischen Weissen und
Farbigen. Dennoch sind Bestrebungen im Gange, Angola und Mosambik zu unabhängigen Staaten zu machen.
Als die beiden Länder Angola un Mosambik 1975 nach langen und heftigen Auseinandersetzungen mit den
Portugiesen, die Unabhängigkeit erreichten, folgten in beiden Ländern Guerillakriege, die teilweise von Kuba
andererseits von der Republik Südafrika mitgetragen wurden und deren Auswirkungen bis weit in die neunziger Jahre die wirtschaftliche Entwicklung dieser Länder massgeblich beeinflussten. (Zu Mosambik siehe auch
das Zitat weiter unten.) Zu Angola schreibt der Autor (S. 46):
Angola reicht vom Rande des tropischen Regenwaldes am Oberlauf des Kassai über die Feuchtsavanne und die
Trockenwaldzone bis in das Trockengebiet der Kalahari. Im feuchtwarmen Küstenbereich pflanzen die Bantuneger
Ölpalmen und Bananen; in den trockeneren Savannengebieten werden Sisal, Baumwolle und Erdnüsse angebaut...
Angola, der einstmals viertgrösste Kaffee-Exporteur der Welt, erwirtschaftete den Grossteil seiner Devisen
durch die Förderung von Erdöl vor der Küste des Landes und den Diamantenverkauf, der sich aber grösstenteils in der Hand der UNITA, einer Rebellenorganisation, befindet. Den Einnahmen von rund 4 Mrd. US$ aus
Erdöl und weiteren geschätzten 1 Mrd. US$ aus dem Diamantenverkauf steht ein durch den seit Jahren immer
wieder aufflammenden Bürgerkrieg angehäufter Schuldenberg von über 11 Mrd. US$ gegenüber. Um nicht
zahlungsunfähig zu werden, hat die Regierung die Zahlung der Löhne an die meisten Staatsangestellten 1998
für mehrere Monate eingestellt. Durch den Bürgerkrieg und die während den Jahren der Auseinandersetzungen
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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Geographielehrmittel: Seydlitz für Realschulen (1968)
vergrabenen Landminen wurde die Landwirtschaft erheblich behindert. Sie ist nicht nur in eine reine Subsistenzwirtschaft zurückgefallen, 1998 lebten auch rund 40% der geschätzten 12.4 Mio. Einwohner, von denen
Ende 1996 1.2 Mio. als Binnenflüchtlinge galten, in der 1575 von den Portugiesen gegründeten Hauptstadt
Luanda, die im Gegensatz zu den ländlichen Gegenden sicher vor den Truppen der UNITA-Rebellen ist.
Bedingt durch diese Überbevölkerung und die mangelnde Versorgungslage zählte Luanda 1998 zu den teuersten Städten der Welt. Wie es die dort lebenden Angolaner im Anbetracht der wirtschaftlichen Situation des
Landes schaffen, über die Runden zu kommen, bleibt ein Rätsel. (Economist 11.04.98, S. 38-39;
zu Angola siehe auch die Seite 203 dieser Arbeit.) Über die wirtschaftlich wichtigen Gebiete Mosambiks
berichtet der Autor (S. 46):
Mosambik hat nur im Hochland beiderseits des Sambesi Anteil an der Trockensavanne... Die wirtschaftlich wichtigste
Landschaft ist das breite und 2000 km lange, niedrige und feuchtheisse Küstenland. Hier werden mit Hilfe schwarzer
Plantagenarbeiter Zuckerrohr, Tabak, Reis und Kokospalmen gepflanzt. Der Hafen Mosambik wurde schon 1508 als
Stützpunkt für die portugiesischen Handelsschiffe auf dem Wege nach Indien angelegt. Beira hat heute grössere
Bedeutung, denn von hier führen mehrere Bahnlinien ins Hinterland, vor allem die Erzbahn ins Katangagebiet. Für das
wichtige südafrikanische Bergbaugebiet Transvaal ist die Hauptstadt Lourenço Marques der Hauptein- und -ausfuhrhafen...
Der auf die Unabhängigkeit folgende 16jährige Guerillakrieg kostete über 600'000 Menschen das Leben. Ein
Viertel der 18-Millionen-Bevölkerung musste aus ihren Dörfern fliehen. Erst 1992 kam auf Druck der internationalen Gemeinschaft ein Friedensvertrag zustande, der das für den Welthandel mit Fernost wichtige Land
wieder nutzbar mache sollte. (Das Magazin 25/1998, S. 27-28) Die Wahlen von 1994 gewann der seit 1986
amtierende Präsident Joaguím Chissano. Die Wahlen im Juni 1998 gerieten durch den Boykott der ehemaligen
Rebellenorganisation Renamo, die das Land, zuerst unterstützt vom damaligen Rhodesien, dann von Südafrika, jahrelang terrorisierte, in Misskredit. (Economist 23.0.98, S. 44; zu Mosambik siehe auch die Seite 203
dieser Arbeit.) Zu den weiteren Ländern der Region schreibt der Autor auf der Seite 47:
Rhodesien, Sambia und Malawi am langgestreckten Njassasee liegen ebenfalls im Bereich der Trockensavanne, am Nordund Nordostrand des südafrikanischen Beckens... Alle drei Gebiete hatte einst der englische Staatsmann Cecil Rhodes, an
den noch der Name Rhodesien erinnert, für Grossbritannien erworben. In den Jahren 1963/64 wurden die heutigen Staaten
Malawi und Sambia selbständig, sie gehören auch weiterhin dem Commonwealth of Nations an. Beide Länder werden von
Farbigen regiert. In Rhodesien dagegen hat die von Weissen gebildete Regierung 1965 - gegen den Willen
Grossbritanniens ihre Unabhängigkeit vom britischen Mutterland erklärt. Die hier ansässigen Weissen sind zahlenmässig in
der Minderheit gegenüber den Afrikanern. Im Falle der politischen Gleichberechtigung aller Bewohner gäbe es eine
farbige Mehrheit in der Regierung. Die Weissen, die heute die gesamte Wirtschaft beherrschen, würden dann kaum noch
Einfluss haben.
Ziel der Unabhängigkeitsbewegung des damaligen Rhodesiens war es, politische Reformen, die von Grossbritannien befürwortet wurden, zu verhindern. Erst nach einem Boykott durch Drittländer, jedoch nicht die Nachbarländer Mosambik und Südafrika, und einem mehrjährigen bewaffneten Kampf gelang es der schwarzen
Bevölkerungsmehrheit, ihre politischen Interessen geltend zu machen. Die von anderen Staaten akzeptierte
Unabhängigkeit wurde so erst 1980 erreicht. Die Auswirkungen der damaligen Politik sind bis heute spürbar,
letztmals als Präsident Mugabwe eine Enteignung der immer noch im Besitz von Weissen stehenden grossflächigen Ländereien ankündigte.
Die afrikanische Schriftstellerin Nozipo Maraire beschrieb in ihrem Buch "Vergiss nicht dein Afrika" die
Bedeutung der durch die Unabhängigkeit bewirkten Veränderungen für die schwarze Bevölkerung:
"Rhodesien war für mich ein verbotenes Land, eine Tummelwiese für die Weissen. Es gab riesige Häuser,
makellose Schulen, Safariparks und Clubs, aber wegen meiner Hautfarbe war mit der Zugang verwehrt. Ich
stand immer draussen, spähte sehnsuchtsvoll hinein und dachte: 'Wie fühlt sich das wohl an? Wie mag das
wohl schmecken?' Und erst nach Jahren des Blutvergiessens und des Aufruhrs wusste ich, wie schön das Leben
hier sein konnte... Ich werde niemals den Tag vergessen, an dem ich wie angewurzelt in der Stadt auf einem
Bürgersteig stand und zusah, wie sie diese furchtbaren, ausgrenzenden Buchstaben, die R-H-O-D-E-S-I-E-N
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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Geographielehrmittel: Seydlitz für Realschulen (1968)
ergaben, vom Ratshaus nahmen und statt dessen nach und nach den Namen zusammensetzten, der mir den
Schlüssel zum Königreich meines eigenen Landes gab. Ich habe in Rhodesien gewohnt, aber in Simbabwe lebe
ich." (Maraire 1996, S. 71)
Nicht weiter auf die politische Lage "Rhodesiens" eingehend, beschreibt der Autor die wirtschaftlichen
Möglichkeiten von Sambia und dem heutigen Simbabwe:
Sambia und auch Rhodesien besitzen wertvolle Bodenschätze. Die Kupfervorkommen in Katanga und Sambia bilden
zusammen das grösste Kupfererzgebiet der Welt. In Rhodesien baut man Chrom und Eisenerz, Gold und Asbest ab. Die
Bergbauorte sind das Ziel Tausender schwarzer Wanderarbeiter, die aus den umliegenden Staaten stammen und rasch zu
Geld kommen wollen. Der Transport der Bodenschätze erfolgt auf der Nord-Süd-Bahn, die Rhodesien mit Katanga und
dem Kongo verbindet. Für die Versorgung der Industriezentren mit Elektrizität ist ein gewaltiges Kraftwerk am Sambesi
entstanden; der Stausee in der Karibaschlucht ist 320 km lang, die Staumauer 125 m hoch.
(Zum Karibastaudamm siehe auch die Seite 227, zu Sambia die Seite 312, zu Simbabwe die Seite 183 dieser
Arbeit.) Auf den Seiten 47-48 schreibt der Autor unter dem Titel "Die Kalahari - trockene Mitte Südafrikas"
über die dort lebende Bevölkerung:
Nur wenige Menschen leben in dieser Halbwüste. Die Betschuanen gehören zu den Bantustämmen. Die Trockenheit
zwingt sie, mit ihren Rinderherden von Weide zu Weide über weite Flächen zu ziehen. Dürftige Hirse- und Maisfelder
liegen in der Nähe der Viehkrale. Die Reste der kleinwüchsigen gelbhäutigen Buschmänner wurden von den Weissen und
Afrikanern in die trockensten Teile der Kalahari abgedrängt. Unter ständiger Gefährdung durch den Dursttod haben diese
Menschen erstaunliche Fähigkeiten entwickelt, über grosse Entfernungen Wasser aufzuspüren. Sie leben als Sammler und
Jäger und sind allen Zufällen des ungünstigen Klimas ausgesetzt.
Seit 1966 gibt es auch in diesem wirtschaftlich ärmsten Teil Südafrikas einen unabhängigen Staat: das Commonwealthland
Botswana (das ehemalige Betschuanaland).
(Siehe zu den "Buschmännern" auch die Seiten 149 und 181 dieser Arbeit.) Die Bewohner Botswana, dessen
Name sich vom Volk der Tswana ableitet, gehören am Ende des 20. Jahrhunderts statistisch gesehen zu den
wohlhabendsten Schwarzafrikanern überhaupt. Das Pro-Kopf-Einkommen übertrifft sogar dasjenige Südafrikas. Den wirtschaftlichen Aufschwung verdankt das einstmals arme Land dem Diamantenabbau. So schrieb
dann auch Hans Brandt in einem Artikel des Tages-Anzeigers vom Juni 1998: "Ohne Diamanten wären die
1.5Millionen Menschen in Botswana Bewohner eines vergessenen, bettelarmen Landes von der Grösse Frankreichs irgendwo in der Kalahari-Wüste. Statt dessen ist Botswana der Musterschüler Afrikas, wohlhabend und
wirtschaftlich zuverlässig, stabil demokratisch und frei von ethnischen Konflikten." (TA 10.06.98, S. 4) Trotz
dieses finanziellen Reichtums, lebt ein grosser Teil der Bevölkerung von der Subsistenzwirtschaft - die Landwirtschaft trägt nur etwa 5.5% zum BIP bei und etwa 80% des Nahrungsmittelbedarfs müssen importiert
werden. (Weltatlas 1997) Hinzu kommt, dass fast die Hälfte der Bevölkerung an der Armutsgrenze lebt: "In
einem Land", in dem die Viehzucht die Hälfte der Bevölkerung ernährt, und "in dem ein Mann seinen Reichtum oft noch an der Zahl seiner Kühe misst, hat fast die Hälfte aller Familien gar kein Vieh mehr." (TA,
10.06.98, S.4) Das Ungleichgewicht in der Einkommensverteilung spiegelt sich auch in der hohen Arbeitslosenrate, die je nach Schätzung mit 20-40% angegeben wird. Die Regierung bemüht sich zwar um eine gute
Schulbildung, die die Zukunft des Landes sichern soll, kämpft andererseits aber mit einer Aidsepidemie, die
nach Angaben der UNAIDS zu einer der höchsten HIV-Infektionsraten der Welt geführt hat. (Siehe dazu auch
die Karte "Das neue Bild Afrikas: Der Aidskontinent" im Anhang auf der Seite 577, und zu Botswana die Seite
208 dieser Arbeit.)
Die Kurzdaten zu Botswana und Südafrika sind ebenfalls auf der Seite 48 zu finden. Nach diesen Beschreibungen folgt ein Kapitel über das wirtschaftlichst stärkste Land Afrika südlich der Sahara, der "Republik
Südafrika":
Die Republik Südafrika ist der grösste und wichtigste Staat Südafrikas... Vielfältig ist das Bild seiner Bewohner. Neben
Weissen und Mischlingen sieht man Neger in europäischer oder bunter Kleidung, dazu Inder oder Malaien mit Turban.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 161
Geographielehrmittel: Seydlitz für Realschulen (1968)
Seite 49 zeigt eine Foto mit der Bildlegende: "Blick über Geschäftshäuser von Johannesburg auf die hellen
Abraumhalden der Goldbergwerke". Der Autor fährt in seiner Beschreibung der Landschaften fort:
...Karru ist ein Wort der Hottentottensprache und bedeutet "trockenes Land". Da das dürftige Gras nur Ziegen und Schafen
ausreichendes Futter geben kann, haben die Siedler vor allem Schaffarmen eingerichtet. Gelegentlich fallen starke
Regengüsse. Dann füllen sich die trockenen Flussläufe rasch mit reissenden Fluten.
Auf Seite 50 heisst es über Johannesburg:
Johannesburg, die grösste Stadt Südafrikas, ist von Goldfeldern umgeben. Vor 80 Jahren gab es diese Stadt noch nicht,
heute hat sie 1,2 Mill. Einwohner, darunter 410'000 Weisse. Das Klima ist für sie gesund und angenehm. In den
Aussenbezirken haben viele von ihnen prächtige Wohnhäuser inmitten gepflegter Gärten. Für die farbigen Afrikaner
werden saubere, geräumige Wohnviertel gebaut...
Die Lebensumstände der meisten Schwarzen in der Republik Südafrika, die sich auch nach dem Machtwechsel
von 1994 in wirtschaftlicher Sicht nur wenig geändert haben, strafen diese, der Propaganda der damaligen
südafrikanischen Regierung entsprungenen "sauberen, geräumigen Wohnviertel", Lüge.
Auf der gleichen Seite folgt eine Beschreibung Südwestafrikas, dem heutigen Namibia, dessen Kurzdaten auf
der Seite 50 abgedruckt sind. Über die Bewohner des Landes heisst auf der Seite 51:
...Als die ersten Siedler - angeregt durch den Bremer Kaufmann und Kolonialpionier Lüderitz - ins Land kamen, ahnten sie
noch nichts von den wertvollen Bodenschätzen des Landes, den Diamanten in der Namib und dem Kupfererz im
Otawi-Bergland. Ihr Ziel war das weite Grasland jenseits der Grossen Randstufe, das ihnen als Viehzuchtgebiet geeignet
erschien. Oft trafen sie bei ihrer Landnahme auf den Widerstand der eingeborenen Hirtenvölker, der stolzen Hereros und
der Kaffern. Das Deutsche Reich nahm diese Gebiete unter seinen Schutz, und bald schufen sich viele Deutsche in
"Südwest" eine neue Heimat.
(Zu Namibia siehe auch die Seite 227 dieser Arbeit.) Der Landraub, denn das Gebiet war ja bereits besiedelt,
wird hier zur Landnahme, der sich die "Eingeborenen" nach Kräften widersetzten.
Die gleiche Seite zeigt auch ein Foto "Auf einer Schaffarm im Nordwesten der Kapprovinz, Südafrika". Auf
Seite 52 finden sich die beiden Fotos "Native township, ein Stadtbezirk am Rande von Johannesburg, der für
Afrikaner angelegt wurde." und "Hirte vom Ovambostamm. Er hat alles bei sich, was er als Hirte braucht:
Lebensmittel, Keule, Pfeil und Bogen."
Über die Bevölkerung Südafrikas schreibt der Autor auf der Seite 52:
...1961 ist Südafrika aus der britischen "Völkergemeinschaft" ausgeschieden. Der Grund war die Rassenfrage. 3.3 Mill.
Weisse leben in der Republik... Ausser den Weissen leben aber noch 14 Mill. schwarze Afrikaner, Inder und Mischlinge im
Lande. Sie sind jedoch an der Regierung des Landes nicht beteiligt. Überall in der Republik Südafrika fällt auf, dass Weisse
und Schwarze streng voneinander getrennt sind. Die Afrikaner haben ihre eigenen Schulen, Kirchen, Eisenbahnabteile,
Postschalter, Restaurants und Kinos; die der Weissen dürfen sie nicht betreten. Für gleiche Leistungen werden die
schwarzen Arbeiter niedriger bezahlt als die weissen. Vor allem dürfen sie keine Ehe mit Weissen eingehen. Ihre
Wohnviertel liegen abseits von denen der Weissen. Am Abend müssen sie die Stadtteile der Weissen verlassen, selbst
wenn sie als Arbeiter tagsüber dort beschäftigt werden. Man nennt die Rassentrennung "Apartheid" oder englisch
"Segregation". Die Folgen sind für die Betroffenen oft sehr hart und führen zu starken Spannungen im Zusammenleben der
Bevölkerung.
Im Gegensatz zu anderen Lehrmitteln, die versuchten, die unhaltbaren Zustände in Südafrika zu beschönigen
und dafür allerlei Argumente bezüglich der Fähigkeiten der Schwarzen und ihrer privilegierten Situation unter
der Herrschaft der Weissen, anführten, spricht der Autor Klartext. Er fährt fort (S. 52):
Die Weissen besitzen den grössten Teil des Landes. Sie haben Südafrika zu dem gemacht, was es heute ist. Sie brauchten
aber dazu die Arbeitskraft der Neger. In den trockenen Grasländern... lebten ursprünglich nur wenige Eingeborene. Daher
mussten im Laufe der Zeit aus anderen Gebieten, sogar aus dem Kongobecken, Arbeiter angeworben werden. Alljährlich
kommen Tausende von Afrikanern, meist Angehörige der Bantustämme, in die grossen Industrieorte. Manche kehren nach
Ablauf ihrer Arbeitsverträge wieder in den Busch zurück; viele aber bleiben für immer. Sie lösen sich von ihrem
Stammesverband und geben allmählich ihre bisherige Lebensform auf. Ohne die Arbeit dieser Menschen kann die
Wirtschaft des Landes nicht gedeihen - das wissen auch die schwarzen Afrikaner. Sie wollen deshalb das politische Leben
mitbestimmen.
Eines der Argumente gegen die Abschaffung der Apartheid war die Aussage, dass Schwarze von ausserhalb
nach Südafrika einströmen würden, d.h. die Apartheid wäre gerechtfertigt, da es unter ihr den Schwarzen
besser ginge, als in den schwarzafrikanischen Ländern. Der Autor relativiert diese Aussage durch die Erwähnung der Anwerbung. Über die Politik der Regierung schreibt er (S. 52):
Die Regierung bemüht sich, das Rassenproblem dadurch zu lösen, dass sie für die Bantuneger Staatsgebiete schafft, in
denen sie nach und nach selbständig alle Fragen ihres wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Lebens regeln können.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 162
Geographielehrmittel: Seydlitz für Realschulen (1968)
Als erstes autonomes Bantugebiet schuf man 1963 das Transkei südwestlich von Durban. Die Weissen wurden
ausgesiedelt. In dieser Form sollen allmählich die vielen zerstreuten Negerstämme in acht selbständigen Bantustaaten Bantustan genannt zusammengeschlossen werden. Einer davon ist das Ovamboland im Grenzgebiet von Südwestafrika
und Angola.
Obwohl die UNO klar festhielt, dass die Praxis Südafrikas menschenunwürdig sei, schritt sie nicht ein, selbst
dann nicht, als Südafrika die Apartheidspolitik über die eigenen Grenzen ins Mandatsgebiet Südwestafrika
(Namibia) ausdehnte. (Sie dazu auch die Seite 362 dieser Arbeit.)
Zwei Eingeborenenreservate liegen innerhalb der Republik Südafrika. Lesotho (ehemals Basutoland) ist seit 1966 ein
unabhängiger Staat, Swasiland untersteht dagegen noch der britischen Regierung. Weisse dürfen in den Reservaten kein
Land erwerben. Sie sind nur vorübergehend als Berater, Kaufleute, Ingenieure oder als Missionare tätig. Auch aus diesen
Gebieten, ebenso wie aus Botswana, gehen viele Afrikaner für kürzere oder längere Zeit als Arbeiter in die
südafrikanischen Industriereviere.
(Zur Apartheidspolitik siehe auch die Seiten 149 und 182 dieser Arbeit.) Auf der Seite 53 sind die Kurzdaten
zu Lesotho, Swasiland und Madagaskar, sowie eine Karte zum Grossraum Südafrika abgedruckt. Über die
Insel "Madagaskar - eine Tropeninsel" heisst es (S. 53):
...Die dunkelhäutigen Madagassen haben sich mit Malaien vermischt, die von Südasien her mit ihren seetüchtigen Booten
eingewandert sind. Auf der Insel, vor allem in der Hauptstadt Tananarivo, leben noch viele Franzosen. Nach 1845 gehörte
Madagaskar nämlich zum französischen Kolonialreich; heute ist es ein unabhängiger Staat. Über den Haupthafen
Tamatave an der Ostküste führt die Insel neben anderen Tropenfrüchten die getrockneten Schoten der Vanille aus. Sie wird
ebenso wie Reis, Zuckerrohr, Kokospalmen und Erdnüsse in Pflanzungen angebaut.
1994 standen Kaffee mit 18% des Gesamtwertes, Vanille (17%) und Fisch (13%) im Zentrum der Exporte, die
mit insgesamt 520 Mio. US$ die Importe nicht vollständig decken konnten. (Zu Madagaskar siehe auch die
Seiten 115 und 184 dieser Arbeit.)
Auf der gleichen Seite finden sich unter der Überschrift "Zur weiteren eigenen Arbeit" Fragen und Aufgaben
für die Schüler, von denen hier drei wiedergegeben werden sollen, weil sie einen Einblick in die Sichtweise
des Buches geben:
3. Bedenke die Folgen der Apartheid-Politik vom Standpunkt eines weissen und eines farbigen Südafrikaners! Warum
gewährt die südafrikanische Regierung den Farbigen ihres Landes nicht die volle Gleichberechtigung?
4. Überlege, was sich für einen schwarzen Afrikaner geändert hat, wenn er nach drei Jahren Arbeit im südafrikanischen
Industriegebiet in sein Heimatdorf in der Savanne zurückkehrt!
5. Welche südafrikanischen Erzeugnisse werden in Anzeigen und Läden bei uns angeboten?
Neu ist der Versuch nicht mehr (nur) aus der Sicht des europäischen Kolonisten zu argumentieren, sondern
sich versuchsweise in die Haut eines "farbigen" Menschen hineinzudenken. In Verbindung mit der Fragen nach
den Erzeugnissen Südafrikas ist der Schritt zum Erkennen grösserer Wirtschaftszusammenhänge und damit
vielleicht gar zum Boykott gewisser Produkte nicht mehr weit.
Damit ist "Seydlitz für Realschulen" das erste der untersuchten Lehrmittel, welches eine Tendenz zeigt,
Geographie und Politik zu verknüpfen. Beschränkten sich die früheren Lehrmittel auf eine mehr oder wenig
akkurate Beschreibung der herrschenden Zustände, so zeichnet sich hier bereits die Frage nach der Verantwortung des Einzelnen für die vorgefundenen Verhältnisse ab.
Am Schluss der Betrachtungen zu Südafrika heisst es unter "Zum Behalten" auf Seite 53:
...Plantagen in der feuchtwarmen Küstenzone und Viehzucht im Grasland bilden für die Republik Südafrika wichtige
Grundlagen der Wirtschaft. Sambia, Rhodesien und die Republik Südafrika sind reich an Bodenschätzen, vor allem an
Gold, Diamanten, Kupfer und Steinkohle.
Im südlichen Afrika bietet das Klima für den Europäer günstige Lebensmöglichkeiten. Die Interessen der weissen und der
schwarzen Bevölkerung stossen hier hart aufeinander. Durch die Politik der "Apartheid", der völligen Rassentrennung,
versucht die Republik Südafrika eine Lösung für das Zusammenleben der so verschiedenen Afrikaner zu finden.
Wie diese Lösung über mehrere Jahre im Detail funktionierte und was für Folgen sie zeitigte, ist Gegenstand
der politischen Aufarbeitung im seit 1994 demokratischen Südafrika.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 163
Geographielehrmittel: Seydlitz für Realschulen (1968)
4.14.1.5 Ostafrika
Auf den Seiten 54-60 wird der Grossraum "Ostafrika" beschrieben. Nach den drei Kapiteln "Savanne in Äquatorbreite" (S. 54), "Die Savannen Ostafrikas, die wildreichsten Gebiete der Erde" (S. 54) und "Die drei Landschaften Ostafrikas" (S. 54-55) folgt auf den Seiten 55-56 ein Text über "Hackbauern und Hirtenvölker":
Die Bantuneger haben in Ostafrika ihre Heimat. Sie wohnen in runden Hütten; das Kegeldach ist mit harten Gräsern
gedeckt. Rings um die kleinen, von Dornbuschhecken geschützten Dörfer liegen die Felder. Die Frauen brechen bei
beginnender Regenzeit mit der Hacke die oberste Bodenkrume und drücken Hirse- und Maiskörner in den Boden. Da der
Boden nicht gedüngt wird, ist er nach einigen Jahren erschöpft. Dann verlegt man die Felder und häufig auch die
Siedlungen. An den Hängen der Vulkanberge aber, wo der Boden fruchtbarer und genügend feucht ist, kann er dauernd
genutzt werden. An manchen Stellen leben mehr als 200 Menschen je km2.
In der weiträumigen Trockensavanne weiden die Massai, ein Hirtenvolk, ihre grossen Rinderherden. Das Vermögen des
Mannes besteht aus seinen Rindern: je zahlreicher die Herde, desto reicher ist er. Die Massai sind einst aus dem Norden
eingewandert. Die Erziehung der männlichen Jugend ist bei ihnen sehr streng und vollzieht sich in einer geschlossenen
Gemeinschaft. Hier wird der junge Mann im Gebrauch der Waffen und in der Jagd unterwiesen. Treibjagden auf Löwen
veranstaltet man als Mutprobe nur mit Speer und Schild. So unterscheidet sich ihre Lebensweise sehr von der der Bantus.
Im Gegensatz zu vielen Bantuvölkern gliedern die Massai ihre Gesellschaft in Altersgruppen, denen bestimmte
Aufgaben zukommen. Das Grundelement der Gesellschaft ist also nicht die Familie, sondern die Gruppe
Gleichaltriger. Ursprünglich liessen die Massai ihr Vieh, das ihnen ihre Hauptnahrung Kuhmilch und Rinderblut liefert, im Hochland Kenias weiden. Mitte des 19. Jahrhunderts, als die Massai ihre Blütezeit erreichten,
fielen die Briten in das Gebiet ein und schleppten die Pocken ein, die die Massai schwächten, und die Rinderpest ein, die einen Grossteil der Herden vernichtete. Trotz der dadurch ausbrechenden Hungersnot verweigerten die Massai die Zusammenarbeit mit den Briten, die sie daraufhin zu Beginn des 20. Jahrhunderts in weit
entfernte Gebiete im Süden Kenias und nach Tansania umsiedelten. (Encarta 1997; zu den Massai siehe auch
die Seite 180 dieser Arbeit.)
Auf der Seite 56 sind zwei Fotos mit den Bildlegenden "Bananenplantage am Kilimandscharo" und "MassaiHirte mit seiner Rinderherde" abgebildet. Im nächsten Abschnitt auf der gleichen Seite schreibt der Autor
unter
dem
Titel
"Europäer,
Inder
und
Araber
in
Ostafrika"
im
Bezug
auf
die
schwarzen
Bevölkerungsschichten:
Als die europäischen Mächte - England und Deutschland - Ostafrika in Besitz nahmen, trafen sie im Küstentiefland
Tausende von Arabern und Indern an; sie waren in den vorhergehenden Jahrhunderten als Händler und Kaufleute in diesen
Teil Afrikas gekommen. Das feuchtheisse Küstenland bot den Europäern, die als Pflanzer, Kaufleute und Verwalter
einwanderten, nur wenig Lebensmöglichkeiten. Ihre Zahl blieb gering. So kommt es, dass das Küstentiefland auch heute
noch vorwiegend von Afrikanern sowie Indern und Arabern bewohnt ist. Manche von ihnen sind Plantagenbesitzer
geworden. Oft wohnen - z. B. in Daressalam - die Inder in eigenen Stadtteilen. Die Suaheli sind eine
Mischlingsbevölkerung aus Arabern und Bantunegern. Ihre Sprache, das Kisuaheli, ist Verkehrssprache in ganz Ostafrika.
Die Aufteilung von Städten wie Dar es Salam in den Bevölkerungsgruppen zugeordnete Stadtteile geht auf die
Kolonialzeit zurück, als die Europäer aus Furcht vor Infektionskrankheiten die indische Bevölkerung als
lebenden Puffer zwischen der weissen Kernsiedlung und den sie umgebenden Quartieren der Schwarzen
benutzten.
Aufschlussreich sind die Sätze im Abschnitt "Sisal, Kaffee und Gewürze aus Ostafrika" auf der Seite 57:
...Für die Europäer bot das Binnenhochland günstige Klimabedingungen. Hier konnten sie in Höhen von 1600 bis 2000 m
Pflanzungen anlegen und notfalls auch körperlich arbeiten. Sie spezialisierten sich vor allem auf Kaffee; das Anbaugebiet
erstreckt sich heute vom Kilimandscharo und Meru bis zu den Usambara-Bergen... Auch die Afrikaner sind inzwischen
dazu übergegangen, in diesem Teil des Hochlandes Kaffee und neuerdings auch Tee anzubauen. Sie haben sich zu
grösseren Genossenschaften zusammengeschlossen. Dadurch stiegen ihre Erträge und ihre Einnahmen. Auch die
Lebensverhältnisse in den Dorfgemeinschaften haben sich seitdem beträchtlich verbessert...
(Zum Anbau von Tee siehe auch die Seite 225, zum Kaffee die Seiten 112 und 166 dieser Arbeit.)
Mit dem Zusammenschluss zu Genossenschaften war es den Afrikanern möglich, die Zwischenhändler zu
umgehen und bessere Konditionen auszuhandeln.
Auf der Seite 57 finden sich zum Kaffeeanbau drei Fotos mit den Bildlegenden "Kaffee-Ernte in Kenia", "Der
Kaffee wird gewaschen" und "Kaffee wird zum Trocknen umgewendet". Das nächste Kapitel behandelt die
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 164
Geographielehrmittel: Seydlitz für Realschulen (1968)
"Staaten Ostafrikas" und druckt Kurzdaten zu Tansania, Kenia, Burundi, Uganda und Ruanda ab. Zu den
Bodenschätzen dieser Länder heisst es auf Seite 58, auf der auch ein Foto "Im Hafen von Daressalam" zu
sehen ist:
In Tansania werden auch wertvolle Bodenschätze gewonnen: Diamanten, Zinn-, Blei- und Wolframerze... Zu Tanganjika
gehörten früher auch Ruanda und Burundi; beide Länder sind heute selbständige, dichtbevölkerte Staaten. Die
Stammesgegensätze führen aber selbst in solch kleinen Ländern immer wieder zu heftigen politischen Unruhen.
Diese Konflikte zwischen den Ethnien Hutsi und Tutsi, die seit dem Eindringen der Tutsis im 15. Jh. unterschiedlichen Gesellschaftsschichten angehören - die viehhaltenden Tutsis stellten die Oberschicht, die Hutubauern die Unterschicht -, sich ethnisch aber kaum unterscheiden, sind nach der Flucht von 200'000 Tutsis
1959 nie zur Ruhe gekommen und haben in Ruanda 1994 nach dem Tod des Präsidenten Habyarimana, einem
Hutu, zum bis anhin wohl grausamsten Völkermord Afrikas in der jüngeren Geschichte geführt. Je nach Schätzungen wurden 800'000 bis über eine Million Bewohner des Landes auf brutalste Weise ermordet. Über zwei
Millionen Menschen flüchteten ins Ausland. 1995 gelang es dem Tutsi Paul Kagame die Herrschaft über das
Land zu erlangen. 1997 strömten 850'000 ruandische Flüchtlinge aus dem damals in einem Bürgerkrieg versinkenden Zaire zurück nach Ruanda. Unterdessen hat sich die Lage wieder etwas beruhigt, aber der Konflikt
schwelgt weiter und es kommt immer wieder zu gewaltsamen Todesfällen auch im Nachbarland Burundi.
Zudem müssen über 100'000 inhaftierte, des Genozids beschuldigte Häftlinge in irgendeiner Form der
Gerichtsbarkeit des Landes übergeben werden. (Zu Ruanda siehe auch die Seite 289 dieser Arbeit.)
Auch das im nächsten Abschnitt auf der Seite 58 beschrieben Uganda hat eine wechselhafte Geschichte hinter
sich:
Uganda nimmt den Nordteil des Hochlandes und das Nordufer des Viktoriasees ein. Hier leben die Waganda. Die
Landwirtschaft hat bei ihnen einen hohen Stand erreicht, es werden vor allem Baumwolle und Kaffee ausgeführt. Die
Universität in der Hauptstadt Kampala ist für die weitere Entwicklung des Landes von grosser Bedeutung.
Über Kenia und seine Bevölkerung schreibt der Autor (S. 58):
Kenia war bisher das am stärksten von Weissen besiedelte Land. Hier lebten im Hochland immerhin 50'000 Europäer. Das
macht sich auch im Aussehen der Hauptstadt Nairobi bemerkbar. Sie liegt in 1650 m Höhe. Nairobi wird von mehreren
internationalen Fluglinien angeflogen. Viele Fluggäste sind Touristen aus den USA oder Europa, die von hier aus auf Jagdoder Fotosafari gehen. In der Hafenstadt Mombasa wird das Strassenbild von Arabern und Indern beherrscht, die ebenso
zahlreich sind wie die schwarzen Afrikaner; die Europäer meiden das ungesunde Klima. Mombasa ist der bedeutendste
Hafenplatz Ostafrikas. Der junge Staat führt mit Hilfe der britischen Regierung ein langjähriges Reformprogramm durch:
Mehr und mehr Afrikaner sollen auf dem bisherigen Farmland der Weissen angesiedelt werden. Das bedeutet, dass die
Zahl der Weissen abnehmen wird und dass die Afrikaner in steigendem Masse selbst die wichtigsten Ausfuhrgüter Kaffee,
Tee und Fleisch bereitstellen wollen.
(Zu Nairobi siehe auch die Seite 203 dieser Arbeit.) Ende des 20. Jahrhunderts gehört Kenia zu den Ländern
mit dem höchstem Bevölkerungswachstum der Welt. So kann es nicht verwundern, wenn für fast die Hälfte
der Kinder, die sich nach der achtjährigen Primarschule für die Sekundarschule qualifiziert haben, die Schulplätze fehlen. (TA 20.01.98) Durch das starke Bevölkerungswachstum gerät aber auch die Umwelt zunehmend
unter Druck, so hat der Bedarf nach Brennholz dazu geführt, dass nur noch zwei Prozent des natürlichen
Waldes vorhanden sind. (Zum Brennholzbedarf siehe auch die Karte "Holzverbrauch ausgewählter schwarzafrikanischer Länder" im Anhang auf der Seite 576 dieser Arbeit.)
Wichtigster Faktor in der relativ stabilen Wirtschaft Kenias ist immer noch die Landwirtschaft, die mit ihren
Cash crops Kaffee, Tee und Gartenbauprodukten, sowie Pyrethrum, einer Pflanze aus der Insektizide gewonnen werden, rund 36% der Exporte erwirtschaftet. Trotz vielfältiger Anbauprodukte ist es aber der Landwirtschaft in den letzten Jahren nicht gelungen, mit dem Bevölkerungswachstum Schritt zu halten. (Weltatlas
1997) 1998 wurde die landwirtschaftliche Produktion einmal mehr durch Überschwemmungen in weiten
Teilen Kenias gemindert.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 165
Geographielehrmittel: Seydlitz für Realschulen (1968)
Neben der Landwirtschaft spielt der Tourismus für einige Gebiete Kenias eine grosse Rolle, der aufgrund von
Unruhen an der Küste im Sommer 1997 aber einen massiven Einbruch erlebte. Die Einnahmen reduzierten
sich von rund 500 Mio. US$ auf weniger als 300 Mio. US$. (Zum Tourismus siehe auch die Seite 254, sowie
die Tabelle "Tourismus in afrikanischen Staaten" auf der Seite 545 im Anhang dieser Arbeit) Diese Entwicklung zusammen mit einem prognostizierten Wirtschaftswachstum von nur gerade 1-2% für 1998 - aufgrund des
hohen Bevölkerungswachstums müsste das Wirtschaftswachstum bei über 5% liegen um die neuen Arbeitskräfte aufzufangen - und massiven Korruptionsvorwürfen haben die Regierung des kenianischen Präsidenten
Daniel arap Moi, der sein Amt seit 1978 bekleidet und im Dezember 1997 in nicht sehr sauber verlaufenen
Wahlen für eine weitere Amtszeit bestätigt wurde, unter massiven Druck gestellt. (Economist 18.04.98, S. 44;
zu Kenia siehe auch die Seiten 123 und 203 dieser Arbeit.)
Im nächsten Kapitel zu Äthiopien auf der Seite 59 heisst es unter der Überschrift "Äthiopien und die Somaliländer - regenreiche Gebirgsländer, trockene Küstenstreifen" zu den klimatischen Bedingungen:
...Ganz und gar trocken ist das Dreieck der Danakilwüste. Hier am Ausgang des Roten Meeres liegt Massaua, die heisseste
Stadt der Erde. Temperaturen von mehr als 45° C im Schatten machen körperliche Arbeit fast unmöglich.
Und unter der Überschrift "Äthiopien - seit 2000 Jahren ein selbständiger Staat" heisst es:
Äthiopien verdankt vor allem seiner abgeschlossenen Lage im Gebirgsland, dass es als einziger Staat Afrikas vom
Altertum bis zur Gegenwart selbständig geblieben ist. Zeitweilige Versuche, von den Küstenländern her das Land zu
erobern, hatten nur für kurze Zeit Erfolg. Heute gehört auch der Küstenstreifen am Roten Meer, das ehemals italienische
Erythrea mit dem Hafen Massaua, als Bundesstaat zum Kaiserreich Äthiopien. Dadurch erhielt der Binnenstaat einen
eigenen Zugang zum Meer. Die ursprünglichen Bewohner gehören hellhäutigen hamitischen Stämmen an, den Galla,
Somali und Danakil. Die Amharen, die jetzige Oberschicht, sind Nachkommen semitischer Stämme, die in Äthiopien
einwanderten. Sie übernahmen schon zur Römerzeit das Christentum. In der natürlichen Festung Äthiopien konnte es sich
bis in die Gegenwart behaupten, obwohl alle Völker der Nachbarländer zum Islam übertraten. Allerdings blieben die
äthiopischen Christen fast ohne Verbindung zum Abendland. So hat sich in der koptischen Kirche eine altertümliche Form
des Christentums erhalten.
Im "Leitfaden für den Geographieunterricht" von 1934 wurde diese "altertümliche Form des Christentums
noch als "entartetes Christentum" beschrieben. (Siehe dazu auch die Seite 102 dieser Arbeit.) Zur landwirtschaftlichen Produktion schreibt der Autor (S. 58):
Die vulkanischen Verwitterungsböden bringen in dem genügend feuchten und nicht zu heissen Klima gute Ernten.
Besonders das Überschwemmungsgelände um den Tanasee ist sehr fruchtbar. Der anbaufähige Boden gehört meist
adeligen Grundbesitzern, denen die Bauern hohe Abgaben zahlen müssen. Nur langsam verbessern staatliche Massnahmen
die Lebensverhältnisse der ärmeren Bevölkerung. Getreide und Kaffee sind die Haupterzeugnisse der Landwirtschaft.
Äthiopien ist die Heimat des Kaffees. Nach der Landschaft Kaffa im Südwesten des Hochlandes trägt er seinen Namen.
Von dort gelangte er durch arabische Händler über das Rote Meer nach Asien.
(Zum Anbau von Kaffee siehe auch die Seiten 164 und 180 dieser Arbeit.) Auf der Seite 59 ist auch ein Foto
mit der Bildlegende "Markt in Harar" abgebildet. Auf der Seite 60 heisst es weiter:
Die Hauptstadt Addis Abeba liegt auf dem Hochland in über 2000 m Höhe. Inmitten einer fast unberührten Landschaft mit
weiten Eukalyptuswäldern steht man plötzlich einer Grossstadt gegenüber, die in ihren neueren Stadtvierteln ganz
europäisch wirkt. Geschäfte mit einem reichen Warenangebot, Hotels und Banken, Büros der Fluggesellschaften und
zahlreiche Autos bestimmen das Strassenbild. Beim Anblick dieser Stadt sieht man, wie weit der Weg von den
altertümlichen Lebensformen bis zur Gegenwart mit ihren technischen Errungenschaften ist. Fluglinien verbinden die
Hauptstadt mit vielen Ländern der Erde. Dreimal wöchentlich verkehrt vom Hafen Dschibuti im kleinen französischen
Somaliland ein Zug, der nach 36 Stunden Addis Abeba erreicht. Dschibuti ist für alle Güter, die man mit der Bahn
transportieren kann, der Ein- und Ausfuhrhafen Äthiopiens.
An vielen Stellen im Lande sind europäische Fachleute als Berater, als Ärzte, Ingenieure, Architekten und Lehrer tätig. Sie
arbeiten zusammen mit einheimischen Kräften an der Entwicklung des Landes und dem Aufbau seiner Wirtschaft. Unter
der Führung seines angesehenen Herrschers hat Äthiopien eine Art Vorsitz in der politischen Zusammenarbeit der jungen
afrikanischen Staaten einnehmen können.
(Zu Äthiopien siehe auch die Seiten 148 und 179.) Die OAU, die Organisation Afrikanischer Staaten, wurde
auf Wunsch des äthiopischen Kaisers Haile Selassie ins Leben gerufen und hat ihren Hauptsitz nach wie vor in
Addis Abeba. Die Bedeutung dieser Organisation wird unterschiedlich eingeschätzt. Während Michler "den
grössten Staatenbund der Welt" und seine Arbeit weitgehend positiv einschätzt (Michler 1991, S. 69-70),
meint Kabou, die OAU sei an einem "Minderwertigkeitskomplex gegenüber dem Westen", der "morbiden
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 166
Geographielehrmittel: Seydlitz für Realschulen (1968)
Sehnsucht nach der vorkolonialen Vergangenheit" und dem "innerafrikanischen Rassismus" gescheitert und
habe somit jegliche Existenzberechtigung verwirkt. (Kabou 1995, S. 233-239)
Nach der Beschreibung Äthiopiens folgt ein Text über Somalia (S. 60):
Somalia umfasst das Somali-Hochland und die Landschaften am Golf von Aden sowie die südöstlich anschliessende
Küste. Es ist aus dem Zusammenschluss ehemals britischer und italienischer Kolonialgebiete hervorgegangen. In den
trockenen, dünn besiedelten Dornbuschsavannen im Nordteil finden nomadisierende Somali Weide für ihre Kamele,
Ziegen und Schafe. Im Südteil, wo die Niederschläge etwas reichlicher sind, können auf künstlich bewässerten Feldern
Zuckerrohr und Bananen angebaut werden; das Wasser liefern die vom Gebirge herabkommenden Flüsse. Die Hauptstadt
Mogadischu war früher Sitz der Sultane von Sansibar. Der Sultanspalast und einige Moscheen sind prächtige Zeugen
arabischer Baukunst. Über der Stadt liegt ständig eine drückende, feuchtwarme Gluthitze.
Während den Bürgerkriegswirren von 1988-1994 zerfiel das Land in zwei Teile. Der nördliche Teil hat zwar
1991 die Unabhängigkeit ausgerufen, wird aber weltweit von keinem Land als eigenständiger Staat akzeptiert.
Auf der Seite 60 finden sich neben einer Karte zum Gebiet auch die Kurzdaten zum damaligen Kaiserreich
Äthiopien, und den Staaten Somalia und Französisch-Somaliland (Djibouti), ausserdem ist als Zusammenfassung wieder ein Text "Zum Behalten" abgedruckt, in dem es heisst:
...In den klimatisch begünstigten Savannen leben Hackbauern und Hirtenvölker. Ostafrika liefert für den Welthandel Sisal,
Kaffee, Kopra und Gewürze. Durch seine von Natur aus abgeschlossene Lage hat sich Äthiopien seine politische
Selbständigkeit und kulturelle Eigenart seit dem Altertum bewahrt. Es benötigt heute ebenso wie die neu entstandenen
Staaten Ostafrikas Entwicklungshilfe durch die Industrieländer, zeigt aber bereits einen beachtlichen Aufstieg.
Wie an anderer Stelle ausgeführt wird, gelang es Äthiopien nicht, sich aus der Armut und von immer wieder
aufflammenden Kriegen zu befreien. Ende des 20. Jahrhunderts gehört Äthiopien zu den ärmsten Ländern der
Welt.
4.14.1.6 Rückblick auf Afrika
Den Abschluss des Textes über Afrika bildet ein Text mit dem Titel "Rückblick auf Afrika", in dem die
Kernaussagen der einzelnen Abschnitte noch einmal aufgegriffen werden (S. 61):
Afrika wurde erst spät erschlossen. Noch vor zwei Generationen lebten fast alle Eingeborenen in Stammesverbänden, die
von Häuptlingen streng regiert wurden. Ihre Sitten und Gebräuche erschienen dem Europäer primitiv, er fühlte sich weit
überlegen. Die Neger trieben Hackbau, ausserhalb des Regenwaldgebietes auch Viehzucht. Alles Land gehörte dem
Häuptling oder dem Stamm; jeder erzeugte mit einfachsten Mitteln und Werkzeugen nur so viel, wie er brauchte. Was die
Afrikaner bis dahin produzierten - Hirse, Reis, Maniok, Yams und einige Früchte -, reichte nur für ihren eigenen Bedarf;
für den Weltmarkt hatten ihre Ernten keinerlei Bedeutung. Der Trieb zur Arbeit, wie wir ihn kennen, ist beim Afrikaner
ursprünglich nicht gross.
In dieser für die Afrikaner nicht sehr schmeichelhaften Einschätzung, die einerseits auf mangelnder Kenntnisse
der Geschichte Afrikas beruht (siehe hierzu den "Überblick über die Geschichte Schwarzafrikas" ab der
Seite 25 dieser Arbeit) und andererseits auf bewusster Manipulation der Wortwahl, wird eigentlich nur ausgesagt, dass die Afrikaner ungern eine Arbeit leisten, deren Früchte andere, nämlich die Europäer, ernten. Der
Text fährt auf Seite 61 fort:
Erst die Europäer haben wirtschaftliche Arbeitsmethoden und Maschinen eingeführt und Pflanzungen angelegt.
Heute werden landwirtschaftliche Erzeugnisse in grossen Mengen ausgeführt, teils von Plantagen, teils aus kleineren
Betrieben der Afrikaner: Bananen, Kakao, Kaffee, Baumwolle, Erd- und Kokosnüsse, Mais, Tabak, Kautschuk und Sisal,
dazu Holz, Felle und Häute. Afrika liefert aber auch in zunehmendem Masse Bergbauprodukte, wie Eisen-, Mangan-,
Kupfer- und Uranerze, Gold und Diamanten, Phosphate und Erdöl, auf den Weltmarkt.
Brücken, Eisenbahnen, Strassen, Flugplätze und Häfen mussten überall dort gebaut werden, wo wirtschaftlich etwas
erschlossen werden sollte. Das konnten zunächst nur die Europäer mit ihrem Geld und ihrer Erfahrung. Aber ohne den
Neger als willigen Arbeiter hätten die Europäer in ihren Kolonien bei dem heissen Klima kaum etwas schaffen können. Für
weisse Siedler sind nur begrenzte Teile in Afrika geeignet.
Noch vor wenigen Jahren hätte man ruhig sagen können, dass Europa zwar Afrika brauche, dies aber umgekehrt nicht der Fall sei. Unterdessen haben sich die Strukturen zumindest in den städtischen Gebieten gewandelt und es ist eine gegenseitige Abhängigkeit entstanden. Allerdings hat all dies für den Grossteil der Bevölkerung in den ländlichen Gebieten, in denen noch immer ungefähr drei Viertel aller Afrikaner leben, wenig
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 167
Geographielehrmittel: Seydlitz für Realschulen (1968)
Bedeutung, da dort die Strukturen nach wie vor traditionell geprägt sind. Im Text schreibt der Autor weiter
(S.61):
Nachdem die Afrikaner ein halbes Jahrhundert in den Besitzungen europäischer Kolonialmächte in Abhängigkeit gelebt
hatten, erwachte nach dem zweiten Weltkrieg überall das Streben nach Selbständigkeit. Inzwischen haben fast alle Gebiete
die politische Unabhängigkeit erreicht. Das bedeutet aber noch nicht wirtschaftliche Sicherheit, zumal die Zahl der
eingeborenen Fachleuten noch sehr klein ist. Die ehemaligen Kolonialmächte haben zwar wertvolle Einrichtungen und
Anlagen den neuen Staaten überlassen, aber trotzdem fehlt es noch an vielem, vor allem an Kapital.
Die Weissen versuchen, den jungen afrikanischen Staaten beim Aufbau ihrer Wirtschaft zu helfen. Da gilt es
Bewässerungsanlagen zu bauen und die Afrikaner in neuzeitlichen Anbaumethoden zu unterweisen; da müssen
Verkehrswege angelegt, Fabriken und Werkstätten errichtet werden. Vor allem aber ist es notwendig, viele
Ausbildungsstätten zu schaffen, von der Dorfschule bis zur Universität, wo der Afrikaner all das lernen kann, was er für
das moderne Leben und die Entwicklung seines Landes braucht. Europäer und Afrikaner sind heute im gegenseitigen
Interesse mehr denn je auf Zusammenarbeit angewiesen.
(Zur Entwicklungshilfe siehe auch die Seiten 145 und 171 dieser Arbeit.)
Der Text bringt deutlich die paternalistische Haltung zum Ausdruck, die damals und teilweise bis heute Motivation für Helfer aus aller Welt war: Der Schwarzafrikaner soll lernen, was er "für das moderne Leben und die
Entwicklung seinen Landes" braucht. Seine Lehrmeister sind natürlich die Europäer, die nach Jahren der
direkten Ausbeutung gemerkt haben, dass die agraren Rohstoffe auch ohne direkte Kontrolle weiter produziert
werden, wenn die Schwarzafrikaner nur in "neuzeitlichen Anbauweisen" unterwiesen werden.
Der Abschnitt schliesst mit einer Farbgrafik, die hier schwarzweiss wiedergegeben wird, weil sie die damalige
Vorstellung der "gegenseitigen Interessen" bildlich darstellt:
Afrika sollte sich also durch die Produktion von landwirtschaftlichen Rohstoffen, Nahrungsmitteln,
Genussmittel und bergbaulichen Rohstoffen die Devisen zum Kauf von Konsumgütern, Halb- und Fertigwaren,
Transportmittel und Investitionsgüter erwirtschaften.
Leider führte diese Idee bald dazu, dass die ländliche Bevölkerung mit ihrer Agrarproduktion den Konsum der
politisch zumeist einflussreicheren Bevölkerung in den Städten finanzierte. Selbst Ende der neunziger Jahre
verfügen die meisten schwarzafrikanischen Länder nur über einen unbedeutenden Industriesektor.
Der Afrikateil des Bandes Nr. 3 von "Seydlitz für Realstufen" schliesst mit einer ganzseitigen Karte von Afrika, die in stark vereinfachter Form die Topologie des Kontinents wiedergibt.
4.14.2
Band 6: Menschliche Gemeinschaften gestalten die Erde
Zwei weitere Kapitel zum Thema der Arbeiten finden sich im "Band 6: Menschliche Gemeinschaften gestalten
die Erde" auf den Seiten 106-108 über "Die Republik Ghana" unter "Was sind Entwicklungsländer?" zum
Themenbereich "5. Die Zusammenarbeit der Länder hilft allen Menschen der Erde" und den Seiten 108-109
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 168
Geographielehrmittel: Seydlitz für Realschulen (1968)
über "Die Republik Ägypten". Auf den Text zu Ägypten soll hier nicht weiter eingegangen werden. Im Text
"Die Republik Ghana" schreibt der Autor auf Seite 106:
Ghana gehört zu dem von schwarzen Menschen bewohnten Teil Afrikas, der sich zwischen der Sahara im Norden und der
Kalahari im Süden erstreckt. Seine Grösse entspricht etwa der Grösse der Bundesrepublik Deutschland. Die Einwohnerzahl
beträgt nur 7,9 Millionen. Das Land hat im Norden noch Anteil an der trockenen Savanne, über die feuchte Savanne reicht
es im Süden in das Gebiet des tropischen Regenwaldes.
Das Deutschland der neunziger Jahre ist durch die Wiedervereinigung natürlich nun einiges grösser als Ghana,
das seine Fläche nicht verändert hat. Dafür ist die Bevölkerung Ghanas auf rund 18 Millionen (CIA World
Atlas, 1996) angewachsen. Über die Verteilung der Bevölkerung innerhalb des Landes schreibt der Autor
(S.106):
Die Bevölkerung ist ungleich über das Land verteilt. Im Norden leben die Menschen in althergebrachter Weise vom
Regenfeldbau, der auf Brandrodungsflächen betrieben wird. Wegen der Gefährdung durch die Tsetsefliege wird nur wenig
Vieh gehalten. Was angebaut wird, dient dem Eigenbedarf der Familien, die nach altem Brauch unter Ältesten oder
Häuptlingen in Sippen oder Stämmen leben. Die scheinbar oberflächliche Landnutzung, bei der die Anbaufläche nach
kurzer Dauer liegenbleibt und durch ein neugerodetes Feld abgelöst wird, ist klimatisch begründet: bei längerer
Beanspruchung wäre nämlich der Boden sehr bald erschöpft und könnte sich nicht wieder erholen. Unter diesen
Umständen kann in diesem Landesteil kaum mit einer erfolgreichen intensiveren Bewirtschaftung und einer daraus
folgenden wirtschaftlichen Besserstellung der Bevölkerung gerechnet werden. Im landwirtschaftlich wenig ertragreichen
Savannengebiet lebt auf zwei Dritteln der Fläche des Landes nur ein Fünftel seiner Bewohner!
Selbst 1997 lebten im grössten der neun Distrikte dem "Northern District" immer noch nur etwa zwei Millionen Einwohner. Die Distrikthauptstadt des Nordregion Tamale, verfügt zwar über ein Spital für die rund
200'000 in der Region lebenden Menschen und seit Anfang 1998 über ein neugebautes Kanalisationssystem,
leidet aber besonders während der Trockenzeit im Dezember bis März immer wieder unter Wasserknappheit.
Über den Süden des Landes schreibt der Autor (S. 106):
Im Bereich des tropischen Regenwaldes ist die Lage ganz anders. Hier wurde schon während der Kolonialzeit der
Kakaoanbau eingeführt. Heute wird der Kakao hauptsächlich in bäuerlichen Betrieben, weniger auf grösseren Plantagen
erzeugt. Zahlreiche Familien finden dadurch ihr gutes Auskommen. Kakao und Kakaobutter sind wichtige
Ausfuhrprodukte des Landes. So bietet in Ghana die Regenwaldzone günstige Lebensbedingungen für viele Menschen.
Darüber hinaus ziehen die Ernte und die weitere Bearbeitung der Kakaofrüchte alljährlich viele Wanderarbeiter aus den
Savannen in das Regenwaldgebiet. Viele von ihnen lernen hier bessere Lebensverhältnisse kennen und bleiben für immer.
Nach einer Weile holen sie ihre Familien nach. Dadurch nimmt die Bevölkerung in den Savannen ständig ab, im
Küstengebiet steigt sie dagegen weiter an. Diese dauernde Binnenwanderung führt zu einer langsamen Entvölkerung der
nördlichen Landesteile. Sie werden dadurch immer rückständiger und sinken zu Notstandsgebieten ab.
Dieser Entwicklung wurde durch die Verbesserung der Infrastruktur Einhalt geboten. Unterdessen kommt es
für Regierungsbeamte nicht mehr einer "Strafversetzung" gleich, wenn sie im Norden des Landes eingesetzt
werden, sondern sie benutzen die Verpflichtung sporadisch nach Accra, der Hauptstadt, zu fahren, um Güter
einzukaufen, die sie dann im Norden mit einem guten Gewinn wieder verkaufen können. Aus diesem Grund
sind Posten im Norden bei kleineren und mittleren Beamten unterdessen ausserordentlich beliebt, denn das von
der Regierung gezahlte Gehalt liegt zwar weit über dem Durchschnittslohn, reicht aber auch bei einer auch
kleinen Familie für ein Leben nach westlichem Standart nicht aus.
Über das für Ghana wichtige Exportprodukt Kakao heisst es auf der Seite 107 (siehe dazu auch die Seiten 156
und 178):
Ghana ist auf dem Weltmarkt der Hauptlieferant von Kakao. Es erzeugt allein ein Drittel der Welternte. Kakao ist ein
Erzeugnis, das besonders von den hochindustrialisierten Ländern gern gekauft wird. Dennoch schwanken die Preise auf
dem Weltmarkt sehr je nach der Höhe des Angebots. In den letzten Jahren hat sich infolge des verstärkten Anbaus in allen
Kakao erzeugenden Ländern sowie durch bessere Bekämpfung der Schädlinge und Krankheiten die Weltkakaoernte mehr
erhöht als der ebenfalls angestiegene Absatz auf dem Weltmarkt. Das hat zu einem für die Erzeugerländer bedenklichen
Sturz der Preise geführt.
Heute ist Kakao ein noch immer wichtiger Devisenbringer für Ghana. Der Anteil an der Weltproduktion hat
aber abgenommen und Ghana steht nur noch an vierter Stelle in der Weltrangliste. Viel wichtiger ist wieder
der Goldabbau geworden - Ghana ist nach Südafrika der grösste Goldproduzent des Kontinents -, der aber
durch die sinkenden Goldpreise auch unter Druck geraten wird. Im Text fährt der Autor fort (S. 107):
Im Küstengebiet ist Kakao das weitaus wichtigste Handelsgewächs, und viele Bauern haben sich ausschliesslich darauf
spezialisiert. Diese Kakaobauern sind völlig abhängig vom Ergebnis ihrer Ernte. Um sie vor den Folgen von
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 169
Geographielehrmittel: Seydlitz für Realschulen (1968)
Preisschwankungen zu schützen und um die Preisentwicklung dieses wichtigen Ausfuhrproduktes in der Hand zu behalten,
wird in Ghana die gesamte Kakaoernte der Bauern vom Staat aufgekauft. Dieser kann also den Preis bestimmen, den der
Erzeuger erhält, und gleichzeitig versuchen, den Weltmarktpreis möglichst hoch zu halten. So werden für das wichtigste
Erzeugnis des Landes stabile Wirtschaftsverhältnisse geschaffen. Bei günstigem Weltmarktpreis fliesst dem Staat
ausserdem eine beträchtliche Einnahme zu.
Ghana fördert ganz bewusst kleine Betriebe. Zu diesem Zweck wurde eine eigene Beratungsstelle in der
Hauptstadt eingerichtet, die über Exportmöglichkeiten, Kredite und Geschäftsführung Auskunft gibt und fast
wöchentlich ihr Angebot im nationalen Fernsehkanal "Ghana Television" bewirbt.
Auf Seite 107 sind verschieden Fotos abgebildet auf die hier nicht näher eingegangen werden soll, da keines
von ihnen aus Ghana stammt. Wahrscheinlich hatte der Verlag gerade kein Bildmaterial aus diesem Land zur
Verfügung. Auf Seite 108 heisst es weiter:
Ghana besitzt grössere Bauxitvorräte. Ausserdem sind Manganerze Gold und Diamantenvorkommen vorhanden. Diese
begehrten Bodenschätze können vorerst im Lande nur begrenzt genutzt werden. Sie ergänzen jedoch bis zur Errichtung
eigener Verarbeitungsstätten die Ausfuhr. Hinzu kommt noch ein umfangreicher Export von wertvollem Holz teils in
ganzen Stämmen oder bereits verarbeitet.
Die Bauxitvorkommen bleiben nach wie vor ungenutzt, die Weltpreise für diesen Rohstoff lohnen den Abbau
in Ghana nicht. Auch der Holzexport ist nur noch beschränkt möglich, da die Waldreserven Ghanas in den
letzten Jahren rapide abgenommen haben.
Das Zusammenleben der verschiedenen Bevölkerungsgruppen beschreibt der Autor auf der Seite 108:
Die Bewohner des Landes bilden noch kein einheitliches Staatsvolk. Mehrere Sprachgruppen leben nebeneinander.
Zwischen den ziemlich wohlhabenden Kakaobauern und den noch ganz auf Selbstversorgung eingestellten
Savannenbewohnern bestehen starke soziale Unterschiede. Die aus dem Norden eingewanderten Saisonarbeiter bilden in
den städtischen Siedlungen des Südens ein besitzloses Proletariat. Die Verbindung zu ihrer Sippe die sie früher im Notfall
unterstützen konnte ist abgerissen.
Vor allem in den Städten gibt es heute viele jungen Leute, deren Eltern verschiedenen Sprachgruppen angehören. Diese Menschen orientieren sich nicht mehr in erster Linie an ihrer Volksgruppe sondern fühlen sich als
Ghanaer. Viele Zuwanderer, vor allem in Accra, stammen aber gar nicht aus Ghana sondern aus den nördlich
gelegenen Nachbarländern. Zum Bevölkerungswachstum heisst es weiter im Text (S. 108):
Die Bevölkerungszahl Ghanas nimmt rasch zu. Der jährliche Geburtenüberschuss beträgt 33 auf 1000 (zum Vergleich:
Bundesrepublik Deutschland 6)! Die wachsende Menschenzahl muss mit Nahrungsmitteln und sonstigen Bedarfsgütern
versorgt werden. In der Savanne könnte neues Ackerland geschaffen werden; das erfordert jedoch den Bau von
Bewässerungsanlagen. Die ständige Abwanderung müsste aufhören. Das ist aber nur möglich wenn sich die
Lebensbedingungen so verbessern dass den Bewohnern ein Wegzug nicht mehr lockend erscheint. Für alle diese
Massnahmen sind bedeutende Mittel nötig die die Regierung wegen ihrer vielfältigen anderen Aufgaben bisher nur in
unzureichendem Masse bereitstellen konnte.
Seit dem Anfang der neunziger Jahre hat sich die Wirtschaft wieder einigermassen erholt. Es fliessen auch
neue Investitionen ins Land. So hat beispielsweise Samsung in Tema, der Hafenstadt bei Accra, vor einigen
Jahren eine Fabrik gebaut, die Fernsehapparate produziert. Die wirtschaftliche Entwicklung beschreibt der
Autor mit den Worten (S. 108):
Für die wachsende Bevölkerungszahl im Süden vor allem im Küstenbereich müssen neue Arbeitsplätze eingerichtet
werden. Besonders im Bergbau können viele Menschen Arbeit finden. Der Aufbau von Industriewerken setzt aber eine
ausreichende Energieversorgung voraus. Deshalb errichtet die ghanesische Regierung gegenwärtig mit ausländischem
Kapital einen Staudamm am Voltafluss. Dessen Elektrizitätserzeugung wird so gross sein dass sie zunächst noch nicht im
Lande voll verbraucht werden kann selbst wenn mehr Aluminium auf der Grundlage der Bauxitvorkommen gewonnen
wird als bisher.
(Zum Voltastaudamm siehe auch die Seiten 157 und 173 dieser Arbeit.) Die Schaffung neuer Arbeitsplätze
bleibt ein Problem. Es gibt Schätzungen, dass die ghanaische Wirtschaft jährlich um etwa 5% wachsen müsste,
nur um neue Stellen für die Jugendlichen, die jährlich auf den Arbeitsmarkt drängen, zu schaffen. Eine
Beschäftigung wie sie in den Industrienationen gegeben ist, wird in Ghana auch in Zukunft kaum möglich
sein. Die Landwirtschaft bleibt nach wie vor der wichtigste Beschäftigungssektor. Zur Infrastruktur Ghanas
schreibt der Autor (S. 108):
Für eine gesunde Wirtschaft fehlt es also noch an vielem. Vor allem sind die Verkehrseinrichtungen vom Süden des
Landes abgesehen noch unzureichend. Ohne Ausbau von Strassen und Bahnen kann die Förderung im Bergbau nicht
gesteigert werden. Ohne Transportwege ist auch die Ausfuhr landwirtschaftlicher Erzeugnisse begrenzt. Alle technischen
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 170
Geographielehrmittel: Seydlitz für Realschulen (1968)
Einrichtungen brauchen Fachkräfte. Ihre Ausbildung ist vordringlich. Ausserdem müssen gerade in einem tropischen Land
die Gesundheitsfürsorge verstärkt neue Krankenhäuser gebaut und die Bevölkerung über Sauberkeit und richtige
Ernährung aufgeklärt werden. Alle diese Aufgaben sind mühevoll; nach aussen treten die Verbesserungen zunächst wenig
in Erscheinung. Doch sind sie nötig für die Änderung der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse. Bei der Verwendung
der vom Ausland kommenden Entwicklungshilfe müssen die geographischen Gegebenheiten des Landes berücksichtigt
werden; dabei wird von der Führung des jungen Staates viel Einsicht erwartet. Werden die Mittel gelegentlich für
aufwendige umstrittene Pläne verwendet so dürfen die helfenden Länder nicht die Geduld verlieren; sie müssen immer
bedenken dass das Bedürfnis nach einer sichtbaren Bestätigung der Unabhängigkeit nach wie vor gross ist.
(Zur Entwicklungshilfe siehe auch die Seiten 168 und 176 dieser Arbeit.) Nach wie vor sind viele Hilfswerke
und ähnliche Organisationen in Ghana tätig. Nicht immer sind die Bemühungen von Erfolg gekrönt, da immer
wieder Projekte "über den Kopf" der lokalen Bevölkerung geplant und deren Bedürfnissen nicht immer gerecht
werden. Unter der Regierung Rawlings unternimmt das Land aber grosse Anstrengungen in allen Landesteilen,
um zumindest den status quo zu sichern.
4.14.3
Zusammenfassung
Das Lehrmittel "Seydlitz für Realschulen" informiert fast immer sachlich und teilweise sehr detailliert über die
Völker und Länder Afrikas. Durch die rasante Entwicklung des afrikanischen Kontinents haben aber viele der
vermittelten Informationen nur noch einen historischen Wert. Kritisiert werden muss die eurozentrische und
paternalistische Sichtweise, die den Schwarzafrikanern zwar gewisse Fähigkeiten und Fertigkeiten zuschreibt,
sie aber letzten Endes doch als noch "erziehungsbedürftig" betrachtet. Trotz der umfangreichen Textmenge
verpasst es der Autor, Menschen aus Schwarzafrika selbst zu Wort kommen zu lassen, was die oben
angemerkten Schwächen noch verstärkt.
Der zeitgenössische afrikanische Mensch wird durchaus nicht als geschichtsloses Wesen betrachtet, wird aber
als rückständig im Sinne einer nicht mitvollzogenen Entwicklung während der letzten Jahrhunderte gesehen.
Der Schwerpunkt des Lehrmittel liegt eindeutig auf der Beschreibung des wirtschaftlichen Potentials Schwarzafrikas, welches nach Meinung des Autros ohne den einheimischen "willigen Arbeiter" nicht verwirklicht
werden kann.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 171
Geographielehrmittel: Erdkunde (1968)
4.15 Erdkunde (1968)
Als billige Arbeitskräfte holte man Neger in die Bergwerke und Fabriken und gab ihnen in einfachen, sauberen Häusern
Wohnung. Durch fachliche Schulung und menschliche Betreuung machte man sie zu tüchtigen und zuverlässigen
Facharbeitern. Schnell hat der Neger gelernt, mit Münzen und Papiergeld umzugehen. Er kann in den Warenhäusern
kaufen, was er will: Kleider, Sandalen, Lederschuhe, einen Anzug, einen Mantel. Der Afrikaner besucht Schulen und vom
Staat eingerichtete Lehranstalten. Nicht nur im Lesen und Schreiben wird er unterrichtet, auch in Mathematik und in
fremden Sprachen. Hunderte von Negern studieren an den Universitäten von Ibadan, Akkra, Kinshasa (Leopoldville) und
Lubumbashi. (S. 32)
Das in den Jahren 1964-1974 beim Ferdinand Schöningh erschienene, fünfbändige und rund 870 Seiten starke
Lehrmittel "Erdkunde" beschäftigt sich im dritten Band, 1968 erschienen, auf den Seiten 1-64 mit dem afrikanischen Kontinent. Nebst diesen Seiten sind auf der Innenseite des Einbandes verschiede Karten zur regionalgeographischen Aufteilung und zur Geschichte Afrikas abgedruckt. Der ganze Afrikateil folgt fast durchgehend der gleichen Darstellung: Ein Thema umfasst jeweils eine Doppelseite, wovon ca. die Hälfte auf Text,
der Rest meist auf Fotos, manchmal Tabellen oder Karten entfällt. Ausserdem beginnt jedes Thema, ausser den
eingestreuten Übersichten, mit einem Auftrag oder einer Fragestellung an die Schüler und schliesst mit einer
Zusammenfassung. Am Ende der meisten Themen folgen Fragen zur Verständniskontrolle.
In einem ersten Überblick auf der Seite 1 erfahren die Leser über die Bewohner Afrikas:
...Die Bewohner des fremden Erdteils sehen meist anders aus als die Europäer. Ihre Hautfarbe ist dunkler. Sie reicht vom
Hellbraun bis zum tiefen Schwarz. Manche Afrikaner sind von aussergewöhnlich grossem Wuchs, andere sind zwergenhaft
klein.
Einerseits wird bereits im ersten Abschnitt die Vielfältigkeit der schwarzafrikanischen Völker betont, andererseits könnte durch die Wortwahl der Eindruck eines mit Exoten aller Art angefüllten Raritätenkabinetts von
Riesen und Zwergen entstehen.
4.15.1
Äquatorialafrika und Sudan
Die folgenden Seiten 2-19 beschäftigen sich mit Nordafrika, die Seiten 20-39 mit "Äquatorialafrika und dem
Sudan", wobei folgende Themen angesprochen werden: "In den Urwäldern Äquatorialafrikas" (S. 20-21),
"Grasländer im Sudan" (S. 22-23), "Das Klima prägt die Landschaft" (S. 24-27) und "Sammler und Hackbauern". Zum letztgenannten Thema heisst es auf den Seiten 28-29:
Pygmäen, Zwergmenschen, kaum grösser als 1,40 m, wohnen im Urwald. Sie leben heute nur noch als kleiner Völkerrest
im Innern der dunklen Wälder. Ein Bast- oder Blätterschurz ist ihre einzige Kleidung. Für ihre Ernährung sammeln sie
Früchte, Knollen und Wurzeln. Mit Giftpfeilen erlegen sie die Tiere des Waldes. Zum Schutz vor den Unbilden der
Witterung bauen sie sich aus Zweigen kleine halbkugelige Hütten oder Windschirme, die sie mit Blättern dachziegelartig
decken. Die Pygmäen sind heute noch Sammler und Jäger und stehen auf der niedrigsten Wirtschaftsstufe, denn sie kennen
weder Ackerbau noch Viehzucht.
Im Gegensatz zu früheren Lehrmitteln werden nicht mehr die "Pygmäen" als primitiv angesehen, sondern nur
noch ihre Wirtschaftsstufe wird als "niedrig" bezeichnet. Diese Einstufung wird mit der Tatsache begründet,
dass die "Pygmäen" weder Ackerbau noch Viehzucht treiben, d.h. die Kriterien zur Einstufung werden offengelegt. Zudem liefert der Autor eine Beschreibung der Bauweise der Behausungen dieser Völker. (Zu den
"Pygmäen" siehe auch die Seiten 154 und 173 dieser Arbeit.) Wie auch in anderen Lehrmitteln folgt zum
Vergleich eine Beschreibung der "Neger" (S. 28):
Neger stellen den Hauptteil der Bewohner des "schwarzen Erdteils". Zwar haben sie alle eine dunkle Hautfarbe und
schwarze Haare, doch sind sie in Körperbau, Grösse und Kopfform, je nach Stamm oder Volk, recht unterschiedlich. Auch
unterscheiden sie sich in ihren Sprachen, von denen es mehrere hundert gibt. Die wichtigsten Sprachfamilien sind die der
Sudan- und Bantuneger. Im Kongobecken und weiter im Süden leben die Bantuneger, im Sudan und an der Küste von
Oberguinea die Sudanneger.
Auch bei der Beschreibung der körperlichen Gestalt wird im Gegensatz zu vielen anderen Lehrmitteln
zwischen den verschiedenen Volksgruppen differenziert. Über die Bantustämme schreibt der Autor (S. 28):
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 172
Geographielehrmittel: Erdkunde (1968)
Die 200 Bantustämme im Kongobecken sprechen 40 verschiedene Sprachen. Meist wohnen die Bantuneger an den
Rändern des Urwaldes in kleinen dörflichen Siedlungen. Sie bestehen aus Giebeldachhütten, die in zwei Reihen um einen
langgestreckten Platz angeordnet sind. Der Wald wird in mühsamer Arbeit von den Männern gerodet; sie brennen die
Baumstämme ab oder hauen sie um. Die Baumstümpfe bleiben stehen. Zwischen ihnen wird der Boden mit der Hacke
gelockert und dann bepflanzt. Er bringt gute Erträge an Knollengewächsen (Maniok, Batate), Bananen, Kürbissen, Mais
und Melonen. Wichtiger noch ist der Anbau des Kakaostrauches und vor allem der Ölpalme. Sie ist für den Neger
besonders wertvoll. Ihre Früchte liefern ihm Palmöl und Palmkernöl, die Stämme und Blätter das Material für den
Hausbau.
Der Anbau von Kakao hat vor allem Bedeutung für die Exportwirtschaft, auch wenn einige daraus gewonnene
Produkte für den Gebrauch im Inland verwendet werden. Die Ausführungen des Autors zur Ölpalme hingegen
haben auch in den neunziger Jahren nichts von ihrer Bedeutung verloren. Über die Bewohner des Sudans
schreibt der Autor (S. 29):
Auch die Sudanneger sind Hackbauern. Sie bauen sich runde Lehmhütten mit kegelförmigem Grasdach
(Kegeldachhütten). Zur Trockenzeit zünden sie das Gras an, weithin leuchtet dann der Steppenbrand. Die zurückbleibende
Asche soll die Felder düngen, verhindert aber die Bildung von fruchtbarem Humus. Kurz vor der Regenzeit kann man
Hirse, Mais, Erdnüsse und Knollenfrüchte säen oder pflanzen. Wo die Savannen nicht von der Tsetsefliege verseucht sind,
welche auf Menschen und Tiere die gefährliche Schlafkrankheit überträgt, züchten die Bauern auch Rinder, Schafe und
Ziegen.
Nach diesen Ausführungen schreibt der Autor zur Arbeitsteilung, verallgemeinert dabei aber (zu) stark (S. 29):
Die Arbeit ist bei den Negern immer so aufgeteilt, dass die Männer den Wald roden auf die Jagd gehen und in den Flüssen
oder an den Küsten Fischfang betreiben. Die Frauen bearbeiten den Boden und sorgen für das Hauswesen. Sie holen
Wasser, suchen Brennholz, bereiten die Mahlzeiten und stellen Töpferwaren her.
Diese Lebensweise ist noch heute unter den Negern weit verbreitet. Aber durch die Berührung mit den Weissen ändern
sich die Verhältnisse schnell.
Die Veränderungen stellen sich vor allem in den Städten ein. Auf dem Land hat sich das traditionelle Rollenverständnis wenig gewandelt, ausser dort, wo die Frauen sich durch die Produktion für die Agglomerationsgebiete eine neue Einkommensquelle schaffen konnten.
Seite 28 zeigt ein Foto einer Gruppe von "Pygmäen", die in einer Gruppe um einen Weissen stehen. Auf der
Seite 29 ist ein Foto "Frauen bei der Feldarbeit", das die Arbeit im Urwaldgebiet zeigt, abgebildet. Auf der
gleichen Seite heisst es, in der jeweils am Ende eines Themas folgenden Zusammenfassung:
In Äquatorialafrika wohnen Bantuneger, im Sudan die Sudanneger. Beide leben in dörflichen Gemeinschaften. Die
Bantuneger betreiben Hackbau, die Sudanneger daneben auch Viehzucht. Im Urwald leben noch in geringer Zahl
Pygmäen, die auf der niedrigen Wirtschaftsstufe der Sammler und Jäger stehen.
Obwohl die "Pygmäen" für den afrikanischen Kontinent weder wirtschaftlich noch zahlenmässig bedeutsam
sind, wird ihnen in den meisten Lehrmitteln viel Platz eingeräumt. (Zu den "Pygmäen" siehe auch die Seiten
172 und 186 dieser Arbeit.) Ob dahinter die Idee der Vollständigkeit der Darstellung - die aber im Bezug auf
die anderen Völker immer zu kurz kommt - das Interesse an einem Kuriosum oder einfach die Tatsache, dass
ältere Lehrmittel das Thema ja auch aufgriffen, steht, liess sich anhand der vorliegenden Materialien nicht
feststellen.
4.15.2
"Europäer in Innerafrika"
Die Seiten 30-31 sind dem Thema "Europäer in Innerafrika" gewidmet. Auf diesen Seiten werden wieder zwei
Fotos mit den Bildlegenden "Ärztliche Betreuung in Missionsstationen" (S. 30) und "Schwarze und Weisse
beim Bau des Voltastaudammes" (S. 31) abgebildet.
Der 1965 fertiggestellte Voltastausee galt lange Zeit als grösster Stausee der Welt und sollte dem Land Ghana
helfen, den Schritt in die Industrialisierung zu machen. Durch die steigenden Fluten mussten gegen 80'000
Menschen umgesiedelt werden. Die Pläne für deren neue Siedlungen scheiterten aber infolge von Geldmangel.
Die damals entstandene "Volta River Authority" ist noch heute für die Stromversorgung des Landes zuständig.
Der durch das Wasserkraftwerk erzeugte Strom wird zu einem grossen Teil für die Aluminiumverhüttung
verwendet. - Ursprünglich war geplant, die lokalen Bauxitvorkommen abzubauen. Seit Beginn der Verhüttung
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 173
Geographielehrmittel: Erdkunde (1968)
wurde aber billigeres Bauxit aus Jamaika eingeführt. - Der Rest des erzeugten Stromes wird im Inland
verbraucht, oder als Devisenbringer an Nachbarländer verkauft. Der zunehmende Strombedarf und eine gleichzeitig auftretende Wasserknappheit, die auf einen höheren Verbrauch im nördlichen Nachbarland Burkina
Faso, dem Quellgebiet des Voltas, zurückzuführen ist, führte nach Berichten aus Ghana erstmals im Februar
1998 zu einer Versorgungslücke, die sich unvorteilhaft auf die heimische Wirtschaft auswirkte, z. B. musste
die Zementfabrik ihre Tätigkeit einstellten, was sich im Zusammenhang mit dem Bauboom in Ghana in einer
empfindlichen Preiserhöhung dieses Baustoffes niederschlug. Die Auswirkungen der Stromknappheit auf eine
zumindest teilweise computerisierte Verwaltung kann man sich denken. (Zum Voltastaudamm siehe auch die
Seiten 170 und 177 dieser Arbeit.)
Im Text auf den Seiten 30-31 wird im ersten Abschnitt die Expedition Stanleys, der mit "145 Negern" den
Lauf des Kongo erforschte, beschrieben. Zur Plantagenwirtschaft heisst es (S. 30):
Europäische Pflanzer legten die ersten Plantagen an. Wo früher undurchdringliches Urwalddickicht war, liegen heute
ausgedehnte Pflanzungen. Da der Europäer in dem heissen Klima keine harte Arbeit leisten kann, ist er auf die Hilfe der
Eingeborenen angewiesen. Sie pflanzen und pflegen die Kautschukbäume, ritzen ihre Rinde auf und sammeln die
Kautschukmilch, die in Fabriken verarbeitet wird. Auch beim Anbau der Banane, bei der Kultur der Ölpalme und bei der
Gewinnung von Palmöl sind die Afrikaner unentbehrlich. In den trockenen Graslandschaften liegen die Baumwoll- und
Erdnusspflanzungen meist an den Flüssen oder in der Nähe der Küste. Angeregt durch die Europäer, haben auch die Neger
Pflanzungen mit Kakao, Ölpalmen, Bananen, Kautschukbäumen und Erdnüssen angelegt. Diese Kulturen liegen
hauptsächlich in den Niederungen, der Kaffee wächst dagegen nur in höheren Gebirgslagen. Am besten gedeiht er auf den
fruchtbaren Böden des Kamerunberges.
Auch in diesem Text wird das Klischee vom "Neger, der im heissen Klima... harte Arbeit leisten kann",
während dies dem Europäer angeblich unmöglich sei, wiederholt. Daneben zeigt der Text, dass es auch nach
der Unabhängigkeit die Aufgabe vieler schwarzafrikanischer Staaten war, Agrarprodukte für den Weltmarkt zu
produzieren. Eine Tatsache, die auch am Ende der neunziger Jahre für die meisten Länder Schwarzafrikas
noch zutrifft, obwohl einige der im technischen Bereich verwendeten Pflanzenprodukte, wie etwa Kautschuk
oder Sisal stark an Bedeutung verloren haben. Teilweise mit sehr ungünstigen Folgen für die
Produzentenländer.
Der nächste Abschnitt bespricht die Einrichtung von Spitälern und Schulen, dabei wird auch Albert Schweitzer
einmal mehr erwähnt (S. 30):
Europäische Missionare und Ärzte leisten den Eingeborenen wertvolle Hilfe. In Missionsschulen lernen die Afrikaner
Lesen und Schreiben. Sie werden angeleitet, den Boden mit neuen Ackergeräten zu bearbeiten, gute Saat zu gewinnen und
die Nutzpflanzen richtig zu pflegen. Europäische Ärzte betreuen die Bevölkerung. Der Elsässer Dr. Albert Schweitzer
nahm 1913 am Ufer eines Urwaldflusses seine Praxis auf. Heute liegt sein Hospital in Lambarene inmitten einer grossen
Siedlung mit vielen Häusern. Es beherbergt Hunderte von Kranken. Dr. Schweitzer konnte die Arbeit schon Iängst nicht
mehr allein schaffen. Jüngere Ärzte und Krankenschwestern standen ihm zur Seite. Sie führen heute sein Werk weiter.
Eingeborene Arzthelfer sind besonders wichtig, weil sie die Sprache der Kranken verstehen.
Diese Bild ist heute in vielen aber nicht allen Regionen Afrikas veraltet. Nach wie vor sind in einigen Ländern
zwar noch europäische, amerikanische oder auch kubanische Ärzte im Einsatz. Dies ist aber oft nicht wegen
der mangelnden Geschicklichkeit der einheimischen Fachleute der Fall - ganz im Gegenteil üben im Zuge des
"Brain drain" z. B. in Ghana ausgebildete Ärzte ihre Tätigkeit aus finanziellen Gründenin den Industrienationen aus - vielmehr auf die Tatsache zurückzuführen, dass diese ausländischen "Experten" oft nicht nur ihr
Wissen in die afrikanischen Länder bringen, sondern auch dringend benötigte finanzielle Mittel. Weiter heisst
es (S. 30):
Europäische Forscher versuchen, die Tsetsefliege, den Überträger der Schlafkrankheit, auszurotten. Andere Krankheiten
werden mit neuen Heilmitteln erfolgreich bekämpft.
Leider kam es bei der Bekämpfung dieser Infektionskrankheiten immer wieder zu Rückschlägen, so ist z. B.
die Tuberkulose wieder auf dem Vormarsch, die Malariaerreger werden zunehmend resistenter gegen die
benutzten Medikamente. Aids hat vor allem in Ländern Ost- und Südafrikas zur Verwaisung vieler Kinder
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 174
Geographielehrmittel: Erdkunde (1968)
geführt, während sich in Westafrika ein aidsverwandter Virus ausbreitet, der in Europa wenig bekannt ist.
Erfolge zeichnen sich z. B. bei der Bekämpfung des "Guineaworm" ab. All diese Anstrengungen sind aber
nicht nur auf humanitäre Überlegungen zurückzuführen. In gewissen Fällen, besonders bei tödlich verlaufenden Viruserkrankungen wie dem Ebolavirus, fürchtet man eine Verbreitung der Erreger in die Industrieländer.
Diese Befürchtungen wurden im Spielilm "Outbreak", der den afrikanischen Kontinent als Reservoir von tödlichen Krankheitserregern darstellte, thematisiert.
Der Text fährt mit der Beschreibung der europäischen Leistungen fort (S. 31):
Europäische Ingenieure und Unternehmer haben in Äquatorialafrika wertvolle Bodenschätze erschlossen, Bergwerke
angelegt und Fabriken gebaut. Kraftwerke, die man an den Wasserfällen des Kongo errichtet hat, liefern elektrischen
Strom. Das Netz von Strassen und Eisenbahnlinien wird ständig erweitert. Mit Hilfe von europäischem Geld hat man in den
Hafenstädten gute Kaianlagen und moderne Verladeeinrichtungen geschaffen. In Monrovia, Dakar, Lagos, Akkra, Duala
und Pointe Noire nehmen Ozeanriesen die Produkte des Landes auf. Von Kano, Bangi und Dakar aus starten die Flugzeuge
zu ihrer Reise in die weite Welt. Die afrikanischen Städte wachsen erstaunlich schnell. Hochhäuser, Getreidemühlen und
Fabriken, Schulen, Banken, Hotels, Krankenhäuser und Villen, von Europäern inmitten herrlicher Parkanlagen erbaut,
prägen das Bild der Grossstädte. Moderne Geschäftshäuser schiessen wie Pilze aus dem Boden. Neben Fabriken und
Bergwerken stehen sauber angelegte Arbeitersiedlungen für die Afrikaner.
Sicherlich waren die damaligen Anstrengungen, in Teilen des Landes, d. h. in der Regel in den schnell wachsenden grossen Städten, eine Infrastruktur zu schaffen, die möglichst nahe an den Stand der industrialisierten
Länder kam, gross, doch profitierten davon vor allem die eingewanderten Europäer und die schwarze Oberschicht. Der Grossteil der Bevölkerung bekam von dieser Entwicklung wenig zu spüren. Interessant ist die
Gewichtung dieses Fortschrittes in diesen und anderen Lehrmitteln der sechziger Jahre, denn spätere Lehrmittel sollten diesen immer noch vorhandenen Bereich "zugunsten" der ländlichen "Armut" vernachlässigen.
Der letzte Abschnitt kommt auf die Kolonialgeschichte und die Einstellung der Europäer gegenüber den Afrikanern zu sprechen (S. 31):
Auch das Streben nach Gewinn und Reichtum führte zahlreiche Europäer nach Afrika. Europäische Staaten schufen sich
grosse Kolonialreiche... Viele Weisse fühlten sich den Afrikanern überlegen, sahen in ihnen nur billige Arbeitskräfte, die
man zu selbständigen Leistungen nicht für fähig hielt. Die "Schwarzen" wurden oft missachtet und ausgebeutet. Vom 17.
bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts wurden Millionen Eingeborene nach Amerika verschleppt und dort als
Sklavenarbeiter an die Plantagenbesitzer verkauft. So ist es zu verstehen, wenn heute manche Afrikaner den "weissen
Mann" hassen, seine Hilfe nur ungern annehmen...
(Zum Sklavenhandel siehe auch die Seiten 155 und 191 dieser Arbeit.) Dieser "Hass" ist bis auf wenige Staaten nicht mehr von sehr grosser Bedeutung. Geblieben ist ein gewisses Misstrauen gegenüber den Ratschlägen
der Experten aus den Industrienationen, was im Anbetracht der Vertretung von Eigeninteressen und vieler
falscher Ratschläge in der Vergangenheit aufgrund der gemachten Erfahrungen wenig verwunderlich ist.
Kabou ist sogar der Meinung, dass dieses Misstrauen einer der Hauptgründe für die Fortschrittsverweigerung
gewisser Bevölkerungsschichten in Schwarzafrika sei. (Kabou 1995) In der Zusammenfassung auf der Seite 31
schreibt der Autor:
Die Arbeit der Europäer hat die Naturlandschaft Äquatorialafrikas teilweise umgestaltet Plantagen, Bergwerke und
Fabriken liefern ihre Erzeugnisse auf den Weltmarkt.
Europäische Forscher, Ärzte, Ingenieure und Lehrer helfen den Afrikanern bei der Erschliessung ihrer Länder.
Der Autor vergisst, dass diese Umgestaltung der Landschaft an den damaligen Grenzen des tropischen Urwaldes viel früher begann, da bereits die einheimische Bevölkerung einen grossen Einfluss auf die Entstehung
einer "Kultursteppe" hatte.
4.15.3
"Der Neger und die neue Wirtschaft"
Auf den Seiten 32-33 folgt ein Kapitel "Der Neger und die neue Wirtschaft". Die beiden auf diesen Seiten
abgebildeten Fotos tragen die Beschriftungen "Dorf in Nigeria" (S. 32), die typischen Rundhütten werden
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 175
Geographielehrmittel: Erdkunde (1968)
gezeigt, und "Bergarbeitersiedlung in Nigeria" (S. 33). Im Text zu diesem Thema heisst es im Abschnitt "Der
Afrikaner im Stammesverband":
...Die Lebensweise der Afrikaner wurde durch den Zustrom weisser Siedler zunächst nicht verändert. Die Neger wohnten
weiterhin in ihren geschlossenen Dörfern, im Urwald in langen Reihendörfern aus Giebelhütten, in der Savanne in
unregelmässig angelegten Haufendörfern aus Kegeldachhütten. Welcher Arbeit sie auch nachgingen, immer kehrten sie zu
ihren Familien in ihr Dorf zurück. Damit verblieben sie auch stets in der Gemeinschaft ihres Stammes. Man half sich
gegenseitig beim Roden des Waldes, beim Abbrennen des Grases und beim Bearbeiten der Äcker. Man treibt gemeinsam
das Vieh auf die Weide, man geht gemeinsam auf die Jagd. Bei Krankheit, in Unglück und Not ist gegenseitige Hilfe
selbstverständlich. Feste werden mit Spiel und Tanz in der Gemeinschaft gefeiert. Diese Stammesgemeinschaften bestehen
heute noch. Die Entwicklung der letzten Jahre hat aber die Bindungen gelockert.
Hier wird also das Bild des "Negers" gezeichnet, der an seinem "Stamm mehr als eine Muschel am Felsen
klebt". Dabei wird die gegenseitige Solidarität oft überschätzt oder idealisiert, denn diese erfüllt oft die Funktion von in vielen Industrieländern vorhandenen staatlichen oder privaten Vorsorgeversicherungen.
Die geleistete Hilfe für in Not geratene Verwandte hing stark vom Verhalten des Bittstellers ab. Oft wurden
solche in Not geratene Verwandte als billige Hilfskraft im eigenen Haushalt eingesetzt - in ähnlicher Weise,
wie dies in der Schweiz noch bis in die fünfziger Jahre bei den Verdingkindern üblich war.
Im Abschnitt "Der Neger als Industriearbeiter" werden die Vorzüge der Europäisierung gepriesen:
...Die Weissen haben die Bodenschätze Äquatorialafrikas erschlossen. Sie legten Bergwerke an: Zink-, Blei-, Eisen- und
Silbergruben im Kongobecken und an der Guineaküste, Kupferminen an der Katangaschwelle. Um Elisabethville (heute
Lubumbashi genannt) ist ein bedeutendes Industriegebiet mit Kupferhütten, Maschinen- und Textilfabriken entstanden.
Schinkolobwe, nördlich von Lubumbashi, hat die grösste Uranaufbereitungsanlage der Welt. Als billige Arbeitskräfte holte
man Neger in die Bergwerke und Fabriken und gab ihnen in einfachen, sauberen Häusern Wohnung. Durch fachliche
Schulung und menschliche Betreuung machte man sie zu tüchtigen und zuverlässigen Facharbeitern. Schnell hat der Neger
gelernt, mit Münzen und Papiergeld umzugehen. Er kann in den Warenhäusern kaufen, was er will: Kleider, Sandalen,
Lederschuhe, einen Anzug, einen Mantel. Der Afrikaner besucht Schulen und vom Staat eingerichtete Lehranstalten. Nicht
nur im Lesen und Schreiben wird er unterrichtet, auch in Mathematik und in fremden Sprachen. Hunderte von Negern
studieren an den Universitäten von Ibadan, Akkra, Kinshasa (Leopoldville) und Lubumbashi.
"Durch fachliche Schulung und menschliche Betreuung" wurden also die "Neger" zu "tüchtigen und zuverlässigen" Menschen erzogen, die zur Belohnung für ihre Mühen kaufen konnten, was sie "wollten".
Betroffene sehen diese Verbesserungen teilweise sehr viel kritischer, als der Text es hier zum Ausdruck bringt,
denn dieser konzentriert sich ganz darauf, die an den Afrikanern vollbrachte Leistung der Weisen zu huldigen.
Immerhin wird erwähnt, dass auch afrikanische Menschen eine Schule besuchen. (Siehe dazu die Karte "Analphabetisierungsrate für Mädchen in Schwarzafrika" auf der Seite 571 im Anhang dieser Arbeit.)
Im letzten Abschnitt "Verstädterung" wird die Problematik der Zuwanderung in die Städte besprochen. Dabei
ist zu vermerken, dass die afrikanischen Städte zwar enorm gewachsen sind, bis heute aber schätzungsweise
nur ein Viertel der Menschen Schwarzafrikas überhaupt in Städten oder stadtähnlichen Strukturen leben. Auch
hier gibt es enorme Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern. Im Text heisst es (S. 33):
...Weil das Geld lockt, wandern die Afrikaner heute in Massen mit ihren Familien in die Städte. Mit neuen Industriewerken
entstehen zwar neue Siedlungen, aber die mustergültig angelegten Eingeborenenviertel können den Zustrom der
Zuwandernden nicht mehr fassen. Die Wohnungsnot wird immer grösser. Viele schwarze Arbeiter wohnen noch in
Holzbaracken an den Stadträndern, wo es weder Wasser- noch Lichtanlagen gibt. Da auch die Arbeit für so viele Menschen
nicht ausreicht, steigt die Zahl der Arbeitslosen. Die Felder in der Heimat aber können nicht bestellt werden, weil es in den
Dörfern an Arbeitskräften fehlt. Äusserlich haben sich zwar die Neger in Kleidung und Lebensweise der europäischen
Zivilisation angepasst. Aber ohne die Stütze der Stammesgemeinschaft sind sie ihrem Stamm entfremdet und wurzellos
geworden. Manche verfallen dem Müssiggang, der Spielleidenschaft und dem Alkoholgenuss. Unzufrieden, zugänglich für
Propaganda, lassen sie sich leicht zu masslosen Forderungen hinreissen. Aus eigener Kraft können die Neger ihre Nöte
nicht beseitigen. Die Industrieländer Europas und die USA geben viel Geld aus, um Wohnungen, Schulen, Krankenhäuser,
Strassen und Fabriken zu bauen. Diese Unterstützung nennt man Entwicklungshilfe.
(Zur Entwicklungshilfe siehe auch die Seiten 171 und 222 dieser Arbeit.) Die "masslosen Forderungen" der
einheimischen Bevölkerung werden nicht näher beschrieben. Es dürfte sich dabei aber um die immer lauter
werdenden Unabhängigkeitsforderungen im wirtschaftlichen und auch politischen Bereich handeln. Mit der
formalen Unabhängigkeit wurde meist nur ein kleiner Teil der kolonialen Strukturen beseitigt. Ausserdem
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 176
Geographielehrmittel: Erdkunde (1968)
waren auch Ende der sechziger Jahre einige Staaten noch der direkten Kontrolle der betreffenden Kolonialmacht unterstellt. In der Zusammenfassung auf der Seite 33 schreibt der Autor kurz:
Die Afrikaner ändern ihre Lebensweise und ihre Wirtschaftsformen. Dabei stehen sie oft vor grossen Schwierigkeiten.
Diese Schwierigkeiten wurden zu einem grossen Teil weder durch die betroffenen Regierungen dieser Länder
noch durch die von aussen gesteuerte Entwicklungshilfe gelöst.
4.15.4
"Grosse Ströme im Dienste des Menschen"
Das nächste Kapitel "Grosse Ströme im Dienste des Menschen" auf den Seiten 34-35 beschäftigt sich nur am
Rande mit der einheimischen Bevölkerung. Zwei Fotos zeigen den Hafen Kinshasas und einen Staudamm in
Uganda. Der Schwerpunkt des Kapitels liegt bei den geplanten oder bereits errichteten Staudämmen. Über den
bereits erwähnten Akosombostaudamm in Ghana heisst es (S. 35):
...Elektrische Energie soll am Volta-Staudamm in Ghana erzeugt werden. Seine Sperrmauer ist 640 m lang und 113 m
hoch. Ein grosses Werk soll einen Teil des Stromes zur Aluminiumerzeugung nutzen. Mächtige Bauxitlager sind in der
Nähe vorhanden. Durch den Stau wird der Fluss auf 300 km für Schiffe befahrbar...
(Zum Voltastaudamm siehe auch die Seiten 173 und 223 dieser Arbeit.) Die in die Schiffahrt auf dem Voltasee
gesetzten Hoffnungen wurden nicht erfüllt, dafür erwies sich der See als ausgesprochen fischreich. Als
Proteinlieferant trägt er massgeblich zur Ernährung der umliegenden Regionen Ghanas bei. In der Zusammenfassung heisst es auf der Seite 35:
Die grossen Ströme Innerafrikas sind wegen der Wasserschwankungen und Stromschnellen für eine durchgehende
Schiffahrt nicht geeignet. Wichtig sind sie für die Bewässerung und die Erzeugung von elektrischem Strom. Der
afrikanische Kontinent besitzt 28% der gesamten Wasserkraft der Welt. Nur ein geringer Teil wird bisher genutzt.
Heutige Schätzungen gehen von 40% der Wasserkraft der Welt aus. Nach wie vor bleibt sie aber weitgehend
ungenutzt. Trotzdem ist die Wasserkraft für einige schwarzafrikanische Staaten enorm wichtig. In der Demokratischen Republik Kongo und in Ghana erzeugt sie über 95% der insgesamt produzierten Elektrizität. Für
Kenia liegt der Anteil immer noch über 80%. Da die Hauptproduktion oft auf einige wenige grössere Werke
entfällt, ist die Energieversorgung aber stark abhängig von der verfügbaren Wassermenge. Die folgende Tabelle zeigt die Produktionsschwankungen in Ghana.
Tabelle: Produktionsschwankungen der Wasserkraftwerke Ghanas
nach "Länderbericht: Ghana 1994", Statistisches Bundesamt Wiesbaden
Jahr
1970
1975
1980
1985
1989
1990
1991
Produktion in Mrd. kWh
2'882
3'948
5'276
2'996
4'820
5'801
6'108
1
Angabe nach 3D-Weltatlas
4.15.5
"Kolonien werden selbständige Staaten"
Die Seiten 36-37 beschäftigen sich unter dem Titel "Kolonien wurden selbständige Staaten" mit den Unabhängigkeitsbestrebungen der afrikanischen Länder. Zu diesem Thema findet sich auf der Seite 37 ein Foto mit der
Bildlegende "Parlamentseröffnung in Ghana". (Zur Vorreiterrolle Ghanas unter Kwame Nkrumah im
Unabhängigkeitsstreben der schwarzafrikanischen Länder siehe die Seite 218 dieser Arbeit).
Afrika wurde lange Zeit von europäischen Staaten beherrscht. Sie hatten den Kontinent in Kolonien aufgeteilt. Der Wunsch
nach Freiheit und Unabhängigkeit wurde aber bei den Afrikanern immer brennender. Eine Kolonie nach der anderen
gewann ihre Selbständigkeit, so dass es in Afrika heute nur noch Reste des alten Kolonialbesitzes gibt... Die jungen Staaten
haben aber mit vielen inneren Schwierigkeiten zu kämpfen. Viele Afrikaner fühlen sich weniger ihrem Staat als ihrem
Stamm zugehörig. Da die Grenzen der Kolonien willkürlich gezogen wurden, zerschnitten sie oft die Stammesgebiete. Für
den Zusammenhalt der jungen Staaten sind jedoch die alten Stammesfeindschaften noch gefährlicher. In der Kolonialzeit
wurden die Kämpfe zwischen den einzelnen Stämmen mit Gewalt unterdrückt. Jetzt leben sie wieder auf.
Dieses im Text kritisierte Stammesbewusstsein wurde nur sehr punktuell unterdrückt, generell aber durch die
Kolonialpolitik, welche die Menschen Afrikas zwecks besserer Verwaltung in teilweise künstliche Gruppen
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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aufteilte, gefördert und teilweise sogar erst geschaffen. Hinter den vom Autor gemachten Aussagen steht das
rassistische Konzept des Tribalismus, das, obwohl auch von afrikanischen Politikern immer wieder herbeigezogen, nicht haltbar ist. Ulrich Meister schreibt in seinem Buch "Afrika, die verlorene Illusion": "Aber Tribalismus ist kein exklusives afrikanisches Phänomen: anderswo gibt es Regionalismus, Kantönligeist, ein Nordirlandproblem... Aber nur für Afrika werden solche komplizierten ethnischen, religiösen, soziokulturellen, historischen Spannungen und Unterschiede auf einen angeblich 'primitiven' Stammeskonflikt reduziert." (Meister
1986, S. 44) Auch bei den Abspaltungsbemühungen des mehrheitlich französischsprachigen Quebecs von
Kanada spricht niemand von Stammeskonflikten, während bei ähnlichen Bestrebungen der Yoruba, die einst
eine eigene Nation bildeten, sich vom Rest Nigerias loszusagen, sofort wieder der Tribalismus im Zentrum der
internationalen Nachrichten steht. Die rassistische Sichtweise spiegelt sich auch darin, dass selbst dann noch,
wenn die betroffenen Gruppen Millionen von Menschen zählen, von Stämmen gesprochen wird, wo anderswo
schon lange von einem Volk oder einer Nation die Rede wäre. (Siehe dazu auch das Zitat von Okwudiba Nnoli
auf der Seite 127 dieser Arbeit.)
Der Autor fährt mit einer Beschreibung der Entwicklung in der Republik Kongo, der heutigen Demokratischen
Republik Kongo fort (S. 36):
Die Republik Kongo mit der Hauptstadt Kinshasa (früher Leopoldville genannt) zeigt besonders deutlich diese
Schwierigkeiten. Das Land besitzt reiche Bodenschätze. In Katanga werden Kupfer, Uran, Kobalt und Zinn gewonnen, bei
Luluaburg Industriediamanten. Als 1960 die Belgier ihrer Kolonie die Selbständigkeit gaben, sollten, wie in den modernen
europäischen Staaten, ein Präsident, eine Regierung und ein Parlament den Staat führen. Aber nach der
Unabhängigkeitserklärung brachen zwischen den einzelnen Stämmen Kämpfe aus. Fast alle europäischen Beamten und
Offiziere, die beim Aufbau helfen sollten, mussten fliehen. Der junge Staat drohte auseinanderzubrechen. Es zeigte sich,
dass die von den Belgiern willkürlich zusammengefügte Kolonie noch nicht zu einem einheitlichen Land
zusammengewachsen war. Die gewählten Abgeordneten fühlten sich als Vertreter ihrer Stämme, das Heer gehorchte nicht
der Regierung und den Offizieren. Viele Soldaten befolgten die Befehle ihrer früheren Stammeshäuptlinge. Um einen
Zusammenbruch des Staates zu verhindern, mussten die Vereinten Nationen 15'000 fremde Soldaten als Polizei in den
Kongo schicken. Nur mit Mühe gelang es bisher, die Einheit des Landes zu bewahren. Noch heute fehlt es an gut
ausgebildeten Beamten, Juristen, Ärzten, Lehrern, Offizieren, Ingenieuren und Wirtschaftsfachleuten. Sie auszubilden, ist
die dringendste Aufgabe. Dazu müssen die wenigen neuen höheren Schulen, Fachschulen und Universitäten ausgebaut
werden. Vielleicht wird an ihnen einmal das Bewusstsein wachsen, zu einem einzigen Volk zu gehören. Bis es soweit ist,
bedarf es noch Jahre harter Arbeit und tatkräftiger Hilfe durch die Industrieländer der Welt. Europäische Berater sind
wieder im Kongo tätig, junge Afrikaner studieren an europäischen Hochschulen.
Ein Foto zur "Kupfermine in Katanga" ist auf Seite 36 abgebildet. (Zur Demokratischen Republik Kongo siehe
auch die Seiten 158 und 253 dieser Arbeit.) Im Text fährt der Autor mit der Beschreibung der Entwicklung in
Ghana fort (S. 37):
Die Republik Ghana entwickelte sich ruhiger. Sie hat sich nach einem grossen Negerreich benannt, das vor Jahrhunderten
im westlichen Sudan bestand. Als britische Kolonie trug dieses Land den Namen Goldküste, weil dort im Sand Gold
gefunden wurde. 1956 hat der junge Eingeborenenstaat seine Unabhängigkeit erhalten.
Kakao ist der Reichtum des Landes. Europäer hatten mit dem Anbau in Pflanzungen begonnen. Als sie damit grossen
Erfolg hatten, zeigten sie den Eingeborenen, wie man den Kakaobaum pflanzen und pflegen muss. Auch Afrikaner legten
Kakaoplantagen an. Heute gibt es neben vielen kleinen Kakaobauern auch eingeborene Unternehmer, die Zehntausende
von Kakaopflanzen besitzen. Sie sind wohlhabend geworden und sind sich ihres Besitzes und ihrer Geltung bewusst.
Ghana liefert heute fast 25% der Welterzeugung an Kakao.
Ein weiterer Reichtum des Landes sind seine Bodenschätze. In den Bergwerken, in denen viele Afrikaner Arbeit finden,
gewinnt man Diamanten, Gold und Manganerze, vor allem aber Bauxit.
Die Hauptstadt Akkra zeigt den Reichtum des Landes. Bauwerke aus Beton und Glas, Krankenhäuser, Schulen und
Kirchen werden errichtet. Das Nationalmuseum und die Staatsbibliothek geben Zeugnis vom kulturellen Leben der Stadt.
Starker Verkehr flutet über die breiten, asphaltierten Strassen.
Der anfängliche wirtschaftliche Erfolg Ghanas fand ein jähes Ende, als die Rohstoffpreise für Kakao ihre
Talfahrt antraten. (Zum Kakaoanbau siehe auch die Seiten 169 und 187 dieser Arbeit.) Obwohl Ghana über
eine im Vergleich zu vielen anderen afrikanischen Staaten gute Infrastruktur verfügt, in die noch immer
massiv investiert wird - in den letzten drei Jahren wurde z. B. die Kanalisation der drittgrössten Stadt massiv
ausgebaut -, zählt es heute zu den ärmeren Ländern der Welt, wie aus der Karte "Bruttosozialprodukt pro
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Kopf" im Anhang auf Seite 569 dieser Arbeit ersichtlich ist. Zusammenfassend heisst es am Ende dieses Kapitels (S. 37):
Die meisten Staaten Afrikas waren früher Kolonien europäischer Länder. Fast alle haben erst in den letzten Jahren ihre
politische Unabhängigkeit erhalten. Zu ihrer weiteren politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung bedürfen
sie noch fremder Hilfe.
Die Karte "Erlangung der Unabhängigkeit" auf der Seite 565 dieser Arbeit zeigt: Ende der sechziger Jahre
wurden vor allem im südlichen Afrika noch viele Staaten von den ehemaligen Kolonialmächten beherrscht.
4.15.6
Äquatorialafrika und Sudan
Auf den Seiten 38-39 zu "Äquatorialafrika und der Sudan" ist eine Karte der Region abgedruckt, sowie eine
Tabelle, die über die staatliche Gliederung der Region Auskunft gibt. Die darin aufgeführten Daten werden im
Anhang auf Seite 559 zusammen mit anderen Länderdaten zu Schwarzafrikas wiedergegeben. Im Text heisst
es zusammenfassend über die Menschen dieses Grossraumes:
Die Bewohner sind in Äquatorialafrika vorwiegend Bantu, im Sudan Sudanneger. Nur im Kongobecken haben sich in
abgelegenen Urwaldgebieten noch Pygmäen halten können. Im Innern der Regenwälder ist die Bevölkerungsdichte
allgemein gering, sie nimmt an den Flussläufen und in der Feuchtsavanne zu, in der Trockensavanne jedoch wieder ab. Als
Sammler und Jäger, Fischer und Hackbauern stehen die Eingeborenen teilweise noch auf den niedrigsten
Wirtschaftsstufen. Jedoch arbeiten viele schon in Fabriken und Bergwerken. Manche übernahmen Plantagen oder schufen
neue. Noch vor wenigen Jahren waren nur Europäer als Pflanzer tätig.
Junge Staaten entstanden hier zwischen 1957 und 1965. Bis dahin gab es ausser den Kolonien europäischer Länder nur die
Republik Liberia. Sie wurde bereits 1847 von freigelassenen afrikanischen Negersklaven gegründet. 1957 entstand aus der
früheren britischen Kolonie Goldküste und einem schmalen Streifen der einstmaligen deutschen Kolonie Togo die
Republik Ghana. 1958 wurde die französische Kolonie Guinea selbständig, und in den nächsten Jahren gingen weitere
Staaten den Weg in die Unabhängigkeit. Jedoch brauchen diese jungen Staaten noch auf Jahre die Hilfe und Unterstützung
Europas. Europäische Wissenschaftler, Ingenieure, Ärzte und Verwaltungsfachleute helfen beim Aufbau von Verwaltung
und Wirtschaft, Wissenschaft und Gesundheitsfürsorge. Durch den Bau von Fabriken, Strassen, Eisenbahnen und
Staudämmen, durch Anleihen und Schenkungen unterstützen die europäischen Staaten diesen Aufbau.
Wieder wird im Text die Behauptung aufgestellt, die jungen Staaten Schwarzafrikas könnten nur mit der Hilfe
und Weisheit der Europäer einen "normalen" Lebensstandard erreichen. Das hinter der Hilfe an diese Länder
massive wirtschaftliche Interessen lagen, wird im Text nicht erwähnt.
4.15.7
Ostafrika
Nach der Besprechung Äquatorialafrikas und der Sudanzone folgt auf den Seiten 40-51 die Schilderung Ostafrikas in den Kapiteln: "Das ostafrikanische Graben- und Seengebiet" (S. 40-41); "Der höchste Berg Afrikas"
(S. 42-43), mit einer Darstellung der Höhenstufen am Kilimandscharo; "Wertvolles Plantagenland" (S.44-45),
in dem drei Fotos zur Plantagenwirtschaft "Kopragewinnung auf Sansibar" (S. 44) und "Sisalernte" und
"Trocknen der Fasern" (S. 45) wiedergegeben werden. Im Text dazu schreibt der Autor über die Bevölkerung
des Küstentieflandes Ostafrikas (S. 44-45):
...In kleinen Pflanzungen bauen die hier lebenden Bantu Mais, Hirse, Reis und Bananen an. Kokospalmen liefern ihnen
ausser ihren Früchten das Holz für den Hausbau sowie Bast und Fasern für Kleider und Matten. So hat die Kokospalme
hier eine ähnliche Bedeutung wie die Dattelpalme oder die Ölpalme in anderen Landschaften Afrikas. Die Erschliessung
des Küstenlandes ist nicht zuletzt das Werk der Europäer, deren Plantagen Kokosnüsse, Bananen und Zuckerrohr liefern.
Auf der Insel Sansibar kommen Gewürznelken hinzu...
Am Ende des Kapitels schreibt der Autor zusammenfassend:
Die Savannen des ostafrikanischen Hochlandes werden für die Plantagenwirtschaft genutzt. Sie liefern Sisal, Erdnüsse,
Baumwolle und Kaffee für den Weltmarkt. Im Küstentiefland liegen Kokospalmen- und Zuckerrohrpflanzungen.
Das nächste Kapitel auf den Seiten 46-47, in dem auch zwei Fotos mit den Bildlegenden "Im Bergland von
Äthiopien (Strasse Asmara - Addis Abeba)" (S. 46) und "Feldbestellung" (S. 47) wiedergeben werden, ist dem
"Gebirgsland Äthiopien" gewidmet:
...Die Landwirtschaft ist wie vor Jahrtausenden die Lebensgrundlage der Äthiopier... In den feuchtheissen Tälern wächst
dichter Regenwald. Elefanten, Büffel und Affen leben in dieser von Menschen nur dünn besiedelten Landschaft. An
geeigneten Stellen werden Hirse, Mais und Baumwolle, Zuckerrohr, Bananen und Tabak angebaut... Der Gürtel des mässig
warmen Klimas ist waldarm... Die Waldarmut ist durch Rodung entstanden. Hier liegt das eigentliche Siedlungsgebiet. Die
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Äcker werden noch immer mit dem hölzernen Hakenpflug bearbeitet, der von Rindern oder Eseln gezogen wird. Man baut
Getreide, Hülsenfrüchte, Gemüse, Obst, Wein und Kaffee an. Die Landschaft Kaffa im südwestlichen Äthiopien ist die
Heimat des Kaffeestrauches. Er wächst dort wild. Seine Früchte werden noch heute gesammelt. In den Höhen von 2400 bis
3800 m liegt das Hauptviehzuchtgebiet. Sesshafte Hirten halten Herden von Rindern, Schafen, Ziegen, Eseln und
Maultieren... Bis hierher wird noch Gerste angebaut...
(Zum Kaffeeanbau siehe auch die Seiten 166 und 225 dieser Arbeit.) Nach dieser recht ausführlichen
Beschreibung der landwirtschaftlichen Grundlagen, führt der Autor zu der Entwicklung Äthiopiens aus (S. 46):
...Das Verkehrswesen ist noch wenig entwickelt. Bisher erfolgt der lebhafte Handel zwischen den drei landwirtschaftlich
verschieden genutzten Höhenstufen über schmale Bergpfade. Maultier- und Kamelkarawanen stellen die Verbindung her.
Zur Küste führen nur zwei Eisenbahnlinien. Von dem französischen Hafen Dschibuti am Roten Meer keucht zweimal in
der Woche ein Zug nach der 2400 m hoch gelegenen Hauptstadt Addis Abeba hinauf. Die Fahrt auf der fast 800 km langen
kurvenreichen Strecke dauert drei Tage. Eine zweite, täglich befahrene Strecke führt von Massaua, der heissesten Stadt am
Roten Meer, in kühnen Windungen und Kehrtunnels nach Asmara in 2'340 m Höhe.
Soll die Wirtschaft Äthiopiens gefördert werden, so müssen dringend neue Strassen gebaut werden. Zu diesem Zweck hat
der Kaiser von Äthiopien Europäer und Amerikaner in sein Land geholt. Der weitere Ausbau des Verkehrsnetzes hängt
aber auch vom Aufbau einer eigenen Industrie ab. Bisher sind nur hier und da kleine Fabriken entstanden. Die
Bodenschätze des Landes - Eisenerz, Kohle, Erdöl, Gold und Platin - sind kaum erschlossen.
Das Schwergewicht der Beschreibung liegt hier stark auf den für Europa wichtigen Produkten Äthiopiens,
wohl deshalb werden Vieh- oder Weihrauchexporte, die immer noch für den Export nach der saudiarabischen
Halbinsel eine wichtige Rolle spielen, nicht erwähnt.
In der Zusammenfassung auf der Seite 47 wird noch einmal wiederholt, dass "Verkehr und Industrie des
Landes nur wenig entwickelt" seien. Dieser Zustand verbesserte sich während der sozialistischen Regierungszeit und den Jahren des Bürgerkrieges nicht. (Zu Äthiopien siehe auch die Seiten 166 und 226 dieser Arbeit.)
Im letzten Kapitel zu Ostafrika unter dem Titel "Ostafrikas Völkergemisch" auf den Seiten 48-49, auf denen
sich auch drei Fotos mit den Bildlegenden "Watussi mir Rindern" (S. 48), "Gallafrau" und "Massaifrau" (S. 49)
befinden, schreibt der Autor:
Im ostafrikanischen Hochland bilden Bantu den Hauptteil der Bevölkerung. Sie wohnen in geschlossenen Dörfern. Ihre
runden oder rechteckigen Hütten sind aus Lehm errichtet und mit harten Gräsern gedeckt. Die Bantu sind Hackbauern, die
ihre kleinen Felder verlegen, wenn der Boden nach einigen Jahren unbrauchbar wird. Viele unter ihnen haben sich aber
schon als gelehrige Schüler der Weissen erwiesen. Ihnen gehören bereits Plantagen, die Sisal, Baumwolle oder Kaffee für
den Export erzeugen. Vor Jahrhunderten drangen hamitische Völker von Norden her ein. Sie unterwarfen die Bantu östlich
des Viktoriasees. Dort ziehen sie noch heute als viehzüchtende Nomaden mit Rindern, Schafen, Ziegen und Kamelen
durch die Savannen. Ihre wichtigsten Stämme sind die Watussi und die Massai. Die Watussi sind mit einer Körpergrösse
von etwa 2 m die grössten Menschen der Erde. Die Massai drangen bis südlich des Kilimandscharo vor. Sie sind kluge und
mutige Menschen. Ihre Frauen schmücken sich mit Spiralen aus Silberdraht oder Ringen aus Perlen an Hals, Armen und
Beinen. Die Herden der Massai erlitten häufig durch die Rinderpest oder durch lange Trockenheit schwere Verluste. Dann
waren Hungersnöte die Folge, und die Massai raubten aus den Dörfern der Bantu, was sie zum Leben brauchten. Infolge
dieser Hungersnöte ist die Zahl der Wanderhirten stark zurückgegangen.
(Zu den Massai siehe auch die Seiten 164 und 200, zu den Hungerkrisen Schwarzafrikas die Seiten 148 und
203 dieser Arbeit.)
...Ein Mischvolk aus Bantu, Arabern und Indern sind die mohammedanischen Wasuaheli. Ihre Sprache, das Kisuaheli, ist
die wichtigste Handelssprache Ostafrikas. Seit Beginn unseres Jahrhunderts kamen Europäer als Pflanzer, Kaufleute,
Missionare, Lehrer, Ärzte oder Techniker ins Land. Ihre Aufgaben werden nach und nach von Afrikanern übernommen;
die Weissen kehren nach Europa zurück.
In Äthiopien beherrscht eine dünne Oberschicht als Beamte oder Grossgrundbesitzer das Land. Bis vor wenigen Jahren
waren die Bauern Leibeigene. Die Äthiopier sind Mischlinge aus Semiten, Hamiten und Negern. Sie gliedern sich in
zahlreiche Volksstämme und sprechen weit mehr als hundert verschiedene Sprachen. Die amtliche Landessprache ist die
der Herrenschicht, der Amharen. Im Süden Äthiopiens leben die Galla. Sie sind wie die Somali auf der gleichnamigen
Halbinsel ein hamitisches Hirtenvolk.
Äthiopien, im Südosten Ägyptens gelegen, hat eine lange und wechselvolle Geschichte, die, obwohl sie der
Autor nicht anspricht, wesentlich zu diesem Völkergemisch beigetragen hat. Allerdings ist Äthiopien bei
weitem nicht das einzige Land Schwarzafrikas, welches einen solchen Völkerreichtum aufweist.
Auffallend an der Beschreibung der Bevölkerung und der Landschaft Äthiopiens ist, dass noch nicht von
einem Hungerland gesprochen wird. (Siehe dazu die Besprechung des Kapitels "Die nächste Katastrophe" im
Lehrmittel "Terra Erdkunde für Realschulen" von 1980-1985 auf der Seite 353 dieser Arbeit.) Zusammenfassend heisst es am Ende des Kapitels:
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Ostafrika hat die verschiedenartigste Bevölkerung aller afrikanischen Landschaften. Im Hochland leben Bantu und
nomadisierende Hirtenvölker. Im Küstentiefland wohnen Bantu, Araber und Inder. Die Äthiopier sind ein Mischvolk.
Im Gegensatz zu den Bemerkungen im Lehrmittel "Länder und Völker" (siehe dazu die Seite 201 dieser
Arbeit) wird von den Inder nicht behauptet, sie würden die schwarzen Bevölkerungsschichten ausbeuten.
Den Abschluss zum Grossraum Ostafrika bildet der "Überblick: Ostafrika" auf den Seiten 50-51, der neben
einer Karte (S. 50) und einer Tabelle "Staatliche Gliederung" (deren Angaben werden im Anhang dieser Arbeit
auf der Seite 559 wiedergegeben), der im abschliessenden Text folgendes über die Bevölkerung und die
Länder Ostafrikas aussagt:
Der Grossraum Ostafrika reicht vom Hochland von Äthiopien über fast 4'000 km bis an die Sambesimündung. Die
durchschnittliche Breite beträgt 1000 km. Auf einer Gesamtfläche von 4 Millionen km2 leben hier rund 60 Millionen
Menschen. Trotz der Lage in der Tropenzone sind die Lebensbedingungen verhältnismässig günstig. Die Hochländer
haben mildere Temperaturen als die Küstenebenen... Oft vernichten Affen, Wildschweine oder Vögel die Ernte auf den
Feldern der Eingeborenen. Tag und Nacht stehen Wachen bereit, um die Tiere zu verscheuchen. Darf man sich wundern,
dass der Neger, dem trotz aller Vorsicht eine Affenherde die Maisernte vernichtet hat, zum Giftpfeil greift, obwohl ihm das
Gesetz die Jagd verbietet?
Während in anderen Publikationen, die nur wenige Jahre älter sind, die Jagd von Wildtieren durch Schwarze
mit grossem Unmut betrachtet wird (z. B. in "Dreimal um die Erde" von 1977-1980, siehe dazu die Seite 272
dieser Arbeit), so billigt der Autor diese zwar nicht, teilt den Leser aber die Beweggründe der betroffenen
Menschen mit, die Gesetzgebung in diesem Gebiet zu umgehen.
Die Wirtschaft Ostafrikas blüht auf. Plantagen beliefern den Weltmarkt mit den verschiedensten Erzeugnissen. Wichtig ist
der Ausbau der Verkehrswege. Schon führen Eisenbahnen und Strassen von der Küste ins Innere. Moderne Flughäfen
liegen bei Entebbe, Nairobi, Mombasa und Daressalam. Nur Äthiopien ist wenig erschlossen. Die Bodenschätze Ostafrikas
sind kaum erforscht. Am Viktoriasee gewinnt man Gold, Kupfer und Zinn.
Zur politischen Entwicklung schreibt der Autor auf der Seite 305:
Die staatlichen Verhältnisse sind verschieden wie die Landschaften und die Menschen. Äthiopien ist ein fast 2000jähriges
unabhängiges Kaiserreich. Seit dem 4. Jahrhundert hat sich hier das alte koptische Christentum erhalten. Das Land ist eine
christliche Insel inmitten einer vorwiegend mohammedanischen Umwelt. Es wurde 1936 vorübergehend von den Italienern
besetzt. Aber schon 1941 entstand das Kaiserreich neu. Ihm wurde 1952 die frühere italienische Kolonie Eritrea
angegliedert. Dadurch erhielt es einen Zugang zum Roten Meer. Die Republik Somalia wurde 1960 aus den früheren
Kolonien Italienisch-Somaliland und Britisch-Somaliland gebildet. Französisch-Somaliland ist ein Überseegebiet der
Französischen Republik. Das frühere Deutsch-Ostafrika und später von Grossbritannien verwaltete Tanganjika ist seit 1961
selbständig. 1963 schloss es sich mit dem bis dahin britischen Sansibar zur Republik Tansania zusammen. Die britischen
Schutzgebiete Uganda und Kenia wurden 1962 und 1965 frei. 1962 entstanden aus dem von Belgien verwalteten
Ruanda-Urundi die Republik Ruanda und das Königreich Burundi. Mosambik ist eine portugiesische Überseeprovinz.
Interessanterweise schreibt der Autor im gleichen Lehrmittel, in dem einige Seiten vorher noch von den "unverschämten Forderungen" der Schwarzen die Rede war, dass die britischen Schutzgebiete Uganda und Kenia
nun "frei" seien.
Eritrea erlangte 1993 die Unabhängigkeit von Äthiopien, Französisch-Somaliland entspricht dem heutigen
Djibouti und Somalia hat sich, wenn auch von der Weltöffentlichkeit und der OAU (der Vereinigung afrikanischer Staaten) - deren erklärtes Ziel es ist, die Ländergrenzen aus der Kolonialzeit nicht zu verändern - nicht
anerkannt, in zwei Territorien gespalten, die dem ehemaligen Italienisch- respektive Britisch-Somaliland
entsprechen.
4.15.8
Südafrika
Auf den Seiten 52-61 wird der Grossraum "Südafrika" besprochen. Nach den zwei Kapiteln "Die Landschaften" (S. 52-53) und "Die Republik Südafrika, ein reiches Land" (S. 54-55), beschreibt der Autor im Kapitel
"Schwarz und Weiss in Südafrika" auf den Seiten 56-57 - auf denen sich auch ein Foto mit der Bildlegende
"Ovambokral" (S.57) findet, welches den Haustyp der Ovambo abbildet - die verschiedenen Lebensumstände
der Einheimische:
Die Urbevölkerung Südafrikas bestand aus Buschmännern und Hottentotten. Sie gehören nicht zu den Negern. Von beiden
Völkern leben nur noch wenige Tausend. Die hellfarbigen Hottentotten sind Wanderhirten. Die gelbbraunen, nur 1,30 bis
1,40 m grossen Buschmänner stehen wie die Pygmäen auf primitiver Kulturstufe. Sie haben sich in die Kalahari
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zurückgezogen. Dort leben sie von Wurzeln, Knollen, Früchten, Fröschen, Raupen und Heuschrecken. Auch Eidechsen
und Strausseneier werden eifrig gesucht.
(Siehe zu den "Buschmännern" auch die Seiten 161 und 206 dieser Arbeit.) Wieder ist von der "primitiven
Kulturstufe" die Rede, ohne dass eine genauere Beschreibung darüber folgt, was Kultur eigentlich sei. Zwar
zählt der Autor verschiedene Nahrungsquellen auf, erwähnt aber nicht, dass die Strausseneier nicht nur als
Nahrungsmittel, sondern auch als Wasserbehälter dienten. Über die anderen Völker Südafrikas schreibt er
(S.56):
Die Bantustämme Zulu, Herero, Ovambo und Basuto drangen von Norden durch den feuchten Osten des Erdteils nach
Süden vor. Wo sie günstige Lebensbedingungen, vor allem Wasser, fanden, hielten sie sich mit ihren Herden auf. Wenn die
Weiden abgegrast waren, zogen sie weiter. Nach und nach sind sie sesshaft geworden. Während die Männer tagsüber mit
ihren Herden umherziehen und zu den grossen Viehtränken wandern, obliegt den Frauen die Feldarbeit. Sie bestellen den
Boden vor allem mit Mais und Hirse. Ihre Siedlungen sind verschieden, je nach der Sitte des Stammes. Die Zulus legen die
eigenartigen, mit Binsenmatten bedeckten, kuppelförmigen Hütten rings um einen freien Platz an, der dem Vieh zum
nächtlichen Aufenthalt dient. Man bezeichnet diese Dorfform als Kral. Durch einen Verhau von Dornsträuchern oder durch
Holzzäune wird das ganze nach aussen abgeschlossen.
Der Autor zählt nicht nur verschiedene Völker auf - in vielen offiziellen Statistiken der damaligen Republik
Südafrika werden diese alle in der Kategorie der Farbigen, d. h. Schwarzen, zusammengefasst und so von
anderen Publikationen übernommen, so dass eine zahlenmässige Differenzierung schwierig ist -, er beschreibt
auch einige der Besonderheiten der verschiedenen Gruppen.
Über die weisse Schicht schreibt der Autor im Zusammenhang mit der schwarzafrikanischen Bevölkerung:
Die Weissen wanderten zur gleichen Zeit wie die Bantu ein... In heftigen Kämpfen boten sie [die Buren, Anm. des
Verfassers] den vordringenden Bantu Halt. Engländer, Buren und Bantu leben heute in der Südafrikanischen Union
zusammen...
Wie in anderen Lehrmitteln wird der Anspruch der Buren auf das Land im südlichen Afrika dadurch unterstützt, dass der Eindruck erweckt wird, es habe sich bei diesen Räumen um menschenleere Gebiete gehandelt,
die erst durch die Bantus und Buren besiedelt worden wären. Dabei geht vergessen, dass das Gebiet zwar dünn
besiedelt, aber doch bevölkert war. Hinzu kommt, dass beispielsweise die "Buschleute", infolge der Landesnatur und der von ihnen betriebenen Jagd- und Sammelwirtschaft, auf grosse Gebiete, die nur von wenigen
Menschen betreten wurden, angewiesen waren.
Im Abschnitt "Die neue Zeit" heisst es:
...Als Bergbau und Industrie in Südafrika Eingang fanden, verliessen die Bantu zu Hunderttausenden ihre Familien und
zogen in die Städte. Dieser Zustrom hält bis heute an. Zum Teil sind die Schwarzen Wanderarbeiter. Sie finden in
Arbeitslagern kostenlos Unterkunft und Verpflegung, werden dort auch ärztlich betreut. Mit dem verdienten Geld kehren
sie in ihr Stammesgebiet zurück, wo ihre Angehörigen inzwischen die Felder bestellt haben. Ist das Geld aufgebraucht,
nehmen die Männer neue Arbeit auf. Viele kehren aber nach Ablauf ihres Arbeitsvertrages trotz der strengen Passgesetze
nicht wieder in den Kral zurück. Sie holen ihre Familie in die Stadt und bilden die ständig wachsende Schicht der
schwarzen Proletarier in den Randgebieten der grossen Städte. Bergbaubetriebe und Industriewerke haben zwar
Arbeitersiedlungen angelegt; trotzdem fehlt es überall an Wohnungen wie auch an Schulen und Krankenhäusern. Viele
Menschen in den Grossstädten hausen noch in Elendsquartieren.
Selbst unter der 1994 demokratisch gewählten Regierung Mandelas blieben viele Familien ohne Elektrizitätsoder Wasserversorgung.
Nach der Beschreibung der Veränderungen in der Lebensweise der schwarzen Bevölkerung, folgt ein
Abschnitt über die Politik der "Apartheid", die spätestens seit Alan Patons Roman "Cry, the Beloved Country"
von 1948 in das Blickfeld der Weltöffentlichkeit geriet:
...In der Republik Südafrika stehen 12 Millionen Schwarze den 3 Millionen Weissen gegenüber. Die Europäer fürchten die
schnelle Bevölkerungszunahme bei den Afrikanern. Da aber die Weissen die politische Macht in der Hand behalten
wollen, hat ihre Regierung Gesetze erlassen, nach denen die Afrikaner streng getrennt von den Europäern leben sollen.
Man nennt diese Politik der Trennung "Apartheid". Deshalb wurden den Bantu "Reservate" zugewiesen, die ihnen allein
zur Besiedlung und Nutzung vorbehalten sind, die sie aber auch selbst verwalten. Zur Zeit umfassen diese Reservate ein
Neuntel der Gesamtfläche der Südafrikanischen Union. In ihnen leben etwa 4,2 Millionen Neger. Durch Ankauf von
Farmland versucht die Regierung, die Reservate zu vergrössern.
In den Städten wohnen heute 3,2 Millionen Neger. Hier haben sie aber keine politischen Rechte. Sie müssen besondere
Krankenhäuser, Hotels, Schulen und Kirchen, Postschalter, Lichtspieltheater und Einkaufsläden benutzen und in
Eisenbahnen und Omnibussen gesonderte Plätze einnehmen. Viele Berufe sind ihnen versperrt Ein schwarzer Arbeiter
verdient durchweg nur ein Fünftel von dem Lohn des weissen Arbeiters, der die gleiche Stellung innehat. Die Neger aber
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wissen, dass sie als Arbeitskräfte unentbehrlich sind und verlangen energisch Beseitigung der Rassenschranken, gleiche
Löhne und politische Gleichberechtigung mit den Weissen.
Der neutrale Bericht über die Apartheid, der sich gegenüber dem auf der Seite 2 dieser Arbeit abgedruckten
Zitat stark unterscheidet, dürfte auch auf die Entwicklung in den USA und das Bekanntwerden des dortigen
Predigers Martin Luther King zurückzuführen sein, der in seiner Rede "I have a dream" über die amerikanischen Verhältnisse sagte: "...One hundred years later, the Negro lives on a lonely island of poverty in the midst
of a vast ocean of material prosperity...". Weiter führte er aus: "I have a dream that one day this nation will
rise up and live out the true meaning of its creed: 'We hold these truths to be self-evident: that all men are
created equal.'...I have a dream that my four children will one day live in a nation where they will not be
judged by the color of their skin but by the content of their character." (King, 1963) Eine Hoffnung die den
informierten Schwarzen Südafrikas seltsam vertraut scheinen musste und für sie bis in die neunziger Jahre ein
Traum bleiben sollte. In der Zusammenfassung zum Kapitel heisst es sachlich und schlicht (S. 57):
Die Bantu bilden heute die breite Arbeitermasse in den Städten Südafrikas. Sie fordern politische und gesellschaftliche
Gleichberechtigung mit den Weissen.
(Zur Apartheidspolitik siehe auch die Seiten 162 und 228 dieser Arbeit.) Das nächste Kapitel auf den Seiten
58-59 beschäftigt sich mit dem Krüger-Nationalpark und enthält keine Aussagen über die Bevölkerung. Am
Ende der Beschreibung des Grossraumes Südafrika folgt wieder ein Überblick, der neben einer Karte (S. 68)
und der Tabelle über die Gebiete, deren Angaben im Anhang der Arbeit auf Seite 559 wiedergegeben werden,
einen zusammenfassenden Text (S. 68-69) abdruckt, in dem es über die Bevölkerung und Länder Südafrikas
heisst:
...Europäische Einwanderer haben vor allem in der Republik Südafrika Farmen angelegt und Industrien aufgebaut. Dabei
haben ihnen die Schwarzen als billige Arbeitskräfte geholfen. Heute fordern die Farbigen die Gleichberechtigung mit den
Weissen. Ausser der seit 1910 unabhängigen Republik Südafrika, die bis 1961 als Union von Südafrika ein Mitglied des
britischen Commonwealth of Nations war, gibt es in Südafrika die seit 1964 selbständigen Republiken Zambia und
Malawi. Im Jahre 1966 wurden aus den britischen Schutzgebieten Betschuanaland und Basutoland die selbständigen
Staaten Botswana und Lesotho, 1968 aus Swasiland Ngwana gebildet. Angola und Mosambik sind portugiesische
Überseeprovinzen. Die frühere deutsche Kolonie Südwestafrika wird seit 1919 von der Republik Südafrika verwaltet. Sie
hat das Gebiet inzwischen mit der Republik vereinigt. Diese Angliederung wird aber von der UNO nicht anerkannt. Auch
der Unabhängigkeitserklärung Rhodesiens, der früheren britischen Kolonie Südrhodesien, haben die meisten Staaten nicht
zugestimmt. Eine Minderheit von 300'000 Weissen unter 4 Millionen Bantus regiert das Land.
Rhodesien, das heutige Simbabwe, erklärte die Unabhängigkeit von Grossbritannien, weil die weissen Siedler
fürchteten, ihre Vorrechte gegenüber der überwiegend schwarzen Bevölkerung zu verlieren. Die Folge war ein
Guerillakrieg, der mit der Niederlage der weissen Oberschicht 1980 endete und das einstmals wirtschaftlich zu
den weitest entwickelten Gebieten Schwarzafrikas gehörende Land um Jahre zurückwarf. Der seither als Präsident amtierende ehemalige Lehrer und Jurist Robert Mugabwe, der 1995 zuletzt wiedergewählt wurde, geriet
1998 unter Druck als ausgelöst durch seine Ankündigung, einen Teil des immer noch in der Hand von ehemaligen weissen Siedlern befindlichen Landes zugunsten von landlosen Simbabwern ohne Entschädigung zu
enteignen, ausländische Investitionen zurückgezogen wurden und die dadurch verursachte Preissteigerungen
beim Grundnahrungsmittel Mais, zu Protesten der Bevölkerung führten. (Zu Simbabwe siehe auch die Seiten
160 und 206 dieser Arbeit.)
Im zweitletzten Teil zu Afrika werden auf den Seiten 62-63 die "Afrikanischen Inseln" beschrieben:
Im Indischen Ozean liegen die Inselgruppen der Komoren und Maskarenen. Mauritius (bis 1968 britisch, seitdem
selbständig) und Reunion (französisch) beliefern den Weltmarkt mit Zucker, Vanille, Pfeffer und anderen Gewürzen.
Häufig werden die Plantagen von verheerenden Wirbelstürmen heimgesucht. Die Bevölkerung besteht auf Reunion
hauptsächlich aus Mulatten, d. h. Mischlingen zwischen Weissen und Negern, auf Mauritius aus Europäern, Indern, Negern
und vielen Mischlingen. Mauritius ist sehr dicht besiedelt. Auf dieser Insel leben im Durchschnitt auf einem
Quadratkilometer um die Hälfte mehr Menschen als in der Bundesrepublik.
Mauritius ist der dichtbesiedeltste Staat Afrikas geblieben, auch wenn einige Agglomerationsgebiete anderer
Länder wahrscheinlich noch höhere Bevölkerungsdichte aufweisen.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 183
Geographielehrmittel: Erdkunde (1968)
Zu Madagaskar, ein Foto mit der Legende "Reisanbau auf Madagaskar" findet sich auf Seite 63, schreibt der
Autor:
Madagaskar ist die viertgrösste Insel der Erde. Ihre wenig gegliederte Ostküste und die Osthänge der Gebirge bekommen
durch den Südostpassat reiche Steigungsregen. Hier wachsen im feuchtheissen Klima tropische Regenwälder. Auf
Rodungsflächen hat man Plantagen angelegt. Sie liefern Vanille, Gewürze, Zucker, Reis Mais, Bananen, Ananas und
Bambusrohr. Der Westen und das Innere Madagaskars liegen im Regenschatten. Dort überwiegen die Savannen. Sie
werden für die Viehzucht genutzt. Im Hochland baut man Kaffee an. Die Bodenschätze der Insel sind noch wenig
erschlossen. Man fördert Graphit und Gold. Neuerdings wurden auch Uranerzlager entdeckt. Der Bau von Fabriken und
Kraftwerken steht in den Anfangen. Nachdem Madagaskar lange Zeit eine französische Kolonie war, erhielt es 1960 die
Freiheit. Seitdem ist es eine Republik mit enger Bindung an Frankreich. Die Hauptstadt Tananarivo liegt im Hochland. Von
wenigen Europäern abgesehen, sind die Bewohner der Insel Mischlinge aus Malaien, Indern und Bantu.
Das rund 16 Mio. Einwohner zählende Madagaskar, das 1960 die Unabhängigkeit von Frankreich erlangte,
war das erste afrikanische Land, welches sich im Gegenzug zu einem Schuldenerlass darauf verpflichtete, auf
den Raubbau an der Natur zu verzichten. Trotzdem werden immer mehr Waldflächen durch Brandrodung und
den zunehmenden Brennholzbedarf vernichtet. Ein Grossteil der Bevölkerung, die sich aus Madegassen, Franzosen und Indern zusammensetzt, ist in der Landwirtschaft beschäftigt. Sie macht Madagaskar zum weltweit
wichtigsten Exporteur von Vanille. Daneben werden Kaffee, Gewürznelken, Zucker, weitere Agrarprodukte,
Mineralien und Erdölprodukte ausgeführt. (Zu Madagaskar siehe auch die Seiten 115 und 163 dieser Arbeit.)
Zusammenfassend heisst es auf der Seite 63:
Vor den Küsten Afrikas liegen kleine vulkanische Inseln. Sie gehören europäischen Staaten. Madagaskar, die viertgrösste
Insel der Erde, ist eine selbständige Republik.
Einige dieser vulkanischen Inseln stehen noch immer unter dem Protektorat europäischer Staaten.
4.15.9
"Ein Erdteil im Aufbruch"
Im letzten Kapitel "Ein Erdteil im Aufbruch" auf der Seite 64 legt der Autor die Grundgedanken noch einmal
dar und schreibt:
Die Erforschung Afrikas begann erst spät... Erst seit der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die Rätsel des "dunklen
Erdteils" gelöst. Neben der Abenteuerlust erwachten jetzt Handelsinteressen, Missionseifer und wissenschaftlicher
Forschungsdrang... Im 20. Jahrhundert ist die Erschliessung schnell vorangeschritten. Die Errungenschaften der modernen
Technik halfen den Menschen. Autostrassen und Eisenbahnlinien ersetzen uralte Karawanenwege. Busse rollen durch
Urwald und Wüste. Ein Flugnetz verbindet die wichtigsten Punkte des Kontinents. Flüsse werden reguliert, Kanäle gebaut
und immer neue Flächen für die Wirtschaft gewonnen. Aus unbekannten Dörfern werden moderne Städte. Industriegebiete
entstehen; denn gross ist der Reichtum an Bodenschätzen. Ungeheure Wasserkräfte stehen zur Verfügung. In fast allen
Teilen Afrikas werden Staudämme und Elektrizitätswerke gebaut. Auch die Erzeugung landwirtschaftlicher Güter nimmt
ständig zu. Die Viehzuchtgebiete beliefern den Weltmarkt mit ihren Produkten.
Eine neue Zeit beginnt. Die Afrikaner werfen ihre Fesseln ab. Nirgends in der Welt hat sich die Landkarte so sehr und so
schnell verändert wie in Afrika seit 1951. Damals wurde Libyen ein selbständiges Königreich. In den folgenden Jahren
erhielten immer mehr Kolonialgebiete ihre Selbständigkeit. Allein im Jahre 1960 entstanden in Afrika 17 neue Staaten. Die
Eingeborenen schauen erwartungsvoll in die Zukunft. Aber viele junge Republiken stehen vor einem mühevollen Weg.
Ihre Grenzen entstanden im vorigen Jahrhundert, als europäische Mächte den Kontinent unter sich aufteilten. Innerhalb
dieser Grenzen wohnen keine einheitlichen Völker. Die meisten Afrikaner lebten bislang in Stammesgrenzen. Oft fehlt die
gemeinsame Sprache. Die beginnende Industrialisierung bringt neue Gegensätze. Wohlstand und drückende Armut
wohnen nebeneinander. Alte Häuptlingsfamilien haben früher Dörfer und Stämme beherrscht. Jetzt geht die Macht an
völlig neue Schichten über. Die Afrikaner wollen diese Schwierigkeiten meistern. Schulen und Universitäten entstehen.
Zahlreiche Farbige studieren an fast allen Hochschulen der Welt. Als Techniker, Ärzte, Lehrer, Juristen oder Politiker
kehren sie in ihre Heimat zurück; aber sie haben es schwer, ihr Wissen weiterzugeben.
Obwohl der Autor nicht blind gegenüber den Schwierigkeiten der damals jungen Staaten ist, bringt er den
schon im Titel geäusserten Eindruckes des "Erdteils im Aufbruch" hier klar zur Sprache. Das Bild einer nicht
einfachen aber hoffnungsvollen Zukunft unterscheidet sich stark von dem ab Mitte der siebziger Jahre bis
Anfang der neunziger vermittelten Bild des "Hunger- und Krisenkontinentes" Afrika.
Zusammenfassend und wohl auch als Ausblick gedacht, enden die Ausführungen über Afrika mit den Worten
(S.64):
Das Zeitalter der Kolonien geht zu Ende. Ehemalige Kolonialmächte und die früher von ihnen beherrschten Völker werden
gleichberechtigte Partner.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 184
Geographielehrmittel: Erdkunde (1968)
Zumindest auf politischer Ebene, denn wirtschaftlich konnten sich die meisten schwarzafrikanischen Länder
nicht aus den alten Bindungen lösen.
4.15.10 Zusammenfassung
Der Band 3 des Werkes "Erdkunde" informiert sachlich über die damalige Entwicklung auf dem Kontinent.
Alle Grossräume des Kontinentes werden angesprochen, einige wenige Länder und Gebiete detaillierter behandelt. Dabei gibt der Autor aber keine Aussagen von in dieser Weltregion lebenden Menschen wieder, obwohl
er verschiedene Lebensumstände in der Stadt oder auf dem Land schildert. Insgesamt wird die Rolle der Weissen gegenüber den viel zahlreicheren Schwarzen überbewertet. Diese werden aber nicht mehr nur als in der
Subsistenzwirtschaft tätige Bauern oder Viehzüchter geschildert, sondern sie haben "ihre Fesseln" abgeworfen
und sind nach der Meinung des Autors zu "gleichberechtigten Partnern" geworden.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 185
Geographielehrmittel: Erdkunde Oberstufe (1968-1969)
4.16 Erdkunde: Oberstufe (1968-1969)
Mit der Bevölkerungszunahme und dem wirtschaftlichen Aufschwung in Europa und Nordamerika stieg der Bedarf an
Edelhölzern, Rotang, Kautschuk, an tropischen Gewürzen und Genussmitteln. Die primitive Wirtschaft der Eingeborenen
konnte diesen Bedarf nicht befriedigen. So setzte im Verlauf des 19. Jahrhunderts eine Europäisierung der Wirtschaft ein...
Überall wurden Plantagen angelegt... Wenn die eingeborenen Arbeitskräfte nicht ausreichten, wurden fremdrassige
Arbeiter eingesetzt. Die Leitung lag jedoch in der Hand von Europäern. Erst in jüngster Zeit und nach dem Abschütteln der
Kolonialherrschaft übernahmen auch geeignete Eingeborene die Führung solcher Plantagen. (Bd. 1, S. 59)
Das 1968 bis 1969 erschienene dreibändige Lehrmittel "Erdkunde für die Oberstufe" behandelt Themen zu
Afrika auf ca. 10 der insgesamt 320 Seiten, wobei sich der Band 3 vorwiegend mit Deutschland beschäftigt.
Die drei Bände sind wenig gegliedert, oft enthält eine Seite ein grosses Foto und einen Fliesstext, der durch
hervorgehobenen Begriffe in Abschnitte unterteilt wird, die im allgemeinen jedoch recht knapp ausfallen.
4.16.1
Band 1: Die Erde als Natur- und Lebensraum
Der erste Band des Lehrmittels enthält die Kapitel "Die Gebiete des immergrünen tropischen Regenwaldes"
(S.58-59) und "Die Savanne" (S. 66-67).
Über die Bewohner des tropischen Regenwaldes schreibt der Autor auf der Seite 58, das ganze Gebiet weltweit
betreffend:
Durch ihre Unwegsamkeit sind die tropischen Regenwälder vielfach Rückzugsgebiete. In diese unzugänglichen Räume
haben sich von Nachbarstämmen bedrängte Volksgruppen zurückgezogen, so die Pygmäen im Kongobecken und in
Südkamerun... Sie ernähren sich fast ausschliesslich von dem, was der Urwald ihnen bietet: Pflanzen und Fische. Fleisch
wird nur selten gegessen. Als Sammler und Wildbeuter durchstreifen sie den Wald, bewohnen Höhlungen zwischen den
Brettwurzeln der Bäume oder errichten aus Zweigen einen Windschirm oder eine kunstlose Hütte.
Die sesshaften Völker wohnten in Dörfern. Aus Binsen, Schilf, Gras und Bambusstangen oder Baumstämmen bauten sie
ihre Häuser. In sumpfigen Gegenden stehen die Häuser auf Pfählen, als Schutz gegen Überschwemmungen und Fieber. Im
Urwald herrschte in der Regel das Reihendorf, im Sumpfgebiet die Einzelhütte.
Neben Jagd und Fischfang wurde ein primitiver Feldbau betrieben. Nach den benutzten Geräten unterscheidet man
Pflanzstock-, Grabstock- und Hackbau. Das Roden, vielfach noch Brandrodung, d. h. Abbrennen nach Schälen der Bäume,
besorgten die Männer. Säen, Pflanzen und Ernten war Sache der Frauen. Angebaut werden im afrikanischen Regenwald
Yams, Hirse und Erdnuss... Wenn nach wenigen Jahren der Boden erschöpft war, wurden neue Rodungen angelegt. Für die
tierische Zukost sorgten die Männer durch Jagd und Fischfang. Die Jagd wurde ursprünglich mit Bogen und Speer...
ausgeübt.
Unzugänglichkeit und Verkehrsfeindlichkeit des Waldes behinderten staatliche Zusammenschlüsse. Heute noch sind die
verschiedensprachigen Stämme scharf voneinander getrennt und stehen sich oft feindlich gegenüber. Völker höherer
Kultur haben sich vielfach vom Rande her in das Gebiet des tropischen Regenwaldes vorgeschoben...
Zwar erwähnt der Text richtig, dass Fisch als wichtige Nahrungsquelle von den "Pygmäen" genutzt wird, was
in anderen Lehrmitteln teilweise vergessen geht, doch zeichnet er ansonsten ein wenig konkretes Bild dieser
Volksgruppe, die in "kunstlosen Hütten" haust. (Zu den "Pygmäen" siehe auch die Seiten 173 und 197 dieser
Arbeit.) Der Autor verpasst es auch, den "primitiven Feldbau" der "sesshaften Völker" als eine den Umständen
angepasste Nutzungsweise darzustellen. (Zum Wanderhackbau siehe auch die Seiten 153 und 191 dieser
Arbeit.)
Auf der Seite 59, die ein Foto "Hackbau in Uganda" zeigt, fährt der Autor fort, indem er über die Religion
dieser Menschen schreibt:
...Die Religion in den besser erschlossenen Gebieten wurde vom... Islam und in jüngerer Zeit vom Christentum überprägt.
Ursprünglich entsprach sie der Stellung der Menschen zur Natur. Den Naturgewalten wurden göttliche Kräfte
zugesprochen (Animismus). Blitz, Donner, Sturm und Wasser wurden und werden noch verehrt. Um die guten und bösen
Geister günstig zu stimmen, Krankheit und Tod zu bannen, bringt man ihnen Opfer dar (Dämonismus). Dinge, die als
schädlich oder nützlich galten, wurden als Idole verehrt (Fetischismus). Zauber- und Geisterglaube kennzeichnen diese
niedrigste Form des Polytheismus.
Die Glaubenssysteme Schwarzafrikas werden pauschal als "niedrigste Form des Polytheismus" bezeichnet, nur
in den "besser erschlossenen Gebieten" wurden diese von Christentum und Islam überprägt, so die eurozentrische Sichtweise.
Über die Wirtschaftsweise der angesprochenen Völker weiss der Autor zu berichten (S. 59):
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 186
Geographielehrmittel: Erdkunde Oberstufe (1968-1969)
Die weltwirtschaftliche Erschliessung des tropischen Regenwaldes begann... erst im 19.Jahrhundert. Mit der
Bevölkerungszunahme und dem wirtschaftlichen Aufschwung in Europa und Nordamerika stieg der Bedarf an
Edelhölzern, Rotang, Kautschuk, an tropischen Gewürzen und Genussmitteln. Die primitive Wirtschaft der Eingeborenen
konnte diesen Bedarf nicht befriedigen. So setzte im Verlauf des 19. Jahrhunderts eine Europäisierung der Wirtschaft ein...
Überall wurden Plantagen angelegt, landwirtschaftliche Grossbetriebe mit industrieller Aufbearbeitung der Produkte zu
handelsfähigen Rohstoffen. Wenn die eingeborenen Arbeitskräfte nicht ausreichten, wurden fremdrassige Arbeiter
eingesetzt. Die Leitung lag jedoch in der Hand von Europäern. Erst in jüngster Zeit und nach dem Abschütteln der
Kolonialherrschaft übernahmen auch geeignete Eingeborene die Führung solcher Plantagen.
Hier wird ganz klar der Standpunkt vertreten, Aufgabe der schwarzafrikanischen Gebiete sei es, Rohstoffe für
Europa und Nordamerika zu produzieren, ohne dass der Autor sich mit den Auswirkungen einer solchen
Forderung auseinandersetzten würde. Auf der Seite 60 fährt er mit seinen Betrachtungen fort:
Moderne Siedlungen entstanden, Wege wurden angelegt und schliesslich auch Klein- und Eisenbahnen. An den grösseren
Flüssen und an der Küste wurden Häfen als Verladeplätze eingerichtet.
Der Wandel im Landschaftsbild und die Verteilung der Bevölkerung änderten sich noch stärker, seit Bodenschätze
entdeckt und abgebaut wurden. Die Erschliessung abseits gelegener Lagerstätten ist vielfach jedoch noch unwirtschaftlich.
In einem nächsten Abschnitt auf den Seiten 60 und 61 bespricht der Autor unter der Überschrift "Anbaubedingungen der wichtigen Kulturpflanzen" in kurzen Texten die Nutzpflanzen Banane, Kakaobaum und
Zuckerrohr. Aus dieser Auswahl wird bereits klar, welche Nutzpflanzen dem Autor wichtig erscheinen: nicht
etwa diejenigen, die die einheimische Bevölkerung ernähren, sondern die für die Industrienationen wichtigen
Agrarexportprodukte. (Siehe dazu auch die Zusammenfassungen zu den Darstellung der Subsistenzproduktion
und der Exporte in den verschiedenen Geographielehrmitteln ab der Seite 495 dieser Arbeit.) Zum Kakaobaum
schreibt der Autor auf der Seite 60:
...Seine Heimat ist Südamerika, doch ist er nach den Küstengebieten des tropischen Westafrika verpflanzt worden. Da der
Baum nur geringe Pflege verlangt, wird der Anbau meist von Eingeborenen betrieben. Staatliche Berater unterstützen sie
bei der Pflege und beim Verkauf.
Der Kakaobaum, ein Verwandter des in Westafrika heimischen Kolabaumes - die "Kolanuss" ist sehr beliebt,
da sie beim Kauen eine stimulierende Wirkung ausübt, und sie findet bei vielen Zeremonien Verwendung-,
gelangte im 16. Jahrhundert nach Afrika. Auf der Seite 61 ist eine Tabelle "Kakaoernte der wichtigsten
Anbauländer" für die Jahre 1934/38 und 1973 abgedruckt, deren Angaben sich im Anhang auf der Seite 552
dieser Arbeit finden. (Zum Kakaoanbau siehe auch die Seiten 178 und 224 dieser Arbeit.)
Zum Kautschukbaum schreibt der Autor in Bezug auf die afrikanischen Anbaugebiete, dass das "Sammeln von
Wildkautschuk... aus Lianen des Kongogebietes... heute fast bedeutungslos" sei.
Im Abschnitt zur Savanne schreibt der Autor über deren Bewohner auf der Seite 66:
Die Bewohner der Savannen sind durch die Trockenzeit gezwungen, Vorratswirtschaft zu treiben oder, soweit sie
Viehzüchter sind, mit ihren Herden zu wandern.
In der Feuchtsavanne wird vor allem Hackbau betrieben, da die Tsetsefliege als Überträger der Schlafkrankheit das Halten
von Rindern fast unmöglich macht. Ehe der erste Regen fällt, wird der Boden mit einer kurzen Hacke gelockert; dann
werden Mais, Bohnen und Hirse gesät. Nach der Regenzeit setzt man Kartoffeln, Yams und Batate. In der Trockenzeit wird
das Gras abgebrannt und die Asche als Dünger benutzt. Bei dem geringen Humusanfall ist der Boden aber bald erschöpft.
Neue Felder müssen angelegt werden. So hat sich in diesen Gebieten der Wanderhackbau entwickelt. Da die
Feuchtsavanne sehr wildreich war, wurde auch die Jagd eifrig ausgeübt, vor allem in der Trockenzeit, wenn sich das Wild
an den Wasserstellen sammelt. Die zunehmende Bevölkerungsdichte und der Gebrauch moderner Waffen haben aber zu
einer Vernichtung des Wildes geführt, so dass heute nur noch in den Tierschutzparks das reiche Tierleben beobachtet
werden kann.
(Zum Vorwurf der Vernichtung der Wildbestände vor allem in Ostafrika - in Westafrika wurden die nutzbaren
Gebiete bereits viel früher in eine Kulturlandschaft umgewandelt - siehe auch die Seiten 272 und 273 dieser
Arbeit.)
Auf der Seite 67, die ein Foto "Dorf in Ostäthiopien" zeigt, schreibt der Autor weiter:
In der Trockensavanne wird zwar ebenfalls Hackbau betrieben. Vor allem werden Körnerfrüchte, in Afrika Hirse, in
Südamerika Mais, angebaut, die während der heissen Zeit nicht verderben. Jedoch ist die Trockensavanne weitgehend auch
ein Gebiet der Viehzucht. Das Gras, nicht so hart wie das der Feuchtsavanne, bietet auch während der Trockenzeit als "Heu
auf der Wurzel" den nomadisierenden Stämmen genügend Futter für ihre Tiere. Vor Beginn der Regenzeit oder, wenn der
Boden nicht völlig austrocknet, innerhalb der Trockenzeit wird das Gras abgebrannt, um frische Triebe zu erzwingen .
Der Landesnatur entsprechend haben sich in den Savannen meist grössere geschlossene Siedlungen entwickelt. Bei der
Weite des Raumes liegen sie in grossen Abständen und sind durch unbefestigte Wege verbunden. Der Handelsverkehr
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 187
Geographielehrmittel: Erdkunde Oberstufe (1968-1969)
wurde in der Feuchtsavanne Afrikas meist mit Trägern durchgeführt, da die Tsetsefliege das Halten von Trag- und
Zugtieren unmöglich machte. Moderne Verkehrsmittel haben diese Träger heute weitgehend ersetzt. Gehandelt werden vor
allem die Erzeugnisse des Handwerks. Töpferei, Web- und Schmiedekunst sind hoch entwickelt.
Die dichtere Bevölkerung und die bessere Wegsamkeit der Savanne gegenüber den Gebieten des tropischen Regenwaldes
ermöglichten auch grössere staatliche Zusammenschlüsse. Besonders den mohammedanischen Völkern Afrikas gelang es,
zeitweise bedeutende Reiche zusammenzuschliessen.
Diese Aussage spiegelt die Meinung einiger älterer Autoren wieder, die afrikanischen Bewohner hätten nur
dort einen halbwegs zivilisierten Stand erreicht, wo sie durch Kräfte von aussen dazu beeinflusst wurden.
Einmal abgesehen davon, dass es auch grosse afrikanische Reiche gab, die völlig authochton entstanden, muss
auch die europäische Zivilisation als fremdbeeinflusst angesehen werden. (Die im Text angedeuteten "bedeutenden Reiche" werden im Teil "Überblick über die Geschichte Schwarzafrikas ab der Seite 28 dieser Arbeit
näher betrachtet.) Zur Wirtschaft der Savanne schreibt der Autor (S. 67):
Die moderne Wirtschaft hat weite Gebiete der Savannen umgestaltet. Kaffee, Baumwolle, Erdnüsse und Sisal sind die
wichtigsten Anbauprodukte... In Afrika finden wir ausgedehnte Erdnussfelder und fast in allen Ländern bis zu den
Subtropen Baumwollanpflanzungen. Die Eingeborenenpflanzungen gewinnen in neuester Zeit für die Wirtschaft der
jungen Staaten und für den Welthandel zunehmend an Bedeutung.
Auffallend bei dieser Aufzählung ist, dass das Ursprungsland des Kaffees, nämlich Äthiopien, in dem auch der
Weihrauchbaum wächst, in diesem Zusammenhang ebensowenig erwähnt wird, wie die Kaffeeanbauländer
Kenia und Uganda.
4.16.2
Band 2: Die Erde als wirtschaftlicher und politischer Raum
Der zweite Band beschäftigt sich in den zwei Abschnitten "Das Ende des Kolonialzeitalter" (S. 74-75) in den
Kapiteln "Die Dritte Welt" und "Vergrösserung der Nährfläche und Bevölkerungswachstum in der Flussoase
am Nil" (S. 98-101) mit Afrika. Zusätzlich enthält der Band noch einige allgemeine Informationen in Form
von Weltkarten. Auf den Abschnitt "Das Ende des Kolonialzeitalters" soll hier kurz eingegangen werden, die
Seiten zum Nilgebiet fallen nicht in den Bereich der Betrachtungen dieser Arbeit.
Die zwei Seiten 74 und 75 zum Ende des Kolonialzeitalters enthalten einen Text, der keine speziellen Aussagen zu Afrika macht und eine Weltkarte, die die politische Situation für 1914 wiedergibt. Zudem sind die
Einflussbereiche grosser Kulturen eingezeichnet, nämlich der indischen, des islamischen und der indianischen.
Halb Afrika liegt zwar im Einflussbereich der indischen und islamischen Kultur, liefert aber laut der Karte
keinen Beitrag zu den Hochkulturen der Menschheit, d.h. es wird zwar von aussen beeinflusst, hat aber selbst
nichts zu bieten.
4.16.3
Band 3: Deutschland - wirtschaftliche, soziale und politische Probleme
Der dritte Band beschäftigt sich, wie der Titel schon sagt, mit Deutschland. Auf der Seite 80 findet sich aber
noch einmal eine Erwähnung Afrikas. In der Tabelle "Die wichtigsten Handelspartner der Bundesrepublik
(Reihenfolge nach den Stand von 1971)" werden die beiden afrikanischen Länder Südafrika und Nigeria an 21.
respektive 24. Stelle aufgeführt.
4.16.4
Zusammenfassung
Verglichen mit anderen Lehrmitteln aus dem gleichen Zeitraum enthalten die Bände "Erdkunde Oberstufe" nur
sehr spärliche Informationen. Bedingt durch die Kürze gehen ganze Gebiete Afrikas "vergessen" oder treten
nur ganz knapp am Rande in Erscheinung. Die Schwarzafrikaner werden grösstenteils als auf einer niederen
Kulturstufe stehend charakterisiert, auch wenn die grossen Reiche in der Geschichte Westafrikas zumindest
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 188
Geographielehrmittel: Erdkunde Oberstufe (1968-1969)
erwähnt werden. Einige der "geeigneten Eingeborenen" sind sogar in der Lage, verantwortliche Aufgaben
innerhalb der Kolonialwirtschaft zu übernehmen. Das ganze gezeichnete Bild bleibt aber sehr oberflächlich
und wenig fassbar, wahrscheinlich auch bedingt durch die mangelnde Sachkenntnis des Autors.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 189
Geographielehrmittel: Länder und Völker (60er Jahre)
4.17 Länder und Völker (60er Jahre)
Die Europäer haben in den letzten Jahrzehnten grosse Anstrengungen gemacht, um Afrika zu erschliessen... und die
Lebenshaltung der Eingeborenen zu verbessern. Es ist daher verständlich, dass die europäischen Staaten aus ihren
afrikanischen Besitzungen bei der gegenwärtigen Notlage Europas einen möglichst grossen Nutzen ziehen und in einer
gemeinsamen Anstrengung Afrika zu einer Rohstoffkammer Europas machen wollen. Sie können es allerdings kaum
verhüten, dass die Schwarzen immer lauter grössere Rechte und Freiheiten verlangen und dass viele Kolonien in den
letzten Jahren sich selbständig gemacht haben. (Bd. 3, S. 3)
Das fünfbändige, bei Klett, nach Auskunft des Verlages in den sechziger Jahren erschienene Lehrmittel "Länder und Völker" befasst sich im Band 3, auf 76 der total ca. 800 Seiten, mit Afrika. Nebst den Texten enthalten
die Seiten Länderprofile, die in Stichworten kurz über die Länder informieren, verschiedene Zeichnungen
(einige werden in dieser Arbeit wiedergegeben) und verschiedene Karten, sowie Fragestellungen und Arbeitsanweisungen zu den verschiedenen Kapiteln.
4.17.1
Bevölkerung
In einem ersten allgemeinen Teil, der mit einer kurzen Entdeckungsgeschichte auf den Seiten 2-3 beginnt,
gefolgt von einem kurzen Abschnitt über "Klima, Lage und Gliederung" auf Seite 3, wird die Bevölkerung
Afrikas beschrieben (S. 2):
Die ursprüngliche Bevölkerung des grössten Teiles von Afrika sind die Neger. Daher nennt man Afrika auch den Erdteil
der Schwarzen. Die Neger gliedern sich in die 2 Hauptgruppen der Sudan- und Bantuvölker.
Mehrere tausend Jahre v. Chr. drangen von Vorderasien hellfarbige Völker, die Hamiten, ein. Sie setzten sich vor allem in
Nordafrika fest und haben sich im Atlasgebirge und in Ägypten ziemlich rein erhalten. Im Osten des Erdteils drangen sie
weit nach Süden vor. Vielfach vermischten sie sich mit den Negern. Die Hamiten sind eine nach Ham, einem Sohn Noahs,
benannte, sprachverwandte Völkergruppe, zu der in Afrika die Berber, Ägypter, Somali, Galla und Massai gehören...
Auf Seite 3 heisst es weiter:
...Die Bevölkerung Afrikas ist daher recht bunt zusammengesetzt. Besonders wanderlustig waren bis in die jüngste Zeit die
Hamiten. Sie drangen durch die Sahara bis in den Sudan und im Osten bis über den Äquator vor. Die starke Mischung der
afrikanischen Bevölkerung zeigt sich nicht nur im Körperbau und in der Hautfarbe, sondern auch in der Sprache, in der
Wohnweise, in der Wirtschaft, in der Lebensweise und im Kulturbesitz. Man unterscheidet beispielsweise über 500
Sprachen, die sich in der überwiegenden Mehrzahl auf die Neger und nur in sehr viel geringerem Masse auf die
hamitischen und semitischen Völker verteilen.
Die Europäer haben in den letzten Jahrzehnten grosse Anstrengungen gemacht, um Afrika zu erschliessen, die natürlichen
Reichtümer der Tier- und Pflanzenwelt und der Bodenschätze zu verwerten und die Lebenshaltung der Eingeborenen zu
verbessern. Es ist daher verständlich, dass die europäischen Staaten aus ihren afrikanischen Besitzungen bei der
gegenwärtigen Notlage Europas einen möglichst grossen Nutzen ziehen und in einer gemeinsamen Anstrengung Afrika zu
einer Rohstoffkammer Europas machen wollen. Sie können es allerdings kaum verhüten, dass die Schwarzen immer lauter
grössere Rechte und Freiheiten verlangen und dass viele Kolonien in den letzten Jahren sich selbständig gemacht haben.
Nach Ansicht des Autor ist die Rohstoffgewinnung Afrikas der Preis, den die "Eingeborenen" für die "verbesserte" Lebenshaltung zu zahlen hätten und den sie in Anbetracht "der gegenwärtigen Notlage Europas"
nicht ablehnen können. Das "reiche" Afrikas sollte also dem notleidenden Europa zu Hilfe eilen. Ein Gedanke,
der schon wenige Jahre später, im Anbetracht des "Hungerkontinents Afrika" undenkbar werden sollte.
Ebenfalls auf Seite 2 sind die im Text besprochenen Volksgruppen, Bantu, Massai, Äthiopier und Araber in
der genannten Reihenfolge mittels vier Zeichnungen dargestellt:
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 190
Geographielehrmittel: Länder und Völker (60er Jahre)
Die Seiten 4-23 beschreiben Nordafrika unter dem Titel "Nordafrika - die Gegenküste Europas". Diese Seiten
Themen ausserhalb der Fragestellung der Untersuchung behandeln, wird hier nicht näher auf sie eingegangen.
Auf der Seite 5 findet sich aber noch ein allgemeiner Überblick über Afrika, der "Landschaft", "Klima", "Wirtschaft" und "Staatliche Gliederung" des Kontinents beschreibt. Unter dem Titel Wirtschaft werden die Erzeugnisse des afrikanischen Kontinents aufgezählt:
Anteil am Weltexport 1957 in Prozenten:
Palmkerne 91, Wein 68, Olivenöl 43, Erdnüsse 91, Baumwollsaat 61, Erdnussöl 63, Kakaobohnen 65, Sisal 61, Baumwolle
17, Palmöl 63, Palmkernöl 39, Kaffee 20
Anteil an der Weltproduktion 1957/58 in Prozenten:
Gold 59, Manganerz 21, Chromerz 32, Antimonerz 35, Kupfererz 21, Kupfer 20, Phosphat 36, Zinnerz 15
Nach diesen Angaben verfügten die damaligen schwarzafrikanischen Länder bei gewissen Rohstoffen tatsächlich über ein Monopol, dass aber bald gebrochen werden sollte.
Im Abschnitt "Staatliche Gliederung" werden folgende Staaten als selbständig aufgezählt: Ägypten, Äthiopien,
Union von Südafrika, Liberia, Libyen, Sudan, Marokko, Tunesien, Ghana und Guinea.
4.17.2
"Der Sudan, Land der Schwarzen"
Das nächste grosse Kapitel "Der Sudan, Land der Schwarzen" folgt auf den Seiten 23-30. Nach einem Überblick über "Die Landschaft und ihr Klima" informiert der Autor ab der Seite 25 über die "Bewohner" dieser
Grosslandschaft unter der Überschrift "Die Sudanneger":
Der Mensch hat diese weiträumigen, offenen Landschaften zu allen Zeiten gerne aufgesucht. Man schätzt die Zahl der
Bewohner auf 50 Millionen, das ist ein Viertel der ganzen afrikanischen Bevölkerung; auf 1 qkm kommen 12 Einwohner.
Allerdings ist die Verteilung über die riesige Fläche recht ungleich. Die Eingeborenen sind Neger. Der Name Sudan
bedeutet ja "Land der Schwarzen". Die Sudanneger sind gross und schlank. Sie sind hervorragende Läufer und Springer.
Das Leben in der offenen, weiten Landschaft stählt ihren Körper und schärft ihre Sinne. Ohne Schwierigkeit können sie
noch auf weite Entfernung einzelne Gegenstände unterscheiden. Sie leben gesellig in Dörfern, ja sogar in Städten, die
allerdings mehr einer Anhäufung von Dörfern gleichen. Einzelne Stämme haben unter mächtigen Häuptlingen und
Königen grosse Staaten gegründet. In den Steppen und auf den Grasfluren der Savannen treiben die Neger vor allem
Viehzucht. Da sie aber für die Trockenzeit Vorräte aufspeichern müssen, sind sie gezwungen, auch Land anzubauen.
Allerdings wird der Ackerbau nicht gründlich betrieben. Den Pflugbau kennen erst wenige Sudanneger. Er ist in den
feuchten Landstrichen auch nicht möglich, da die Tsetsefliege den Rinderbestand vernichtet. Nur mit der Hacke wird der
Boden aufgeritzt, Man nennt daher diese Anbauart Hackbau. Ihn besorgen die Frauen. Da kein Dünger vorhanden ist,
brennt der Neger das Gras in der Trockenzeit ab. Die zurückbleibende Asche wirkt dann als Dünger Den aufgehackten
Boden bestellt der Neger gegen Ende der Regenzeit mit Reis, mit Durra, das ist eine hirseartige Körnerfrucht, mit Mais,
Bohnen, Erbsen und Maniok, dessen dicke, knollenartige Wurzeln gegessen oder zu Mehl verarbeitet werden. Ausserdem
werden Kürbisse, Zwiebeln, Pfeffer und Tabak angebaut. Zu diesen Feldfrüchten kommen Bananen, Erdnüsse und
Baumwolle.
(Zum Wanderhackbau siehe auch die Seiten 186 und 263 dieser Arbeit.) Nach diesen ausführlichen Bemerkungen zur Siedlungsform und der Landwirtschaft in der Sudanzone, fährt der Autor mit einer Beschreibung der
Handwerksarbeiten fort (S. 26):
Der Sudanneger ist auch ein recht geschickter Handwerker. Er stellt Töpferwaren her, verfertigt Flecht- und Webarbeiten,
verarbeitet das Leder und versteht sogar Eisenerz zu schmelzen. Das geschieht in einfachen, aus Lehm erbauten, 3-4 m
hohen "Hochöfen". Wie bei den alten Germanen und den Hellenen sind die Schmiede besonders geachtet, da sie
vielbegehrte Waffen und Geräte herzustellen vermögen.
(Nebst der Fertigkeit der Waffen- und Werkzeugproduktion hatte der Schmied oft eine darüber hinausgehende
kultische Funktion.) Der Autor kommt zum Schluss (S. 26):
Trotz dieser vielseitigen Tätigkeit ist der Lebensraum der Sudanneger noch wenig entwickelt. Fremde Völker sind immer
wieder in den Sudan eingedrungen und haben ihn besser auszunutzen versucht. Von Norden und von Westen breiteten sich
hamitische Stämme aus. Sie unterwarfen die Neger und vermischten sich mit ihnen. Der mächtigste dieser hamitischen
Stämme ist das Volk der Fulbe. Sie sind hellfarbig, hager und herrisch. Sie brachten den Islam mit und verbreiteten ihn mit
fanatischem Eifer. Ihr Wohn- und Machtgebiet reicht vom Senegal bis weit über den unteren Niger hinaus. Hier leben sie
als Hirten und bauen sich bienenkorbartige Hütten. Sokoto war einst der Mittelpunkt ihrer Herrschaft. Zwischen ihnen und
dem Tsad-See setzte sich das Mischvolk der Haussa fest. Sie sind das Händlervolk des Sudan und haben durch ihre
Geschäftigkeit, vor allem durch den Sklavenhandel grossen Reichtum erworben. Sie wurden aber von den Fulbe
zurückgedrängt.
(Zum Sklavenhandel siehe auch die Seiten 175 und 192 dieser Arbeit.) Die Hausa konzentrieren sich heute
vorwiegend auf das Gebiet der Staaten Niger, wo sie rund 56% der Bevölkerung ausmachen, und Nigeria, ca.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 191
Geographielehrmittel: Länder und Völker (60er Jahre)
21% der Bevölkerung. Ihre Sprache wird aber in vielen Teilen Westafrikas als Handelssprache und "lingua
franca" verwendet - in fast jeder grossen Stadt West- und Nordafrikas finden sich Gemeinschaften, die Hausa
sprechen - und gehört damit zu den meistgesprochenen afrikanischen Sprachen. (Zu den Hausa siehe auch die
Seiten 152 und 276 dieser Arbeit.) Der Autor fährt auf Seite 26 fort:
Im Süden des Tsad-Sees, wo viele Karawanenwege zusammenlaufen, ist das Völkergemisch besonders gross. Der deutsche
Forschungsreisende Nachtigal brachte 1869 durch die Sahara hierher zum König der Bornu reiche Geschenke des
preussischen Königs Wilhelm I. als Dank für die Hilfe, die Barth im Lande der Bornu einst gefunden hatte.
Barth war ein deutscher Forschungsreisender, der Teile Afrikas erkundete. Wie fast alle europäischen
Forscher, so war auch Bart auf die Hilfe der Einheimischen bei seinen Unternehmungen angewiesen, die in
diesem Lehrmittel im Gegensatz zu vielen anderen ausnahmsweise einmal erwähnt wird.
Über die Araber schreibt der Autor im Zusammenhang mit der schwarzafrikanischen Bevölkerung:
...Im östlichen Teil des Sudan, in den Ländern Wadai und Darfur und am oberen Nil herrschten die Araber. Sie haben den
Negern den Islam aufgezwungen und sie rücksichtslos ausgebeutet. Vor allem haben sie jahrhundertelang durch ihre
grausamen Sklavenjagden die Sudanneger gequält und ganze Landstriche entvölkert. Manche Stämme am Tsad-See
suchten die Frauen und Mädchen vor den Sklavenhändlern dadurch zu entwerten, dass sie die Lippen durch Tellerscheiben
zu einer Art Entenschnabel verzerrten.
(Zum Sklavenhandel siehe auch die Seiten 191 und 193 dieser Arbeit.) Im nächsten Abschnitt spricht der
Autor den Wandel an, den die Europäer durch ihr Vordringen bewirkten (S.26f.):
...Erst die Europäer haben seit einigen Jahrzehnten einen durchgreifenden Umschwung herbeigeführt. Sie drangen von der
atlantischen Küste aus in die Landschaften vor. Dadurch erhielt der Verkehr in diesem Raum eine ganz neue Richtung.
Früher ging er nur nach Norden durch die Wüste, jetzt aber geht er zu den Häfen an der atlantischen Küste...
Dieser Umschwung führte seit dem 16. Jahrhundert zu einem Niedergang der ehemals blühenden, auf den
Karawanenhandel durch die Sahara ausgerichteten Städte der Region.
Über die Leistungen der Europäer im Sudangebiet schreibt der Autor, nach der Aufzählung der durch sie
errichteten Verkehrsinfrastruktur (S. 27):
..Die Europäer legten den Sklavenhandel lahm, sorgten für Ruhe und Ordnung und versuchten, gegen den vordringenden
Islam dem Christentum Eingang zu verschaffen. Sie legten Pflanzungen an, auf denen Baumwolle und Erdnüsse angebaut
werden. Sie bekämpften die furchtbare Schlafkrankheit und die Rinderpest. So wurde nicht nur das Leben von Millionen
Negern vor Siechtum und Tod bewahrt sondern auch der Vieh- und Wildbestand erhalten und vermehrt. Dadurch wurde
die Ernährung der Eingeborenen wesentlich verbessert und der Ertrag der Viehzucht gesteigert. Mit Hilfe des Zugviehs
kann jetzt der Boden besser bewirtschaftet, gedüngt und mit dem Pflug bearbeitet werden...
Die Folgen dieser durch die Europäer geförderten Entwicklung sollten sich erst in den Dürrejahren 1973/74 in
ihrer vollen Auswirkung zeigen. Auffällig ist, dass der Islam hier wesentlich weniger gutwillig aufgenommen
wird als dies beispielsweise im Lehrmittel "Fahr mit in die Welt" (1971-1974) der Fall ist, und in dem es im
Zusammenhang mit der Besprechung der verschiedenen Religionen heisst: "Selbst bei vielen zum Christentum
oder Islam bekehrten Afrikanern brechen immer wieder manche ihrer alten abergläubischen Zauberformeln
hervor". (Fahr mit in die Welt 1972, Bd. 3, S. 59) Der Versuch einer Einordnung der verschiedenen Religionssysteme auf dem afrikanischen Kontinent aufgrund der Lehrmittel ergibt eine Hierarchie, an deren unterem
Ende sich die traditionellen Glaubenssysteme der Schwarzafrikaner finden, auf die dann der Islam folgt, überragt vom Christentum, welches nochmals in ein "entartetes" äthiopisches und das "höhere" europäische Christentum unterteilt wird. Der Islam wird je nach Sichtweise als Erlösung angesehen, nämlich dann, wenn er zu
einer Bekehrung der dem "Fetisch" verfallenen "Neger" dient, oder gilt als Bedrohung, wenn er auf bereits
christianisierte Schwarzafrikaner trifft. (Zur Hierarchiesierung der Religionen siehe auch die Seite 209 dieser
Arbeit.)
Der Autor fährt in seinen Beschreibungen des Sudan, den er in West- und Ostsudan aufteilt, fort. Über den
Westsudan schreibt er:
..Das volkreichste und wirtschaftlich leistungsfähigste Gebiet ist der Westsudan... Sowohl der Senegal wie der Niger
überschwemmen in der Regenzeit weite Gebiete. Allein bei Timbuktu werden 30'000 qkm, also soviel wie das ganze
Kulturland Ägyptens, unter Wasser gesetzt. Am Niger wurde im Jahre 1947 eine grosse Talsperre fertiggestellt, durch die
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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Geographielehrmittel: Länder und Völker (60er Jahre)
fast 1 Million ha oder 10'000 qkm bewässert werden können. Timbuktu ist seit alters ein Knotenpunkt der Karawanenwege
und ein bedeutender Handelsplatz inmitten einer wüstenhaften Umgebung. Auch in Nigerien können noch ausgedehnte
Flächen bewässert und angebaut werden. Heute schon wohnen im unteren Nigergebiet 50 Menschen auf 1 qkm. Ibadan ist
mit 500'000 Einwohnern die grösste Eingeborenensiedlung Afrikas.
Wie in anderen Textstellen kommt hier die Euphorie über die neu entdeckten Wirtschaftsräume zum
Ausdruck. Nicht umsonst ist der ganze Afrikateil unter das Motto "Afrika - eine Rohstoffkammer" gestellt.
Eine Haltung, die Ende der neunziger Jahre von den USA wieder aufgegriffen wurde (TA 23.3.98, S. 2).
In den beiden Abschnitten über den Mittelsudan, als dessen "natürlicher Mittelpunkt" im Text der Tschadsee
angegeben wird, und den Ostsudan, geht der Autor nicht weiter auf die Bevölkerung ein.
Abschliessen schreibt der Autor auf den Seiten 29-30 unter dem Titel "Die gegenwärtige Lage im Sudan" über
die Chancen und Problem der Sudanzone:
...Das französische Kolonialgebiet ist 1958 in eine Reihe selbständiger Republiken aufgelöst worden, die aber vorerst in
der Französischen Gemeinschaft verbleiben. Es sind Mauretanien, Senegal, Sudan, Obervolta, Nigerien und Tschad.
Der Sudan ist eine der zukunftsreichsten Landschaften Afrikas. Er bietet noch Millionen Negern einen ausreichenden
Lebensraum. Allerdings müssen die gefährlichen Seuchen der Menschen und Tiere beseitigt, die Anbaugebiete erweitert
und die Anbaumethoden verbessert werden. Auch müssen noch mehr Verkehrswege den mittleren und östlichen Sudan
erschliessen. Vor allem aber fehlt es noch sehr an Arbeitskräften, nachdem durch die Sklavenjagden vom 15.-19. Jh. rund
100 Mill. Neger verschleppt und durch die grausame Gewaltherrschaft einheimischer Häuptlinge weitere Millionen von
Eingeborenen umgekommen sind. Erst wenn diese und manche andere Schwierigkeiten überwunden sein werden, kann die
Grosslandschaft, die einst der Schauplatz grausamer Sklavenjagden war, durch ihre Ernten an Reis, Baumwolle und
Erdnüssen sowie durch die Erzeugnisse ihrer Viehzucht Europa versorgen helfen.
(Zum Sklavenhandel siehe auch die Seiten 192 und 197 dieser Arbeit.) Der abgedruckte Text über den Sudan
ist nicht nur sehr ausführlich, sondern grösstenteils sachlich geschrieben. Die Idee der Versorgung Europas
durch den afrikanischen Kontinent, die an anderen Stellen des Bandes immer wieder aufgegriffen wird und die
wohl als zentrale Idee des Bandes betrachtet werden kann, steht im Gegensatz zu den in den Lehrmitteln der
siebziger und achtziger Jahren vertretenen Sichtweise.
Obwohl oft das Gegenteil behauptet wird, hat der Autor mit seiner Prognose zur Versorgung zusätzlicher
Millionen von Menschen im Sudan recht. Allerdings ist dies nur ohne Nahrungsmittelknappheit möglich, wenn
die Anbauformen angepasst und die Verbindungen zwischen den einzelnen Zentren ausgebaut werden. Eine
allfällige Klimaerwärmung könnte sich jedoch langfristig als äusserst ungünstig für die Bewirtschaftung
erweisen.
Auf den Seiten zum Sudan finden sich auch zwei Zeichnungen (siehe weiter unten in dieser Arbeit), sowie
eine Karte zu "Reisewegen deutscher Afrikaforscher" (S. 28), ein Ländersteckbrief zum Staat Sudan (S. 29)
und zwei ganzseitige Fotos mit den folgenden Beschreibungen:
"TAFEL III: Landschaft in Nordkamerun. In diese vulkanische Landschaft südlich des Tsad-Sees sind mehrere Gehöfte mit
Kegeldachhütten eingebettet. Ihre Bewohner bauen unten in der Ebene Hirse an und müssen von dort auch das nötige
Wasser holen. Die hohen Euphorbien (Wolfsmilch-Arten) und Akazien an den Hängen spenden kaum Schatten."
"TAFEL IV: Primitiver Ackerbau in Nord-Äthiopien... Trotz aller Bemühungen des Kaisers um eine Modernisierung der
Landwirtschaft wird der Ackerbau in vielen Gebieten Äthiopiens noch mit dem Hakenpflug betrieben, der nur den Boden
an der Oberfläche aufreisst, ohne ihn umzuwenden. Die eintönige Landschaft mit den kahlen Bergen, die bis zu 2'000 m
aufsteigen, trägt nur eine dürftige Vegetation."
"Eine Negerfrau formt mit der Hand Tongefässe" (S. 25)
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 193
Geographielehrmittel: Länder und Völker (60er Jahre)
"Wadaikrieger mit wattierten Rüstungen" (S. 26)
4.17.3
Äquatorialafrika
Im nächsten Kapitel beschreibt der Autor "Äquatorialafrika" in den vier Abschnitten "Oberguinea - Das wichtigste Kakaoland der Erde" (S.31-32), "Kamerun - Klima und Wirtschaftsleben" (S.32-35), "Das Kongogebiet Das grösste Urwaldgebiet Afrikas" (S.35-41) und "Das Katangagebiet" (S.41-42).
Nach einem Text zu Landschaft und Klima Oberguineas auf der Seite 31, folgt auf Seite 32 die Beschreibung
des Wirtschaftslebens und der Bewohner, sowie auf Seite 33 eine Beschreibung von Liberia. Über das Wirtschaftsleben heisst es auf der Seite 32:
Schon die Bezeichnungen der einzelnen Küstenstrecken deuten darauf hin, dass Pfeffer, Gold, Elfenbein und Sklaven hier
alte Handelsgüter waren. Heute allerdings sind sie durch andere Waren abgelöst worden. Die Urwälder liefern edle Hölzer.
In der Nähe der Küste haben die Europäer Pflanzungen von Kakao und Kokospalmen angelegt. Da aber das feucht-heisse
Klima den Europäern einen längeren Aufenthalt unmöglich macht, haben unter ihrer Anleitung die Eingeborenen den
Anbau von Kakao mehr und mehr selbst in die Hand genommen. An der Goldküste schätzt man die Zahl der eingeborenen
Kakaobauern auf 300'000. Der Erfolg dieser Wirtschaftsweise ist überraschend. Heute wird die Hälfte der Kakaoernte der
Welt an der Küste von Oberguinea erzeugt und zum grossen Teil über den Kakaohafen Akkra versandt. Die Pflanzungen
der Palmen bringen reiche Erträge an Palmöl und Palmkernen ein. Die Kokospalme gedeiht nur in der Küstenzone im
Bereich der feuchten Seeluft sie liefert die Kokosnuss. Aus ihrem Kern gewinnt man Kopra, das zu Speisefett verarbeitet
wird. Die Ölpalme ist dagegen im Urwald weit verbreitet. Sie ist die ölreichste Pflanze der Welt. Die pflaumengrossen
Früchte sitzen in Bündeln zu 800-1000 Stück beisammen. Jeder Baum hat 6-15 solcher Bündel. Aus dem Fruchtfleisch
presst man Öl, mit dem Seife und Kerzen hergestellt werden. Aus den Kernen gewinnt man Öl für Margarine und
Speisefett.
(Zum Kakaoanbau siehe auch die Seiten 224 und 274 dieser Arbeit.) Wie bereits im Text zum Sudan erwähnt,
kommt auch hier wieder die Betonung auf die Wirtschaftlichkeit der Unternehmungen klar zum Ausdruck.
Ausserdem verrät der Autor, trotz der von einigen Länder bereits erworbenen Unabhängigkeit, die damaligen
Kräfte, wenn er schreibt, dass die "Eingeborenen" die Arbeit für die Europäer erledigen würden, da das Klima
angeblich zu feucht und heiss für sie sei. Hier wird also einmal mehr das Klischee vom Schwarzen präsentiert,
der unermüdlich in der sengenden Sonne seine monotone Arbeit verrichten kann.
"Kakaoernte an der Goldküste"
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 194
Geographielehrmittel: Länder und Völker (60er Jahre)
Die Überraschung beim Aufkommen der Kakaopflanzungen liegt wohl darin, dass es sich dabei nicht um eine
von den Europäern geplante und durchgeführte Aktion handelte, sondern die afrikanischen Kleinbauern in
Westafrika die Gunst der Stunde erkannten und diese Diversifikation in Eigenregie organisierten. Auf der gleichen Seite (S. 32) findet sich die weiter oben abgebildete Zeichnung zu Ghana. Über die "Bewohner und Siedlungen" von Oberguinea fährt der Autor fort (S. 32):
...Die Eingeborenen von Oberguinea gehören zu den fortschrittlichsten Vertretern der schwarzen Rasse in Afrika. Sie sind
gross, kräftig und fleissig und waren daher früher auf den Sklavenmärkten besonders begehrt. Die Orte an der Küste sehen
sauber und freundlich aus. Lome, die Hauptstadt der früheren deutschen Kolonie Togo und früher eine der schönsten
Städte Westafrikas, hat sich nicht in gleichem Masse wie die übrigen Städte an dieser Küste weiterentwickelt. Akkra bietet
ein recht malerisches Strassenbild. Die Frauen tragen grossgemusterte Stoffstreifen in bunten Farben. Baumwolle wächst ja
im Lande, Weberei und Färberei stehen auf hoher Stufe. Im Strassenbild fallen viele bebrillte junge Neger auf. Es sind
Studenten des Prince-of-Wales-College, das in Schimota nördlich Akkra liegt... Lagos ist der grösste Hafen und die
Hauptstadt von Britisch-Nigeria, das dem Mutterland ein Drittel seines Bedarfes an Öl und Fett lieferte.
Diese Beschreibung des Küstengebietes trifft bis zu einem gewissen Grade auch heute noch zu. Allerdings sind
die Küstenstädte seit dem Erscheinen von "Länder und Völker" in einem gewaltigen Tempo gewachsen, so
dass Accra, die Hauptstadt Ghanas, heute gegen 2 Millionen Einwohner zählt. Im Anbetracht dieser "Überbevölkerung" der Städte hat sich auch das dortige Erscheinungsbild gewandelt. Zwar gibt es beispielsweise in
Accra immer noch sehr vornehme Quartiere, die an idyllische Zustände in gewissen Gegenden Europas erinnern, doch für die meisten Stadtteile ist die teilweise offen geführte Kanalisation und der stetig zunehmende
Verkehr zu einem Problem geworden.
Nach einer Bemerkung über die Fruchtbarkeit der Küstenzone fährt der Autor auf den Seiten 32-33 fort:
...Die Neger haben keinen eigenen Grundbesitz. Jeder Familie wird vom Häuptling ein Stück Land zugeteilt. Die vielen
kleinen Negerbetriebe einer Dorfgemeinschaft bringen reiche Ernten auf den Markt. Den wachsenden Wohlstand erkennt
man deutlich an den grossen, belebten Dörfern, die mehr und mehr an den Verkehr angeschlossen werden. Sie liegen im
immergrünen Regenwald. Stichbahnen führen von der Rüste ins Innere. Die frühere Kronkolonie Goldküste wurde 1957
ein unabhängiger Staat (Dominion) unter dem Namen Ghana im Rahmen der englischen Völkergemeinschaft. Auch die
franz. Kolonien Elfenbeinküste und Dahome sind 1958 selbständige Republiken geworden; nur Guinea hat sich von
Frankreich losgesagt. Togo und Brit.-Nigerien erhalten 1960 ihre Unabhängigkeit.
Die damals bereits gebauten Bahnlinien sollten in späteren Jahren nicht weiter ausgebaut werden. Auch das
Versprechen eines zunehmenden Wohlstandes erfüllte sich für die Länder der Westküste nicht. Nach kurzer
wirtschaftlicher Blüte verschuldeten sich die neuen Staaten aufgrund politischer Entscheidungen und dem
Zerfall der Rohstoffpreise, wie etwa für Kakao, immer mehr. Die Frage des Grundbesitzes wurde in der
Zwischenzeit geregelt. Nach wie vor sind die "Häuptlinge" für den "Verkauf", es handelt sich dabei um ein
Erbpachtsystem, zuständig. Die neuen Besitzer werden aber beispielsweise in Ghana in ein national geführtes
Kataster eingetragen und die Besitzverhältnisse so amtlich festgehalten.
Der letzte Abschnitt zu Oberguinea auf der Seite 33, auf der sich auch eine Karte "Die Oberguineaküste und
ihr Hinterland" findet, widmet der Autor der Republik Liberia, über die er schreibt:
An der Südwestecke von Oberguinea liegt die unabhängige Negerrepublik Liberia. Sie wurde 1822 von Negersklaven
gegründet, die Amerikaner nach Afrika zurückgebracht hatten. Die Republik wird von 1,3 Millionen Menschen bewohnt.
Die Hauptstadt Monrovia gleicht einer Gartenstadt mit einem unfertigen Stadtbild aus Lagerhäusern, Öltanks,
Verladerampen und aus neuzeitlichen Häusern, Bretterbuden und Wellblechhütten. Sie zählt 30'000 Einwohner. Der
grösste Teil des Landes ist ein von Elefanten belebter Urwald, in dem die Neger sich auf Lichtungen ihre Dörfer aus
Rundhütten erbaut haben. Nur Saumpfade führen zu diesen Siedlungen. In der Nähe von Monrovia hat eine amerikanische
Gesellschaft seit 1926 die grössten Gummiplantagen der Welt angelegt, auf denen heute 10 Millionen Gummibäume
stehen und 25'000 Eingeborene arbeiten. Monrovia erhielt während des letzten Weltkrieges einen Flughafen und den
bedeutendsten Seehafen der Westküste.
Liberia war bis vor kurzem ein vom Bürgerkrieg geplagtes Land. Viele Menschen suchten als Flüchtlinge
Zuflucht in den Nachbarländern, die teilweise in einem Ausmass Hilfe leisteten, das für viele europäische
Staaten beschämend wirken muss.
Im zweiten Teil des Kapitels Äquatorialafrika beschreibt der Autor unter dem Titel "Kamerun - Klima und
Wirtschaftsleben" auf den Seiten 33-35 die geographischen Gegebenheiten und den Anbau von Kakao - die
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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Geographielehrmittel: Länder und Völker (60er Jahre)
Kakaoanbaugebiete werden auf einer Karte auf Seite 34 dargestellt -, Kaffee und Bananen. Über die einheimische Bevölkerung wird nur ausgesagt (S. 35):
Heute besitzen auch die Neger ansehnliche Pflanzungen und liefern beträchtliche Mengen auf den Weltmarkt.
Im nächsten Teil auf den Seiten 35-40 unter dem Titel "Das Kongogebiet - Das grösste Urwaldgebiet Afrikas"
schreibt der Autor, nach einer Schilderung des Urwalds, in der auch Leo Waibel kurz zitiert wird, und der
"Luftbewegung zwischen dem Äquator und dem Wendekreis", im Abschnitt "Der Mensch im Urwald" auf den
Seiten 38-40 folgendes (S. 38):
...Der Urwald ist im Gegensatz zu den angrenzenden offenen Landschaften arm an Menschen. Es fehlt nicht nur an
Siedlungsraum; es fehlt auch mitten in der Pflanzenfülle an Nahrung. Die Jagd bringt nicht viel ein, nur die Flüsse sind
reich an Fischen. Der Urwaldneger lebt hauptsächlich von Bananen und von den Früchten der Ölpalme. Ausserdem pflanzt
er auf dem mühevoll gerodeten Urwaldboden Bohnen, Melonen, Kürbisse, Maniok, Yams (eine Knollenfrucht), Taro (mit
kopfgrossen Knollen) und Tabak an. Fast immer sind daher die Urwalddörfer von Bananen- und Ölpalmenhainen
umgeben. Um seinen Bedarf an Fleisch zu decken, züchtet der Neger Schweine, Hühner, Enten, Schafe und Ziegen. Pferde
und Rinder können wegen der Tsetsefliege im Urwald nicht gehalten werden. Der Mangel an Fleischnahrung hat vielleicht
die furchtbare Sitte der Menschenfresserei, den Kannibalismus, verursacht.
Das Thema "Kannibalismus" wird auch im Geographiebuch von Widrig von 1967 (siehe dazu die Seite 139
dieser Arbeit), und in Oskar Bärs "Geographie der Kontinente" von 1984 (siehe dazu die Seite 339 dieser
Arbeit) aufgegriffen und fand seinen Niederschlag auch im Comic, wie das auf der Seite 486 dieser Arbeit
abgebildete Beispiel zeigt. Selbst Autoren von Tierbüchern waren sich nicht zuschade, in ihrer Argumentation,
den Völkern Afrikas "Menschenfresserei" zu unterstellten (siehe dazu die Seite 273 dieser Arbeit). Und im
Witz gehört der den Missionar verspeisende "Wilde" längst zum Allgemeingut. Sowohl in der Enzyklopädie
"Encarta 97" als auch in "Infopedia 1996" finden sich keine eindeutigen Hinweise auf einen in Afrika praktizierten Kannibalismus. Im Grolier hingegen heisst es: "In the cannibalism traditionally practiced in Sierra
Leone... by the leopard society, members of this secret society claimed they turned into leopards, after which
they disemboweled their enemies and ate portions of the corpses." (Grolier, 1993) Allerdings gibt Grolier in
der Quellenangabe auch das Buch von W. Arens "The Man-eating Myth" an, welches frühe Berichte über den
Kannibalismus als unglaubhaft bezeichnet, da der spanische König Ferdinand V. 1503 die Verwendung von
"Menschenfressern", und nur von diesen, als Sklaven in den neu entdeckten Gebieten erlaubte. Die königliche
Proklamation erwies sich auf der Suche nach Sklaven natürlich als äusserst hilfreich. Später diente der
Vorwurf der Menschenfresserei in erster Linie dazu, einen Vorwand zu finden, andere Völker zu unterwerfen.
Ausserdem scheint die Zuweisung der Menschenfresserei eine Eigenschaft zu sein, die viele Völker betrifft. So
berichtet der Schwarzafrikaner Olaudah Equiano in seinem "The Interesting Narrative of the Life" von 1789
davon, dass viele der gefangenen Schwarzafrikaner glaubten, die Weissen würden sie als Nahrungsvorrat auf
ihre Schiffe schleppen. (Equiano, 1789) Der Autor fährt fort (S. 38f.):
So lebt der Urwaldneger zwar unbekümmerter und sorgloser als der Neger der Grasländer und Savannen, da er ja für eine
Trockenzeit nicht zu sorgen hat. Allein sein Leben ist doch entbehrungsreich und ärmlich. Er ist kleiner und gedrungener
als der Sudanneger. Seine Hütte ist entweder ein einfaches Blätterdach aus Palmen- und Bananenblättern oder eine runde,
mitunter auch viereckige Hütte aus Flechtwerk, die mit Palmstroh gedeckt wird. Zum Schutze gegen wilde Tiere und gegen
Überschwemmungen steht sie oft auf Pfählen oder in Bäumen. Die Dörfer liegen meist an einem Fluss, auf einer Flussinsel
oder auf gerodeten Lichtungen im Urwald. Die Bewohner leben in Dorfgemeinschaften, da der Urwald keinen grösseren
Zusammenschluss zulässt.
Einer der im Text erwähnten Haustypen ist auf einer Zeichnung (S. 39) abgebildet:
"Bantuneger vor ihrer strohbedeckten Lehmhütte"
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 196
Geographielehrmittel: Länder und Völker (60er Jahre)
Der Autor fährt auf der gleichen Seite fort (S. 39):
Der Urwaldneger gehört von Kamerun an südwärts zur Gruppe der Bantuneger. Ihre Kultur ist niedriger als die der
Sudanneger. Sie verstehen Webarbeiten und Schnitzereien herzustellen. Sie haben auch eine Trommelsprache entwickelt,
mit der sie sich ausgezeichnet auf weite Entfernungen verständigen. An den Küsten, an den Flüssen und in der Nähe von
Pflanzungen und Missionsstationen, wo die Bantuneger mit den Europäern in Berührung kommen, haben sie sich oft zu
geschickten und brauchbaren Arbeitern entwickelt.
Auch in diesem Text steht wieder die wirtschaftliche Nutzbarkeit der Menschen des geschilderten Gebietes im
Vordergrund. Die Einstufung der Kultur wird auch hier auf der Basis des materiellen Wohlstandes vollzogen,
andere Beurteilungskriterien werden bei der Bewertung nicht beigezogen. Die "unterste" Stufe auf dieser
Kulturleiter nehmen immer die mit den wenigsten materiellen Gütern versehenen Völker ein. So auch im Band
"Länder und Völker" (S. 39):
Noch tiefer als die Urwaldneger stehen die Zwergvölker oder Pygmäen, die in schwer zugänglichen Wald- und
Sumpfgebieten scheu und zurückgezogen leben. Man schätzt ihre Zahl auf 40'000. Sie sind nur 90-140 cm gross und
schliessen sich noch viel weniger als die Bantuneger zusammen, weil sie nur in kleinen Horden ausreichend Nahrung
finden.
(Zu den "Pygmäen" siehe auch die Seiten 186 und 213 dieser Arbeit.) Bei dieser Einteilung in verschiedene
Stufen wird das Hauptmerkmal der eigenen Kultur, für Europa der materielle Wohlstand, als Messlatte
benutzt. Je nach Wahl der Kriterien könnte die Einteilung auch ganz anders ausfallen, ist also nicht
"gottgegeben".
Der Autor schliesst seine Betrachtungen über den Menschen im Urwald mit einer Beschreibung der Schwierigkeiten bei der Erschliessung des Gebietes, welcher der Ausnützung des "natürlichen Reichtums" im Wege
ständen (S. 39f.):
...Wertvoll sind vor allem die Ölpalme, der Kautschukbaum, dessen Saft den Gummi liefert, ferner der Kolabaum, dessen
nussartige Samen von den Negern als Stärkungsmittel genossen werden und von den Weissen zu Arzneimitteln
(Kolapastillen) verarbeitet werden, ferner der Kapokbaum und Edelhölzer, wie Ebenholz, Blauholz Mahagoni- und das
harte Eisenholz...
Die im Text erwähnten Samen des Kolabaumes (Cola acuminata) werden in den englischsprachigen Ländern
Schwarzafrikas als "colanut" bezeichnet. Die Samen enthalten neben Stärke, Zucker, Fett und Eisweiss ca. 2%
Koffein und 0.05% Theobromin und werden zur Herstellung von Erfrischungsgetränken verwendet. In Westafrika werden die Kolasamen gegen Hunger, Durst und Müdigkeit gekaut, darüberhinaus sind sie Bestandteil
gewisser ritueller Handlungen, so beispielsweise im Norden Ghanas bei der Überbringung des "Brautpreises",
wo sie unabdingbar sind. Im Sudan werden die Samen gemahlen und mit Milch und Honig als Getränk genossen. Da sie einen bitteren Geschmack aufweisen und zudem die Zähne rötlich färben, hat die "colanut" besonders bei den Stadtbewohnern an Bedeutung verloren. (Lötschert/Beese 1992, S. 212-213)
Immer noch unter dem Titel "Das Kongogebiet" folgt auf den Seiten 40-41 eine Beschreibung des Kongobekkens und des Laufes des Kongo. Zur Politik der belgischen Kolonialmacht heisst es auf Seite 41:
...Stanley durchquerte als erster Weisser 1876-1877 das ganze Kongobecken von Osten nach Westen unter unsäglichen
Gefahren. Schon damals sagte er dem Kongogebiet eine grosse Zukunft voraus. Diese Prophezeiung ist in der belgischen
Kongokolonie in Erfüllung gegangen. Sie ist fast 80mal so gross wie Belgien. Ihre schwarze Bevölkerung wird auf 13
Millionen geschätzt. Es sind Bantuneger, die ungleich über die Kolonie verteilt sind. Zwischen ihnen leben einige
zehntausend Pygmäen. Die belgische Kolonialregierung versucht gegenwärtig, die Pygmäen zu sesshaften Ackerbauern
umzuschulen. Die Dörfer der Neger liegen hauptsächlich an den Flüssen. Durch die Sklavenjagden und durch die
Schlafkrankheit wurden ganze Flussstrecken entvölkert. Heute sind zahlreiche Städte an den Flussstrecken entstanden. Bei
Leopoldville wurde 1954 sogar eine Universität errichtet...
(Zur Schlafkrankheit siehe auch die Seiten 157 und 202, zum Sklavenhandel die Seiten 193 und 204 dieser
Arbeit.) Interessanterweise verschweigt auch dieses Lehrmittel die Zeit als Belgisch-Kongo im Besitz des
belgischen Königs Leopold II. war. Sie wird nur gerade vom Lehrmittel "Seydlitz: Mensch und Raum" von
1987 auf der Seite 133 erwähnt. Die unter Leopold II. herrschende Unterdrückung führte zu Beginn des Jahrhunderts zu Aufständen und dem internationalen Ruf nach einer Untersuchungskommission. Diese stellte 1904
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 197
Geographielehrmittel: Länder und Völker (60er Jahre)
fest, dass die Schwarzafrikaner von den dort agierenden Handelsgesellschaften wie Sklaven behandelt wurden.
Da die von König Leopold II. darauf eingeleiteten Reformen sich als wenig wirksam erwiesen, wurde das
Gebiet 1908 vom belgischen Parlament als Kolonie Belgiens übernommen.
Im letzten Teil zu Äquatorialafrika folgt auf den Seiten 41-42, auf denen sich auch eine Karte über die "Kupferförderung" (S. 41) und der Ländersteckbrief zu "Äquatorialafrika" (S. 42) befindet, eine Beschreibung der
Demokratischen Republik Kongo unter dem Titel "Das Katangagebiet":
Noch viel bedeutender und wertvoller aber ist der Reichtum an Bodenschätzen, der im Katangagebiet erschlossen worden
ist. Hier wird eines der grössten Kupfererzvorkommen der Erde ausgebeutet. Hinzu kommen Zinn, Zink Wolfram,
Mangan, Eisen, Nickel, Gold, Silber, Diamanten, Platin und in jüngster Zeit sogar Uran und andere radiumhaltige Erze in
grossen Mengen. In der nur wenige Kilometer nordöstlich von Elisabethville entstandenen Stadt Schinkolobwe wird heute
über die Hälfte der Weltproduktion an Uran gefördert. Um diese Bodenschätze abzubauen und zu verarbeiten, hat man
mitten im tropischen Afrika eine grosse Industrielandschaft gegründet. Hier rauchen die Schlote der Hochöfen und
Hüttenbetriebe, hier rattern die Räder der Fördermaschinen wie in einem europäischen Industrierevier. Zahlreiche Kupferund Zinngiessereien, Maschinenfabriken, Werke für Eisen- und Metallwaren, Ölraffinerien, Textilfabriken, Zement- und
Kalkwerke, Ziegeleien und Sägewerke sind entstanden. Die überreichen Wasserkräfte sowie die Kohlengruben in Katanga
und in dem nahen Nordrhodesien liefern die notwendigen Energien. An Stelle der Negerdörfer sind Städte mit Gasthöfen,
Lichtspielhäusern, Vergnügungsstätten und Kaufläden getreten. In den Städten wohnt ein Viertel der Kongobevölkerung.
Der Neger hat fast nur noch die Hautfarbe mit seinen Urwaldverwandten gemeinsam. Im übrigen ahmt er europäische
Sitten nach...
Unter der langen Herrschaft Mobutus, der das Land nach einem Putsch von 1965-1997 ununterbrochen regierte, verfielen diese Anlagen zusehend, da sein Regime nicht die Entwicklung des Landes in den Vordergrund
stellte, sondern mehr an der eigenen Bereicherung interessiert war. Trotz dieser offensichtlichen Misswirtschaft wurde Mobutu vom Westen aus politischen Gründen bis wenige Wochen vor seinem Sturz gestützt und
war lange - auch in der Schweiz, wo er eine eigene Villa besass - ein gern gesehener Gast.
Auch die neue Regierung Kabilas setzt darauf, dass andere Nationen die Politik der herrschenden Schicht im
Anbetracht der noch auszubeutenden Diamantenvorkommen dulden werden, auch wenn diese bei weitem nicht
immer der internationalen Norm entspricht.
4.17.4
Ostafrika
Auf den Seiten 43-58 beschreibt der Autor das Gebiet von "Ostafrika". Das erste Unterkapitel behandelt "Das
Hochland von Äthiopien - Eine Felsenburg". Nach einem Abschnitt über die Anreise im Flugzeug (S. 43), die
Entstehung des Hochlandes und das Klima, schreibt der Autor in "Landschaftliche Gliederung" auf Seite 44f.:
...Über der Waldzone liegt von 1'700 bis 2'400 m Höhe das "Weinland", in dem aber heute kein Wein mehr angebaut wird.
Hier gewinnt die verhältnismässig dichte Bevölkerung gute Ernten an Baumwolle, Bananen, Bohnen und Kaffee. Die
Landschaft Kaffa im Süden gilt als die Heimat des Kaffeestrauches. In den Zonen des Wald- und Weinlandes leben
zahlreiche Wildtiere, Heuschrecken bilden eine gefürchtete Landplage; sie vernichten oft die Ernte.
(Zu den Heuschrecken siehe auch die Seiten 145 und 203 dieser Arbeit.)
Zwischen 2'400 und 4'500m Höhe dehnen sich Hochweiden aus. Ihr dichter Grasteppich gleicht in der Blütezeit einer
buntfarbigen Fläche. Herden von Rindern (im ganzen 20 Mill.), Eseln, Ziegen, Schafen (im ganzen 30 Mill.) und Pferden
werden hier gehalten; ausserdem ziehen unzählige Wildtiere durch diese offene Landschaft. Bis zu einer Höhe von 3'800 m
wird Getreide angebaut... Zu alledem kommen reiche Bodenschätze an Eisenerzen, Gold, Silber, Platin, Erdöl, Kohle und
Kali. Allein wegen der Unwegsamkeit des Berglandes können alle diese Wirtschaftsgüter nur ganz ungenügend ausgenutzt
werden.
Wie schon in anderen Lehrmitteln finden sich auch in diesem Text keine Erwähnungen von Dürren oder einer
Unterversorgung mit Lebensmitteln. Im Gegenteil, der Autor berichtet von zahlreichen Wild- und Haustieren.
Auf den Seiten 44 und 45 finden sich auch die beiden weiter unten wiedergegebenen Zeichnungen:
Bei der Abbildung des Wappens handelt es sich, abgesehen von den verstreut wiedergegebenen Landesflaggen, um die einzige symbolische Repräsentation eines schwarzafrikanischen Gebietes, die in sämtlichen der
untersuchten Lehrmitteln zu finden war. Der Grund liegt wahrscheinlich in der Sonderstellung Äthiopiens
unter den Staaten Schwarzafrikas. Als einziger Nation blieb Äthiopien über mehrere Jahrhunderte hinweg
mehr oder weniger bestehen.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 198
Geographielehrmittel: Länder und Völker (60er Jahre)
"Äthiopisches Mädchen" (S. 44)
"Das Wappen Äthiopiens" (S. 45)
Ebenfalls auf der Seite 45 befindet sich ein Abschnitt "Die Bevölkerung", über die der Autor schreibt:
...Auf dem Hochland hat sich einer der ältesten Staaten der Menschheit entwickelt. Es ist das Kaiserreich Äthiopien, das
nach der Vertreibung der Italiener wieder ein selbständiger Staat ist.
Seine ursprüngliche Bevölkerung waren Neger. Im 2. Jahrtausend v. Chr. drangen von Norden her hamitische Völker ein
und drängten die Neger zurück. Sie brachten den Ackerbau mit. Wenige Jahrhunderte v. Chr. kamen aus Arabien
semitische Stämme, die viehzüchtende Nomaden waren. Im 16. Jahrhundert n. Chr. wanderten von Südosten hamitische
Gallavölker ein, die Negerblut in ihren Adern hatten. So entstand in Äthiopien eine Mischung aus mehreren Rassen. Dabei
überwiegt der semitisch-hamitische Einschlag. Mit Recht führt daher das Hochland den Namen "Habesch", d. h. "Land der
Vermischung".
Der Äthiopier hat eine schlanke Gestalt, kastanienbraune Haut, dichtes Kraushaar und regelmässige Züge. Er ist stolz und
kriegstüchtig. Schon früh, im 4. Jahrhundert n. Chr., drang von Ägypten her das koptische Christentum ein und wurde zur
Staatsreligion. Daher ist das Land eine christliche Insel in einer islamischen Umwelt.
Die Ausprägung des Christentums in Äthiopien nahm unter Zara Jakob Mitte des 15. Jahrhunderts militante
Formen an: Er zwang seine Untertanen Glaubensbekenntnisse in der Form von Tätowierungen zu tragen und
richtete eine Inquisitionsstelle ein. (Ki-Zerbo 1984, S.186) Den Betrachter der neunziger Jahre erinnert das
aktuell praktizierte Christentum der Äthiopier rein äusserlich an islamische Formen.
Die Eroberung Äthiopiens durch die Italiener 1935 sahen viele Afrikanern als Schlag gegen ihre Unabhängigkeitsbemühungen an, wurde doch dadurch das letzte "afrikanische" Land Kolonie einer europäischen Macht.
Zum Thema "Staat und Wirtschaft" schreibt der Autor auf den Seiten 45-46:
Der äthiopische Staat erstreckte sich einst bis nach Arabien, Ägypten und Ostafrika. Sein Alter und Ansehen spiegeln sich
noch im Königstitel wider. Der heutige Herrscher nennt sich "Haile Selassie I., von Gottes Gnaden König der Könige,
Statthalter der Gottheit, Löwe von Juda, Sohn des Himmels, erhabener Herr der Erde und der Gewässer, Beherrscher
Äthiopiens, würdigster, grösster Herr, alleiniger Erbe des Thrones Salomonis".
Eine zahlenmässig geringe Oberschicht ist Eigentümer des Landes, das von der Masse der früher leibeigenen Bauern und
der einstigen Sklaven bearbeitet wird. Die Bewirtschaftung ist noch recht rückständig. Die Bevölkerung lebt in Dörfern
und Marktplätzen. Die einzige Grossstadt ist Addis Abeba. Sie ist sehr weiträumig angelegt und bedeckt eine Fläche so
gross wie Paris. Die meisten Häuser liegen als Kegeldachhütten zwischen Gärten und Feldern. Die Strassen durchflutet ein
buntes Menschengewimmel. Auf einem Hügel erhebt sich der von Mauern umschlossene Kaiserpalast...
Weiter heisst es auf Seite 46, auf der auch der Ländersteckbrief zu "Äthiopien und Somaliland" abgedruckt ist:
In dem Kriege mit Italien wurden viele Siedlungen zerstört Der Kaiser Haile Selassie I. beseitigt gegenwärtig mit Hilfe
amerikanischer und europäischer Fachleute die Schäden und schafft die Grundlagen für eine bessere Entwicklung des
reichen Landes. Ein Strassennetz wird durch das Innere des Landes angelegt, damit die unermesslichen Viehherden, die
Erzeugnisse des Ackerbaues, die gewaltigen Holzbestände und die kaum erschlossenen Bodenschätze nutzbar gemacht
werden können. Auch Fluglinien im Land und nach Kairo, Nairobi und Karatschi sind eingerichtet worden. Der Kaiser
verwendet ein Drittel der Staatsausgaben, um die Jugend zu erziehen und Handwerker heranzubilden. 1950 wurde das
früher italienische Eritrea als selbständiger Bundesstaat mit Äthiopien vereinigt. Dadurch erhielt dieses Land einen Zugang
zum Meer. Die italienischen Ansiedler, die Amharafrauen heirateten, durften im Lande bleiben, da die Äthiopier ihre
Aufbauarbeit zu würdigen wissen.
Ein Beispiel für den pragmatischen Umgang der meisten schwarzafrikanischen Staaten mit den damaligen
"Repräsentanten" der Kolonialmächte. Nur in sehr wenigen Staaten wurden die angesiedelten Europäer mit
Gewalt des Landes verwiesen. (Zu Äthiopien siehe auch die Seiten 226 und 266 dieser Arbeit.)
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 199
Geographielehrmittel: Länder und Völker (60er Jahre)
Seit 1993 ist Eritrea wieder ein eigenständiger Staat. Mit einer Bemerkung über den Tana-See, der wie
vermerkt, "sechsmal so gross wie der Bodensee" ist und den Ursprung des Blauen Nils bildet, schliesst der
Autor seine Betrachtungen über Äthiopien und wendet sich in einem kurzen Abschnitt der Somalihalbinsel zu.
Über deren Bewohner schreibt er auf der Seite 47:
...Die Bewohner sind Somalineger. Ihre hellbraune Hautfarbe, ihr hoher Wuchs, ihr schmales Gesicht und ihr gelocktes
Haar verraten hamitische Blutmischung. Sie gehören der mohammedanischen Religion an. Ihren Lebensunterhalt
gewinnen sie durch Viehzucht. Ackerbau wird nur in den Tälern, deren Flüsse von Galeriewäldern begleitet werden,
betrieben. Die Bevölkerungsdichte ist gering; auf 1 qkm kommen kaum 3 Bewohner. Äthiopien, Italien und England teilen
sich in die Halbinsel. Italienisch-Somali wird 1960 unabhängig werden.
Nach Bürgerkriegswirren in Somalia seit dem Ende der achtziger Jahren haben sich die verfeindeten Gruppierung rund 10 Jahre später darauf geeinigt, die Kampfhandlungen einzustellen.
Im nächsten grossen Kapitel auf den Seiten 47-55 beschreibt der Autor unter dem Titel "Das ostafrikanische
Seen- und Grabengebiet" die Länder Kenia, Uganda und das Gebiet des heutigen Tansanias. Nach einer
Beschreibung der "Landschaft" (S. 47-48) und einer Karte "Die ostafrikanischen Grabenzonen" auf der
Seite48, schreibt der Autor in "Klima und Pflanzenwelt" (S. 48-49) auf der Seite 49 über die heimische Bevölkerung des Hochlandes:
Hier ziehen die viehzüchtenden Neger mit ihren Ziegen-, Schaf- und Rinderherden von Weideplatz zu Weideplatz....
...Jetzt [nach Einsetzen der Regenzeit, Anm. des Verfassers] braucht der viehzüchtende Neger nicht mehr neue
Weidetriften aufzusuchen; der landbauende aber beginnt mit der Aussaat seiner Feldfrüchte...
Auf der Seite 50 beginnt der Autor mit einer ausführlichen Beschreibung der Bevölkerung mit der folgenden
Gliederung: "Die hamitischen Negerstämme" (S. 50), "Die Bantuneger" (S. 50-51), "Inder und Araber"
(S.51-52) und "Europäer" (S. 52-54), denen der längste Abschnitt gewidmet ist. Über die Massai heisst es auf
der Seite 50 (siehe auch die beiden Zeichnung der Seiten 2 und 50, die auf der Seite 190 dieser Arbeit, respektive anschliessend an den folgenden Text abgedruckt sind):
...Sie wohnen heute zwischen dem Kenia, dem Kilimandscharo und dem Viktoria-See. Ihre Raubzüge dehnten sie früher
bis nach Äthiopien aus; denn sie waren der Meinung, dass Gott ihren Vätern alles Rindvieh anvertraut hätte. Sie sind gross,
kräftig und sehnig. Eine Körpergrösse von 2 m ist das Durchschnittsmass. Ihre Haut ist schokoladenbraun, ihr Haar lang
und strähnig, die Nase gerade, die Lippen schmal und geschlossen. Nie tragen die Männer eine Last auf dem Rücken. Dazu
sind sie zu stolz. Sie schleppen sie höchstens hinter sich her. Ihr Reichtum besteht in dem Besitz von Rindern. Deren Zahl
entscheidet auch, wie viele Frauen ein Mann heiraten kann. Der Schmuck der Frauen besteht aus Eisenringen und
Messingspiralen, die oft ein Gewicht von 25 Pfund und mehr haben. Die Frauen sorgen für den Haushalt. Die alten Leute
werden von der Jugend ehrfürchtig behandelt. Die Massai glauben an einen Gott und fürchten sich nicht vor Geistern. Die
Baganda in Uganda unterhalten in ihrer Hauptstadt Kampala eine eigene Negeruniversität.
"Massai vor ihrer Hütte" (S. 50)
Auf der Zeichnung sind sowohl der typische Schmuck als auch die oft abgebildete Körperhaltung mit dem
angewinkelten Bein (hier beim Jungen) dargestellt. (Zu den Massai siehe auch die Seiten 180 und 225 dieser
Arbeit.) Anschliessend an die Beschreibung der Massai folgt die ausführliche Darstellung der "Bantuneger"
auf den Seiten 50-51:
Ganz anders ist das Aussehen und das Leben der Bantuneger... Sie sind dunkelbraun bis schwarz, haben krauses Haar,
wulstige, aufgeworfene Lippen und eine breit gedrückte Nase. Sie hausen in kegelförmigen, mit Gras bedeckten Hütten.
Fenster fehlen. Die Frauen halten die Behausung sehr sauber. Zum Schlafen benutzt der Bantu ein Graslager, das mit einer
Matte oder auch mit einem Fell bedeckt wird. Manchmal ruht er auch auf einer über 4 Pfähle gespannten Kuhhaut. Auf
einer solchen nur 1,20 m langen Liegestatt muss der Neger in gekrümmter Haltung schlafen.
Entgegen der Vorurteile vom "schmutzigen und stinkenden Neger", die sich wohl aufgrund der Begegnung mit
den nach einer mehrwöchigen Schiffahrt in Amerika ankommenden afrikanischen Sklaven gebildet hatte,
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 200
Geographielehrmittel: Länder und Völker (60er Jahre)
legen viele Schwarzafrikaner sehr viel mehr Wert auf "Sauberkeit", als dies beispielsweise bei den Europäern
der Fall ist.
Der mit dem Tramper reisende Rucksacktourist, der tagelang nicht geduscht hat, vielleicht aus der Überlegung
heraus, kein kostbares Wasser zu verschwenden, stösst bei der einheimischen Bevölkerung auf Unverständnis
und wird hinter vorgehaltener Hand als "Schmutzfink" beschimpft. Im Text schreibt der Autor weiter (S. 50):
Die vereinzelt stehenden Hütten bilden ein Dorf, mehrere Dörfer einen Bezirk, den ein Häuptling leitet. Dieser nennt sich je
nach der Grösse seines Machtbereiches König oder Sultan. Er ist Richter, Feldherr, Gesetzgeber, Oberzauberer und
Steuereinnehmer. Minister stehen ihm zur Seite. Seine Felder werden von den Untertanen oder von Sklaven bearbeitet.
Nachts bleibt der Bantu in seiner Hütte, denn er fürchtet sich vor den Geistern. Um 6 Uhr früh steht er mit der Dämmerung
auf, wartet aber ab, bis sich die kühle Nachtluft erwärmt hat. Zuerst wäscht er sich und versäumt auch tagsüber keine
Gelegenheit zu baden. Bei der Arbeit wird immer gesungen oder doch gelärmt. Die Frauen sorgen für die Mahlzeit, pflegen
die Kinder, arbeiten auf den Feldern oder flechten Matten und formen Tongefässe. Die Mütter tragen auch bei der Arbeit
die Säuglinge in einem Fell auf dem Rücken.
Wird bedacht, dass viele Einheimische vor der Einführung der billigen Plastiksandalen barfuss zu gehen pflegten, und nachts Tiere wie das Skorpion zum Vorschein kommen, die im Dunkeln ohne entsprechendes Licht
nicht zu sehen sind, dann geht die beschriebene Scheu, während der Nacht die Hütte zu verlassen, sicherlich
nicht nur auf die Angst vor Geistern zurück. Im Text fährt der Autor fort (S. 51):
Ausser dem Ertrag seiner Felder, der aus Mais, Erbsen, Bohnen, Bataten, Süsskartoffeln, einer haferähnlichen Hirseart und
Erdnüssen bestehen kann, lebt der Neger vor allem von Bananen. Neuerdings baut der Neger auch Baumwolle auf eigenen
Feldern an. Seine Ernten werden oft durch Dürrzeiten, Wildtiere, besonders Wildschweine, Affen und Elefanten, und vor
allem durch Heuschrecken gefährdet oder vernichtet. Der Neger lebt im allgemeinen genügsam. Die Hauptmahlzeit am
Abend besteht aus einem Brei, den die Frauen aus Mais, Hirse und Bananen herstellen. Dazu verzehrt der Neger gerne
Erdnüsse, Hülsenfrüchte und getrocknete Fische. Wenn er aber ein Stück Wild erlegt hat, isst er Fleisch in unglaublichen
Mengen, das er am Spiess röstet. Beim Essen trinkt der Neger nicht. Das kommt vielmehr nach den Mahlzeiten und
besonders bei den häufigen Tänzen, die er leidenschaftlich liebt und vor allem bei Vollmond veranstaltet. Die Frau gilt
nicht viel. Sie ist für den Neger in erster Linie die Arbeitskraft.
In diesem Abschnitt verallgemeinert der Autor zu stark. Ausserdem wird der Eindruck erweckt, alle "Neger"
seien "mondsüchtig" und würden ihre Frauen nicht ehren. Dabei geht vergessen, dass nicht wenige Völker
Schwarzafrikas matrilinear bestimmt sind und oft den Frauen zwar ein gewisses Rollenverhalten zugeschrieben wird, diese andererseits aber grosse Achtung geniessen.
Die Religion der heidnischen Neger ist ein Geisterglaube, und zwar verehrt er die Naturgewalten und die Seelen der
Verstorbenen. Eine unheimliche Macht üben die Medizinmänner aus, die daher nicht nur geachtet, sondern geradezu
gefürchtet werden.
Diese Betrachtungsweise der traditionellen Heiler und Priester Schwarzafrikas findet sich auch in Hergés "Tim
und Struppi im Kongo". (Siehe dazu die Seite 489 dieser Arbeit.) Auf der Seite 51 findet sich folgende Zeichnung, auf der die im Text bereits erwähnte Tätigkeit der Nahrungszubereitung dargestellt ist:
"Bantufrauen mahlen Körner"
Über die Inder schreibt der Autor in einem kurzen Abschnitt (S. 51f.), dass sie die "Neger rücksichtslos"
ausgebeutet hätten. Dabei verschweigt er die Pufferolle, die ihnen durch ihre Mittelstellung zwischen europäischer Oberschicht und einheimischer Unterschicht zukam. Über die Araber heisst es (S. 52):
Araber... verbreiteten ihre Religion, den Islam, über Ostafrika. Sie errichteten überall auf dem Hochland
Handelsniederlassungen. Ihr Hauptgeschäft wurde der Handel mit Elfenbein und Sklaven. Aus einer Mischung von
Arabern und Bantunegern entstand an der Küste der Stamm der Suaheli, deren Sprache als Kisuaheli in ganz Ostafrika zur
Verkehrssprache wurde.
Kisuaheli ist heute neben dem Englischen offizielle Verkehrssprache in den Staaten Kenia und Tansania, wird
von Uganda bis Mosambik und selbst in der Demokratischen Republik Kongo von Teilen der Bevölkerung
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 201
Geographielehrmittel: Länder und Völker (60er Jahre)
gesprochen, und hat damit eine ähnliche Bedeutung für Ostafrika, wie das Hausa in Westafrika. (Zu den Hausa
und ihrer Sprache siehe Seite 29 dieser Arbeit).
Über die Europäer schreibt der Autor im Bezug auf die einheimische Bevölkerung auf den Seiten 52-54:
...Ausser Viehfarmen legten sie mit Hilfe der schwarzen Arbeiter ausgedehnte Pflanzungen an, bauten Eisenbahnen,
Strassen und Brücken, errichteten Schulen und Krankenhäuser und wurden so nicht nur die Herren der Neger, sondern
auch ihre Helfer und Lehrmeister. Sie verschafften ihnen Arbeit und Verdienst, bekämpften den Sklavenhandel und die
furchtbaren Seuchen und Krankheiten. Ausserdem erschlossen sie die reichen Bodenschätze des Hochlandes.
Die furchtbarsten Feinde der Neger sind die unscheinbaren Tsetsefliegen, die unserer Stubenfliege ähneln. Sie leben in den
feuchten Niederungen vom Senegal bis zum Sambesi, vom Tsad- See bis zum Viktoria-See. Von hier verbreiteten sie sich
über Uganda und Rhodesien. Durch ihren Stich übertragen sie die Erreger der Schlafkrankheit auf Menschen und der
Rinderpest auf Tiere. Alljährlich fallen Hunderttausende der Schlafkrankheit zum Opfer und erleiden einen qualvollen Tod.
Zuerst treten nur Fieberanfälle auf. Später schwellen die Hals- und Nackendrüsen an. Wenn die Erreger aber ins Gehirn
gelangen, wird der Kranke von unerträglichen Kopfschmerzen gepeinigt. Er wird unruhig, geistesgestört und tobsüchtig.
Allmählich wird er matt und verfällt in Schlaf. Der Kranke magert zum Skelett ab und erwartet völlig teilnahmslos sein
Ende.
Am Viktoria-See starben um 1900 in wenigen Jahren von 300'000 Negern über zwei Drittel. Ein Landstrich von der Grösse
eines mittelgrossen europäischen Staates starb vollständig aus. In Belgisch-Kongo fielen in kurzer Zeit 2 Millionen
Menschen der Schlafkrankheit zum Opfer.
Die Kolonialmächte haben auf verschiedene Weise die Schlafkrankheit auszurotten versucht. Erfolg hatte schliesslich das
von den deutschen Farbenfabriken in Leverkusen hergestellte Heilmittel Germanin oder Bayer 205. Ihm ist es zu
verdanken, wenn heute die entsetzliche Schlafkrankheit ihre Schrecken verloren hat. Das Gegenstück dieser furchtbaren
Seuche bei den Tieren ist die Rinderpest. Sie vernichtet den Viehbestand und macht den Pflugbau und den Wagenverkehr
unmöglich. Auch gegen die Rinderpest erfanden englische Forscher ein wirksames Mittel. Mit seiner Hilfe hofft man ein
Gebiet von 12 Millionen qkm vom Westsudan bis Äthiopien und bis Südafrika von der Seuche zu befreien. Dann wird der
Neger auch den Hackbau durch den viel ertragreicheren Pflugbau ersetzen können, weil er Zugvieh halten kann. Auf diese
Weise werden nicht nur die Viehherden stark vermehrt, sondern auch die Erträge des Ackerlandes gewaltig gesteigert. Und
wenn auch durch die verbesserten Lebensverhältnisse die Bevölkerungszahl wachsen wird, so werden doch wohl grosse
Mengen von Fleisch, Butter und Häuten sowie beträchtliche Ernteüberschüsse für die Versorgung von Europa zur
Verfügung stehen.
Die ausführliche Beschreibung der Schlafkrankheit lassen wie die Bemerkungen über den Pflugbau mangelndes ökologisches und im Fall der Schlafkrankheit geschichtliches Wissen des Autors erahnen, denn in Gebieten Tansanias hatte die einheimische Bevölkerung diese Krankheit ohne die Hilfe der modernen Medizin
ausgerottet, indem sie die Büsche, die der Tsetsefliege als Ruheplatz dienten, rodeten. Durch die Politik der
deutschen Kolonialmacht gegenüber den Einheimischen wurde das bis dahin herrschende Gleichgewicht
gestört. Ganze Landstriche verbuschten und die Tsetsefliege und mit ihr die Schlafkrankheit eroberten riesige
Landstriche zurück.
Die systematische Bekämpfung der Schlafkrankheit durch die Europäer wurde erst möglich, als der britische
Arzt Sir David Bruce (1855-1931) während einer Forschungsreise in Südafrika, den Erreger der Viehseuche
Nagana entdeckte und aufgrund früherer richtig Forschung vermutete, dieser sei auch für die Schlafkrankheit
beim Menschen verantwortlich. Während mehreren weiteren Reisen auf dem afrikanischen Gebiet konnte er
und seine Frau Mary Steele Bruce zwischen 1903 und 1911 nachweisen, dass der Erreger vom Tier zum
Mensch und von Mensch zu Mensch durch die Tsetsefliege übertragen wird. (Infopedia 1996; zur Schlafkrankheit siehe auch die Seiten 197 und 337 dieser Arbeit.)
Der Pflugbau hatte ebenfalls nicht vorhergesehene Auswirkungen auf die Ausschwemmung und Erosion des
Kulturlandes. Auffallend ist aber wieder der Hauptgedanke der Versorgung Europas, die trotz eines allfälligen
Bevölkerungswachstums, das tatsächlich auch auftrat, nach der Meinung des Autors keine weiteren Probleme
aufwerfen sollte. Der Autor fährt fort (S. 53):
Durch die koloniale Tätigkeit der Europäer wuchs der Wohlstand der eingeborenen Bevölkerung. Die unmenschlichen
Kämpfe unter den Stämmen hörten auf. Die Bevölkerung nimmt wieder zu. Die Neger sind nicht mehr der Willkür ihrer
Häuptlinge und Zauberer ausgeliefert, sondern werden gerecht und menschlich behandelt. Sie werden als Arbeitskräfte auf
den Pflanzungen nicht ausgebeutet, sondern dürfen auch eigenen Grundbesitz erwerben und bewirtschaften. Ja, die
Eingeborenen werden angehalten, eigene Pflanzungen anzulegen.
Eine besonders wertvolle Vorarbeit und Hilfe leisten seit langem dabei die Missionen. Sie bringen den Negern nicht nur
das Christentum, sondern sie unterweisen sie auch im Ackerbau, in der Viehzucht und im Handwerk. Daher befinden sich
bei den vielen Missionsstationen neben der Kirche, der Schule und dem Krankenhaus auch immer Werkstätten und
Musterwirtschaften.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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Geographielehrmittel: Länder und Völker (60er Jahre)
Allerdings hat die europäische Kolonisation auch andere Folgen gezeitigt. Sie zerstörte die alte Kultur der Eingeborenen.
Sie gefährdete die Gesundheit der Neger durch unzweckmässige Kleidung, durch Krankheiten, Seuchen und Laster, vor
allem durch den Alkohol.
Durch die verbesserten Lebensverhältnisse ist der Neger dem Europäer gegenüber immer selbstbewusster geworden. Er
verlangt heute eine grössere Selbständigkeit. Der Ruf "Afrika den Afrikanern" und die Mau-Mau-Bewegung in Kenia
kennzeichnen eindrucksvoll den Ernst dieser Entwicklung.
Nach dieser Beschreibung folgen noch einige Bemerkungen über den Anbau von Sisal - die Art des Anbaus
wird auf einer Zeichnung (S. 53) wiedergegeben - und Kaffee und Baumwolle, sowie über Diamanten- und
Goldlager. Auf der Seite 54 findet sich der Ländersteckbrief zu "Das Ostafrikanische Seen- und Grabengebiet"
und eine Beschreibung der Verkehrssituation. Mit einem Abschnitt über "Die gegenwärtige Lage" auf der
Seite55, auf der sich auch eine Karte "Die grossen Verkehrslinien Afrikas" befindet, schliesst der Autor seine
Betrachtungen über Ostafrika (S. 55):
Die Engländer haben die meisten ihrer Garnisonen von Vorderasien, Vorderindien und Birma nach Kenia verlegt und
Nairobi, heute eine Grossstadt, zum Sitz des Oberbefehlshabers gemacht. Auch die wirtschaftlichen Pläne beweisen, wie
wichtig dieser Teil seiner afrikanischen Besitzungen dem Mutterland ist; er soll zur Rohstoffkammer für Europa werden.
Im Jahre 1946 hat England einen "Erdnussplan" beschlossen, der aber keinen Erfolg brachte...
(Zu Nairobi siehe auch die Seiten 165 und 220 zum "Erdnussplan" die Seiten 216 und 305, zu Kenia die
Seiten 165 und 225 dieser Arbeit.)
...Früher wurden die Maisfelder der Neger fast jedes Jahr durch Heuschreckenschwärme aus dem Sudan in wenigen
Minuten vernichtet. Noch 1946 verfinsterten solche Schwärme die Sonne und bedeckten den Boden 9 cm hoch.
Hunderttausende von Schwarzen wurden dadurch vom Hungertod bedroht. Heute ist auch diese Gefahr beseitigt. Zum
Schutze der Erdnusspflanzen haben die Engländer im Jahre 1947 an der Grenze Äthiopiens Horchposten aufgestellt. Wenn
diese Heuschrecken melden, steigen sofort Flugzeuge auf und überrieseln die Schwärme mit Giftstoffen. Zu Millionen
fallen die Tiere tot zu Boden und werden in wenigen Stunden von den Ameisenheeren bis auf die Flügel aufgefressen. Das
ostafrikanische Hochland ist heute britischer Kolonialbesitz. Nur ganz im Süden haben die Portugiesen und zwischen
Viktoria- und Tanganjika-See auch die Belgier Anteil an dem Hochland. Sie erhielten den früher deutschen Bezirk von
Ruanda-Urundi, der am dichtesten von ganz Zentralafrika besiedelt ist.
(Zu den Heuschrecken siehe auch die Seiten 198 und 480, zu den Hungerkrisen die Seiten 180 und 256 dieser
Arbeit.) Ruanda und Burundi gehören noch immer zu den am dichtest besiedelten Länder Afrikas. (Vergleiche
dazu die Karte "Bevölkerungsdichte" im Anhang auf der Seite 568 dieser Arbeit).
Nach der Schilderung Ostafrikas beschreibt der Autor auf den Seiten 56-58 unter dem Titel "Das Übergangsgebiet zwischen Äquatorial- und Südafrika" das Gebiet zwischen Angola und Mosambik, durch dessen offene
Savannenlandschaft "immer wieder lustige Negerstämme" gezogen seien. Die Beschreibung des Gebietes ist in
drei Abschnitte gegliedert. Auf Seite 56 heisst es zu "Portugiesisch-Westafrika oder Angola":
In den letzten Jahren setzte mit dem Bau von Staudämmen, Kraftwerken, Eisenbahnen, Flugplätzen, Häfen und Fabriken
ein stürmischer Aufschwung ein. Portugiesische Bauern werden angesiedelt. Zwischen den Weissen und Schwarzen
herrscht ein gutes Einvernehmen.
(Zu Angola siehe auch die Seiten 159 und 285 dieser Arbeit.) Zu Nordrhodesien (Sambia) und Njassaland
(Malawi) heisst es auf den Seiten 56 und 57:
Diese beiden britischen Kolonien haben eine dichte Bantubevölkerung. Die Neger erfreuen sich grosser Freiheiten; sie
leben und arbeiten friedlich mit den Weissen zusammen...
(Zu Sambia siehe die Seiten 161, zu Malawi die Seiten 377 dieser Arbeit.) Zu "Portugiesisch-Ostafrika" oder
Mosambik schreibt der Autor auf Seite 57, auf der sich auch der Ländersteckbrief zum "Übergangsgebiet
zwischen Äquatorialafrika und Südafrika befindet:
...Gute Häfen, besonders Beira, dienen dem Verkehr; der Sambesi öffnet den Weg auf das Hochland. Im Küstenland sind
Pflanzungen von Kopra, Sisal, Baumwolle, Tee und Zucker angelegt worden. Allein es fehlt für die weitere Entwicklung an
Arbeitskräften, zumal viele der Eingeborenen nach Katanga und Südafrika abwandern... Da in Südrhodesien die grössten
Asbestlager der Erde festgestellt wurden und Eisen, Kupfer, Chrom und Kohlen in grossen Mengen vorhanden sind, hofft
man hier ein "Ruhrgebiet der Tropen" schaffen zu können.
Ende der neunziger Jahre gehört Mosambik, dessen Bevölkerung auf 17 Mio. Menschen geschätzt wird, von
denen rund zwei Drittel auf dem Land leben, zu den ärmsten Ländern der Welt. Über 80% der Bevölkerung ist
in der Landwirtschaft tätig, aber weniger als 5% der Fläche des Landes werden überhaupt bebaut. Mosambik
führt vor allem Krustentiere (58% der Exporte), Baumwolle (8%) und Cashewnüsse (6%), sowie Zucker,
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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Geographielehrmittel: Länder und Völker (60er Jahre)
Kopra, Tee, Holz und Zitrusfrüchte aus, mit denen es 1993 rund 132 Mio. US$ erwirtschaftete. Da die Importe
durch die Exporte nur teilweise gedeckt werden, betrug die Auslandsverschuldung des Landes 1995 über 5.7
Mrd. US$. (Fischer 1998; zu Mosambik siehe auch die Seiten 159 und 262 dieser Arbeit.)
4.17.5
Südafrika
Auf den Seiten 58-72 beschäftigt sich der Autor in den Kapiteln "Aufbau und Klima" (S. 58-59), "Die einzelnen Landschaften" (S. 59-66), "Die Bevölkerung" (S. 66-68) und "Die Staatliche Gliederung" (S. 68-72) mit
Südafrika. In "Die einzelnen Landschaften" heisst es nach der Beschreibung von "Kapstadt" im Abschnitt
"Kapland" auf Seite 60:
Über rötliche Landwege geht im Frühling die Fahrt an grossen Weinfeldern vorbei, in denen Hottentotten arbeiten. Ihre
halbnackten Kinder spielen zwischen Ziegen und Hühnern vor den flachen Lehmhäusern... Die Dienstboten sind
Hottentotten... Die Landarbeiter sind hier wie dort Hottentotten. Ihre Dörfer bestehen aus kleinen, niedrigen Häuschen, die
aus Lehmerde erbaut und mit einem Grasdach gedeckt sind. In einem solchen Dorf darf kein Weisser wohnen. Die
Schwarzen arbeiten auf den Farmen oder in den nahen Städten. Eine Reihe von Missionsstationen sind in dieser Gegend
entstanden. Schon vor 200 Jahren hat die Herrnhuter Brüdergemeinde unter den Hottentotten ihre Tätigkeit
aufgenommen...
Die Missionierung der "Hottentotten" war anfangs mit einigen Missverständnissen verbunden, die sogar
Eingang in die Literatur fand. So schrieb die deutsche Schriftstellerin Bettina von Arnim (1785-1859) in ihrem
1843 erschienen Werk "Dies Buch gehört dem König" über das Resultat der Verteilung europäischer Kleidungsstücke an diese Menschen in einem kurzen Dialog, der gleichzeitig auch die damalige Sichtweise widerspiegelt: "Pfarrer. Auf dem Kopf haben diese ungebildeten und stumpfen Kinder der Natur diese Kleidungsstücke angelegt? - Ei, da geht ja der ganze Zweck der Sittlichkeit verloren." Im gleichen Werk finden sich
weitere Stellen, die auf eine eher beschwerliche Missionierung hinweisen. (Arnim: Dies Buch gehört dem
König, S. 422. DB S. 3712 ) Weiter schreibt der Autor (S. 60):
...Kaffern mit kohlschwarzen, wohlgebauten Körpern arbeiten in der brennenden Sonne. Die Kinder der Eingeborenen
spielen vor den armseligen Hütten. Ihre Hautfarbe wechselt vom dunkelsten Schwarz bis zum hellen Weiss und zeigt, wie
weit die Rassenmischung fortgeschritten ist.
...Unzählige, grauschwarze Wellblechhütten beherbergen Tausende von Kaffern, die in den Minen und
Diamantenwäschereien arbeiten...
Der Hinweis auf das Fortschreiten der "Rassenmischung" trotz der Gesetze von 1927 (Immorality Act: verbot
den ausserehelichen Geschlechtsverkehr zwischen Weissen und Schwarzen) und 1950 (Prohibition of Mixed
Marriages Act: verbot die Heirat zwischen Weissen und Nichtweissen) zeigt, dass einerseits die Apartheidspolitik nicht praktikabel war, sich Weisse andererseits nie "zu schade waren", sich mit schwarzafrikanischen
Menschen einzulassen. Auch wenn die Einheimischen als "zweiter Klasse" betrachtet wurden, und die Europäer so zum Anstieg der Zahl der "Eingeborenen" beitrugen, denn dazu wurde ein illegitimes Kind automatisch. Andere solche Vorfälle ziehen sich durch die ganze Geschichte. So schreibt Bitterli: "Zu erwähnen wäre
in diesem Zusammenhang etwa das Beispiel der schwarzhäutigen Konkubinen, die, von reichen amerikanischen Pflanzern in New Orleans und anderswo ausgehalten, ein elegantes und geachtetes Dasein führten."
(Bitterli 1977, S.146). In dieses Bild passen auch die von Nettelbeck gemachten Angaben zum Kaufpreis der
versklavten Menschen aus Schwarzafrika: "Nach diesem Tarif galt damals ein vollkommen tüchtiger männlicher Sklave etwa hundert holländische Gulden; ein Bursche von zwölf Jahren und darüber ward mit sechzig
bis siebzig Gulden und ungefähr zu gleichem Preis auch eine weibliche Sklavin bezahlt. War sie jedoch noch
nicht Mutter gewesen und ihr Busen noch von jugendlicher Fülle und Elastizität (und daran pflegt es die Natur
bei den Negerinnen nicht fehlen zu lassen), so stieg sie auch bis auf hundertzwanzig und hundertvierzig
Gulden im Werte." (Projekt Gutenberg-DE 1996, Nettelbeck; zum Sklavenhandel siehe auch die Seiten 197
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 204
Geographielehrmittel: Länder und Völker (60er Jahre)
und 256 dieser Arbeit). Der Schriftsteller Hartmann widmete der Thematik der langen verpönten Beziehung
zwischen Menschen schwarzer und weisser Hautfarbe mit "Die Mohrin" einen ganzen Roman, in dem er die
Geschichte einer Sklavin, die 1763 in der Karibik freigekauft wurde und anschliessend auf einem Berner Patriziersitz lebte, schildert. (Hartmann, 1995) Weitere Beispiele finden sich in der Literatur seit der Antike.
Im Abschnitt Oranje-Freistaat und Transvaal schreibt der Autor auf Seite 61, auf der sich auch eine Grafik
über das zahlenmässige "Verhältnis der Schwarzen und Weissen in Südafrika" findet, über Johannesburg:
...Ein buntes Rassengemisch bewegt sich durch die Strassen. Den etwa 400'000 schwarzen Kontraktarbeitern ist der Zutritt
zum Innern verwehrt. Nur die Angestellten dürfen die Stadt betreten. Die anderen hausen in den Aussenquartieren und
wohnen zum Teil noch in Hinterhöfen, in armseligen Wellblechhütten, die oft aus dem Blech der Benzinbehälter
zusammengestückelt sind: es sind richtige Elendsquartiere.
Im Gegensatz zu einem anderen Lehrmittel, welches von sauberen und geräumigen Wohnvierteln spricht
(Seydlitz für Realschulen 1968, Bd. 3, S. 50), wird hier also vermerkt, dass viele schwarze Südafrikaner in
"richtigen Elendsquartieren" leben. Im Abschnitt "Die Lage der schwarzen Minenarbeiter" auf den Seiten
61-62 schreibt der Autor über die Arbeiter und zur politischen Lage:
Die unverheirateten Minenarbeiter werden in Lagern zusammengefasst. In einem solchen Lager wohnen oft bis 8'000
Männer, die meist zu 20-60 in einem Raum untergebracht sind. Sie verpflichten sich gewöhnlich für ein Jahr. Wenn sie
dann in den Busch zurückkehren, sind sie vielfach krank und verdorben und ihrer Sippe entfremdet. In den
Elendsquartieren der schwarzen Familien ist die Not noch viel grösser. Trunksucht und Sittenlosigkeit verderben die
Neger. Unter solchen Umständen haben es die schwarzen Aufwiegler leicht, die verbitterten Menschen aufzuhetzen. Sie
hämmern ihnen ein, dass Afrika den Schwarzen gehöre, dass der Weisse sie betrüge und ausnütze, dass sie die Mehrheit im
Lande hätten. Das ist die schwarze Gefahr, die in Südafrika droht.
Wie auch in anderen Lehrmitteln wird am Beispiel Südafrikas das Bild des Schwarzafrikaners schärfer und
klarer gezeichnet. Es entsteht fast der Eindruck, als ob die Beschreibung der Zustände im ehemaligen Apartheidsstaat bei den Autoren zu einer gewissen Enthemmung führen würde, die sie ihre wahre Gesinnung gegenüber den Schwarzafrikanern aussprechen lässt.
Das friedliche Zusammenleben von Schwarz und Weiss wird also durch die "schwarzen Aufwiegler", die
möglicherweise noch Kommunisten sind, bedroht, d. h. solange die "Neger" die ihnen zugedachte Stellung
nicht hinterfragen, wird ihnen ein gewisses väterliches Wohlwollen entgegengebracht. Oder wie es Ambose
Bierce im Bezug auf die damalige Haltung der weissen Amerikaner gegenüber den freigesetzten, ehemaligen
schwarzen Sklaven in seinem "The Devil's Dicitionary" ausdrückte: "African, n. A Nigger that votes our way."
(Bierce, 1911) Weiter schreibt der Autor im Text (S. 62):
Neben der Fürsorge des Staates und der Minen arbeiten vor allem auch die Missionen in diesen Elendsquartieren den
drohenden Gefahren entgegen. Auf dem Witwatersrand mit seinen 50 Goldbergwerken wirken zahlreiche
Missionsgesellschaften. Sie bekämpfen die Trunksucht und suchen die entwurzelten Schwarzen zu einem Leben der Zucht
und Ordnung anzuleiten. Durch die Lehren des Christentums wollen sie den Bantu, die von Natur aus ein starkes
Gemeinschaftsgefühl besitzen, einen neuen, inneren Halt vermitteln. Ihre Arbeit hat auch den Staat zum Bau von Schulen,
Krankenhäusern und ganzen Siedlungen für die Schwarzen veranlasst. Die Elendsquartiere sollen verschwinden. Allein in
Johannesburg werden seit 1955 100'000 Schwarze umgesiedelt und in sauberen Wohnhäuschen ausserhalb untergebracht.
Die früher von den Missionsgesellschaften übernommen Aufgaben werden zusehends von afrikanischen "apostolischen" und "Zions"-Kirchen übernommen, die in den letzten Jahren die europäisch geprägten Kirchen
immer mehr verdrängt haben. Neben der Vermittlung von Arbeitsstellen, Hilfe in Notsituationen und gemeinsamen Projekten, verpflichten diese neuen Kirchen ihre Mitglieder oft zu Enthaltsamkeit von Alkohol und
Tabak und treten dafür ein, dass Konflikte friedlich gelöst werden. (Geo 3/1995, S. 42-58)
Ein Grossteil dieser Umsiedlungen wurde unter Zwang, mit dem Ziel die betroffenen Gebiete von Schwarzen
zu "befreien", durchgeführt. Es handelte sich dabei also um "ethnische Säuberungen", die der praktischen
Umsetzung der Apartheidspolitik entsprangen. Weiter heisst es im Text auf der Seite 62:
Alljährlich kommen rund 100'000 Bantuneger vor allem aus Mozambique nach Johannesburg, um in den Goldminen zu
arbeiten. Die Übervölkerung in einzelnen Wohngebieten der Schwarzen, die Dürren, Viehseuchen oder
Heuschreckenschwärme verursachen eine solche Notlage, dass der Bantu gerne aus der Wildnis in die Stadt flieht. Die
Arbeit im Bergwerk ist sehr schwer...
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 205
Geographielehrmittel: Länder und Völker (60er Jahre)
"Siedlung für schwarze Minenarbeiter" (S. 62)
Im Abschnitt "In der Bundeshauptstadt" auf den Seiten 62-63 schreibt der Autor:
...Das Strassenbild ist ausserordentlich bunt. Schlankgebaute Zulus in dunkelblauen Uniformen sorgen als Polizisten für
Ordnung. Die Negerfrauen sind in die schreiendsten Farben, hellrot, blau, grün, gelb, gekleidet. Sie drängen sich vor den
Läden der Inder...
Dieses Bild wird bis zum Ende der neunziger Jahre noch in der Reisebranche verwendet. Nach dem Abschnitt
"Die Heuschreckenplage" heisst es in "Von Pretoria zur Ostküste" auf den Seiten 64-65 über die schwarze
Bevölkerung:
...Lourenzo Marques, die Hauptstadt der portugiesischen Kolonie, ist der Ausfuhrhafen Transvaals... Hotelpaläste,
Luxusvillen. Schenken, indische Läden wechseln mit Negerhütten aus Lehm ab. Auf dem Marktplatz sind die grossen
Geschäftshäuser. Eingeborene lungern in Scharen herum. Neger mit den zweirädrigen Rikschas warten auf Kunden...
In der Beschreibung Natals geht der Autor nicht näher auf die Bevölkerung ein und zur Kalahari schreibt er
(S.65):
Das Durstfeld der Kalahari erscheint dem Menschen ungastlich. Dem primitiven Buschmann dient es als Rückzugsgebiet.
Nach den Pygmäen wird auch die Lebensweise der "Buschmänner" als "primitiv" angesehen. Im Abschnitt
"Das südafrikanische Hochland" erfährt der Leser nichts über die schwarze Bevölkerung und im letzten
Abschnitt, über Südrhodesien, dem heutigen Simbabwe, schreibt der Autor auf der Seite 66:
...Das Land hat ein gesundes Klima und wird daher von rund 200'000 Weissen neben 2,4 Millionen Bantu bewohnt. Diese
treiben Viehzucht und Ackerbau. Dazu kommen der Abbau von Bodenschätzen, besonders Asbest, Chromerz, Kohlen,
Gold, Kupfer und Diamanten und eine starke industrielle Entwicklung. Am Sambesi stehen gewaltige Wasserkräfte zur
Verfügung...
Das 1998 rund 12.2 Mio. Einwohner, 71% davon Shona und 16% Ndebele, zählende Simbabwe - ein Drittel
der Bevölkerung lebt in Städten, davon rund 1 Mio. in der Hauptstadt Harare - besitzt eine relative diversifizierte Wirtschaft: 38% der sich 1995 auf 2.1 Mrd. US$ belaufenden Exporte entfielen auf Agrarprodukte,
weitere 38% auf verarbeitete Güter und 24% auf mineralische Rohstoffe. Die Auslandschulden des gleichen
Jahres beliefen sich auf 4.9 Mrd. US$. (Fischer 1998) Wichtigstes Exportgut der letzten Jahre war Tabak Simbabwe ist der weltweit drittgrösste Produzent von hochwertigem Virginiatabak - mit dessen Verkauf das
Land 1997 435 Mio. US$ erwirtschaftete. Bedingt durch die weltweiten Antitabakkampagnien und grössere
Ernten muss das unter einer Wirtschaftskrise leidende Land 1998 mit wesentlich geringeren Einnahmen rechnen und zeigt damit die typischen Probleme vieler schwarzafrikanischer Staaten auf. (TA 25.05.98, S. 31) Auf
die sich schon damals abzeichnenden Spannungen zwischen den weissen und schwarzen Bevölkerungsgruppen
des Landes kommt der Autor an einer anderen Stelle zu sprechen. (Zu Simbabwe siehe auch die Seiten 183
und 208 dieser Arbeit.)
Im nächsten Kapitel zu Südafrika mit dem Titel "Die Bevölkerung" beschreibt der Autor auf den Seiten 66-68
"Die Buschmänner", "Die Hottentotten", "Die Neger", "Die Inder" und "Die Weissen". Über die "Buschmänner" schreibt er auf den Seiten 66-67:
Die Bevölkerung Südafrikas setzt sich aus verschiedenen Rassen und Stämmen zusammen. Die älteste Gruppe sind die
Buschmänner; sie gehören einer Urrasse an und waren früher über ganz Südafrika verbreitet. Heute sind sie in die Kalahari
zurückgedrängt worden. Es sind hagere, zwerghafte Gestalten von 1,40 m Grösse. Ihre Haut ist hellbraun, faltig und gleicht
gegerbtem Leder. Die Nase ist breit, die Stirn kurz, der Mund schnauzenförmig. Ihre Sprache besitzt eigenartige
Schnalzlaute. Im Sommer streifen sie unstet in der Kalahari umher. Im trockenen Winter aber schlagen sie ihre
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 206
Geographielehrmittel: Länder und Völker (60er Jahre)
Standquartiere in der Nähe von Wasser stellen am Rande der Wüste auf. Sie leben unter der Leitung eines Häuptlings in
Sippen beieinander. Er bestimmt bei Tagesanbruch die Arbeit jedes einzelnen. Die Frauen sammeln Holz, holen Wasser in
leeren Strausseneiern und suchen alles Essbare zusammen, was sie finden. Oft sind es nur wasserhaltige Knollen oder
einige Käfer, Raupen, Larven, Heuschrecken und Frösche. Die Männer gehen auf die Jagd. Sie schleichen sich an das Wild
heran, treffen es mit vergifteten Pfeilen und hetzen es dann, bis es zusammenbricht; das kann bei Giraffen 2 - 4 Tage
dauern. Das Fleisch der erlegten Tiere verschlingen sie halbroh in unglaublichen Mengen. Ihr scharfes Auge folgt der
Biene im Flug und führt sie so zu den als Leckerbissen begehrten Honigwaben. Finden sie kein Wasser, so graben sie
Löcher in den Boden und saugen oft mit blutenden Lippen etwas Feuchtigkeit mit einem Rohr aus dem Grund. Ihre
Behausungen bestehen aus einfachen Windschirmen, die sie aus Zweigen zusammenstecken. Dahinter kauern sie sich an
einem Feuer zusammen. Das wärmt nicht nur in den sternklaren, kühlen Nächten, sondern hält auch wilde Tiere fern.
(Siehe zu den "Buschmännern" auch die Seiten 181 und 238 dieser Arbeit.) Auf der Seite 76 ist auch die
folgende Zeichnung eines "Buschmannes" abgedruckt:
Über die "Hottentotten" schreibt der Autor auf der gleichen Seite:
Die Hottentotten. Sie gehören wie die Buschmänner einer Urrasse an und können nicht zur Negerrasse gerechnet werden,
obwohl sie einige körperliche Merkmale mit den Negern gemeinsam haben. Von den kleinwüchsigen Buschmännern
unterscheiden sie sich durch ihren etwas grösseren Wuchs und ihre fahlgelbe, faltige Haut. Auch ihre Sprache besitzt
Schnalzlaute. Sie leben heute zusammengedrängt in der Südwestecke von Südafrika. Die Hottentotten und die
Buschmänner sind aussterbende Völker, die für die Weissen keine Gefahr mehr bedeuten
Nachdem der Autor versichert hat, dass die "Urrassen" Südafrikas keine Gefahr mehr für die weisse Bevölkerung darstelle, fährt er fort mit der Beschreibung der "Neger" (S. 67):
Gefahr droht vielmehr nur von den Kaffern oder Bantu. Ihre Zahl beträgt in der Südafrikanischen Union 9,6 Millionen. Sie
vermehren sich aber so stark, dass sie in 50 Jahren auf 25 Millionen angewachsen sein können. Sie setzen sich aus
verschiedenen Stämmen zusammen. Im Osten leben die Basuto und Zulu, im Norden die Betschuanen, Matabelen und
Barotsen, im Westen die Herero. Sie sind dunkelbraun bis schwarz und haben eine kräftige Gestalt. Viele von ihnen, wie
die Bewohner des Basuto- und des Swazilandes, sind tüchtige Ackerbauer, andere Viehzüchter. Hunderttausende sind als
Minen- oder Fabrikarbeiter, als Dienstboten und Tagelöhner in die Städte abgewandert. Man bezeichnet diese Landflucht
als schwarze Springflut. Über 75% der männlichen schwarzen Bevölkerung sucht heute mindestens zeitweise in den
Städten Arbeit und Verdienst. Aus Hottentotten und Negern entstand im Kapland eine Mischbevölkerung, die auf den
Bauernhöfen, in den Fabriken und Städten die Arbeitskräfte stellt oder als selbständige Handwerker sich betätigt. Sie
geniessen sogar gleiche Rechte wie die Weissen. Ihre Sprache ist das Afrikaans. Das ist die Sprache der über 1,6 Millionen
Weissen, die in Südafrika geboren sind und meist von Holländern abstammen. Das Afrikaans gilt wie das Englische auch
als Landessprache.
Die "Neger" Südafrikas stellen also nicht nur eine "Gefahr" dar, sie brechen auch wie eine "schwarze Springflut" über die Weissen herein. Auf der Seite 68 folgt ein kurzer Abschnitt über die Inder, von denen es im
Zusammenhang mit der schwarzen Bevölkerung heisst:
...Da der indische Händler infolge seiner Anspruchslosigkeit und Gerissenheit den weissen Kaufmann überall zurückdrängt
und den Neger rücksichtslos ausbeutet, entstand auch eine indische Gefahr, die wiederholt zu schweren Ausschreitungen
gegen die Inder geführt hat... Wie die Neger sollen die 400'000 Inder in Südafrika in besonderen Reservationen angesiedelt
werden...
Die auf der Seite 51 des Lehrmittels gemachte Aussage bezüglich der Ausbeutung der Schwarzafrikaner durch
die Inder wird also noch einmal wiederholt und damit bekräftigt. (Siehe dazu auch die Seite 201 dieser Arbeit.)
Im Abschnitt über die Weissen auf der gleichen Seite wird ausgesagt, sie hätten "das Land am besten entwikkelt" und zum "ertragreichsten Teil von ganz Afrika gemacht".
Im folgenden Kapitel "Die Staatliche Gliederung" heisst es im allgemeinen Teil, dass die "im Unionsgebiet
liegenden Negerreservate Basuto- und Swasiland unmittelbar von London aus verwaltet" würden und weiter
(S.69):
Kein Weisser darf hier Grundbesitz erwerben. Die Bantu werden zwar von britischen Beamten regiert, haben aber ihre
Häuptlinge behalten.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 207
Geographielehrmittel: Länder und Völker (60er Jahre)
Auf Seite 69 ist auch eine Karte mit dem Titel "Die politische Gliederung Südafrikas" abgebildet. Im
Abschnitt "Die wirtschaftlichen Verhältnisse" auf den Seiten 69-70 schreibt der Autor über das heutige
Botswana:
Im Betschuana-Protektorat wurden mehrere Bantustämme in den feuchten Randgebieten in Reservaten angesiedelt. Sie
leben unter ihren Häuptlingen und werden im übrigen von britischen Kolonialbeamten verwaltet. Die Negerfrauen
bearbeiten mit der Hacke den Boden und bauen in den Flussniederungen Hirse, Mais, Kürbisse, Melonen und Tabak an.
In der Südafrikanischen Union und in ihren Nachbarländern lebt die weisse und schwarze Bevölkerung vom Ackerbau,
von der Viehzucht und vom Bergbau...
...Bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts war die Wirtschaft der Union rein bäuerlich. Mit der Entdeckung der Gold- und
Diamantenlager entstanden bergbauliche Industriezentren, die nicht nur die weisse, sondern auch die schwarze
Bevölkerung anzogen. Aus einem bäuerlichen Gemeinwesen, das weit entfernt von den Brennpunkten der Weltwirtschaft
sich selbst versorgte, wurde eines der wichtigsten Wirtschaftsgebiete, das erste Gold- und Diamantenland der Erde...
(Zu Botswana siehe auch die Seite 161 dieser Arbeit.) Auf der Seite 71, auf der sich auch der Ländersteckbrief
zur Region Südafrika findet, geht der Autor unter dem Titel "Die schwarze Gefahr" auf die Ängste der weissen
Bevölkerung Südafrikas ein:
...Da die Neger sich stärker vermehren als die Weissen, wird sie von Jahr zu Jahr grösser. Dabei braucht der weisse Farmer
und Minenbesitzer den Schwarzen als billige Arbeitskraft, anderseits kann der Schwarze nur mit Hilfe des Weissen seine
Lage bessern. Zu dieser schwarzen Gefahr kommen die Schwierigkeiten mit den Indern. Man will diese Spannungen
bekämpfen, indem man neues Siedlungsland schafft... Ferner versucht man, die Lage der schwarzen Industriearbeiter zu
bessern und ihnen menschenwürdigere Wohnstätten zu geben.
Hier wird das Bild vom Schwarzen, der ohne die Hilfe des Weissen seine "Lage" nicht bessern kann, gezeichnet. Eine Schutzbehauptung die überall dort angeführt wurde, wo die Sonderstellung der Weissen gegenüber
den schwarzen Bevölkerungsteilen verteidigt werden sollte.
Im Abschnitt "Buren und Briten" auf den Seiten 71-72 heisst es zum gleichen Thema:
...Bei der Parlamentswahl im Jahre 1948 hat die nationale Partei der Buren die Mehrheit erhalten. Sie wollen sich von
Grossbritannien lösen und die Union zu einer selbständigen Republik machen. Sie wollen ferner die Neger aus dem
öffentlichen Leben entfernen, in Reservaten ansiedeln und so in den Stammesverband zurückführen. Man will zu diesem
Zwecke 300'000 qkm, das sind 10 % des Landes, zur Verfügung stellen...
...Diese Spannung zwischen den Briten und Buren hatte zur Folge, dass Südrhodesien, Nordrhodesien und Njassaland sich
im Frühjahr 1949 auf einer Konferenz an den Viktoriafällen verständigten und 1953 sich zu einer
Britisch-Zentralafrikanischen Föderation zusammenschlossen. Es hat den Anschein, dass diese Kolonien sich zu einem
neuen Dominion in der Britischen Völkerfamilie entwickeln werden. Dadurch will man die weitere Ausdehnung der Union
nach Norden verhindern. Die Eingeborenen aber wollen dort ihre Freiheiten und Rechte wahren, die ihnen die Briten in
Njassaland und Nord-Rhodesien eingeräumt haben, während in Süd-Rhodesien die Weissen die herrschende Schicht
bilden.
(Zu Simbabwe siehe auch die Seiten 206 und 368 dieser Arbeit.)
4.17.6
Inseln Afrikas
Im zweitletzten Kapitel "Die Inseln rings um Afrika" auf den Seiten 72-74, der Ländersteckbrief zu "Inseln um
Afrika" ist auf der Seite 73 abgedruckt, schreibt der Autor zu den "Kapverdischen Inseln" (S. 72): "Unter der
weissen Bevölkerung leben viele Neger." Die Bevölkerung Madagaskars wird im Osten als mit den Malaien
verwandt bezeichnet, während sie im Westen "dunkelhäutiger" sei (S. 73). Über Sansibar, heute Teil von
Tansania, heisst es (S.74):
...Es war einst der Sitz eines mächtigen Sultans und einer der grössten Sklavenmärkte. Auf der Insel gibt es ausgedehnte
Gewürznelkenplantagen und andere Gewürzpflanzungen.
Ende der neunziger Jahre werden zwar immer noch Gewürznelken angebaut, diese geschieht aber in einem
weit bescheideneren Rahmen, denn der Zusammenbruch der Plantagen durch das Verbot der Sklaverei auf der
Insel konnte nie mehr aufgefangen werden.
4.17.7
"Afrika und Europa"
Im letzten Kapitel "Afrika und Europa" auf den Seiten 74-75 bringt der Autor in den drei Abschnitten "Die
Leistungen der Europäer" (S.74-75), "Afrika als Rohstoffkammer Europas" (S. 75) und "Verkehr" (S. 75-76)
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 208
Geographielehrmittel: Länder und Völker (60er Jahre)
noch einmal die Kerngedanken, die sich wie ein roter Faden durch den Band "Länder und Völker" ziehen, zu
Papier. Über die Leistungen der Europäer schreibt er (S. 74f.):
Die europäischen Staaten leisteten in den letzten Jahrzehnten eine riesige Kolonisationsarbeit in Afrika. Sie erforschten den
dunklen Erdteil, sie bekämpften den Sklavenhandel und die furchtbaren Krankheiten, vor allem Malaria und
Schlafkrankheit. Sie bauten Strassen und Eisenbahnen, richteten auf den Flüssen und Seen Schiffahrtslinien ein und legten
Flugstrecken an. Ausserdem bauten sie Häfen, Staudämme, Wasserkraftwerke und erbohrten artesische Brunnen. Sie
errichteten ferner Krankenhäuser und Schulen. Sie hielten die Neger dazu an, den Boden besser zu bearbeiten und
auszunützen. Sie verwandelten ungeheure Flächen des Urwalds, der Savanne, der Steppe, der
Überschwemmungslandschaften und der Trockengebiete in ertragreiches Pflanzungsland. Dadurch verschafften sie den
Eingeborenen Arbeit und Verdienst. Sie beuteten die Bodenschätze aus und bauten Industrien auf. Der Kampf gegen den
Sklavenhandel, gegen Krankheiten und Seuchen, die Arbeit der Missionen waren Werke der Menschlichkeit. Bedeutende
deutsche Ärzte und Wissenschaftler wie Robert Koch haben jahrelang in Afrika für das Wohl der Neger ihr Leben und ihre
Gesundheit aufs Spiel gesetzt. Der als Deutscher geborene Albert Schweitzer wirkt heute noch ausserordentlich
segensreich in Lambarene am Ogowefluss in Französisch-Kamerun. Einen besonders grossen Anteil an der Sorge für das
leibliche und seelische Wohl der Neger haben die zahlreichen Missionsgesellschaften, die vor allem in den nicht vom Islam
beherrschten Länderräumen das Christentum verbreiten und die Neger menschlich zu erziehen suchen. Man wird dieser
Leistung der Europäer nur dann gerecht, wenn man bedenkt, dass sie erst in den letzten 50 Jahren erreicht wurde.
(Vergleiche dazu die Bemerkungen zu Albert Schweizer auf den Seiten 124 und 472 dieser Arbeit.) All diese
Bemühungen dienten der Mehrproduktion von Rohstoffen für die Kolonialmächte: Die Leistungen für die
schwarze Bevölkerung diente, von wenigen Ausnahmen abgesehen, entweder der Ertragssteigerung oder der
Missionierung.
Allzuoft wurde die Missionierung durch Zwang von aussen erzielt und gründete nicht auf innerer Einsicht der
Betroffenen. Ezekiel Mphahlele, der auch auf der Seite 229 dieser Arbeit zitiert wird, schreibt über die Tätigkeit der Missionare: "Die Missionare waren damit beschäftigt, uns 'hinauf' zu dem christlichen Gott zu zerren,
zu stossen und zu treten. Sie sammelten eifrig Seelen - schwarze Seelen -, um sie einzupökeln und für den
lieben Gott aufzubewahren, damit er sie eines Tages nach seinem Zeitmass einsammeln könne... Die grandiose
Erpressung: wenn du das Krankenhaus willst, die Klinik, die Schule, musst du die Bibel nehmen, d.h. Christus.
Wir werden Handel mit dir treiben, dich lehren, das Alphabet zu beherrschen und die Kunst der Diskussion,
aber du musst auch den Koran akzeptieren." (Jestel Hrsg., 1982, S. 44f., 53f.) Bitterli schildert die Beweggründe der Mission mit den Worten: "Während sich der Christenmensch nach dem Sündenfall mühsam zur wahren
Gotteserkenntnis emporgearbeitet hatte, war nun freilich der Un- oder Irrgläubige, aus Gründen, welche sich
die theologischen Theoretiker sehr verschieden erklärten, immer mehr von Gott abgefallen; seine Gottesverehrung hatte sich zum Götzendienst pervertiert, das Bemühen um Reinheit der Sitten war dem Hang zur
Ausschweifung aller Art gewichen. Doch die guten Seelenkräfte lebten auch im Heiden fort; da sie aber zu
wenig entwickelt waren, als dass dieser den Weg zu Gott allein hätte finden können, ergab sich für den Christenmenschen die moralische Aufgabe, dem Heiden zu helfen. Neben die lebensrechtliche Verpflichtung zur
äusseren Mission trat also, wenn man will, eine christlich-humane Verpflichtung, die vom Grundgedanken
eines einzigen Schöpfergottes und von der Einheit des Menschengeschlechtes ausging." (Bitterli, 1977, S. 108)
Damit formuliert er die sich auch in einigen der untersuchten Geographielehrmitteln immer wieder äussernde
Meinung, das Christentum stände an der Spitze einer ganzen Religionshierachie. (Siehe dazu auch die Seite
192 dieser Arbeit.)
Im zweiten Abschnitt "Afrika als Rohstoffkammer Europas" schreibt der Autor auf Seite 75:
Heute hat die Notlage Europas den Anstoss zu einer verstärkten kolonisatorischen Arbeit in Afrika gegeben. Afrika soll die
zukünftige Rohstoffkammer Europas werden. Vor allem haben die Engländer einen grossen Wirtschaftsplan entworfen, da
im Bereich der Britischen Völkerfamilie über ein Drittel der Bevölkerung Afrikas lebt, und zu ihm rund ein Viertel Afrikas
gehört. Über 160 Millionen Pfund sollen für den Bau von Krankenhäusern, Strassen, Brücken, Hafenanlagen, Eisenbahnen
und Talsperren verwandt werden. Ferner sollen Sümpfe trockengelegt und Trockengebiete durch Staudämme und
artesische Brunnen bewässert werden. Wie wichtig gerade diese Arbeiten sind, geht aus der Tatsache hervor, dass über
50% des Erdteils künstlich bewässert werden müssen. Ausserdem soll die rücksichtslose Zerstörung des Waldes
eingeschränkt werden. Die riesigen Wasserkräfte am Sambesi, am Kongo, am Nil und Niger sowie im Hochland von
Ostafrika am Viktoria-, Albert- und Tanasee sollen durch den Bau von Kraftwerken nutzbar gemacht werden. Mit ihrer
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 209
Geographielehrmittel: Länder und Völker (60er Jahre)
Hilfe will man nicht nur Kraftstrom gewinnen, sondern auch Stickstoff aus der Luft in Kunstdünger verwandeln. In Kenia,
Tanganjika, Nordrhodesien und Nigerien sollen Erdnusspflanzungen in einem solchen Ausmass angelegt werden, dass
Europa in wenigen Jahren seinen Ö1- und Fettbedarf in Afrika decken kann. Am oberen Nil, am Tsad-See, am Nigerknie
und am unteren Niger soll der Anbau von Baumwolle bedeutend erweitert werden. Die Ernten von Kakao, Tabak und
Bananen sollen weiter gesteigert werden. Nach der Vernichtung der Tsetsefliege wird der wenig ertragreiche Hackbau
durch den Pflugbau abgelöst werden. Die vermehrte Viehhaltung liefert nicht nur Dünger für den Anbau, sondern auch
Butter, Fleisch und Häute. Grossbritannien und die Vereinigten Staaten wollen für Bergbau und Industrie grosse Summen
anlegen.
Noch einmal wird der Gedanke des von Afrika mit Rohstoffen und Agrarprodukten versorgten Europas
gesponnen. Im Abschnitt "Verkehr" schliesst der Autor seine Darstellung Afrikas, nicht ohne sich Gedanken
über die politische Zukunft des Kontinents zu machen (S. 75-76):
Alle diese wirtschaftlichen Pläne werden nur dann Erfolg haben, wenn die Verkehrswege verbessert und vermehrt
werden... Der Erfolg der wirtschaftlichen Pläne hängt in hohem Masse von der Mitarbeit der Neger ab. Der Europäer kann
ohne den Neger in den Tropen keine Arbeit leisten. Aber auch der Neger ist ohne den Europäer nicht fähig, sich bessere
Lebensbedingungen zu schaffen.
Hier wird noch einmal die gegenseitige Abhängigkeit beschworen, als ob dadurch ein "Aufstand" der "Neger"
verhindern werden könnte. Im Text schreibt der Autor weiter (S. 75):
Die Buren, die gegenwärtig in der südafrikanischen Union die Führung haben, wollen die farbigen Völker von den weissen
Bürgern ganz getrennt halten. Die Engländer sind überzeugt, dass die Wirtschaft und Kultur in den unendlichen Ländern
Afrikas nur mit Hilfe der Negervölker und nicht gegen sie gesichert und gefördert werden können. Darum gestehen sie den
Schwarzen in einer Reihe von Kolonien immer mehr Rechte zu und suchen die Rassengegensätze nach Kräften zu
mindern. Am weitesten auf diesem Wege sind die Franzosen vorgeschritten. Sie erkennen die farbigen Mitbürger als
gleichberechtigt an, aber sie finden trotzdem unter ihnen viele scharfe Gegner... Auch in Afrika fordern die einheimischen
Völker immer lauter grössere Freiheiten und Rechte, ja sogar völlige Unabhängigkeit. Die Zeit der Kolonialherrschaft in
ihrer bisherigen Form geht ihrem Ende zu. Das Selbstbewusstsein der Schwarzen hat dazu geführt, dass sie die
Bezeichnung "Neger" heute als Beleidigung ablehnen und "Afrikaner" genannt werden wollen.
Trotz dieses Wissens scheuten der Autor und auch spätere Lehrmittel nicht davor zurück, die Schwarzafrikaner
als "Neger" zu bezeichnen.
Der Afrikateil endet mit sieben Fragen an die Schüler von denen hier zwei wiedergeben werden sollen, weil
sie den Grundgedanken des Werkes noch einmal aufgreifen und in seiner Essenz verdeutlichen:
3. Wo möchtest du dich als Kolonist in Afrika niederlassen?
7. Mit welchem Recht kann man Afrika als die zukünftige Rohstoffkammer Europas bezeichnen?
Afrika wird bis zuletzt als Land des Aufbruchs und der Möglichkeiten gesehen. Von den in späteren Lehrmitteln - keines von ihnen würde danach fragen, wo sich die Schüler in Afrika niederlassen möchten - verbreiteten
Pessimismus ist noch nichts zu spüren.
4.17.8
Zusammenfassung
"Länder und Völker" vermittelt viele sachliche Informationen, stützt sich aber bei der Beurteilung der Bewohner Afrikas einzig und allein auf deren wirtschaftliche Nützlichkeit. Afrika wird aus einer sehr autoritären
Position heraus beurteilt. Die einheimischen Schwarzafrikaner sollen sich der weissen "Weisheit" zu ihrem
eigenen Besten beugen. Das Aufkommen eigener schwarzafrikanischer Ideen wird als Bedrohung empfunden
und deshalb zurückgewiesen. Trotz der umfangreichen Texte kommen Schwarzafrikaner in diesem Lehrmittel
nicht zu Wort. Die schwarzafrikanische Frau wird als Wesen skizziert, das die Hacke schwingend in der
Knechtschaft ihres Mannes lebt. Die in späteren Lehrmitteln im Zusammenhang mit dem Bevölkerungswachstum oft abgebildeten und als "Problem" angesprochenen Kinder der Schwarzafrikaner, treten in diesem
Lehrmittel mit Ausnahme der Zeichnung "Äthiopisches Mädchen" (abgebildet auf der Seite 199 dieser Arbeit),
zwei weiteren Zeichnungen und der Erwähnung in einem einzigen Satz, nicht in Erscheinung.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 210
Geographielehrmittel: Seydlitz für Gymnasien (1963- ca. 1971)
4.18 Seydlitz für Gymnasien (1963- ca. 1971)
Die moderne Kolonisation begünstigte vor allem die Eingeborenenwirtschaft und veränderte diese zum Teil völlig.
Während die Schwarzen die zum eigenen Bedarf benötigten Pflanzen... heute noch recht extensiv anbauen, sind sie, wo es
sich um die Gewinnung von Ausfuhrprodukten handelt, unter europäischer Anleitung zu einer sorgfältigeren
Wirtschaftsweise übergegangen: Sie erzielen... Ernten, die für den Weltmarkt von Bedeutung sind.... Die bergbauliche
Produktion Afrikas wurde seit Beginn unseres Jahrhunderts rasch ausgeweitet... Heute ist Tropisch-Afrika massgeblich an
der Gewinnung weltwirtschaftlich wichtiger Bergbauprodukte beteiligt. (Bd. 6, S. 79-80)
Das sechsbändige Lehrmittel "Seydlitz für Gymnasien" beschäftigt sich in den Bänden "Erde und Mensch" und
"Das Weltbild der Gegenwart" auf 25 der insgesamt 815 Seiten mit Schwarzafrika.
4.18.1
Band 5: Erde und Mensch
Die Texte in diesem Lehrmittel sind wenig übersichtlich gegliedert. Eine erste Stelle, die sich auf die Bewohner Schwarzafrikas bezieht, findet sich auf der Seite 84 unter dem Titel "Die Bedeutung der Pflanzenformationen für die Kulturentwicklung der Menschheit", zu welcher der der Autor schreibt:
...Die schwer gangbaren Urwaldgebiete waren seit jeher wirksame Naturschranken, Fluchträume und Rückzugsgebiete für
zurückgebliebene Völker (Pygmäen im Kongourwald)...
Schon die erste Erwähnung eines schwarzafrikanischen Volkes zeichnet dieses als "zurückgeblieben" aus. Auf
der Seite 87 findet sich eine Karte der Rassenverteilungen zu der es im Text unter dem Titel "Die menschlichen Rassen" heisst:
...Wahrscheinlich vollzog sich die Menschwerdung um die Wende vom Tertiär zum Diluvium in einer halboffenen
Landschaft mit warmem Klima, nach unseren heutigen Vorstellung im Raum zwischen Zentralasien, Südasien und Afrika...
...Noch während der Würm-Vereisung erfolgte wohl in Asien, dem zentralen Kontinent der Erde, die Aufspaltung in die
weisse, gelbe und schwarze Rassengruppe....
...Die Einwanderer nach Afrika benutzten die arabische Landbrücke, die zu jener Zeit vermutlich dichten Graswuchs
aufwies. Das offene Gras- und Savannenland im Osten Afrikas wurde zur Wanderstrasse bis in das südliche Dreieck des
Erdteils...
Zwar sind die Wanderungen der frühen Menschen noch immer nicht eindeutig bestimmt, doch kann mit grosser Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass sich der modernen Mensch auf dem afrikanischen
Kontinent ausprägte. Auf der Seite 88 werden die Bewohner Schwarzafrikas mit den folgenden Worten
beschrieben:
...Die Negriden sind kraushaarig, dunkelhäutig und breitnasig. Sie sind dem Tropenklima hervorragend angepasst. In dieser
Rassengruppe finden sich sehr alte und primitive Typen, wie die Pygmäen, Buschmänner und Negritos...
Falls der Autor die Bezeichnung "primitiv" nicht abwertend einsetzten wollte, stellt sich die Frage, warum er
dann nicht das deutsche Wort "ursprünglich" verwendet. Die Seite 89 zeigt ein Foto "Negerin mit Kopfschmuck" und auf der Seite 90 schreibt der Autor unter dem Titel "Die Religionsgemeinschaften":
...Die niederen religiösen Formen der Geister- und Zauberglaubens, des Animismus und Fetischismus und der
Ahnenverehrung, sind eng an Naturerlebnisse gebunden...
(Siehe dazu auch die Seiten 192 und 209 dieser Arbeit.) Auf der Seite 92 heisst es im Kapitel "Wirtschaftsformen und Siedlungen" unter der Überschrift "Kulturstufen und Kulturkreise":
Es gibt verschiedene Kulturstufen und Kulturkreise. Ursprünglich waren die einzelnen Kulturen an bestimmte Erdräume
und wohl auch an bestimmte Rassen geknüpft. Im Laufe der geschichtlichen Entwicklung aber wurden Kulturen auch in
andere Gebiete übertragen. Eroberervölker übernahmen Kultur und Sprache des besiegten Volkes oder zwangen ihre
Kultur den Unterworfenen auf... Schliesslich wurden in der Neuzeit alle Völker der Erde "europäisiert" oder
"amerikanisiert"... Die Maschinenkultur, die vor 200 Jahren von Europa ihren Ausgang genommen hat, überspannt freilich
schon die ganze Erde, und die Lebensräume der Naturvölker sind stark eingeengt oder zu "Reservaten" geworden, in denen
die Eingeborenen die Rolle lebender Schaustücke eines Museums spielen.
Die sich im Laufe der Geschichte ausprägenden Kulturformen dürften immer auf ein Wechselspiel von Isolation und Begegnung zurückzuführen sein. Trotz der "Europäisierung" des gesamten Globus lebt auch Ende der
neunziger Jahre eine Mehrheit aller Menschen in einer agraren Wirtschaftskultur, die sich vom Leben der
meisten Menschen in den industrialisierten Ländern stark unterscheidet. Nur tritt diese Mehrheit kaum mehr in
Erscheinung, da sie nicht über die dafür notwendigen technischen Mittel der Massenkommunikation verfügt.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 211
Geographielehrmittel: Seydlitz für Gymnasien (1963- ca. 1971)
Im gleichen Kapitel werden unter der Überschrift "Formen der Wirtschaft" die Kupfer- und Uranvorkommen
von Katanga erwähnt (S. 92).
4.18.1.1 Kulturstufen
Seite 93 zeigt eine Tabelle der verschiedenen Kulturstufen von "Sammlern und Wildbeutern" über "Hackbauern / Jäger, Fischer und Fallensteller", den "Gartenbau", die "Pflugkultur" und den "Hirtennomadismus" bis zu
den "Hochkulturen". Unter den "Sammlern und Wildbeutern" werden als afrikanische Beispiele die "Pygmäen"
und Buschmänner aufgeführt, unter den "Hackbauern", die "Hackkultur der afrikanischen Savannen" und
schliesslich unter dem "Hirtennomadismus" die "Völker... in trockenen Steppengebieten am Rande der Sahara". In der Einteilung "Hochkulturen" findet Afrika keine Erwähnung.
In der Tabelle "Formen der Bodenbewirtschaftung" werden Beispiele aus Afrika in den Zeilen "Primitive
Selbstversorgungswirtschaft" (Kongobecken, Savanne, tropischer Trockenwald, Randgebiete des Regenwaldes), "Tropische Kolonialwirtschaft" (Ost- und Westafrika, Sudan und Guineaküste) und "Waldnutzung"
(tropische Wälder in Zentralafrika) aufgeführt, während sich unter der "Weidewirtschaft", dem "intensiven
Feldbau der Tropen und Subtropen" und dem "Jahreszeitenfeldbau mit Pflugkultur und Grossviehhaltung"
keine Beispiele finden.
Die Seite 95 beschäftigt sich mit der "Industrie", den "Verschiedenen Industrietypen" und den "Siedlungen",
ohne das ein konkretes Beispiel aus Afrika genannt würde. Die Leser erfahren nur, dass es "Industrien in allen
bewohnten Erdteilen und in allen Klimareichen" gebe und dass "schweifenden Sammler, Jäger und Fischer und
die schon höher organisierten Viehzüchternomaden... in flüchtigen oder zeitweiligen Siedlungen" wohnten.
"Auch brandrodende Hackbauern verlassen ihre Wohnplätze nach wenigen Jahren wieder... wenn der Boden
ihrer Felder erschöpft" sei.
4.18.1.2 Siedlungsformen
Auf der Seite 96 schreibt der Autor zu der "Form der Häuser":
In den heissen Steppen und Oasen Nordafrikas... sind es vielfach kuppel- und würfelförmige Steinhäuser mit
Tonnengewölben und Flachdach, das zum Auffangen von Regenwasser und als Schlafplatz dient... In Ägypten haben die
Behausungen oft kein Dach...
Weitere Informationen über die Lebensweise anderer afrikanischer Völker sind der Tabelle "Die ländlichen
Siedlungen in verschiedenen Kulturbereichen" auf der Seite 97 zu entnehmen. Über die "Pygmäen" und
"Buschmänner" heisst es da beispielsweise ihre Wohnplätze beständen aus "flüchtig aufgebauten Siedlungen in
Urwaldlichtungen und an Wasserstellen", ihre "Wohnstätten" seien "hohle Bäume, Erdhöhlen, Windschirme,
Kuppelhütten, Laubhütten" und ihre Siedlungsform bestände aus "kleinen Gruppensiedlungen", die "im Halbrund oder im Kreis angeordnet" seien. Über die Massai berichtet die Tabelle, dass sie die Wohnplätze mit den
Weidegebieten wechselten, sie "Bienenkorbhütten" bauten, und sie in "Kralsiedlungen... (Wohnstätten kreisförmig um den Viehplatz)" lebten. Die Sudanneger würden "bei Wanderfeldbau" einen Wohnplatz mehrjährig
benutzen "bis die kultivierte Fläche verlegt wird" in "Bienenkorbhütten, Kegeldachhäusern (Unterbau: mit
Lehm, abgedichteten Flechtwerk, Strohdach), Giebeldachhäusern, Pfahlbauten, Baumhäusern" leben. In der
Tabelle "Funktionale Stadttypen" wird keine einzige afrikanische Stadt genannt.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 212
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4.18.1.3 Sammler- und Hackbauvölker
Auf der Seite 101 schreibt der Autor unter der Überschrift "Sammler- und Hackbauvölker" im Kapitel "Die
Landschaftsgürtel als natürliche Lebensräume der Erde":
Regenwälder sind kulturfeindlich... Kongobecken (2 bis 3 Einw. je km2),... gehören zu den am dünnsten besiedelten
Gebieten der Erde. Das weglose und nahrungsarme Dickicht ist zum Rückzugs- und Kümmergebiet primitiver
Menschengruppen geworden. Auch heute noch leben weitgehend isoliert von der übrigen Welt im Halbdunkel der Wälder
alte Menschenrassen, wie die Zwergvölker (Pygmäen) des Kongogebietes,... Unstet durchstreifen sie auf der Suche nach
Nahrung vor allem die offenen Waldformationen... Die afrikanischen Pygmäen (griechisch = "Faustmännchen"),
dunkelhäutige, kraushaarige Menschen, werden durchschnittlich nur 140 cm gross. Sie waren schon den Altägyptern
bekannt. Als Sammler und Wildbeuter fristen sie in kleinen Horden, in den tiefsten Tiefen der Kongo-Urwälder ihr Dasein.
Die Frauen sammeln wilde Knollen, essbare Blätter, Früchte, Schnecken, Frösche, Schlangen, Raupen und Honig; die
Männer jagen in Begleitung ihrer Hunde, der einzigen Haustiere, Kleinwild. Gelegentlich schiessen sie mit Bogen und
vergifteten Pfeilen auch grosse Tiere, sogar Elefanten, oder sie plündern die Gärten ihrer grösseren eingeborenen
Nachbarn. Früchte, Blätter und Kleintiere werden roh gegessen, Fleisch wird über offenem Feuer geröstet. Als zeitweilige
Wohnungen flechten sich die umherschweifenden Pygmäen aus Zweigen bienenkorbartige Hütten, in die sie zum Schlafen
durch eine winzige Öffnung hineinkriechen. Kleidung ist in dem gleichmässig heissen Klima unwichtig; sie beschränkt
sich auf einen Lendenschurz aus Fell oder einen Blätterrock. Töpfe aus rohem Ton oder hohle Kürbisse als Wasserbehälter
sind ihre einzigen Geräte. Soziale Organisation und religiöses Leben sind gering ausgebildet; es gibt keinen Zeitsinn und
keine Tradition. Manche Stammesbräuche, Zauberriten und ihre Sprache haben die afrikanischen Pygmäen von den
Negern übernommen, mit denen sie auch wirtschaftliche Kontakte pflegen.
Nach der Beschreibung der Lebensform der "Pygmäen" (siehe dazu auch die Seiten 197 und 237 dieser
Arbeit), wendet sich der Autor den Hackbauern zu, über die er schreibt (S. 101):
Die stärkere Besiedlung der benachbarten offeneren Landschaften hat auch Hackbauvölker in die Randgebiete des Waldes
eindringen lassen. Hierzu gehören in Afrika die Bantus... Wer über die Sumpfwälder der tropischen Küsten fliegt, ahnt
nicht, dass in diesem Gewirr von Wasseradern und Landfetzen Menschen leben. An der Küste sieht man die kleinen Hütten
der Fischer auf den braunen Schlammbänken. Sie sind von Bananenstauden und einigen Kokospalmen umgeben. Am Ufer
liegt der Einbaum. Der Fluss liefert Fische; er ist der einzige Verkehrsweg. - Dort, wo die Flüsse und Ströme durch
natürliche Uferdämme begrenzt werden, hinter denen sich die völlig menschenleeren Sumpfwälder dehnen, reihen sich in
langer Folge rechteckige Hütten aneinander. Scharen von Kindern toben zwischen und unter den Pfahlbauten umher.
Überall ertönt das Gekläff von Hunden. Von den Urbewohnern des Waldes haben die Hackbauvölker in Afrika das
Trommelsignal als Nachrichtenmittel übernommen. Bei allen Lebewesen des Urwaldes, ob Mensch oder Tier, hat sich
unter dem Zwang der natürlichen Verhältnisse das Gehör besser entwickelt als das Sehvermögen.
Dieser letzte Satz erinnert an die kurz vor der Jahrhundertwende im Werk "Anomalies and Curiosities of
Medicine" zitierten Berichte über die Schwarzafrikaner, in dem diesen verschiedene kuriose Eigenschaften
zugeschrieben werden: So wird den "negroes... a rank ammonical oder, unmitigated by cleanliness", also ein
"übler, ammoniakähnlicher Geruch, der selbst beim Beachten der Sauberkeit nicht verschwindet" nachgesagt.
(Gould, Pyle 1896). Im Text fährt der Autor fort (S. 101):
In dem vor Überschwemmungen sicheren Flach- und Hügelland liegen, besonders im Bereich der lichten Waldformationen
der Höhe, Rodungsoasen, wo die Einheimischen mit Grabstock oder Hacke in mühseliger Arbeit tropische
Knollengewächse, wie Taro und Yams, sowie Bergreis, Mais oder Bohnen anpflanzen... Während die Sammler wegen des
Nahrungsmangels nur in kleinen sozialen Gemeinschaften leben, trifft man bei den Hackbauern die oft ein ganzes Dorf
umfassende Sippe als soziale Einheit. Auch ein gewisses Stammesgefühl kann entwickelt sein, doch reicht es kaum über
wenige Dörfer hinaus. Von einem staatlichen Bewusstsein kann nirgendwo die Rede sein.
Hier wird das staatliche Bewusstsein als Wert an sich betrachtet und zur Bewertung eines anderen Volkes
benutzt, welches diese Form des Zusammenlebens nicht notwendigerweise braucht.
Die Seite 101 zeigt auch eine Karte Westafrikas auf, die unter anderem die "Region der ehemaligen Eingeborenenstaaten mit Ackerbau, Viehzucht und hoher handwerklicher Kultur" zeigt, die Siedlungsdichte bis zu 50
Bewohner je km2 ersichtlich wird und zu der es in der Legende unter dem Stichwort "Wirtschaft" heisst:
Kamelzucht, Schafzucht, Rinder- und Pferdezucht. Anbau von Hirse, Erdnuss und Baumwolle (vorwiegend Export).
Anbau von Maniok, Yams, Reis, Bananen, Produktion von Kakao, Palmöl und Palmkernen, Kaffee und Kautschuk für den
Weltmarkt.
Die Aufzählung der Agrarprodukte beschränkt sich nicht nur auf die für den Export wichtigen Tiere und Pflanzen, sondern erwähnt auch die für die Eigenversorgung, und damit für die lokale Bevölkerung viel bedeutenderen Arten.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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4.18.1.4 Die Tropen
Die Seite 102 steht unter dem Titel "Unerschöpfliche Fruchtbarkeit der Tropen?", dazu schreibt der Autor:
Die bis in unsere Tage hinein immer wieder behauptete unerschöpfliche Fruchtbarkeit der tropischen Regenwaldländer ist
ein Märchen... Die eingeborenen Hackbauern roden deshalb alle paar Jahre neue Felder in den Wald. Schnell schliesst der
Wald wieder die Rodungswunden...
Unter der Überschrift "Weltwirtschaftliche Bedeutung der tropischen Regenwaldländer" heisst es weiter:
Lange blieb der tropische Regenwald, vor allem... im Kongogebiet und im Innern der grossen tropischen Inseln, die
Domäne der Einheimischen. Die Natur setzte der Erforschung und wirtschaftlichen Durchdringung durch die europäischen
Kolonialmächte fast unüberwindliche Schranken. Das feuchtheisse Klima ist für den Weissen auf die Dauer unerträglich
und macht ihn zu dauernder körperlicher Arbeit unfähig. Tückische Tropenkrankheiten (Malaria, Schlafkrankheit,
Schwarzwasserfieber), parasitische Würmer, giftige Spinnen und Schlangen bedrohen überall Gesundheit und Leben. Der
Bau von Strassen, Eisenbahnen und Flugplätzen ist in den immerfeuchten Tropen schwierig. Schliesslich ist das unter den
grössten Mühen dem Urwald entrissene Kulturland ohne Pflege schon nach wenigen Jahren erschöpft. Durch neuzeitliche
Anbaumethoden (Verwendung natürlicher und künstlicher Düngemittel), durch bessere Transport- und
Konservierungsmöglichkeiten für Lebensmittel und durch den Fortschritt der medizinischen Wissenschaft im Kampf gegen
Tropenkrankheiten haben sich die Aussichten für eine erfolgreiche Erschliessung wesentlich gebessert.
Anfänglich kamen nur einzelne begehrte Produkte des tropischen Urwalds auf dem Wege des Tauschhandels auf den
Weltmarkt: Farb- und Edelhölzer, Gerbrinde, Harz, Drogen, Wildkautschuk, Kerne der Ölpalme, Paranüsse, Elfenbein,
Schlangenhäute. Mehr und mehr aber wurde diese Sammelwirtschaft durch den Anbau tropischer Kulturpflanzen in
Plantagen und Eingeborenenkulturen überflügelt. Sie liefern in erster Linie die tropischen Rohstoffe, die aus unserem
Wirtschaftsleben nicht mehr wegzudenken sind...
Als Nahrungsmittel werden "Palmkerne und Palmöl aus Nigeria" und dem Kongogebiet, Bananen von der
Guineaküste; als Genussmittel "Kaffee aus... Tropisch-Afrika, Kakao aus Ghana, Nigeria" aufgezählt. Ausserdem wird auf der Seite 102 ein Foto "Urwaldsiedlung am Ufer des Kongo" wiedergegeben. Zwei weitere Fotos
"Sisalpflanzung in Ostafrika. Im Vordergrund Trockenanlagen, rechts Lagerhäuser und eine Kleinbahnanlage
für den Abtransport" und "Kaffeepflanzung mit Schattenbäumen, Ostafrika" sind auf der Seite 103 abgedruckt.
Auf der Seite 104 schreibt der Autor unter dem Stichwort "Eingeborenenwirtschaft":
Die Eingeborenenwirtschaft diente ursprünglich ausschliesslich der Eigenversorgung. Unter der Anleitung, teilweise auch
unter dem Zwang der Weissen, gingen die Einheimischen seit der Jahrhundertwende dazu über, nicht nur für den eigenen
Bedarf, sondern auch für die Weltwirtschaft zu produzieren, um durch den Verkauf Bargeld in die Hand zu bekommen. In
Afrika kamen so an der Guineaküste die Kultur der Ölpalme und der Kakaoanbau grossenteils in die Hände der
Eingeborenen... Die Verdrängung der Europäerplantagen durch Eingeborenenwirtschaften ist eine allgemeine Erscheinung
der letzten drei Jahrzehnte ("Enteuropäisierung" der Erde).
Der Einfluss der Welt der Weissen in den Tropen geht zurück, doch ihr Bedarf an tropischen Erzeugnissen bleibt. Die
Völker in den äquatorialen Regenwaldländern leben weltwirtschaftlich gesehen - vom natürlichen Monopol der Tropen, d.
h. von den nur bei gleichbleibend hoher Wärme und grosser Feuchtigkeit gedeihenden mehrjährigen Kulturpflanzen. Nur
der ursprüngliche Regenwald ist auch heute noch weltwirtschaftlich von geringer Bedeutung. Wegen seiner Artenfülle
kommt er bislang als Zellstofflieferant nicht in Betracht. Sollte jedoch ein technischer Weg gefunden werden, ihn leicht
und billig zu nutzen, werden auch hier an die Stelle des urtümlichen Trägerverkehrs und der Einbäume auf den
Wasseradern die modernen Verkehrsmittel treten. Um die schnellere wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung der
Regenwaldländer bemühen sich im besonderen die westlichen Industrieländer im Rahmen der Hilfe für die
Entwicklungsländer der Erde. Der Erfolg der Arbeit hängt dabei weitgehend von der politischen Entwicklung dieser
Länder und von der Verkehrserschliessung ab.
Einige Jahre später fingen Kreise aus Europa an, die zunehmende Abholzung des Regenwaldes anzuprangern.
Die noch Anfang der siebziger Jahre erhobene Forderung nach der Nutzung des Regenwaldes als "Zellstofflieferant" verkehrte sich in ein "Kopfschütteln" über das Verhalten der "Eingeborenen", die ihre eigene Lebensgrundlage zerstörten.
Im Kapitel "Die Landschaftsgürtel der periodisch feuchten Tropen" (S. 105-109) schreibt der Autor in der
Einleitung:
...Man nimmt an, dass ein grosser Teil des heutigen Graslandes früher bewaldet war und dass erst der Mensch durch
Rodung und Abbrennen viele der Grasfluren geschaffen hat...
Nach der Betrachtung der klimatischen Voraussetzungen des Grossraumes, schreibt der Autor unter der Überschrift "Ackerbauern und Viehzüchter" auf der Seite109:
Geringe Niederschläge und niedrige Temperaturen verbannen die anspruchsvolleren Gewächse der Tropen aus den
Trockensavannen. Die Hirse wird zum wichtigsten Getreide, die Erdnuss liefert Fett für den täglichen Bedarf, und die
Baumwollstauden erzeugen das Rohmaterial für weite Gewänder. Bohnen, Kürbisse und Melonen gedeihen vorzüglich.
Während die Kulturpflanzen an Zahl und Qualität abnehmen, gewinnt die Viehzucht schnell an Bedeutung. An Futter
mangelt es nicht. Das harte Hochgras der Feuchtsavannen ist dem niedrigen Steppengras gewichen, das in der Trockenzeit
am Halm gleichsam zu Heu verdorrt und bis zum Beginn der Regen den Tieren ausreichende Nahrung gewährt. Da und
dort helfen auch die Viehzüchter nach, indem sie Grasbrände anlegen: aus dem Wurzelstock spriesst dann nach wenigen
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Tagen neues Grün auf, soweit die spärliche Bodenfeuchtigkeit ausreicht. Auf den Kurzgrassteppen weiden Rinder, Pferde
und Schafe. Kamel und Esel sind wichtige Lasttiere. Die bevorzugte Stellung der Viehzucht hängt weitgehend damit
zusammen, dass es in diesem Klima nur wenig Viehkrankheiten gibt. Auch der Mensch fühlt sich hier wohler als in den
feuchten Savannenländern mit ihrer langen Regenzeit. Gelbfieber und Schlafkrankheit und nicht zuletzt die gefürchtete
Malaria dringen nicht in die Steppenländer ein. Die Dysenterie sowie Haut- und Wurmkrankheiten treten allerdings auch
hier auf und werden streckenweise zu einer Geissel der Bevölkerung (Afrika)...
"An Futter mangelt es nicht" schreibt der Autor. Nur wenige Jahre später verbreiteten fast alle Lehrmittel die
Bilder ausgehungerter Menschen und an Futtermangel verendeten Viehs aus dem beschriebenen Gebiet. Im
Text heisst es weiter (S. 109):
In grossen Teilen Nordafrikas... sind auch heute noch die Grasländer der Lebensraum der Nomaden. Im Viehzuchtgürtel
des Sudans sind die Fulbe und Massai ausgesprochene Rinderzüchter. Die Viehzuchtnomaden führen während grosser
Teile des Jahres ein unstetes Leben. Sie wandern mit ihren Tieren von Weideplatz zu Weideplatz; dessen Wert steht und
fällt mit dem für die Tränke verfügbaren Wasser. Das leicht bewegliche Zelt ist die Wohnstätte der Nomaden. Wo
Viehzucht und Ackerbau gekoppelt sind, wie in Nordwestafrika, haben die Menschen eine feste Behausung: ein
rechteckiges Lehmziegelhaus mit flachem Dach.
Die Bewohner der Grasländer sind in Afrika und Vorderasien gewöhnlich schlank und sehnig gebaut, haben eine
aussergewöhnliche Ausdauer und zeigen grossen persönlichen Mut. Sie schliessen sich gern zu grösseren Verbänden
zusammen, denen vorübergehend staatenbildende Kraft innewohnen kann. Erfüllt von kriegerischem Geist, haben sie
immer wieder die benachbarten Ackerbaugebiete angegriffen. In der religiösen Vorstellungswelt der Steppenvölker lebt
nur ein Gott...
Nur im dicht besiedelten nordafrikanisch-orientalischen Raum hat sich die kulturell recht hochstehende Bevölkerung im
Zeitalter der Europäisierung der Erde zu halten vermocht... im südlichen Afrika... dagegen sind an die Stelle einstiger Jäger
und Sammler europäische Farmer getreten, die riesige Viehzuchtbetriebe errichteten und dadurch mithelfen, die rohstoffund nahrungshungrige Welt ausreichend mit Wolle, Fleisch und tierischen Fetten zu versorgen.
Auch in diesem Lehrmittel wird Afrika noch als Gebiet bezeichnet, dass die "rohstoff- und nahrungshungrige
Welt" mitzuversorgen hilft.
4.18.2
Band 6: Das Weltbild der Gegenwart
Im Kapitel "Das negride Afrika" auf den Seiten 79-82 vermittelt der Autor Wissen über die Rohstoffländer der
Tropen, den Welthandel und die Entwicklungsmöglichkeiten der schwarzafrikanischen Staaten. In der Einleitung schreibt er auf der Seite 79:
...Kulturgeographisch unterscheidet man drei Teile: Der von hellhäutigen Menschen bewohnte Norden gehört noch zum
Orient. Der äusserste Süden, die Südafrikanische Republik, wird von drei Millionen Weissen und 11 Millionen Schwarzen
bewohnt und ist ein europäisch organisierter und verwalteter Staat. Das negride Afrika mit seinen völlig anderen
Lebensformen umfasst die tropischen Regenwälder und Savannen zwischen der Sahara und dem Kalaharibecken,
zwischen Sansibar und der Guineaküste. In dem Gebiet von 22 Mill. km2 wohnen 190 Millionen Menschen.
Trotz seiner Nähe zu Europa ist das tropische Afrika lange ein weisser Fleck auf unseren Landkarten geblieben. Für den
Handel lieferte es anfänglich jene wenigen Güter, nach denen einzelne Küstenabschnitte benannt wurden. In das Innere
drang man erst im Laufe des vorigen Jahrhunderts vor und teilte schliesslich diesen letzten noch "herrenlosen"
Überseeraum in Kolonien auf. Nach einer verhältnismässig kurzen Zeit der wirtschaftlichen und organisatorischen
Einflussnahme der europäischen Kolonialmächte haben fast alle Länder des negriden Afrikas nach dem zweiten Weltkrieg
ihre staatliche Selbständigkeit in den Grenzen erreicht, die von den Europäern festgelegt waren.
Während hier also von der "Nähe" Afrikas zu Europa die Rede ist, - das Lehrmittel "Seydlitz Erdkunde" von
1993-1995 spricht im Zusammenhang mit den Erdölexporten Nigerias ebenfalls von der "grösseren Nähe zu
den Abnehmern" (siehe dazu die Seite 392 dieser Arbeit) - beschäftigte sich Widrig in seinem Geographiebuch
von 1967 ausführlich mit der ungünstigen Lage Afrikas, das zu weit von Europa entfernt liege, um eine grössere Rolle im Welthandel zu spielen. (Siehe dazu auch die Seite 135 dieser Arbeit.) Unter der Überschrift "Tropische Rohstoffländer" fährt der Autor auf den Seiten 79-80 fort:
Wenn wir heute von den tropischen Rohstoffen Afrikas sprechen, so denken wir in erster Linie an Palmöl, Erdnüsse,
Kakao, Kaffee, Baumwolle, Sisalhanf, tropische Hölzer. Erst der wachsende Bedarf an solchen Gütern leitete gegen Ende
des vorigen Jahrhunderts die weltwirtschaftliche Erschliessung Afrikas ein.
Die moderne Kolonisation begünstigte vor allem die Eingeborenenwirtschaft und veränderte diese zum Teil völlig.
Während die Schwarzen die zum eigenen Bedarf benötigten Pflanzen (Hirse, Yams, Bataten, Mais) heute noch recht
extensiv anbauen, sind sie, wo es sich um die Gewinnung von Ausfuhrprodukten handelt, unter europäischer Anleitung zu
einer sorgfältigeren Wirtschaftsweise übergegangen: Sie erzielen auf ihren kleinbäuerlichen Anwesen Ernten, die für den
Weltmarkt von Bedeutung sind. Das gilt zum Beispiel für die Oberguineaküste und ihr Hinterland (Kakao, Palmöl,
Erdnüsse). In den 90er Jahren sind weisse Unternehmer nach dem Bau der Eisenbahnen auch in das Hochland von
Ostafrika vorgedrungen und haben Sisal-, Kaffee- und Teepflanzungen angelegt.
Die bergbauliche Produktion Afrikas wurde seit Beginn unseres Jahrhunderts rasch ausgeweitet. Nachdem die Gold- und
Diamantenvorkommen Südafrikas bekanntgeworden waren, begann man, auch im tropischen Teil des Kontinents nach
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Geographielehrmittel: Seydlitz für Gymnasien (1963- ca. 1971)
Minerallagern zu suchen. Heute ist Tropisch-Afrika massgeblich an der Gewinnung weltwirtschaftlich wichtiger
Bergbauprodukte beteiligt. Kohle und Erdöl stehen dagegen nur in sehr geringem Umfange zur Verfügung. Dafür ist
Afrika der an Wasserkräften reichste Kontinent.
Auch hier wird die Wirtschaftsweise der Schwarzafrikaner aufgrund der Nützlichkeit für Europa bewertet. So
seien die schwarzafrikanischen Bauern "unter europäischer Anleitung" zu einer "sorgfältigeren
Wirtschaftsweise übergegangen". Der nächste Abschnitt auf der Seite 80 steht unter der Überschrift "Die Stellung Tropisch-Afrikas im Welthandel":
Ohne Zweifel sind in den letzten Jahrzehnten auf vielen Gebieten und an zahlreichen Stellen beachtliche Fortschritte erzielt
worden. Man hat Städte und Strassen, Kraftwerke, Industriebetriebe, Häfen und Bewässerungsanlagen gebaut, hat das
Erziehungswesen verbessert, den Anbau weltwirtschaftlich wichtiger Produkte, wie Reis und Kaffee, ausgeweitet und mehr
Bodenschätze gefördert. Im wirtschaftlichen Weltvergleich haben jedoch die 42 Länder Tropisch-Afrikas nur geringe
Bedeutung. Zwar kommen von dort 92% der Palmkerne, 87% der Erdnüsse und je 63% des Palmöls und des Sisals auf den
Weltmarkt; aber diese Produkte machen wertmässig zusammen nur 12% der Exporte Tropisch-Afrikas aus. Bedeutsamer
sind Kaffee, Kakao und Baumwolle, auf die rund 40% der Ausfuhr von Tropisch-Afrika entfallen. Am Export von
Kobalterz ist es mit 65% und an dem von Chrom- und Kupfererzen jeweils mit rund 20% beteiligt.
Fasst man die Ausfuhr Tropisch-Afrikas zusammen, so ergibt sich ein Anteil von nur 3,1% an der Weltausfuhr... Ein Drittel
der afrikanischen Ausfuhr entfiel auf Bergbauprodukte, ein zweites Drittel auf Erzeugnisse landwirtschaftlicher
Unternehmen, die im Besitz von Nichtafrikanern stehen; nur das letzte Drittel kam aus rein afrikanischen Unternehmen.
Das heisst also, dass 190 Mill. Menschen (6% der Weltbevölkerung) in einem Raum von der 100fachen Grösse der BRD
nur 1% der Welthandelsgüter in eigener Verantwortung auf den Weltmarkt bringen. Dazu kommt, dass die Staatshaushalte
aller Länder Tropisch-Afrikas im Jahre 1960 insgesamt nur 10,9 Mrd. DM erreichten, das entspricht einem Viertel des
Haushalts der BRD vom gleichen Jahr. Finanziell betrachtet, sind daher die Entwicklungsmöglichkeiten dieses riesigen
afrikanischen Raumes unter den gegenwärtigen Verhältnissen sehr beschränkt.
Die fast euphorischen Texte der sechziger Jahre werden durch diese Zahlen, an denen sich bis Ende der neunziger Jahre wenig geändert hat, wesentlich gedämpft. Allerdings erscheint ein wichtiger Teil der schwarzafrikanischen Produktion in keiner Statistik, da sie als Subsistenzproduktion gar nicht erfasst werden kann.
Im Abschnitt "Entwicklungsmöglichkeiten und Entwicklungsprobleme" schreibt der Autor auf der Seite 80
einleitend:
Häufig richten - nicht nur im tropischen Afrika - die Politiker und Wissenschaftler der Entwicklungsländer ihre Wünsche
am wirtschaftlichen Leistungsstand und am Lebensstandard der Menschen in den Industrieländern aus. Das führt zu
falschen Hoffnungen, zumal bei den Planungen oft die naturgeographischen Voraussetzungen nicht ausreichend
berücksichtigt werden...
Die natürlichen Entwicklungsbarrieren führt der Autor unter der Überschrift "Entscheidende natürliche Hemmnisse" auf (S. 80):
Die bisherige Entwicklung Afrikas wurde durch zahlreiche natürliche Hemmnisse erschwert, die grösstenteils auch in der
Zukunft wirksam bleiben werden. Dazu gehören die relative Unzugänglichkeit der ungegliederten Landmasse, die wenigen
natürlichen Häfen und die mangelhafte Schiffbarkeit der Flüsse. Ausserdem fehlen Tropisch-Afrika grosse küstennahe,
ertragreiche und dichtbevölkerte Aufschüttungsebenen, wie sie Süd- und Ostasien besitzen. Die Schwemmländer des
Niger-, Tschad-, Obernil-, Kongo- und des Kalahari-Beckens sind zwar gross an Fläche, aber sie liegen im
Kontinentinneren und - mit Ausnahme des Kongobeckens - klimatisch nicht mehr im Bereich eines ertragreichen
Regenfeldbaus. Mit Hilfe künstlicher Bewässerung oder auch natürlicher Überschwemmungs-Bewässerung könnten
jedoch in den Beckenlandschaften des Sudans grosse Flächen sandiger Alluvialböden ackerbaulich genutzt werden. Das
Gezira-Unternehmen und die neuen Kolonistendörfer im Binnendelta des Nigers sind Beispiele dafür. Im Gezira-Gebiet
wurden z. B. 30'000 Familien angesiedelt, im Niger-Gebiet fast 4'000 in über 100 Dörfern. So grossartig sich diese
Leistungen auch ausnehmen, es sind in Wirklichkeit nur punktartige Ansätze in riesigen Räumen, zu deren Erschliessung
ungeheure Mittel benötigt werden.
In Tropisch-Afrika sind 40% des Landes zu trocken für den Ackerbau oder stark dürregefährdet und 10% während des
grösseren Teiles des Jahres versumpft. Der landwirtschaftlich nutzbare Raum, in dem man mit einer bald kürzeren, bald
längeren Trockenzeit rechnen muss, macht etwa 35% der Fläche aus. Hier wird zumeist nur eine Ernte eingebracht. Nur der
ursprünglich mit tropischen Regenwäldern bestandene Teil hat das ganze Jahr über klimaoptimale Voraussetzungen für das
Pflanzenwachstum. Dieses Gebiet misst 1,4 Mill. km2.
Unter der Zwischenüberschrift "Auswirkungen des Landschaftshaushaltes auf die Bodenbewirtschaftung"
macht der Autor folgende Aussagen (S.80):
Besonders ungünstig sind die Bodenverhältnisse... Die innerhalb der Regenfeldbaugrenze weitverbreiteten Rot-, Gelb- und
Braunlehme sowie die Niederungsböden brauchen zur Erhaltung ihrer Fruchtbarkeit Schatten für die Kulturfläche. Wird
die natürliche Vegetation abgeschlagen und ein grossflächiges Ackerbauareal der vollen Sonnenbestrahlung ausgesetzt, so
stört man den naturgegebenen Landschaftshaushalt... Die Kenntnis dieses natürlichen Landschaftshaushaltes ist eine
unabdingbare Voraussetzung für eine sinnvolle agrarische Entwicklungsplanung... Diese Erkenntnisse sind von grosser
praktischer Bedeutung, wie der missglückte Versuch der britischen Colonial Development Corporation in Tanganjika zeigt.
Innerhalb von 5 bis 6 Jahren wollte man durch Grosseinsatz von Maschinen auf 3,2 Mill. acres Land zu einer jährlichen
Produktion von 600'000 t Erdnüssen kommen. Als aber die Trockenwälder abgeschlagen und riesige Landflächen
umgebrochen waren, verdichtete sich der ungeschützte Boden unter der starken Sonneneinstrahlung. Seine
Wasserkapazität nahm ab. Durch Ausfällung beweglicher Mineralstoffe bildeten sich harte Bodenkrusten. Dazu kam die
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Bodenerosion. Das 1947 begonnene Unternehmen war innerhalb von 4 Jahren gescheitert. Es kostete Grossbritannien
umgerechnet 435 Mill. DM.
(Zum Erdnussprojekt in Tansania siehe auch die Seite 305 dieser Arbeit). Im Text fährt der Autor fort, die
Wirtschaftsweise der "Einheimischen"(!) - es ist nicht mehr von "Eingeborenen" die Rede - zu beschreiben
(S.81-82):
Wie helfen sich die Einheimischen? Das jeweils von den Dörfern aus bewirtschaftete Land ist klein. Alle zwei bis drei
Jahre gibt man es auf und rodet in gemeinsamer Arbeit neue Felder und lässt in unregelmässigen Abständen einige
grössere Bäume stehen. Sind Äste und Blattwerk getrocknet, so schickt man Feuer hindurch und bringt danach Zuckerrohr,
Maniok, Mais oder Hirse in die mit der Hacke angelegten Pflanzlöcher. Zwischen den Pflanzstellen liegen Asche und
halbverbrannte Äste. Das ganze Feld macht auf uns einen recht unordentlichen Eindruck. Nach zwei- bis dreijähriger
Nutzung nimmt die Bodenfruchtbarkeit rasch ab. Man überlässt dann das Land wieder für längere Zeit der Natur.
Der üppig wuchernde Regenwald täuscht also einen Nährstoffreichtum des Bodens vor, der in Wirklichkeit nicht besteht.
Der Wald lebt gleichsam durch sich selbst. Schlägt man ihn ab, so fehlt der Humusnachschub. Künstliche Düngung kann
nur beschränkte Hilfe bringen. Führt man dem Boden z. B. die notwendigen Phosphate zu, so werden sie durch Umsetzung
mit Eisen- und Aluminiumoxidhydraten zu unlöslichen Verbindungen und damit für die Ernährung der Pflanzen wertlos.
Stickstoff-, Kalium- oder Magnesiummangel kann dagegen durch mineralischen Dünger behoben werden.
Auch die Versuche, die Hacke, mit der der Boden nur angeritzt wird, durch den Motorpflug zu ersetzen, sind
problematisch: tiefergehende Pflüge verlagern die in der dünnen obersten Bodenschicht angereicherten Humusstoffe in
tiefere Horizonte, wo sie nicht mehr pflanzenwirksam werden können.
Das unordentlich aussehende Feld mit den halbverkohlten Ästen und der Asche ist also nicht Ausdruck schlampiger
Arbeit, sondern eine einfache Form des Bodenschutzes gegen die starke Sonneneinstrahlung, die zur Verhärtung des
Bodens und zur Vernichtung der Bodenbakterien führt. Äste und Asche bewahren zugleich vor der zerstörenden Wirkung
der tropischen Starkregen, die sind die feinen Tonbestandteile fortschwemmen würden. All diese Überlegungen zeigen,
dass in den Regenwaldbereichen nur mit grösster Vorsicht an die Verbesserung des heutigen Betriebssystems der
Afrikaner herangegangen werden kann.
Die Sichtweise auf die Produktionsformen der Schwarzafrikaner hat sich durch das Scheitern der ersten von
Experten durchgeführten Grossversuche wesentlich gewandelt. "Das unordentlich aussehende Feld... ist also
nicht Ausdruck schlampiger Arbeit", sondern stellt eine angepasste, ökologische Folgen berücksichtigende
Anbauform dar, die über Jahrhunderte entwickelt wurde. Im Text heisst es weiter auf der Seite 81:
Ein weiteres Beispiel: Die riesigen Grasländer Tropisch-Afrikas scheinen auf den ersten Blick beste Voraussetzungen für
die Viehzucht bzw. für die Fleischproduktion zu bieten. Hemmend sind jedoch die weitverbreiteten Rinderkrankheiten und
Tierseuchen. Selbst wenn es gelingen sollte, insbesondere die von der Tsetse-Fliege übertragene Nagana-Seuche
auszurotten, von der etwa die Hälfte der Fläche Tropisch-Afrikas ständig bedroht ist, wäre damit der Weg für eine moderne
Viehwirtschaft noch nicht frei. Denn in den wechselfeuchten Savannengebieten gibt es nur wenige Monate lang eine gute
Naturweide.
Schliesslich wirken sich auch die riesenhaften ungegliederten Weiten Afrikas nachteilig für eine schnelle Entwicklung aus.
An den Aufbau eines geschlossenen kontinentweiten Landverkehrsnetzes ist vorerst nicht zu denken, zumal Eisenbahnen,
Flüsse und Landstrassen immer nur schmale Landstreifen öffnen. So ist die Raumweite Afrikas - im Vergleich mit den
naturgeographisch besser erschlossenen südostasiatischen oder mittelamerikanischen Tropen - für die wirtschaftliche
Erschliessung eine schwere Belastung; sie macht sich in höheren Kosten und damit in geringerer Konkurrenzfähigkeit
bemerkbar.
Damit spricht der Autor einen wesentlichen Punkt an, der auch bei den in späteren Lehrmitteln aufflammenden
Diskussionen über die "Überbevölkerung Afrikas" berücksichtigt werden sollte. Unter einer gewissen Bevölkerungsdichte ist eine verkehrstechnische Erschliessung schlichtweg nicht sinnvoll, da zu teuer.
4.18.2.1 "Anthropogene Faktoren"
In einem weiteren Abschnitt unter der Überschrift "Anthropogene Faktoren" kommt der Autor auf der Seite 82,
die auch ein Foto "Die Bekämpfung des Analphabetentums ist eine grosse Aufgabe in den Entwicklungsländern. Zumeist gibt es nur in den Städten höhere Schulen. Schuljugend in Thies (östlich von Dakar), Senegal"
zeigt, auf den Einfluss des Menschen zu sprechen:
Ist schon das Zusammenspiel der naturgeographischen Faktoren in Afrika südlich der Sahara vielfältig und verwickelt, so
werden die Entwicklungsprobleme noch komplizierter, wenn der Mensch in die Untersuchungen und Planungen
einbezogen wird. Denn nun begegnen uns die Vielfalt der afrikanischen Völker, die Unzahl der Stämme, die dörflichen
Gemeinschaften, die schnell wachsenden städtischen Siedlungen, verschiedenartige Wirtschaftsräume und unterschiedliche
Kulturhöhe. Viele Vorhaben auf dem Lande werden erschwert durch das Stammesmosaik, die Sozialstruktur, durch das auf
kleine überschaubare Einheiten ausgerichtete Gemeinschaftsgefühl und durch die alten Herrschaftsformen.
Im Gegensatz dazu beginnt in den Städten die Auflösung der Grossfamilien und der Traditionen. In den grossen
Siedlungszentren vollzieht sich auch schon die Auseinandersetzung zwischen dem einheimischen wohlhabenden
Mittelstand der Kolonialzeit - den Anwälten, Händlern und höheren Beamten - und den revolutionär vordringenden
Gruppen der Avantgardisten aus den Gewerkschaften und den Jugendorganisationen.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 217
Geographielehrmittel: Seydlitz für Gymnasien (1963- ca. 1971)
Im letzten Abschnitt schreibt der Autor unter der Überschrift "Voraussetzungen für die Industrialisierung"
(S.82):
Natürlicherweise müsste der industrielle Aufbau mit der Aufbereitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse und bergbaulicher
Schätze beginnen, weil Kapital, unternehmerische Persönlichkeiten und technische Fachleute fehlen. Die nächste
Aufbauphase hängt dann von den vorhandenen Rohstoff- und Energiereserven, von der Arbeitsaktivität der Bevölkerung
und von den Marktbedingungen ab. Dabei kommt bei dem Mangel an Kohle und Erdöl den Wasserkräften besondere
Bedeutung zu. Die Flüsse Afrikas könnten 40% der Wasserkräfte der Erde liefern! Doch davon wird noch nicht 1/2%
genutzt.
Für jedes Entwicklungsland ist der Start aus eigener Kraft wichtig. Er ist aber keineswegs allein vom verfügbaren Kapital
abhängig. Kaum weniger bedeutsam ist, dass der afrikanische Mensch zum rationalen Handeln geführt wird, dass er
Verständnis für die modernen technisch-wirtschaftlichen Vorgänge und für die Geldwirtschaft aufbringt. Auf diesem Wege
liegen viele Schwierigkeiten. Dazu gehören: die der afrikanischen Mentalität mehr liegende literarisch-sprachliche als die
naturwissenschaftlich-ökonomische Bildung, das überkommene Sozialgefüge und die primitiven Sparmethoden.
Kabou sieht diese Mentalität nicht als Folge eines im Wesen des Schwarzafrikaners liegenden Charakterzuges
an, sondern als psychologische Verweigerung auf einem Gebiet, welches vom ehemaligen Unterdrücker dominiert wird, den Wettbewerb aufzunehmen. (Kabou 1995, S. 45-53) Ki-Zerbo ist der Meinung, dass "Afrika...
die Globalisierung als einen passiven Akt" erlebe, "als etwas, das über die Menschen niedergeht, ohne dass sie
dabei mitzureden hätten". Der hochindustrialisierte Norden nähme für sich alle Freiheiten in Anspruch, mache
umgekehrt aber die Grenzen nach Süden hin dicht. Auch viele Mahnungen aus den Norden seien durchaus
entbehrlich, etwa die Mahnung, man möge die Geburtenrate drosseln um der Bevölkerungsexplosion keinen
Vorschub zu leisten: "Wenn Kinder in Ländern mit hohen Sterblichkeitsraten der einzige Garant für die
Versorgung im Alter sind, dann werden die Menschen eben fünf Kinder machen, damit ihnen letztlich wenigstens zwei oder drei bleiben." (Der Standard 10.06.98, S. 3)
In einer Aufgabenstellung wird der Schüler aufgefordert, die "Hauptprobleme und politischen Strömungen in
Afrika nach Büchern" von Nkrumah u.a. zu schildern. Kwame Nkrumah (1909-1972) war der erste Premierminister (1957-1960) und spätere Präsident (1960-1966) Ghanas. Während seiner langjährigen Auslandaufenthalte rief der ehemalige Lehrer 1945 in London den 5.Panafrikanischen Kongress ins Leben. Nach seiner Rückkehr nach Ghana 1947 setzte er sich für die Unabhängigkeit seines und anderer afrikanischer Länder ein, die
für die ehemalige Goldküste 1957 Wirklichkeit wurde. Der erfolgreiche Aussenpolitiker Nkrumah spielte eine
wesentliche Rolle bei der Gründung der OAU (Vereinigung afrikanischer Staaten) von 1963. Nachdem er sich
1964 zum Präsident auf Lebzeiten wählen liess, wurde Nkrumah 1966 durch einen Militärputsch gestürzt und
verbrachte seine letzten Jahre in Guinea. (Encarta 1997; Infopedia 1996)
Nkrumah träumte von einem Afrika, dass sich aus den Fesseln des Kolonialismus lösen und zu einer Einheit
finden könnte, die es zu einem ernstzunehmenden Partner in der internationalen Gemeinschaft machen würde.
1961 schrieb er unter dem Titel "I Speak of Freedom": "For centuries, Europeans dominated the African continent. The white man arrogated to himself the right to rule and to be obeyed by the non-white; his mission, he
claimed, was to "civilise" Africa. Under this cloak, the Europeans robbed the continent of vast riches and
inflicted unimaginable suffering on the African people. All this makes a sad story, but now we must be prepared to bury the past with its unpleasant memories and look to the future. All we ask of the former colonial
powers is their goodwill and co-operation to remedy past mistakes and injustices and to grant independence to
the colonies in Africa…. It is clear that we must find an African solution to our problems, and that this can
only be found in African unity. Divided we are weak; united, Africa could become one of the greatest forces
for good in the world." (Nkrumah 1961)
Die Seite 83 zeigt abschliessend vier Fotos "Der Markt im Zentrum der Hausa-Stadt von Kano ist seit Jahrhunderten Handelsmittelpunkt für grosse Teile des Sudans.", "In Ojo, nördlich Ibadan (Nigeria), entwickelt sich
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 218
Geographielehrmittel: Seydlitz für Gymnasien (1963- ca. 1971)
auf der Grundklage traditioneller Kunstfertigkeit heute ein Handwerk. Wir blicken in die Strasse und auf die
Häuser der Kalebassenschnitzer.", "Neue Eingeborenensiedlung in Uganda" und "Im Zentrum von Lagos. Die
baulichen Verhältnisse sind charakteristisch für die in allen grösseren Städten und Entwicklungsländern
bemerkbaren neuen Einflüsse. Ebenerdige Holzhütten und Häuser aus der älteren Kolonialzeit stehen neben
modernen Geschäftsbauten".
4.18.3
Zusammenfassung
Während sich der Band "Erde und Mensch" der Beschreibung der Wirtschafts- und Siedlungsformen, sowie
der Bedeutung der Exportprodukte widmet und dabei das bekannte Bild vom "rückständigen" Schwarzafrikaner, der Dank der Anleitung des Weissen Bedeutung auf den Weltmarkt erlangt, kolportiert, befasst sich der
Band "Das Weltbild der Gegenwart" mit der damals aktuellen Situation. Damit setzt es der auch im Band
"Erde und Mensch" geäusserten Hoffnung, Afrika würde zu einem Versorgungsgebiet für die ganze Welt,
einen empfindlichen Dämpfer durch die Schilderung der Probleme bei der Erschliessung Afrikas als Wirtschaftsraum mit Bedeutung für den Weltmarkt.
Aus der Erkenntnis heraus, dass die "primitiven Wirtschaftsformen" des Schwarzafrikaners oft besser an die
Umwelt angepasst ist, als die Modelle der Experten aus den Industrienationen, mutiert dieser vom "Eingeborenen" zum "Einheimischen".
Auf die Kultur und den Alltag des Schwarzafrikaners geht der Autor nur wenig ein. Auch enthält das Lehrmittel keine Aussage von schwarzafrikanischen Menschen zu den besprochenen Themen. Immerhin fordert der
Autor die Schüler auf, Texte des ghanaischen Politikers und schwarzafrikanischen Vordenkers Nkrumah zu
lesen.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 219
Geographielehrmittel: Fahr mit in die Welt (1971-1974)
4.19 Fahr mit in die Welt (1971-1974)
Ähnlich wie die Deutschen im Sudan leisten fast alle europäischen Völker Entwicklungshilfe. Aber dieser Hilfe stellen sich
oft ungeahnte Schwierigkeiten entgegen... Die grösste Schwierigkeit aber liegt darin, dass die Zauberer und
Medizinmänner nach wie vor einen starken Einfluss auf die Massen ausüben. Seit Jahrtausenden beherrscht der
Geisterglaube und Dämonenzauber das Leben der Afrikaner. Können diese eingewurzelten Anschauungen und
Lebensgewohnheiten in wenigen Jahren aus den Seelen der Afrikaner ausgerissen und völlig beseitigt werden? Selbst bei
vielen zum Christentum oder Islam bekehrten Afrikanern brechen immer wieder manche ihrer alten abergläubischen
Zauberformeln hervor. (Bd. 3, S. 59)
Das in den Jahren 1971-1974 erschienene, dreibändige und 550 Seiten starke Lehrmittel "Fahr mit in die
Welt", aus dem Moritz Diesterweg Verlag, beschäftigt sich im dritten, 1972 in der vierten Auflage erschienenen Band "Aussereuropäische Erdteile, Deutschland und die Welt" auf den Seiten 43-82 mit dem Kontinent
Afrika. Es folgt dabei dem Schema der Grossraumbeschreibung, wie sie schon im Lehrmittel "Leitfaden für
den Geographieunterricht" von 1934 angewendet wurde.
4.19.1
Allgemeiner Teil
Im ersten allgemeinen Teil unter dem Titel "Afrika im Umbruch" wird als erstes der auf der Seite 124 dieser
Arbeit besprochen Text Albert Schweitzers (1875-1965) "Was bei den Weissen anders ist als bei den Schwarzen" abgedruckt. Eingeleitet wird der Text mit den Worten: "Aus Lambarene im zentralafrikanischen Urwald
schrieb Albert Schweitzer vor 20 Jahren". Der Text wurde also spätestens um ca. 1950 geschrieben.
Auf der gleichen Seite findet sich ein zweiter Text unter der Überschrift "In Kenia verbreitete die Mau-MauBewegung in ihrem Freiheitskampf gegen England vor 15 Jahren dieses Flugblatt" indem Jomo Kenyatta
(1891-1978), der Kenia ab 1963 bis zu seinem Tod regierte, zitiert wird:
"Die Europäer bringen das Christentum nur nach Afrika, um uns schön gefügig zu machen, um uns zu lehren, in Geduld
auf den Himmel zu hoffen. Sie haben uns beten gelehrt, und während wir beteten und die Augen schlossen, haben sie uns
das Land gestohlen. Vor 50 Jahren hatten wir unser Land, und die Europäer hatten die Bibel. Jetzt haben wir die Bibel, und
die Europäer haben unser Land."
Hier wird gewissermassen aus der Sicht des afrikanischen Opfers argumentiert. Der Mau-Mau-Aufstand von
1952-1956 war die Folge des wachsenden Unmuts der einheimischen Bevölkerung, vor allem der Kikuyu,
gegen die Landaneignung durch die weissen Siedler in Kenia. Zu Beginn der Auseinandersetzungen wurde
auch der spätere Präsident Kenyatta verhaftet und zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe sowie zwei Jahren
Exil verurteilt. Obwohl die Afrikaner nach dem Aufstand als Verlierer dastanden, über 11'000 Rebellen
wurden getötet und 80'000 Männer, Frauen und Kinder der Kikuyu in Lager eingesperrt, während die Europäer
nur etwa 100 Opfer zu beklagen hatten, errangen sie einen politischen Sieg, der Grossbritannien schliesslich
dazu veranlasste, Kenia 1963 in die Unabhängigkeit zu entlassen. (Encarta, 1997; zu Kenia siehe auch die
Seiten 203 und 225 dieser Arbeit.)
Auf der Seite 44 befindet sich neben einer Karte mit der Überschrift "Unabhängige Länder in Afrika 1951",
die die folgenden Länder als unabhängig bezeichnet: Libyen, Ägypten, Äthiopien, Liberia, Südafrikanische
Union (Vergleiche dazu die Karte "Erlangung der Unabhängigkeit" auf der Seite 565 dieser Arbeit.) und zu der
die Aufgabe "Vergleiche die untenstehende Karte mit der Atlaskarte und stelle fest, wie sich die Unabhängigkeitsbewegung in Afrika in den letzten Jahren entwickelt hat!" gestellt wird, auch ein Text, in dem es heisst
(S.44):
Ein afrikanischer Professor wendet sich an die Menschen in Europa und den USA: "Zeigt mit eurem Verhalten uns
gegenüber sowohl in der Neuen wie der Alten Welt, dass ihr es annehmt und daran glaubt, dass wir alle die gleiche
menschliche Natur haben. Dann können und wollen wir in Afrika antworten auf die ausgestreckte Hand; dann werden wir
nicht bloss gemeinsam die Probleme Afrikas lösen, sondern durch die Bande der Freundschaft, der Bruderschaft werden
wir einen neuen Weg entdecken, um eine Weltgemeinschaft zu schaffen, in der der Mensch ein reicheres, volleres Leben
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 220
Geographielehrmittel: Fahr mit in die Welt (1971-1974)
führt und frei ist vom Krieg und der unheimlichen Furcht vor der Vernichtung. Wir wollen alle mithelfen, eine
Weltgemeinschaft von freien Menschen zu schaffen, die in Freiheit miteinander verbunden sind".
Einerseits kommt in diesen Text noch einmal die afrikanische Sichtweise zur Geltung, andererseits weicht das
abgedruckte Plädoyer stark vom Bild der unter sich zerstrittenen "Stämme Afrikas" ab. Weiter heisst es im
gleichen Text (S. 44):
Am 5. Februar 1952 beschloss die Generalversammlung der Vereinten Nationen, dass in das Abkommen über die
Menschenrechte folgender Artikel einzufügen sei: "Alle Völker und alle Nationen sollen das Recht der Selbstbestimmung
haben, nämlich das Recht, frei ihren politischen, sozialen und kulturellen Status zu bestimmen."
Für einige afrikanische Staaten sollte es noch rund vierzig Jahre dauern, bis dieses Ziel umgesetzt wurde. Der
Text erwähnt weiter die Konferenz in Bandung auf Java und sagt über die in den "Bandung-Staaten" (damit
waren die Staaten mit einer farbigen Bevölkerungsmehrheit gemeint, damals etwa die Hälfte der Menschheit)
aus:
In diesen Staaten leben Menschen der verschiedensten Rassen und Religionen. Alle diese Völker, so verschiedenartig sie
auch sind, verfolgten ein gemeinsames Ziel: den Kampf gegen die Herrschaft des "Weissen Mannes". Der grösste Teil
dieser Länder in Asien und Afrika hat jedoch sein Ziel bereits erreicht. Sie sind frei!
Damit ist sicherlich nur die de jure Unabhängigkeit im politischen Sinne gemeint, denn viele Staaten gelang es
nicht, die wirtschaftliche Abhängigkeit abzubauen. In anderen Staaten schalteten und walteten die gleichen
Beamten, die vor der Unabhängigkeit den verlängerten Arm der Kolonialmächte gebildet hatten. Über die
Afrikaner schreibt der Autor:
Zahlreiche Afrikaner besuchen Universitäten in Europa und Amerika. Viele dieser Studenten kehren als Ingenieure, Ärzte,
Politiker, Lehrer, Juristen usw. nach Afrika zurück. Diese Männer bringen reiches Wissen und die Erfahrung, wie die
Menschen in anderen Ländern der Erde leben, mit in ihre Heimat.
Im Gegensatz zum Lehrmittel "Erdkunde: Oberstufe", welches vorwiegend die ländliche Bevölkerung ins
Zentrum der Aufmerksamkeit stellt, stehen hier die Intellektuellen Afrikas im Vordergrund, die sich teilweise
von der traditionellen Lebensweise weit entfernt haben.
In einem nächsten Abschnitt "Und das Verhältnis von Schwarz und Weiss?" wird der Ministerpräsident Nyerere von Tanganjika (heute Tansania) zitiert:
"Wir haben durchaus nicht die Absicht, die Weissen zum Lande hinauszuwerfen. Die Weissen haben unser Land
entwickelt. Wir wollen ein Tanganjika aufbauen wo Leute aller Länder friedlich zusammenleben können, ohne wegen der
Hautfarbe viel zu streiten. Alle die im Lande leben wollen, um ihm zu dienen, sollen als Bürger anerkannt werden. Was wir
aber nicht länger dulden wollen, ist, dass die 20'000 Weissen das Zepter fuhren über die fast 9 Millionen Schwarzen..."
(Zu Tansania siehe auch die Seite 266 dieser Arbeit.) Als erstes der untersuchten Lehrmittel zitiert "Fahr mit in
die Welt" hier einen bedeutenden afrikanischen Politiker, der Stellung zu den von seinem Land verfolgten
Zielen nimmt und damit beweist, dass Schwarzafrikaner keineswegs unfähig sind, sich Gedanken über die
eigene politische Zukunft zu machen.
Im letzten Text zu "Afrika im Umbruch" unter der Überschrift "EWG und Afrika" schreibt der Autor (S. 44):
Am 20. 7. 1963 wurde in Jaunde (Kamerun) ein höchst bemerkenswertes Vertragswerk unterzeichnet. 18 afrikanische
Staaten haben sich der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) angeschlossen. Der Vertrag sichert eine enge
wirtschaftliche Zusammenarbeit früher abhängiger Gebiete mit der Gemeinschaft. Kernpunkt des neuen Abkommens war
eine Finanzhilfe in Hohe von 730 Millionen Dollar (= 2920 Mio. DM). Sie wird für den Aufbau der Wirtschaft verwendet
und schliesst technische Unterstützungen verschiedener Art ein. Den afrikanischen Partnern wird ferner für einige ihrer
Hauptausfuhrerzeugnisse, wie Kaffee, Tee, Kakao und Gewürze, zollfreie Einfuhr in die EWG-Länder gewährt.
Die 18 afrikanischen Partner sind: Burundi, Elfenbeinküste, Dahomey, Gabun, Kamerun, Kongo (Brazzaville), Kongo
(Dem. Rep.), Madagaskar, Mali, Mauretanien, Niger, Obervolta, Ruanda, Senegal, Somalia, Tschad, Togo und
Zentralafrikanische Republik (seit 1965 auch Nigeria)...
In der Aufgabenstellung zu diesem Text werden weitere Fakten vermittelt:
Besprecht die Bedeutung des Abkommens von Jaunde für Afrika und für Europa! Berücksichtigt, dass die genannten 19
Staaten 13 Millionen km2 afrikanischen Bodens bedecken und etwa 120 Millionen Einwohner zählen (die entsprechenden
Zahlen für ganz Afrika lauten: 30 Mio. km2 und 318 Mio. Einwohner)!
Mit diesen Angaben wird nicht nur die wirtschaftliche Zusammenarbeit beschrieben, sondern die genannten
Zahlen ermöglichen es den Schülern auch, einen Vergleich zwischen den beiden Vertragsblöcken zu ziehen.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 221
Geographielehrmittel: Fahr mit in die Welt (1971-1974)
Auf den Seiten 45-47 werden die "Landschaftsgürtel Afrikas" dargestellt, bevor die detailliertere Beschreibung
der einzelnen Grossräume folgt: "Nordafrika (Maghreb, Sahara)" (S. 48-59), "Der Sudan und Oberguinea"
(S.60-65), "Äquatorialafrika" (S. 66-70), "Ostafrika" (S. 71-75) und "Südafrika" (S. 76-82).
4.19.2
Nordafrika
Zu Nordafrika heisst es im Kapitel "Pharaonengräber und Staudämme" auf der Seite 58 unter dem Titel "Deutsche Techniker in der Republik Sudan":
Die Republik Sudan umfasst ein Gebiet von 2,5 Mio. km2 Fläche, also der zehnfachen Grösse der BRD. Ihre Bevölkerung
wurde 1967 auf rund 14 Mio. Menschen geschätzt.
Wahrend der Norden des Landes nur dünn besiedelt ist, drängen sich am Zusammenfluss von Weissem und Blauem Nil in
der Doppelstadt Khartum-Omdurman und in der südlich anschliessenden Gesira zwischen den beiden Flüssen und um die
Hafenstadt Port Sudan am Roten Meer die Menschen zusammen. Die Landschaft zwischen dem Weissen und dem Blauen
Nil ist für Ackerbau, insbesondere die Baumwollkultur, und für Viehzucht günstig. Allerdings muss auch hier künstlich
bewässert werden, da die Regenzeit nur von Juli bis September dauert.
1925, nach Fertigstellung des Sennar-Dammes am Blauen Nil durch die englische Kolonialverwaltung, konnte die Gesira,
in der an manchen Stellen bis zu 12 m fruchtbarer Nilschlamm abgelagert ist, zum ersten Male wirtschaftlich richtig
genutzt werden. Als der Sudan 1956 selbständig wurde, war in der Gesira eine Fläche von 420'000 ha entwässert. Davon
wurde etwa ein Drittel mit Baumwolle, ein weiteres Drittel mit Hirse bestellt, während ein Drittel brach lag. Man erkennt an
diesem Beispiel, dass die früheren Kolonialverwaltungen zum Teil damals schon recht bedeutende Entwicklungshilfe
leisteten.
Wobei sich diese "Entwicklungshilfe" schlussendlich darauf beschränkte, die einheimische Bevölkerung dazu
zu bringen, möglichst viele Rohstoffe für Europa zu produzieren. Weiter heisst es:
Mit Hilfe eines neuen Kanalsystems sollte diese bewässerte Fläche um weitere 320'000 ha vergrössert werden. Eine
deutsche Firmengruppe wurde 1957 mit dem Bau des Kanals betraut. Heute wird auf dem neubewässerten Land bereits
Baumwolle angebaut.
In der Aufgabenstellung zum Text "Deutsche Techniker in der Republik Sudan" wird gefragt: "Welche Vorteile bringt nach deiner Meinung die Vergrösserung des Baumwollanbaues für den jungen Staat?" Anschliessend
wird weiter informiert (S. 59):
Ähnlich wie die Deutschen im Sudan leisten fast alle europäischen Völker Entwicklungshilfe. Aber dieser Hilfe stellen sich
oft ungeahnte Schwierigkeiten entgegen. Denke an das manchmal unerträgliche Klima, an Wassermangel, an das Fehlen
von Strassen, an gefährliche Pflanzen und Tiere usw.! Die grösste Schwierigkeit aber liegt darin, dass die Zauberer und
Medizinmänner nach wie vor einen starken Einfluss auf die Massen ausüben.
Seit Jahrtausenden beherrscht der Geisterglaube und Dämonenzauber das Leben der Afrikaner. Können diese
eingewurzelten Anschauungen und Lebensgewohnheiten in wenigen Jahren aus den Seelen der Afrikaner ausgerissen und
völlig beseitigt werden? Selbst bei vielen zum Christentum oder Islam bekehrten Afrikanern brechen immer wieder
manche ihrer alten abergläubischen Zauberformeln hervor.
Dieser Text zeigt auf, wie Entwicklungshilfe damals verstanden wurde. Es ging nicht darum, den Afrikanern
Hand zu bieten, ihre eigenen Vorstellungen zu verwirklichen, sondern man wollte vielmehr die "eingewurzelten Anschauungen und Lebensgewohnheiten... aus den Seelen der Afrikaner" herausreissen "und völlig
beseitigen". Mit anderen Worten, die "Unkultur" der Afrikaner sollte vernichtet und durch die Zivilisiertheit
Europas ersetzt werden. Bei dieser Haltung ist es nicht verwunderlich, dass viele Projekte am "innern Widerstand" der Afrikaner, wie deren Vorbehalte in einer weiteren Fragestellung bezeichnet werden, scheiterten.
(Zur Entwicklungshilfe siehe auch die Seiten 176 und 237 dieser Arbeit.)
In den letzten Jahren hat in dieser Hinsicht ein Umdenken stattgefunden. So spricht eine Broschüre der ETH
nicht mehr von Entwicklungshilfe, sondern von Entwicklungszusammenarbeit. Damit soll verdeutlicht werden,
"dass hier zwei Partner zusammenarbeiten, die sich gegenseitig zu Leistungen verpflichten". Die Zusammenarbeit zwischen den Partner sollte nur dann stattfinden, "wenn sie gemeinsame Interessen oder 'verträgliche'
Eigeninteressen verfolgen und die daraus abgeleiteten Ziele alleine nicht erreichen können". Die sei "die
notwendige Voraussetzung dafür, dass man sich auf die vereinbarten Leistungen des jeweiligen Partners"
verlassen könne. (Partnerschaft für die Zukunft, 1997)
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 222
Geographielehrmittel: Fahr mit in die Welt (1971-1974)
4.19.3
Der Sudan und Oberguinea
In der Beschreibung des "Sudan und Oberguinea" heisst es im Kapitel "Mensch und Tier in der Savanne" auf
der Seite 60:
...Von den Afrikanern wird das hohe dürre Gras in der Trockenzeit angezündet und abgebrannt. Auf diese einfache Art
wird das hohe Gras zur düngenden Asche verbrannt und Raum für neue Felder gewonnen. Rasch verbrennt das dürre Gras,
und rasch wandert die Feuerlinie weiter. Eidechsen, Schlangen und zahllose Heuschrecken werden von den Flammen
aufgescheucht und fallen einem Heer von Raubvögeln zum Opfer, die sich bei jedem Grasbrand einfinden. Für den
Menschen werden diese Brände selten gefährlich; er kann ihnen bei genügender Vorsicht immer ausweichen oder sich mit
raschem Sprung durch die brennenden Grasstengel in Sicherheit bringen. Anders ergeht es dem verängstigten Wild. Die
Antilopen werden vor allem in kreisförmig angelegten Feuern eingeschlossen und dann oft von den Afrikanern erlegt.
Auch der Baumwuchs leidet sehr durch die Brände; im Nu sind Blätter und Knospen zerstört, die Zweige versengt und die
Stämme angekohlt.
Die im Text angeführte Ungefährlichkeit wird durch jährlich wiederkehrende Berichte aus den betroffenen
Gebieten widerlegt, in denen von der Vernichtung ganzer Dörfer und auch von Todesfällen durch die gelegten
Buschfeuer die Rede ist. Der Text fährt fort mit der Erwähnung der klimatischen Verhältnisse im März und
April:
...Von jetzt ab wird es regnen, nicht immer stundenlang, aber Monate hindurch fast täglich bis in den Herbst hinein. Die
schönste Zeit in der Trockensavanne beginnt: nur Tage dauert es, bis sie grünt und blüht. Bald ist die Erde weich geworden
für die Aussaat. Männer, Frauen und Kinder helfen, mit der Hacke den Boden zu "ritzen" und vorzubereiten für die Saat.
Ähnlich wie dies für die Bauernfamilien in der Schweiz noch lange üblich war, sind viele Kinder eine wichtige
Hilfe bei der Bewirtschaftung der Felder oder beim Hüten des Viehs. Allerdings erhielten einige unter ihnen,
vor allem die Mädchen sind davon betroffen, nie die Möglichkeit, eine Schule zu besuchen, da diese zu weit
weg liegt, die Schulgelder zu teuer sind, oder das Kind dringend als Arbeitskraft gebraucht wird. (Siehe dazu
die Karte "Analphabetisierungsrate für Mädchen in Schwarzafrika" auf der Seite 571 im Anhang dieser
Arbeit.)
Auf der Seite 61 befindet sich ein Foto zum Text über die Buschbrände mit der Bildlegende "In der Trockenzeit wird das Gras abgebrannt, um Ackerland zu gewinnen". In den jeweils zu einem Kapitel gestellten Aufgaben, diesmal zu einer Karte der "Völkerstämme Afrikas", die auf Seite 62 abgebildet ist, wird der Schüler
aufgefordert, zu zeigen, "wo die Neger leben". In diesem Zusammenhang schreibt der Autor über die Watussi
und die Verteilung der Bevölkerung (S.63):
...Im Sommer 1949 besuchte ein Häuptling der Watussi die belgische Hauptstadt Brüssel. Dort erregte er wegen seiner
Länge von 2,10 m grosses Aufsehen. In seiner Heimat ist das nichts Besonderes. Der Häuptling hat mehrere Wachsoldaten
von der gleichen Körpergrösse. Sie stossen mit dem Kopf fast an die Telefondrähte.
Bei dieser Beschreibung ist zu berücksichtigen, dass der damalige Durchschnittseuropäer von kleinerem
Wuchs war, als dies Ende der neunziger Jahre der Fall ist.
Die meisten Savannengebiete sind dicht bevölkert. Es gibt grosse Dörfer, die mit einem Wall umgeben sind. Aus Ästen und
Palmstengeln wird das Gerüst der Rundhütte gefertigt, die Wände werden geflochten und dann oft mit Lehm beworfen, das
Dach ist ein Kegeldach aus Grasbüscheln. Die Häuser stehen locker verteilt, so dass ein grosses Dorf eine ansehnliche
Fläche einnimmt.
Auf der gleichen Seite befindet sich auch ein Foto "Männer vom Stamm der Watussi", das neben den Hirten
auch einige ihrer mit langen Hörnern versehenen Rinder zeigt, die für diesen Teil Afrikas typisch sind.
Im nächsten Kapitel zum Sudan und Oberguinea folgt eine Beschreibung mit dem Titel "Quer durch Ghana
(Oberguinea)". Auf der Seite 64 heisst es dazu:
Die Reise begann in Akkra, einer Stadt in modernem Gewande, fast europäisch. Wir wurden ins Innere des Landes geführt,
ins Reich der kriegerischen Aschantistämme. Wir kamen durch feuchtwarme Tropenwälder und im Norden des Landes in
savannenartige Gebiete. Das Land führt heute Kakao und Edelhölzer, Manganerze, Bauxit und Diamanten aus. Die
Industrie soll profitieren von grossen Wasserkraftwerken, die noch im Bau sind. (Inzwischen ist der Volta-Stausee
vollendet).
(Zum Volta-Stausee siehe auch die Seiten 177 und 227 dieser Arbeit). Die Aschanti, die zahlenmässig grösste
Volksgruppe des heutigen Staates Ghana, waren als kriegerisch verschrien, weil sie nicht nur über ein stehendes Heer verfügten, sondern es ihnen auch gelang, sich relativ lange gegen die Briten zu wehren, bevor sie
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 223
Geographielehrmittel: Fahr mit in die Welt (1971-1974)
niedergeworfen wurden. Selbst dann kam es immer wieder zu Aufständen. Die Residenz des Königs der
Aschanti, Kumasi, wurde von den Briten dem Erdboden gleichgemacht und später von den Briten im Kolonialstil wieder aufgebaut. Daher ist Kumasi die einzig europäisch anmutende Staat Ghanas, die mit ihren rund
800'000 Einwohner nach der Hauptstadt bevölkerungsmässig an zweiter Stelle steht und sich als Handels- und
Universitätsort behaupten konnte. Ausserdem blieb sie Sitz des Aschantikönigs, dessen Funktion nun vor allem
zeremonieller Natur ist, wenngleich er immer noch über grossen Einfluss verfügt.
Zum Anbau von Kakao schreibt der Autor auf der Seite 64:
Wir besuchen einen Farmer. Er hat eine Kakaopflanzung. Er klärt uns auf, dass Kakaobäume schon in ihrem 5. Lebensjahr
Früchte tragen können. Den vollen Ertrag liefern sie aber nach 10 bis 12 Jahren. Alle sechs Wochen kann man dann 40 bis
50 gurkenähnliche bis zu 25 cm lange Früchte ernten. Diese Früchte bergen in ihrem Innern 25 bis 50 Kakaobohnen.
Die Kakaobohnen lässt man einige Tage liegen. Darauf werden sie gewaschen und getrocknet, nochmals gereinigt,
geröstet, geschält und zerrieben. Aus der Kakaomasse wird das Fett herausgepresst. Aus dem gewonnenen Kakaopulver
kann dann Schokolade hergestellt werden. Ausser den Plantagen der Weissen gibt es auch viele Betriebe der Eingeborenen.
(Zum Kakaoanbau siehe auch die Seiten 187 und 194 dieser Arbeit.) Das Lehrmittel stattet, als erstes der
untersuchten Werkte, dem ghanaischen Kakaobauer einen Besuch ab. Ein Thema, das in späteren Lehrmitteln
mehr oder weniger ausführlich immer wieder aufgegriffen wird.
Auf der Seite 64 ist auch eine Tabelle "Kakao (1966)", die Produktion und Ausfuhr der wichtigsten Produzentenländer angibt (Ghana steht an zweiter Stelle hinter der Elfenbeinküste), zu finden. Die Seite 65 zeigt ein
Foto "Watussi beim Kriegstanz", die einen Kopfschmuck tragen - der dem Aussehen nach dem Bild aus dem
Comic "Little Nemo" auf Seite 486 dieser Arbeit Pate gestanden haben könnte - und Speere in der Hand
halten, sowie ein weiteres Foto "Ernte der reifen Kakaofrüchte".
In der Beschreibung des nächsten Grossraums, Äquatorialafrika, im Kapitel "Geheimnisvoller Urwald",
schreibt der Autor auf der Seite 68:
...Die eigentlichen Bewohner des Kongogebietes sind die Bantus (= "Menschen"). Im Gegensatz zu den Pygmäen (=
"Fäustlinge") leben sie nicht vom Sammeln und von der Jagd, sondern sie roden den Urwald, legen Felder an und betreiben
Ackerbau. Wie schwer das Roden ist, zeigt das Foto: Bantus fällen einen Mahagonibaum.
...Im Urwald breiten sich furchtbare Krankheiten aus: Aussatz, Schlafkrankheit, Gelbfieber und Malaria. Zuweilen werden
ganze Dörfer von den Seuchen dahingerafft.
Das im Text erwähnte Foto ist auf der gleichen Seite abgebildet. Über die Lebensweise der erwähnten
Menschen erfahren wir weiter nichts. Im Kapitel "Das Kongobecken" auf der Seite 69, auf dieser Seite sind
auch zwei Fotos S. 69 "Pygmäen", die im Kreis um zwei Weisse stehen, sowie "Leprakranker" abgebildet,
heisst es in einem Bericht unter der Überschrift "Afrika ist unterwegs", der mit "Auch das Leben der Menschen
verwandelt sich.." eingeleitet wird:
Da sass ich auf dem vordersten Ponton des Kongoschiffes. Ein junger Bursche aus der schwarzen Mannschaft tauchte auf
und liess sich auf einer alten Tonne nieder. Der Bursche wurde schnell zutraulich und gesprächig, als ich ihn in eine
Unterhaltung zog. Es stellte sich heraus, dass ich einen Maschineneleven vor mir hatte, der auf dem Schiff seine
"praktischen Jahre" absolvierte. Am Uelle im äussersten Norden der Kolonie war er geboren. Sein Vater war ein armer
Bauer und Fischer an dem grossen Fluss gewesen; da er sich von dem Häuptling des Dorfes ungerecht behandelt fühlte,
war ihm der Entschluss nicht allzu schwer geworden, sich als Wegebauarbeiter in die Gegend von Stanleyville (heute
Kisangani) anwerben zu lassen. Dort hatte sich die katholische Mission der zugewanderten Familie angenommen. Der
Knabe wurde mit seinen anderen Geschwistern getauft und hörte nun auf den Namen Norbert Tata. Er erhielt die
Möglichkeit, die Grundschule der Mission zu besuchen, und kam danach, da er sich als intelligent erwies, für drei Jahre auf
eine gehobenere Mittelschule, wo sich sein Französisch zu brauchbarer Vollständigkeit entwickelte.
Noch heute ist die Beherrschung einer europäischen Sprache Voraussetzung für den Eintritt in eine höhere
Schule in Schwarzafrika. Weiter heisst es im Bericht auf Seite 70:
Inzwischen hatte sein Bruder eine andere Schule mit Erfolg besucht, die ihn dazu befähigte, den Posten eines Buchhalters eine kleine Anfangsstellung natürlich - in Leopoldville (heute Kinshasa) anzunehmen. Auch den Eltern ging es nun besser.
Der Vater hatte die Möglichkeiten, die ihm die Mission bot, voll zu nutzen gewusst, hatte sich wie seine Kinder ein wenn
auch schlechteres Französisch angeeignet und griff zu, als man ihm eine Stellung - zunächst als ungelernter Arbeiter - in
den Kupferminen bei Elisabethville (heute Lubumbashi) anbot. Dort wohnen die Eltern nun mit einer Tochter, die bei
ihnen geblieben ist, die aber auch lesen und schreiben kann und daher die Briefe vorzulesen vermag, die von den Söhnen
aus Léo und Stan alle Monate einmal eintreffen. Viel Glück und die Empfehlung eines Priesters liessen Norbert die
Stellung im Maschinenraum der "Gouverneur Moulaert" finden - und er ist genau so wild und interessiert hinter Motoren
her wie gleichaltrige Burschen in Europa.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 224
Geographielehrmittel: Fahr mit in die Welt (1971-1974)
Anders gesagt, obwohl der junge schwarzafrikanische "Bursche" einem anderen Kulturkreis entstammt, interessiert er sich, vielleicht durch seine in der Missionsschule erlangte Bildung, für die gleichen Probleme wie
junge Europäer der damaligen Zeit, d. h. die Unterschiede können so gross nicht sein.
In der folgenden Aufgabenstellung wird der Schüler aufgefordert eine Liste zum Thema "Der Kongoneger
früher und heute" aufzustellen. Im letzten Abschnitt zu Äquatorialafrika unter der Überschrift "Feuerrote Erde
am Kongo" heisst es (S.70):
Um Lubumbashi, der modernen Grossstadt, ist die Erde feuerrot, 110'000 schwarze Hüttenarbeiter leben in dieser Stadt.
Die Entfernung zur Hauptstadt Kinshasa beträgt 1'300 bis 1'500 km. Keine Eisenbahnlinie verbindet die beiden Städte.
Bevor der Bergbau aufkam, war Katanga, dessen Hauptstadt Lubumbashi ist, kaum besiedelt. Es war eine armselige
Hochfläche. Was gibt es nun heute in der Grossstadt dieser Provinz? Da finden wir Freilichttheater, Kinosäle, viele
Schulen, denn es gibt kein Kind ohne Schulunterricht. Krankheitsfälle werden zum grössten Teil in Krankenhäusern
behandelt.
Die Erde ringsum ist gelb bis feuerrot, als schaue überall das Kupfer hervor, das hier meist im Tagebau gewonnen wird.
Aber dabei werden auch Kobalt, Zinn, Wolfram, Uran und Zink gefördert.
Auf der gleichen Seite ist auch ein Foto "Die Hauptstadt der Kongorepublik, Kinshasa" abgebildet, das mehrstöckige Bauten inmitten von Bäumen und Menschen auf einem Platz zeigt.
4.19.4
Ostafrika
Auf Seite 71 beginnt die Beschreibung des Grossraumes "Ostafrika". Im Kapitel "Seen, Gletscher und Vulkane" heisst es unter der Überschrift "In Kenia" (S. 71f.):
Das Klima Kenias ist tropisch, die Hitze aber wird durch die Höhenlage gemildert, so dass vor allem in den Gebieten um
1500 m bis 2000 m Höhe ausgedehnte Pflanzungen der Europäer entstanden. Kilometerweit fährt man zwischen Nairobi
und dem Viktoriasee durch Kaffeeplantagen. Hier wurden 1966 40'000 t hochwertigen Arabica-Kaffees geerntet. Ein Teil
der Plantagen ist in den letzten Jahren von auswandernden Europäern verkauft worden. Zunächst waren im Lande lebende
Inder die Käufer, aber auch von ihnen verliessen inzwischen viele das Land. Allein im Winter 1966/67 kamen 7'000 Inder
nach England.
(Zum Anbau von Kaffee siehe auch die Seiten 180 und 251 dieser Arbeit.)
Am Ostufer des Viktoriasees sind in den letzten 25 Jahren Teepflanzungen angelegt worden. Manche von ihnen sind 500
ha gross. Ursprünglich wurde der Tee ausschliesslich exportiert, heute ist er aber auch bei den Einheimischen ein beliebtes
Getränk.
(Zum Anbau von Tee siehe auch die Seiten 164 und 405 dieser Arbeit.)
Noch eine Pflanze wird in Plantagen angebaut: die Sisalagave. Aus ihren Fasern werden Seile und Säcke hergestellt.
(Zum Sisalanbau siehe auch die Seite 300 dieser Arbeit.)
Im feuchtheissen Klima der Küste gedeihen Kokospalmen, Erdnüsse liefern Öl, und in den trockneren nördlichen
Landesteilen wird Baumwolle angebaut. In immer stärkerem Masse geht heute das Land in den Besitz der Afrikaner über.
Die "Kenianisierung" von Verwaltung und Wirtschaft wird unter starkem Druck durchgeführt. Dennoch sind viele
Schwarze arbeitslos und drängen in die Städte. Die Einwohnerzahl Nairobis stieg von 24'000 (1924) auf über 300'000
(1968) an.
1990 betrug die Einwohnerzahl Nairobis 1.5 Mio., 1995 überstieg sie die Zweimillionengrenze. Damit gehört
Nairobi zwar nicht mehr zu den allergrössten afrikanischen Städten, zeigt aber deutlich auf, wie schnell einige
dieser Städte in nur wenigen Jahren wuchsen. (Zu Nairobi siehe auch die Seiten 203 und 405 dieser Arbeit.)
Die zweitgrösste Stadt Kenias, Mombasa, wies 1995 eine Bevölkerung von rund 440'000 Einwohnern auf und
rund 28% aller Kenianer lebten in Städten. (Weltatlas 1997)
Zwei Fotos "Sisalernte" und "Trocknen der Sisalfasern" sind auf der Seite 72 abgebildet. Über das "Hirtenvolk
der Massai" berichtet der Autor (S. 72):
Am wenigsten hat sich das Hirtenvolk der Massai in Ostafrika der neuen Zeit angepasst. Heute noch sehen sie so aus, wie
die ersten Afrikaforscher sie schildern: Es sind grosse, schlanke Gestalten mit einer bräunlichen Hautfarbe, nicht schwarz.
Sie tragen rostbraune Umhänge aus selbstgegerbten Fellen. Die schmalen Köpfe sind bei den Männern mit seltsam
geflochtenem Haar geschmückt. Die Frauen rasieren ihren Schädel kahl; sie tragen eiserne Schmuckringe um den Hals und
in den Ohren und hohe eiserne Manschetten an Armen und Beinen. Die Männer sind mit langen Speeren bewaffnet. Selbst
den Löwen erlegen sie damit auf der Jagd. Sie ziehen mit ihren grossen Rinderherden als Nomaden umher und wirken im
modernen Afrika wie ein Überbleibsel aus einer längst vergangenen Zeit. Auf den kargen Weideflächen halten sie oft so
viel Vieh, dass die Grasnarbe kahl gefressen wird und die Regengüsse die kostbare Bodenkrume fortspülen. Aber die
Massai wollen kein Vieh verkaufen oder gar schlachten; je mehr Rinder sie besitzen, desto reicher und glücklicher fühlen
sie sich.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 225
Geographielehrmittel: Fahr mit in die Welt (1971-1974)
Die Massai wohnen in Rundhütten, die aus Lehm und Kuhdung errichtet werden. Daneben liegt der Viehkral, von einer
Dornenhecke zum Schutz gegen die Raubtiere umgeben. Das alte Afrika, wie es vor der Ankunft der Europäer war, ist
noch bei ihnen lebendig.
Die Massai wirken auf den Autoren also wie "ein Überbleibsel aus einer längst vergangenen Zeit", bei denen
"das alte Afrika... noch... lebendig" ist. Durch diese Aussage entsteht der Eindruck, die Massai würden eine
Lebensweise widerspiegeln, die in ganz Kenia, vor der Ankunft der Europäer, vorherrschend gewesen sei.
Dem ist aber nicht so: Da die Massai zu den halbnomadischen Völkern zählen, unterscheidet sich ihre Lebensweise stark von derjenigen der ebenfalls im Gebiet Kenias lebenden, zahlreichen sesshaften Völkern.
Auf der Seite 73 ist ein Foto "Stammesangehörige der Massai" abgebildet. (Zu den Massai siehe auch die
Seiten 200 und 329, zu Kenia die Seiten 220 und 254 dieser Arbeit.)
Im zweiten Kapitel zu Ostafrika mit der Überschrift "Das Hochland von Äthiopien" heisst es auf Seite 74 in
einem Bericht "Eine Reise nach Addis Abeba, der Hauptstadt Äthiopiens" über die Hauptstadt des Landes:
...Erst am Spätnachmittag tauchten wieder Zeichen menschlichen Lebens auf. In einem Eukalyptushain standen, wie
Gartenhäuschen in einem grossen Park, die Häuser von Addis Abeba. So hatte ich mir eine afrikanische Hauptstadt nicht
vorgestellt.
Ich hatte einen Fremdenführer gefunden, und wir gingen durch eine moderne Strasse, als eine Autosirene hörbar wurde.
Der Äthiopier drängte mich an den Strassenrand. "Obacht, Herr, bitte nehmen Sie den Hut ab !" sagte er. Ganz mechanisch
nahm ich den Hut ab und sah verwundert, wie sich das Strassenbild blitzartig veränderte. Alle Leute traten an den
Strassenrand, Autos fuhren seitlich heran und stoppten, im Nu war die Strassenmitte völlig frei. Ein Jeep mit heulender
Sirene flitzte an uns vorüber, und in kurzem Abstand folgte ein englischer Luxuswagen. Auf seinem kleinen Ständer
erkannte ich einen fünfzackigen Stern, der Kaiser. Ich war etwas verwundert, aber mein Führer sagte: "Es gibt nur einen
König der Könige, Herr, und ihm verdanken wir die Autos und die Flugzeuge und die Wasserleitung. Er wird alles ins
Land bringen, was ihr Europäer auch besitzt, denn er denkt nie an sich, sondern nur an uns". Mein Führer zeigte mir auch
seine Wohnung. Von der Churchill Road weg, der Prachtstrasse mit Kinos, Theatern, grossartigen Kaufläden und
unerhörtem Verkehr, zog er mich in einen Seitenweg, und während ich gerade noch glauben konnte, mitten im Trubel einer
europäischen Grossstadt zu sein, war ich plötzlich wieder in Afrika; denn die Steinbauten stehen nur wie Theaterkulissen
an ein paar grösseren Strassen entlang. Hinter den Kulissen aber leben die Eingeborenen wie vor hundert, vielleicht sogar
wie vor tausend Jahren in ihren Tukuls. Das sind Rundhütten aus Reisig, sorgfältig mit Lehm verschmiert und mit Stroh
eingedeckt, einige auch mit Kanisterblech. Sie sehen ganz niedlich aus, diese Tukuls, etwa wie umgekehrte
Schwalbennester.
Abends im Hotel traf ich eine französische Journalistin, die mit uns im Flugzeug war. Sie wollte abends noch die
Lichtreklame von Addis Abeba ansehen. Aber der Portier meinte: "Ab Mitternacht gehört die Stadt der
Gesundheitspolizei!" Das verstanden wir nicht. "Hyänen", sagte der Portier. Aber wir schauten immer noch dumm. Da
erklärte er uns, dass die Kanalisation noch in den Anfängen stecke, und in der Hitze gehe alles schnell in Fäulnis über. Um
Seuchen und Krankheiten zu verhüten, dürfe man deshalb die Hyänen nicht aus der Stadt vertreiben. Ihnen gehörten die
Strassen bei Nacht.
In diesem Text, in der immer wieder beliebten Form des Reiseberichtes, wird der Kontrast zwischen dem
modernen, städtischen und dem traditionellen, eher ländlichen Leben Schwarzafrikas stark betont. Zudem wird
klar, dass auch modern wirkende "Stadtteile" nur über eine mangelnde Infrastruktur verfügen. (Zu Äthiopien
siehe auch die Seiten 179 und 198 dieser Arbeit.)
Auf der Seite 74 und 75 sind zwei Fotos abgebildet: "Im Hochland von Äthiopien in etwa 2700 m Höhe" zeigt
die Rundhäuser der Äthiopier und Erosionserscheinungen; "Äthiopische Landschaft südlich von Asmara" wird
auch in "Erdkunde 3: Afrika, Asien, Ferdinand Schöningh, Paderborn 1968, S.46" abgebildet. Damit beendet
der Autor seine Schilderung Ostafrikas.
4.19.5
Südafrika
Die Beschreibung Südafrikas umfasst die beiden Kapitel "Europäer in Südafrika" und "Republik Südafrika".
Im ersten Kapitel wird auf der Seite 76 das Leben David Livingstones beschrieben, der im Gegensatz zu Stanley einen guten Zugang zur einheimische Bevölkerung fand und von dem es im Text heisst:
..Jahrelang hatte er kein englisches Wort gesprochen, und es war für ihn gar nicht einfach, wieder in seiner Muttersprache
zu reden. Aber die verschiedenen Dialekte der Neger beherrschte er um so besser. Er war einer der ihrigen geworden.
Im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Forschen hatte Livingstone immer betont, seine Expeditionen
wären ohne die Mithilfe der Einheimischen kaum möglich gewesen. Der Text im Buch geht allerdings nicht
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 226
Geographielehrmittel: Fahr mit in die Welt (1971-1974)
näher darauf ein, sondern beschreibt die Afrikaner je nach Beziehung zu Livingstone als "Volk", "schwarze
Freunde", "verräterische Träger", "treue schwarze Diener", "Eingeborene" und "seine Getreuen". Nach der
Rettung durch Stanley heisst es von Livingstone:
Aber Livingstone blieb in dem Land, dem sein ganzes Leben gehörte. Im Sumpfgebiet des Bangweolosees starb der
Forscher und Freund der Schwarzen am Sumpffieber...
Ein zweiter Text befasst sich unter dem Titel "Karibaschlucht - Karibakraftwerk" mit der Stromgewinnung
durch Wasserkraft am Sambesi (S. 78f.):
Der Stausee, der sich schon seit 1959 langsam sammelt, läuft schliesslich zu einer Lange von fast 500 Kilometer auf und
wird bis dicht vor die Schluchten unterhalb der Viktoriafälle reichen. Wenn die Anlagen fertig sind, der See voll angestaut
ist, wird das Karibakraftwerk die unvorstellbare Energie von mehr als einer Milliarde Watt produzieren.
Die Folgen des wahrhaft ungeheuren Vorhabens, das über eine Milliarde kostet, sind noch gar nicht abzuschätzen. Das
ganze südliche Zentralafrika wird verwandelt werden. Heute noch nicht vorstellbare Industriegebiete werden entstehen.
Die armseligen Bantustämme die aus dem Seegrund ausgesiedelt wurden, leisteten erbitterten Widerstand dagegen, weil sie
einfach nicht glauben wollten, dass ihre Dörfer und die hohen Wälder ringsum in wenigen Jahren turmhoch unter Wasser
stehen wurden. Alle diese schwarzen einfachen Menschen werden, wenn die Entwicklung ungebrochen weitergeht, in neu
aus dem Boden schiessenden Industrien ihnen noch heute unvorstellbar hohe Löhne verdienen. Sie werden reiche Fange
von Fischen aus dem See ziehen, werden ihre Kinder auf gute Schulen in neuen Städten schicken, die nach all den klugen
Regeln der Moderne mit Schwimmbädern, Parks, Licht und Wasser geplant werden. Und das gestaute Wasser verwandelt
ober- und unterhalb der Karibaschlucht das dürre Land in blühende, grünende Gefilde, die hundertmal mehr Menschen
ernähren können, als es einst möglich war.
Das sich solche Hoffnungen nicht immer erfüllen, und oft die umzusiedelnden Menschen am wenigsten von
solchen Riesenprojekten profitieren, hat sich beispielsweise am Voltastausee in Ghana gezeigt, dem man bei
der Planung mit ähnlich optimistischen Erwartungen entgegenblickte. (Siehe dazu auch die Seiten 223 und 319
dieser Arbeit.)
Der 1955-1959 gebaute 125 m hohe Staudamm staute den 3540 km langen Sambesi zum damals grössten Stausee der Welt auf, der eine Länge von rund 280 km und eine Breite von bis zu 40 km erreichte. Als der See sich
in den Jahren 1960-1961 auffüllte, mussten rund 25'000 Menschen umgesiedelt werden. Die durch den Damm
aufgestaute Wasserkraft wird von Sambia und Simbabwe genutzt. Ausserdem gehört der See unterdessen zu
den beliebtesten Touristenattraktionen Simbabwes. (Encarta 1997, Weltatlas 1997; zum Karibastaudamm siehe
auch die Seiten 161 und 290 dieser Arbeit.)
Der nächste Abschnitt sich befasst unter dem Titel "Wolken, aber kein Regen über Südwestafrika" mit dem
Gebiet des heutigen Namibia (S. 79):
Die Buren im Lande, die 2/3 der Weissen stellen, wollen den Anschluss an Südafrika. Das hörten wir aus allen Gesprächen
heraus. Über 1'100 km fuhren wir kreuz und quer durch das Ovamboland, von einer Missionsstation zur andern, von den
Rundhütten der Eingeborenen zu den Stammeshäuptlingen. Überall fanden wir grüssende, winkende Kinder, fanden wir
die ungeheure Leistung der Missionen mit ihren Schulen, Kirchen und Krankenhäusern. Was hier von allen Konfessionen
geleistet wird, wäre wert, in Film und Wort den Menschen in aller Welt vorgeführt zu werden.
Südwestafrika ist ein Land so gross wie Deutschland, Frankreich und Belgien zusammen. Es ist reich; denn seine Wüste
schenkt ihm jährlich für 180 Millionen Mark Diamanten.
Aus dem Meer ziehen die Netze für 100 Millionen Mark Fische. Die "schwarzen" Diamanten, nämlich die Felle der
neugeborenen Karakulschäfchen, füllen die Staatskasse um weitere 50 Millionen Mark, und aus der Otavi-Mine in Tsumeb
brechen die Amerikaner Jahr für Jahr Kupfer, Blei und Zink im Wert von 90 Millionen Mark. Mit den Bauern haben es die
letzten sechs Jahre nicht gut gemeint. Sie haben mit ihrer Trockenheit das Land völlig ausgebrannt. Die Maul- und
Klauenseuche und das Verbot für Fleischexporte haben die eigentlichen Herren des Landes, die Besitzer von Gütern bis zu
100000 ha Grösse, schwer geschädigt...
Im Text wird zwar die Meinung der Buren zum Anschluss Namibias an die Republik Südafrikas wiedergegeben, wie die schwarze Bevölkerungsmehrheit darüber denkt, verschweigt der Autor.
Zur Landwirtschaft ist auch ein Foto "Farmarbeiter mit Karakullämmern in Südwestafrika" (S. 79) abgedruckt,
das schwarze Hilfsarbeiter bei der täglichen Arbeit zeigt, sowie ein Foto "Minenarbeiter einer Kupfermine in
Transvaal".
Namibia, das Mitte der neunziger Jahre je nach Schätzung zwischen 1.5-1.9 Mio. Einwohner zählte, erlangte
nach einem langen Unabhängigkeitskampf und einer wechselhaften Geschichte, die sich in noch andauernden
Grenzunklarheiten mit den meisten Nachbarländern widerspiegelt, 1990 die Unabhängigkeit unter der Führung
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 227
Geographielehrmittel: Fahr mit in die Welt (1971-1974)
der schwarzafrikanischen Befreiungsbewegung SWAPO (South-West Africa People's Organization). Die
Bevölkerung, die zu mehr als einem Drittel in Städten lebt, davon 150'000 in der Hauptstadt Windhuk, politisches, wirtschaftliches und kulturelles Zentrum des Landes, setzt sich aus mehreren schwarzafrikanischen
Völkern, wobei die bantusprechenden Ovambo mit ca. 50% die Mehrmeit ausmachen, sowie der Nachkommen
der einstiegen Siedler vor allem aus Südafrika und Deutschland (mit Mischlingen ca. 15%) zusammen. Neben
den Ovambo sind als weitere Völker die Damara, die Herero - die endgültige Niederwerfung des HereroAufstandes gegen die Deutschen bis 1904 forderte etwa 60'0000 Todesopfer - die Dama die Khoikhoin
(Hottentotten) und die San (Buschmänner) von Bedeutung.
Trotz des für Schwarzafrika relativen hohen pro-Kopf-Einkommens, lebt ein Grossteil der Bevölkerung von
der Subsistenzwirtschaft. Ausserdem werden in der Landwirtschaft, die ca. 10% des BIP erwirtschaftet, Rinder
für den Export gezüchtet, sowie Schaffelle exportiert. Wertmässig weit bedeutender ist der Bergbau (ca. 28%
des BIP), der Diamanten, Kupfer, Gold, Zink, Blei und Uran sowie weitere seltene Metalle liefert und einen
Grossteil der Devisen erwirtschaftet. Daneben spielt auch der Fischfang vor der Küste Namibias eine bedeutende Rolle. (Encarta 1997, Weltatlas 1997; zu Namibia siehe auch die Seiten 162 und 362, zu den
"Buschmännern" die Seite 103 dieser Arbeit.)
Im zweiten Kapitel zu Südafrika über die "Republik Südafrika stellt der Autor den Schülern die Frage, ob
Südafrika "ein Land des weissen Mannes" sei. Folgende Informationen werden zu dieser Frage abgedruckt:
1966/67 lebten in der Republik Südafrika 18.7 Mio. Menschen. Davon waren 3.5 Mio. Weisse, 0.5 Mio. Asiaten
(überwiegend Inder), 12,5 Mio. Bantu und der Rest Mischlinge in allen Hauttönungen. Die Weissen waren die Besitzer von
9/10 des Bodens, das letzte Zehntel gehörte den anderen.
Anschliessend folgt ein Text, der darüber aufklären will, wie "die Republik Südafrika zu diesem Rassengemisch kam", der sich aber vorwiegend mit dem Machtkämpfen zwischen den Buren und Engländern beschäftigt. Über die schwarze Bevölkerung schreibt der Autor nur, dass sie etwa zur gleichen Zeit wie die burischen
Siedler ins Land vorstiessen. Weiter heisst es im Text (S. 79):
...Bantu leben teilweise als Viehzüchter oder Arbeiter auf europäischen Farmen oder als Stadtbewohner in der Republik
Südafrika. Ein anderer Teil wohnt in dem seit 1968 selbständigen Botsuana (früher Betschuanaland), Lesotho (früher
Basutoland) und Swasiland. Kleine Gruppen von Buschmännern und Hottentotten leben noch in versteckten Teilen
Südwestafrikas und in der Kapprovinz.
Zur politischen Situation in Südafrika schreibt der Autor:
Am 31. 5. 1961 schied die Südafrikanische Union aus dem Commonwealth aus, weil sie an der Apartheid... festhielt, und
wurde Republik... In der Republik Südafrika besitzen nur die Weissen (1/5 der Gesamtbevölkerung) das Wahlrecht. Die
übrigen vier Fünftel dürfen nicht wählen und sind damit von der Regierung ausgeschlossen.
Zum Vergleich wird die Verfassung der USA zitiert, in der 1776 festgeschrieben wurde, dass alle Menschen
von Geburt an gleich seien. Und die Frage wird gestellt, wie sich diese Grundrechte mit der Politik Südafrikas
vereinen lassen. Dieser Ansatz ist sicherlich gut gemeint, greift aber in der Argumentation nicht, da die
Verfasser der US-Verfassung gar nicht daran dachten, die in der Verfassung festgehaltenen Rechte könnten
sich auf Schwarze beziehen.
Auf der Seite 81 folgt ein Text über die Apartheid in Südafrika:
Fast alles ist geteilt: die Wartestellen für den Omnibus, die Postschalter, die Fahrstühle, die Hotels und Verkehrsmittel, die
Wohnviertel in den Städten, Kirchen und Friedhöfe. Museen, Zoologische Garten und Parks haben verschiedene
Besuchszeiten für Schwarze und Weisse. Das Land ist geteilt, man kann es selbst vom Flugzeug aus sehen. Man weiss
genau, ob man über "weissem" oder "schwarzem" Gebiet fliegt. Die schwarzen Reservate sind meist hügelig oder gebirgig.
Man sieht nur dürftige Maisfelder, Lehmhütten mit Strohdächern, da und dort eine Kirche, eine Schule, eine
Missionsstation, staubige Strassen und roten Sand, viel Busch. Anders die weissen Gebiete: Hell leuchten die Farmen aus
den grossen gepflegten Feldern heraus, von Bäumen und kleinen Wäldern umfriedet, geteerte Strassen im ganzen Land.
Dazwischen liegen die Bergbaugebiete: Gold, Diamanten, Kohle, Erze, Asbest, alles halt die Erde bereit. Um die
Bergwerke, Stahlwerke, Kraftwerke herum liegen die Arbeitersiedlungen und um die Städte, weit draussen, der Kranz der
"schwarzen" Vororte.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 228
Geographielehrmittel: Fahr mit in die Welt (1971-1974)
Der südafrikanische Schriftsteller und Lehrer Ezekiel Mphahlele, geboren 1919, schrieb in den siebziger
Jahren in einem Aufsatz "Blackness on My Mind": "Wenn man schwarz ist in Südafrika, so weiss man spätestens im Alter von fünf Jahren, auf welche Seite der Rassenschranke man gehört. Mit sechzehn Jahren, wenn
man seinen Pass erhält, weiss man, wogegen man ist. Draussen auf dem offenen Arbeitsmarkt bekommt man
die Stärke der weissen Macht zu spüren. Es geht darum zu überleben. Ist man sensibler, will man mehr als nur
überleben." (Jestel Hrsg. 1982, S. 32f.) Im Text fährt der Autor fort (S. 81):
Der weisse Mann in Südafrika ist wohlhabend, viele sind reich. Aber wie lebt der schwarze Mann in dieser von den
Weissen geschaffenen Ordnung? In den Reservaten gelten noch die Gesetze des Stammes. Der Stammeschef entscheidet z.
B. darüber, wann mit der Aussaat und wann mit der Ernte begonnen wird. Grund und Boden gehören dem Stamm; Vieh
und Ernte sind jedoch Privateigentum. Dem Stammeschef steht ein Kreis von Ratgebern, eine Art Ältestenrat zur Seite. Der
Chef erhält von seinem Stamm 300 £ Sterling im Jahr, von der Regierung zusätzlich 72 £; mit einem Jahresgehalt von etwa
4200 DM gilt er als ein wohlhabender Mann.
Wie die Indianer Amerikas werden die Schwarzen in "Reservaten" ihren "Stammeschefs" ausgeliefert, die
ihnen vorschreiben, was wann wie zu geschehen habe. Einmal abgesehen von den belasteten Begriffen "Reservat" und "Stamm", kann man sich fragen, was damit ausgesagt werden soll. - Der Anschauung mögen die
folgenden Überlegungen dienen: In der schweizerischen Landwirtschaft können gewisse Abfindungen nur
erlangt werden, wenn die von den letztendlich sieben Stammeschefs, den Bundesräten, beschlossenen
Vorschriften eingehalten werden. Die männliche Bevölkerung der Schweiz wird in einem Rhythmus von zwei
Jahren dazu gezwungen, Frondienst für die Verteidigung ihres Stammes zu leisten. - Diese Beschreibungen
mögen absurd erscheinen, sie zeigen aber klar auf, wie ein Sachverhalt, der hier nicht genauer bekannt ist,
durch die Art der Sprachwahl in ein ganz bestimmtes Licht gerückt werden kann. Im Text fährt der Autor auf
der Seite 81 fort:
Wie will die Regierung die weitere Entwicklung steuern? In der Stadt soll der Bantu keine Rechte besitzen; er wird nur als
Arbeitskraft begehrt und geduldet. Am liebsten möchte man alle Schwarzen aus den Städten herausziehen und sie in die
Reservate schicken. Aber das ist unmöglich, denn Bergbau und Industrie sind von der Arbeitskraft des schwarzen Mannes
abhängig. Auch ziehen die Städte, selbst die trostlosesten Vororte, den Bantu magnetisch an, und wer in der zweiten oder
schon in der dritten Generation in der Stadt lebt, den kann man nicht wieder in den Busch und zu seinem Stamm
zurückschicken.
Auch hier wird wieder ein ganz bestimmtes Bild mittels der Sprache vermittelt. "Leider", so scheint der Text
fast zu klagen, kann man den Schwarzen, den Mohren, der seine Schuldigkeit getan hat, "nicht wieder in den
Busch... zu seinem Stamm zurückschicken", auch wenn man ihn wahrscheinlich am liebsten ins "Pfefferland
schicken" würde. Die Frage nach dem Wollen des Schwarzafrikaners stellt sich erst gar nicht. Willenlos wird
er von den Kräften der Wirtschaft von einem Ort zum anderen getrieben. Deshalb kann es nicht verwundern,
wenn sich der Unmut der schwarzen Bevölkerung zumindest punktuell in Forderungen gegenüber der weissen
Minderheit Luft macht:
So stehen sich in Südafrika Schwarz und Weiss gegenüber. Die Kluft scheint unüberbrückbar zu werden. Die Schwarzen
melden - wie überall in Afrika - ihre Forderungen an und verlangen mehr Rechte. Die Weissen bezeichnen Südafrika als
ihre Heimat; sie sind genau so lange dort wie die Bantu, südlich des Oranje und Vaal sogar 150 bis 200 Jahre langer
ansässig als die Bantu. Sie, nicht die Schwarzen haben das Land entwickelt. "Wenn wir die Goldfelder und die fruchtbaren
Äcker der Hochebene den Schwarzen gaben und wir, die Weissen, zögen in die Reservate, so waren nach wenigen Jahren
die Reservate Garten, aber die Industriegebiete wären Slums, und die fruchtbaren Felder von Transvaal wären
verunkrautet." So sagen die weissen Südafrikaner. Wer möchte von sich behaupten, er wisse, wie hier die Wahrheit zu
finden und Gerechtigkeit zu verwirklichen wäre.
Unterdessen wurde in Südafrika eine Wahrheitskommision eingesetzt, die darüber urteilen soll, welche
Verbrechen gegen die Gerechtigkeit in den letzten Jahren von den verschiedenen Seiten dieser damals künstlich verstärkten Fronten verübt wurden. Weiter heisst es auf Seite 81:
Wie hat nun der Bantu bei dieser Politik der Rassentrennung abgeschnitten? Pro Kopf der Bevölkerung hat er heute fraglos
das höchste Einkommen aller schwarzen Völker Afrikas - es übertrifft z. B. das der Einwohner von Ghana oder Nigeria.
Seine Nachbarn im Norden beneiden ihn um seine Verdienstmöglichkeiten. Dass jährlich zwanzigtausend Afrikaner
versuchen, illegal nach Südafrika einzureisen, spricht für sich... Unter der nichtweissen Bevölkerung gibt es 100'000
Autobesitzer - im Verhältnis viermal soviel wie in der Sowjetunion. Von fünf Bantukindern besuchen vier eine Schule.
Mehr als zweitausend Bantus haben Hochschulbildung - verglichen mit weniger als zwölf in einigen der jungen
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
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Geographielehrmittel: Fahr mit in die Welt (1971-1974)
afrikanischen Staaten die heute in den Vereinten Nationen von ihrem Stimmrecht Gebrauch machen. Die Geldmittel, die
1962 für die Bantus und andere nichtweisse Gruppen ausgegeben wurden, überstiegen 20 Millionen Pfund. Von diesen
stammten nur 28 Prozent aus dem Steueraufkommen der Bantus, die Differenz brachte die weisse Bevölkerung auf,
durchschnittlich 100 Pfund pro Familie.
Dies ist ein Argument, welches bis in jüngste Zeit immer wieder angeführt wurde. Allerdings muss jeder, der
es verwendet, sich auch die unangenehme Frage stellen lassen, ob nicht ein Grossteil des Reichtums Südafrikas auf dem Abbau von Bodenschätzen beruht, welcher zu einem guten Teil durch unterbezahlte schwarze
Arbeiter erledigt wurde.
Unter den Bantu gibt es 7'500 ausgebildete Krankenschwestern, 70 Ärzte, 70 Bibliothekare, 50 Rechtsanwälte. Das für
Nichtweisse erbaute Baragwanath-Hospital in der Nahe von Johannesburg hat 2'500 Betten und 200 Ärzte, von denen die
Hälfte Spezialisten sind. Zwanzig der Ärzte sind Afrikaner. Man sollte die Apartheid vor dem Hintergrund dieser wirklich
hervorragenden Leistungen der weissen Bevölkerung betrachten. Die weissen Südafrikaner sind bereit, in ihren
Anstrengungen fortzufahren, ja sie noch zu verstärken, vorausgesetzt, die Trennung der Rassen wird streng beachtet und
die Zusammenarbeit auf den Bereich der Wirtschaft beschränkt.
In diesem Text wird die Haltung der damaligen herrschenden Schicht der weissen Südafrikaner wiedergegeben, man würde weiter für die schwarzen Bevölkerungsschichten sorgen, solange es dieser nicht einfalle, das
eingeführte System der Apartheid zu hinterfragen. Diese erpresserische Haltung wird in der paternalistischen
Sicht des Textes zu einer Erziehungsregel, die, wenn sie verletzt wird, sozusagen zu einem Liebesentzug
seitens der Weissen führt.
Die wirtschaftliche Besserstellung, die für viele Bewohner Südafrikas keine Realität sondern nur statistische
Zahlenspielerei ist - auch unter der jetzigen schwarzen Mehrheitsregierung - steht ein Klima der Gewalt
gegenüber, welches in vielen anderen afrikanischen Staaten normalerweise undenkbar wäre. Auf Seite 82
heisst es weiter:
Von den Auswirkungen der Apartheid sind die Städter unter den Bantu am meisten betroffen, aber abgesehen von der
Rassenschranke geht es ihnen in vieler Hinsicht besser als den Afrikanern in den Städten des übrigen Kontinents. Die
Elendsviertel sind fast völlig aus dem Gesicht der modernen Grossstädte verschwunden. Ansässige Arbeiter, die in den
Bergwerken oder Fabriken beschäftigt sind, werden mit ihren Familien in neuerbauten Wohnsiedlungen untergebracht. Das
Heim einer Familie ist zwar nicht gross, aber bequem und mit allen modernen Vorrichtungen ausgerüstet. Für die Miete
einschliesslich Wasser und Strom zahlt der Arbeiter nicht mehr als 15 Prozent seines Monatsverdienstes. Zwar darf ein
Bantu im Stadtbereich nicht Grundeigentümer werden, doch kann er, wenn er sich ein Haus bauen will, einen Pachtvertrag
auf dreissig Jahre abschliessen.
Die südafrikanische Regierung stellt sich die Apartheid als eine "getrennte und parallele" Entwicklung vor. Um eine solche
Entwicklung zu sichern, schafft die Regierung jetzt Bantustaaten oder -provinzen, die sich nach einer Übergangszeit selbst
verwalten sollen. Das Ziel ist ein Bund schwarzer und weisser Provinzen, in dem die "Bantustan"-Gebiete
verfassungsmässige Mitglieder sind. 1963 wurde der erste Bantustaat mit den Namen Transkei gegründet. Weitere sieben
Gebiete sollen in den nächsten Jahren nach dem Vorbild von Transkei die Selbstverwaltung erhalten.
Der Eindruck des unvermittelt und unverdientermassen zu Wohlstand gekommenen Schwarzen, den die südafrikanische Regierung bewusst förderte, wird hier also noch einmal wiederholt. (Zur Apartheidspolitik siehe
auch die Seiten 182 und 258 dieser Arbeit.)
Der letzte Text "Gold am Witwatersrand" beschäftigt sich mit den natürlichen Ressourcen Südafrikas, über die
schwarze Bevölkerungsmehrheit heisst es darin (S. 82):
...Wer eine Goldmine besucht und in die Tiefe fährt, wer einmal in seinem Leben vor dem goldführenden Gestein
gestanden und erlebt hat, wie da die halbnackten Schwarzen schweissüberströmt auf dem Rücken liegen und mit den
Füssen den donnernden Presslufthammer in die Felsen drücken, der glaubt, das Gold im Gestein blitzen gesehen zu
haben...
Mit diesem Bild des animalischen Schwarzen, der sich im Schweisse seines Angesichts durch die Felsen bohrt,
um das von der ganzen Welt begehrte Gold zu erlangen, schliesst der Afrikateil des Lehrmittel "Fahr mit in die
Welt".
4.19.6
Zusammenfassung
Die schwarzafrikanischen Menschen werden zwar nicht mehr als Wilde gesehen, immerhin leisten viele von
ihnen nützliche Arbeit, aber ihre Kultur wird nach wie vor als Unkultur betrachtet, die es zu entwickeln gilt.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 230
Geographielehrmittel: Fahr mit in die Welt (1971-1974)
Bei diesem Entwicklungsprozess fühlt man sich im Recht, die Menschen zu enteignen, wie das beim besprochenen Staudammprojekt der Fall ist, und ihnen die langsam gewachsenen Traditionen und Werte auszutreiben, auf dass sie sich den "überlegeneren" westlichen Idealen zuwenden. All dies, so lässt zumindest der Text
durchblicken, wird getan, weil man der festen Überzeugung ist, alles besser als die grösstenteils noch "rückständigen" Schwarzen zu wissen.
Zwar berichtet das Lehrmittel recht ausführlich über die wirtschaftlichen Hintergründe Schwarzafrikas, aber
über die Kulturen der Bewohner erfahren die Schüler wenig. Interessanterweise werden zwar einige Schwarzafrikaner im Lehrmittel zitiert, nicht jedoch zur politisch damals heiklen Frage der Apartheidspolitik Südafrikas, über die eine geteilte Meinung herrschte. Kinder treten nur in der Form von Schülern in von Weissen
finanzierten Schulen Südafrikas auf, Frauen werden nur am Rande, wenn überhaupt erwähnt.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 231
Geographielehrmittel: Geographie für die oberen Klassen der Volksschule (1972-1977)
4.20 Geographie für die oberen Klassen der Volksschule (Aargau 1972-1977)
Von der offenen Veranda meiner Hütte... kann ich das tiefer gelegene Dorf überblicken. Überall sehe ich Frauen, Männer
und Kinder gemächlich hervorkommen. Blinzelnd und sich wohlig reckend, treten sie aus ihren dunklen Behausungen ans
Licht. Die jungen Frauen und die Mädchen gehen zum Bach hinunter. Bald kehren sie zurück, die schweren gefüllten
Gefässe wie gewichtslos frei auf dem Kopf balancierend... Hier und da wird zwischen den spitzdachigen Hütten ein Feuer
entzündet und ein eiserner Topf darübergestellt. Männer putzen sich im Auf- und Abgehen mit faserigen Stäbchen die
Zähne. Lachend verschwinden Frauen hinter ihren Badezäunen und hängen die Eingänge mit bunten Tüchern zu. Andere
Frauen sind mit ihrer Morgentoilette schon fertig. Sie haben Reis oder Kassawawurzeln in die grossen, hölzernen Mörser
geschüttet, und der mir vertraute Ton des rhythmischen Stampfens mit den mannshohen Stangen verstärkt den Eindruck
einer glücklichen Stunde... Die reine Lust am Dasein ist den Menschen eigen. (Bd. 4, S. 54-55)
Das in vier Bänden mit den Themen "Schweiz", "Das Leben", "Die Arbeit" und "Die Kultur" in den siebziger
Jahren beim Kantonalen Lehrmittelverlag Aargau erschienene Lehrmittel zur Geographie für die oberen Klassen der Volksschule enthält in den beiden Bänden "Das Leben" und "Die Kultur" Berichte und Aussagen zu
Afrika. Während der Band "Die Arbeit" nur einige Überblickskarten zum Thema, sowie wenige nicht eindeutig zuzuordnende Fotos enthält.
4.20.1
Das Leben (1974)
Der 96 Seiten umfassende Band "Das Leben" befasst sich in den Kapitel "Auf der Erde verbreitete Krankheiten", "In warmen und heissen Gebieten wohnen" und "Wie man sich ernährt" detailliert oder am Rande mit
Afrika.
4.20.1.1 Krankheiten
Im Kapitel "Auf der Erde verbreitete Krankheiten" schreibt der Autor über die Lepra auf der Seite 44:
...Der Aussatz zerstört langsam den Körper und verstümmelt ihn grauenvoll. Er wird durch Bazillen übertragen. Von der
Ansteckung bis zum Ausbruch der Krankheit vergehen fünf bis zwanzig Jahre... In Afrika gibt es im Durchschnitt 20 bis
50 Fälle auf 1000 Einwohnern.
Michler schätzt in seinem "Weissbuch Afrika" dass, etwa 1% der Bevölkerung Nigerias an Lepra erkrankt sei
und sieht darin eine Beispiel für die Vernachlässigung der Basismedizinversorgung in vielen schwarzafrikanischen Ländern. (Michler 1991, S. 388) Die Lepra wird ansonsten nur im Lehrmittel "Terra Geographie" von
1979 noch einmal im Zusammenhang mit Schwarzafrika erwähnt. (Siehe dazu auch die Seite 311 dieser
Arbeit.)
Auf der Seite 45 sind zwei Karten abgebildet "Die gegenwärtige Ausbreitung des Aussatzes (Lepra)", die den
ganzen afrikanischen Kontinent als Problemzone kennzeichnet, und "Heutige Choleragebiete und Choleraausbreitung zwischen 1863 und 1868", welche das Gebiet zwischen Tunesien und Senegals, sowie ganz Ostafrika
als Problemgebiet kennzeichnet. Über die Cholera schreibt der Autor (S. 45):
Den Cholerakranken peinigen Durchfall, Erbrechen, Austrocknung des Körpers und schmerzhafte Krämpfe. Der
Kommabazillus mit seinen Giften verursacht die Krankheit. Der Patient scheidet neue Kommabazillen mit seinem Kot aus.
Verschmutztes Wasser und verschmutzte Nahrungsmittel verbreiten den Bazillus. Man schützt sich durch Impfung und
grösste Reinlichkeit...
Nach Westafrika gelangte die Krankheit erst 1970. (Geo 3/1995, S. 88) Zwei weitere Karten auf der Seite46
zeigen "Gebiete, in denen Malaria dauernd vorkommt" und "Grippeausbreitung 1957". Die Malariakarte kennzeichnet ganz Afrika mit Ausnahme der Sahara, des Hochgebirges in Kilimandscharogebiet und Südafrika als
Problemzone. Im Text dazu schreibt der Autor (S. 46):
Die weitverbreitetste Krankheit ist auch heute noch die Malaria... Die Malaria ist eine Fieberkrankheit. Sie ist so gefährlich,
weil die sich häufig wiederholenden Fieberanfälle den Patienten sehr schwächen und bei ihm eine schwere Blutarmut
hervorrufen. Der Erreger der Krankheit wird durch Anophelesmücken übertragen. Diese leben in Sümpfen. In den Städten
gedeihen sie nicht. Durch Entsumpfung kann man die Malaria eindämmen. Es gibt auch Insektengifte, wie das DDT, mit
denen man die Hütten ausspritzt. Aber gerade das DDT selber gefährdet auch die Gesundheit des Menschen. Es gibt heute
Medikamente, die man über längere Zeit vorbeugend einnehmen kann. Ein ausgezeichnetes Mittel ist Chinin.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 232
Geographielehrmittel: Geographie für die oberen Klassen der Volksschule (1972-1977)
Dieser Abschnitt enthält mehrere ungenaue oder sogar falsche Informationen. Erstens beschränken sich die
Symptome der Malaria nicht immer nur auf Fieberschübe, das Erscheinungsbild der Krankheit ist ausserordentlich vielfältig und nicht immer einfach zu diagnostizieren. Kopfweh, Durchfall, Gliederschmerzen oder
Müdigkeit können ebenso Symptome der Krankheit sein, wie die erwähnten Fieberanfälle. Letztendlich
verschafft nur ein Blutbild Klarheit über den Befall mit einem der vier Malariatypen (unterschiedliche Erreger). Zweitens tritt der Tod nicht nur durch Blutarmut auf, sondern oft durch Nierenversagen, die durch die
abgestorbenen Blutkörperchen bei ihrer Ausscheidungsfunktion nachhaltig geschädigt werden können. Der
durch die Blutkörperchen dunkel gefärbte Urin, hat der Krankheit auch den Namen "Schwarzfieber" verliehen.
Nebst den Nierenschädigungen können Organe direkt durch den Erreger befallen und geschädigt werden. Drittens kann die Anophelesmücke sehr wohl in städtischen Gebieten überleben, da für die Entwicklung der
Larven kleinste Wassermengen genügen. Brutstädten können durch alte Autopneus, weggeworfene Dosen,
nichtgeschlossene Wassercontainer und durch die offene Kanalisation künstlich geschaffen werden. Aus
diesem Grund laufen in vielen afrikanischen Staaten Aufklärungskampagnen für die Bevölkerung. Viertens,
sowohl Gifte als auch Medikamente verlieren oft rasch ihre Wirksamkeit, da sich sowohl die Mücke als auch
der Malariaerreger den neuen Herausforderungen rasch anpassen. Ein besonders wirksames Mittel gegen die
Mückenlarven ist eine Ölschicht auf dem Wasser, die den Larven das Atmen verunmöglicht. Diese Methode
birgt aber die Gefahr der Boden- und Wasserverschmutzung in sich. In Ghana halten die Bewohner des
Nordens traditionell Fische in ihren Wassertanks, die die Mückenlarven fressen. Gerade in den Städten wird
diese Methode aber nicht mehr angewendet. Die Resistenz der Malariaerreger gegen Medikamente wird durch
den Missbrauch und durch die von den Touristen oft benutzte Taktik der Prophylaxe gefördert. Deshalb
müssen immer wieder neue Medikamente gegen resistente Malariastämme entwickelt werden. Die neuste
Generation der Medikamente ist aber einerseits für die betroffene Bevölkerung zu teuer und kann ausserdem
zu schweren Nebenwirkungen wie Allergien und geistiger Verwirrung führen. Aus diesen Gründen wird die
Prävention, beispielsweise durch Moskitonetze, wieder verstärkt gefördert. (Zur Malaria siehe auch die Seite
145 dieser Arbeit.)
Über die ärztliche Versorgung der Erkrankten macht das Buch in bezug auf Schwarzafrika keine Aussagen.
Ebensowenig geht der Autor auf andere Infektionskrankheiten ein.
4.20.1.2 Wohnen
Das Kapitel "In warmen und heissen Gebieten wohnen" zeigt auf den Seiten 74-77 Fotos verschiedener
Behausungen. Im Text heisst es auf der Seiten 73 und 78:
...In den warmen und heissen Gebieten findet man eine grössere Vielfalt von Siedlungen als in den gemässigten und kalten.
Das hängt damit zusammen, dass man sich freier entfalten kann, wenn man jahraus, jahrein nie friert...
...In den warmen und heissen Gebieten kann man uneingeschränkter leben; die Wohnstätte darf offener, durchlässiger und
einfacher sein. Eine Bedingung allerdings hat auch das offene und einfach Haus zu erfüllen: es soll dem Menschen immer
die Geborgenheit geben, ohne die er sich nicht wohl fühlt.
Im Gegensatz zu den im Text gemachten Bemerkungen, hat das Haus in den heissen Gebieten neben der Funktion den Regen abzuhalten, vor allem den Schutz der Bewohner vor der Hitze der Sonne zu erfüllen. Aus
diesem Grund ist die offene Architektur oft nicht Ausdruck einer "freieren Entfaltung" sondern ebenso durch
die Tagestemperaturen bestimmt wie beispielsweise die Behausungen der Nordeuropäer. Auf Seite 78 schreibt
der Autor weiter:
In warmen und zugleich trockenen Gebieten kennen die Menschen, sofern sie nicht in der Stadt leben, nur das Zelt als
Wohnung... Sie sind Viehzüchter und leben von Schaf, Rind, Kamel und von der Ziege. Ackerbau ist wegen der
Trockenheit nicht mehr möglich, doch die Tiere können sich vom spärlichen Pflanzenwuchs noch schlecht und recht
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 233
Geographielehrmittel: Geographie für die oberen Klassen der Volksschule (1972-1977)
ernähren. Man muss mit ihnen allerdings weit herumziehen, weil die wenig ergiebigen Weideplätze schnell ausgenützt
sind... Je nach Trockenheit wandern die Menschen mit ihren Herden einige hundert bis über tausend Kilometer hin und her.
Man nennt diese Menschen Nomaden... Es gibt einige Millionen Nomaden, in Afrika allein sechs Millionen.
Leider präzisiert der Autor den Lebensraum dieser Nomaden nicht genauer. Aufgrund der Erwähnung von
Zelten muss aber angenommen werden, dass er damit die im Gebiet der Sahara lebenden Berbervölker meint,
da ostafrikanische Völker, die nomadisieren, andere Wohnformen bevorzugen.
Der Text fährt fort mit der Beschreibung der regenreicheren Trockenzonen (S. 79):
Wenn das Land etwas fruchtbarer ist als das Nomadenland, kann das Vieh auf kleinerem Raum ernährt werden. Zudem ist
es dann oft auch möglich, etwas Ackerbau zutreiben. Unter diesen Verhältnissen erstellen die Menschen mehr oder
weniger feste Siedlungen, doch einige Sippenangehörige gehen mit den Herden weiterhin auf Wanderungen. Man
bezeichnet Menschen mit dieser Wohn- und Lebensweise als Halbnomaden....
Auch hier fehlt wieder der Hinweis auf konkrete Gebiete oder bestimmte Volksgruppen.
Im nächsten Abschnitt lässt der Autor einen "guten Kenner"Afrikas, Dr. René Gardi, über die Siedlungsformen
und die beim Wohnungsbau benutzten Materialien berichten (S. 79):
...Der Afrikaner der Wildnis baut mit dem Material, das ihm zur Verfügung steht, das er in seiner Umwelt findet, das die
Natur ihm schenkt. Er bezahlt es nicht und transportiert es nie auf weite Strecken. Um sein Haus zu bauen, braucht er Fleiss
und Arbeit, aber kaum Kapital. Zum Flechten und zum Drehen von Stricken und Seilen, die man in grosser Zahl beim
Hausbau und für Dachkonstruktionen braucht, stehen sehr verschiedene Pflanzen zur Verfügung. Man zerklopft
Lianenrinde, benutzt die geschmeidigen Fasern der Rotangpalme, spaltet Bambus oder die dreimannslangen Blattscheiden
der Raffiapalmen. Auch der Bast der Kokospalmen ist brauchbar. Anderswo verwendet man verschiedene Grasarten. Beim
Dachbau werden weder Nägel noch Draht benötigt.
Jeder Hausbau stellt ein Gemeinschaftswerk dar. Der Bauherr bietet seine Verwandten auf, die Dorfgenossen, Freunde
gleichen Jahrganges, die nun mithelfen, ohne mit einem Barlohn entschädigt zu werden. Man feiert nach der Arbeit mit
einem Festessen, der Hausherr schlachtet Hühner oder eine Ziege, wenn er vermöglich ist, und später wird er bei einem
anderen Bau Gegenrecht halten.
Wie in den anderen Abschnitten zu den Wohnformen, werden auch hier keine eindeutigen Gebiets- oder
Volkszuordnungen vorgenommen. Die aufgezählten Materialien stammen aus unterschiedlichen Gegenden.
Der Text gleicht dem Versuch, die Bauweise der Inuit ("Eskimo") und die eines schweizerischen Riegelhauses
in einem Abschnitt zusammenfassend darzustellen.
Geglückter ist der Abschnitt, der den Hausbau als Gemeinschaftswerk darstellt. Zumindest in ländlichen
Gegenden trifft die Beschreibung zu. In der Nähe von städtischen Ansiedlungen wird die Arbeit, auch bei
traditioneller Bauweise, meist von Spezialisten in Lohnarbeit erledigt. Zudem muss auch das benötigte Material, besonders für das Dach, von aussen zugekauft werden. Im Text fährt der Autor mit der Beschreibung der
Wohnformen fort (S. 79):
Wo die Felder fruchtbar genug sind, kann man sich endgültig niederlassen und solidere Wohnstätten aus Lehm und zum
Teil aus Steinen errichten. Hier leben in der Regel nun auch mehr Menschen in einem Gebiet zusammen als bei den
Nomaden und Halbnomaden. Es lässt sich jetzt auch alles so einrichten, wie man es zum behaglichen Wohnen als nötig
erachtet: Hausvorplätze, Innenhöfe zwischen den Bauten, Sitzmäuerchen vor dem Haus, offene Veranden unter einem
Schattendach und Ruheplatze für die alten Leute unter einem Baum in der Nähe.
Es gibt viele verschiedene Arten von Lehmbauten... Zwischen den eckigen und runden und den freistehenden und
aneinandergebauten Häusern gibt es eine Fülle von Kombinationen .
Auf der Seite 80 ist der Plan eines "stattlichen Lehmhauses" abgebildet, welcher weiter unten mit Legende
wiedergegeben werden soll.
Ein weiterer Text auf der gleichen Seite, nach Dr. R. Gardi, beschreibt "wie man in heissen Gebieten aus
Lehm" baut:
...In Gruben werden Tonerden stark mit Wasser vermischt und dann mit den Füssen geknetet. Es scheint, dass das
Beimischen von zerhacktem Stroh, Heu oder Kuhdung nicht bloss als Bindemittel dient, sondern dass die darin enthaltenen
Mikroorganismen chemische und biologische Vorgange auslösen, die der Härtung des Lehmmörtels förderlich sind.
Die Hand wird beim Bauen sozusagen als einziges Werkzeug verwendet. Nur mit der Hand habe man das richtige Gefühl,
heisst es. Dem Maurer wirft man Kugeln aus vorbereitetem Lehm zu, und er zerdrückt und verstreicht sie. Gebaut wird
stets in der Trockenzeit. Bevorzugt sind Tage mit trockenem Wind, und jedermann hilft mit. Kurzweilig ist es,
zuzuschauen, wie die Lehmkugeln dem Maurer zugeworfen werden und wie die Kinder die feuchten Lehmbrocken zur
Baustelle tragen. Bei eckigen Bauten ersetzt man vielerorts den Lehmmörtel durch Trockenziegel. Mit ihnen werden die
Hauskanten solider. Das Ziegelmaterial ist derselbe Lehm, wie er für alle Gebäude verwendet wird. Meistens wird er in
Holzrahmen geformt und dann an der Sonne getrocknet...
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 234
Geographielehrmittel: Geographie für die oberen Klassen der Volksschule (1972-1977)
Die Trockenzeit wird deshalb bevorzugt, weil ein Platzregen, wie er in den tropischen Gebieten Afrikas
ausserhalb der Trockenzeit häufig vorkommt, das begonnene Bauwerk massiv schädigen kann. Sind die Lehmmauern aber erst einmal überdacht, halten sie relativ lange.
Plan eines Lehmhauses aus "Das Leben", Seite 80:
Die starke Gliederung der Wände rührt von den eingemauerten Stützbalken her. Raum 1 ist der Vorhof, von
dem aus man in den Hauptraum 2 eintritt...
3: fensterlose Küche. vorwiegend in der Regenzeit benutzt, sonst kocht man im Freien
4: Schlafzimmer; man ruht auf Matten, die am
Boden ausgebreitet werden
5: Ort der Trinkwasseraufbewahrung
6: Lehmblock zum Mahlen der Hirse
7: Krug mit Bier
8: Speicher für Hirse, Mais und Bohnen
9: freistehende Stützbalken
10: besonders grosse Tontöpfe
11: Herd; Krüge der Wand entlang
12: Opferplatz mit dem Hausaltar
13: Krüge, in denen Bier gekocht wird.
Als weitere Siedlungsform wird eine Pfahlbausiedlung in Dahome (Benin) beschrieben (S. 80f.). Dabei wird
auf ein Bild auf den Seite 76 verwiesen:
Dieses Dorf liegt in Afrika, im Süden von Dahomey, und zählt etwa 10'000 Einwohner. Sie leben vom Fischfang und
halten Schweine, Hühner und Ziegen. Beim Hüttenbau werden dickere und dünnere Holzstützen in den Boden gerammt
und aus verschnürten, gespaltenen Bambusstäben und Palmblattrippen Boden und Wände gelegt Das Dach wird mit Gras
oder auch mit Palmblättern gedeckt. Bei dieser Bauweise kann der Wind durch alle Ritzen ziehen und die Räume kühlen.
Abfälle werden ins Wasser geworfen oder fallen durch die Zwischenräume im Boden In der Regenzeit steht das Wasser
hoch, und dann kann man mit den Einbäumen direkt vor die Haustüre gelangen, in der Trockenzeit aber... stehen die
Hütten bis zwei Meter über Wasser.
Auf der Seite 82 schreibt der Autor über die Landflucht, die er am Ende des Kapitels über die Wohnformen
behandelt:
...Häufig ist es aber nicht die Armut, die Menschen vom Land in die Stadt treibt; viele sind auch einfach vom Stadtleben
fasziniert und verlassen darum ihre ländliche Heimat. So kann vor allem in Afrika der Zustrom in die Grossstädte
begründet werden... Man sucht Bretter Karton, Blechfässer und Plastikabfälle und errichtet damit einen provisorischen
Unterschlupf am Stadtrand. Vielleicht findet man schliesslich Arbeit; man kann irgendwo putzen, abwaschen, Material
verladen helfen, doch die Löhne der frisch Zugezogenen sind erheblich niedriger als diejenige der länger Ansässigen, und
es bleibt darum nichts übrig, als im Slum zu verharren...
(Zu den Slums in Schwarzafrika siehe auch die Seiten 158 und 253 dieser Arbeit.)
4.20.1.3 Ernährung
Im Kapitel "Wie man sich ernährt" behandelt der Autor die landwirtschaftliche Produktion unter Zuhilfenahme
von verschiedenen Tabellen, darunter eine, die Bevölkerungszahlen für Afrika in Millionen mit 164 Mio.
(1930), 191 Mio. (1940), 222 Mio. (1950), 278 Mio. (1960) und 344 Mio. (1970) angibt, Graphiken, Bildern
und Karten. Auf Seite 86 schreibt er unter dem Titel "Wo unsere Nahrung erzeugt wird":
...Von Kontinent zu Kontinent ist die Nahrungsmenge, die erzeugt wird, sehr unterschiedlich. Eigentlich sollten die
Kontinente mit viel Bewohnern auch viel Nahrungsmittel hervorbringen... Asien, Afrika und Lateinamerika erzeugen zu
wenig Nahrungsmittel, weil die Landwirtschaft auf diesen Kontinenten nicht genügend produktiv ist...
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 235
Geographielehrmittel: Geographie für die oberen Klassen der Volksschule (1972-1977)
Damit ist der Schritt weg vom Kontinent mit einem Überfluss an Nahrungsmitteln, wie er in den Lehrmitteln
der sechziger Jahre porträtiert wurde, vollzogen. Noch ist aber nicht vom "Hungerkontinent" der Lehrmittel ab
Mitte der siebziger Jahre die Rede.
Mit einer Tabelle "Die Nahrungsmittelerzeugung der Kontinente" und einer Rechnung der pro Arbeitskraft in
der Landwirtschaft erzeugten Nahrungsmittelmenge versucht der Autor diese Aussagen zu belegen. Dabei
vergisst er, dass die hohe Produktionsleistung pro Kopf in den Industrienationen vor allem auf dem hohen
Mechanisierungsgrad und der dafür benötigten Energiemenge beruht. Beide Ansätze sind für eine breite
Bevölkerungsschicht in vielen Ländern Afrikas nicht praktikabel. Ausserdem fehlen in der erwähnten Tabelle
bei den "wichtigen Nahrungsmittel" sowohl Maniok als auch Hirse, die für Afrika im Gegensatz zu den Industrienationen von grosser Bedeutung sind. (Siehe dazu die Tabelle "Landwirtschaftliche Produktion in Afrika"
im Anhang auf der Seite 557 dieser Arbeit.) Aus den angeführten Gründen bleiben die vom Autor über die
Situation im Nahrungsmittelbereich gemachten Bemerkungen wenig aussagekräftig. Kommt hinzu, dass die
Produktion von Nahrungsmitteln in afrikanischen Ländern im Gegensatz zu denen der industrialisierten Welt
nur mangelhaft erfasst werden kann.
4.20.2
Band 4: Die Kultur
Der Band "Die Kultur", 1977 erschienen, soll auf 96 Seiten wie es in der Einführung heisst, "Einsicht geben in
das heutige geographische Weltbild". Dazu schreibt der Autor auf der Seite 3:
...Aus dem was wir ständig sehen, hören und erleben, wächst in uns eine Vorstellung von der näheren Umgebung und
allmählich auch von der weiteren Welt, und sie ist unser Weltbild... Alles was wir denken, vorkehren, arbeiten, hängt nicht
von allein von unserem Willen, sondern auch von unserem Weltbild ab. Wir richten unser Verhalten stak nach diesem
Weltbild ein... Oder es hilft uns die Grenzen und Möglichkeiten menschlichen Tuns irgendwo in der Welt zu beurteilen...
Das frei entstehende geographische Weltbild hat immer viel Zufälliges an sich. Vielleicht gerade wichtige Dinge entgehen
uns. Oder das Weltbild wird einseitig, weil wir nur Erscheinungen, die uns passen, richtig aufnehmen... Es ist die Aufgabe
der Geographie, für ein einigermassen lückenloses, wahres und verständliches Weltbild zu sorgen.
Ein Ziel, das keines der untersuchten Lehrmittel erreicht, und das damit zwar einem Ideal entspricht, in der
Schule aber scheinbar nicht verwirklicht werden kann. Daraus lässt sich die Forderung ableiten, den Schülern
soll bewusst gemacht werden, dass sich das geographische Weltbild aus mehr oder weniger detaillierten Fragmenten zusammensetzt, die zu einem individuellen, zeitlich abhängigen, aber objektiv kaum "richtigen" Weltbild führen.
Bereits in der Einleitung stellt der Autor hohe Anforderungen an das eigene Werk. Wo er diese in Bezug auf
das Bild des schwarzafrikanischen Menschen erfüllt, ist Gegenstand der nun folgenden Diskussion der Inhalte
des Bandes "Die Kultur".
4.20.2.1 Kultur
Im Kapitel "Was heisst Kultur?" auf den Seiten 25-27 versucht der Autor einen ersten allgemeinen Einblick in
die Kulturen der Menschen zu vermitteln. Auf der Seite 25 schreibt er, die Unterschiede zwischen den
Menschen, sowie Mensch und Tier beschreibend:
...Allmählich geht uns auf, dass unsere Sprache nicht die einzige ist, dass andere Menschen mit anderen Worten sich auch
sagen können, was wir uns sagen. Aber auch die ganze Art, wie die Fremden sich benehmen, ist anders, als wie es gewohnt
sind. Und so wird uns bewusst, dass man auch ein Mensch sein kann, wenn man völlig anders spricht, lebt und denkt, als
wir es gelernt haben...
Die Natur schreibt dem Menschen den Lebensweg nicht in allen Teilen vor... Die Freiheit, die Möglichkeit, sein Leben
selbst zu bestimmen, ist ein grosses Geschenk... Bei den Menschen ist es unmöglich, vom einen Charakter auf den anderen
zu schliessen. Jeder Mensch ist anders als die anderen, jeder hat seine eigene Art.
Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen im 20. Jahrhundert
Seite 236
Geographielehrmittel: Geographie für die oberen Klassen der Volksschule (1972-1977)
Diese Worte unterscheiden sich von den in vielen Lehrbüchern gemachten, pauschalen Beschreibungen über
die Völker Afrikas. Die genaue Betrachtung der im Buch abgedruckten Materialien wird zeigen, ob diese
Grundüberlegungen auch praktisch umgesetzt werden, oder ob sie Theorie bleiben und damit im Konkreten die
hier erhobenen Ansprüche nicht erfüllt werden. Über das Wesen der Kultur führt der Autor auf Seite 26 aus:
...Zur Kultur gehört all das, was den Menschen menschlich macht. Kultur ist die gemeinsame Anstrengung, Mensch zu
sein.
Jede Kultur hat nun zwei Seiten, eine notwendige und eine freiheitliche... Darum sind die verschiedenen Kulturen auf der
Erde immer auch an die Umwelt angepasst...
Über die Unterschiede zwischen den Kulturen schreibt der Autor:
...Jeder Mensch hat das Bedürfnis seinem Leben einen bestimmten Sinn