100 Klassiker der Filmgeschichte

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100 Klassiker der Filmgeschichte
100 Klassiker der Filmgeschichte
Eine Veranstaltungsreihe von Fred van der Kooij
Mitschriften
Wintersemester 2007/2008
Sommersemester 2008
Stand: 10. Juli 2008
filmgeschichte.wikispaces.com
Übersicht 1. Jahr
Wintersemester 2007/2008
# Nr. Film
Regie
Jahr Links
Datum
Ort
David Wark Griffith
1915 IMDb , Wikipedia
22.11.2007 Filmgalerie
1 003 The Birth of a Nation
David Wark Griffith
1916 IMDb , Wikipedia
23.11.2007 Caligari
2 004 Intolerance
Giovanni Pastrone
1914 IMDb , Wikipedia
29.11.2007 Filmgalerie
3 002 Cabiria
Robert Wiene
1920 IMDb , Wikipedia
30.11.2007 Caligari
4 005 Das Cabinet des Dr. Caligari
Friedrich Wilhelm Murnau
1924 IMDb , Wikipedia
06.12.2007 Filmgalerie
5 010 Der letzte Mann
Friedrich Wilhelm Murnau
1926 IMDb , Wikipedia
07.12.2007 Caligari
6 014 Faust
1927 IMDb , Wikipedia
20.12.2007 Filmgalerie
7
- Berlin: Die Sinfonie der Großstadt Walter Ruttmann
Joe May
1929 IMDb , Wikipedia
21.12.2007 Caligari
8
- Asphalt
Georg Wilhelm Pabst
1929 IMDb , Wikipedia
17.01.2008 Filmgalerie
9 019 Die Büchse der Pandora
Georg Wilhelm Pabst
1931 IMDb , Wikipedia
18.01.2008 Filmgalerie
10
- Kameradschaft
Fritz Lang
1931 IMDb , Wikipedia
24.01.2008 Filmgalerie
11 027 M
Sergei Eisenstein
1925 IMDb , Wikipedia
25.01.2008 Filmgalerie
12 011 Bronenosets Potyomkin
Olexandr Dowschenko
1930 IMDb , Wikipedia
31.01.2008 Filmgalerie
13 023 Zemlya
Wsewolod Pudowkin
1928 IMDb
01.02.2008 Caligari
14 021 Potomok Chingis-Khana
—— —— ———————————————— —————————————— ——— —————————— —————— ——————
Sommersemester 2008
#
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
Nr.
018
017
020
008
029
031
025
037
036
Film
La Passion de Jeanne d‘Arc
Napoléon
The Crowd
The Navigator
Der alte "Junge Deutsche Film"
Greed
Trouble in Paradise
The Scarlet Empress
Sous les toits de Paris
Le jour se lève
Olympia (2. Teil)
Regie
Jahr Links
Datum
Ort
Carl Theodor Dreyer
1928 IMDb , Wikipedia
03.04.2008 Filmgalerie
Abel Gance
1927 IMDb , Wikipedia
04.04.2008 Filmgalerie
King Vidor
1928 IMDb , Wikipedia
17.04.2008 Filmgalerie
Buster Keaton, Donald Crisp
1924 IMDb , Wikipedia
18.04.2008 Caligari
Fassbinder, Herzog, Wenders
24.04.2008 Filmgalerie
Erich von Stroheim
1924 IMDb , Wikipedia
25.04.2008 Caligari
Ernst Lubitsch
1932 IMDb , Wikipedia
08.05.2008 Filmgalerie
Josef von Sternberg
1934 IMDb , Wikipedia
09.05.2008 Caligari
René Clair
1930 IMDb , Wikipedia
15.05.2007 Filmgalerie
Marcel Carné
1939 IMDb , Wikipedia
16.05.2007 Caligari
Leni Riefenstahl
1938 IMDb , Wikipedia
05.06.2008 Filmgalerie
Merian C. Cooper,
06.06.2008 Caligari
12 030 King Kong
1933 IMDb , Wikipedia
Ernest B. Schoedsack
Jean Renoir
1936 IMDb , Wikipedia
19.06.2008 Filmgalerie
13 034 Le Crime de Monsieur Lange
Howard Hawks
1932 IMDb , Wikipedia
20.06.2008 Caligari
14 028 Scarface
John Ford
1939 IMDb , Wikipedia
03.07.2008 Filmgalerie
15 038 Stagecoach
Akira Kurosawa
1961 IMDb , Wikipedia
04.07.2008 Caligari
16
- Yojimbo
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Klausur
Samstag, 12. Juli 2008
14:00 - 17:00 Uhr
PH Ludwigsburg, Aula
Wegweiser 2. Jahr
WS 2007/2008 und SS 2008
Amerikanisches Kino
In den 1920er Jahren war Hollywood stark beeinflusst von deutschem Film
Hollywood hat damals viele deutschsprachige Filmemacher geholt, z.B. Sternberg, Lubitsch, Stroheim, Murnau
Spielfilme:
1915:
1916:
1924:
1924:
1928:
1932:
1932:
1933:
1934:
1939:
The Birth of a Nation, David Wark Griffith
Intolerance, David Wark Griffith
The Navigator, Buster Keaton, Donald Crisp
Greed, Erich von Stroheim
The Crowd, King Vidor
Trouble in Paradise, Ernst Lubitsch
Scarface, Howard Hawks
King Kong, Merian C. Cooper, Ernest B. Schoedsack
The Scarlet Empress, Josef von Sternberg
Stagecoach, John Ford
Italienisches Kino
Spielfilme:
1914: Cabiria, Giovanni Pastrone
Deutsches Kino
Spielfilme:
1920:
1924:
1926:
1929:
1929:
1931:
1931:
Das Cabinet des Dr. Caligari, Robert Wiene
Der letzte Mann, Friedrich Wilhelm Murnau
Faust, Friedrich Wilhelm Murnau
Asphalt, Joe May
Die Büchse der Pandora, Georg Wilhelm Pabst
Kameradschaft, Georg Wilhelm Pabst
M, Fritz Lang
Dokumentarfilme:
1927: Berlin: Die Sinfonie der Großstadt, Walter Ruttmann
1938: Olympia (2. Teil), Leni Riefenstahl
Sowjetisches Kino
Immer Spagat zwischen künstlerischen Anspruch und Pflichterfüllung im Sinne des Sowjetregimes
Immer politische Repressionen und staatliche Intervention
Sowjetunion als Agrarland, Traktor als zentrales Element/als Lösung aller Probleme
Spielfilme:
1925: Bronenosets Potyomkin, Sergei Eisenstein
1928: Potomok Chingis-Khana, Wsewolod Pudowkin
1930: Zemlya, Olexandr Dowschenko
Französisches Kino
England war nie ein großes/bedeutendes Filmland: wenig Innovation, aber hohe technische Qualität
Frankreich durchgängig hohe Qualität, interessante Werke, großer Einfluss
In französischer Filmgeschichte Tradition der Reflektion über das Filmemachen
Sehr früh auch Making ofs, damals noch zu Dokumentationszwecken, heute eher Marketing
Spielfilme:
1928:
1927:
1930:
1936:
1939:
La Passion de Jeanne d‘Arc, Carl Theodor Dreyer
Napoléon, Abel Gance
Sous les toits de Paris, René Clair
Le Crime de Monsieur Lange, Jean Renoir
Le jour se lève, Marcel Carné
Japanisches Kino
Spielfilme:
1961: Yojimbo, Akira Kurosawa
Allgemeines
Grundfrage: Was ist das Filmische am Film?
Entwicklung der Montage insbesondere in der Sowjetunion
Entwicklung der Kameraarbeit insbesondere in Deutschland
Internationale Vermarktung
Bei Stummfilm einfach Austausch der Zwischentitel, bei Tonfilm schwieriger
Bei internationalen Produktionen wurden für jedes Land die jeweiligen Schauspieler in Szene gesetzt; so entstanden
teilweise ganz andere Filme
Zunächst spielte der deutsche Schauspieler die Szene, im Anschluss dann der französische die gleiche Szene nocheinmal
Parallel zum Schauspielerwechsel wurden auch oft Experimente mit der Kamera betrieben, teilweise anderer Schnitt, Licht,
Effekte
Vor allem bei Murnaus Filmen für den deutschen Markt ist eine größere Experimentierfreudigkeit mit der Kamera zu
erkennen, z.B. Unschärfespiele
Beim Dreh wurden verschiedene Kameras eingesetzt, zum Teil drei verschiedene (für dt., franz. u. amerik. Version), wobei
versucht wurde, die beste Version für den jeweils heimischen Markt zu verwenden
Versionen weichen teilweise erheblich voneinander ab
Einführung des Tonfilms
Dramatischer Einschnitt in der Filmgeschichte
Vom Filmischen her wie ein Rückschritt: Fokus auf Ton als neue, einzige Attraktion für Zuschauer; die Errungenschaften des
Stummfilms in Bezug auf die Qualität der Bildgestaltung gehen teilweise verloren
Viele der großen Regisseure sind außerordentlich bemüht gewesen, die Errungenschaften des Stummfilms in den Tonfilm
herüberzuretten
Schwierig für vorherige Stummfilmschauspieler: Akzente
Neue Fragen für den Tonfilm:
Dialoge: wieviel? welche Inhalte?
Musik
Soundeffekte
Technische Schwierigkeiten beim frühen Tonfilm:
Große Mikrofone, nicht im Bild zu verstecken
Nicht gerichtete Mikrofone, man hörte die ganze Umgebung
Laute Kameras wurden zur Geräuschdämmung in große Kästen eingebaut
Einschränkung der Beweglichkeit/Schwenkbarkeit
Synchronität von Bild und Ton enorm schwierig
Am Anfang keine Tonmischung möglich, daher z.B. Musiker direkt am Set
The Birth of a Nation
(Die Geburt einer Nation)
David Wark Griffith , 1915 (IMDb )
2008_01_the_birth_of_a_nation.pdf
Der Regisseur
War US-amerikanischer Regisseur, Schauspieler und Filmproduzent
War der einflussreichste und erfolgreichste amerikanische Stummfilm-Regisseur
Drehte mehr als 450 (Kurz-)Filme, von denen mehr als 400 noch erhalten sind
War als Schauspieler nicht sehr erfolgreich
Gilt vielen als Begründer des Erzählkinos und als Schöpfer der "filmischen Grammatik"
Hat die Wirkungen/Möglichkeiten neuer filmischer Techniken (z.B. Großaufnahme) dramaturgisch eingesetzt
War einer der ersten, der Regie im heutigen Sinne verstanden und umgesetzt hat
Film als Medium war damals verachtet, als niedrig, nicht ernstzunehmen angesehen
Verstand Film als ernstzunehmende Kunst, die abendfüllende Unterhaltung bieten kann
Setzte eine Mischung aus Studioaufnahmen und Drehs an realen Schauplätzen ein
Setzte auf die Erzählung in Bildern
Ist berühmt für den Einsatz der Parallelmontage, inhaltlich meist mit Rettung in letzter Sekunde
Zeigte Frauen immer als Kindfrauen
Bedeutung für Hollywood:
Griffith war eine außerordentlich entscheidende Figur für Hollywood
Hollywood war damals ein kleines Dorf
Griffith wollte außen drehen
Wahl fiel auf Hollywood, da es dort sehr wenig regnete
Erzeugt Wachstum in der Region, trieb Entwicklung der Filmindustrie maßgeblich voran
Aufkommen des Star-Systems
Griffith hat sich dagegen gewehrt, wollte selbst der Star sein
Griffith hat seine Schauspieler nie im Vorspann genannt
Hintergrund
Einer der ersten abendfüllenden Langspielfilme
Erzählprinzipien heute noch verbreitet, z.B. Spannungsbögen; im Kern von Griffith etabliert
Basierte auf den rassistischen Romanen The Leopard´s Spots (1902) und The Clansman (1905) und dem Theaterstück
The Clansman von Thomas Dixon
War der bis dahin teuerste Film der Filmgeschichte und ist der finanziell erfolgreichste Film der Stummfilmgeschichte: kostete
rund 110.000 Dollar und spielte zwischen 50 und 100 Millionen Dollar ein
Besteht aus zwei Teilen:
1. Zeit vor und während des Amerikanischen Bürgerkriegs
2. Zeit der Reconstruction in den besiegten Südstaaten
(der erste Krieg, der relativ konsequent mit Fotos dokumentiert ist)
Einsatz von Feldtelefonen für die Koordination der Massenszenen
Kennzeichnete den Beginn des Star-Phänomens bei Schauspielern: alle Schauspieler waren zu diesem Zeitpunkt Laien und
wurden durch Griffith in den 20er Jahren zu großen Stars
Mae Marsh war beim Dreh etwa 19 Jahre alt und spielte eine 14-jährige
Stark rassistischer Film (Bürgerkriegsfilme meist aus der Sicht der Südstaaten)
Sklaven werden als Menschen zweiter Klasse dargestellt
Alle wichtigeren Rollen farbiger Figuren wurden von geschwärzten weißen Schauspielern gespielt
Propagandistische Wirkung des Mediums Film
Griffith empfand die Proteste gegen rassistische Züge des Films als gute Werbung für den Film
Griffiths Reaktion auf Vorwürfe des Rassismus: antirassistischer Film Broken Blossoms (1919), der eine pro-chinesische
Haltung einnimmt
Handlung
Siehe Wikipedia-Artikel zum Film
Stil
Fast dokumentarische Darstellung des Bürgerkriegs
Teilweise Nachstellen der im Amerikanischen Bürgerkrieg entstandenen Kriegsfotos (Standbilder von Mathew Brady ,
enorme Belichtungszeit)
Kreativer Umgang mit Bildformaten, Einsatz von Cache
Erstmals auch Rückenansicht von Schauspielern
Starker Einfluss vom Melodram, in der Tradition des 19. Jahrhunderts
Große Sorgfalt bei der Gestaltung der Kostüme, Authentizität
Lachen in einer Angstsituation: fast schockierend und sehr ungewöhnlich für damalige Zeit
Sterbe-Szene: der Reflektor wird fallengelassen, sodass nur noch die Spitze (Lichtkante von der Sonne) bleibt
Lichtgestaltung:
Viele Außendrehs mit malerischer Bildkomposition und Lichtsetzung: genaue Lichtplanung notwendig
Raffinierter Umgang mit natürlichem Licht
Viele Szenen mit Sonne kurz vor Untergang: Schauspieler wie glühend
Damals noch keine Lampen für Außendrehs, aber Arbeit mit Reflektoren: Leintücher, sehr weiches Licht
Alle Innenszenen sind auch Außensdrehs: Sets ohne Decke
Sonne entgegen Kamera, tiefer Sonnenstand, Glühen, Überstrahlungseffekte, Spitzenlicht
Zangenlicht bei Nahaufnahmen
Schauspiel:
Für heutige Verhältnisse/Gewohnheit sehr eigenartig, heikel
Sehr theatralisch, keine Angst vor großen Emotionen
Choreographisch, balettartig
Keine Pantomime: nicht nur Gesten, sondern auch (unhörbar) Gesprochenens
Einsatz von Zwischentiteln:
Nur wenige Zwischentitel
Erzählung eher über Bilder
Oft Zwischentitel als Ankündigung, was als nächstes geschieht
Das Was ist geklärt, das Wie wird gezeigt
Zielt auf andere Art von Aufmerksamkeit der Zuschauer ab
Wichtigste Filmtechniken:
Eigens geschriebene Filmmusik für Orchester, mit speziell ausgesuchten Themen für die wichtigsten Charaktere
Nachtaufnahmen mit Hilfe von Magnesiumfackeln
Verwendung von echten Landschaften für den Bildhintergrund
Kühner Einsatz von Kamerafahrten und Kameraperspektiven
Verwendung der Irisblende, um durch Vergrößerung oder Verkleinerung eines Bildausschnitts bestimmte Details
hervorzuheben
Parallelmontage
Einfärbung bestimmter Sequenzen
Verwendung leinwandfüllender Nahaufnahmen
Inszenierung von Schlachtszenen mit Hunderten von Statisten
Inszenierung eines dramatischen Filmhöhepunkts
Links
Kritik von Wolfang Melchior bei kino.lounge
Weiterentwicklung im amerikanischen Film # Entwicklung der filmischen Gestaltungsmittel ~ Hauptfilm - Die Frühgeschichte
des Kinos - www.kino-geschichte.de
Kurzporträt bei Einhundert Jahre Kino (Sapo Media)
Filmgeschichte Hollywoods - David Wark Griffith
Intolerance: Love's Struggle Throughout the Ages
(Intoleranz)
David Wark Griffith , 1916 (IMDb )
2008_02_intolerance.pdf
Der Regisseur
siehe The Birth of a Nation (1915)
Hintergrund
Griffith konzipierte den Film um das bereits gestartete Projekt The Mother and the Law, nachdem er sich wegen The Birth of
a Nation (1915) dem Vorwurf des Rassismus ausgesetzt sah; The Mother and the Law als Ausgangspunkt
Griffiths Absicht war es, die bei The Birth of a Nation kritisierte Geisteshaltung als eine Form der Intoleranz und diese als
Grundeinstellung des Menschen und historisch immer wiederkehrende Triebfeder menschlichen Handelns darzustellen
Griffith hatte Cabiria (1914) gesehen und war von der italienischen Filmkunst dermaßen beeindruckt dass er ein noch
größeres Projekt in den USA realisieren wollte
Kunstwerk von außerordentlichem Ausmaß
Riesiger Austattungsfilm, enormer Erzählrahmen
Alles ohne Drehbuch
Vier analog verlaufende Geschichten im Film zu verschiedenen Zeiten und in verschiedenen Stilen:
1.
2.
3.
4.
5.
Die zeitgenössische (damals moderne) Geschichte The Mother and the Law, amerikanischer Stil
Die Passionsgeschichte, tableauhaft
Die Bartholomäusnacht, französischer Stil
Der Fall Babylons, italienischer Stil
(Dazwischen kurze Einspielungen einer schaukelnden Wiege einer "ewigen Mutter" [Lillian Gish ])
Enorme Produktionskosten: etwa 2 Millionen Dollar, 1916 eine unvorstellbar hohe Summe
War großer Flop an den Kinokassen
Griffith produzierte den Film selbst und verschuldete sich
Die zeitgenössische Geschichte wurde später zu einem eigenen Film umgeschnitten: The Mother and the Law
Erich von Stroheim (Greed [1924]) war einer der Regieassistenten Griffiths
(1919)
Handlung
Der Film besteht aus vier ineinander verwobenen Handlungssträngen, die jeweils die menschliche Intoleranz und ihre Folgen von
der Antike bis zur Gegenwart zum Thema haben. Die einzelnen Zeiten sind symbolisch durch die Gestalt einer "ewigen Mutter", die
beständig eine Wiege schaukelt, verknüpft.
Antike Episode
Die antike Episode hat den Fall Babylons im Jahre 539 v. Chr. zum Thema. Der neue Herrscher Belsazar , Sohn des Nabonid ,
verehrt die Göttin Ischtar . Die Priester des bisher verehrten Gottes Bel intrigieren gegen den König und unterstützen die
Eroberung Babylons durch den Perserkönig Cyrus .
Biblische Episode
Die biblische Episode spielt um das Jahr 30 n. Chr. in Judäa . Sie stellt die Intoleranz der Pharisäer
als verantwortlich für die
Kreuzigung des Jesus von Nazaret
dar.
Renaissance-Episode
Der religiöse Konflikt im Frankreich der Renaissancezeit zwischen katholischen Herrschern (Karl IX. und insbesondere seiner
Mutter Katharina von Medici ) und den protestantischen Hugenotten ist das Thema der dritten Intoleranz-Episode. Er gipfelt 1572
in der Bartholomäusnacht .
Neuzeitliche Episode
Die zeitgenössische Episode spielt im Jahre 1914 im Westen der USA. Die Konflikte ergeben sich aus dem Zusammenspiel von
durch von rücksichtslosen Kapitalisten verursachter Armut, die zur Kriminalität verleitet und moralischem Puritanismus , der in
Gestalt so genannter Wohlfahrtsorganisationen den Lebensstil des Durchschnittsamerikaners definieren will.
Epilog
Das Ende des Films zeigt Kriegshandlungen, die keiner der Episoden zugehören. Sie stellen den andauernden Ersten Weltkrieg
dar. Ein Zwischentitel drückt die Hoffnung auf eine Versöhnung im Frieden aus.
(Quelle: Wikipedia )
Stil
Überdimensionale Bauten, mehrere Tausend Statisten
Wechselnde Bildformate: horizontaler und vertikaler Cache
Keine der Figuren hat einen echten Namen, Griffith wollte die Figuren als Symbol für beliebige Menschen darstellen
Einsatz von Parallel- und Kontrastmontage
Die Art des Filmschnitts hatte großen Einfluss auf nachfolgende Filme, insbesondere in Europa und der Sowjetunion
Cabiria
Giovanni Pastrone , 1914 (IMDb )
2008_03_cabiria.pdf
Der Regisseur
Geboren 1883, gestorben 1959
War ein italienischer Filmregisseur, Drehbuchautor, Schriftsteller, und Schauspieler
Auch bekannt unter seinem Künstlernamen Piero Fosco
Begann 1905 als einfacher Buchhalter im Filmkonzern "Rossi & C." in Turin
Wurde 1907 Verwaltungsdirektor der Firma, welche 1908 in die Italia Film umgewandelt wurde
Wendete auf dem Höhepunkt seiner Berühmtheit 1919 dem Kino den Rücken zu und begann sich Studien und
Medizinexperimenten zu widmen
War sehr innovativ: hat Filmperforation und Projektoren verbessert und den Kameraschwenkkopf erfunden, hat
Kamerafahrten deutlich weiterentwickelt
War einer der ersten der filmische Dekors auf räumliche Tiefe angelegt hat: Erzeugung eines räumlichen Gefühls, Nutzung
des Raumes für erweiterte inszenatorische Möglichkeiten
Hintergrund
Erfolgreichster italienischer Monumentalfilm
Einer der ersten abendfüllenden Spielfilme
Basiert lose auf Cartagine in fiamme (Karthago in Flammen, 1908) von Emilio Salgari und Gustave Flauberts exotischem
Roman Salammbô (1862)
Der italienische Schriftsteller Gabriele D'Annunzio arbeitete am Drehbuch mit und schrieb die Zwischentitel
War film- und kameratechnisch revolutionär zur damaligen Zeit und sehr einflussreich für nachfolgende Filme
War ein Haupteinfluss auf The Birth of a Nation (1915) und Intolerance (1916) von D.W. Griffith
Molochsequenz mit Opferung der Kinder von Fritz Lang in Metropolis (1927) zitiert
Muskulöser Hafenarbeiter Bartolomeo Pagano als Maciste , vorher vollkommen unbekannt, wurde durch den Film zu
einem großen Star in Italien; von 1915 bis 1927 entstanden 25 weitere Maciste-Filme mit Pagano in dieser Rolle
Handlung
Eine Beschreibung der Handlung der 123-minütigen Fassung die auf DVD erhältlich ist findet sich in der Wikipedia .
Stil
Hohe Schauwerte zur Kompensation des fehlenden Tons: Massenszenen, aufwändige Bauten, pompöse Ausstattung,
technische Spektakel
Dreidimensionaler Setbau, alles gebaut, nichts durch gemalte Leinwände nachgestellt
Fast ausschließlich Totalen, nur sehr wenige Großaufnahmen
Erstmals Einsatz eines schwenkbaren Kamerakopfs und eines Kamerawagens, auch um durch Travellings die enormen Sets
richtig zur Geltung kommen zu lassen
Einsatz von Pantomime, wenn Pastrone keinen Zwischentitel setzen wollte
Zwei technische Neuerungen:
1. Einsatz von Travellings
2. Einsatz von Kunstlicht
Fahrten:
Sehr viele langsame, fließende Fahrten, aber nicht pausenlos
Tableaus von mehreren Leuten, Zufahrt auf bestimmte einzelne Leute: Person aus dem Hintergrund
rückt plötzlich in den Mittelpunkt, Detail wird in größerer Einstellung gezeigt
Kaschierung von Zufahrten durch Parallelisierung/Kombination des technischen Prinzips der Fahrt mit der dramaturgischen
Erzählung
Staffelung:
Erzeugung von Tiefe durch Platzierung von Elementen im Vordergrund
Staffelung der Bildebenen: Hintergrund, Mittelgrund, Vordergrund 1, Vordergrund 2
Jeweils unterschiedliches Licht
Enorme Tiefenwirkung
Von Malerei inspiriert
Auch der Hintergrund ist gefüllt, man kann seinen Blick durchs ganze Bild schweifen lassen
Um das Auge des Zuschauers zu lenken verhalten sich die momentan unwichtigen Darsteller fast statisch
Auf Kamera zu:
Leute die auf die Kamera zulaufen
Vom Licht (draußen) ins Dunkle (drinnen)
War eine Neuerung in der Filmgeschichte
Evgenii Bauer
(1865-1917):
War russischer Filmregisseur
Gehörte neben Jakow Protasanow zu den bedeutendsten und einflussreichsten Filmemachern des vorrevolutionären
Russland
Schuf in seiner nur vierjährigen Filmkarriere von 1913 bis 1917 über 70 Filme, von denen 26 erhalten sind
Setzte intensiv filmische Mittel wie Rückblende, bewegte Kamera, Nahaufnahme, lichtdramaturgische Effekte und SplitScreen-Technik ein
Untheatralischer Umgang mit Raum: filmische Raum-/Tiefenwirkung
Trick:
Doppelbelichtung, einkopierte Leute
Einsatz von Modellen
Blitze mit Kunstlicht
Magnesiumfeuer für Feuertöpfe
Licht:
Komplexe Vielfalt von Lichtarten: Einsatz von Kunstlicht, aber auch natürlichem Licht
Künstlerische Lichtführung für Bildstaffelung und Dramaturgie (z.B. Licht von unten oder hinten)
Experimente im Bereich des Kunstlichts
Tiefer Sonnenstand, Wirkung der Silhouette (z.B. Abendsilhouette in Wüste)
Feuer als reale, primäre Lichtquelle
Rembrandt -Licht:
Silhouette im Vordergrund
1 Licht was zentral einen Teil der Szene beleuchtet
Große Teile des Bildes im Dunkel
Suggestive Lichtwahrnehmung
Spiel mit Raumgefühl
Links
Kurzporträt bei Einhundert Jahre Kino (Sapo Media)
DVD-Review bei Silent Era
Das Cabinet des Dr. Caligari
Robert Wiene , 1920 (IMDb )
2008_04_das_cabinet_des_dr._caligari.pdf
Der Regisseur
Geboren 1873 in Breslau, gestorben 1938 in Paris
Studierte Jura
Begann seine Filmkarriere als Drehbuchautor
Hintergrund
Expressionistischer Stummfilm
Gilt als einer der Meilensteine der Filmgeschichte
Wendung am Ende der Geschichte war von Drehbuchautor Carl Mayer nicht vorgesehen
Ursprünglich sollte Fritz Lang Regie führen
Wurde 1933 in Deutschland verboten und 1937 zum Bestandteil der Ausstellung "entartete Kunst " gemacht
War in Bezug auf seinen Stil sehr einflussreich
Handlung
Der Film erzählt die Geschichte des Dr. Caligari, der auf dem Jahrmarkt ein somnambules Medium namens Cesare ausstellt und
hellsehen lässt. Zwei Freunde besuchen gemeinsam die Vorstellung und einer von ihnen wird in der darauffolgenden Nacht
ermordet, nachdem ihm Cesare zuvor den Tod prophezeite. Caligari stellt sich als Wahnsinniger heraus, der Cesare als
Mordinstrument benutzt. Am Ende schlägt der Film jedoch einen Haken: Die ganze Handlung ist nur eine Wahnvorstellung eines
Insassen einer Irrenanstalt, Caligari der Direktor dieser Anstalt – nun allerdings wissend, wie er den tatsächlich Wahnsinnigen
heilen kann.
(Quelle: Wikipedia )
Stil
Außergewöhnlicher, neuartiger Stil, später als Caligarismus bezeichnet
Stark beeinflusst von bildender Kunst, Expressionismus , Avantgarde
Kombination gemalter und gebauter, grotesk verzerrter Kulissen mit kontrastreicher Beleuchtung und gemaltem Licht und
Schatten
Expressionistisches Licht, war in den USA verboten bzw. nur in Horrorfilmen erlaubt
Wird oft als Musterbeispiel des expressionistischen Films bezeichnet
Surrealistische Geschichte
Neue Kaschierungen, ungewöhnliche Formate (blitzförmiger Kasch)
Ausstattung:
In Bezug auf die Ausstattung wie ein riesiger Rückschritt im Vergleich zu Cabiria (1914)
Teilweise deutliche 2D-Sets, wie Theater, gemalte Kulissen
Möglicherweise durch Ersten Weltkrieg ist Das Cabinet des Dr. Caligari in Unkenntnis von Cabiria entstanden
Aber auch 3D-Sets, erschaffen von Architekt Hans Poelzig , der in Der Golem, wie er in die Welt kam (1920) 3D-Sets im
deutschen Film einführte: Sets wie innere Organe
Malerei und Maske:
Masken/Gesichter wie Gemälde
Z.B. Stränen ins Haar, "Schatten" unter die Augen gemalt
Spiel und Dekor:
Exaltiertheit im Spiel, choreographisch, passt zum Bühnenbild
Zwischentitel:
Direkt ins Bild eingebaute, malerische Zwischentitel und Einblendungen
Rahmenhandlung:
Dramaturgische Klammer: Einleitung und Abschluss mit realistisch fotografierten Szenen
Wird Fritz Lang zugeschrieben
Rahmenhandlung möglicherweise zur Abschwächung des Vergleichs: Caligari als Anspielung auf Hitler
Caligari, der Leiter der Irrenanstalt, ist gar nicht der Wahnsinnige, als der er dargestellt wird, sondern ist außerordentlich
liebenswürdiger, humanistischer Mensch
Aber Geschichte war von Anfang an so konzipiert, Vergleich zu Hitler war von den Machern nicht beabsichtigt, ist Legende
Der letzte Mann
Friedrich Wilhelm Murnau , 1924 (IMDb )
2008_05_der_letzte_mann.pdf
Der Regisseur
1888 in Bielefeld als Friedrich Wilhelm Plumpe geboren, gestorben durch einen Autounfall 1931 in Santa Barbara, Kalifornien
Gilt als einer der bedeutendsten deutschen Filmregisseure der Stummfilmära
Kam aus relativ gutem Hause
Hat Philologie und Kunstgeschichte studiert
War homosexuell und ging sehr offen mit seiner Sexualität um
Änderte seinen Namen in Murnau nach dem Ort Murnau am Staffelsee
War am Set sehr umgänglich, angenehm mit ihm zu arbeiten
Licht und Raum waren für Murnau die wesentlichsten Eigenschaften eines Filmbilds
Setzte sehr gerne Glas, Reflektionen, und sich bewegendes Licht ein, wenn dies logisch/natürlich aus der Geschichte/der
Umgebung hervorging
War einer der ersten deutschen Filmemacher, der nach Hollywood gegangen ist (nach Ernst Lubitsch ), war aber bei weitem
nicht so erfolgreich wie Lubitsch
War von Hollywood angewidert, nachdem sein Film Sunrise (1927) kommerziell floppte wurde er als großer Regisseur
fallen gelassen
Letzter Film: Tabu (1931), Murnau starb kurz nach Beginn der Arbeiten an der Filmmusik durch einen Autounfall
Hat Beginn des Tonfilms nicht mehr miterlebt/mitgemacht
Murnaus Homosexualität:
Aufgrund des Zeitkontexts musste Murnau heterosexuelle Beziehungen in den Vordergrund seiner Filme stellen
Murnau konnte sich in weibliche Figuren schlecht einfühlen, was die Charaktere nicht glaubhaft machte
Der letzte Mann: am Ende wird eine Art Homosexuellenehe ohne Sexualität gezeigt: der Portier ist reich geworden und führt
ein ausschweifendes Leben mit seinem guten Freund
Tabu (1931): Frauenkörper werden hier nicht sehr ausgeschöpft (trotz halbnackter Südseeschönheiten), stattdessen Fokus
auf männliche Körper (Südseeknaben aalen sich halbnackt in einer Lagune)
Hintergrund
Gilt als Meisterwerk des deutschen Stummfilms
Stellt in der Entwicklung der Filmtechnik und -kunst einen Meilenstein dar
In einer Zeit entstanden, wo der Deutsche Film von hohem internationalen Interesse war
Erhielt internationale Anerkennung und war kommerziell erfolgreich
Interpretation:
Parabel über die Wechselhaftigkeit des Lebens nach dem Muster des mittelalterlichen Glücksrads: "Heute bist Du der Erste,
geachtet von Allen, ein Minister, ein General, vielleicht sogar ein Fürst - Weißt Du, was Du morgen bist?!", heißt es im
Vorspann
Der Schluss führt mit umgekehrten Vorzeichen die eingangs gestellte Frage fort: Wer heute der Letzte ist, kann morgen
wieder der Erste sein. Unentwegt dreht das Schicksal sein Rad
(Quelle: Wikipedia )
Drehbuchautor Carl Mayer :
War einer der wichtigsten Drehbuchautoren seiner Epoche - trotz Schreibblockade in den 1930er Jahren
Poetische Sprache statt filmische Fachbegriffe
Stimmung/Bilder erzeugen, Atmosphäre, Licht
Der Drehbuchautor als echter Gesprächspartner des Regisseurs
Das Drehbuch nicht als selbstständiges Werk, sondern als Werkzeug, dem Film dienend
Kameramann Karl Freund :
In der Zeit des Stummfilms einer der bedeutendsten deutschen Kameramänner
Stilprägender Kameramann des deutschen Kammerfilms
Arbeitete mit allen Größen des deutschen Stummfilms
War zentrale Figur, sehr wichtig für die Entwicklung des deutschen Films
War sehr experimentierfreudig und innovativ
Führte in den 1920er Jahren die Entfesselte Kamera ein (siehe unten)
Die Entfesselte Kamera :
Darunter versteht man zunächst eine stativfreie Kamera
Vorher Kamerabewegungen auf vertikale und horizontale Schwenks einer statischen Kamera oder auf Kamerafahrten aus
Autos oder Zügen beschränkt
Nun Kamera durch Operateur selbst oder durch technische Apparaturen wie Kräne oder Schaukeln bewegt
Ziel: subjektives Erleben von Figuren (z.B. Trunkenheit oder Traumsequenzen) für den Zuschauer erlebbar/nachvollziehbar
machen, Zuschauer in Perspektive von Figuren versetzen
Reißschwenks möglich und maximale Bewegungsfreiheit
Wie ein früher Vorläufer der Steadicam
Murnau gilt durch Anwendung dieser Technik als Vorreiter in Deutschland
Wechsel zwischen Objektive und Subjektive ist innerhalb der gleichen Einstellung fließend, nicht wie heutzutage üblich
deutlich getrennt in mehrere Einstellungen; so entsteht ein abwechselnder objektivierender und subjektivierender Blick in
derselben Kameraeinstellung
Nosferatu
(1922):
Einer der berühmtesten frühen Horrorfilme
Reale Schauplätze, nicht im Studio gedreht
Drehorte waren die Tschechoslowakei und Lübeck
Kutschfahrten unterdreht zur Erzeugung von Zeitraffer, auch Einsatz von Negativ
Handlung
Ein alternder Hotelportier verrichtet seinen Dienst an der Tür des "Hotel Atlantic". In seiner prächtigen Uniform, mit stattlichem
Schnurrbart und jovialem Lächeln, begrüßt er dort die Gäste. Als er eines Tages beim Abladen eines schweren Koffers einen
Schwächeanfall erleidet, wird er vom Hoteldirektor mit Verweis auf sein hohes Alter in die Herrentoilette versetzt. Ein Jüngerer
nimmt seinen Platz ein. Der Portier verkraftet diese Demütigung nicht. Des Nachts entwendet er seine alte Uniform und führt nun
ein Doppelleben: Tagsüber verrichtet er traurig seinen Dienst in der Hoteltoilette. Nach Feierabend zieht er sich heimlich die
Uniform an, um seiner Familie und seinen Nachbarn vorzuspielen, es sei alles wie früher. Doch der Schwindel fliegt bald auf und
Familie und Nachbarn wenden sich von ihm ab. Die Welt des Portiers bricht endgültig zusammen. Die Geschichte erhält aber eine
positive Wendung, als ein Hotelgast auf der Herrentoilette sterbend dem einstigen Portier sein gesamtes Vermögen vermacht. Der
einst Gedemütigte kann nun als souveräner, gut gelaunter und großzügiger Gast im "Atlantic" einkehren.
(Quelle: Wikipedia )
Stil
Assimilation wesentlicher Elemente aus dem Expressionismus wie Traumsequenzen mit Überblendungen und
Spezialeffekten
Gläser vor Kameraoptik, Wasser auf Glas, um Eindruck von Traumsequenzen zu erzeugen
Einsatz der Entfesselten Kamera:
"Bauchkamera" (Handkamera vor Bauch geschnallt) mit verzerrenden Objektiven: Kameramann simuliert Torkeln des
betrunkenen Portiers
Kamera auf Fahrrad geschnallt und durch Hotelhalle gefahren
Kamera in einer Seilbahn aufgehängt
Enormer technischer Aufwand für Kranfahrt
Kamera und Schauspieler auf drehbarem Podest erzeugt Eindruck einer im Raum schwebenden Figur
Zwischentitel:
Die Handlung von Der letzte Mann wurde extra für das Medium Film entwickelt, so dass keine Zwischentitel notwendig
waren
Der Film kommt daher praktisch ohne Zwischentitel aus, der Filmfluss wird nicht unterbrochen
Ausnahme: Der Brief als Zwischentitel
Ebenso keine gesprochenen Dialoge, alles wird mit Bildern erzählt
Das stürzende Haus:
Durch Kameraarbeit schwankendes Haus, das dem Portier entgegenzukippen droht
Großer Einfluss/großes Gewicht auf Objekte
Objekte wie Subjekte, Objekte mit Eigenleben
Fahrt durch die Glastür:
Deutsche Fassung: lange Einstellung, viel Zeit
Internationale Fassung: Schnitte, Ellipsen (z.B. Suche nach Brille)
Ausstattung:
Storyboardbilder eher suggestiv, dadurch mehr Freiheit am Set, die Stimmung wurde nur angedeutet
Bauten und Tricks:
Hotel nur bis zum dritten Stock gebaut
Im Gegenschuss Straßenzug im Hintergrund: "gezeichnete Tiefe", verzerrte Kulisse, forcierte Perspektive durch
perspektivische Fassade, Gebäude teilweise zweidimensional; Regen oder Staub zur Verschleierung; Einsatz von Autos
unterschiedlicher Größe zur Erzeugung von Tiefe; Modellmenschen im Hintergrund
Verschiedene Schichten von Autos zur Erzeugung von Tiefe: vorne fuhren große Autos, in der Mitte kleine, hinten
Kinderautos und ganz hinten 2-D Autos via Handzug in Bewegung gesetzt
Enorme Planung notwendig: Arbeit mit Zeichnungen, aber nicht exakt, sondern suggestiv, inspirierend, stimmungsvoll
Finanzieller Aufwand als Verkaufsargument im Marketing (vgl. Erich von Stroheim , Ernst Lubitsch , Fritz Lang )
Das Licht:
Häufige Arbeit mit Lichteffekten, Erzeugung von Lichtflecken
Arbeit mit Kasch (ovales Loch), Erzeugung geometrischer Spannung
Häufiger Einsatz von Lichtwechsel, oft ganz langsam, zeitlich verzögert
Übergang von Abendstimmung, Nachtstimmung, Morgenstimmung
Filmerzählung steht still, Lichtwechsel als Hauptelement/Zentrum der Szene
Faust
Friedrich Wilhelm Murnau , 1926 (IMDb )
2008_06_faust.pdf
Der Regisseur
siehe Der letzte Mann (1924)
Hintergrund
Verwebt Motive aus dem Volksbuch Historia von Doktor Johann Fausten – dem weitbeschreyten Zauberer und
Schwarzkünstler (1587) mit Elementen aus den Dramatisierungen dieses Stoffes durch Christopher Marlowe und J. W.
Goethe
Letzter Film Murnaus in Deutschland vor seinem Wechsel in die USA
Murnau auf dem Höhepunkt seiner Karriere in Deutschland
Emil Jannings wie in Der letzte Mann (1924) erneut als Hauptdarsteller
Storyboards :
Enorm wichtig für Planung und Kostenkalkulation
Kann helfen ein Drehbuch für Projektteilnehmer und Geldgeber zu veranschaulichen
Kann viele Informationen enthalten zu Kadrierung, Licht, Bauten, Perspektive
Möglichkeit der Konstruktion unmöglicher Perspektiven
Gefahr, beim Dreh das Storyboard nur "nachzuäffen", und nicht spontan auf Gegebenheiten zu reagieren
Murnaus Philosophie: Storyboard soll nicht Bilder des Films vorwegnehmen, sondern eine Stimmung transportieren; lässt
viele Freiheiten für die tatsächliche Umsetzung
Sunrise
(1927):
Einer der schönsten Filme Murnaus
Gegenwartsgeschichte (vgl. Der letzte Mann [1924])
Gedreht im Studio und in der freien Natur
Außerordentlicher Aufwand: Nachbau einer deutschen Kleinstadt und von Teilen einer Berlin-artigen Großstadt inklusive
Straßenbahn; großer Baum umgepflanzt, verdorrt, Blätter aus Papier angeklebt
Der Gang ins Moor: eine der ersten Plansequenzen mit einer bewegten Kamera, Kamera scheint zu schweben, Kamera an
Deckengleisen befestigt, alles im Studio gedreht
Verzerrte Perspektive wird gebaut, die in der Realität nicht möglich sind, Einstellung ein Konstrukt
War kein großer kommerzieller Erfolg, Murnau verlor seinen hohen Status in Hollywood
Drehbuch von Carl Mayer
4 Devils
(1928), Storyboards:
Suggestive Storyboardbilder, die die Grundidee des Films festhalten
Sehr impressionistisch
Film gilt als verschollen
Saboteur
(Alfred Hitchcock, 1942), Storyboards:
Hitchcock war großer Bewunderer Murnaus
Hitchcock hat als Zeichner für Zwischentitel angefangen
Hitchcock hat Idee der Storyboards von Murnau aufgegriffen und in den 1940er Jahren in Hollywood zum Standard gemacht
Hitchcock aber sehr Storyboard-affin, Storyboards sehr detailliert; die Setmöglichkeiten wurden dadurch nicht voll
ausgeschöpft
Handlung
Erzengel Michael und Mephisto schließen einen Pakt, nach dem Mephisto die Erde gehören würde, wenn es ihm gelingt, die Seele
des Gelehrten Faust zu erringen.
Als in der Stadt die Pest ausbricht, findet Faust kein Mittel gegen die Seuche. In seiner Verzweiflung ruft er die bösen Geister an.
Mephisto erscheint und bietet ihm seine Hilfe an. Faust lässt sich auf einen Vertrag - zunächst für einen Probetag - ein, indem er
als Gegenleistung Mephisto seine Seele verspricht. Es gelingt Faust, einige Pestkranke zu heilen. Mephisto macht ihm das Ideal
der Jugend schmackhaft und Faust wieder jung. Sie ziehen an den Hof von Parma, wo Faust die Herzogin von ihrem Hochzeitsfest
weg verführt. In diesem Moment ist der Probetag abgelaufen und Mephisto nötigt Faust die ewige Geltung ihres Pakts ab.
Faust ist vom Rausch des jugendlichen Lebens nicht zufriedenzustellen, es zieht ihn zurück in seine Heimat. Dort begegnet er an
der Kirche Gretchen und verliebt sich in sie. Mit Mephistos Tricks gewährt sie Faust schließlich Zugang und eine Romanze beginnt.
Zur selben Zeit vergnügt sich Mephisto mit Marthe Schwerdtlein. Er lockt auch Gretchens Bruder Valentin nach Hause als Faust
gerade dort zugange ist. Im Kampf mit Faust tötet Mephisto Valentin heimtückisch.
Gretchen wird als Dirne an den Pranger gestellt und ist eine Ausgestoßene. In Winter bringt sie ein Kind von Faust zur Welt, das
erfrieren muss, da niemand ihr Einlass gewährt. Sie wird als Kindsmörderin zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt. Faust
verurteilt die Jugend im Angesicht Gretchens Tragödie, woraufhin Mephisto ihm sein altes Aussehen zurückgibt. Erst auf dem
brennenden Scheiterhaufen erkennt Gretchen ihren Faust in dem alten Mann. Sie sterben beide und fahren auf in den Himmel.
Mephisto hat seine Wette mit dem Erzengel verloren, da er das „mächtige Wort“ nicht kennt: Liebe!
(Quelle: Wikipedia )
Stil
Geprägt vom dominanten Spiel Emil Jannings', den Bauten von Robert Herlth und Walter Röhrig sowie der Beleuchtung
Balance zwischen Expressionismus und Romantik
Hat expressionistische Züge (vgl. Das Cabinet des Dr. Caligari [1920], Der Golem [1920])
Ausgeklügelte Kamera- und Tricktechnik
Außerordentliche visuelle Kraft
Weist Elemente des Fantasyfilms auf
Kamera wird zum Mitspieler (z.B. bei den Artisten)
Einsatz von Doppelbelichtungen zum Zusammenführen mehrerer Szenen
Das Mystische der Figur Faust wird durch Lichteffekte eingefangen
Liebesgeschichte von Faust und Gretchen bleibt oberflächlich, ähnlich wie die Beziehung in Sunrise (1927) (vgl. Murnaus
Homosexualität)
Caligari-Welt:
Bauten teilweise wie bei Das Cabinet des Dr. Caligari (1920) merkwürdig verzerrt, aber dreidimensional
Licht und Raum:
Kühne Lichteffekte setzen Forschung in Szene, Licht erzeugt Laborstimmung
Licht und Raum waren für Murnau die wesentlichsten Eigenschaften eines Filmbilds
Die Teufelsbeschwörung:
Bildgewaltig, voller Spezialeffekte
Berlin: Die Sinfonie der Großstadt
Walter Ruttmann , 1927 (IMDb )
2008_07_berlin__die_sinfonie_der_grossstadt.pdf
Der Regisseur
Geboren 1887 in Frankfurt am Main, gestorben 1941 in Berlin
Neben Hans Richter der bedeutendste Vertreter des deutschen abstrakten Experimentalfilms
Studierte ab 1907 Kunst und Architektur
Begann seine Filmkarriere mit experimentellen Kurzfilmen (Lichtspiel Opus I-IV)
War der Regisseur des ersten abendfüllenden deutschen Tonfilms: Deutscher Rundfunk (1928)
Passte sich ab 1933 den Konventionen der nationalsozialistisch geprägten Ufa an
Schuf zuletzt kurze Dokumentarfilme und nationalsozialistische Kriegspropaganda
Hintergrund
Experimenteller Dokumentarfilm mit mehr oder weniger versteckten Spielfilmanteilen
Filmhistorisch bedeutendstes Werk Ruttmanns
Dokumentiert einen Tagesablauf der Metropole Berlin in rhythmisch geschnittener Dynamik, die den Einfluss Sergei
Eisensteins und Dsiga Wertows erkennen lässt
Berlin erlebte in den 1920er Jahren einen industriellen Aufschwung, Aufbruchstimmung, Einflüsse der sich entwickelnden
Technik
Der Film gibt auch heute noch einen Einblick in die Lebens- und Arbeitsverhältnisse zu dieser Zeit
2002 kam als Reminiszenz und als Fortsetzung Thomas Schadts Film Berlin: Sinfonie einer Großstadt in die Kinos
Handlung
Der Film beginnt mit einer Bahnfahrt: Eine Dampflokomotive fährt durch Wiesen, Lauben- und Wohngebiete in die Stadt hinein, und
grenzt so das Umland von der Großstadt ab. Nach einem Schwenk über die Dächer Berlins zeigt der Film die Straßen der Stadt,
immer wieder unterbrochen von der Ansicht der Turmuhr des Berliner Rathauses. Langsam füllen sich die morgendlich leeren
Straßen mit Menschen auf dem Weg zur Arbeit. Immer schneller wird der Rhythmus der Stadt und des Films, und schneller auch
die Blenden von den Straßen zu Fabriken und in die Büros. Mit dem 12-Uhr-Glockenschlag fällt die Geschwindigkeit in sich
zusammen und beginnt sich aber am Nachmittag erneut zu beschleunigen. Erst zum Abend hin kehren Entspannung und langsam
Ruhe ein: Ruttman zeigt auch Freizeitaktivitäten am Wasser und im Park und abends in den Vergnügungsetablissements der Stadt,
bevor eine weitere Zugfahrt den Abschluss bildet.
(Quelle: Wikipedia )
Stil
Darstellung der Stadt als Protagonist, als lebender Organismus
Selbstmordszene fällt deutlich aus dokumentarischem Rahmen heraus
Grundmodell des 19. Jahrhunderts: die Großstadt als etwas Negatives, Leute vom Lande, die in der Großstadt unter die
Räder kommen, vgl. Romane von Charles Dickens , Romane der Viktorianischen Zeit
Analogie zu einer Sinfonie wird durch musikalische Untermalung und Filmschnitt unterstrichen
Filmbild taktgenau zur Musik geschnitten
Viele kurze Schnitte, um die Lebendigkeit und Hektik der Stadt zu versinnbildlichen
Asphalt
Joe May , 1929 (IMDb )
2008_08_asphalt.pdf
Der Regisseur
War österreichischer Filmregisseur und Produzent
Geboren 1880 in Wien als Julius Otto Mandl, gestorben 1954 in Hollywood
Gehört zu den Pionieren des deutschen Films
Hat seinen Künstlernamen vom Namen seiner Frau übernommen
Gründete 1914 seine eigene Produktionsfirma: May-Film
Begann seine Filmkarriere mit der Herstellung von Detektivserien
Brachte ab 1917 Fritz Lang und Thea von Harbou ins Filmgeschäft, die für seinen Monumentalfilmzweiteiler Das indische
Grabmal (1921) das Drehbuch schrieben
Emigrierte bei Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 nach London
Ging später nach Hollywood, wo er nur sehr schwer Fuß fassen konnte
Starb am Ende verarmt, aber nicht einsam
Hintergrund
Einer der letzten in Deutschland gedrehten Stummfilme
Eigentlich nur ein kleines Melodram mit belangloser Geschichte: Polizist verliebt sich in Kleinkriminelle
Rear Window
(Alfred Hitchcock , 1954):
Kamerafahrt aus Asphalt beeinflusste Hitchcock
Charakterisierung einer Figur mit Schwenk über Requisite, Ausstattung, Interieur
Handlung
Asphalt is set in Berlin. A well-dressed woman (Betty Amann) steals a precious stone from a jewellery shop. She tries to seduce
the policeman (Gustav Fröhlich) who catches her, and he gradually succumbs to her charms.
(Quelle: IMDb )
Stil
Enormer Aufwand: Straßenzüge in Studio nachgebaut, Häuser bis zum zweiten Stock, asphaltierte Straßenkreuzung
Insbesondere Anfangssequenz sehr aufwändig
Straßenasphalt als zentrales visuelles Motiv
Sehr schöne Kameraarbeit und Schnitt
Introduktion:
Dokumentarfilmartige Einführung in die Herstellung von Straßenasphalt
Ein Schwenk erzählt:
Charakterisierung einer Figur mit Schwenk über Requisite, Ausstattung, Interieur
vgl. La grande illusion
(1937) von Jean Renoir
und Hitchcocks Rear Window
Subjektivierung und Identifizierung:
Subjektiven aus Sicht des Polizisten und der Gaunerin
Blickachsen über Schnitt hinweg:
Achsensprungverbot eingesetzt mit Leuten, die gar nicht im gleichen Raum sind
(1954)
Die Büchse der Pandora
Georg Wilhelm Pabst , 1929 (IMDb )
2008_09_die_buechse_der_pandora.pdf
Der Regisseur
Geboren 1885 in Raudnitz, Böhmen, gestorben 1967 in Wien
Seine Arbeit fällt in den Höhepunkt der Stummfilmzeit, Mitte/Ende der 1920er Jahre, war damals gut im Geschäft, hat viele
Filme gemacht
Erster großer Erfolg mit Die freudlose Gasse (1925)
War einer der Hauptvertreter der Neuen Sachlichkeit im Film in Deutschland: hohes Maß an Nüchternheit gegenüber dem
Sujet , stilistisch Beobachtungsblick: Licht nicht mehr extrem kontrastreich, schlichte Einstellungen
Pabsts Filme sind eigentlich vorurteilsfrei: Urteil über Personen nur aufgrund ihrer Handlungen, nicht basierend darauf wer
sie sind/aus welcher sozialen Schicht sie kommen
Hat Übergang zum Tonfilm mitgemacht
War Kosmopolit, international angesehen, sprachbegabt
Hatte eine enorme Professionalität und Souveränität
Hatte nie diktatorische Züge sondern war damals schon ein "moderner" Regisseur, konnte (auch psychologisch) sehr gut mit
seinen Schauspielern umgehen, war zurückhaltend statt herschsüchtig
Hat häufig mit den gleichen Schauspielern gearbeitet, Ensemble-artig, feste Gruppe von Leuten
War ein Techniker mit enormem Wissen
War sehr experimentierfreudig, hat Entwicklungen der Filmgeschichte aufgegriffen und vorangetrieben
Späteres Werk: sprang ein paar mal ein, wenn bei einem Projekt der Regisseur "versagte"
Hat in Die weiße Hölle vom Piz Palü (1929) die Regie für die Spielszenen übernommen
Bewegungsschnitte:
Pabst war einer der Hauptentwickler des unsichbaren Bewegungsschnitts (später typischer Hollywoodschnitt)
Bewegung über Schnitt hinweg, Anschlussbewegung kaschiert Schnitt
Auch Bewegungsschnitt über Szenenwechsel hinweg, zusätzlich zu Schnitt innerhalb einer Szene und Schnitt in Subjektive
Verschattungen:
Lange Zeit Dogma in der Lichtsetzung: viel Licht auf Gesicht
Pabst experimentierte mit Verschattungen
Damals war ein Schatten auf dem Gesicht vor allem bei Frauen etwas Ungehöriges
Unschärfen:
Pabst setzte sehr gerne Unschärfe in Großaufnahmen ein
Effekt: anderer Eindruck von Personen, Personen lösen sich im Raum auf
Ganz kleiner Bereich von Schärfentiefe
Malerische Effekt, hat etwas Impressionistisches, Flächiges, Flammendes, Glühendes
Zensur:
Pabst hatte sehr stark mit der Zensur zu kämpfen
Selbstzensur der Produktionsfirma
1. Politische Zensur: Pabst hat politisch linke Themen und Sozialkritik in "normale" kommerzielle Produktionen eingebracht
2. Moralische Zensur: umstrittene Themen: Umgang der Geschlechter miteinander, Liebe mit Sexualität verbunden, Prostitution
"Der rote Pabst", "politische Pornos"
Pabst agiert in seiner Darstellung aber nicht als Bürgerschreck, sondern geht verantwortungsbewusst mit moralischen
Fragen um
Filme durch harte Zensur manchmal stark abgewandelt
Mittlerweile Versuche Originale zu rekonstruieren
Hintergrund
Beruht lose auf einem Drama von Frank Wedekind
Pabst holte die Hauptdarstellerin Louise Brooks nach Deutschland, nachdem er sie in A Girl in Every Port
gesehen hatte, quasi eine Pabst-Entdeckung für Europa
(1928)
Die Hauptfigur Lulu:
Eine Femme fatal , Männerprojektion, eine Frau, an der die Männer zerbrechen
Pabst lässt aber das Teuflische weg, und zeigt Lulu als kindlich naiv
Lesbische Beziehung zwischen Lulu und Gräfin Geschwitz (die Gräfin als außerordentlich aufopfernde, tragische Figur)
Die Liebe der Jeanne Ney
(1927):
Anfang: wenig Zwischentitel, Arbeit mit Spiegel
Der Spiegel: enorme Vielfalt, Variationen durch Arbeit mit Schärfe, Schärfeverlagerung, Unschärfe
Fahrten: Fahrten mit Kamera, Auto, Gegenschuss, Subjektive
Der Mord: expressionistischer Stil, wie eine Art Pantomime, sowjetische Art der Montage, fragmentierende Großaufnahmen,
weit aufgerissene Augen
Die Dreigroschenoper
(1931):
Interessante Auflösung der Lieder: immer mit fahrender Kamera, z.B. Kranfahrt, Minimum an Einstellungen
Westfront 1918
(1930):
Erster Tonfilm Pabsts
Sehr einfache Tontechnik: sehr große Mikrofone, keine Richtmikrofone, keine große Reichweite, nur eine Tonspur, Lichtton
direkt auf Film, keine Tonmischung, kein Playback
Pabst arbeitet aber trotzdem sehr komplex mit Ton, interessanter Umgang mit Ton
Schützengraben: dynamischer Unterschied zwischen Flüstern im Schützengraben und lauten Explosionen
Die Heimkehr: das Erkennen der Gründe ist wichtiger als das Urteilen über das Verhalten
Die Herrin von Atlantis
(1932):
Spielt in einer französischen Kolonie in Afrika, ist kein anti-kolonialistischer Film
Interessanterweise liegt Atlantis im Film in der Sahara
Hauptfigur ist Offizier der Fremdenlegion
Spiel mit Realität und Traum: desorientierende Schnitte, traumhafte Atmosphäre, Traum und Wirklichkeit nicht mehr zu
unterscheiden
Sparsame Arbeit mit Ton/Dialogen
Internationalität eines Films:
1. bei Stummfilmen einfach: Zwischentitel austauschen
2. bei Tonfilm schwieriger: entweder nachsynchronisieren oder in gleicher Kulisse mit verschiedensprachigen Teams oder
komplett neu drehen; Alternativ mehrere Sprachen gleichzeitig als dramaturgisches Element im Film (vgl. Kameradschaft
[1931]): Kommunikationsschwierigkeiten, Realismus
Europäische Kopien (Szene für Szene) amerikanischer Filme und umgekehrt
Zum Teil Nonsense-Sprache, um Probleme der Internationalität zu umgehen (vgl. Charlie Chaplin )
Teilweise phonetisches Lernen anderer Sprachen: Englisch, Spanisch, Deutsch, ... (vgl. Buster Keaton )
Die Herrin von Atlantis wurde zweisprachig gedreht, französische Fassung: L'Atlantide
Handlung
Lulu ist ein junges, sehr gut aussehendes Showgirl, in das sich fast alle Männer (und auch Frauen) verlieben und an ihr zu Grunde
gehen. Dr. Schön ist ein wohlhabender, einflussreicher Zeitungsbesitzer, der auch den Reizen von Lulu erliegt, die er aber aus
gesellschaftlichen Gründen nicht heiraten kann. Stattdessen will er eine andere Frau heiraten. Durch einen von Lulu inszenierten
Skandal kommt es aber nicht zu dieser Heirat und Dr. Schön ehelicht Lulu. Schon in der Hochzeitsnacht kommt es zu einem
Handgemenge, in deren Verlauf Dr. Schön erschossen wird. Lulu kommt vor Gericht und wird des Totschlages für schuldig
gesprochen, kann aber aus dem Gerichtssaal fliehen und setzt eine Liebesaffäre mit dem Sohn von Dr. Schön fort. Beide flüchten
sie vor der Polizei, werden aber immer wieder erpresst und landen schließlich in London, wo Lulu am Schluss des Filmes Opfer
eines Frauenmörders wird.
(Quelle: Wikipedia )
Stil
Low-key-Lichtsetzung: hartes Licht, dunkle Schatten (Ursprung im deutschen Expressionismus)
Kombination von Low-key-Licht mit schmalem Schärfebereich, geringe Schärfentiefe, erzeugt weiche fließende Konturen
Spannung durch viele Rückenansichten und starke Unschärfen
Kühle geometrische Dekors mit großen Fenstern
Lulus Tanz:
Kontraste:
1. Tanz des Chorus Girls (Chorus Line) gegenüber zerlumpten Vater
2. Mundharmonika als Musikinstrument statt Orchester
Lulus Erotik:
Wutanfall hinter der Bühne in spärlicher Bekleidung
Kontrastiert mit zugeknöpftem Dr. Schön
Einzige Szene, in der Lulu etwas Diabolisches hat: der Sieg über ihre Nebenbuhlerin
Jack the Ripper:
Pabst hatte den Darsteller so ausgesucht, dass Brooks ihn auch privat attraktiv fand; so musste sie ihre Zuneigung ihm
gegenüber nicht spielen
Lulus Tod:
Sentimentalität in der Darstellung (Licht erlöscht, wie Lebenslicht, Mistelzweig als Heiligenzeichen) als Gegenpol zur
Brutalität der Handlung
Lulu kurz vor dem Mord mit geschlossenen Augen, wie eine Einverständniserklärung zu ihrem eigenen Tod
Kameradschaft
Georg Wilhelm Pabst , 1931 (IMDb )
Der Regisseur
siehe Die Büchse der Pandora (1929)
Hintergrund
Eines der bedeutendsten Werke des frühen deutschen Tonfilms
Politischer Bergarbeiterfilm
Deutsch-französische Koproduktion
Lief in Frankreich unter dem Titel La Tragédie de la mine in den Kinos
Basiert auf einer wahren Begebenheit, die sich bei einem Unglück 1906 im Bergwerk von Courrières ereignete
Ein Aufruf zur internationalen Solidarität und zur deutsch-französischen Aussöhnung
Kein einzelner Held, sondern das Kollektiv zentral (vgl. politische Haltung von Pabst: links/sozialistisch, "der rote Pabst")
War kommerziell nicht erfolgreich, spielte nur etwa ein Drittel seiner Produktionskosten wieder ein
Handlung
Im Bergbaugebiet an der deutsch-französischen Grenze ist das zwischenmenschliche Klima über zehn Jahren nach dem Ersten
Weltkrieg noch immer vergiftet. Die Kinder der deutschen und französischen Zollbeamten spielen zwar gemeinsam Murmel, doch
bei der Entscheidung, wer beim Spiel gewonnen hat, kommt es wie bei den Erwachsenen zum Streit. Kasper geht mit seinen
Freunden am Wochenende über die Grenze, um sich in einer französischen Kneipe zu amüsieren, doch nicht nur die
unterschiedliche Sprache führt zu Missverständnissen, die Feindschaft ist ständig spürbar.
Am nächsten Tag kommt es in der französischen Zeche Thibault zu einem schweren Grubenunglück. Mehr als 600 Bergleute
werden verschüttet. Auf der deutschen Seite kehren die Bergleute gerade von der Frühschicht zurück aus der Grube, als sie von
dem Unglück erfahren. Wittkopp kann die deutschen Kumpels davon überzeugen, dass sie solidarisch mit den französischen
Kumpels sein müssen. Er stellt einen Rettungstrupp zusammen und erhält die Erlaubnis von der Direktion nach Frankreich zu
fahren, um dort zu helfen. Unter dem Kommando des Obersteigers fahren sie mit ihren LKWs über die Grenze und lassen sich
auch von den Zollbeamten, die zu spät informiert wurden, nicht aufhalten.
Kasper beginnt zur gleichen Zeit mit seinen Freunden die Spätschicht und fährt unter Tage. Sein Freund Wilderer war tagszuvor
noch von dem französischen Mädchen Françoise beim Tanz abgewiesen worden und ist nicht gut auf die Franzosen zu sprechen.
Als Kasper jedoch seinen Arbeitsplatz unter Tage verlässt und in den Stollen den Weg Richtung französische Grenze sucht, folgt
ihm auch Wilderer. Sie reißen das Grenzgitter nieder und können den Großvater Jacques retten, der seinen Enkel zuvor
aufgefunden hat. Sie halten sich in einem Stall für die Grubenpferde auf, als dieser Stollen zusammenbricht. Nun ist auch Kasper
mit seinen Freunden verschüttet. Die Rettungsarbeiten wurden inzwischen beendet. Da niemand von Kasper weiß, werden sie nur
durch einen Zufall per Grubentelefon entdeckt und auch gerettet. Die Rettungsaktionen enden mit einem Verbrüderungsfest der
französischen und deutschen Kumpels. Sie verstehen zwar immer noch nicht die Sprache des anderen, doch sind sie sich ihrer
Gemeinsamkeit als Bergleute bewusst und versprechen sich auch für die Zukunft zusammenzuhalten und sich nicht wieder von
den Politikern in einen neuen Krieg zwischen Deutschland und Frankreich hetzen zu lassen. Die Zollbeamten reparieren dagegen
das eingerissene Grenzgitter unter Tage.
(Quelle: Wikipedia )
Stil
In dokumentarischem Stil gehalten
Gleichermaßen virtuose wie realistische Aufnahmen der Arbeitsbedingungen unter Tage
Kombination von Expressionismus und Realismus
Bilingual gedreht: Sprachbarriere, Kommunikationsschwierigkeiten, Missverständnisse als Thema; Realismus
Unterirdische Grenze zwischen Deutschland und Frankreich wird im Film bei den Rettungsmaßnahmen durchbrochen, am
Ende aber wiederhergestellt: Kameradschaft unter Bergarbeitern/Völkerverständigung im Kleinen, aber kein großer
Durchbruch
In Kritiken wird meist die Bild- und Lichtgestaltung sowie das Szenenbild im Hinblick auf den Realismus lobend
hervorgehoben
Links
Drehbuch zum Kaufen und Hintergrundinformationen bei FILMtext
M – Eine Stadt sucht einen Mörder
Fritz Lang , 1931 (IMDb )
2008_11_m.pdf
Der Regisseur
War Sohn eines Architekten, hat Architektur und Malerei studiert, hatte eigenes Haus im Bauhausstil
Durchbruch mit Dr. Mabuse, der Spieler (1922)
Sein Schaffen war voller Stilwechsel, angepasst an Zeitgeist, trotzdem Kontinuität in bestimmten Details/Einstellungen
War beeinflusst durch zeitgenössische Filme und Filmemacher
Seine Filme erzählen zumeist utopische und fantastische Geschichten, die in einer expressiv düsteren Atmosphäre inszeniert
werden
Hat den filmischen Raum immer sehr gut genutzt/erfasst, Geometrisierung
Sein Bildaufbau war inspiriert von Caspar David Friedrich
Hatte am Set diktatorische Züge
Hat angeblich von Goebbels die Leitung des Deutschen Films angeboten bekommen
War mit Thea von Harbou verheiratet, die bis 1933 für viele seiner Filme die Drehbücher schrieb; Harbou wurde später
Mitglied der NSDAP, unterstützte nationalsozialistisches Gedankengut (mittelalterlich, rückständig, Blut-und-BodenIdeologie ), was sich teilweise auf die Drehbücher auswirkte
Floh 1933 vor den Nationalsozialisten nach Frankreich, und später in die USA
Ist in Amerika aktiver Antifaschist geworden
War in Hollywood dem Studiosystem untergeordnet, abhängig, was Auswirkungen auf seinen Stil hatte
Langs Aufwand:
Lang stand für ein Kino der Attraktionen, Spektakel, Ausstattungsorgien; hat aber auch weniger aufwändige Filme gemacht
Aufwand war wichtig, um international bestehen zu können
Produktionsfirma UFA hat Aufwand damals gebilligt, um internationalen Markt erobern zu können
Aufwand als Verkaufsargument
Hintergrund
Zählt zu den bedeutendsten Werken des deutschen Films
Treffendes Abbild der vom erstarkenden Nationalsozialismus in Frage gestellten Weimarer Republik
Erster Tonfilm Langs
Spielt in der Gegenwart
Handelt von einem triebhaften Kindermörder (Peter Lorre), der von krimineller Unterwelt und Polizei gleichsam, wenn auch
aus unterschiedlichsten Gründen, gejagt wird; quasi zwei Untersuchungsteams
Reale Fälle von Serienmördern dienten als Vorlage
Metropolis
(1927):
Einer der bekanntesten Science-Fiction-Filme der Filmgeschichte
Einer der visuell einflussreichsten Stummfilme
Behandelt Probleme der Gegenwart: enorme Arbeitslosigkeit, Konflikt zwischen Kapitalisten und Arbeitern
Merkwürdige Mischung aus Zukunft und Gothik
Das Testament des Dr. Mabuse
(1933):
Ohne weiteres als kritische Anspielung auf die Nationalsozialisten zu verstehen
Parolen und Glaubenssätze des heraufziehenden Dritten Reichs wurden den Verbrechern in den Mund gelegt
Dr. Mabuse als Spiegelbild Adolf Hitlers
Wurde von den Nationalsozialisten verboten
Fury
(1936):
Singende schwarze Frau symbolisiert Gefühle der Hauptfigur
Handlung
Ein unbekannter Kindermörder versetzt die Bewohner Berlins in Schrecken und Hysterie, so dass Polizei und Unterwelt seine
Verfolgung aufnehmen. Er hat bereits mehrere Kinder umgebracht, auf Fahndungsplakaten ist eine Belohnung ausgesetzt.
Eine Mutter in einer Arbeiterwohnsiedlung wartet ungeduldig auf die Rückkehr ihrer Tochter aus der Schule, die sich aber von
einem nicht gezeigten Unbekannten mittels Süßigkeiten verschleppen lässt. Als man die Leiche findet, intensiviert die Polizei ihre
Anstrengungen, ohne eine vielversprechende Spur zu finden. Die polizeilichen Aktionen vermindern die Nervosität der Bevölkerung
nicht, zumal sie wirkungslos bleiben. Die Bürger steigern sich in gegenseitige Verdächtigungen und anonyme Anzeigen, was die
Anspannung und Übermüdung der Polizeibeamten weiter verschlimmert.
Die ständigen Razzien und Kontrollen behindern aber die kriminellen Banden bei ihrem „Geschäft“. Daher beschließen sie unter
Führung des Schränkers, selbst nach dem Mörder zu suchen, und spannen dafür auch das Netz der Bettler ein. Der Mörder wird
von einem blinden Ballonverkäufer erkannt, auf dessen Hinweis hin von einem "Kollegen" mit einem „M“ auf dem Mantel markiert
und flüchtet in ein Bürogebäude, das die Kriminellen umstellen. Unter Einsatz von Einbruchswerkzeug durchsuchen sie das Haus
und bringen den gefangenen Kindermörder in eine stillgelegte Fabrik. Dort ist die gesamte Halb- und Unterwelt versammelt und
macht ihm einen makabren Prozess. Dabei drückt er verzweifelt seine Selbstentfremdung und innere Spaltung aus:
„Immer muss ich durch Straßen gehen, und immer spür ich, es ist einer hinter mir her. Das bin ich selber! (…) Manchmal ist mir,
als ob ich selbst hinter mir herliefe! Ich will davon, vor mir selber davonlaufen, aber ich kann nicht! Kann mir nicht entkommen! (…)
Wenn ich's tue, dann weiß ich von nichts mehr… Dann stehe ich vor einem Plakat und lese, was ich getan habe, und lese. Das
habe ich getan?“
Kriminalkommissar Lohmann erreicht den Ort in letzter Minute und verhindert, dass das Tribunal den Mörder lyncht. Allerdings wird
er dann von einem Gericht für schuldig befunden und zum Tode verurteilt, die Vollstreckung selbst wird aber nicht gezeigt. In der
im Jahre 2002 überarbeiteten Fassung ist das Urteil nicht zu sehen. Der Film endet mit einer Einstellung der Mutter vom Anfang
des Films, die sagt, dies bringe ihr ihre Tochter auch nicht zurück und man müsse einfach besser auf die Kinder aufpassen.
(Quelle: Wikipedia )
Stil
Fast dokumentarisch, präzise beobachtend
Dokumentation der Forschungsarbeit der Polizei wird sehr stark ausgebreitet
Peer Gynt :
Extrem dramaturgische Funktion (vgl. Mundharmonika in Once Upon the Time in the West
Musikalisches Leitmotiv des Mörders
[1968])
Tonfilm:
Lang schöpft die Möglichkeiten des Tonfilms voll aus
Ton traditionell meist zur Verstärkung von Emotionen und Spannung eingesetzt
In M keine Filmmusik, sondern immer Musik die aus der Szene selbst kommt, Musik als natürlicher Teil der Szene
Ton/Dialog über Schnitt hinweg: Ortswechsel im Ton vor dem Bild
"Subjektiver Ton": die falsch klingende Drehorgel wird durch einen schönen Klang übertönt, als der Bettler sich die Ohren
zuhält; er hört die schöne Musik im Kopf
Eine Person liest einen Bericht, wir sehen das Geschehene, der Sprecher kommentiert ab hier nur noch das Bild
Peter Lorre :
War bereits ein bekannter Theaterdarsteller, aber noch nicht beim Film etabliert
Spiel in M stark vom expressionistischem Kino beeinflusst
Ironie: eigentlich abstoßender Kindsmörder, aber trotzdem Empathie gegenüber der Figur
Symbolik:
Symbolik zum Auslagern/Darstellen der inneren Gedanken und Gefühle
Z.B. Schaufenster als Fenster in die Seele des Mörders
Im Schaufenster spiegeln sich Messer oder drehende Kreise, dahinter steht ein Mädchen, von diesen Messern eingerahmt
Polizei = Ganoven:
Grenzen zwischen Polizei und Ganoven sind fließend
Ironie: Ganovenarbeit und Polizeiarbeit wie spiegelbildlich
Format:
Frühes Tonfilmformat, fast quadratisch
Horizontale und Vertikale gleichermaßen betont
Bronenosets Potyomkin
(Panzerkreuzer Potemkin)
Sergei Eisenstein , 1925 (IMDb )
2008_12_bronenosets_potyomkin.pdf
Der Regisseur
Gilt, obwohl in schwierigen Zeiten tätig, theoretisch wie handwerklich (insbesondere durch seine innovative Montagetechnik)
als einer der größten Regisseure und Visionäre der Filmgeschichte
War außerordentlich breit gebildet, vielleicht sogar Universalgenie, hat z.B. mehr als sechs Sprachen fließend gesprochen
Doppelbegabung: war nicht nur ein großer Filmemacher, sondern auch ein bedeutender Filmtheoretiker
Synthese von Theorie und Praxis wie bei keinem anderen
Hat auf wissenschaftlich höchstem Niveau über Film nachgedacht und geschrieben
Hat auch internationale Entwicklungen der Filmgeschichte verfolgt, z.B. insbesondere auch die japanische Filmkultur
Hat auch deswegen sehr viel geschrieben weil er aus ideologischen Zwängen immer wieder am Filmemachen gehindert
wurde
Hat theoretischer Konzepte auf eigene Filme angewandt
Hat am Anfang keine einzelnen Helden gezeigt, sondern Kollektive; schauspielerische Leistungen treten in den Hintergrund
Zentrale Fragen für Eisenstein:
Was ist das Filmische?
Worin unterscheidet sich der Film von den anderen Künsten?
Welche Wege gibt es, um Energien freizusetzen, die andere Kunstformen nicht erreichen können?
Eisensteins Antwort: "Film ist Montage": für ihn war die Montage das wichtigste beim Film
Hintergrund
Wird oft als einer der einflussreichsten Filme aller Zeiten bezeichnet
Lehnt sich sehr frei an die tatsächlichen Ereignisse des russischen Revolutionsjahres 1905 an: der Meuterei der Besatzung
des russischen Kriegsschiffs Knjas Potjomkin Tawritscheski gegen deren zaristische Offiziere
Fand beim russischen Publikum großen Anklang
Einteilung in fünf Akte (siehe Handlung)
Eisenstein testete im Film seine Theorien der Filmmontage
Sowjetische Montage:
Fragmentierung durch sehr schnelle Schnitte, die dem Zuschauer fast den Atem rauben, bis hin zu Einzelbildern (vgl.
Eisensteins Oktober [1927])
Fragmente des Lebens, die für die Leinwand wieder neu zusammengesetzt werden
Montage muss nicht unsichtbar sein, sondern kann "körperlich gespürt" werden
Kollision beim Schnitt erwünscht, wie ein elektrischer Schock für den Zuschauer
Verdoppellungen durch technische Unvollkommenheit (schlechte Schnitttechnik) werden bei Eisenstein absichtlich als
Stilmittel eingesetzt
Intellektuelle Montage:
Film wie ein wissenschaftliches Experiment: Leinwandgeschehen soll so unmittelbar wie möglich im Gehirn der Zuschauer
eine Wirkung entfalten
Bilder sollen im Zuschauer voraussehbare Assoziationen auslösen:
1. Filmemacher sendet bestimmte Signale aus, ist sozusagen Stichwortgeber
2. Bilder sollen im Zuschauer einen Film anstoßen, den Film im Kopf des Zuschauers entstehen lassen
Sätze/Gedanken sichtbar machen/vervollständigen durch das Bilden von Sätzen mit Bildern
Statt Manipulation der Emotionen der Zuschauer Manipulation des Intellekts der Zuschauer
Funktioniert so nicht wirklich, aber ist schöner Gedanke
Problem: Manipulation der Zuschauer wird zum Politikum (vgl. Gesellschaftsmodell der damaligen Sowjetunion)
Montage-Beispiele:
Montage des Schocks (in Streik [1925]): Gemetzel der Soldaten an den fliehenden, streikenden Menschen wird parallel
gezeigt zu Szenen aus Schlachthaus
Parallelmontage: künstliche Bearbeitung durch eine Mähmaschine und natürliche Bearbeitung durch ein Tier (Heuschrecke)
Gleichsetzung: Milchseparator und Wasserfälle
Konfliktprinzip: neuer Traktor gegenüber altem Ochsengespann
Begattung einer Kuh wird montagetechnisch abgefeiert: riesiger Stier im Vordergrund, kleine Kuh im Hintergrund, Subjektive
aus Sicht des Stiers, Blick auf Kuh
Maschinengewehrfeuer in Oktober (1927): Einzelbilder zusammengeschnitten, um akustisches Signal zu symbolisieren
Lenins Einstellung zum Film:
Auch einfachste Leute sind durch das Medium Film erreichbar
1. Keine kulturelle Vorbildung nötig
2. Man muss nicht lesen und schreiben können
3. Bewegte Bilder an sich sind schon Faszination genug
Film als das ideale Propagandawerkzeug
Handlung
1. Akt: "Männer und Maden": Aufgrund des faulen Fleisches, welches die Matrosen zu essen bekommen sollen, kommt es zu
Unmut unter den Matrosen der Potemkin. Die Matrosen rühren die Suppe nicht an.
2. Akt: "Drama am Hafen": Der Kapitän beschließt, ein Exempel zu statuieren und einige Matrosen erschießen zu lassen.
Nachdem sich die Wache mit den Matrosen solidarisiert, kommt es zum Aufstand und die Matrosen übernehmen die Potemkin.
Einer der Anführer, Vakulencuk, wird dabei getötet.
3. Akt: "Ein toter Mann fordert Gerechtigkeit": Die Menschen von Odessa trauern um den in einem Zelt aufgebahrten
Vakulencuk und solidarisieren sich mit den Matrosen.
4. Akt: "Die Hafentreppe von Odessa": Die zaristischen Kosaken beginnen auf die der Potemkin zuwinkende und auf der Treppe
versammelte Menschenmenge zu schießen. Es bricht Panik aus und die Menschen beginnen zu fliehen.
5. Akt: "Die Begegnung mit der Flotte": Die Matrosen beraten, ob sie landen, um der Bevölkerung von Odessa zu helfen, doch
da bereits ein Admiralsgeschwader gegen sie unterwegs ist, beschließen sie diesem entgegenzuziehen. Beim Aufeinandertreffen
der Potemkin und des Admiralsgeschwaders kommt es zur Verbrüderung zwischen den Matrosen der Potemkin und denen des
Admiralsgeschwaders und die Potemkin kann in offene Gewässer fahren.
(Quelle: Wikipedia )
Stil
Absichtlich im Stil kommunistischer Propaganda gehalten
Hoher Stellenwert von Bildsprache und Bildschnitt, Erzählung weniger wichtig
Vom Stil her eher eine Chronik oder Wochenschau als ein erzählender Spielfilm
Sowjetische Montage (siehe oben)
Stereotypisierung der Personen: Matrosen, Leutnant etc., aber keine Individualisierung der Charaktere
Der erwachende Löwe:
Durch schnelle Schnitte geraten statische Objekte in Bewegung
Steinerne Löwen werden zum Leben erweckt: drei Löwen in unterschiedlichen Posen, kurz hintereinandergeschnitten
Symbolik: die Stadt wird angegriffen und auch eigentlich leblose Objekte werden aufgeschreckt
Die Odessatreppe:
Massaker als Aufforderung zur Revolution
Szene ist etwa 7 Minuten lang
Echte Treppe in Odessa ist nicht so lang dass man 7 Minuten brauchen würde um sie herunterzugehen/herunterzulaufen
Wichtigste Elemente:
Treppe als einzelner Ort, geometrisch, abstrakter Raum, instabiler Ort, Dynamik der Diagonalen
Zwei Gruppen von Menschen treffen aufeinander:
1. Volk: Masse, Gruppen, Einzelschicksale (z.B. Mutter mit Kind, Vater mit Kind), Beobachter
2. Militär: Musketiere, Kosakken
Gruppe der Beobachter steht stellvertretend für uns als Zuschauer: alte Frau mit Brille, Mann im Spiegel
Individualisierung gegenüber Anonymisierung: aus der Anonymität der Masse ragen einzelne Gruppen oder Personen
heraus; ganz besondere Hervorhebung von Mutter und Kind
Chaos gegen Ordnung: chaotische Menschenmenge/großes Durcheinander des Volkes gegenüber mechanisierten Wellen
von Soldaten
Emotionalisierende Objekte: sterbender Schwan auf Gürtelschnalle, rollender Kinderwagen, Beobachter im Spiegel
Aufbau der Szene in Sequenzen:
1. Schuss, Treffen der ersten Person, gleiche Einstellung, Zeitsprünge; durch die direkten Blenden wird der Eindruck
gewonnen, dass die Frau mehrmals und auf unterschiedliche Weise getroffen wurde
2. Erste Fluchteinstellung, wobei die Blende durch den bildfüllenden Schirm verursacht wird; ebenso wechseln die Bildelemente
von Linien zum Kreis
3. Ein Beispiel für die Komposition der Laufrichtungen
4. Komposition der zu sehenden Gruppen
5. Kindessequenz: ständiger Wechsel zwischen Einzelschicksal und Massenflucht
6. "Bitt-Sequenz": von der Totalen zur Großaufnahme, wie Wellen sich bewegende Personen, alte Frau wie Leuchtturm im
Sturm
7. Erschießung: Spiel mit Licht und Schatten sowie Linien; ebenso wird Stillstand zur Bewegung
8. Kinderwagen: Einführung durch Reiter; parallel dazu: alter Mann will seine Ehefrau hochheben
Zweites Auftauchen einer Mutter mit Kind analog zum ersten, aber sehr viel individualisierter zugeschnitten
Richtungswechsel:
Kamerafahrten
Richtungskonstanz bis Halt, dann Drehung
Gegenbewegung
Arbeit mit Zeit:
Zeitmanipulation: Zeitlupen, Wiederholungen, Details, Überlagerungen, gleichzeitig Zeitraffer und Zeitdehnungen
Zeitraffer durch schnelle Schnitte
Zeitdehnung durch verlangsamte Bewegung der Darsteller, z.B. beim Tod der Frau im zweiten Teil
Esstische:
Schwingende Esstische an Bord des Panzerkreuzers
Der Teller:
Zerschmeißen eines Tellers in 7 Einstellungen
Dabei verschiedene Bewegungen des Schauspielers
Die Aufbahrung:
Elegische Montage
Architektur der Massen:
Masse/Kollektiv als Hauptperson
Enormer Aufwand, war möglich weil Staatsauftrag
Zemlya
(Erde)
Olexandr Dowschenko , 1930 (IMDb )
2008_13_zemlya.pdf
Der Regisseur
Geboren 1894 in Sosnyzja, Ukraine, gestorben 1956 in Moskau
Gilt neben Sergei Eisenstein und Wsewolod Pudowkin als einer der wichtigsten Regisseure des frühen sowjetischen
Films
War das siebte von 14 Kindern seiner ungebildeten Eltern (konnten weder lesen noch schreiben); war aufgrund der hohen
Kindersterblichkeit mit elf Jahren dann das älteste
Wolle erst Maler werden, war dann Karikaturist, machte auch Collagetechniken im Stile George Grosz
Ging 1926 nach Odessa; im selben Jahr erste Regiearbeit
Hat wenige Filme gedreht, zu Beginn kurze Slapstickfilme
Sein bekanntestes Werk ist die "Ukraine-Trilogie" von Revolutionsfilmen , zu der auch Erde gehört (siehe Hintergrund)
Wurde von Eisenstein gefördert
Dowschenkos Themen:
Filme spielen aufgrund seiner Herkunft meist in der Ukraine
Aufbruchstimmung in eine neue Zeit: politisches Bekenntnis und Verankerung in ukrainischer Volks-/Bauernkultur
Politische Propagandafilme, gekoppelt mit altem Volksglauben/Aberglauben
Bezug auf Märchen, Legenden der Landesbevölkerung
Seine Filme wirken deshalb sowohl rätselhaft als auch poetisch, merkwürdige Art von politischer Poetik
Dowschenkos Poesie:
Statt Antworten werden Situationen gezeigt
Man kann sich in Ruhe einlassen
Sequenzen stehen für sich und müssen vom Zuschauer entschlüsselt werden
Dowschenkos Assoziationsmontage:
Besondere Art der Montage
Weniger wissenschaftlich als bei Eisenstein
Sehr geheimnisvolle Assoziationsabsicht
Enorme Poesie, große Schönheit
Sich treiben lassen vom Klang der Bilder
Dowschenkos Auslassungen:
Typisch für Dowschenko: ganz wichtige Momente werden ausgelassen
Lücken in der Erzählung, die der Zuschauer aktiv füllen muss
Beispiel: Erschießung im Krieg in Arsenal (1928) (siehe unten)
Hintergrund
Einer der bekanntesten Stummfilme der UdSSR
Teil 3 von Dowschenkos "Ukraine-Trilogie": 1. Teil: Der verzauberte Wald (1928), 2. Teil: Arsenal (1928)
Entstand im historischen Kontext des ersten Fünf-Jahres-Plans
Musste um vier Szenen gekürzt werden, die von den sowjetischen Zensurbehörden als zu freizügig angesehen wurden
Leider ist keine gute Kopie des Films erhalten geblieben
Arsenal
(1928):
Antikriegsfilm gegen die Absurdität des Krieges, sollte eigentlich ein kriegsverherrlichender Film werden; endet mit einer
Niederlage
Poetischer als Eisensteins intellektuelle Montage, da hier größere Freiheit über den Krieg nachzudenken als in einer klar
strukturierten Bilderfolge; polycodierte Bilder, mehrschichtig
Mehrschichtigkeit durch Nebeneinandersetzen/Aufeinanderprallen unterschiedlicher Dinge in der Montage
Lachgas:
Vorgeführter Einsatz von Lachgas: Soldaten lachen sich tot
Lachen im Krieg:
1. Lachhafte Situation
2. Wahnsinniges Lachen über die Verrücktheit des Krieges
Erschießung im Krieg:
Duell: Arbeiter gegen Bürger
Sehr stilisierte Szene: Silhouette, Scherenschnitt-artig
Der dramatische Moment wird übersprungen, die Erschießung ins Off gelegt
Rückkehr aus dem Krieg:
Die Männer kehren aus dem Krieg zurück, ihre Frauen haben Kinder gekriegt, doch die Frage "Wer?" bleibt unbeantwortet
Drei Tableaus, die sich ähneln: drei Frauen verschiedener Nationen haben Kinder: Frauen werden als leidende Figuren
dargestellt, die russische Frau als Madonna mit Kind
Somit ergreift der Film Partei für die Frauen, jedoch keine vorgeformte Antwort
Eigene Erläuterung dazu: Dowschenko gibt den Frauen ein Forum, in dem er die heimkehrenden Männer zuhause das
vorfinden lässt, was sie in einem anderen Land angerichtet haben: Kinder als Produkte von Kriegsvergewaltigung
Tagebuch des Zaren:
Spannungsverhältnis in der Szene baut sich durch Parallelmontage auf
Frau bricht auf Feld zusammen – Zar schreibt ins Tagebuch, er habe eine Krähe erschossen – Frau liegt gekrümmt auf dem
Feld
Metaphorische Beziehung zwischen verhungernder Frau und Krähe
Blicke beziehen sich auf nachfolgende Bilder: Zar blickt geschockt, als in der anderen Einstellung die Frau stirbt
Sprechende Pferde:
Sehr langsamer Montagefluss, Platz zum Nachdenken: Männer mit Amputationen, abgemagerte Menschen und Tiere
Parallelmontage: hungernde Kinder und Pferd werden verprügelt
Pferd kann sprechen und sagt: "Du schlägst den Falschen"
Ebenso antwortende Pferde beim Transport einer prominenten Leiche
Ausbruch der Revolution:
Ein alter Mann schaut sich verängstigt um, Kamera kommt via Jump Cuts immer näher ans Gesicht
Montage wird durch Jump Cuts bewusst gemacht
Revolution bricht metaphorisch über Nebenschauplätzen aus
Sehr verschlüsselt dargestellt, Herausforderung für Zuschauer
Der Schrecken findet in einer gutbürgerlichen Wohnung statt
Zweikampf:
Das Erschießen findet abermals im Off statt
Klassische Parallelmontage: Kampf: Soldaten, etc. ziehen in die Städte = Kampfszene; hier kleine Situationen
hineinprojeziert; der Kampf als Sonderfall
Die Parallelmontage schürt die Erwartungen, doch beide Szenen stehen unabhängig voneinander
Figuren werden wie Skulpturen benutzt/inszeniert
Menschen als Statuen:
Wie surrealistisches Gemälde inszeniert, kryptisch erzählt
Zeigt die Bürger zwischen den Fronten: die Wartenden werden letztlich erschossen
Sehr verschlüsselte Botschaft
Der Brief:
Frau liest Brief ans Publikum vor
Hier stellt sich unterschwellig die Suggestivfrage: Darf man das?
Handlung
Erde erzählt von der Umgestaltung der sowjetischen Ukraine, vom Gegensatz zwischen der alten Welt der Großgrundgrundbesitzer,
der Kulaken , und der neuen kommunistischen Jugend. Die Handlung findet in einem kleinen ukrainischen Dorf statt, in dem man
ungeduldig auf einen Traktor wartet, der der dortigen Kolchose vom Stadtbezirkskomitee versprochen wurde. Als der Traktor
endlich da ist, kommt es zum Konflikt: Als der junge Traktorist Wassili wagt, die Grenzsteine umzupflügen, die bis dahin die Felder
der Großgrundbesitzer markierten, wird er von einem Kulaken erschossen.
(Quelle: Wikipedia )
Stil
Traktor als zentrales Element, als Lösung aller Probleme (im sowjetischen Film sehr verbreitet)
Sehr starker Fokus auf ukrainischer Bauernart und Folklore
Langsames, breites Erzähltempo
Oft Echos/Spiegel von Ereignissen im Film, gleich einem Refrain (unterstreicht die Poesie Dowschenkos)
Graphische Einstellungen: tiefer Horizont, oft Silhouetten
Neu im sowjetischen Kino: Kontrastmontage Herrschende/leidendes Volk
Der Mord:
Sehr kryptisch erzählt: Mann tanzt durch den Staub der Straßen und wird auf Feldweg erschossen
Metapher ukrainischer Mythen: Toter vor einem Sonnenblumenbeet
Basils Begräbnis:
Die Bilderflut ist nur zum Teil entschlüsselbar
Die Montage arbeitet mit Assoziationen, folkloristischer Symbolik; doch die Bilder haben ihre eigene Kraft und müssen nicht
unbedingt verstanden werden
Vieles bleibt unklar, lässt sich aber irgendwo aufklären im Konstrukt des Beziehungsgeflechts
1. Basil: Erschossene Person am Sonnenblumenfeld
2. Trauerzug, der singt
3.
4.
5.
6.
Figur, die rennt und den Kopf in die Erde steckt; er ist der Mörder
Pfarrer, der in der Kirche gegen die politische Bewegung betet
Eine nackte Frau, die nach Basil ruft (sexueller Notstand)
Eine schwangere Frau, die Leben und Tod symbolisiert, Zyklus der Natur
Der Tod des Großvaters:
Der Tod wird als etwas Natürliches gezeigt, das mit Humor zu nehmen ist
Kurz vor dem Tod will der Großvater noch einen Apfel essen
Mit dem Großvater stirbt die Natur, die Äpfel verdorren, aber auch Aufblühen
Wie eine Art Einverständnis mit dem Sterben
Eine fröhliche, leichte, optimistische Sterbeszene
Sterben als Neubeginn, zukunftsgerichtet, Aufbau einer neuen Gesellschaft
Situationen aus dem Leben werden genommen und ein anderer, ungewohnter Blick draufgeworfen
Paare:
Paare schauen sich den Mond an, Mann greift Frau an die Brust; alles Regungen der Natur
Arbeitsmontage:
Lyrische, abstrakte Bilder
Arbeitsvorgänge: er macht sich lustig über Maschinen
Potomok Chingis-Khana
(Sturm über Asien)
Wsewolod Pudowkin , 1928 (IMDb )
2008_14_potomok_chingis-khana.pdf
Der Regisseur
Geboren 1893 in Pensa, Russland, gestorben 1953 in Riga
Sowjetischer Regisseur, Drehbuchautor Montagetheoretiker und Schauspieler
Hat in Moskau Chemie studiert
Hat Handbücher für die Praxis geschrieben, wie "Kochbücher", und auch kleinere Fachartikel zu Filmtechnik, Schauspiel,
Montage; wichtigstes Werk: Über die Filmtechnik, 1929
Hat auch über den Tonfilm reflektiert; radikale Antwort auf Tonfilm: Tonschnitt wie Bildschnitt, harte Schnitte
Hat ganz anderes Verhältnis zu Schauspielern als Sergei Eisenstein : war selbst Schauspieler, ist selbst immer wieder in
Filmen aufgetreten; spielte z.B. in Eisensteins Ivan Grozny (1944) den Nikola
Hintergrund
Teil 3 von Pudowkins "Revolutions-Trilogie": 1. Teil: Mutter (1926), 2. Teil: Das Ende von St. Petersburg (1927)
Thema sind indirekt die Oktoberrevolution und der Russische Bürgerkrieg
Pudowkins Revolutionsfilme sind nicht wie bei Eisenstein auf das Kollektiv fokussiert, sondern eher episch, voll Pathos und
auf Einzelschicksale konzentriert
Das Ende von St. Petersburg
(1927):
Hochinteressante Variante der Parallelmontage als Modell
Nicht auf Spannung abzielend, auch keine Metapher, sondern politische Aussage
Szenenbeispiel "Börse und Krieg": Parallelmontage von Börsengewinnern und sterbenden Soldaten verdeutlicht
Zusammenhang zwischen Börse und Krieg
Bildmetaphern: durch Kartierung des Bildes z.B. Köpfe abgeschnitten, so dass nur Körper zu sehen sind; das "Kochen der
Arbeiter vor Wut" mit Nebel und Maschinen
Stadtimpressionen: inspiriert von der russischen Fotographie wählte Pudowkin ungewöhnliche Bildausschnitte
Der Deserteur
(1933):
Erster Tonfilm Pudowkins
Außerordentlich modern klingender Tonschnitt
Stille und Ton: wenn niemand spricht herrscht Stille
Ton/Bild-Experiment: zum Teil Einzelbildschnitte/dokumentarisch/rhythmisch
Der Polizist als Dirigent: er lenkt die Autos im Rhythmus der Musik, unterbrochen durch harte Schnitte; Ironie
Eine Vision: Unschärfen; hell/dunkel; eine Frau singt ein Kampflied und durch die Auflösung wird klar, dass es sich um die
Nachbarin handelt
Handlung
In 1918 a young and simple Mongol herdsman and trapper is cheated out of a valuable fox fur by a European capitalist fur trader.
Ostracized from the trading post, he escapes to the hills after brawling with the trader who cheated him. In 1920 he becomes a
Soviet partisan, and helps the partisans fight for the Soviets against the occupying British army. However he is captured by the
British when they try to requisition cattle from the herdsmen at the same time as the commandant meets with a reincarnated Grand
Lama. After the trapper is shot, the army discovers an amulet that suggests he is a direct descendant of Genghis Khan. They find
him still alive, so the army restores his health and plans to use him as the head of a puppet regime. The trapper is thus thrust into
prominence as he is placed in charge of the puppet government. By the end, however, the "puppet" turns against his masters in an
outburst of fury.
(Quelle: Wikipedia )
Stil
Sowjetunion von der "kapitalistischen Großmacht" Großbritannien bedroht, die aus der Mongolei heraus operiert
Hauptfigur entwickelt im Laufe der Handlung revolutionäres Bewusstsein
Dokumentarische Anteile:
Buddhistische Zeremonie wird im Detail gezeigt
Handlung steht still
Fast wie ein ethnografischer Dokumentarfilm
Landschaft und Handlung:
Einsatz von Elementen des Westerngenres
Finale:
Metapher: die Revolution wurde mit einem Sturm gleichgesetzt
La Passion de Jeanne d'Arc
(Johanna von Orléans)
Carl Theodor Dreyer , 1928 (IMDb )
2008_15_la_passion_de_jeanne_d'arc.pdf
Der Regisseur
1889 in Kopenhagen geboren
Gilt als einer der wichtigsten Visionäre des Kinos und der bedeutendsten europäischen Regisseure seiner Zeit
Begann seine Filmkarriere als Drehbuchautor
War vorher Theaterkritiker
Hat in seiner Karriere für mehrere europäische Länder gearbeitet: Dänemark, Deutschland, Schweden, Frankreich,
Norwegen
Hat sehr früh mit dem Filmemachen angefangen
Hat gerne ungewöhnliche Kamerabewegungen eingesetzt
Hat für damalige Zeit ungewöhnlich realistische Filme gemacht
Dreyers Realismus:
Alles musste echt sein
Reale Locations und Ausstattung (so war es z.B. möglich, Decken im Bild zu zeigen, was in einem Studio, wo Decken in der
Regel nicht gebaut wurden, nicht möglich war; im Hollywood der 1920er wurde fast nur im Studio gedreht; nordeuropäische
Regisseure drehten vermehrt draußen und in realen Räumen)
Echtes, glaubwürdiges Licht
Enorme Abweichung von damaligen Gewohnheiten
Realitätsnähe als großer Unterschied zum Theater
Einer der ersten Regisseure in Europa der Film so genutzt hat
Du skal ære din hustru
(dt.: Herr des Hauses, 1925):
Ideologisch ganz erstaunlich, sehr moderne Haltung
Radikal feministisch: aus Perspektive der Frau, die von ihrem Ehemann unterdrückt wird
Nicht theatralisch, nicht groß gestikulierend, sondern Szenen des Alltags, Naturalismus, Echtheit
Hintergrund
Mit einem internationalen Team in Frankreich produziert
Gilt als einer der bedeutendsten französischen Filme der 1920er Jahre
Stark französisches Thema
Basiert auf den Originalprozessakten des Inquisitionsprozesses gegen Jeanne d’Arc
Gab Aufschrei in der Presse: ein evangelischer Däne dreht einen Film über eine französische katholische Nationalheldin
War Auftragsarbeit wegen des bevorstehenden 500. Todestags der Jeanne d'Arc
War außerordentlich teuer, aber wenig vom Aufwand auf der Leinwand zu sehen
Streng chronologischer Dreh: alle Leute von Anfang bis Ende da; auch ein Grund für die enormen Kosten
Endloser Dreh, sehr viele Szenen gedreht, Entscheidung über Auswahl der Szenen erst am Schneidetisch
Erstes Meisterwerk Dreyers
Premiere in Kopenhagen
War gigantischer Flop an den Kinokassen
Filmkopie, die für Norwegen und Schweden vorgesehen war, wurde nie gezeigt, ist heute komplett erhalten
Danach für Dreyer große Schwierigkeiten der Finanzierung weiterer Projekte (hat bis 1968 nur noch vier Filme gemacht)
Szenen des Films tauchen in Jean-Luc Godards Vivre sa vie (1962) auf: die Hauptfigur Nana sieht den Film in einem Kino
und identifiziert sich mit Jeanne d'Arc
Hauptdarstellerin Renée Jeanne Falconetti:
War damals in Paris eine gefeierte Theaterschauspielerin, lebte sehr mondän
Hat selbst Theaterstücke produziert
Hat viel Geld verdient, konnte aber damit nicht umgehen ("Sie hatte Löcher in den Händen", Zitat Fred v. d. Kooij)
Spielte auch männliche Hauptrollen
Dreyer sah sie zuerst in einer Männerrolle, vielleicht Inspiration zur Besetzung als Jeanne d'Arc
Erste Filmhauptrolle in La Passion de Jeanne d'Arc
Hat große Hoffnungen in den Film gesetzt
Hat nach dem Flop des Films keine weiteren Filme gemacht
Wurde von Dreyer beim Dreh ziemlich drangsaliert (siehe Haarschnitt)
Aber Dreyer hat sie auch auf Händen getragen und versucht, eine perfekte Atmosphäre für ihr Spiel zu schaffen
Der Haarschnitt:
Dreyer bestand auf einer echten Kahlrasur, was alle Beteiligten schockiert hat
Das Team hat ihn dafür verachtet
Antonin Artaud:
War damals eine Art Außenseiter
Spielt einen Mönch
Wollte eigentlich ein erfolgreicher Schauspieler werden, hat aber nur wenige Filme gemacht
Wurde erst in den 1950er/60er Jahren vor allem als Dichter in Frankreich bekannt
Restaurierung des Films in den 1950er Jahren:
Titel auf Texttafeln in gothische Glasfenster gesetzt oder direkt auf Bilder kopiert
Hinzufügen von sakraler Musik und Gesängen, was einer Vergewaltigung des Werkes gleichkommt (Fred v. d. Kooij): Dreyer
wollte keine musikalische Begleitung ("Dieser Film muss stumm vorgeführt werden.")
La Merveilleuse vie de Jeanne d'Arc
(1929):
Gleichzeitig in Frankreich als konkurrierender Film entstanden
Enormer Ausstattungsfilm
Schön inszenierte Schlachten und melodramatisch gefärbte persönliche Szenen
Kam erst nach Dreyers Film heraus und steht bis heute in dessen Schatten
Handlung
Der Film zeigt mit Prozess, Gefangenschaft, Folter, und Exekution die letzten Tage im Leben von Jeanne d'Arc .
Stil
Freier Umgang mit Kamera: Achsensprünge, gewagte Kadrierungen, extremer Einsatz von Nahaufnahmen und Untersicht
zur Verstärkung des Eindrucks der Verwirrung der Hauptfigur
Schlichte Ästhetik
Fokus auf Emotionen
Keine Schminke für die Schauspieler, Gesichter wie nackt (damals außerordentlich ungewöhnlich und gewagt: Makeup
normalerweise eingesetzt, um durch stark geschminkte Lippen und Augen die Zeichnung im Gesicht im hellen Licht nicht zu
verlieren)
Film als Zusehen von Denkvorgängen, anstelle von Aktionen und Reaktionen
Nähe zum Passionsspiel
Teilweise fast abstrakte Bilder
Echte Bauten, z.B. real aus Stein gebauter Kerker
Ursprünglich wurden für Totalen große Kulissen (z.B. ein kleines Dorf) gebaut und auch nach Schuss-Gegenschuss gedreht,
aber im Schnitt wurde dies alles verworfen: Dreyer hat fast nur noch Nahaufnahmen gelassen und und auf allgemeine
Orientierung verzichtet
Der Film müsste aufgrund seiner Nähe zu den Prozessakten eigentlich sehr textlastig sein, aber Texttafeln wurden sehr
zurückhaltend eingesetzt
Beeinflussung durch Malerei des Mittelalters: Heiligenbilder, Himmelsblick
Jeanne d'Arc als schlagfertige, intelligente, aber tragische Figur im Tribunal (Schachspiel-Charakter)
Kameraarbeit:
Fast ausschließlich Nahaufnahmen, Großaufnahmen
Keine echten Subjektiven
Ein paar ganz originelle, spektakuläre Kamerabewegungen
Kameragestell extra gebaut für auf dem Kopf stehende Welt, die ins Lot gebracht wird
Schwenkbewegung einer im Boden eingelassenen Kamera auf darüber laufende Leute
Blicke:
Achsenregel galt damals noch nicht, wurde erst später in Hollywood entwickelt
Emotionen in der Montage wichtiger als Blickrichtungen, Richtungen eher unwichtig
Extreme Großaufnahmen
Tiefe Platzierung im Bild:
Merkwürdige Kadrierung: sehr tiefe Platzierung von Personen im Bild, oben sehr viel Luft
Es gab damals keinen Kamerakontrollmonitor
Extravagante Bildkomposition:
Ganz interessante Art von Komponierung: Arbeit mit Leere, keine fließende Montage, langsames Tempo, heftige Kontraste
Teilweise bei aufeinanderfolgenden Bildern sehr verschiedene Bildkomposition
Schräge Bildkomposition, die den Eindruck vermitteln, die Welt sei aus den Fugen geraten
Raumbildung:
Kein etablierendes Raumprinzip: Praktisch keine Establishing Shots: Leute tauchen plötzlich auf
Irrationale Art von Raumgefühl, Räume wie irreal
Kein richtiger Eindruck, wie ein Raum aufgebaut ist
Raumgefühl schwierig zu erhalten: Wo stehen Leute im Raum/zueinander?
Leute laufen wie in einer Art "Nicht-Raum"
Emotionalisierter Raum
Szenische Auflösungen:
Jeanne nie stilisiert, immer naturalistisch gezeigt
Mönche immer auf besondere, charakterisierende Art dargestellt
Größe von aufeinanderfolgenden Nahaufnahmen nicht angeglichen
Augenlinie springt von Schnitt zu Schnitt
Wechsel zwischen Totale und Halbtotale
Naheinstellungen nur aus dramaturgischen, nicht aus klärenden Gründen
Verbrennung:
Rauch und Überstrahlungseffekt des Feuers sorgen für eine Art Vergeistigung: Jeannes Seele löst sich aus dem Körper
Schlusssequenz:
Revolte gegen Besatzungsmacht
Großaufnahmen, abstrakte Bilder, heftige Bewegungen, Unschärfe
Napoléon
Abel Gance , 1927 (IMDb )
2008_16_napoleon.pdf
Der Regisseur
1889 in Paris geboren, 1981 ebenda verstorben
War sein eigener Produzent, hat quasi aus dem Nichts 1911 eine eigene Produktionsfirma gegründet
Hat immer fast rücksichtslos experimentiert
War großer Bewunderer von D.W. Griffith , wird manchmal als D.W. Griffith Europas bezeichnet
War auch als Schauspieler aktiv, hatte relativ großen Cameo in Napoléon als Antoine de Saint-Just
Hat bis zuletzt mit Kameratechnik experimentiert
Hat Filmhistoriker kritisiert, die Napoléon seiner Meinung nach nicht den Stellenwert einräumten, der ihm gebühre
Hintergrund
Bekanntester Film von Abel Gance
Vereint alle Techniken der ausgehenden Stummfilmzeit
Napoléon konnte wohl nur in der französischen Produktionssitutation der damaligen Zeit entstehen: teilweise chaotische
Zustände, anarchistische Strukturen, abenteuerliche Finanzierungen, Nähe zu Kriminalität, Produzenten die Gelder in
Spielcasinos auf den Kopf hauten (vgl. Deutschland: feste Infrastruktur, Filmemachen nach Unternehmerprinzipien)
Abel Gance wollte eigentlich 6 Filme über Napoléon machen, hat für den Film ständig mehr Geld gebraucht
Das Produktionsbudget ist explodiert und wurde schon für den ersten Film knapp, aber man sieht auch, wo das Geld
geblieben ist: hoher Aufwand, große Schauwerte
Ursprüngliche Fassung des Films ist 5,5 Stunden lang
Thema hat hohe nationale Bedeutung
Viele Techniken eigens für den Film erfunden
Napoléon war an der Kinokasse ein totaler Flop, quasi das Ende von Abel Gance' Karriere
Abel Gance hat nie mehr an die Qualität von Napoléon heranreichen können
Restaurierung der ursprünglichen Fassung durch Kevin Brownlow
Premieren der restaurierten Fassung 1979 in London, 1980 in Paris, 1981 in New York, teilweise unter Anwesenheit Gance',
waren sehr großer Erfolg: späte Genugtuung für Gance
Kameratechnik in Napoléon:
Abel Gance' Prinzip: die Zuschauer maximal in die Bilder, in die Geschichte einbeziehen (ohne Ton!), in den Film
hineinsaugen; Zuschauer soll Teil des Geschehens werden; dabei dem Zuschauer ein wenig den Überblick nehmen:
Involvierung statt Distanz
Alle eingesetzten Techniken/Erfindungen die Kamera betreffend folgen in Napoléon diesem Prinzip
Durch Experimentieren sehr viel Material benötigt, sehr viel Ausschuss
Handlung
Der Film erzählt die Geschichte vom Aufstieg Napoléon Bonapartes , von seiner Jugend bis zum Italienfeldzug
behandelt dabei auch die Französische Revolution (1789 bis 1799).
1796/97, und
Stil
Die Schneeballschlacht:
Kameratechnik: kleine Kamera mit wenig Film, die geworfen werden konnte; Kamera wie eine frühe Steadicam am Körper
befestigt; Guillotine-artige Konstruktion auf rollbarem Gestell; Kamera auf Schlitten; motorgetriebene Kamera*;
motorgetriebenes Stativ*
Mehrfachbelichtungen: bis zu 24 Überlagerungen durch Zurückspulen
Genaue Kontrolle im Schnitt: wilde, unkontrollierte Kamerabewegungen/Bilder werden rhythmisch zusammengeschnitten mit
Nahaufnahmen
Accelerando : Schnitt wird immer schneller, bis man von den einzelnen Bildern nichts mehr sieht
Verfolgungsjagd auf Korsika:
Kameratechnik: Kamera auf Pferd, pneumatisch (durch Druckluft) betriebene Kamera*, Kameraauto mit zwei Kameras auf
unterschiedlichen Höhen, Kamera an Drahtseilen über dem Feld
*) Ferngesteuerte Kamera, wie ein Vorläufer von Motion Control
L'Argent
(Marcel L'Herbier, 1928):
Prinzip der Entfesselten Kamera : kein stehendes Stativ, sondern Kamera an Kabel aufgehängt, auf schwebendem Podest,
auf Fahrrad
Gance nutzt das Prinzip häufig in Napoléon
Die Kutschfahrt:
Inhalt: Napoléon gibt aus einer fahrenden Kutsche vorbeireitenden Kurieren Nachrichten aus
Alles real gedreht, kein Studio
Der Sturm:
Parallelmontage: Napoléon in Boot mit französischer Flagge als Segel bei stürmischer See / Aufruhr in der
Nationalversammlung durch Ende der Französischen Revolution
Stürmisches Wetter als Metapher für politischen Sturm in der Nationalversammlung
Schwingende, schaukelnde Kamera im Parlament, dabei Drehbewegung
Boot in Bassin mit zwei großen Wassertanks/-rampen
Wellen und Kamerabewegung schaukeln sich hoch
Splitscreen:
Mehrfachbelichtung: verschiedene Szenen einer Kissenschlacht in Napoléons Jugend
Realisierung durch schwarzen Kasten mit mehreren Fächern, die herausgenommen werden konnten
Triptychon
/ Polyvision :
Panoramaeffekt durch drei parallele Kameras, übereinander auf einer Achse leicht verdreht angeordnet und synchronisiert
Enorm breites Bild mit Seitenverhältnis 4:1 (3 * 1,33:1)
Projektion im Kino auf drei Leinwände
Bildinhalte teilweise synchron (z.B. Pferde, die über gesamte Breite des Bildes reiten), teilweise asynchron (Bildinhalte links
und rechts getrennt von Hauptbild, teilweise gleicher Inhalt gespiegelt)
Kombination mit fast abstrakten, schnellen Schnitten
Am Ende Einfärbung der drei Bilder in den französischen Nationalfarben
Glas-Shot und Marseillaise :
Glasplatte im Vordergrund mit Matte Painting
Die Liebesnacht:
Schleier vor der Kamera erzeugt Nebeleffekt
Die nächtliche Schlacht:
Vorbild zur Regenschlacht in Kurosawas Die Sieben Samurai (Kurosawa war stark von europäischen Stummfilmen
beeinflusst)
Napoléon als unberührbare Führergestalt inmitten des Schlachtfeldes nach der Schlacht
Wochenlanger Dreh, enormer Aufwand
The Crowd
(Ein Mensch der Masse)
King Vidor , 1928 (IMDb )
2008_17_the_crowd.pdf
Der Regisseur
Geboren 1894 in Galveston, Texas, gestorben 1982 in Paso Robles, Kalifornien
Begann seine Filmkarriere als freier Kameramann und Filmvorführer
Hat mit The Big Parade (1925) einen der ersten Antikriegsfilme gemacht, sehr großer Erfolg
Kam eigentlich von der Komödie: das Tragische mit dem Komischen verbinden
Hintergrund
Produziert von MGM
Entstanden in der Zeit der Great Depression , große Arbeitslosigkeit
Damals Hollywood auf Unterhaltung/Ablenkung fokussiert
War großer Kritikererfolg
Männliche Hauptrolle durch Schauspieler besetzt der eigentlich Statist war, bewusst wegen seiner Anonymität gecastet
Hallelujah!
(1929):
Erster Tonfilm Vidors
Ausschließlich mit Afroamerikanern besetzt: "an all-black cast" (damals sonst Afroamerikaner nur in Nebenrollen zu sehen,
z.B. als Musiker im Hintergrund oder Hausangestellte)
Eine Art Musical, vielleicht eines der ersten Filmmusicals, Stil fast wie ein Musikvideo
Sehr viele raffinierte technische Experimente
Viele reale Schauplätze, wenige Studiosets
Wurde sehr negativ aufgenommen
King Vidor hat danach Filme selbst produziert, z.B. Our Daily Bread (1934), einer der ersten Independent-Filme
Handlung
Der Film handelt von einem New Yorker Büroangestellten der eine Frau kennenlernt und heiratet, und ihren gemeinsamen
Problemen der Bewältigung des Alltags in der Großstadt der 1920er Jahre.
Stil
Elemente des Melodrams, damals sehr verbreitet, aber: Sentimentalität stark zurückgenommen
Mechanismen des Melodrams werden gemischt mit dokumentarischer Qualität
Geschichte wird ernst genommen, aber als eine Geschichte unter Tausenden dargestellt, als etwas Alltägliches
Mensch der Masse:
Antiheld als einer aus der Menge
Das Verschwinden in der Masse wird immer wieder filmisch dargestellt
Ebenso das Fahren von draußen nach drinnen ohne deutlichen Schnitt (über Blende)
Hitchcock war davon außerordentlich fasziniert, vgl. Beginn von Psycho (1960)
Zitat des Fahrens von außen nach innen in The Apartment (1950) von Billy Wilder : Übergang verschleiert durch
durchgängigen Off-Kommentar
Werbe-Heirat:
Werbebotschaft im Zug als Auslöser/Anlass/Inspiration der Frage zu heiraten
Niagarafälle:
Flitterwochen der Hauptfiguren
Metapher: herabstürzende Wassermassen und erotische Doppeldeutigkeit: außer Atem, erregt vor Freude, Liebe wie ein
Wasserfall
Alltag:
Kleine Ärgernisse des Alltags (z.B. eine kaputte Toilettenspülung) belasten die Beziehung des Ehepaares
Schöne Arbeit mit Ton: Lärm von draußen unterbricht Gesang (Lärm spielt in The Crowd öfters eine Rolle)
Toilette mit Spülung wurde vom Produzenten für zukünftige Filme von MGM verboten
Verbot erst spät gebrochen in Hitchcocks Psycho (1960)
Vater und Kind:
Expressionistische Treppe, forcierte Perspektive
Optisches Erzählen, was passiert
Erst spät durch Texttafel erklärt, dass der Vater gestorben ist
Später im Krankenhaus nach Geburt des Kindes: merkwürdige Perspektive, umgekehrt zur Treppenszene und damit
Gegenbild zum Tod des Vaters
Tod des Kindes:
Elemente einer Tragikomödie: Pendeln zwischen Komödie und Tragödie
Völlig überraschend in einer eigentlich fröhlichen Szene
Absurde Bitte um Ruhe für das schlafende Kind
Der Schaukelstuhl:
Hin- und Herschaukeln als Bild der Verzweiflung, vgl. Hospitalismus
Schaukelstuhl zunächst als etwas Fröhliches, Wohlgefühl
Dann später Schwenk: Deprimiertheit, Machtlosigkeit, Verzweiflung
Marys Verzweiflung:
Beim Überbringen einer schlechten Nachricht wird der Moment der tiefsten Verzweiflung meist nicht gezeigt/vom
Schauspieler ausgespielt; Schauspieler meist in Rückansicht gezeigt
Im Stummfilm werden solche Momente sehr viel öfters ausgespielt und gezeigt, so auch in The Crowd
Sehr langes Verweilen in/auf starken, vielfältigen Emotionen ohne Schnitt und ohne Zwischentitel
Heute teilweise als übertrieben theatralisch angesehen
Ohne Wörter / Sichtbare Gedanken:
Wenige Zwischentitel in The Crowd
Filmemacher haben gelernt, Geschichten ohne Zwischentitel zu erzählen
Erzählung indirekt aus den Blicken im Kontext der Situationen
Sichtbarmachen von Gedanken zusätzlich zu Emotionen, die ja schon vom Theater her bekannt waren
The Navigator
(Der Navigator)
Buster Keaton , Donald Crisp , 1924 (IMDb )
2008_18_the_general.pdf
Der Regisseur
Zählte neben Charlie Chaplin und Harold Lloyd zu den erfolgreichsten Komikern der Stummfilmzeit
Hatte die Angewohnheit ohne Drehbuch zu arbeiten: ihm war der Anfang und das Ende eines Films wichtig, ansonsten
wurde während des Drehs improvisiert
War immer außerordentlich interessiert an Filmtechnik, insbesondere Kameratechnik
Bei Keaton auch Reflektion des Mediums, z.B. Referenzen an andere Filme, die einem breiten Publikum bewusst gemacht
werden (Beispiele: Person tritt aus filmischem Raum in Leinwand; Filmszene als Vorbild für das Leben)
Filmische Reflektion und Experimente immer im Dienst der Geschichte
Hat immer auch surreale Szenen in seine Filme eingebaut, z.B. Massen von Polizisten oder uneben verlegte Gleise
War selbst sehr akrobatisch, hat teilweise lebensgefährliche Stunts selbst gemacht, aber auch mit anderen Zirkusartisten
gearbeitet
Durch Stunts: Körperlichkeit wird reflektiert, Übertreibung der eigenen Körperlichkeit
Wies immer präzises Timing auf
Hat für The Cameraman (1928) einen der ersten Kräne ausgeliehen
Keatons Aufwand:
Hat immer sehr teuer produziert
Meist spontan aufwändige Einfälle
Eigentlich problematisch, aber seine Filme waren meist enorm erfolgreich, tolle Einspielergebnisse, großer Cash Flow
Keatons Filme:
Wie auf dem Reißbrett entworfen, aber sehr intuitiv: Geometrie, Kadrierung, Bewegungen (horizontal, vertikal, diagonal)
Art wie er den filmischen Raum entwickelt: sehr geometrisch, fast abstrakte Qualität, fast wie eine mathematische Übung,
enorme Strenge im Bild
Oft ähnlicher Plot: begehrte Frau, die auf eine bestimmte Art für den Hauptdarsteller unerreichbar ist
Keatons Grundplot:
Am Anfang immer: Nicht-Wissen, Ahnungslosigkeit, Naivität, Überforderung, Erfahrungslosigkeit, Verlorensein, "2 linke
Hände"
Durch Leidenschaft, Motivation, Umstände, Zwänge, Erfordernisse: Lernprozess, Erfahrungsgewinn, Nachahmung,
Bewältigung
Am Ende übersteigert: Virtuose des Alltags, Experte, Meister, Übererfüllen der Anforderungen
Fast philosophisch, existentialistisch
Erfahrungspfad, Entwicklungsprozess
Keatons Hauptfiguren:
1. Aus der sozialen Unterschicht
2. Großbürgerlicher Nachwuchs, behütet, beschützt, ahnungslos
Hintergrund
Großer Aufwand: stillgelegten Luxusdampfer gekauft und seetüchtig gemacht, Unterwasseraufnahmen
War an der Kinokasse überwältigender Erfolg
Durchbruch für Keaton und Anschluss zu den beliebtesten Komikern seiner Zeit, Chaplin und Lloyd
The Frozen North
(1922):
Parodie auf zeitgenössische Filme, darunter auch Nanook of the North (1922)
One Week
(1920):
Gilt als Keatons erster eigener Film
Handlung: Ein frisch verheiratetes Ehepaar will sich aus Einzelteilen in Kisten ein Haus selbst zusammenbauen. Dumm nur
dass Keatons Rivale die Nummern auf den Kisten vor Baubeginn vertauscht.
Großer Aufwand: mehrere Versionen des Hauses (z.B. fahrbar, drehbar), Sturmeffekte
Objekt (Haus) als Gegenspieler
Form des Hauses spielt auf Das Cabinet des Dr. Caligari (1920) an
Badeszene spielt direkt auf anrüchiges Buch selbigen Titels an
Der komplette Film kann im Internet Archive angesehen und auch heruntergeladen werden
The General (1927):
Großer Aufwand: Lokomotive gekauft und fahrbar gemacht; Problem: war Schmalspur, so dass extra Gleise gelegt werden
mussten
War ziemlicher Flop, genauso wie Film danach
Danach schloss Keaton einen Vertrag bei MGM; führte zu Keatons Abstieg, weil kein freies Arbeiten mehr möglich
Handlung
Rollo Treadway (Buster Keaton), ein verwöhnter, weltfremder Millionärssohn, beschließt eines Morgens, die Nachbarin Betsy
O'Brien (Kathryn McGuire), Tochter eines reichen Reeders, zu heiraten. Noch am gleichen Tag macht er ihr unvermittelt einen
Heiratsantrag, den sie allerdings irritiert ablehnt. Die bereits geplante Ozeanreise in die Flitterwochen will der tief Enttäuschte
dennoch antreten. Doch wie sich später zeigt, quartiert er sich auf dem falschen Schiff ein: Die Navigator wurde vom Reeder
O'Brien kürzlich an einen kleinen Staat verkauft – nun trachten feindliche Spione nach deren Vernichtung, bevor die Mannschaft an
Bord gehen kann. Am Hafen wird Betsys Vater überfallen, und während Betsy auf der Navigator verzweifelt nach ihm sucht,
machen die Spione die Leinen des Schiffes los...
(mehr zur Handlung in der Wikipedia )
Greed
(Gier)
Erich von Stroheim , 1924 (IMDb )
2008_20_greed.pdf
Der Regisseur
Geboren 1885 in Wien, gestorben 1957 bei Paris
War Schauspieler, Regisseur und Autor
War sehr impulsiver Mensch, autoritär, diktatorisch, schreckte vor nichts zurück
War Jude, kam aus recht strenggläubiger Familie, konvertierte später zum Katholizismus
Wollte in Armee, durfte aber nur in spezieller Juden-Brigade dienen (Antisemitismus in Österreich), aus der er unehrenhaft
entlassen wurde, was vielleicht ein Grund dafür war, dass er 1909 (mit finanzieller Unterstützung eines Onkels) nach
Amerika gegangen ist
Hat in den USA als Tellerwäscher begonnen
Wurde später Statist und Stuntman und machte sich außerordentlich nützlich am Set
Hat auch angefangen, Drehbücher zu schreiben; neigte darin zu melodramatischen Stereotypen, z.B. "der Verführer"
Sprang in The Birth of a Nation (1915) als Stuntman vom Dach eines Hauses und zog sich dabei einen Rippenbruch zu,
was ihm die Aufmerksamkeit von D.W. Griffith verschaffte
War sehr auf sein Image versessen: behauptete von sich, adlig zu sein und als Offizier in der k.u.k. Armee gedient zu
haben
Wurde daraufhin militärischer Berater für Filme, übernahm die Koordination militärischer Szenen
Während des Ersten Weltkriegs Besetzung als Schauspieler, meist als arroganter und skrupelloser Bösewicht in
antideutschen Propagandafilmen
Für ihn wurde mit dem Slogan "The Man You Love to Hate" geworben
Später dann Regisseur
Hat eigentlich nie mit Stars zusammengearbeitet, wenn er nicht musste; wollte lieber relativ unbekannte Leute besetzen
Geriet immer wieder in Konflikte mit der Filmindustrie
Verlangte in seinen Filmen einen zur damaligen Zeit außergewöhnlich hohen Grad an Realismus
Seine Filme waren auch inhaltlich umstritten
Sein Image wurde ihm später zum Verhängnis als die Filmproduktion studioorientierter/industrieller wurde: Planbarkeit,
Vorhersehbarkeit, Angestelltenmentalität gegenüber Stroheims Unberechenbarkeit und Budget-Überschreitungen
Stroheim wurde dann ausgeschaltet, was wegen seines negativen Rufs relativ leicht war
Begann danach eine zweite, recht erfolgreiche Karriere als Schauspieler in Europa, insbesondere in Frankreich
Hatte auf den europäischen Film großen Einfluss
Die Anfänge bis Blind Husbands
(1919):
Regiedebüt Stroheims
Stroheim hat das eigene Drehbuch durch Ausdauer und Überzeugungskraft an Produzenten verkauft, und selbst Regie und
Hauptrolle übernommen
Stroheim spielt einen österreichischen Verführer
War sehr großer Erfolg in den USA, Begeisterung
Danach sofort Auftrag zu Foolish Wives (1921)
Foolish Wives
(1921):
Dritter Film Stroheims als Regisseur
Gleiche Erzählstruktur wie in Blind Husbands (1919)
Stroheim spielt einen russischen Prinzen
Tradition von Leuten, die sowohl Hauptrolle und Regie übernehmen, insbesondere im Genre der Komödie, weniger bei
Dramen, wo der Regisseur stärker gefordert ist
Stroheim war einer der ersten, die in ernsten Dramen beide Positionen einnehmen (sonst eigentlich selten, vgl. Orson
Welles )
Reale Drehorte, extrem lange Drehzeit
Großer Aufwand: künstlicher Regen, Blitz-Lichteffekte
Große Budget-Überschreitung; Universal machte daraufhin auch mit den Produktionskosten Werbung, indem auf riesigen
Tafeln "$troheim" geschrieben wurde und darauf täglich die Kosten aktualisiert wurden
Die monströse, lasterhafte Handlung übertraf an Frivolität fast alles, was bis dahin im Kino zu sehen gewesen war
Machte Stroheim endgültig zum Enfant terrible in Hollywood
Seit dieser Produktion galt Stroheim als unkontrollierbarer Verschwender
Probleme mit Hollywood:
Kampf der Geschlechter für Stroheim ganz zentral
Freizügigkeit als Ausdruck von Wahrhaftigkeit
Probleme mit Zensur: Stroheim als amoralischer, obszöner Mensch
Großer Aufwand bei solchen Szenen, die dann aufgrund der Zensur herausgeschnitten wurden
Problem der Rechtfertigung gegenüber den produzierenden Studios
Rausschmiss bei Merry-Go-Round (1923), fertiggestellt von Rupert Julian
Aber auch große Solidarität seiner Mitarbeiter/Stammbesetzung
The Wedding March
(1926-1928) in Farbe/mit Synchronton:
Stroheim wollte immer das Neuste vom Neusten an Filmtechnik einsetzen
Versuche mit Farbe und Synchronton in einer Sequenz
Einsatz einer Technicolor -Kamera, galt 1926 als extravagant
Heikle, anfällige Technik
Queen Kelly
(1928):
Probleme mit Stars: für Stroheim war der Regisseur die wichtigste Person am Set, nicht der/die Hauptdarsteller
Gloria Swanson wollte mit Stroheim arbeiten, weil sie wollte, dass dieser das beste aus ihr herausholt
War selbst finanziert
Swanson wollte wegen drastischer Szenen Änderungen des Drehbuchs
Stroheim hat noch nie Kompromisse eingehen können
Abbruch der Dreharbeiten, bedeutete quasi das Ende von Stroheims Regiekarriere in Hollywood
Queen Kelly
(1928) und Sunset Boulevard
(Billy Wilder , 1950):
Ausschnitt aus Queen Kelly spielt in Sunset Boulevard eine große Rolle: Stroheim und Swanson als Schauspieler
Nähe der Rollen zu echten Karrieretragödien: Swanson als ehemaliger Stummfilmstar, den niemand mehr kennt; Stroheim
als ihr Chauffeur, der ihr gefälschte Fanpost schreibt
Walking Down Broadway
(1933):
Stroheims letzte Chance als Regisseur in Hollywood
Fehlende Kompromissbereitschaft sorgt für Rausschmiss
Heftigkeit des Kampfs der Geschlechter trägt deutlich Stroheims Handschrift: offene, ehrliche Darstellung sexueller
Beziehungen, konnte damals so nicht gezeigt werden
Hintergrund
Stroheims wohl berühmtester Film
Basierte auf dem Roman McTeague von Frank Norris
Thema: die Art wie Geld das Leben von Leuten vernichtet, wie die Faszination für Geld alle Arten persönlicher Beziehungen
zerstört
Stroheim war besessen von der Idee, die Romanvorlage originalgetreu Seite für Seite umzusetzen
Wurde entgegen der vorherrschenden Tendenz nicht im Studio sondern an Originalschauplätzen in San Francisco und im
Death Valley gedreht
War an den Kinokassen ein totaler Flop
Zerstörung und Rekonstruktion von Greed:
Der Film hatte eine totale Überlänge von über 8 Stunden (42 Filmrollen)
Originalversion kam bei Testvorführung unter Fachleuten sehr gut an
Man konnte den Film in dieser Länge natürlich nicht im Kino zeigen
Stroheim wollte den Film in zwei Teilen herausbringen
Massive Kürzungen von MGM auf 10 Filmrollen sorgten für Verstümmelung
Originalversion wurde zerstört, nur noch Standfotos vorhanden, aus denen 1999 eine Rekonstruktion geschaffen wurde
Etwa 4 Stunden lange rekonstruierte Fassung mit den Fotos, in denen man teilweise herumfährt
Handlung
McTeague ist ein eher schlichter Mensch, der im Bergwerk arbeitet. Eines Tages folgt er einem falschen Zahnarzt auf die
Wanderschaft und lernt mehr schlecht als recht dessen Handwerk. Einige Jahre später betreibt er in San Francisco eine eigene
Praxis. Eines Tages lernt er Trina, die Verlobte seines Freundes Marcus kennen, als dieser sie zu ihm in die Behandlung bringt.
Als Trina betäubt auf dem Behandlungsstuhl liegt, wird McTeague von einem ihm zuvor unbekannten, heftigen Verlangen nach der
Frau ergriffen. Nur mit Mühe kann er sich beherrschen, sich an ihr zu vergreifen. Bei einem Ausflug gesteht McTeauge seinem
Freund, dass er in seine Verlobte verliebt ist. Großspurig "überlässt" Marcus sie ihm. Obwohl Trina von dem grobschlächtigen
McTeague nicht besonders angetan ist, beginnen sie sich regelmäßig zu treffen und auch Trinas Familie ist mit der Beziehung
einverstanden. Es wird Verlobung gefeiert. Am selben Abend wird bekannt, dass Trina mit einem Los 5000 US-Dollar gewonnen
hat. Marcus wird von heftigem Neid ergriffen und findet, dass er Anspruch auf einen Teil des Geldes hätte. Noch kann er aber
seinen Neid auf McTeauge verbergen.
McTeague und Trina heiraten und führen vorerst ein einigermaßen harmonisches Leben. Eines Tages kommt es in der Kneipe zum
offenen Streit, als Marcus betrunken ein Messer nach McTeague wirft. Marcus zeigt McTeague bei den Behörden an, weil dieser
ohne Zahnarztstudium praktiziert. McTeague darf seinen "Beruf" nicht mehr ausüben. Das Paar könnte dank Trinas 5000 Dollar,
damals eine stolze Summe, trotzdem ein sorgenfreies Leben führen. Trina, schon immer äußerst knauserig, weigert sich aber, auch
nur einen Cent des Geldes auszugeben. Stattdessen schickt sie McTeague auch bei Sturmwetter auf Arbeitssuche - ohne ihm Geld
für die Straßenbahn zu geben. Trinas Geiz nimmt pathologische Züge an. Stundenlang putzt sie ihre Geldstücke, wenn McTeague
außer Haus ist. Das Paar sinkt immer tiefer ins Elend. Der sonst gutmütige McTeague fängt an zu trinken. Unter Alkohol
misshandelt er seine Frau brutal und beißt ihr in die Finger, um Geld von ihr zu erpressen. Völlig verwahrlost verlässt McTeague
schließlich seine Frau.
Um nicht ihr Erspartes antasten zu müssen, arbeitet Trina als Putzfrau in einem Kindergarten. An einem Weihnachtsabend
erscheint plötzlich McTeague bei ihr und fordert die 5000 Dollar. Als Trina sich weigert, ermordet er sie und nimmt das Geld an
sich. Er wird nun steckbrieflich gesucht und gerät auf seiner Flucht ins Death Valley. Marcus schließt sich einem Suchtrupp an und
schließlich findet er McTeague, beinahe am Ende, im Todestal. Im Kampf um das Geld erschlägt McTeague Marcus, ist jedoch
durch Handschellen, die dieser ihm zuvor angelegt hatte, an ihn gekettet. In der tödlichen Sonne wartet er auf seinen sicheren Tod.
(Quelle: Wikipedia )
Stil
Innen und Außen:
Innen und Außen gleichzeitig zu sehen
Draußen so klar wie drinnen
Schwierig zu realisieren
Dramaturgisch eingesetzt
Korrespondenz von Innen und Außen
Das Karussell:
Kein Phantasielicht, sondern Lichtverhältnisse durch reales Licht, was lediglich verstärkt wurde
Symbolik: Katze und Vögel:
Symbolik spielt große Rolle
Einfachheit in der Symbolik
Immer glaubwürdig eingebettet
Kontraste:
Erstes Rendezvous: Kein schönes Plätzchen mit blühenden Bäumen, sondern triste Gegend, tote Ratte
Die Hochzeit: Trauermarsch draußen als Kontrast zur Hochzeit drinnen
Der Mord: fröhliche Festbeleuchtung zu Weihnachten und Mord, Weihnachtsbaum im Hintergrund, Polizisten in
Parallelmontage direkt vorm Haus
Trouble in Paradise
(Ärger im Paradies)
Ernst Lubitsch , 1932 (IMDb )
2008_21_trouble_in_paradise.pdf
Der Regisseur
Geboren 1892 in Berlin, gestorben 1947 in Los Angeles
Deutsch-US-amerikanischer Filmregisseur und Schauspieler
War Schüler von Max Reinhardt , dem damaligen Intendanten des Deutschen Theaters
Kommt von relativ schwankhaftem Theater
Begann seine Filmkarriere in Deutschland, wo er sehr erfolgreich war, und ging dann wegen der extrem guten technischen
Möglichkeiten nach Hollywood
Drehte zunächst vor allem Slapstick -Filme, dann aber auch in anderen Genres, vornehmlich historische Kostümfilme und
Komödien
Seine Historienfilme Anna Boleyn (1920) und Das Weib des Pharao (1922) waren internationale Erfolge, letzterer dann
auch die Eintrittskarte nach Hollywood; Lubitsch hatte damals aber auch noch weitere Filme in Hollywood im Verleih
Seine Filme waren bis auf Ninotschka (1939) nie Kassenschlager; die Masse fand die Filme fremd, unanständig,
unangenehm und die Ironie störend; Lubitsch konnte sich trotzdem in Hollywood halten
Dachte immer sehr geldsparend, schrieb seine Drehbücher großteils selbst und produzierte sie schon früh selbst
Hatte einen extrem guten Überblick über die Kosten und Abläufe; seine Filme gingen nie über Budget
Um Geld zu bekommen produzierte er auch Filme anderer, war aber darin nicht so erfolgreich
Seine Filme bekamen oft gute Kritiken, die produzierenden Studios konnten ihren Ruf aufpolieren
Setzte durch, dass der Name des Regisseurs groß präsentiert wurde ("The Name above the Title")
Hat Filme gegen Konventionen gemacht (siehe unten: Probleme für Lubitsch durch den Hays Code)
Lubitsch' Genres:
1. Historienfilme, enorme Ausstattungsepen mit Massenszenen
2. Klamaukige Komödien, erotischer Touch, spielten meist in Europa (Europa als dekadent)
Lubitsch' Stil:
War ein ausgesprochener Stilist: erzählte in seinen Komödien immer leichtfüßige, meist belanglose Geschichten, wobei ihm
die Art der Erzählung wichtiger war als der Inhalt; wichtig war ihm nur, wie man es erzählt, nicht was
Kam zur Stummfilmzeit mit extrem wenigen Zwischentiteln aus
Arbeitete viel mit visuellem Witz
Setzte gern aufwändige Kamera-/Kranfahrten ein
Die Kamera im Dienste der Schauspieler: lange Szenen geben Schauspielern mehr Interpretationsfreiheit
Setzte in Hollywood immer sehr viele Stars ein
Häufig Humor über das Verhalten von Europäern in Amerika (z.B. Versuch, einen Pyjama ohne Hose zu kaufen, da diese
sowieso nicht verwendet wird)
Verwendete anfangs keine Establishing Shots , erst später Anpassung an Hollywood und Einsatz
In Hollywood festgelegte Regeln, wie man z.B. einen Ortswechsel vollziehen musste; erzeugt "anonymen Stil"
Räume entstehen nur über die Montage, nicht als Architektur; dies wurde auch für Witze verwendet
Lubitsch spielte den Schauspielern immer die Szenen vor und wollte, dass sie es auch so spielten; dadurch gab es im Spiel
seiner Schauspieler immer eine gewisse Ähnlichkeit
Der "Lubitsch Touch":
Markenzeichen seiner mitunter frivolen Gesellschaftskomödien
Besteht darin, nicht alle Details der Handlung zu zeigen, sondern es dem Zuschauer zu überlassen, die Handlung zu
vervollständigen
Spiel mit Andeutungen
Meist mit Objekten verbunden
Oft mit Türen: das was dahinter passiert
Im damals noch sehr sittenstrengen Amerika mit seinen scharfen Zensurbestimmungen vermag Lubitsch auf diese Art
durchaus gewagte Situationen und Doppeldeutigkeiten in die Handlung zu integrieren, ohne dabei ins Schlüpfrige oder
Vulgäre abzurutschen
Eine Geisteshaltung/Einstellungsfrage
Die amerikanischen Kritiker bezeichnen diese Mischung gerne als naughty, but nice
Hintergrund
Basiert sehr lose auf Episoden aus dem Leben des bekannten Betrügers Georges Manolescue
Lubitsch war seit Mitte der 1920er zu einem der bekanntesten Regisseure in Hollywood geworden
Aufgrund der teilweise gewagten und zweideutigen Dialoge konnte der Film nach der Einführung des Hays Code
(/Production Code) nicht mehr kommerziell aufgeführt werden
Probleme für Lubitsch durch den Hays Code :
War eine Zusammenstellung von Richtlinien zur Herstellung von US-amerikanischen Spielfilmen im Hinblick auf die
moralisch akzeptable Darstellung besonders von Kriminalität und sexuellen Inhalten
Ziel: keine Zweideutigkeiten, keine Bibelgeschichten mehr, fast keine Sexualität (nicht länger als 10 Sekunden küssen, keine
unverheirateten Paare in einem Zimmer schlafen, kein Bett im Hintergrund etc.)
Für Lubitsch desaströs/Krise, da dies genau sein Stil war Filme zu machen
Kodex wurde eingeführt angesichts drohender Zensurgesetze von Seiten der Regierung
War niemals gesetzlich verankert; Filmen, die gegen ihn verstießen, drohte jedoch ein von der "Catholic League of Decency"
organisierter Kinoboykott
Ab 1930 zunächst auf freiwilliger Basis
Wurde ab 1934 für Filmproduktionsunternehmen zur Pflicht
Lubitsch machte danach drei Jahre Pause, ab dann sehr an den Hollywoodstil angepasste Filme, die mehr das
Zwischenmenschliche mit feiner Ironie zeigen (Lubitsch verlegte den Witz mehr auf die Dialoge, weniger auf die Bilder)
Lubitsch' filmische Qualität blieb auf der Strecke; er machte zwar keine schlechten Filme, aber keine solchen filmischen
"Leckerbissen" wie zuvor
Der Hays Code wurde erst 1967 abgeschafft
Die Bergkatze
(1921):
Fokus auf Stil
Jede Einstellung hat eine andere Vignette: Kreis, Stern, Breitwand, etc.
To Be or Not to Be
(1942):
Melancholische Komödie über das Dritte Reich
Lubitsch war Jude wurde aber für diesen Film trotzdem sehr kritisiert
Genre-Mix: politischer Propaganda-Film mit Stellungnahme gegen das Nazi-Regime, erotische Liebeskomödie mit
Dreiecksgeschichte, und Verwechslungskomödie
Keine wirklichen Helden, jeder der Protagonisten hat dunkle Seiten oder benimmt sich unmöglich
Film spielt mit dem Entsetzen
Witze fast ausschließlich in den Dialogen
Handlung
Gaston und Lily sind zwei Diebe und Betrüger, die sich zufällig in Venedig kennen lernen, als sie sich gegenseitig auszurauben
versuchen. Sie verlieben sich ineinander und beschließen, fortan zusammenzuarbeiten. In Paris haben sie es auf Mariette Colet
abgesehen, der Erbin von Cole and Company, einer berühmten Parfümerie. Eines Abends in der Oper stiehlt Gaston die
juwelenbesetzte Handtasche von Mariette. Diese setzt eine Belohnung für den ehrlichen Finder in Höhe von 20.000 Francs aus.
Gaston erscheint bei Mariette unter dem Namen Monsieur LaValle. Der charmante Finder kritisiert Mariette dafür, intime
Korrespondenz offen in der Handtasche zu tragen.
If I were your father, which fortunately I am not and you made any attempts to handle your own business affairs, I would
give you a good spanking. In a business way of course.
Mariette fragt sehr interessiert
What would you do if you were my secretary?
Monsieur LaValle, alias Gaston, erwidert trocken
The same thing.
Die Antwort von Mariette ist kurz:
You’re hired!
Beide beginnen eine Affäre und Mariette entwickelt eine echte Zuneigung für den charmanten Sekretär. In der Zwischenzeit erhält
sie, angestachtelt von der Konkurrenz, Heiratsanträge von zwei, im wahrsten Sinne, alten Verehrern. Sie weist zunächst Francois
Filiba ab:
You see Francois, marriage is a beautiful mistake which two people make together. But with you Francois, I think ist would
be a mistake.
Mit der gleichen Offenheit lehnt sie den Antrag des Bürgermeisters ab.
Don’t be downhearted, Major. You’re not the only one I don’t love.
Nach einiger Zeit findet Mariette die wahre Identität von Gaston heraus. Sie weiß um seine Liaison mit Lily und verzichtet
großherzig auf eine Anzeige. Zum Abschied fragt sie Gaston, alias Monsieur Le Valle
Do you know what you’re missing?
Gaston lächelt, öffnet den Verschluss des berühmten Perlenkolliers von Mariette und lässt es in seine Tasche gleiten. Mariette
erwidert freundlich
That’s what you’re missing...your gift for her.....With compliments from Colet and Company.
Der Film endet mit Gaston und Lily, die mehr oder weniger glücklich in die Zukunft blicken.
(Quelle: Wikipedia )
Stil
Hauptpersonen sind beides Verbrecher und werden am Ende nicht bestraft: es gibt keine Moral, wie sonst zu dieser Zeit
immer üblich
Charaktere werden die ganze Zeit während der Ausübung ihres Berufes gezeigt
Film zeigt, dass es egal ist was man macht: wichtig ist wieviel Erfolg man hat – egal wie unmoralisch dieser erreicht wird
Problem der Mehrsprachigkeit der frühen Tonfilme wird persifliert: Dolmetscher direkt im Bild
Gekonnter, humorvoller Umgang mit Türen sehr typisch für Lubitsch: Spiel mit der Erwartung der Zuschauer; die
Liebesbeziehung funktioniert nur über das Wechselspiel, wer aus welcher Tür herauskommt
The Scarlet Empress
(Die scharlachrote Kaiserin / Die große Zarin)
Josef von Sternberg , 1934 (IMDb )
2008_22_the_scarlet_empress.pdf
Der Regisseur
Geboren 1894 in Wien als Jonas Sternberg, gestorben 1969 in Hollywood
Pendelte aufgrund der Geschäftstätigkeit seines Vaters ab 1901 zwischen Wien und den USA
Zog 1909 endgültig in die USA und verwendete ab da den Künsternamen Josef von Sternberg
Erregte mit seiner ersten Regiearbeit The Salvation Hunters (1925) die Aufmerksamkeit der Kritiker, die den innovativen
Einsatz von Licht und Schatten in der Dramaturgie einer Szene lobten
Sehr bekanntes Werk: Der blaue Engel (1930)
Hintergrund
Das produzierende Studio Paramount wollte seinen Star Marlene Dietrich in einem großen Historiendrama in Szene
setzen, so wie es die konkurrierende MGM zuvor mit Greta Garbo in Queen Christina (1933) über die gleichnamige
Königin von Schweden getan hatte
Behandelt die Geschichte der russischen Zarin Katharina die Große
Dreharbeiten waren durch endlose Änderungen am Drehbuch gekennzeichnet
Sehr hohe Produktionskosten (Sternberg bestand z.B. auf echtem Hermelin für Katharinas Kostüme)
War enormer Flop an den Kinokassen
Bedeutete einen Einschnitt in der Karriere Sternbergs
Sternberg wechselte danach zu Columbia Pictures
Handlung
Sophia Frederica (Marlene Dietrich), is the daughter of a minor German prince and an ambitious mother. She is brought to Russia
by Count Alexei (John Lodge) to marry the half-wit Grand Duke Peter (Sam Jaffe). As if her marriage is not torment enough,
she must endure the excesses of her husband's aunt, Empress Elizabeth (Louise Dresser). Elizabeth renames her Catherine and
awards her the Order of St. Catherine.
Catherine finds solace with Count Alexei, but he begins wooing the much-older Elizabeth. Catherine finds lovers among the
Russian army. When the old Empress dies, Catherine ascends to the Russian throne, knowing full well that her addled husband
would kill her at the slightest provocation. Soon her power outstrips Peter's, and the opportunistic Alexei now comes back into her
life. The finale finds Catherine emerging triumphant over all her enemies and the new Empress is shown astride a horse, to whom
she displays far more affection than any of her human compatriots.
(Quelle: Wikipedia )
Stil
Möglicherweise eine Erfindung von Sternberg: Trickblende, die sich beim Überblenden verzerrt (Bild wird so verzerrt, als
würde man eine Seite in einem Buch umschlagen)
Versteckte Gleichstellungen (Zwillingsgestalten, Doppelgänger) zwischen Katharina/Sophie und Peter
Bilder, die mehr Bedeutung haben, als auf den ersten Blick erkennbar; damit auch durch die Zensur gekommen; z.B. Tod
der Katharina durch Pferd
Im Film werden viele Andeutungen gemacht
Szene, in der Katharina durch die Reihen der Armee stolziert, ist die Interpretation einer Operette von Jacques Offenbach
(Die Großherzogin von Gerolstein )
Sous les toits de Paris
(Unter den Dächern von Paris)
René Clair , 1930 (IMDb )
2008_23_sous_les_toits_de_paris.pdf
Der Regisseur
Französischer Regisseur und Schriftsteller
Kommt aus der Stummfilmzeit
Nähe zu Surrealismus und Dadaismus, jenseits von allem was damals populär war
Nur wenige herausragende Filme, auf denen sein Ruhm basiert
Spielte gerne mit Ton
Setzte sehr gerne bewegliche Kamera ein
Hat für breites Publikum gearbeitet, unterhaltsam, aber auch experimentell
Verlangte teilweise waghalsiges Verhalten von seinen Schauspielern, z.B. Ringen am Geländer des Eiffelturms
Wurde später eher ein Künstler für Künstler
Wurde gern zitiert von anderen Regisseuren, z.B. in Der Mieter (1976) von Roman Polanski körperlose Kamera als
Hommage an Quatorze Juillet (1933, siehe auch unten), die gleiche fließende Art der Kamerabewegung als Plansequenz
Hintergrund
Erster Tonfilm Clairs
Avantgardistischer Film mit Einflüssen des amerikanischen Slapsticks
Quatorze Juillet
(1933):
Unkonventioneller Einsatz von Filmmusik: fröhliche Musik unterbricht Einbruch (üblicherweise in einer solchen Szene
dramatische Musik)
Das Off kann dramaturgisch mitspielen: Frau geht hin und her, Kamera schwenkt mit Frau mit, dann aber erst verzögert
wieder zurück
Le Million
(1931):
Ein Filmmusical
Rugby in der Oper: Opernaufführung (Großbourgeoisie) wird mit dem Einfachen (Rugby-Spiel um die Jacke, in der sich der
Lottoschein befindet) in Verbindung gesetzt: Herren im Frack, Tonspur von echtem Rugby-Spiel
Stummfilmpersiflage: Spiel mit Elementen des Stummfilms: Szene wird von Klavierspiel begleitet, das auch tatsächlich in der
Szene zu sehen ist
Chansoneinlagen: Clair experimentierte gern mit Liedern, Vorform von Musikvideos, live gesungen, Chanson wird immer
wieder von Nebenhandlungen unterbrochen
Anfang: ähnlich zur Anfangsfahrt in Sous les toits de Paris, quasi nur noch verbessert: lange Fahrt über Modell von Paris,
fließender Übergang zu Set (vgl. Kamerafahrten in Faust [1926] von Friedrich Wilhelm Murnau und The Crowd [1928] von
King Vidor )
Merchandising
zu Sous les toits de Paris:
Ohrwurm: Lied, das extra für den Film komponiert wurde, wurde im Film so penetrant wiederholt, dass die Zuschauer es
haben wollten
Verkauf von Schallplatten und Noten zum Lied
Clair möglicherweise Erfinder von Film-Merchandising
Handlung
In René Clair's irrepressibly romantic portrait of the crowded tenements of Paris, a street singer and a gangster vie for the love of a
beautiful young woman. This witty exploration of love and human foibles, told primarily through song, captures the flamboyant
atmosphere of the city with sophisticated visuals and groundbreaking use of the new technology of movie sound. An international
sensation upon its release, Under the Roofs of Paris is an exhilarating celebration of filmmaking and one of France's most beloved
cinematic exports.
(Quelle: The Criterion Collection )
Stil
Extrem aufwendige Ausstattung, viele gebaute Kulissen (Häuser, etc.)
Verwendung komplizierter Kranfahrten
Unglaublicher Reichtum an Beziehungen zwischen Bild und Ton
Bewusster Einsatz von Stille als Stilelement
Relativ entspannter Umgang mit Sexualität
Doppelter Dialog:
Missverständnis/Missdeutung
Parallelmontage zweier Dialoge, die sich beide auf das gleiche Geschehnis beziehen
Nur beide Dialogteile vervollständigen die Geschichte
Der Kampf:
Kamera filmt von draußen in ein Restaurant, Ton ist zunächst stumm, erst wenn die Tür aufgeht sind Dialoge zu hören
Diskrepanz zwischen Bild und Ton:
1. Zuggeräusch übertönt Kampfhandlungen, aber Ton bleibt innerhalb der Szene, man sieht den Kampf, aber man hört ihn
nicht
2. Lampe wird zerschossen, erst da hört man den Kampf wieder, aber man sieht ihn nicht mehr
Das Grammophon:
Scheinbar filmische Begleitmusik, dann Witz mit hängender Nadel des Grammophons
Mechanischer Zustand der Musik wird reflektiert
Anfangsfahrt:
Fahrt von außen über die Dächer zu einem Innenhof
Eines der ersten Beispiele der Verwendung einer langen Plansequenz als Introduktion
Die Vertikale:
Vertikale Kranfahrt
Gekonntes Vermitteln der räumlichen Höhe der Kamera
Schwierige Kameraeinstellung, aufwändige technische Umsetzung
Verführung:
Spiel mit Füßen, nur Schritte gezeigt, Erzählung mit Beinsprache, ganz in der Tradition des Stummfilms
Optisch sehr fein ausgearbeitet
Surrealer Witz:
Verfremdungen von Alltagsgegenständen
Fast wie eine Idee von Salvador Dalí
Ursprüngliche Anfangsszene:
Anfang zunächst wie ein Stummfilm, dann (für das Publikum plötzlich) erst spät einsetzender Dialog
Wurde rausgeschnitten um die Anfangsfahrt stärker hervorzuheben
Poetischer Realismus in der Filmarchitektur:
Realistische, doch bis ins poetisch-märchenhaft getriebene Filmarchitektur
Vorsichtige Übertreibung der Realität, fast wie etwas Märchenhaftes
Auf den ersten Blick sehr realistisch, aber tatsächlich "pariser" als Paris
Stilisierung, traumhafter Glanz
Es kippt aber nie ganz aus der Realität raus
Ausstattung: Lazare Meerson
Le jour se lève
(Der Tag bricht an)
Marcel Carné , 1939 (IMDb )
2008_24_le_jour_se_leve.pdf
Der Regisseur
War herausragender Vertreter des poetischen Realismus , bei ihm immer sehr pessimistisch
War Regieassistent von Jacques Feyder
War neben Jean Renoir einer der wichtigsten französischen Filmemacher der 1930er Jahre
Typisch für seine Filme war eine symbolische Aufladung des Lichts und der Dekoration
Verwendete in seinen Filmen immer eine sehr starke Exposition
Ließ für seine Filme enorme Sets bauen, teilweise ganze Stadtviertel im Studio
Hintergrund
War auf den Filmfestspielen von Venedig 1939 als bester Film nominiert
Sehr pessimistische Grundhaltung, vielleicht aufgrund des aufkommenden Zweiten Weltkriegs
Als der Film 1939 herauskam war er politisch stark umstritten, wurde bei Ausbruch des Krieges sogar als demoralisierend
verboten
Kam in Deutschland erst 1955 in die Kinos
Poetischer Realismus:
Entstand im französischen Kino geprägt durch die wirtschaftliche Krise Anfang der 1930er Jahre
Drang nach Realitätsnähe und Sozialkritik
Themen: "Bevorzugung der düsteren Seiten des Lebens, Sympathie für die Benachteiligten, Aufmerksamkeit gegenüber
sozialen Problemen, speziell dem Konflikt zwischen Individuum und Gesellschaft, Situierung der Personen in einem
spezifischen Milieu" (Zitat Ulrich Gregor , Enno Patalas : Geschichte des Films [1973])
Bereitete den später in Italien entstandenen Neorealismus maßgeblich vor
Hauptdarsteller Jean Gabin :
Großer Star des französischen Kinos
Spielte für Carné auch in Quai des brumes (1938), siehe unten
Starqualität bringt immer gewisse Regeln mit sich: der Selbstmord einer von einem Star gespielten Figur aus vollkommener
Verzweiflung war undenkbar im Hollywoodschen Kino
Moralische Restriktionen bei Gabin nicht zwingend, sondern erfrischend anders, modern, europäisch
Gabin hatte es sich immer vertraglich zusichern lassen, im Film in einer Szene auszurasten
Quai des brumes
(1938):
Nähe zu Hollywoodschem Film noir
Bis ins Detail ausgetüftelte Lichtführung
Nebel: Simulation von Nebel teilweise durch Verlauffilter für Schärfe; keine Perspektive, kein Horizont, alles voller Nebel,
trist, pessimistisch, aussichtslos
Lichtpunkte: exzentrischer, unkonventioneller Umgang mit Lichtpunkten, wie zufällig statt filmisch konzipiert: Verlorenheit der
Figuren wird symbolisiert, in dem die Lichtpunkte, die oft fast wie Spots anmuten, neben den Figuren liegen: so wird die
Aufmerksamkeit von den Personen weggezogen (das Auge wandert immer zum hellsten Punkt); oft sind die Figuren sogar
nur Silhouetten
Doppelempfindung des Lichts: einerseits sehr realistisch, aber auch wieder sehr künstlich, weil zu absichtlich gesetzt
Gesichter: Lichtsituation macht sich selbstständig und erzählt die Geschichte mit; oft wechselt in jeder Einstellung
(Schuss/Gegenschuss) das Licht: mal ist die eine Figur eine Silhouette und die andere gut ausgeleuchtet, im Gegenschuss
dann umgekehrt
Les enfants du paradis
(1943-1945):
Ein Film über das Theater, Theaterstile, Theatergeschichte
Poetische Dialoge, die wie Alltagssprache wirken
Masse und Individuum: alle Helden, die aus der Masse auftauchen, können auch genauso schnell wieder in der Masse
verschwinden
Theatergeschichte: ein Thema des Films: der Hauptdarsteller will aus den Konventionen ausbrechen und ein Drama nicht so
spielen wie es bisher üblich war
Zynismus: Schmerz/Tragik des Helden (die Unerreichbarkeit seiner Geliebten) steht in starkem Kontrast zur Masse der
Feiernden
Handlung
Der mit einer Pistole bewaffnete Arbeiter François hat sich in seinem Zimmer im obersten Stock eines düster allein stehenden
Mietshochhauses in der Pariser Vorstadt verbarrikadiert. Die Polizei belagert das Haus. Der Arbeiter hat nicht wieder gut zu
Machendes getan: Er hat den Mann erschossen, der ihm die Verlobte Françoise ausspannte, eine Blumenverkäuferin. Dieser
Mann, Valentin, der sich mit Hundevorführungen in Lokalen durchschlägt, ist witzig und elegant, das hat Françoise verführt. Clara,
die ebenfalls einmal Valentins Geliebte war, hat François über den Treubruch seiner Verlobten aufgeklärt und wird ihrerseits zu
François’ Geliebter... Aber er kann Françoise nicht vergessen und hat Valentin erschossen, als dieser versuchte, ihn zu demütigen.
Das alles wird in Rückblenden erzählt, aus denen der Film immer wieder in die ausweglose Situation von François in seiner
Dachkammer in dem düsteren Mietshochhaus in der Pariser Vorstadt zurückkehrt. Als die Polizei das Haus stürmen will, begeht
François Selbstmord.
(Quelle: Wikipedia )
Stil
Interessanter Umgang mit Dialogen und Bauten/Filmarchitektur
In Rückblenden erzählt; im Gegensatz zu Le Crime de Monsieur Lange (1936) kehrt man aber immer wieder in die
Gegenwart zurück
Filmarchitektur:
Ausstatter Alexandre Trauner war Schüler/Assistent von Lazare Meerson , unter anderem bei Sous les toits de Paris
(1930)
vgl. Das Cabinet des Dr. Caligari (1920): theatralische Filmarchitektur
vgl. Cabiria (1914): große Sorgfalt bei Rekonstruktion der Realität
vgl. The Birth of a Nation (1915): Ford-Theater in dem Abraham Lincoln erschossen wurde nach Originalplänen
nachgebaut
Dialoge:
Nähe zu Realität, Alltag, Echtheit
Sehr umgangssprachlich, "vernuschelt", gewisse "aurale Unschärfe"
Tatsächlich aber filmisch konzipierte Dialoge
Autor: Jacques Prévert : Meister des Seiltanz zwischen alltäglichem Gerede und metaphenreicher, gehobener Sprache; war
guter Freund von Ausstatter Alexandre Trauner; schrieb ebenfalls die Dialoge bei Le Crime de Monsieur Lange (1936) von
Jean Renoir
Vertikale:
Konvention: Kamera führt am Anfang des Films in den Ort ein, wo der Hauptteil der Handlung stattfindet (vgl. Sous les toits
de Paris [1930])
Ort: Kreuzung/Platz in einem Arbeiterviertel, heterogene Baustile, Authentizität, aber Naturalismus nur Schein
Riesiger Wohnturm inmitten sehr viel kleinerer Häuser, nackt und einsam
Inhaltliche Aussage entsprechend dem Kern der Geschichte
Belagerung:
Hauptfigur hat sich selbst in Zimmer in Wohnturm eingeschlossen
Beschuss durch Polizei von anderem Haus
Fabrik & Blumen:
Hauptfigur erscheint in seiner Arbeitskleidung wie Marsmensch/Astronaut
Blumen verwelken schon während des (Kennenlern-)Dialogs der Hauptfiguren aufgrund der Verschmutzung in der Fabrik
Als Metapher Aussage über Umweltverschmutzung
Politische Aussage über Arbeitssituation eines Großteils der Bevölkerung in Frankreich
Individuum & Masse:
Hauptfigur oben im Fenster des Wohnturms, Menschen auf Platz
Hauptfigur wie ein politischer Redner, Tribun, Streikführer, der zu der Masse spricht
Dann Umkehrung: Masse spricht zu Hauptfigur, rhetorische Gewalt geht über zum "Volk", Durchhalteparolen, Motivation
Dann kommt die Polizei, wie bei einer politischen Veranstaltung, um die Masse aufzulösen
Wie eine politische Demonstration ohne politische Inhalte, nur individuelles Schicksal der Hauptfigur, aber alltagspolitische
Inhalte schwingen mit
Sonnenaufgänge:
Mietshaus wie ein Aussichtsturm, von dem aus man in die Zukunft schauen kann
Sonnenaufgang als Symbol für die Zukunft/Hoffnung/Optimismus wird zynisch unterwandert, umgekehrt: Held bringt sich bei
den ersten Sonnenstrahlen aufgrund seiner ausweglosen Situation um
Sonne wirft Licht ins Zimmer, erleuchteter Rauch von Tränengasgranate, wie sakrale Himmelfahrt
Links
Le jour se lève
bei marcel-carne.com
Olympia, 2. Teil: Fest der Schönheit
Leni Riefenstahl , 1938 (IMDb )
2008_25_olympia.pdf
Die Regisseurin
Aufgrund ihrer Nähe zum Nationalsozialismus eine der umstrittensten Figuren der Filmgeschichte
Hat keine direkt anti-jüdischen Filme gemacht, aber sehr wohl Filme, die sich den Vorwurf gefallen lassen müssen, die
nationalsozialistische Ideologie zu glorifizierten
Hatte beste Beziehungen zu Adolf Hitler und Joseph Goebbels
Konnte über große Budgets verfügen, enormer Produktionsaufwand, lange Produktionszeiten
Hatte vollständige Kontrolle über riesige Filmteams
War für damalige Zeit überaus emanzipiert
War außerordentlich begabte Filmemacherin
Hat als Schauspielerin begonnen, war aber nicht so gut
War sehr athletisch, hat Stunts selbst ausgeführt
Hintergrund
Zweiter Teil eines Dokumentarfilms über die Olympischen Sommerspiele 1936
Erster Teil : Fest der Völker
War Auftragsarbeit für das IOC und das "Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda "
Uraufführung am 20. April 1938, Hitlers 49. Geburtstag im Berliner Ufa-Palast
Die weiße Hölle vom Piz Palü
(1929):
Regie: Arnold Fanck (Außendrehs) und Georg Wilhelm Pabst
Leni Riefenstahl als Schauspielerin, gute Leistung
Riefenstahl spielte in 6 Filmen von Fanck eine Rolle
Riefenstahl lernte bei den Dreharbeiten sehr viel von Pabst
Das blaue Licht
(Spielszenen)
(1932):
Regiedebüt Riefenstahls
Riefenstahl übernahm außerdem Drehbuch, Produktion, Schnitt und Hauptrolle
Mystisch-romantischer Bergfilm
Starker Einfluss von Bildern Caspar David Friedrichs
Einfluss von Fanck und Papst
Erzählung in Bildern, Kraft der Bilder
Weckte die Aufmerksamkeit von Hitler und Goebbels, woraufhin Riefenstahl, die aus eigener Initiative mit Hitler Kontakt
aufgenommen hatte, den Auftrag bekam, Filme im Sinne der Führung der NSDAP zu drehen
Originalfassung fast quadratisch wegen frühem Tonfilmformat (Lichttonspur verkleinerte Bild)
Starke Komposition in Vertikale
Darstellung von Naturgewalten
Handlung
Nach einer Einleitung, die das Olympische Dorf und die Freizeitgestaltung verschiedener Mannschaften zeigt, werden die anderen
Sportarten (meist mit ihren Siegern) vorgestellt. Neben dem im ersten Teil des Films ausgelassenen Zehnkampf sieht man Turnen,
Segeln, Fechten, Moderner Fünfkampf, Polo, Radsport (Straßenrennen), Boxen, Feldhockey, Fußball, Reiten (Military), Rudern,
Schwimmen und Turmspringen. Der Film endet mit einem Lichterdom über dem Olympiastadion.
(Quelle: Wikipedia )
Stil
Kameratechnik:
Wechsel zwischen reportagehaftem Panorama, Schwenk, Untersicht, Zeitlupen, Subjektiven, Parallelfahrten
Einführung vieler technischer Neuerungen, z.B. Unterwasserkamera für Aufnahmen des Turmspringens
Einsatz von Handkameras
Montagebeispiele:
Symbolische Überhöhung durch optische Überblendungen
Emotionalisierende Musik
Spannung zwischen sportlichem Wettkampf und Publikumsanfeuerung
Scheinbar authentischer Kommentar durch Sprecher und gezeigte Publikumsreaktionen
Beim Marathonlauf: Beine in Zeitlupe symbolisieren nachlassende Kraft, Straßenbilder im Zeitraffer und Kommentar stehen
für anfeuernden Willen
Beim Fechten: Silhouetten auf dem Boden
Kult der Körper und Lenis "Männerharem":
Weiblicher Blick auf Männerkörper vs. nationalsozialistischer Körperkult
Springer-Sequenz:
Turmspringen der Männer wird zu einer Folge schwereloser Flüge in den Himmel
King Kong
(King Kong und die weiße Frau)
Merian C. Cooper , Ernest B. Schoedsack , 1933 (IMDb )
2008_26_king_kong.pdf
Die Regisseure
Kämpften beide im ersten Weltkrieg, lernten sich danach 1920 in der Ukraine kennen
Haben vor King Kong zusammen Dokumentarfilme mit Spielfilmsequenzen gemacht:
1. Grass: A Nation's Battle for Life (1925): speziell arrangiert für Kamera
2. Chang: A Drama of the Wilderness (1927): Fokus auf Exotik, Fremde; Effekt: Bild vergrößert sich bei Elefantenszene um
Dramatik zu steigern
Merian C. Cooper:
War ein US-amerikanischer Pilot, Abenteurer, Schauspieler, Regisseur, Drehbuchautor und Produzent
War eng mit John Ford befreundet: er und Ford waren keine einfachen Menschen, haben sich prima verstanden
Cooper hat viele Filme von Ford produziert, z.B. The Quiet Man (1952), Rio Grande (1950) und The Searchers
alle mit John Wayne in der Hauptrolle
Ernest B. Schoedsack:
War ein US-amerikanischer Kameramann, Regisseur und Filmproduzent
Hintergrund
Die Figur Carl Denham fungiert als Alter Ego/Doppelgänger von Regisseur Cooper
Produziert von RKO Pictures
War sehr großer Publikumserfolg
Remakes: 1976 (Regie: John Guillermin ), 2005 (Regie: Peter Jackson )
Vorgänger:
The Lost World (1925), Regie: Harry O. Hoyt , Spezialeffekte: Willis O'Brien
Creation (1931), Regie und Effekte: Willis O'Brien
Creation (1931):
Wurde nie fertiggestellt
Wirkt heute wie ein Technologietest für King Kong
Storyboards:
Extrem wichtig für Planung der Spezialeffekte
Waren bei King Kong sehr detailliert
Grausamkeiten & Zensur:
Hays Code : Selbstzensur in Hollywood
Erotik und Grausamkeiten wurden herausgeschnitten
(1956),
Fay Wray :
Spielte bereits in The Four Feathers (1929) für Cooper und Schoedsack eine Hauptrolle
Cooper überzeugte Wray die Rolle der Ann Darrow in King Kong anzunehmen angeblich mit den berühmt gewordenen
Worten: "You will have the tallest, darkest leading man in Hollywood."
Wray dachte dabei wohl eher an Cary Grant als an einen übergroßen Affen
"Beauty killed the Beast":
Eine der bekanntesten Taglines der Filmgeschichte
Wurde auch im Remake von Peter Jackson aufgegriffen
Handlung
Regisseur Carl Denham reist mit seiner Filmcrew auf dem Frachtschiff Venture zur entlegenen Insel Skull Island, um dort sein
neuestes Werk zu drehen. Die Insel ist auf keiner Karte verzeichnet und nur wenigen Menschen durch vage Überlieferungen ein
Begriff. Die Ureinwohner der Insel leben vom Rest der Insel durch eine hohe Mauer getrennt. Bei der Landung gerät die Besatzung
in eine Zeremonie der Inselbewohner vor dem Tor der Mauer, die dem lokalen Inselgott Kong gerade eine junge Frau opfern
wollen. Als die Kameramänner die Szene filmen wollen, werden sie entdeckt und umstellt. Die Flucht gelingt zwar, doch die
platinblonde Hauptdarstellerin Ann Darrow wird in der folgenden Nacht von den Eingeborenen vom Schiff entführt und zur neuen
Braut Kongs erkoren.
Zur Ehevollstreckung wird sie im Dschungel festgebunden und muss feststellen, dass ihr zukünftiger Gatte Kong ein gigantischer
Gorilla ist. Für Kong ist es Liebe auf den ersten Blick, und er sorgt sich aufopfernd um das Wohlergehen seiner Gemahlin. Unter
anderem verteidigt er sie gegen diverse Dinosaurier, die auf Skull Island noch nicht ausgestorben sind. Ein Rettungstrupp,
bestehend aus einigen Besatzungsmitgliedern, ist auf eine solche Begegnung mit urzeitlichen Riesenechsen nicht vorbereitet. Der
Trupp wird beim Marsch durch den Dschungel fast komplett aufgerieben, bis auf einen Mann. Ann wird dann schließlich von John
Driscoll, dem Ersten Offizier der Venture und einzig Überlebenden des Trupps, gerettet. Kong verfolgt sie, er durchbricht das Tor
der Mauer und veranstaltet unter den Eingeborenen ein Massaker. Es gelingt Carl Denham aber, Kong mit einer Gasbombe zu
betäuben und nach New York zu verfrachten.
Als „King Kong“ soll er in einem Broadway-Theater dem zahlenden Publikum präsentiert werden. Bei der Premiere wird er
allerdings vom Blitzlichtgewitter der Fotografen so wild, dass er seine Fesseln sprengt und daraufhin auf der Suche nach Ann
durch New York zieht. Auf seinem Weg löst er eine Massenhysterie aus und wirft mit Autos und U-Bahnen um sich.
Er findet seine Gemahlin in ihrem Apartment im Empire State Building vor, nimmt sie in seine schützende Hand und klettert mit ihr
bis auf die Spitze des damals höchsten Gebäudes der Welt. Dort setzt er Ann ab und muss sich mehrerer Doppeldecker des
United States Army Air Corps erwehren. Schließlich wird er von deren Maschinengewehrgarben tödlich verwundet und stürzt in die
Tiefe.
(Quelle: Wikipedia )
Stil
Spezialeffekte:
Stop-Motion zur Animation der Dinosaurier und Kong
Verschiedene Verfahren zur Kombination von Miniaturen/Modellen und realen Szenen:
1.
2.
3.
4.
Travelling Matte : sich bewegende Masken, mit denen mehrere Einstellungen übereinandergelegt werden
Rückprojektion : Schauspieler vor Leinwand, auf die Modellaufnahmen projiziert werden
Miniaturprojektion : kleine Rückprojektion von Realszenen in Modelle
Matte Paintings : gemalte Hintergründe, die mit realen Szenen und Miniaturaufnahmen/Modellen kombiniert werden
Teilweise dazu noch atmosphärische Effekte: Rauch, Nebel
Rückpro:
Rückprojektion zeigt Kamerafahrt entlang Miniatur-Dinosaurier
Schauspieler laufen scheinbar am Dinosaurier vorbei
Sehr gut gemacht
Format:
King Kong wahrscheinlich in frühem Tonfilmformat gedreht und später auf Academy-Format gekascht
Schrei und Nebel:
Filmteam und Dreh der Schreiprobe als Reflektion über das Filmemachen
Wie eine zynische Anweisung ans Publikum zu schreien wie Fay Wray um sich vom Schrecken der Bilder zu lösen
Sehr viel Information läuft über den Ton: treibende Musik beim Treiben durch den Nebel, Trommeln als Ankündigung einer
Bedrohung, Steigerung der Spannung
Schrei wird Sirene:
Schrei der fallenden Frau wird überblendet mit Sirene der heraneilenden Polizei
Sounddesign:
King Kong war einer der ersten Filme mit eigenem Sounddesign
Sounddesign als spezielle Aufgabe beim Film war erst mit Apocalypse Now (1979) entstanden
Tonhöhe der Soundeffekte immer etwas höher oder niedriger als Musikspur: Kombination von Soundeffekten und Musik wie
einheitliche, abgestimmte Partitur
Vielleicht der erste Tonfilm, in dem auch Dialogszenen mit Musik unterlegt wurden
Leitmotivik:
Verschiedene musikalische Themen für Kong und Ann mit Variationen
Mickeymousing:
Optische Bewegungen/Ereignisse werden vertont, entweder durch Soundeffekte oder Musik
Filmmusikkomponist Max Steiner hat Mickeymousing in King Kong häufig eingesetzt
Le Crime de Monsieur Lange
(Das Verbrechen des Herrn Lange)
Jean Renoir , 1936 (IMDb )
2008_27_le_crime_de_monsieur_lange.pdf
Der Regisseur
Gilt vielen als bedeutendster Regisseur Frankreichs
Für Renoir Filmen als ein Anlass Freunde zu treffen
Hat keinen Unterschied gemacht zwischen Profi- und Amateurschauspielern
Renoirs Arbeitsweise: Entwicklung von Tag zu Tag, tägliche Einfälle, Improvisation, sich von dem Moment leiten lassen,
keine Storyboards
Weitgehender Wegfall mit Einführung des Tonfilms: Planbarkeit, Methodik, Storyboards
Renoir hat weiter auf Spontaneität bestanden
Bestand auf echtem Ton und realen Sets (wenn möglich), dadurch hohe Authentizität
Hat gern Dialoge am Set vom Drehbuchautor entwickeln lassen: in Le Crime de Monsieur Lange leichte Poesie von Jacques
Prévert
Experimentierte ständig mit Filmtechnik und Mitteln des filmischen Erzählens, experimentelle Momente
War in Bild und Ton nicht an technischer Perfektion interessiert
Hat sehr viele unterschiedliche Arten von Filmen gemacht
War sehr stark von Erich von Stroheim (Greed [1924]) beeinflusst, siehe unten bei La grande illusion (1937)
Drehte sehr gerne sehr lange Einstellungen, Kamera immer in Bewegung/im Fluss, Kamera als eigener Protagonist
Hat sehr viel mit kleinen Budgets gearbeitet, aber auch mit Stars
Wird von vielen als Vorreiter des italienischen Neorealismus angesehen, vor allem durch Toni (1935), siehe unten
La Bête humaine (1938), Parallelmontage der Mordszene mit Chanson-Sänger:
Lied speziell für den Film geschrieben, Text von Renoir
Fast zynischer Kontrast zwischen Mordszene und süßlichem Tenor-Sänger
Großer Kontrast zwischen Mord und Chanson auch in der Bildgestaltung (Low Key vs. High Key)
Mord als Affekthandlung
Komplexe, präzise Kamerafahrt, die mit dem Voyeurismus der Zuschauer spielt: Zuschauer glaubt/erwartet den Mord zu
sehen, die Kamera bleibt aber auf dem Ehebett im Schlafzimmer stehen
Text des Liedes wird fast zu einem Kommentar zum Bild (2. Strophe)
Ist zunächst auf Frau gerichtet, später bei 3. Strophe auf Mann
Erzeugt Empathie/Mitleid für das Geschehen
Untermalen des Öffnens der Tür mit langem hohen Ton des Sängers
Nach dem Gesang (/dem Mord) nicht Beifall, was ein weiterer Höhepunkt des Zynismus wäre, sondern hochdramatische
Musik, die nur beim ersten Hinhören an Beifall erinnert
Toni
(1935):
Nur mit Laiendarstellern besetzt
Personelle Verbindung zum Neorealismus über Regieassistent Luchino Visconti (Ossessione [1943])
Szene "Die Leiche": Ironie: Mord wie nebenbei, nebensächlich, lapidar dargestellt, gegen die Gesetze des Genres
Szene "Der Wespenstich": durch einen Wespenangriff entsteht beim Traubenpflücken eine Liebesszene, die keine ist;
schöne Auflösung: nicht Schuss/Gegenschuss, sondern Schwenk
La grande illusion
(1937):
Erich von Stroheim als Darsteller, war große Ehre für Renoir
Am Anfang des Films Stroheim als draufgängerischer Flieger, später Gefängnisdirektor mit Halskorsett
Halskorsett war Idee von von Strohheim: Erzählen in Bildern: Flieger hatte Unfall, deshalb jetzt Gefängnisdirektor
Figur von Stroheims wird über den Raum und die Gegenstände/Requisite eingeführt (vgl. Hitchcocks Rear Window
[1954])
Erzeugung von Tiefe durch Plansequenz
Hintergrund
Ganzer Film als Rückblende erzählt
Gleichzeitig sozialer Kommentar, Liebesromanze und Kriminalfilm
Empathie/Sympathie der Zuschauer liegt bei Mörder
Spiel mit Amoralität, auch in Bezug auf Sexualität, z.B. mehrere Liebhaber oder Machtmissbrauch von Batala
Im Vergleich zu Scarface (1932):
Renoir musste mit deutlich weniger Budget auskommen
Alltäglicher, näher am Leben
Starke politische Färbung, Thematik Kollektiveigentum/Kooperative: Renoir und Prévert waren links orientiert
Handlung
Amédée Lange und Valentine sind auf der Flucht. An der belgischen Grenze finden sie in einem kleinen Hotel ein Zimmer. Die
Gäste des Restaurants schöpfen Verdacht, vermuten, daß Amédée ein von der Polizei gesuchter Mörder ist. Valentine erzählt
ihnen seine Geschichte.
Imbued with the spirit of the left-wing political movement, Popular Front, which would have a major political victory that year, the
film chronicles the story of M. Lange, a mild-mannered clerk at a publishing company who dreams of writing Western stories. He
gets his chance when Batala, the salacious head of the company, fakes his own death and the abandoned workers decide to form
a cooperative. They have great success with Lange's stories about the cowboy, Arizona Jim — whose stories parallel the real-life
experiences of the cooperative. At the same time, Lange and his his neighbor, Valentine, fall in love.
When Batala returns from the "dead," intending to reclaim the publishing company, Lange shoots and kills him (the "crime" of the
title). Lange and Valentine flee, stopping at an inn on the border where she tells his story to a group of men — appealing to them
to not turn Lange in. In the end, the men allow them to cross the border.
(Quelle: Wikipedia )
Stil
Fahrten:
Lange Einstellungen, Kamerafahrten, viel Bewegung
Typisch für Renoir
Liebesmoral:
In Frankreich sehr viel freier als in jedem anderen Filmland der damaligen Zeit
Der Zugunfall:
Kamerafahrt über Innenhof, Radio berichtet über Zugunglück, Blick in Zimmer, Schnitt in Zimmer
Innen und außen verschmelzen
Ein Arbeitstitel für den Film war Im Innenhof
Innenhof wie ein Raum
Wiederkehr des Toten:
Kamera bleibt sehr lange in Rückenansicht
Kein Schuss/Gegenschuss
Der Mord / Kreisen im Innenhof:
Jeweils 270° Schwenks
Das Ende:
Die Männer im Hotel als Volkstribunal
Der Mörder M. Lange erscheint sympathisch, seine Tat nachvollziehbar, der Ermordete Batala erscheint unsympathisch
Tribunal entscheidet sich, den Mörder gehen zu lassen, stellvertretend für das Publikum
Sohn des Eigentümers:
"Goldenes Herz, vertrocknetes Hirn, volles Portemonnaie" - Zitat Fred v. d. K.
Hilft bei der Flucht
Szene eigentlich sehr lapidar: "Oh, du hast jemanden ermordet, ja dann flüchtest du am besten mal."
Scarface
Howard Hawks , 1932 (IMDb )
2008_28_scarface.pdf
Der Regisseur
1896 in Goshen, Indiana geboren, 1977 in Palm Springs, Kalifornien gestorben
Gilt als grandioser Geschichtenerzähler, der die US-Filmgeschichte maßgeblich prägte
Arbeitete während seiner langen Karriere in nahezu allen Genres
Schrieb oft an Drehbüchern seiner Filme mit
Erfand den Archetypus der Hawkschen Frau
Erhielt 1975 einen Ehrenoscar (Lifetime Achievement Award)
Hintergrund
Basiert in freier Bearbeitung auf der Lebensgeschichte von Al Capone
Propaganda-Anteile im Film: Ansprache auf Texttafeln am Anfang des Films, die Regierung müsse mehr gegen das
organisierte Kriminalität tun
Drehbuch von Ben Hecht , der vor seiner Karriere als Drehbuchautor als Journalist in Chicago tätig war
Produziert von Howard Hughes
Remake 1983 durch Brian De Palma mit Al Pacino in der Hauptrolle
Scarface im Vergleich zu Le Crime de Monsieur Lange (1935):
Andere Art der Fokussierung, andere Art von Stil
Hoher technischer Aufwand, hohe technische Qualität des Teams
Deutlich höherer Production Value
Protagonist ist rücksichtslos, geht über Leichen
Doppelmoral des Protagonisten: Umgang mit Schwester im Vergleich zu Umgang mit Menschenleben
Fast kindliche Freude am Verbrechen, lausbübisch, fast kumpelhafte Beziehung des Zuschauers zum Protagonisten
Handlung
Der Gangster Tony "Scarface" Camonte arbeitet im Chicago der 1920er Jahre als Bodyguard und Auftragsmörder für den
Mafiaboss Louis Costillo, dessen Organisation um die Vorherrschaft bei der Verteilung von Alkohol und Drogen während der
Prohibition kämpft. Als Tony seinen Boss für den Konkurrenten Johnny Lovo verrät und erschießt, löst er damit einen blutigen
Bandenkrieg aus.
Zusammen mit seinem Partner Guino Rinaldo plant Scarface währenddessen aber die Übernahme von Lovos Organisation. Durch
den Mord an seinem früheren Boss hat er sich dort bereits Respekt verschafft. Zudem verliebt er sich in Lovos Geliebte, die
verwöhnte Poppy.
Zuhause muss Scarface die Verachtung seiner Mutter ertragen, die das Geld, das er nach Hause bringt, ablehnt, da es „schlechtes
Geld“ sei. Seine Schwester Cesca, mit der er ein beinahe leidenschaftliches Verhältnis hat, vergöttert ihn hingegen und hofft auf
ein besseres Leben durch seinen kommenden Reichtum als Gangsterboss.
Um sich in Lovos Bande weitere Anerkennung zu verschaffen, erledigt Scarface die Drecksarbeit für ihn – er erpresst Wirte, damit
sie von Lovo Alkohol beziehen, und tötet Lovos Gegner. Dabei dringt er auf eigene Faust immer wieder in das Territorium von
Lovos größtem Gegner, dem Gangsterboss O'Hara, ein. Dies verärgert Lovo, da dieser keinen Krieg mit O'Haras Organisation
riskieren will. Scarface ignoriert dies aber und lässt O'Hara von seinem Partner Guino töten. Damit zieht er Lovo in einen Krieg mit
dem Rest von O'Haras Organisation, die unter der Führung von Scarface letztlich vernichtet wird.
Um den damit steigenden Einfluss von Scarface in seiner Organisation zu beenden, lässt Lovo daraufhin ein Attentat auf ihn
verüben. Als dieses scheitert, stellt Scarface seinen Boss und tötet ihn.
Währenddessen verliebt sich Guino in Cesca und trifft sich heimlich mit ihr. Als Scarface durch Zufall von diesem Verhältnis erfährt,
erschiesst er Guino.
Von Schuldgefühlen geplagt wird Scarface nun von der Polizei gejagt. Mit seiner Schwester flüchtet er in ein Wohnhaus, das nun
von der Polizei belagert und beschossen wird. Als seine Schwester tödlich getroffen wird, verlässt er nicht das Haus und kämpft,
bis er daraufhin von der Polizei erschossen wird. Als alternatives Ende wird er nur verhaftet und später erhängt.
(Quelle: Wikipedia )
Stil
Symbolik im Film:
1. Von Scarface gepfiffene Todesmelodie
2. Kreuze (siehe Aus-x-en)
3. Münzspiel von Guino
Ständige Variation der Zeichen
Gewalt:
Gewaltorgie gegen Menschen und Gegenstände (Autos, Gebäude)
Für damalige Zeit unglaubliche Brutalität
Tod beim Bowling:
Spannungsaufbau durch aufmarschierende Gangster, die alle Ausgänge versperren
Boss spielt scheinbar ungerührt weiter, wird beim Werfen erschossen
Überblendung von Boss beim letzten Wurf zu rollender Kugel, einzelner Pin bleibt lange stehen, kippt dann aber doch
Aus-X-en:
Mehr oder weniger versteckte Kreuze im Bildhintergrund als Symbol für gestorbene Figuren, wie abgehakt
Z.B. Kreuze durch Licht und Schatten, Kreuze als Element in Requisite
Komik & Gewalt:
Restaurant wird aus fahrenden Autos beschossen, Sekretär versucht dabei zu telefonieren
Genremix aus Slapstick und brutaler Gewalt, ohne dass sich beide (zer-)stören
Plansequenz des Anfangs:
Hawks als ein früher Regisseur der das amerikanische Prinzip der Plansequenz als Introduktion verwendet
Sehr lange Sequenz mit Kamerafahrten
Räumliche Verhältnisse, die perspektivisch eigentlich gar nicht funktionieren können
Möglicherweise Veränderungen des Sets während der Kamerafahrten
Ein Ende für den Zensor:
Später nachgedrehtes alternatives Ende: Scarface wird von der Polizei abgeführt, Richter spricht Urteil, Scarface wird
gehängt
Subjektiven, als ob der Zuschauer für seine Empathie/Sympathie gegenüber Scarface bestraft wird
Hauptdarsteller Paul Muni ist nicht zu sehen, vermutlich weil er nicht mehr für die Produktion zur Verfügung stand
The American Bad Guys:
Thema meist Karriere von Verbrechern, die sich an die Spitze einer Organisation setzen
Oft Sympathieträger, die einen eigentlich abstoßen müssten, besitzen Anziehungskraft, die nicht da sein dürfte
Oft skrupellose Gangster, die im Angesicht ihrer Hinrichtung die Nerven verlieren und weich werden/zusammenbrechen
Lichtgestaltung:
Ganz besonders gut gelungen, sehr ungewöhnlich für Hawks
Kameramann Lee Garmes , der zuvor für Shanghai Express
Vom Licht her unruhiges Bild, sehr fleckiges Licht
Sehr Low Key, überstrahlendes Weiß, tiefes Schwarz
Gesichter im Schatten, nur beleuchtet von Lichtkanten
Shanghai Express
(1932) den Oscar für die beste Kamera gewonnen hatte
(1932):
Regie: Josef von Sternberg
Oscar für beste Kamera: Lee Garmes
Licht fast dominanter als Figuren
Brilliante Form von Lichtsetzung, sieht man oft bei Filmen von Sternbergs
His Girl Friday
(1940):
Tempo, fließende Kamerabewegungen, Fahrten
Merkwürdige Mischung aus Komödie und Drama
Screwball-Comedy : sehr schnelle Aktionen, Wortwitz, sehr schnelles Sprechen, Durcheinanderreden
Red River
(1948):
"ein Beispiel warum Hawks eigentlich kein guter Regisseur ist" - Zitat Fred v. d. K.
Second Unit drehte Vieherde (Stampede ) als Rückpro für Stars, schlecht umgesetzt
Stagecoach
(Ringo)
John Ford , 1939 (IMDb )
2008_29_stagecoach.pdf
Der Regisseur
Geboren 1894, gestorben 1973
Spezialist für Western, hat sich hauptsächlich im Western-Genre betätigt, aber auch in anderen Genres gearbeitet
Enorm lange Karriere (Regie ab 1917)
Viele Regisseure (z.B. Orson Welles ) sahen/sehen ihn als einen der größten Regisseure der Filmgeschichte (Welles hat
sich Stagecoach in den RKO-Studios dutzendfach vorführen lassen, um über das Filmemachen zu lernen)
Präzise Planung von Einstellungen, Motto für den Schnitt: "Schneide die Klappe weg, dann hast du den Film."
War in Interviews äußerst sarkastisch (Beispiel: Ford brachte Jean-Luc Godard in Verlegenheit, damals ein junger
Journalist für "Les Cahiers du Cinema", mit seiner Antwort auf die Frage Godards "What Brought you to Hollywood?": "A
train")
Eigener Lieblingsfilm (laut Interview): The Sun Shines Bright (1953)
Gewann mehr Regie-Oscars (nämlich vier) als jeder andere Regisseur
Trug seit 1956 eine Augenklappe, nachdem er nach einer Operation am Auge einseitig erblindete, weil er zu ungeduldig war
und die Verbände zu früh entfernte
Four Sons
(1928):
Berühmte Szene mit Baby, oft kopiert: Kind wird auf der Flucht in Prärie vergessen, galoppierende Reiter traben heran, Kind
wird in letzter Sekunde gerettet
The Iron Horse
(1924):
Thematisiert den Bau der ersten US-amerikanischen transkontinentalen Eisenbahnverbindung
Großer Aufwand: Eisenbahnstrecke (inkl. Eisenbahn) nachgebaut
Hintergrund
Basiert auf der Erzählung Stage to Lordsburg (dt. Postkutsche nach Lordsburg) von Ernest Haycox
Machte John Wayne zum Star und das Monument Valley (siehe auch unten) als klassische Western-Kulisse bekannt (die
Landschaft als Star)
War für sieben Oscars nominiert, gewann zwei (siehe IMDb )
Western-Genre klassischerweise sehr rassistisch/einseitig gegenüber Indianern: Indianer immer als Bösewichte; Filme mit
Standpunkt der Indianer erst sehr spät aufgekommen, z.B. Little Big Man (1970)
Kameramann Bert Glennon :
Hat in harter Schule gelernt: war Kameramann von Josef von Sternberg z.B. bei The Scarlet Empress (1934)
War 1940 für zwei Kamera-Oscars nominiert: "Best Cinematography, Black-and-White" für Stagecoach, "Best
Cinematography, Color" für Drums Along the Mohawk (1939, Regie: ebenfalls John Ford)
Blonde Venus (1932): Licht als sinnliche, fast erotische Qualität
The Red House (1947): extremes low-key Licht, Lichtpunkte, fleckiges Licht (eine C-Horrorfilm)
Young Mr. Lincoln (1939): z.B. sehr hohes, steiles Licht; Figuren im Schatten, Lichtpunkt auf Schuh
Drums Along the Mohawk (1939): erster Farbfilm Glennons; Ziel: Möglichkeiten des Schwarzweißfilms übertragen auf den
Farbfilm; z.B. flackerndes, waberndes Licht durch Regen und Feuer
Handlung
Der Film erzählt die Geschichte einer von neun Personen unternommenen Postkutschenfahrt von Tonto (Arizona) nach Lordsburg
(New Mexico).
Siehe Artikel in der Wikipedia .
Stil
Erster Eindruck der Figuren stellt sich als falsch heraus: Figuren sind nicht so, wie sie scheinen, z.B. ist die vermeintlich
verruchte Prostituierte Dallas eine sehr anständige Frau, und der vermeintliche Gentleman Hatfield ein schmieriger
Kartenspieler und Revolverheld, der vermutlich auch mal anderen Leuten in den Rücken schießt
Elemente eines Kammerspiels: in der Enge der Kutsche lernt man die einzelnen Figuren kennen
Der Gang der Prostituierten:
Die Prostituierte Dallas wird vom Sherrif und einer Gruppe "anständiger" Frauen ("morality society club") aus der Kleinstadt
Tonto vertrieben
Spießrutenlauf
Später im Film in Lordsburg die Gegenbewegung: Ringo und Dallas gehen gemeinsam durch die Stadt
Der Pfeil:
Die Gefahr durch einen Indianerangriff scheint vorüber, Doc Boone spricht gerade einen Toast aus
Dann unerwartet Pfeil, der Mr. Peacock trifft und die folgende Indianerattacke einleitet
Enge in Kutsche
Rückprojektion
Bildkomposition:
Sorgfältige Arbeit mit Academy-Format
Ford hat dem sehr guten Kameramann Bert Glennon die Bildkomposition und Lichtsetzung überlassen
Starke Betonung der Vertikalen, z.B. durch Verengung der Bildkomposition durch Tür, Durchblick mit Gegenlicht
Starke Betonung der Horizontalen, erzeugt Gefühl von sehr breitem Bild
Opposition von Vertikale und Horizontale: gleichwertig eingesetzt, Gegensatz verstärkt die jeweilige Wirkung
Sehr steiles Licht
Teilweise Decken im Bild zu sehen
Weitwinkel: Leute im Vordergrund deutlich größer als Leute im Hintergrund, forcierte Tiefenwirkung
Oft sehr tiefe Platzierung der Landschaft, starkes Gewicht auf Wolken
Teilweise gleichzeitig sehr hohe und sehr tiefe Platzierung von Figuren: maximal mögliche Distanz der Figuren im Bild
Starauftritt:
Etwas wacklige Kamerafahrt/Zoom auf John Waynes Gesicht
Dabei zwischendurch leichte Unschärfe, sicherlich unbeabsichtigt
Ford hat Wayne durch mehrere Filme zum Star aufgebaut, Wayne war eigentlich ein nur mittelmäßiger Schauspieler
Ford hatte im Gegensatz zu z.B. D.W. Griffith kein Problem mit Schauspielern als Stars eines Films
Monument Valley :
Fremder, eigenartiger Look
Karge Gegend, nur wenige Tafelberge in der Ebene, wie eine Marslandschaft
Wird auch als John Ford-Country bezeichnet
Ford drehte insgesamt neun Filme im Monument Valley
Ein Felsvorsprung, der mehrmals als Kamerastandort verwendet wurde, ist nach ihm benannt (John Ford's Point )
Ford drehte gerne im Monument Valley, da er durch die Entfernung zu Hollywood von den Produzenten unabhängiger war,
da diese den Besuch am Set und eine Übernachtung im Zelt ungern in Kauf genommen haben
Die Flussüberquerung:
Beispiel für ständigen Wechsel zwischen Betonung der Vertikalen und der Horizontalen
Indianerangriff/Verfolgungsjagd:
Rekord an Achsensprüngen
Der Versuch den verschiedenen Sonnenstand an einem langen Drehtag (Schattenwurf) durch ständige Wechsel der
Kameraperspektive auszugleichen sorgte für andauernde Achsensprünge
Teilweise sehr verwirrend: wo kommen welche Indianer her, wo reiten sie hin, wohin fährt die Kutsche?
Yojimbo
(Yojimbo – Der Leibwächter)
Akira Kurosawa , 1961 (IMDb )
Der Regisseur
siehe Rashomon (1950)
Hintergrund
War richtungsweisend und sehr einflussreich
Sehr nah am Western-Modell, wie in einer klassischen "Frontier Town" spielend
Trug mit zur Entstehung des Italo-Westerns bei
Mehrere Remakes: Für eine Handvoll Dollar (1964) von Sergio Leone , Last Man Standing (1996) von Walter Hill
Titelheld ist ein Rōnin : herrenloser, unehrenhaft entlassener Samurai , Außenseiter, wie ein Bettler mit großer
Vergangenheit
Kurosawa angeblich vom US-amerikanischen Roman Rote Ernte von Dashiell Hammett inspiriert, was er selbst jedoch in
Interviews stets bestritt
Handlung
Ein Rōnin kommt in ein Dorf, in dem zwei rivalisierende Banden um die Herrschaft kämpfen. Nachdem er sich mit der Situation
vertraut gemacht hat, entwickelt er einen Plan wie das Dorf von den kämpfenden Banditen befreit werden könnte. Er beginnt, die
eine Bande gegen die andere auszuspielen, mit dem Ziel, dass sie sich gegenseitig auslöschen. In die Quere kommt ihm dabei der
misstrauische Unosuke, Bruder eines der Bandenchefs und mit der überlegenen Kampfkraft eines Revolvers ausgestattet. Mit
seiner Hilfe trägt seine Seite den Sieg davon, und der Rōnin muss selbst in den Kampf eingreifen. In einem letzten Gefecht mit
dem Katana besiegt er Unosuke und dessen Bande und befreit das Dorf, das durch die vielen Kämpfe inzwischen fast
menschenleer geworden ist.
Stil
Ein Fest der Bilder, Kameramann: Kazuo Miyagawa (wie vorher in Rashomon [1950])
Der Held hat in den ersten 15 Minuten des Films kaum Text und beschränkt sich auf einen Beobachterstatus
Als der Rōnin nach seinem Namen gefragt wird, blickt er in die Landschaft und sagt, dass er "Sanjuro Kuwabatake" hieße,
was soviel bedeutet wie "dreissig-Jahre-altes-Maulbeerenfeld"; Yojimbo als Ursprung des Konzepts des namenlosen
Westernhelden (Man with No Name )
Die guten Seiten des Rōnin (Großzügigkeit, Hilfsbereitschaft, Gerechtigkeitsempfinden) werden immer wieder mit den
negativen (Zynismus, Gewaltbereitschaft) kontrastiert
Breitleinwand:
Kombination von Großaufnahmen und angeschnittenen Halbtotalen
Unglaublich starke bildkompositorische, grafische Qualität des Bildes
Betonung der Horizontalen
Kasch-im-Kasch:
Tür- und Fensteröffnungen als Durchblicke
Gedrängte Leute in Türen und Fenstern
Fenster:
Typische japanische Gebäude des 18. Jahrhunderts: zweistöckig, unten Laden, oben Wohnbereich; vor dem Haus meist
überdachte Galerie
Fenster mit Lattenstruktur, Verschläge werden aufgeschoben, Durchblicke entstehen
Positionen von Personen:
Außerordentlich genaue Kadrierung
Problematisch: Film eigentlich immer in Bewegung
Frage/Aufgabe: Wie kann man trotzdem Bildkomposition machen?
Antwort/Lösung: möglichst natürlich aussehende Bewegungen hin zu Positionen für schöne Bildkomposition
Verschmelzen von Stilisierung und Lebendigkeit
Feuerturm und Kampf:
Breitlandformat überbetont meist die Horizontale
Hier Betonung der Vertikalen durch Feuerturm
Der Titelheld wie ein Schiedsrichter beim Tennis
Hohe Stilisierung, spannende Geschichte, groteske Komik (Riese mit Hammer)
Kran und Gehängter:
Interessante Kadrierung
Zwei Banditen im Vordergrund, Füße eines vermeintlich Toten links im Bild angeschnitten, der totgeglaubte Held taucht im
Hintergrund auf
Dann Kranfahrt, Banditen laufen nach links weg, Kamera zeigt aufgehängten Kneipenwirt, der noch am Leben ist
Rückenansichten, Anfang und Ende:
Anfang: Schwert zeigt, dass die Figur ein Samurai ist oder war, Kratzen zeigt dass er ein gefallener Samurai ist
Charakterisierungsgeste: Figur schaut fast wie ein Raubvogel umher, ziellos, richtungslos, herrenlos
Am Ende erneut Rückenansicht: Held verlässt das Dorf, einem ungewissen Ziel entgegen
James Cagneys Geste:
Für Yojimbo aus Angels with Dirty Faces (1938) übernommen
Geste als Markenzeichen, ganz bewusst eingesetzt
Ursprünglich abgeschaut von einem Zuhälter
Der zölibatäre Held:
Kurosawa hat wenige Frauenrollen in seine Filme eingebaut
Der Held verzichtet grimmig auf erotische Abenteuer
Ganz im Gegensatz zu Yojimbo-Darsteller Toshiro Mifune , der ein großer Frauenheld war
Typisierungen:
1.
2.
3.
4.
Hund der Hand im Maul trägt
Kampf, bei dem ein Arm abgeschlagen wird
Langsam verrückt werdender Zeitangeber
Hämmern des Sargbauers
High Noon
(1952):
Schurke wird in Rückenansicht introduziert
Held am Ende verlässt in Rückenansicht die Stadt
War möglicherweise Inspiration für Rückenansichten am Anfang und Ende von Yojimbo
Der Bösewicht:
Pistole aus Kimono gezogen
Merkwürdig, ungewohnt
Vgl. Western: aus Hüftgurt gezogen
Die Dashiell Hammett -Vorlage:
Rote Ernte
Ziemlich genaue Umsetzung der Vorlage
Z.B. Yojimbo, der sich nach Gefangennahme zur Flucht in einer Kiste versteckt
Messer und Blatt:
Held wirft Messer auf vom Wind verwehtes Blatt
Rückwärts abgespielt: Messer wird weggezogen, Blatt weggeblasen
Der Hammer:
Wirkt in vielen Szenen sehr grotesk, eigenartig, komisch
War damals gängiges Arbeitsgerät
Einer gegen alle:
Glaubwürdigkeit durch balettartigen Spaß
Schaulaufen zum Showdown:
Zeitlupe, genau choreographiert
Zeitdehnung
Balettartig, traumhaft
Langsamer (Spannungs-)Aufbau
Abgeschlossen mit im Vergleich sehr schnellem Finale
Credits
filmgeschichte.wikispaces.com
Initiiert von Wolfram Kampffmeyer
Revival 2007 von Stefan Habel
Mit Beiträgen von:
(in alphabetischer Reihenfolge)
Maik Bialk
Andreas Dahn
Thilo Ewers
Letty Felgendreher
Flora Grolitsch
Katharina K.
Daniela D. König
Susanne Kohler
Sandro Lang
Florian Langanke
Moritz Mayerhofer
Martin Puttkammer
Moritz Schneider
Stalli
Lawrence Steele
Daniel Stern
Bastian Veigel
Georg von Mitzlaff
Karoline von Roques
Saara Waasner
Robert Wellie
Benjamin Wieg
Dank an:
Fred van der Kooij
Andreas Friedrich
100 Klassiker der Filmgeschichte
Eine Veranstaltung von Fred van der Kooij
an der Filmakademie Baden-Württemberg