Masterthesis

Transcription

Masterthesis
Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin
Freie wissenschaftliche Arbeit zur Erlangung des akademischen Grades
Master of Science in Wirtschaftsinformatik
Eine kritische Betrachtung des Kommunikationsszenarios „Steuerung von Lasten im Smart Grid“
nach BSI TR-03109 und die Vorstellung eines
Erweiterungsszenarios
Masterthesis
im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften II
im Studiengang Wirtschaftsinformatik
der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin
vorgelegt von: Marco Pultz
Thomas-Müntzer-Str. 19
15806 Zossen
Matrikel-Nr.: 529532
Erstbetreuer: Prof. Dr.-Ing. Jörg Courant
Zweitbetreuer: Prof. Dr. Thomas Pietsch
Abgabetermin: 30.03.2015
Zusammenfassung
Zusammenfassung
Die Energiewende in Deutschland ist eingeleitet. Der damit verbundene rasante
Ausbau von regenerativen Energien und der einhergehenden fluktuierenden
Stromerzeugung führt unser Stromnetz zunehmend an seine Belastungsgrenze.
Der notwendige Stromnetzausbau soll zukünftig durch den Einsatz von intelligenten Messsystemen zur Realisierung eines Erzeugungs- und Lastmanagements
reduziert werden. Die Arbeit hebt Potentiale intelligenter Steuerungssysteme hervor und identifiziert bestehende Herausforderungen der notwendigen Kommunikationsinfrastruktur zur Steuerung dezentraler Geräte im Smart Grid. Hierzu werden,
die für den 2017 geplanten Rollout intelligenter Messsysteme maßgeblichen Vorgaben der technischen Richtlinie „BSI TR-03109“, auf Stärken und Schwächen
untersucht. Weiterhin wird die Möglichkeit betrachtet, dass regional unterversorgte
Kommunikationsnetz auf Basis des neuen e*Nergy Funkrufnetz der e*Message
GmbH mit einer Empfängerinfrastruktur auszustatten. Darauf aufbauend wurden
verschiedene Varianten zur Ergänzung der vorgestellten Smart Meter Gateway
Systemarchitektur erarbeitet. Das vorgestellte Erweiterungsszenario kompensiert
identifizierte Schwächen bei der Gruppenschaltung von Anlagen und soll den
Stromnetzbetreiber bis zum geplanten Rollout intelligenter Messsysteme dazu befähigen, Geräte aus netzdienlichen Gründen zu schalten. Die Eingliederung der
Umsetzungsvarianten in einen Planungshorizont und das damit verdeutlichte Ergänzungspotential zum Rollout intelligenter Messsysteme 2017, bildet eine Gesprächsgrundlage, um diese in einem Dialog mit den zuständigen Gremien und
Arbeitsgruppen des BMWi, BSI und FNN zu diskutieren.
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite I
Abstract
Abstract
The energy transition is initiated in Germany. The associated swift development of
renewables and the associated fluctuating power generation is resulting in our grid
reaching its maximum load. The necessary electricity grid can be reduced by the
application of intelligent measuring systems in the implementation of generative
and load management. This thesis discusses the potential of intelligent control
systems and identifies existing challenges of the essential communications infrastructure for the steerage of peripheral devices within the Smart Grid. For this purpose the strengths and weaknesses of the decisive standards of the technical
guideline “BSI TR-03109” of the projected rollout of intelligent measuring systems
in 2017 will be assessed. Furthermore the possibility will be considered, to equip
the regional underdeveloped communication network on the basis of the new
e*Nergy radio circuit from the e*Message GmbH. Based on this, different options
for the supplement of the introduced Smart Meter Gateway system architecture
have been acquired. The presented enlargement scenario is mitigating identified
weaknesses of the multiple series of facilities and is believed to enable the grid
operator to control devices for appropriate reasons till the rollout of intelligent
measuring systems. The integration of implementation variants in a planning horizon and the thereby clarified supplementary potential to the rollout of intelligent
measuring systems in 2017 provides the foundation for discussions with responsible committees and working groups of the BMWi, BSI and the FNN.
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite II
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung.............................................................................................. I
Abstract .............................................................................................................. II
Inhaltsverzeichnis.............................................................................................. III
Abbildungsverzeichnis........................................................................................ V
Tabellenverzeichnis........................................................................................... VI
Abkürzungsverzeichnis .................................................................................... VII
1 Einleitung ....................................................................................................... 1
1.1 Zielstellung und Aufbau der Arbeit ........................................................... 2
1.2 Unternehmensvorstellung der Bosch Software Innovations GmbH ......... 4
2 Überblick über das deutsche Stromnetz ........................................................ 5
2.1 Die Energiewende – hochgesteckte Ziele bis 2050 ................................. 5
2.2 Erneuerbare Energien als Herausforderung einer sicheren
Stromversorgung ..................................................................................... 8
2.3 Möglichkeiten der Reduzierung von Zusatzkosten im Netzausbau........ 12
2.4 Schalten in der Niederspannung............................................................ 15
3 Smart Meter Gateway als Schlüsselelement für den Umbau zu
intelligenten Netzen...................................................................................... 18
3.1 Klärung des regulatorischen Rahmens .................................................. 18
3.2 Die Rolle des Smart Meter Gateways .................................................... 23
3.3 Systemarchitektur, Sicherheit und Prozess nach BSI TR-03109 ........... 24
3.4 Prozessschritte zur Steuerung von CLS Geräten .................................. 29
4 Ohne flächendeckende Kommunikationsinfrastruktur kein Smart Grid ........ 35
4.1 Status des Breitbandausbaus in Deutschland ....................................... 35
4.2 Weitere Herausforderungen beim Aufbau der Kommunikationsstrecken hinzu intelligenten Messsystemen........................................... 37
4.3 Das e*message Sicherheitsnetz ............................................................ 40
5 Erweiterungsszenario zum netzdienlichen Schalten in der Niederspannung 44
5.1 Ausgangsszenario „Netzdienliches Schalten von CLS-Geräten“ ........... 44
5.2 Identifikation von Schwachstellen beim netzdienlichen Schalten........... 47
5.3 Versenden von Gruppensteuerbefehlen mittels e*nergy Funknetz ........ 52
5.3.1 Steuerbefehl mittels e*Nergy Sicherheitsfunknetz......................... 52
5.3.2 Vorteile des Ergänzungsszenarios ................................................ 54
5.3.3 Getroffene Annahmen zur Geräteinfrastruktur .............................. 56
5.3.4 Variante 1 – Rückmeldung über Ortsnetztransformatoren ............ 58
5.3.5 Variante 2 – ereignisgesteuerte Rückmeldung über das SMGW .. 61
5.3.6 Variante 3 – Messwertanfrage über SMGWA................................ 65
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite III
Inhaltsverzeichnis
5.4 Weitere Einsatzmöglichkeiten des e*message Sicherheitsnetzes ......... 67
5.5 Gegenüberstellung der erarbeiteten Kommunikationsszenarien ........... 69
5.6 Entwicklungspfad des vorgestellten Ergänzungsszenarios.................... 73
6 Zusammenfassung der Erkenntnisse........................................................... 78
Literaturverzeichnis ..............................................................................................i
Anhang............................................................................................................... vi
A BPD - Steuerung von CLS Geräten nach BSI TR-03109......................... vi
B Expertenbefragung Stromnetz Berlin (Gedächtnisprotokoll) ................... vii
C Expertenbefragung e*message GmbH .................................................... xi
D Inhaltsverzeichnis der CD ...................................................................... xiv
Eidesstattliche Versicherung ............................................................................. xv
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite IV
Abbildungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 : Anteil Bruttostromerzeugung nach Energieträgern in Deutschland
(gesamt 610 TWh)........................................................................ 7
Abbildung 2 : Funktionsweise der Stromversorgung (Ausschnitt Bildquelle) ...... 8
Abbildung 3 : Leitungslängen der Spannungsebenen im deutschen Verteilnetz 9
Abbildung 4 : Netzausbaubedarf bis 2032 - Zeitliche Entwicklung der
Zusatzkosten, ............................................................................. 11
Abbildung 5 : Mögliche Auswirkungen des Einspeisemanagements................ 14
Abbildung 6 : Struktur der Technischen Richtlinie BSI TR-03109 .................... 21
Abbildung 7 : geplante Stufen des Rollouts intelligenter Messsysteme............ 22
Abbildung 8 : Smart Meter Gateway im Zentrum der verschiedenen
Kommunikationsnetze ................................................................ 25
Abbildung 9 : Absicherung der Kommunikation zwischen CLS und EMT......... 26
Abbildung 10 : Überblick Prozess „Steuerung von CLS Geräten“ .................... 30
Abbildung 11 : Prozess „Steuerung von CLS Geräten“ Detailausschnitt 1 & 2 31
Abbildung 12 : Prozess „Steuerung von CLS Geräten“ Detailausschnitt 3 ....... 32
Abbildung 13 : Prozess „Steuerung von CLS Geräten“ Detailausschnitt 4 ....... 33
Abbildung 14 : Breitbandverfügbarkeit ≥ 1 Mbit/s in Deutschland .................... 36
Abbildung 15 : StromPager Kommunikationsweg ............................................ 43
Abbildung 16 : Ausgangsszenario im Niederspannungsnetz............................ 45
Abbildung 17 : Überblick identifizierter Schwachstellen ................................... 48
Abbildung 18 : Steuerbefehl mittels e*Nergy Funknetz versenden................... 53
Abbildung 19 : Variante 1 - Rückmeldung über kommunikationsfähige ONTs . 60
Abbildung 20 : Variante 2 - Rückmeldung mittels ereignisgesteuerten
Teilprozess ............................................................................... 62
Abbildung 21 : Variante 2 - Schaltbefehl löst Messwertanfrage bei Zähler aus 62
Abbildung 22 : HKS3 - Transparenter Kanal initiiert durch CLS ....................... 63
Abbildung 23 : Variante 3 – Messwertanfrage über SMGWA........................... 66
Abbildung 24 : Entwicklungspfad der vorgestellten Varianten .......................... 75
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite V
Tabellenverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 : Bewertung der Umsetzungsvarianten............................................. 71
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite VI
Abkürzungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abk
Abkürzung
BMWi
Bundesministerium für Wirtschaft und Energie
BPD
Business Process Diagramm
BPL
Broadband over Power Lines
BPMN
Business Process Model and Notation
CLS
Controllable Local System
DSL
Digital Subscriber Line
EE
erneuerbaren Energien
EEG
Erneuerbare-Energien-Gesetz
EMT
Externer Marktteilnehmer
EnWG
Energiewirtschaftsgesetz
HAN
Home Area Network
iMSys
intelligente Messsysteme
IKT
Informations- und Telekommunikationstechnologie
iZ
intelligenter Zähler
KNA
Kosten-Nutzen-Analyse
LMN
Local Metrological Network
MSB
Messstellenbetreiber
ONT
Ortsnetztransformator
SMGW
Smart Meter Gateway
SMGWA
Smart Meter Gateway Administrator
BSI TR
Technische Richtlinie BSI TR-03109-11
VNB
Verteilnetzbetreiber
WAN
Wide Area Network
1
BSI 2013c
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite VII
Einleitung
1
Einleitung
Strom ist in unserer hoch entwickelten Gesellschaft ein existentielles Gut. Als
Grundlage unserer modernen, arbeitsteilig organisierten und zunehmend stärker
vernetzten Lebensweise ist ein stabiles Stromversorgungssystem ausschlaggebend für die Wahrung unseres Wohlstandes und den Zusammenhalt der Gesellschaft. Ein gefürchteter flächendeckender „Blackout“ (Stromausfall) würde die
Grundfeste unserer modernen Gesellschaft stark erschüttern und hätte Auswirkungen in allen Lebensbereichen.2
Glücklicherweise gehört das deutsche Stromnetz mit einer durchschnittlichen Ausfalldauer von 15 Minuten zu den sichersten in ganz Europa. 3
Jedoch stellen die weiter voranschreitende Energiewende und der damit verbundene rasante Ausbau von regenerativen Energieerzeugungsanlagen, unser bestehendes Energienetz zunehmend vor erhebliche Herausforderungen. Deutlich
wird dies anhand der bevorstehenden Sonnenfinsternis am 20. März 2015. Die bei
wolkenfreien Himmel zu erwartenden überdurchschnittlich hohen Schwankungen
der Solarstromerzeugung müssen durch Ersatzkapazitäten ausgeglichen werden. 4
Eine Studie der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin fasst die Situation
insgesamt als beherrschbar zusammen, weist aber auf eine ganze Reihe notwendiger Maßnahmen, wie den Einsatz von Energiespeichern und die gezielte Steuerung von Erzeugungsanlagen, hin.5
Mit den ambitionierten Ausbauzielen erneuerbarer Energien6 und dem beschlossenen vorzeitigen Atomausstieg bis 20227 für Deutschland wird die aktuelle Situation weiter verschärft und es ist an der Zeit das deutsche Stromversorgungsnetz
für die stetig zunehmende Dynamik der Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen vorzubereiten.
Der dafür notwendige milliardenschwere Netzausbau soll durch den Einsatz von
intelligenten Netztechnologien abgemildert werden.8 Diese befinden sich aktuell in
der Entwicklungs- oder Erprobungsphase. So werden erste standardisierte Lösungen für 2017 in Form von intelligenten Messsystemen erwartet. Doch der geplante
2
Thomas Petermann et al. 2010, S. 1
Niederhausen et al. 2014, S. 52
4
FAZ 2015
5
Johannes Weniger et al. 2014
6
Bundestag 2014 § 1 Abs. 2
7
Bundesregierung 2015b
8
Dr.-Ing. Jens Büchner et al. 2014
3
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 1
Einleitung
stufenweise Rollout intelligenter Messsysteme wird aufgrund des Umfangs weitere
Jahre Zeit beanspruchen, um erste Konzepte der intelligenten Netze (Smart Grids)
zu realisieren. Doch wie beherrschbar werden die täglichen Leistungsschwankungen, verursacht durch die fluktuierenden regenerativen Energieträger Wind und
Photovoltaik, dann noch sein?
Ein wichtiger Bestandteil für diese zu etablierenden intelligenten Netze stellt die
kommunikationstechnische Vernetzung der verschiedenen Komponenten dar, um
die Schaltvorgänge im Smart Grid zu realisieren. Aber ist das Kommunikationsnetz in Deutschland auf den bevorstehenden Wandel vorbereitet?
1.1
Zielstellung und Aufbau der Arbeit
Die vorliegende Arbeit geht auf das Potential der Steuerung von dezentralen Einspeise- und Verbrauchsanlagen im Rahmen der Energiewende ein. In diesem Zusammenhang werden die gesetzlichen Vorgaben zur Realisierung einer Schaltinfrastruktur zur „Steuerung von Lasten im Smart Grid“ auf Umsetzungsrisiken untersucht. So soll sich die Bearbeitung an den folgenden beiden Thesen orientieren.
„Die BSI TR-03109 erfüllt höchste Sicherheitsstandards im Smart Grid, aber
die Architektur reicht für die Anforderungen des netzkritischen Schaltens im
Niederspannungsnetz nicht aus.“
„Die Regelungen der BSI TR-03109 schützen den Verbraucher, aber es bedarf zusätzlicher Kommunikationsansätze für das netzdienliche Schalten von
CLS-Anlagen.“
Weiterhin soll für identifizierte Schwachstellen ein möglicher Lösungsansatz vorgestellt werden, der den bestehenden gesetzlichen Umsetzungsrahmen ergänzt.
Der vorgestellte Lösungsansatz soll die SMGW-Systemarchitektur mit seinen hohen Sicherheitsstandards in keiner Weise gänzlich anzweifeln, sondern ist vielmehr als konstruktiver Vorschlag zu verstehen, den es in einem Dialog mit den
zuständigen Gremien und Arbeitsgruppen des BMWi, BSI und FNN zu diskutieren
gilt.
Aufbau der Arbeit
Um sich den aufgestellten These zu nähern, wird in Kapitel 2 zunächst die aktuelle Situation der Stromversorgung in Deutschland aufgegriffen, um die Notwendigkeit von Geräteschaltungen zu klären. Dazu wird auf aktuelle Ziele, den Ausbaustand und bestehende Herausforderungen der Energiewende eingegangen.
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 2
Einleitung
Weiterhin werden die Begriffe netzdienlich und netzkritisch im Kontext der deutschen Stromversorgungsinfrastruktur voneinander abgegrenzt.
Darüber hinaus werden in Kapitel 3 der aktuelle Rechtsrahmen und die vorgesehene Systemarchitektur zur Integration der geplanten intelligenten Messsysteme
nach technischer Richtlinie vorgestellt. Zudem werden neben einem exemplarischen Kommunikationsszenario zur Steuerung von Geräten auch die hohen Sicherheitsstandards der technischen Richtlinie erläutert.
Kapitel 4 stellt den aktuellen Stand des Breitbandausbaus in Deutschland dar und
geht auf mögliche Aufwandstreiber zur Realisierung, des in Kapitel 3 erläuterten
Kommunikationsszenarios, ein. Darüber hinaus wird ein Funknetz vorgestellt, dass
in dem vorgestellten Erweiterungsszenario zum Einsatz kommt.
Kapitel 5 untersucht den in Kapitel 3 vorgestellten Kommunikationsprozess nach
technischer Richtlinie anhand eines Ausgangsszenarios auf Schwachstellen. Weiterhin wird ein Erweiterungsszenario zur Ergänzung des vorgestellten Kommunikationsszenarios erarbeitet. Dieses soll die identifizierten Herausforderungen entsprechend kompensieren und somit einen Beitrag zum erfolgreichen Rollout intelligenter Messsysteme in Deutschland leisten. Eine Eingliederung des Lösungsvorschlages in einen möglichen Entwicklungspfad, fasst die Ergänzungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung bestehender Systeme und dessen gemeinsamer Entwicklung, zusammen.
In Kapitel 6 werden abschließend die erarbeiteten Ergebnisse und Erkenntnisse
unter Einbeziehung der aufgestellten Thesen zusammengefasst.
Die vorliegende Arbeit bedient sich nicht nur der aktuellen Gesetzeslage, verfügbarer Fachartikel, veröffentlichter Studien und technischer Spezifikationen, sondern wird durch fundierte Erkenntnisse aus durchgeführten Expertenbefragungen
ergänzt.
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 3
Einleitung
1.2
Unternehmensvorstellung der Bosch Software Innovations GmbH
Die Erstellung der Arbeit wurde durch die Bosch Software Innovations GmbH unterstützt und ist in enger Abstimmung mit den Kollegen Matthias Gutschmidt und
Jens Borchart, aus dem Produktbereich „Energie“ entstanden. Aus diesem Grund
soll das Unternehmen und dessen Bezug zum Energiemarkt einleitend vorgestellt
werden.
Die Bosch Software Innovations GmbH wird als Teil der Bosch-Gruppe mit 550
Mitarbeitern an Standorten in Deutschland, China, Singapur und den USA vertreten. Mit professionellen Softwarelösungen werden die Kunden aus Industrie, Mobilität und dem Energiesektor auf dem Weg in das „Internet of Things“ (Internet der
Dinge) begleitet.9 Aber auch die klassischen Geschäftsbereiche werden mit dem
Kernprodukt „Bosch IoT Suite“ unterstützt. Dieses vereint die Möglichkeiten eines
modernen
Business-Process-Management
(BPM)
und
Business-RulesManagement (BRM) Systems zur Realisierung eines durchgängigen Geschäftsprozessmanagements, einer Stamm- und Bewegungsdatenverwaltung sowie Prozessautomatisierungen.
Aus der langjährigen Projekterfahrung des Unternehmens sind im Bereich
„Energy“ innovative Softwarelösungen hervorgegangen, die den Energiemarkt bei
aktuellen und zukünftigen Aufgabenstellungen unterstützen. Hierunter befindet
sich eine Lösung zur Realisierung notwendiger Marktkommunikation zwischen den
unterschiedlichen Rollen im Energiemarkt.
Im Produktportfolio befinden sich aber auch Softwarelösungen zum Betrieb virtueller Kraftwerke, der notwendig werdenden Administration von Smart Meter Gateways sowie der „Rollout Process Manager“ zur optimalen Umsetzung des geplanten Rollout intelligenter Messsysteme.10
9
Bosch SI 2015b
Bosch SI 2015a
10
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 4
Überblick über das deutsche Stromnetz
2
Überblick über das deutsche Stromnetz
Mit seinen Zielen und Projekten zum Gelingen der Energiewende tritt Deutschland
als einer der Top 10 Stromverbraucher weltweit (Platz 6 im Jahr 2013) 11 in eine
Vorbildfunktion für andere Länder. Die Bestrebungen Deutschlands für eine erfolgreiche Energiewende rücken also nicht nur in den Fokus der deutschen Öffentlichkeit, sondern werden auch auf europäischer und weltweiter Ebene diskutiert. Die
bevorstehenden Herausforderungen der Energiewende müssen durch innovative
Konzepte gemeistert werden und Lösungen für den deutschen, aber auch den
internationalen Markt hervorbringen.
In diesem Kapitel soll der notwendige Handlungsbedarf unter Einbeziehung der
Ziele im Rahmen der ausgerufenen Energiewende hervorgehoben werden. Weiterhin wird das Potential zur Reduktion des notwendigen Verteilnetzausbaus mittels intelligenter Lösungen dargestellt.
2.1
Die Energiewende – hochgesteckte Ziele bis 2050
„Die Energiewende ist unser Weg in eine sichere, umweltverträgliche und
wirtschaftlich erfolgreiche Zukunft.“12
Sie beschreibt den Wandel des deutschen Energieversorgungssystems von der
zentralen Stromerzeugung aus fossilen Energieträgern wie Kohle, Gas und Atomenergie, hin zu regenerativen Energieträgern wie Sonne, Wind und Wasser.
Diese Entwicklung wird neben dem europaweit steigenden Umweltbewusstsein
(vgl. Ziele Energiefahrplan 2050)13 und formulierten Zielen durch zunehmende
Ängste vor Atomkatastrophen, wie dem Reaktorunglück von Fukushima im Jahr
2011, politische Abhängigkeiten von Öl- und Gasimporten und der endlichen
Reichweite fossiler Energieträger (zwischen 50 und 160 Jahre)14 weiter angetrieben.
11
statista 2014b
BMWi 2015b
13
European Commission 2011
14
Wesselak et al. 2012, S. 126
12
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 5
Überblick über das deutsche Stromnetz
Ziele der Energiewende
Zur weiteren Intensivierung der bereits erreichten Bemühungen wurden für
Deutschland die Kernziele des Ausbaus der erneuerbaren Energien und der Erhöhung der Energieeffizienz formuliert.15 Die folgenden Ziele stellen einen Auszug
der formulierten Ziele dar und repräsentieren einen Teil der „10-Punkte-EnergieAgenda des BMWi“.16

Mit dem Reaktorunglück in Fukushima wurde der vorzeitige Atomausstieg bis
2022 entschieden.17

Der Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase soll bis 2050 um 80 bis 95 Prozent gegenüber 1990 gesenkt werden.18

Reduzierung der Unabhängigkeit von Öl- und Gasimporten.19

Der Betrieb von 1 Million Elektrofahrzeuge bis 2020 in Deutschland.20

Der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung soll bis 2050 stufenweise auf 80 Prozent steigen.21
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) fasst die Erzeugungsarten der Wasserkraft, Windenergie, Geothermie sowie Energie aus Biomasse und solarer Strahlungsenergie unter dem Begriff „erneuerbare Energien“ zusammen.22
Die aktuellen Anteile der verschiedenen Energieträger an der Bruttostromerzeugung in Deutschland werden in der folgenden Grafik deutlich. So werden heute
(Abbildung 1 - Stand 2014) bereits 25,8 % aus erneuerbaren Energien gewonnen.
15
BMWi 2015b
BMWi 2015b
17
Bundesregierung 2015b
18
BMUB 2014
19
Thomas Meyer 2014
20
Bundesregierung 2015a
21
Bundestag 2014 § 1 Abs. 2
22
Bundestag 2014 § 5 Abs 14
16
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 6
Überblick über das deutsche Stromnetz
Abbildung 1 : Anteil Bruttostromerzeugung nach Energieträgern in Deutschland
(gesamt 610 TWh)23
Dieser heute schon hohe Anteil der erneuerbaren Energien an der Bruttostromerzeugung Deutschlands und die gesetzlich fixierte Erwartung diesen Anteil in den
nächsten Jahren auf 45 % (bis 2025), 60 % (2035) bis hin zu 80 % zu erhöhen hat
jedoch umfangreiche Folgen für die bestehende Versorgungsinfrastruktur in
Deutschland.
Wind- und Photovoltaik als fluktuierende Energieträger
Mit einem Anteil von 14,6 % an der Bruttostromerzeugung wird mehr als die Hälfte
der erneuerbaren Energie aus Wind- oder Photovoltaikenergie (PV) erzeugt. Diese
sind in ihrer erzeugten Strommenge jedoch sehr stark von der jeweiligen Wetterlage und der Tages- sowie Jahreszeit abhängig. So erreichen diese Erzeugungsformen, verglichen mit konventionellen Kraftwerken wie Kohle- oder Gaskraftwerken, nur verhältnismäßig wenige Volllaststunden und unterliegen recht hohen
Leistungsschwankungen über den Tagesverlauf. Aus diesem Grund spricht man
auch von fluktuierender oder volatiler Energieerzeugung.24
Neben der immer stärker schwankenden Menge des erzeugten Stroms stellt die
zunehmende Dezentralisierung der Erzeugungsanlagen ein weiteres Problem für
den Transport und die Verteilung des Stroms im Verteilnetz dar. Zur Verdeutlichung der Auswirkungen dieses Wandels werden anschließend die Struktur sowie
die Anforderungen an das deutsche Verteilnetz vorgestellt.
23
24
BMWi 2014a
dena 2015
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 7
Überblick über das deutsche Stromnetz
2.2
Erneuerbare Energien als Herausforderung einer sicheren Stromversorgung
Das Stromnetz in Deutschland wurde historisch bedingt für den Transport und die
Verteilung, des durch wenige zentrale Großkraftwerke25 erzeugten Stromes, hin zu
den Verbrauchern26 für einen gerichteten Lastfluss (siehe Abbildung 2 „traditionelle
Lastflüsse“) konzipiert.
Abbildung 2 : Funktionsweise der Stromversorgung (Ausschnitt Bildquelle)27
25
Anmerkung: z. B. Kohle- und Kernkraftwerke
Anmerkung: z. B. Industrie- und Haushaltskunden
27
Agentur für Erneuerbare Energien 2015
26
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 8
Überblick über das deutsche Stromnetz
Die großen und mittleren Kraftwerke speisen den Strom in das Hoch- und Höchstspannungsnetz, mit dessen Hilfe dieser über große Entfernungen direkt zu industriellen Großabnehmern transportiert oder in die Mittelspannungsnetze zur weiteren
Verteilung eingespeist wird. Vom Mittelspannungsnetz wird der Strom über Umspannwerke in die lokalen Niederspannungsnetze (230 bis 400 Volt) eingespeist,
um über das jeweilige Ortsnetz den Endverbrauchers (z. B. Haushalte und Gewerbe) zu versorgen.28
Für den Betrieb der Höchstspannungsnetze sind in Deutschland vier Übertragungsnetzbetreiber zuständig.29 Die restlichen Netzebenen werden dem Verteilnetzbetrieb zugeordnet, der sich auf etwa 888 Verteilnetzbetreiber (VNB) aufteilt. 30
Die Verteilnetzbetreiber sind für die Versorgung von circa 46 Mio. Haushalts- und
rund 3 Mio. Gewerbekunden zuständig, wozu eine nicht unerhebliche Netzinfrastruktur benötigt wird (siehe Abbildung 3).
Abbildung 3 : Leitungslängen der Spannungsebenen im deutschen Verteilnetz31
Der Betrieb der Verteilnetze unterliegt strikten Regeln. So sind die Verteilnetzbetreiber für eine gleichbleibende Versorgungsqualität verantwortlich und müssen
die Frequenz sowie die Spannung des Niederspannungsnetzes in definierten
Grenzbereichen halten. Die in der Norm „DIN EN 50160“ definierten Spannungskriterien bilden eine wichtige und zugleich auch restriktive Randbedingung für die
Integration von erneuerbaren Energien (EE).32 Denn als Folge der zunehmenden
Einspeisung dezentraler und volatiler erneuerbarer Energie (Wind und PV) auf den
untersten Spannungsebenen, kann sich der ursprüngliche Lastfluss umkehren,
(siehe Abbildung 2; „wetterabhängige Lastflüsse“) was zu erhöhten Belastungen
28
acatech 2012, S. 18 f.
Anmerkung: Tennet TSO, 50Herz Transmission, Amprion, TransnetBW
30
Dr.-Ing. Jens Büchner et al. 2014, S. 5
31
Dr.-Ing. Jens Büchner et al. 2014, S. 5
32
Dr.-Ing. Jens Büchner et al. 2014, S. 87
29
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 9
Überblick über das deutsche Stromnetz
und somit auch Spannungsschwankungen im Verteil- und Übertragungsnetz führt
und nicht unerhebliche Infrastrukturmaßnahmen zur Stabilisierung der Stromversorgung in Form von Netzausbau nach sich zieht (siehe Abschnitt 2.3).
Neben dem notwendigen Netzausbau ist ebenfalls eine Erweiterung der Überwachungsinfrastruktur notwendig, denn eine Beobachtung der Netzdienlichkeitsparameter (z. B. Spannung und Frequenz) war bisher aufgrund der beschriebenen
unidirektional ausgerichteten Stromversorgung auf der unteren Verteilungsebene
nicht notwendig. Daher fehlt es bis heute in der Mittel- und Niederspannung an
notwendigen Überwachungsvorrichtungen. Nur rund 5 % der insgesamt circa
650.000 Ortsnetzstationen werden überwacht. Diese sind jedoch notwendig, um
dem Netzbetreiber die notwendigen Informationen über den gegenwärtigen Zustand seiner Netze beurteilen zu können und dieses weiterhin stabil und zuverlässig zu betreiben.33
Verschärft wird dieser Umstand mit einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes34. Demnach haftet der Netzbetreiber für Überspannungsschäden gegenüber dem Endverbraucher. Dies führt zu einer Nachweispflicht des Produktes
„Strom“ durch den Lieferanten gegenüber dem Kunden in der untersten Spannungsebene.35
Der weitere EE-Ausbau fordert hohe Investitionen in die Netzinfrastruktur.
Die beschriebenen Anforderungen an das Verteilnetz und seine Auslastung werden sich mit dem zunehmenden Ausbau von EE-Anlagen sehr dynamisch entwickeln. In Anbetracht der ehrgeizigen Ziele (siehe Abschnitt 2.1) wird die Anzahl
der EE-Anlagen in den nächsten Jahren weiter zunehmen. Die installierte Leistung
wird sich bis 2032 mindestens auf 120 GW installierte Leistung verdoppeln (vgl.
Szenarien der Verteilnetzstudie).36
Mit der installierten Leistung wird sich auch die Anzahl der installierten Anlagen
erhöhen. So sind heute bereits über 1 Million PV-Anlagen im Niederspannungsnetz angebunden, was dem überwiegenden Teil der installierten PV-Leistung entspricht. Windanlagen sind hingegen vorrangig in der Mittelspannung eingebunden.37
33
BITKOM 2011, S. 7
BGH 2014
35
Mark Nigge 2014, S. 5
36
Dr.-Ing. Jens Büchner et al. 2014, S. 10 ff.
37
Dr.-Ing. Jens Büchner et al. 2014, S. 6 f.
34
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 10
Überblick über das deutsche Stromnetz
Die hohe Beschleunigung des Ausbaus der dezentralen, fluktuierenden erneuerbarer Energieanlagen bringt das Netz zunehmend an seine Grenzen, wodurch
dessen Ausbaubedarf stetig steigt. Um die Versorgungssicherheit weiterhin gewährleisten zu können, ist schnelles Handeln notwendig. Die vorgestellten Entwicklungsannahmen der EE-Anteile an der Bruttostromerzeugung machen einen
nicht unerheblichen Ausbau der Übertragungs- und Verteilnetze notwendig. Die
Notwendigkeit wird in der Verteilnetzstudie sehr differenziert nach angenommenem Ausbauszenario, Region38 und Spannungsebene im Zeitverlauf bis 2032 betrachtet. Bei konventionellem Netzausbau geht man im EEG-Szenario von zusätzlichen Investitionen39 von rund 23 Mrd. Euro aus, um den steigenden Anforderungen an die Netzinfrastruktur gerecht zu werden (siehe Abbildung 4).
Abbildung 4 : Netzausbaubedarf bis 2032 - Zeitliche Entwicklung der Zusatzkosten40, 41
Diese Zusatzkosten wirken sich entsprechend negativ auf die Höhe der zu erhebenden Netzentgelte aus und tragen beispielsweise für die Niederspannungsebene (Gewerbe und Haushalte) je nach Region im Entwicklungsszenario „EEG 2014“
zu einem Kostenanstieg von 4 % bis zu 17 % bei.42
38
Anmerkung: Nord, Ost, Süd und West sowie ländlich und städtische Netze
Anmerkung: Zusätzlich zu den ohnehin erforderlichen Investitionen zur Aufrechterhaltung der
Netzinfrastruktur
40
Dr.-Ing. Jens Büchner et al. 2014, S. 50
41
Anmerkung: OPEX: „Operating Expenses“ – jährliche Betriebskosten für Messstellenbetrieb,
Messung, Abrechnung
42
Dr.-Ing. Jens Büchner et al. 2014, S. 63
39
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 11
Überblick über das deutsche Stromnetz
2.3
Möglichkeiten der Reduzierung von Zusatzkosten im Netzausbau
Bereits im vorigen Absatz wurde deutlich, dass die Zunahme von EE-Anlagen im
Rahmen der ausgerufenen Energiewende einige Verteilnetzbetreiber, vor allem im
Niederspannungsbereich, vor erhebliche Herausforderungen stellen wird. So werden der bestehende Trend einer zunehmenden Anzahl von dezentralen Verbrauchs- und Erzeugungsgeräten, die Verfügbarkeit von kosteneffizienten Speicherlösungen für den Endverbraucher und erste auslaufende Förderungen von
EEG-Anlagen die Stromflüsse in Zukunft stärker beeinflussen und deren Prognose
immer schwerer machen. Aus diesem Grund sollen Möglichkeiten dargestellt werden, die dazu beitragen können, die notwendigen Zusatzkosten des Netzausbaus
zu reduzieren.
Die Verteilnetze müssen „intelligenter“ werden.
Wurde bisher genau so viel Strom erzeugt, wie er benötigt wurde, so muss in Zukunft möglichst Energie verbraucht werden, wenn sie zur Verfügung steht. Dieser
Wandel von einem nachfrage- zum angebotsorientierten System soll auf Basis
eines intelligenten Versorgungssystems, auch Smart Grid genannt, realisiert werden. 43
„Ein Smart Grid (intelligentes Energieversorgungssystem) umfasst die Vernetzung und Steuerung von intelligenten Erzeugern, Speichern, Verbrauchern
und Netzbetriebsmitteln in Energieübertragungs- und -verteilungsnetzen mit
Hilfe von IKT.“44,45
Die Smart Grid Infrastruktur soll den Energiemarkt revolutionieren und zur Lösung
der Herausforderungen der Energiewende beitragen. Einen wesentlichen Kernbaustein von Smart Grids bilden intelligente Messsysteme. Diese auch Smart Metering Systems genannten Komponenten bilden eine wichtige Grundlage für die in
den folgenden Kapiteln erläuterten Ansätze zur Steuerung von Erzeugungs- und
Verbrauchsinfrastrukturen.
Unter einem intelligenten Zähler (iZ), versteht man Messeinrichtungen, „[…]die
den tatsächlichen Energieverbrauch und die tatsächliche Nutzungszeit widerspiegeln und sicher in ein Messsystem […]46 eingebunden werden können. Es handelt
sich um einen digitalen Stromzähler, der durch die transparente Erfassung und
43
BSI 2014, S. 6
Anmerkung: IKT: Informations- und Telekommunikationstechnologie
45
BMWi 2014b, S. 55
46
Bundestag 2005 § 21c Abs. 5
44
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 12
Überblick über das deutsche Stromnetz
Veranschaulichung von Einspeisung und Verbrauch den Verbraucher zu energieeinsparendem Verhalten motivieren soll.47
Ein intelligentes Messsystem (iMSys), „[…] ist eine in ein Kommunikationsnetz
eingebundene Messeinrichtung zur Erfassung elektrischer Energie, das den tatsächlichen Energieverbrauch und die tatsächliche Nutzungszeit widerspiegelt.“48
Man spricht also von intelligenten Messsystemen, wenn die intelligenten Zähler
zusätzlich in ein Kommunikationsnetz eingebunden werden.
Die Realisierung des Kommunikationsnetzes wird im Kapitel 3 durch den Einsatz
des sogenannten Smart Meter Gateway (SMGW) als vorgesehene Kommunikationseinheit detailliert erläutert. Der aktuelle Stand des geplanten Rollout von intelligenten Zähler (iZ) und Messsysteme (iMSys) sowie die entsprechenden Einbauverpflichtungen werden im Absatz 3.1 dargestellt.
Die intelligenten Messsysteme bilden die geräteseitige Grundlage der intelligenten
Netze (Smart Grids), die durch verschiedene Ansätze zur Reduzierung der Netzausbaukosten beitragen sollen.
Lösungsansätze zur Reduzierung der Netzausbaukosten.
Das Erzeugungsmanagement soll durch ein mögliches Steuern von EE-Anlagen
die auftretenden Belastungsspitzen (z. B. verursacht durch Wetterschwankungen)
und die damit verbundene notwendige Maximalkapazität des Verteilnetzes reduzieren. So geht die Verteilnetzstudie von potentiellen Einsparungen des Netzausbaus um bis zu 44 % aus, wenn die Reduzierung der Einspeiseleistung fluktuierender Erzeugungsanlagen (Wind und PV) um circa 3% der Jahresleistung je Anlage ermöglicht wird (siehe folgende Abbildung). An dieser Stelle ist hervorzuheben, dass rund die Hälfte der heute installierten Leistung von Photovoltaik (PV)
Anlagen über keine IKT Anbindung zum Schalten verfügen.49 Die tatsächlichen
Zusatzkosten lassen sich nach Abzug der notwendigen Aufwände der zusätzlich
notwendigen IKT-Infrastruktur immerhin noch um 15% reduzieren. Obwohl mit 58
% der Einsparungen der größte Effekt in der Niederspannung erreicht wird, ließen
sich weiter Einsparpotentiale durch die Schaltung von Anlagen < 7 kW erzielen.50
47
BMWi 2015a, S. 1–2
Bundestag 2005 § 21d Abs. 1
49
Dr.-Ing. Jens Büchner et al. 2014, S. 67–68
50
Dr.-Ing. Jens Büchner et al. 2014, S. 76–81
48
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 13
Überblick über das deutsche Stromnetz
Abbildung 5 : Mögliche Auswirkungen des Einspeisemanagements51
Ein ebenfalls hohes Potential geht von einem direkten Lastmanagement aus, bei
dem der Netzbetreiber steuerbare Verbraucher zum Ausgleich von Lastspitzen zuoder abschalten kann. Es ist jedoch hervorzuheben, dass der notwendige Netzausbaubedarf in den ländlichen Regionen durch ein aktives Lastmanagement
nicht nennenswert verringert werden kann, da die erzeugte Leistung durch EEAnlagen die lokale Verbrauchslast um ein Vielfaches übersteigt. Als Beispiel eines
erfolgreichen Lastmanagements im städtischen Raum ist das im Absatz 4.3 vorgestellte StromPager System zur Steuerung von Nachtspeicherheizungen, KraftWäre-Kopplungsanalgen und anderen Verbrauchern hervorzuheben. Beim indirekten Lastmanagement werden dem Verbraucher Anreize, zum Beispiel durch eine
dynamische Strompreisgestaltung, gegeben, um sein Verbrauchsverhalten an die
situativ verfügbare Strommenge anzupassen. Diese Form der Lastbeeinflussung
unterliegt einer höheren Reaktionszeit, da der Verbraucher entsprechend auf die
gegebenen Preisimpulse reagieren muss. Mit dem zukünftig wachsenden Anteil
an Wärmepumpen, Energiespeichern, Elektromobilen und Klimaanlagen wird in
Deutschland ein steigender Einfluss durch preisgesteuerte Lastverschiebungen
erwartet.52
Eine weitere intelligente Netztechnologie stellt der Einsatz von intelligenten beziehungsweise regelbaren Ortsnetztransformatoren (ONT) dar. Diese sind in der
Lage, die Toleranzbereiche der Spannungsanhebung im Niederspannungsnetz zu
erhöhen. Der gezielte Einsatz dieser intelligenten ONTs kann im Zusammenhang
51
52
Dr.-Ing. Jens Büchner et al. 2014, S. 76
Dr.-Ing. Jens Büchner et al. 2014, S. 84–86
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 14
Überblick über das deutsche Stromnetz
des erläuterten Erzeugungsmanagement zu Einsparungen im Vergleich zum konventionellen Netzausbau von bis zu 20 % führen und stellt somit eine ideale Ergänzung, der in den folgenden Kapiteln vorgestellten Infrastruktur zur Steuerung
von Einspeise- und Erzeugungsanlagen, dar. Durch dieses Beispiel werden vor
allem die möglichen Synergieeffekte durch den Einsatz von Informations- und Telekommunikationstechnologie deutlich. 53
Neben den präsentierten Lösungsansätzen ist die Vereinheitlichung der notwendigen Kommunikations- und Steuerungsinfrastruktur durch standardisierte Schnittstellen wichtig, um eine finanzierbare Infrastruktur für die verschiedenen Anwendungsbereiche aufbauen zu können. Denn von einer folglich höheren Marktpenetration standardisierter Geräte würden auch Bereiche wie das virtuelle Kraftwerk
(VPP) durch kosteneffizientere Geräteanbindungen profitieren.54
2.4
Schalten in der Niederspannung
Die vorgestellte historische Netzstruktur wurde, wie bereits erläutert, nicht für die
zunehmende dezentrale Einspeisung konzipiert. Volatile Engpässe erfordern häufigeres Eingreifen der Netzbetreiber, um die Netzstabilität und dessen hohe Qualitätsanforderungen sicherzustellen. Im Kontext dieser Eingriffe fallen immer wieder
die beiden Begriffe „netzdienlich“ und netzkritisch“. Beide Begriffe werden in der
Fachwelt aktiv genutzt, obwohl sie keiner klaren Definition durch den Gesetzgeber
unterliegen. Folgend sollen die beiden Begriffe erläutert werden.
„Von einem netzdienlichen Einsatz eines Betriebsmittels ist die Rede, wenn
betriebliche Maßnahmen derart eingesetzt werden, dass die Netzkapazität
erhöht wird.“55
So soll zum Beispiel ein netzdienlicher Steuervorgang, eine Lastoptimierung
durch Verlagerung von Verbräuchen in eine Schwachlastzeit, einen positiven Nutzeneffekt auf den Netzbetrieb haben. 56, 57 Weiterhin basiert ein netzdienlicher Eingriff auf einer vorherigen Beobachtung einer sich anbahnenden Grenzwertverlet53
Dr.-Ing. Jens Büchner et al. 2014, S. 88–107
Anmerkung: Ein VPP bezeichnet den Zusammenschluss mehrerer kleinerer Kraftwerke zu einer
virtuellen Erzeugungseinheit. Dadurch können Lastflüsse im Energienetz optimiert und Regelleistung angeboten werden. So werden bisher häufig projektspezifisch eigene Schalteinheiten
und Kommunikationsanbindungen für die relevanten Anlagen verbaut.
55
Dr.-Ing. Jens Büchner et al. 2014, S. 133
56
Anmerkung: Schwachlastzeit: an Wochentagen werden zwischen 22 und 6 Uhr immer unter 80%
der Tagesspitze erreicht; vgl. hierzu Expertenbefragung Stromnetz Berlin frage 1
57
Ernst & Young 2013, S. 224
54
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 15
Überblick über das deutsche Stromnetz
zung und unterliegt somit einer gewissen Vorlaufzeit. Daher liegt die akzeptierte
Reaktionszeit zur Realisierung einer netzdienlichen Schaltung im „unteren Minutenbereich“.58
Ein netzkritischer Schaltvorgang stellt immer die letzte Wahl dar. So wird die
Netzstabilität durch Grenzwertverletzungen akut gefährdet und schnelles Handeln
ist notwendig. Die notwendigen Steuervorgänge unterliegen sehr hohen Anforderungen an die Ausführungsgeschwindigkeit und Verfügbarkeit notwendiger Kommunikationsinfrastruktur und der zu steuernden Kapazitäten (Reaktionszeit unter
100 ms). Ebenfalls werden die Möglichkeit einer Vorrangregelung gegenüber anderen Services und eine Verfügbarkeit von mindestens 99,99 % gefordert. Der
Einsatz der Infrastruktur intelligenter Messsysteme, wie sie im nächsten Kapitel
erläutert wird, ist laut KNA nicht für kritische Anwendungen zu erwarten.59
BDEW Ampelkonzept
Um die verschiedenen Anwendungsfälle zwischen den verschiedenen Marktrollen
der Energiewirtschaft zukünftig besser einordnen zu können, hat der Bundesverband der Deutschen Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) ein Ampelmodell
entwickelt. Es beschreibt die drei Systemzustände rot, gelb und grün. Diese sollen
das jeweilige Zusammenwirken zwischen Netzbetrieb und marktgesteuerten Prozessen in Abhängigkeit der aktuell vorherrschenden Übertragungs- und Verteilnetzsituation regeln. Es hilft darüber hinaus die netzdienlichen (gelbe Phase) und
netzkritischen Situationen (rote Phase) genauer einzuordnen.

Im grünen Bereich stehen ausreichend Netzkapazitäten zur Verfügung und der
Markt kann frei agieren und seine Produkte uneingeschränkt anbieten.60

Im gelben Bereich werden erste Netzengpässe beobachtet und Schwellwerte
erreicht. In dieser Phase sind netzdienliche Maßnahmen notwendig und es finden noch marktgetriebene Entscheidungsprozesse statt.

Der rote Bereich beschreibt den netzkritischen Zustand. In dieser Phase liegt
die ausschließliche Priorität bei der Sicherstellung des Netzbetriebes und der
Netzbetreiber leitet entsprechende Notfallmaßnahmen (z. B. Regelenergie,
Lastabwürfe, Einspeisemanagement) ein. 61, 62, 63
58
Marco Pultz 2015b, S. Frage 1-3
Ernst & Young 2013, S. 202
60
Marco Pultz 2015b, S. Frage 1
61
BMWi 2014b, S. 39
59
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 16
Überblick über das deutsche Stromnetz
CLS als möglicher Standard zur Gerätesteuerung
Steuerbare Energieverbraucher und -erzeuger werden im Kontext, der folgend
erläuterten Smart Meter Gateway Architektur als Controllable Local Systems
(CLS) bezeichnet. Über die sogenannte CLS-Schnittstelle sollen nicht nur Windund Photovoltaikanlagen, sondern auch Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen oder intelligente Haushaltsgeräte gesteuert werden.64 Neben diesen Geräten ist auch die
Steuerung der zur Lastverlagerung gut geeigneten Nachtspeicherheizungen und
eMobil Ladesäulen denkbar. Die Entwicklung der CLS-Schnittstelle als möglicher
Standard zur Kommunikation in intelligenten Netzen bleibt abzuwarten und wird
maßgeblich vom geplanten Rollout (siehe Absatz 3.1) und der Marktakzeptanz der
intelligenten Messsysteme abhängen.
Über welche Infrastruktur werden Geräte bisher gesteuert?
Neben eigens aufgebauten Kommunikationsnetzen und der Verwendung von Zeitschaltuhren, ist die Steuerung mittels Tonfrequenz-Rundsteuerung (TFR) sehr
weit verbreitet. So werden beispielsweise in der deutschen Hauptstadt Berlin rund
30.000 Verbrauchseinrichtungen mit dieser Technik gesteuert.65 Da diese Technik
nach jahrzehntelangem Einsatz das Ende ihrer Lebensdauer erreicht hat, steigen
die Kosten für Instandhaltung und Betrieb stetig. 66 Weiterhin wird die Datensicherheit, der über die bestehende Stromnetzinfrastruktur versendeten Steuersignale,
als nicht mehr zeitgemäß eingeschätzt und sind aus diesen Gründen für den breiten Einsatz im Erzeugungsmanagement nicht mehr geeignet.67
Das nächste Kapitel stellt die geplante Architektur des Smart Meter Gateway vor.
Diese soll eine sichere und zuverlässige Kommunikationsplattform für beschriebene netzdienliche Steuerungen, virtuelle Kraftwerke und SmartHome Anwendungen
bereitstellen. Hervorzuheben ist an dieser Stelle, dass sich die folgenden Betrachtungen ausschließlich auf die Niederspannungsebene des deutschen Verteilnetzes konzentrieren.
62
VDE, S. 61–62
Marco Pultz 2015b, Frage 1
64
Windkraft-Journal 2014
65
Stromnetz Berlin 2014b
66
Mark Nigge 2014, S. 8
67
Dr.-Ing. Jens Büchner et al. 2014, S. 68
63
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 17
Smart Meter Gateway als Schlüsselelement für den Umbau zu intelligenten Netzen
3
Smart Meter Gateway als Schlüsselelement für den Umbau
zu intelligenten Netzen
Um den in Kapitel 2 beschriebenen Paradigmenwechsel im Energieversorgungssystem Deutschlands beziehungsweise ganz Europas zu realisieren, bedarf es,
wie ebenfalls erläutert, eines Ausbaus hin zum intelligenten Netz (Smart Grid).
In diesem Kapitel soll ein Kernbaustein der zukünftigen intelligenten Netzstruktur
vorgestellt werden – das Smart Meter Gateway (SMGW). Neben der geplanten
Systemarchitektur, den Hauptanwendungsfällen und den gesetzlichen Rahmenbedingungen wird der geplante Kommunikationsablauf für die Steuerung einer
unterbrechbaren Verbrauchseinrichtung in der Niederspannung detailliert erläutert.
3.1
Klärung des regulatorischen Rahmens
Die im folgenden Absatz beschriebenen Beschlüsse der EU und deutscher gesetzlicher Umsetzungen geben den Rahmen einer geplanten Einführung von intelligenten Messsystemen vor.
Um die Erreichung der Europäischen Ziele (siehe Absatz 2.1) zur Erhöhung der
Energieeffizienz voran zu treiben, wurden verschiedene EU-Richtlinien erlassen.
Bereits die Richtlinie 2006/32/EG fordert die Einführung von Zählern für Strom,
Gas und Fernwärme zu finanziell vertretbaren Preisen, „[…]die den tatsächlichen
Energieverbrauch des Endkunden und die tatsächliche Nutzungszeit widerspiegeln.“68
Weiterhin fordert das 3. Binnenmarktpaket 2009/72/EG die flächendeckende (bis
2020 sollen 80 % aller Verbraucher mit intelligenten Messsystemen ausgestattet
werden) Einführung von intelligenten Messeinrichtungen in allen europäischen
Mitgliedstaaten, sofern die Einführung im jeweiligen Mitgliedsland durch eine Kosten-Nutzen-Analyse positiv bewertet wurde.69
Die EU-Energieeffizienzrichtlinie 2012/27/EU konkretisiert den Rahmen der Einführung von „intelligenten Zählern“ und stellt neben dem gesamtwirtschaftlichen zu
ermittelnden Nutzen auch den „[…] Kunden hinsichtlich Datenzugang, Datenver-
68
69
Europäische Union 2006 Artikel 13, Abs. 1
Europäische Union 2009 Anhang 1, Ziffer 2
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 18
Smart Meter Gateway als Schlüsselelement für den Umbau zu intelligenten Netzen
wendung und Datenschutz in den Mittelpunkt.“70 Denn dieser soll maßgeblich
durch transparentere Energieflüsse dazu befähigt werden, sein Verbrauchverhalten anzupassen und so zu den formulierten Energiesparzielen der EU beitragen.
Beauftragt durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) wurden 2013 die Ergebnisse der „Kosten-Nutzen-Analyse für einen flächendeckenden Einsatz intelligenter Zähler“ (KNA) in Deutschland von Ernst & Young
vorgestellt. Das untersuchte EU-Szenario für Deutschland (bis 2022 80 % aller
Zählpunkte mit iMSys auszustatten) wird aus verschiedenen Gründen nicht empfohlen. So wurden beispielsweise ein gesamtwirtschaftlich negativer Kapitalwert
und eine unverhältnismäßige Kostenbelastung für den überwiegenden Endkundenanteil ermittelt.71 Nach der Analyse weiterer Rolloutszenarien empfiehlt die
Studie das sogenannte „Rolloutszenario Plus“, in dem die Pflichteinbaufälle um
EEG-Anlagen erweitert werden und eine verursachungsgerechtere Kostenverteilung stattfinden kann.72 Folgend wurden Ergänzungsstudien wie die „dena-SmartMeter-Studie“ und „Moderne Verteilernetze für Deutschland“ (Verteilernetzstudie)73 durchgeführt, um ungeklärte Fragen genauer zu betrachten und Umsetzungsalternativen darzustellen. So kann laut dena-Smart-Meter-Studie “[…] auf
Erzeugerseite eine netzdienliche Wirkung erzielt werden, da das Einspeisemanagement als dauerhafte Lösung zur Vermeidung von Netzumbau und Netzausbau […] angesetzt wird.“74 Im Zuge des kürzlich erschienenen Eckpunktepapiers
(siehe späterer Abschnitt) wurde ebenfalls eine ergänzende „Variantenberechnung
von in Diskussion befindlichen Rollout-Strategien“ veröffentlicht.75
Weiterhin wurden im deutschen Gesetzesraum bereits Gesetzesanpassungen und
Verordnungen erlassen, die den Rollout von intelligenten Messsystemen und das
betroffene Umfeld fixieren.
Ein wesentliches Gesetz zur Ausgestaltung der Energiewende bildet das Gesetz
für den Ausbau erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz - EEG
2014). Es bildet mit Regelungen zur Einspeisevergütung eine wichtige Grundlage,
da die Marktbarriere für erneuerbare Energieanlagen durchbrochen und Investitionssicherheit geschaffen wurde. Der Grundstein für das im Jahre 2000, in seiner
ersten Fassung, erlassene EEG bildet das bereits 1991 in Kraft getretene
70
Ernst & Young 2013, S. 18
Ernst & Young 2013, S. 167 f.
72
Ernst & Young 2013, S. 178 f.
73
Dr.-Ing. Jens Büchner et al. 2014
74
dena 2014, S. 15
75
Ernst & Young 2014
71
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 19
Smart Meter Gateway als Schlüsselelement für den Umbau zu intelligenten Netzen
Stromeinspeisegesetz (StromEinspG). Dieses verpflichtete die Versorgungsunternehmen zur Abnahme und Vergütung des aus erneuerbaren Energien erzeugten
Stroms.76 Es finden sich weiterhin Regelungen zur Abnahmeverpflichtung (§11
EEG), der Erweiterung der Netzkapazität (§12 EEG) und des Schadensersatzes
(§13 EEG), die die Pflicht des Netzbetreibers zur priorisierten Anbindung von
EEG-Anlagen in das Verteilnetz hervorheben. Neben der Regelung des Einspeisemanagement (§14 EEG) ist die Pflicht zur Ausstattung mit technischen Einrichtungen zur Fernsteuerbarkeit (durch den Netzbetreiber) der Einspeiseleistung von
EEG-Anlagen bei Netzüberlastung ein wesentlicher Punkt im Kontext iMSys. Hervorzuheben sind hier die Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen). Diese können bis zu
einer Leistung von 30 kW alternativ auf 70 % der installierten Leistung begrenzt
werden, wodurch sie nicht zur Fernsteuerbarkeit verpflichtet werden. 77 Um einen
zunehmend unkontrollierten Ausbau von EEG-Anlagen und die steigende finanziellen Belastung des Gesamtsystems zu reduzieren, wurde das EEG zuletzt mit
Wirkung zum 1. August 2014 novelliert.78
Im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) werden wichtige Rahmenbedingungen für
den Umbau zum intelligenten Netz festgelegt. So werden in den §§ 21b ff. EnWG
wichtige Regelungen für den Messstellenbetreiber (MSB) beschrieben. An dieser
Stelle sollen die Einbaugrenzen für intelligente Messsysteme hervorgehoben werden. So sollen Neubauten, Gebäude mit größeren Sanierungen, Letztverbraucher
(LV) mit einem Jahresverbrauch größer 6.000 kW/h (Durchschnittsverbrauch eines
4-Personen Haushalts liegt bei ca. 4.750 kWh)79 und Neuanlagen nach EEG oder
KWK80 mit einer installierten Leistung über 7 kW (betrifft heute zahlenmäßig rund
zwei Drittel aller Anlagen)81, soweit dies technisch möglich ist, ein intelligentes
Messsystem verbaut bekommen. Der §21i EnWG berechtigt die Bundesregierung
dazu, notwendige Verordnungen zu erlassen, um den Rechtsrahmen für die Einführung von intelligenten Messsystemen in Deutschland zu schaffen.
Die benötigten Verordnungen wurden jedoch bis heute nicht auf den Weg gebracht oder werfen ungeklärte Fragen auf. Dieser Umstand lässt die Weiterentwicklung der intelligenten Netze aufgrund fehlender Planungssicherheit für die
76
Unger et al. 2013, S. 127
Bundestag 2014§9 Absatz 1,2
78
EnergieAgentur 2014
79
BDEW 2013, S. 7
80
Anmerkung: KWK - Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz; wird der Vollständigkeit halber genannt
81
BMWi 2015a, S. 7
77
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 20
Smart Meter Gateway als Schlüsselelement für den Umbau zu intelligenten Netzen
Energiewirtschaft stagnieren und zieht eine entsprechende Verzögerung des geplanten Rollouts nach sich.82 83
Zwei wichtige, in der Version 1.0 vorliegende Dokumente, sind die vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) erstellte BSI TR-03109 und das
BSI Schutzprofil. Sie beschreiben die „[…]Anforderungen an die Funktionalität,
Interoperabilität und Informationssicherheit, die eine Kommunikationseinheit eines
intelligenten Messsystems erfüllen muss […]“84. Die Beschreibung der Kommunikationseinheit (Smart Meter Gateway) und ihrer Schnittstellen erfolgt in den nachfolgend dargestellten Bereichen der BSI TR-03109 (siehe Abbildung 6).
Abbildung 6 : Struktur der Technischen Richtlinie BSI TR-0310985
Die nachfolgenden Erläuterungen bedienen sich vorrangig dem ersten Teil der BSI
TR-03109-1.
Mit der vorgestellten Gesetzes- und Verordnungsgrundlage soll es gelingen, eine
standardisierte Kommunikationsinfrastruktur zu etablieren, um den Anforderungen
der Energiewende gerecht zu werden. Jedoch gilt es noch viele Detailfragen zu
diskutieren und zu beantworten, um schließlich das Verordnungspaket „intelligente
Netze“ auf den Weg zu bringen.
Mit dem im Februar 2015 veröffentlichten Eckpunktepapier des BMWi wird ein
Ausblick für die im Sommer 2015 angekündigten Regierungsentwürfe für das erwartete „Verordnungspaket intelligente Netze“ gegeben. Neben einer Ankündigung der erwarteten Messsystem- und Datenkommunikationsverordnung wurden
auch folgende Inhalte des stufenweise geplanten Rollouts bekanntgegeben.
82
Anmerkung: So wurde auf Grund der fehlenden Rahmenbedingungen der im EnWG § 21e vorgesehene Termin (01.01.2015) für den ausschließlichen Einbau von BSI konformen Messsystemen erneut verschoben.
83
Anmerkung: Nach neuesten Informationen soll das Verordnungspaket „Intelligente Netze“ bis zur
Sommerpause 2015 zur Beschlussfassung beim Bundeskabinett vorgelegt werden. Details hierzu sind dem folgenden Absatz „Eckpunktepapier“ zu entnehmen.
84
BSI 2013c, S. 9
85
BSI 2015
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 21
Smart Meter Gateway als Schlüsselelement für den Umbau zu intelligenten Netzen
Abbildung 7 : geplante Stufen des Rollouts intelligenter Messsysteme86
Der abgebildete Rolloutplan (siehe Abbildung 7) verdeutlicht die vorgesehenen
Einbaustufen, die wie folgt gruppiert werden können:
Intelligente Messsysteme (iMSys):

Ab 2017 für EEG-Anlagen mit einer installierter Leistung > 7 kW

Stufenweise für Verbraucher > 20.000 kWh/a (ab 2017). Ab 2019 beziehungsweise 2021 folgen Verbraucher > 10.000 kWh und > 6.000 kW Jahresverbrauch
Intelligente Zähler (iZ):

Einbaupflicht bei Erzeugern zwischen 0,8 kW und 7 kW installierter Leistung

Einbaupflicht bei allen Zählpunkten bis Ende 2032
Für die folgenden Betrachtungen lassen sich aus dem Eckpunktepapier wichtige
Erkenntnisse ableiten. So müssen nicht alle EEG-Anlagen und steuerbaren Verbraucher (< 6000 kWh/a) mit intelligenten Messsystemen ausgestattet werden,
diese müssen nach EnWG §14 a aber dennoch gesteuert werden. Darüber hinaus
wird eine Übergangsfrist für bereits installierte Mess- und Kommunikationseinrichtungen eingeräumt.87 Diese Punkte lassen Raum für den Einsatz von alternativen
Lösungen zur Steuerung von betroffenen Erzeugungs- und Verbrauchseinrichtungen.
86
87
BMWi 2015a, S. 5
BMWi 2015a, S. 5–6
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 22
Smart Meter Gateway als Schlüsselelement für den Umbau zu intelligenten Netzen
3.2
Die Rolle des Smart Meter Gateways
Neben einer flächendeckenden Einführung von intelligenten Zählern ist die Einführung von intelligenten Messsystemen für gewisse Verbrauchergruppen vorgesehen (siehe Absatz 3.1). Diese „sollen für eine aktuelle Verbrauchstransparenz und
eine sichere Übermittlung von Messdaten sorgen sowie elektronische Verbrauchsgeräte und Erzeugungsanlagen so steuern, dass ein besseres Last- und
Einspeisemanagement im Verteilnetz ermöglicht wird.“88 Und somit „[…] eine Überlastung der Betriebsmittel und eine unzulässige Erhöhung der Netzspannung[…]“ 89
vermeiden.
Um die mittels intelligentem Zähler (siehe Absatz 2.3) erfassten Messwerte im
Kontext einer intelligenten Netzstruktur nutzen zu können, bedarf es einer Kommunikationseinheit, dem Smart Meter Gateway (SMGW).
Das SMGW soll als Kommunikationseinheit agieren und die verschiedenen Messeinrichtungen und Marktpartner miteinander verknüpfen. Weiterhin ist es für die
Datenverarbeitung der im betreffenden Netz (beispielsweise ein Haushalt) erfassten Messdaten, wie Zählerstände und Netzzustandsparameter, zuständig.
Neben der Messwertverarbeitung, den sich daraus ergebenden Möglichkeiten zur
Ablesung, Abrechnung, Tarifierung und dem Monitoring von Energieverbräuchen
und –einspeisung sowie der Möglichkeit des Einspeisemanagements, sollen auch
Mehrwertdienste über die bestehende Infrastruktur angeboten werden. Im Bereich
der Mehrwertdienste sind beispielsweise innovative Lösungen und Dienstleistungen der Bereiche Smart Home, Sicherheit und des Gesundheitswesens denkbar.90
Aus der Ansammlung von personenbezogenen Verbrauchsdaten und der gleichzeitigen Einbindung des SMGWs in eine öffentliche Kommunikationsinfrastruktur
geht jedoch ein hohes Angriffspotential aus. Um diesen Umstand mit geeigneten
Mechanismen zu begegnen, werden in der BSI TR-03109 und im Rahmen des
ausgearbeiteten Schutzprofils erhöhte Anforderungen an die technische sowie
prozessuale Umsetzung beschrieben.91 Die sicherheitstechnischen Besonderheiten werden im folgenden Abschnitt unter „Gesicherter Verbindungsaufbau und
Inhaltsdatenverschlüsselung“ hervorgehoben.
88
BSI 2014, S. 6
dena 2014, S. 54 f.
90
Ernst & Young 2013, S. 113
91
BSI 2013c, S. 12
89
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 23
Smart Meter Gateway als Schlüsselelement für den Umbau zu intelligenten Netzen
3.3
Systemarchitektur, Sicherheit und Prozess nach BSI TR-03109
Nachdem bereits ein kurzer Überblick über die notwendigen intelligenten Messsysteme gegeben wurde (siehe Absatz 2.3), sollen nun, zur weiteren Beschreibung der Systemarchitektur nach BSI TR-03109, die beteiligten Rollen kurz erläutert werden.
Der Letztverbraucher (LV) ist die Person, die elektrische Energie, Gas, Wasser
oder Wärme verbraucht oder mit Hilfe eines Erzeugers produziert. Es kann sich
hierbei um natürliche (z.B. Eigenheimbesitzer) oder juristische (z.B. Einzelhandelsunternehmen) Personen handeln.
Die Externen Marktteilnehmer (EMTs) repräsentieren vorrangig Marktteilnehmer
der Energiewirtschaft, wie beispielsweise Lieferanten (LF), Verteilnetzbetreiber
(VNB), Messstellenbetreiber (MSB) und Dienstleister, die dazu autorisiert sind,
über das Weitverkehrsnetz (WAN) eine Kommunikationsverbindung mit dem
SMGW einzugehen.
Der Smart Meter Gateway Administrator (SMGWA) nimmt eine Sonderrolle ein,
da er zum einen als vertrauenswürdige Instanz als einziger dazu berechtigt ist, die
Administration der SMGWs über das WAN durchzuführen.92 Und zum anderen
eigens für die zu etablierende Infrastruktur als neue Rolle eingeführt wird, die voraussichtlich dem Messstellenbetrieb zugeordnet wird.93
Der Vollständigkeit halber soll hier auch der Service-Techniker erwähnt werden,
der sich vor Ort über eine gesonderte Schnittstelle Zugang zu Diagnosedaten des
SMGW verschaffen kann.
Neben den erläuterten Rollen gibt das SMGW-Schutzprofil eine Systemarchitektur
vor, die die Kommunikation der verschiedenen Rollen und Geräte mittels drei physikalisch voneinander getrennten Netzen entkoppelt.94 Die drei Netze sollen mit
Hilfe der folgenden Abbildung 8 veranschaulicht und kurz erläutert werden.
92
BSI 2013c, S. 13
BMWi 2015a, S. 8
94
BSI 2013a
93
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 24
Smart Meter Gateway als Schlüsselelement für den Umbau zu intelligenten Netzen
Abbildung 8 : Smart Meter Gateway im Zentrum der verschiedenen Kommunikationsnetze95
Im Local Metrological Network (LMN) kommunizieren die intelligenten Zähler mit
dem SMGW und übermitteln ihre Messwerte von einem oder mehreren Letztverbrauchern (z.B. Mehrfamilienhäuser). Auch wenn sich der Rollout von intelligenten
Messsystemen ab 2017 (siehe Abschnitt 3.1) vorerst auf den Bereich Strom beschränken wird, ist die Einbindung von Messeinrichtungen für Gas, Wasser und
Wärme ebenfalls vorgesehen.
Das Wide Area Network (WAN) stellt den Kommunikationsbereich in die Außenwelt dar. Hier findet der Informationsaustausch zwischen Smart SMGW und den
Externen Marktteilnehmern und vor allem dem SMGW-Administrator statt.
Das Home Area Network (HAN) bindet die steuerbaren Energieverbraucher und
gegebenenfalls Energieerzeuger des Letztverbrauchers, wie sie bereits im Absatz
2.4 vorgestellt wurden, in die SMGWA-Architektur ein. Neben der Einbindung der
steuerbaren Geräte - Controllable Local Systems (CLS) – bildet das SMGW auch
hier das Bindeglied zu den anderen Netzen und versorgt den Letztverbraucher
sowie den Servicetechniker im HAN mit notwendigen Daten (z. B. gespeicherte
Messwerte, die das SMGW zuvor von Zählern aus dem LMN empfangen hat).
Die Hauptaufgabe des sich im Zentrum der vorgestellten Struktur befindlichen
SMGW besteht im Empfang der Messwerte aus dem LMN, deren Aufbereitung
und Weiterleitung an berechtigte EMTs.
95
BSI 2013c, S. 14
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 25
Smart Meter Gateway als Schlüsselelement für den Umbau zu intelligenten Netzen
Mit Hilfe des Sicherheitsmoduls als zentrale Sicherheitseinrichtung des intelligenten Messsystems stellt es mittels konfigurierter Kommunikationsprofile und einer
Public-Key-Infrastruktur (PKI) Schnittstellen für die definierten Rollen zur Verfügung und agiert darüber hinaus als Firewall zwischen den verschiedenen Netzen.96
Gesicherter Verbindungsaufbau und Inhaltsdatenverschlüsselung
Neben der vorgestellten Tatsache, dass Kommunikationsverbindungen in das
WAN-Netzwerk ausschließlich vom SMGW initiiert werden dürfen und das gegebenenfalls notwendige Aufwecken (Wake-Up Service) nur vom SMGWA erfolgen
darf, hat das BSI weitere Sicherheitsmechanismen im Schutzprofil für das SMGW
beschrieben.97 So stellt das Hardware Sicherheitsmodul als modularer Teil des
SMGW kryptographische Funktionen und einen Schlüsselspeicher sowie Zertifikatspeicher zur Verfügung.98,99 In diesem Absatz sollen einige der Sicherheitsmechanismen vorgestellt werden.
Für die Kommunikation zwischen 2 Partnern (die sich jeweils im WAN und HAN
Netz befinden) werden immer zwei TLS gesicherte Kanäle aufgebaut, die im
SMGW terminiert werden (siehe Abbildung 9). Das SMGW nimmt in diesem Fall
immer die Position des TLS-Clients ein. Die zur Identifikation und Authentifizierung
im WAN notwendigen Zertifikate werden durch eine eigens dafür aufzubauende
Smart Meter Public Key Infrastruktur (SM-PKI) zur Verfügung gestellt.100 Als Teil
des TLS-Verbindungsaufbaus (auch TLS-Handshake genannt) ist die verpflichtend
beiderseitige Authentifizierung hervorzuheben. Die TLS gesicherte Kommunikation
gewährleistet die Integrität, Vertraulichkeit und Authentizität (Schutzziele der Informationssicherheit) der übertragenen Nachrichten.
Abbildung 9 : Absicherung der Kommunikation zwischen CLS und EMT101
96
Ernst & Young 2013, S. 29
BSI 2013a
98
BSI 2013c, S. 14
99
BSI 2013f, S. 10
100
BSI 2013b Kapitel 2
101
BSI 2013c, S. 72
97
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 26
Smart Meter Gateway als Schlüsselelement für den Umbau zu intelligenten Netzen
So werden die Nachrichten mittels hybrider Verschlüsselung (Nachrichten werden
symmetrisch und die getauschten Schlüssel asymmetrisch verschlüsselt) geschützt. Die Authentizität der verwendeten Schlüssel erfolgt über digitale Zertifikate, die auf ihre Gültigkeit geprüft und durch eine Certificate Authority der SM-PKI
beglaubigt werden.
Für den Versand der schützenswerten Inhaltsdaten, wie beispielsweise Administrations- und Abrechnungsdaten über die WAN-Schnittstelle, ist neben dem erläuterten Schutz der Nachrichtenverbindung mittels TLS eine Inhaltsdatenabsicherung mittels Cryptographic Message Syntax (CMS) vorgeschrieben.102 Allgemein
lässt sich bereits an dieser Stelle das hohe Sicherheitspotential durch die hohen
kryptografischen Vorgaben103,104, der verpflichtenden Verwendung von Hardware
Sicherheitsmodulen105 und der eigenen SM-PKI106 festhalten.
Für den in den fortlaufenden Absätzen vorgestellten Anwendungsfall der Kommunikation zwischen CLS und EMT ist es zusätzlich notwendig, dass der SMGWAdmin ein sogenanntes „Proxy-Kommunikationsprofil“ im SMGW konfiguriert. Dieses legt Kommunikationsparameter für die transparente Verbindung zwischen einem CLS Gerät und einem bestimmten EMT fest und ist maßgeblich für den Verbindungsaufbau.107
Neben den dargestellten Möglichkeiten zur Sicherung der Kommunikationsverbindung zwischen EMT und CLS werden viele weitere Aspekte, wie die „Pseudonymisierung und Anonymisierung“108, in der technischen Richtlinie und im Schutzprofil für das SMGW erläutert, auf die hier nicht in vollem Umfang eingegangen werden kann.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Sicherheitskonzept der SMGWArchitektur auf sehr hohem Niveau liegt und alle Möglichkeiten moderner Sicherheitsmechanismen nutzt. So soll auch die Akzeptanz bei den Letztverbrauchern,
durch den Schutz personenbeziehbarer Daten und sicherheitskritischer Infrastrukturen, erhöht werden. Im Gegenzug ist jedoch hervorzuheben, dass die getroffenen Maßnahmen zur hohen Komplexität des Gesamtsystems und den damit verbundenen hohen Anforderungen an Entwicklung, Herstellung und Betrieb beitra102
BSI 2013c, S. 36 f.,123
BSI 2013e
104
BSI 2013d
105
BSI 2013f
106
BSI 2013b
107
BSI 2013c, S. 76 f.
108
BSI 2013c
103
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 27
Smart Meter Gateway als Schlüsselelement für den Umbau zu intelligenten Netzen
gen.109 Die angesprochene Komplexität soll eine Ursache für die in Abschnitt 5.2
angestellten Überlegungen sein.
Hauptanwendungsfälle im HAN, LMN und WAN
Mit der vorgestellten Systemarchitektur sollen verschiedene Hauptanwendungsfälle realisiert werden. So werden die folgenden Anwendungsfälle im vorgestellten
Szenario (sieh Abschnitt 3.4 und Kapitel 5) verwendet und stellen eine Auszug der
möglichen in der BSI TR definierten Anwendungsfälle dar. 110
WAF1 - „Administration und Konfiguration“ beschreibt die mögliche Konfiguration des SMGW (z. B. Geräte-, Mandanten- und Zertifikatsverwaltung) über das
WAN. Das SMGW stellt hierzu Dienste zur Verfügung und darf ausschließlich vom
zuständigen SMGWA administriert werden.
WAF5 - „Übertragung von Daten an externe Marktteilnehmer“ erläutert die
Möglichkeit von turnusmäßiger Versendung von Netzzustandsdaten und tarifierten
Messwerten sowie die spontane Messwertauslesung. Die Kommunikationsverbindung darf wie in allen anderen Fällen nur durch das SMGW initiiert werden und
nutzt die TLS Proxy Funktionalität des SMGW.
WAF6 - Kommunikation EMT mit CLS hält verschiedene Szenarien für die Steuerung eines CLS-Gerätes im HAN durch einen konfigurierten EMT bereit. Auch in
diesen Szenarien muss die Verbindung vom SMGW initiiert und die verschiedenen
Netze mittels TLS zertifiziert und verschlüsselt verbunden werden.
WAF7 - Wake-Up Service da alle Kommunikationsverbindungen nur vom SMGW
aufgebaut werden dürfen, muss der SMGWA eine Möglichkeit erhalten, um adhocVerbindungen mit dem SMGW aufzubauen. Dies geschieht über ein Wake-Up Paket. Hervorzuheben ist, dass ein Wake-Up Paket nur von einem im SMGW vorkonfigurierten SMGW-Admin versendet werden darf. Wird das Paket vom SMGW
akzeptiert, baut das SMGW eine TLS gesicherte Verbindung zum SMGWA auf.
Dieser darf dann über die bestehende Verbindung Managementbefehle versenden, um beispielsweise neue EMTs als berechtigte Kommunikationspartner zu
konfigurieren oder einen Verbindungsaufbau vom SMGW zum EMT anzustoßen.
109
110
Klaus-Dieter Walter 2012
Anmerkung: Da sich die folgende Betrachtung und Argumentation der vorliegenden Arbeit auf
die Kommunikation im WAN fokussiert, sollen die Anwendungsfälle im HAN und LMN hier nicht
detaillierter vorgestellt werden. Für Details siehe (BSI TR-03109-1 Technische Richtlinie SMGW)
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 28
Smart Meter Gateway als Schlüsselelement für den Umbau zu intelligenten Netzen
Weitere Details und Randbedingungen an den Kommunikationsprozesse werden
im vorzustellenden Szenario „Steuerung von CLS Geräten“ vermittelt.
3.4
Prozessschritte zur Steuerung von CLS Geräten
Wie soll ein Schaltbefehl mit Hilfe der vorgestellten Systemarchitektur realisiert
werden, der es dem EMT ermöglicht, ein oder mehrere CLS-Geräte zu steuern,
um beispielsweise die Einspeiseleistung einer angeschlossenen PV-Anlage zu
reduzieren? Alle dazu notwendigen Prozessschritte sollen nachfolgend anhand
eines vereinfachten Business Process Diagramm (BPD) erläutert werden. Die Beschreibungen basieren auf den Ausführungen des „Anwendungsfall HAF3: Transparenter Kommunikationskanal zwischen CLS und EMT“111 der Technischen Richtlinie TR-03109-1. Dieser regelt die durch einen EMT initiierte Kommunikation mit
einem CLS-Gerät im HAN. An dieser Stelle ist hervorzuheben, dass noch weitere
Kommunikationsszenarien in der Technischen Richtlinie beschrieben werden, diese sollen aus Übersichtsgründen jedoch nicht weiter beschrieben werden.
Die technischen Prüf- und Verarbeitungsschritte des EMT, SMGWA und SMGW
werden hier nur kurz angerissen, da der Schwerpunkt der späteren Betrachtungen
auf einem möglichen Engpass der Kommunikationsinfrastruktur liegt.
In der folgenden Abbildung 10 sind die beteiligten Rollen (EMT, SMGWA) und Geräte (SMGW, CLS-Gerät) sowie deren Einordnung in das WAN und HAN erkennbar.
111
BSI 2013c, S. 56 ff.
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 29
Smart Meter Gateway als Schlüsselelement für den Umbau zu intelligenten Netzen
1.
3.
2.
4.
Abbildung 10 : Überblick Prozess „Steuerung von CLS Geräten“ 112
Zur besseren Übersicht, wurde der Gesamtprozess in vier Schritte unterteilt, die
sich an den benötigten Kommunikationsstrecken orientieren und später näher erläutert werden.
1. EMT – SMGWA (Webservice Aufruf)
2. SMGWA – SMGW (Versand und Empfang des Wake-Up Paketes)
3. SMGWA – SMGW (TLS-Kanal für Managementbefehl)
4. SMGW – CLS und EMT (TLS-Kanal für Schaltbefehl)
Für die im Folgenden detailliert erläuterten Prozessschritte gelten folgende Vorbedingungen:
112

Die kommunikationstechnische Anbindung wird in dieser Betrachtung vernachlässigt.

Es existiert noch keine TLS-Verbindung zwischen den beteiligten Rollen
(EMT, SMGWA) und dem SMGW.
Anmerkung: Dieses und die folgenden BPDs wurden von Marco Pultz mit Hilfe der inubit BPM
Plattform der Bosch Software Innovations GmbH erstellt.
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 30
Smart Meter Gateway als Schlüsselelement für den Umbau zu intelligenten Netzen

Das notwendige Proxy-Kommunikationsprofil (vgl. Absatz „Gesicherter Verbindungsaufbau und Inhaltsdatenverschlüsselung“) ist bereits im SMGW
konfiguriert und die notwendigen Zertifikate sowie Schlüssel sind im Sicherheitsmodul des SMGW gespeichert.113

Das CLS-Gerät und der EMT agieren jeweils als TLS-Server und verfügen
über die notwendigen Zertifikate.
Abbildung 11 : Prozess „Steuerung von CLS Geräten“ Detailausschnitt 1 & 2114
EMT – SMGWA (Webservice Aufruf)
Im ersten Schritt (siehe Abbildung 11) übermittelt der EMT dem SMGWA die
Zieladresse des zu steuernden CLS-Gerätes. In der technischen Richtlinie werden
keine weiteren Festlegungen zur Ausgestaltung dieser Schnittstelle getroffen. Sie
obliegt somit dem SMGWA und wird hier in Form eines Webservice zur Verfügung
gestellt.115
113
BSI 2013c, S. 62 f.
Anmerkung: Dieses und die folgenden beiden BPDs stellen jeweils einen Ausschnitt aus der
Darstellung des Gesamtprozesses „Steuerung von CLS Geräten“ dar. Eine Gesamtansicht ist
der Anlage A zu entnehmen.
115
BSI 2013c, S. 66
114
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 31
Smart Meter Gateway als Schlüsselelement für den Umbau zu intelligenten Netzen
SMGWA – SMGW (Versand und Empfang des Wake-Up Paketes)
Nach dem Eingang der Nachricht vom EMT überprüft der SMGWA über welches
SMGW das CLS-Gerät eingebunden ist und prüft, ob eine bestehende TLSVerbindung zum betreffenden SMGW verfügbar ist (siehe Abbildung 11). In diesem Beispiel ist dies nicht der Fall und der SMGWA muss über einen Wake-Up
Service des SMGW eine TLS-gesicherte Verbindung anfordern. An dieser Stelle
soll nochmals hervorgehoben werden, dass das SMGW keine aus dem WAN initiierte TLS-Verbindung akzeptiert.116 Die eingegangene Wake-Up Anforderung wird
vom SMGW anhand verschiedener Regeln überprüft. So werden neben Adressat
und Absender auch die Gültigkeit des Zeitstempels und die Gültigkeit der Signatur
überprüft.
SMGWA – SMGW (TLS-Kanal für Managementbefehl)
Nach erfolgreicher Gültigkeitsprüfung baut das SMGW eine TLS-Verbindung zum
SMGWA auf (siehe Abbildung 12). Der Ablauf des TLS-Handshake und weitere
Sicherheitsmechanismen, wie die CMS Verschlüsselung, sind den ausführlichen
Beschreibungen der technischen Richtlinie zu entnehmen und sollen hier nicht
weiter erläutert werden. Über den nun bestehenden Managementkanal sendet der
SMGW-Admin den Befehl „Connect Proxy-Kommunikationsprofil: CLS/EMT“ an
das SMGW.117
Abbildung 12 : Prozess „Steuerung von CLS Geräten“ Detailausschnitt 3
116
117
BSI 2013c, S. 37
BSI 2013c, S. 66
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 32
Smart Meter Gateway als Schlüsselelement für den Umbau zu intelligenten Netzen
Dieser fordert das SMGW auf, eine TLS gesicherte Proxy-Verbindung vom angegebenen CLS-Gerät zum EMT aufzubauen.
SMGW – CLS und EMT (TLS-Kanal für Schaltbefehl)
Ist ein entsprechendes Kommunikationsprofil im SMGW konfiguriert, so initiiert
das SMGW jeweils den Aufbau eines TLS-Kanals,

vom SMGW zur Schaltbox im HAN,

sowie vom SMGW zum EMT im WAN,
bestätigt den Verbindungsaufbau beim SMGWA und terminiert den TLS-Kanal
zum SMGWA.118 Nach erfolgreichem Verbindungsaufbau erfolgt eine für das
SMGW transparente Kommunikation des gewünschten Schaltbefehls vom EMT
über die 2 bestehenden TLS-Tunnel. Über den bestehenden Kommunikationskanal hat der EMT die Möglichkeit, verfügbare Nachrichten und Status des CLSGerätes abzufragen, um ein direktes Feedback über den Erfolg oder Misserfolg
des Schaltbefehls zu erhalten.
Abbildung 13 : Prozess „Steuerung von CLS Geräten“ Detailausschnitt 4
118
Anmerkung: Da der TLS Kanal zwischen SMGW und SMGWA unabhängig von dem zwischen
CLS und EMT ist, kann dieser auch erhalten bleiben.
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 33
Smart Meter Gateway als Schlüsselelement für den Umbau zu intelligenten Netzen
Auf etwaige, durch einen Zähler im LMN, erfasste Messwerte hat der EMT über
die etablierte Verbindung keinen Zugriff. Benötigt dieser Informationen, muss er
eine gesonderte Anfrage über den SMGW-Admin starten.119
Nachdem die TLS-Verbindungen terminiert wurden, ist der Steuerungsprozess für
das gewünschte CLS-Gerät beendet. Zur Kommunikation mit einem weiteren Gerät, kann der EMT eine weitere Anfrage beim SMGW-Admin stellen und der vorgestellte Prozess wird entsprechend wiederholt.
Das vorgestellte Szenario wird als Ausgangsszenario für die später vorgestellten
Erweiterungsansätze genutzt und im Abschnitt 5.1 detaillierter beschrieben.
119
BSI 2013c
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 34
Ohne flächendeckende Kommunikationsinfrastruktur kein Smart Grid
4
Ohne flächendeckende Kommunikationsinfrastruktur kein
Smart Grid
Zur Realisierung der in Kapitel 2 beschriebenen intelligenten Netze wird eine flächendeckende und ausfallsichere Telekommunikationsinfrastruktur vorausgesetzt.
Dieses Kapitel stellt den Status der flächendeckenden Verfügbarkeit von Kommunikationsanbindungen in Deutschland in den Vordergrund. Darüber hinaus werden
weitere Herausforderungen und mögliche Kostentreiber zur Realisierung der in
Kapitel 3 beschriebenen intelligenten Messinfrastruktur mittels Smart Meter Gateway herausgestellt. Im letzten Abschnitt wird ein Funknetz zur möglichen Ergänzung einer intelligenten Steuerinfrastruktur vorgestellt, das die Grundlage für das
in Kapitel 5 entwickelte Erweiterungsszenario darstellt.
4.1
Status des Breitbandausbaus in Deutschland
Anhand der folgenden Überblickkarte Deutschlands wird die Verfügbarkeit von
Breitbandtechnologien (leitungsgebunden: DSL, Kabelnetz und Powerline; drahtlos: UMTS, LTE und WLAN)120 übersichtlich veranschaulicht (siehe Abbildung 14).
So ist auf den ersten Blick eine sehr hohe Gesamtabdeckung im städtischen und
halbstädtischen Bereich von > 99,6 % aller Haushalte erkennbar. Es fallen jedoch
gerade im ländlichen Bereich grüne Flecken auf, die eine Verfügbarkeit von nur
noch 75 – 95 % repräsentieren. Neben der Tatsache, dass die hohe Abdeckung
lediglich für Geschwindigkeiten ab 1 Mbit/s realisiert werden kann, was für heutige
Onlinedienste nicht mehr als ausreichend angesehen wird. Es ist weiterhin hervorzuheben, dass diese hohe Abdeckung jedoch nur bei gemeinsamer Betrachtung
der leitungsgebundenen sowie drahtlosen IKT erreicht wird. Bei differenzierterer
Betrachtung werden die Versorgungslücken bei den unterschiedlichen Anbindungen deutlich. So geht die Versorgung je nach Bundesland und angewandter Technologie auf bis zu 90,7 % zurück (leitungsgebunden in MecklenburgVorpommern).121 Diese Versorgungslücken stellen für eine mögliche Steuerung
von EE-Anlagen ein ernsthaftes Problem dar, denn neben der Abdeckung stellt
sich in manchen Regionen ein Mangel an Kommunikationsalternativen ein (kabeloder funkgebunden).
120
121
TÜV Rheinland 2014, S. 5
TÜV Rheinland 2014
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 35
Ohne flächendeckende Kommunikationsinfrastruktur kein Smart Grid
Bei einer Betrachtung höherer Übertragungsbandbreiten geht der Abdeckungsgrad erwartungsgemäß weiter zurück. So erreicht Deutschland im europäischen
Vergleich bei Geschwindigkeiten über 30 Mbit/s lediglich den 16. Platz.122
Abbildung 14 : Breitbandverfügbarkeit ≥ 1 Mbit/s in Deutschland123
Das von der Bundesregierung angestrebte Ausbauziel, eine deutschlandweite
Versorgung aller Haushalte bis 2018 mit Breitbandanschlüssen (mindestens 50
MBit/s) zu erreichen, wird ohne regelnde Eingriffe vom Gesetzgeber angezweifelt124:
„Derzeit besteht in Deutschland ein Vakuum beim weiteren Ausbau flächendeckender moderner und zukunftssicherer Breitbandnetze, da die Marktmechanismen keine wirtschaftlich tragfähigen Modelle zulassen.“125
122
statista 2014a
TÜV Rheinland 2014, S. 24
124
Michael Boberach, Theresa Moy, Dr. Rahild Neuburger, Dr. Malthe Wolf 2013, S. 26
125
Michael Boberach, Theresa Moy, Dr. Rahild Neuburger, Dr. Malthe Wolf 2013, S. 26
123
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 36
Ohne flächendeckende Kommunikationsinfrastruktur kein Smart Grid
Darüber hinaus sagt die bloße Verfügbarkeit einer Breitbandanbindung (bspw.
über UMTS) noch nichts über die Belastungsfähigkeit aus (z. B. limitierte Anzahl
an Kanälen je Basisstation begrenzt die Anzahl paralleler Verbindungen in Funkzellen).126 Es ist also auch in Phasen einer hohen Belastung des IKT-Netzes die
Erreichbarkeit der Empfänger sicherzustellen.
So wurde im Rahmen von Feldversuchen für kabelgebundene Kommunikation
festgestellt, dass „[…] es zu Engpässen in der Bandbreite kommen [kann], wenn
der Internetzgang von anderen Diensten stark in Anspruch genommen wird. [Was
folglich] […] zu unkalkulierbaren Verzögerungen […]“127 in der Kommunikation führen kann. Die „dena SmartMeter“ Studie schätzt eine mögliche Mitnutzung bestehender DSL-Leitungen des Endverbrauchers aus Gründen der Verfügbarkeit sogar als nicht realisierbar ein.128
Die betrachtete geringe Bandbreite (≥ 1 Mbit/s) kann also zu situationsbedingten
(hohes Kommunikationsaufkommen) Engpässen der TK-Infrastruktur führen.
Die hervorgehobenen Punkte sollen die bestehende Herausforderung einer hinreichend verfügbaren Kommunikationsstrecke zur Versorgung der vorgestellten intelligenten Versorgungsnetzinfrastruktur und der damit einhergehenden Vielzahl an
Geräten hervorheben. Weiterhin wird klar, dass Breitbandverfügbarkeit nicht allein
ausschlaggebend für die mögliche Einbindung intelligenter Systeme zur Steuerung
von Anlagen ist. So stellt die Sicherstellung einer hohen Anzahl gleichzeitig verfügbarer Verbindungen, um beispielsweise eine Gruppensteuerung zu realisieren,
die eigentliche Herausforderung im Kontext der zu verwendenden IKT dar.
4.2
Weitere Herausforderungen beim Aufbau der Kommunikationsstrecken hinzu intelligenten Messsystemen
Nicht nur die fehlende flächendeckende Durchdringung bereitet den Netzbetreibern beziehungsweise Messstellenbetreibern Schwierigkeiten beim Ausbau der
Kommunikationsstrecken zwischen CLS-Gerät, SMGW und externem Marktteilnehmer. Sondern auch die technologiebedingten Nachteile der verschiedenen
Kommunikationstechnologien, die in unterschiedlichsten Betrachtungen erläutert
126
Telekom 2013
BMWi 2014b, S. 62
128
dena 2014, S. 104
127
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 37
Ohne flächendeckende Kommunikationsinfrastruktur kein Smart Grid
werden und hier nicht im Detail diskutiert werden sollen.129,130, 131 Vielmehr sollen
besondere Herausforderungen im Kontext der notwendigen Kommunikationsanbindung der vorgestellten SMGW-Architektur herausgestellt werden.
Verfügbarkeit in der Fläche
Die Anbindung von freistehenden Erzeugungsanlagen (z. B. Scheune mit PVAnlage) im ländlichen Bereich muss häufig mittels Mobilfunk realisiert werden, da
Festnetzverbindungen mit ihren guten Kommunikationseigenschaften vorrangig in
Ballungszentren verbreitet sind. Es kann jedoch vorkommen, dass eine kabeloder funkgebundene Breitbandverbindung überhaupt nicht verfügbar ist (siehe
Abschnitt 4.1). In diesem Fall ist die Anbindung der dezentralen Anlagen nicht
möglich oder nur zeitverzögert mit hohen Investitionskosten in neue Infrastrukturen realisierbar.
Ausfallsicherheit in Krisensituationen
Nicht zu unterschätzen ist der Aspekt der Ausfallsicherheit von Kommunikationsnetzen in Krisensituationen oder temporär hoher Belastungen einzelner Funkzellen (Mobilfunk). So kann ein durch besondere Ereignisse ausgelöstes, hohes
Kommunikationsaufkommen die zellularen Mobilfunknetze an Kapazitätsgrenzen
führen.132 Eine hohe Belastung der verwendeten IKT kann weiterhin auf Grund einer notwendigen Gruppensteuerung hervorgerufen werden, bei der sich die zu
steuernden EE-Anlagen in einem Netzgebiet konzentrieren. Darüber hinaus sind
die möglichen Folgen eines regionalen Stromausfalls zu bedenken. Somit zieht
dieser meist auch den Ausfall der notwendigen IKT nach sich, wodurch ein Zugriff
auf die SMGW-Infrastruktur nicht mehr möglich wäre.
Teilweise sehr hohe Kosten der konventionellen Übertragungsnetze
Die Kommunikations- und Datenübertragungskosten sind je nach Übertragungsart
sehr unterschiedlich. Sie betragen zwischen 25 Euro für GPRS und 144 Euro für
DSL je Kommunikationsverbindung und Jahr.133
Hervorzuheben ist an dieser Stelle, dass zusätzliche Kosten für die Verwendung
von Zusatzdiensten oder gar die Steuerung von Geräten in diesen Betrachtungen
129
Ernst & Young 2013, S. 43 ff., 201 ff.
Mark Nigge 2014, S. 8 ff.
131
BITKOM 2011
132
Prof. Dr. Torsten J. Gerpott 2012, S. 9
133
Ernst & Young 2013, S. 152
130
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 38
Ohne flächendeckende Kommunikationsinfrastruktur kein Smart Grid
nicht berücksichtigt wurden. So ist auf Grund des zu erwartenden höheren Datenvolumens und den steigenden Anforderungen an die IKT mit weitaus höheren
Kosten zu rechnen.
Zusatzkosten für die Erreichbarkeit des SMGW im Zählerschrank und die
Inhouse-Verkabelung zu CLS-Geräten
Je nach Übertragungsmedium für die WAN-Kommunikation sind weitere Aufwände zur Erreichung der im Zählerschrank verbauten Kommunikationseinheiten zu
erwarten. So verursachen kabelgebundene Lösungen, wie DSL, einen nicht unerheblichen Mehraufwand durch die Verlegung zusätzlicher Leitungen. Mobilfunktechnologien kommen bei der Gebäudedurchdringung ebenfalls an Grenzen, da
die Empfangsqualität durch Mauern und Stahlbeton deutlich verringert wird. Auch
in diesem Fall sind Zusatzaufwände durch die Installation von externen Zusatzantennen notwendig.134 Die Zusatzinstallationen stoßen beim Verbraucher jedoch
aus Angst vor Vandalismus und Diebstahl häufig auf Ablehnung.
Ähnliche Herausforderungen werden bei der Verkabelung der CLS-Geräte im HAN
deutlich, denn diese müssen ebenfalls mit der Kommunikationseinheit (SMGW) im
Zählerschrank verbunden werden. Für die sogenannte Inhouse-Verkabelung gibt
es ebenfalls drahtgebundene sowie drahtlose Übertragungstechnologien, die je
nach vorliegender Gebäudestruktur zu unterschiedlich hohen Zusatzkosten beim
Betrieb und der Installation führen.135
Eine standardisierte Geräteinfrastruktur ist noch nicht verfügbar
Zum heutigen Zeitpunkt fehlt es neben den notwendigen Verordnungen auch an
der notwendigen BSI-konformen Geräteinfrastruktur zur Einbindung steuerbarer
Geräte über die SMGW-Architektur. So finden sich zum einen bis heute keine
durchgängig BSI-konformen SMGWs auf dem Markt, zum anderen befindet sich
die notwendige FNN-Steuerbox (siehe Abschnitt 5.3.3) noch in der Spezifikationsphase. Neben der notwendigen Spezifikation wird es voraussichtlich ein eigenes
BSI-Schutzprofil für die Steuerbox geben, dessen Definition wohl weitere Zeit beanspruchen wird. Es bleibt also abzuwarten, ob die notwendige Steuerung von
CLS-Geräten bereits mit dem geplanten Rolloutbeginn 2017 verfügbar sein wird.
Da viele Netzbetreiber vor der notwendigen Ablösung der bestehenden, teilweise
veralteten Steuerinfrastruktur mittels Tonfrequenz-Rundsteuertechnik stehen (sie134
135
Ernst & Young 2013, S. 48 ff.
Ernst & Young 2013, S. 55 f.
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 39
Ohne flächendeckende Kommunikationsinfrastruktur kein Smart Grid
he Abschnitt 2.4), ist eine weitere Verschiebung des lang angekündigten „Verordnungspaket Intelligente Netze“ nicht weiter hinnehmbar, denn eine erneute Verschiebung würde zur weiteren Verunsicherung des Energiemarktes beitragen und
mit der kostenintensiven Entwicklung von Übergangslösungen eine übergreifende
Standardisierung verhindern.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass es nicht die optimale Kommunikationstechnologie zur Steuerung der dezentralen Anlagenstruktur gibt. Da diese entweder nicht flächendeckend verfügbar, kostenintensiv oder nicht ausfallsicher ist.
So wird in Zukunft vieles von einem weiteren Ausbau einer flächendeckenden
Breitbandinfrastruktur abhängen. Aber auch das Zusammenspiel der verschiedenen Technologien wird sehr wichtig, um die skizzierten Schwächen je nach Einsatzzweck auf ein Minimum zu reduzieren.
4.3
Das e*message Sicherheitsnetz
DSL und Mobilfunk sind je nach Einsatzsituation nicht flächendeckend verfügbar
oder unzuverlässig. Bestehende ältere Techniken, wie die Tonfrequenzrundsteuerung, erfüllen nicht mehr die Anforderungen an ein zukunftsfähiges intelligentes
Netz. Aus diesem Grund soll das in Deutschland flächendeckende e*Nergy Sicherheitsfunknetz der e*message GmbH als eine mögliche Ergänzung zu den bestehenden IKT-Lösungen vorgestellt werden.
Der e*Nergy Dienst der e*message GmbH ist ein Broadcast-typisches Netz136, das
kurze Nachrichten mittels POCSAG-Standard über die 800 Sendestandorte in
Deutschland versenden kann. Der Aufwand des Nachrichtenversandes ist dabei
unabhängig von der Anzahl gleichzeitig empfangender Empfangsgeräte (Pager).
Dadurch kann die Möglichkeit der Punkt-zu-Multipunkt137 Kommunikation genutzt
werden, um mit angemessenem Aufwand viele tausend gruppierte Empfangseinheiten in gesamt Deutschland oder in einer oder mehreren der 82 Sendezonen zu
erreichen.138, 139 Der Funktionsumfang des e*Nergy Dienstes reicht von der Einzel-
136
Anmerkung: basiert auf einer von fünf verfügbaren Trägerfrequenzen
Anmerkung: Punkt-zu-Multipunkt stellt eine spezielle Form der Mehrpunktverbindung auf Ebene
der Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) dar.
138
e*message 2014a
139
e*message 2014c
137
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 40
Ohne flächendeckende Kommunikationsinfrastruktur kein Smart Grid
oder Gruppensteuerung, über den Versand priorisierter Schaltprogramme bis zur
Fernparametrisierung der Empfangseinheiten.140
Der Kommunikationsprozess des e*Nergy Nachrichtenversandes wird in Abschnitt
5.3.1 detaillierter erläutert. Im Folgenden werden die Sicherheitsaspekte, die Vorsowie Nachteile und das prämierte StromPager-System aus der Praxis vorgestellt.
Zum Sicherheitskonzept sind lediglich oberflächliche Aussagen möglich, da die
genutzten Verfahren zur Sicherung der Datenübertragung und weiteren Sicherheitsmechanismen geistiges Eigentum der e*message GmbH sind und nicht für
die Veröffentlichung bestimmt sind.141
So wird „[d]ie Integrität der Fernsteuerinformationen […] durch digitale Signaturen
sichergestellt. Dabei kommen die Kryptographieverfahren zum Einsatz, die auch
das BSI in der Technischen Richtlinie zum Messsystem (BSI TR 03116-3) [1] vorgibt.“142
„Die eingesetzten Sicherheitsmechanismen machen die Manipulation der
Empfänger durch gefälschte Nachrichten oder bekannte Angriffsszenarien wie
Man-in-the-middle und Replay nach dem gegenwärtigen Stand der Technik
unmöglich.“143
Weiterhin ist die langjährige Erfahrung im Bereich des e*Bos Dienstes als „[…]
professionelle Alarmierungslösung für Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben[…]“144 hervorzuheben. Durch diesen wird ein hohes Maß an Sicherheit und Zuverlässigkeit der technischen Möglichkeiten von e*message Diensten
verdeutlicht.
Neben dem praxiserprobten Sicherheitskonzept sind folgende Stärken des
e*Nergy Funknetz hervorzuheben:

sehr hohe Netzabdeckung, Erreichbarkeit, Netzstabilität 145, 146

hohe Ausfallsicherheit durch unabhängige Stromversorgung und sich überlappende Sendebereiche147
140
e*message 2014e
Marco Pultz 2015a Frage 7
142
e*message 2014d
143
e*message 2014d
144
e*message 2014b
145
e*message 2014f
146
Prof.-Dr. Ing. B. Walke et al. 2001, S. 4
147
e*message 2014c
141
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 41
Ohne flächendeckende Kommunikationsinfrastruktur kein Smart Grid

durch die frequenzbedingte gute Gebäudedurchdringung sind nur in Einzelfällen Zusatzkosten durch haushaltsinterne Infrastrukturmaßnahmen zu erwarten148

geringe Empfänger- und Betriebskosten149

geringer Platz- und Stromverbrauch der Empfängerkomponente (Akkubetrieb denkbar)150
Je nach angestrebtem Einsatzzweck ist der systembedingte unidirektionale Kommunikationskanal des e*Nergy Funknetz als Schwäche zu werten. Dieser kann
jedoch bei Bedarf durch den Einsatz einer weiteren rückkanalfähigen Kommunikationstechnik kompensiert werden. Die entstehende hybride Kommunikationsform
kann somit von den Vorteilen beider eingesetzter Technologien profitieren.
„StromPager - Weltpremiere in der Hauptstadt“151
Das e*Nergy Funknetz kommt beim Verteilnetzbetreiber Stromnetz Berlin zur
Steuerung von Verbrauchs- und Erzeugungseinheiten seit 2014 zum Einsatz. Die
gesteuerten Nachtspeicherheizungen, Wärmepumpen und Erzeugungsanlagen
tragen zur Realisierung der Lastoptimierung (netzdienliches Schalten) bei.
Mit dem StromPager System wird vor allem die nicht mehr zeitgemäße Infrastruktur der Tonfrequenz-Rundsteuertechnik (TFR) abgelöst. Diese ist für heutige Verhältnisse aufwendig, unsicher und erreicht das Ende ihrer Lebensdauer.152
Die in der folgenden Abbildung 15 dargestellte StromPager-Infrastruktur wurde als
Gemeinschaftsprojekt zwischen der e*message GmbH, der Stromnetz Berlin
GmbH und der Bosch Software Innovations GmbH entwickelt und bereits mit dem
„Innovationspreis Berlin-Brandenburg 2014“ ausgezeichnet.153
148
e*message 2014c
Prof. Dr. Torsten J. Gerpott 2012, S. 11
150
Prof.-Dr. Ing. B. Walke et al. 2001, S. 4
151
Stromnetz Berlin 2014b
152
Stromnetz Berlin 2014b
153
Publiplikator 2014
149
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 42
Ohne flächendeckende Kommunikationsinfrastruktur kein Smart Grid
Abbildung 15 : StromPager Kommunikationsweg154
Es soll die Basis für das folgende Ergänzungsszenario (siehe Abschnitt 5.3) bilden
und eine mögliche Minimierung der vorgestellten Herausforderungen (siehe Kapitel 4) bei der kommunikationstechnischen Einbindung von steuerbaren Einspeiseoder Verbrauchseinheiten im Smart Grid herausstellen. Deswegen stellt diese eine
mögliche Ergänzung zu den bestehenden regulierten Prozessen und Anforderungen nach BSI TR-03109 dar.
154
Stromnetz Berlin 2014a, S. 5
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 43
Erweiterungsszenario zum netzdienlichen Schalten in der Niederspannung
5
Erweiterungsszenario zum netzdienlichen Schalten in der
Niederspannung
In Kapitel 5 soll ein Kommunikationsprozess in Anlehnung an den geltenden
Rechtsrahmen und den bestehenden Anforderungen nach BSI TR-03109 vorgestellt werden, um das netzdienliche oder sogar netzkritische Schalten im Niedrigspannungsnetz zu ermöglichen.
Dazu wird nachfolgend eine Ausgangssituation im Verteilnetz geschildert, die eine
Reaktion des Verteilnetzbetreibers erforderlich macht. Anschließend werden identifizierte Schwachstellen des vorgestellten Schaltprozesses mittels SMGWInfrastruktur (siehe Abschnitt 3.4) erläutert.
In Abschnitt 5.3 wird ein Ergänzungsansatz mittels e*Nergy Sicherheitsfunknetz
vorgestellt. Die vorgestellten Varianten sollen die identifizierten Schwachstellen
kompensieren und die SMGW-Infrastruktur sinnvoll ergänzen.
Abschließend werden weitere Einsatzmöglichkeiten der e*Nergy FunknetzInfrastruktur vorgestellt und die erläuterten Varianten in einen vorstellbaren Entwicklungspfad eingegliedert.
5.1
Ausgangsszenario „Netzdienliches Schalten von CLS-Geräten“
Die nachfolgende Abbildung 16 stellt einen Ausschnitt der in Abschnitt 2.2 genauer erläuterten Verteilnetzstruktur dar. Sie soll die schematische Struktur eines
Ortsnetzes (in einem Randbezirk von Berlin) auf Niederspannungsebene verdeutlichen. Neben den bereits eingezeichneten Verbrauchern (industrielle und gewerbliche Abnehmer sowie Haushalte) und kleinen Solaranlagen wird das Netz zunehmend aktiver und es werden ständig neue Geräte integriert. 155 So sind heute
bereits weitere steuerbare Verbraucher (eMobil-Ladestationen, Nachtspeicherheizungen, KWK-Anlagen) und Erzeugungsanlagen (kleine Windkraftwerke) in Betrieb.
155
Marco Pultz 2015b Frage 10
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 44
Erweiterungsszenario zum netzdienlichen Schalten in der Niederspannung
Abbildung 16 : Ausgangsszenario im Niederspannungsnetz156
Es wird davon ausgegangenen, dass der Verteilnetzbetreiber über eine bestehende Messinfrastruktur auf Ebene der dargestellten Niederspannungsnetzebene in
Form von kommunikationsfähigen Ortsnetztransformatoren (ONTs) verfügt. Die
hierdurch ermöglichte Überwachung der Netzdienlichkeitsparameter über die Leitstelle des Verteilnetzbetreibers registriert nun eine drohende Grenzwertverletzung
der beobachteten Netzdienlichkeitsparameter, wie Spannung und Frequenz. Hervorgerufen werden kann dieser Zustand durch eine Reihe möglicher Ereignisse,
wie beispielsweise:

Kurzfristige Ursache: Eine unvorhersehbare Änderung der Wetterlage und
einer damit einhergehenden Veränderung der Einspeiseleistung von EEGAnlagen (Wind- und Solaranlagen).157

Mittelfristige Ursache: Eine Änderung der Verbrauchsstruktur beziehungsweise des Verbrauchsverhaltens durch einen Boom in der eMobil-Branche
(Ziel der Bundesregierung: „Eine Million Elektroautos bis 2020“)158 und den
damit einhergehenden hohen Belastungen der notwendigen Ladeinfrastruktur (die Entwicklung des Kundenverhaltens und der Infrastruktur sind weitestgehend unbekannt)159.
Aus Sicht des Verteilnetzbetreibers besteht nun Handlungsbedarf, um die Netzstabilität und –qualität weiter zu gewährleisten. Mit Hilfe der in Kapitel 3 erläuterten
SMGW-Infrastruktur soll ein entsprechendes Eingreifen auf unterster Netzebene
ermöglicht werden. Somit sollen in dem vorgestellten Szenario die verfügbaren
Verbraucher (eMobil-Ladesäulen, Nachtspeicherheizungen und KWK-Anlagen)
gesteuert werden, um die Summenlast im betroffenen Gebiet zu reduzieren. Dazu
156
Ausschnitt aus: Agentur für Erneuerbare Energien 2015
Anmerkung: Siehe hierzu die in Kapitel 1 erläuterte Situation Sonnenfinsternis am 20.03.2015
158
Bundesregierung 2015a
159
Marco Pultz 2015b Frage 10
157
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 45
Erweiterungsszenario zum netzdienlichen Schalten in der Niederspannung
sind in der betroffenen Region, je nach Verteilung der steuerbaren Geräte, ein
entsprechender Kommunikationsaufbau sowie die Übermittlung von mehreren
hundert Schaltbefehlen in einem schmalen Zeitfenster notwendig.
Weitere Annahmen zum geschilderten Szenario:

Einer Ortsnetzstation sind rund 260 Zählpunkte (z. B. im Berliner Verteilnetz) zugeordnet160, von denen rund 35 steuerbare Geräte (10-15% werden
angenommen)161 nach EEG oder EnWG sind. Dieses Verhältnis kann sich
jedoch je nach Region und Stromnetztopologie stark unterscheiden.

Die gesteuerten Geräte befinden sich im Niederspannungsnetz und verfügen über eigene intelligente Zähler.

Eine Reaktionszeit auf einen netzdienlichen Zustand im unteren Minutenbereich wird als ausreichend angenommen.162
Das genutzte direkte Lastmanagement stellt lediglich eine mögliche Form der dem
Netzbetreiber verfügbaren Steuermechanismen dar. Eine weitere Möglichkeit ist
ein direkter Eingriff mittels Einspeisemanagement über die Erhöhung oder Reduktion der Einspeiseleistung von Wind und PV. Die über eine intelligente Messsysteminfrastruktur, wie der des vorgestellten Smart Meter Gateways, realisierten
Eingriffe sollen das Netz vor möglichen Folgen, wie einem netzkritischen Zustand,
(siehe Erläuterungen Abschnitt 2.4) bewahren, obwohl der Netzbetreiber zum
Ausbau einer hinreichenden Netzkapazität verpflichtet ist und ausreichend Regelleistung zur Verfügung stellen muss. Das Beispiel soll das steigende Potential
verdeutlichen, dass mit der Möglichkeit viele kleine Geräte (Verbraucher und Einspeiser) zu steuern, einen Ausfall oder eine Problemstellung in größerem Ausmaß
(netzkritisch) zu kompensieren oder einem sich andeutenden Engpass in der Versorgungsinfrastruktur vorbeugend entgegengewirkt werden kann (netzdienlich). So
zeigen Ergebnisse der Verteilernetzstudie „Moderne Verteilernetze für Deutschland“, beauftragt durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, dass
durch die Regulierung der Einspeisung der notwendige Netzzubau in Deutschland
signifikant reduziert werden kann.163
160
Marco Pultz 2015b Frage 7
Gespräch mit Herrn Matthias Gutschmidt, Bosch Software Innovations GmbH, 27.01.2015
162
Marco Pultz 2015b Frage 3
163
Dr.-Ing. Jens Büchner et al. 2014, S. 78 ff.
161
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 46
Erweiterungsszenario zum netzdienlichen Schalten in der Niederspannung
In der dargestellten Situation wird das Potential einer möglichen Steuerung im
Ortsnetz verdeutlicht, um netzdienlich reagieren zu können und die Kapazität des
Verteilnetzes durch rechtzeitigen Eingriff und geeignete Maßnahmen sicherzustellen sowie eine Grenzwertverletzung der definierten Netzzustandsparameter zu
vermeiden (siehe Abschnitt 2.2).
5.2
Identifikation von Schwachstellen beim netzdienlichen Schalten
Im kommenden Abschnitt sollen identifizierte Schwachstellen des vorgestellten
Prozesses nach BSI TR-03109 zur Realisierung einer Gerätesteuerung zusammengetragen und erläutert werden. Hierzu wird die im vorherigen Kapitel dargestellte Ausgangssituation zu Grunde gelegt, die eine netzdienliche Steuerung von
vielen Geräten in einem Ortsnetz (Niederspannung) erfordert. Die Erläuterungen
stützen sich auf den aktuellen Rechtsrahmen, öffentlich zugängliche Studien und
eigens durchgeführten Expertenbefragungen. An dieser Stelle soll nochmals hervorgehoben werden, dass das Konzept der SMGW-Systemarchitektur mit seinen
hohen Sicherheitsstandards nicht in Gänze angezweifelt werden soll. Vielmehr
sollen begründete Anmerkungen in besonderen Einsatzsituationen hervorgehoben
werden, um diese in einem Dialog mit den zuständigen Gremien und Arbeitsgruppen des BMWi, BSI und FNN zu diskutieren.164
„Die komplexe Struktur des Schaltaufbaus ist für zeitkritische Aktionen im Niederspannungsnetz nicht geeignet.“165
Die aufgestellte Behauptung wird durch Aussagen und Untersuchungen des FNN
gestützt. Da diese Quellen nicht öffentlich zugänglich sind und an dieser Stelle
nicht weiter präzisiert werden, soll das Zitat durch folgende Argumente und Feststellungen gestützt werden.
164
Anmerkung: Nach ersten Gesprächen mit Mitgliedern des BSI und FNN hat man sich den entwickelten Vorschlägen gegenüber interessiert und aufgeschlossen gezeigt.
165
Gespräch mit Herrn Matthias Gutschmidt, Bosch Software Innovations GmbH, 27.01.2015
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 47
Erweiterungsszenario zum netzdienlichen Schalten in der Niederspannung
Aufwendiger
Kommunikationsaufbau
zwischen EMT und CLS
Verfügbarkeit der
Kommunikationsanbindung
TLS-Verbindungen
ressourcenintensiv
Gruppensteuerung wird
nicht dargestellt
Verzögerungen bei der
Ausarbeitung
gesetzlicher
Rahmenbedingungen
Abbildung 17 : Überblick identifizierter Schwachstellen
Aufwendiger Prozess zum Aufbau einer Kommunikationsstrecke zwischen
EMT und CLS-Gerät
Wie dem Abschnitt 3.4 entnommen werden kann, ist der für einen vom Netzbetreiber (EMT) aufzubauenden Kommunikationskanal, über den Smart Meter Gateway
Administrator, zu einem CLS-Gerät mit einem hohen technischen und prozessualen Aufwand verbunden. Ein erforderliches netzkritisches Schalten von vielen Anlagen innerhalb eines kurzen Zeitfensters (zeitkritisch) erhöht die entsprechenden
Anforderungen für eine direkte Kommunikation zwischen EMT und steuerbarem
Gerät (CLS).
Der beschriebene indirekte Kommunikationsaufbau über die Rolle des SMGWA
und einen gegebenenfalls notwendigen Wakeup-Call erhöht die Wahrscheinlichkeit von hohen zeitlichen Verzögerungen (Latenzen) beim Aufbau der Kommunikationsverbindung. Nicht nur das zu adressierende SMGW und die im HAN eingebundenen Komponenten bilden (durch ihre jeweilige technische Leistungsfähigkeit) mögliche limitierende Faktoren, sondern auch der zuständige SMGWA und
die jeweilige Verfügbarkeit der genutzten Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT).
Die Verwendung von Service-Level-Agreements (SLA) zur Gewährleistung einer
gewissen Reaktionszeit und Prozessdurchlaufgeschwindigkeit beim SMGWA
schafft zwar eine vertragliche Absicherung für den EMT, ein verzögertes Erreichen
des entsprechenden SMGWs kann aber noch weitere Ursachen haben.
Aufgrund einer möglichen Verteilung der betroffenen zu schaltenden Geräte auf
die Zuständigkeitsbereiche verschiedener SMGWAs kann die entsprechend notwendige Kommunikation vom EMT zu den nicht standardisierten Schnittstellen
(Webservices) der SMGWAs eine hohe Komplexität annehmen und stellt hohe
Anforderungen an die Verwaltung der unterschiedlichen Kommunikationsstrecken.
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 48
Erweiterungsszenario zum netzdienlichen Schalten in der Niederspannung
Möglichkeit einer effektiven Gruppenschaltung wird nicht dargestellt
Der vorgestellte Kommunikationsaufbau nach technischer Richtlinie ist für die geschilderten Anwendungsfälle und Szenarien gut nachvollziehbar und technisch
realisierbar, solange mit einer oder wenigen Anlagen kommuniziert werden muss.
Mit der verstärkten Verbreitung von unterbrechbaren Verbrauchseinrichtungen und
EEG-Erzeugungsanlagen, müssen jedoch zunehmend größere Mengen von Anlagen, teilweise zeitgleich, kommunikationstechnisch erreichbar sein. Für derartige
Szenarien hält die technische Richtlinie keine gesonderten Prozesse bereit. Somit
muss der erläuterte aufwendige Kommunikationsaufbau, im Falle einer notwendigen Gruppensteuerung, nahezu unbegrenzt parallel erfolgen. Dies beeinflusst die
Anforderungen an die implementierten Prozesse, aber auch die erforderlichen
technischen Ressourcen und die Kosten eines solchen Szenarios werden erhöht.
In der Fachwelt wird bereits die Möglichkeit einer Aufrechterhaltung der initiierten
TLS-Verbindungen vom EMT zu den steuerbaren Geräten diskutiert, um im Falle
eines netzdienlichen oder gar netzkritischen Eingriffs sofort auf das entsprechende
Gerät einwirken zu können.166 Dies wirft jedoch zugleich weitere Fragen im Kontext
der ressourcenintensiven Aufrechterhaltung von TLS-Kanälen auf. 167
TLS aufwendig und ressourcenintensiv
Die erwähnte Möglichkeit, die notwendigen TLS-Verbindungen zu den schaltbaren
Geräten dauerhaft, jedoch maximal 48 Stunden, 168 aufrecht zu erhalten, könnte an
technische beziehungsweise aufwandsbedingte Grenzen stoßen.
Zum einen ist es mit Aufwand verbunden, die entsprechenden bestehenden TLSVerbindungen regelmäßig auf ihre aktive Konnektivität hin zu überprüfen. Zum
anderen verursacht die dauerhafte Aufrechterhaltung stetigen Datenverkehr, der
im Falle von datenbasierten Tarifen der verwendeten Kommunikationsanbindung
zu hohen Betriebskosten führen kann.
Die verursachten Kommunikationskosten werden in der Kosten- und Nutzenanalyse von Ernst und Young für eine Kommunikationseinheit pro Jahr auf rund 144
Euro bei der Anbindung mittels DSL und 25 Euro mittels GPRS-Anbindung geschätzt. Diese Annahmen berücksichtigen jedoch noch nicht den möglichen Datenverkehr und die Erfüllung der hohen Anforderungen für eine mögliche Steue166
EW-online 2015, S. 3
Klaus-Dieter Walter 2012, S. 68
168
2013c, S. 75
167
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 49
Erweiterungsszenario zum netzdienlichen Schalten in der Niederspannung
rung von CLS-Geräten.169 Es ist hervorzuheben, dass mit den Anforderungen im
Kontext einer Geräteschaltung die zu erwartenden Kosten stark steigen werden.
Am Beispiel einer mobilfunkgestützten Kommunikation mit dem Smart Meter Gateway ist eine dauerhafte Belegung von Übertragungskapazitäten in der Mobilfunkzelle ebenfalls kritisch zu betrachten, da die Anzahl der aktiven Verbindungen
je nach Größe einer solchen Funkzelle begrenzt ist.170
Verfügbarkeit der Kommunikationsanbindung
Wie bereits in Kapitel 4 hervorgehoben wurde, ist eine grundlegende Voraussetzung für den erfolgreichen Rollout der intelligenten Messsysteme eine flächendeckende und ausfallsichere Kommunikationsinfrastruktur.
Es stellt sich also zum einen die Frage, ob der Ausbau einer flächendeckenden
Kommunikationsinfrastruktur in Deutschland bis zum geplanten Rollout ab 2017
weit genug vorangeschritten ist (siehe Abschnitt 4.1). Durch den stockenden
Breitbandausbau kommt es heute immer wieder zu Zuständen der Trägheit und
Unzuverlässigkeit der entsprechenden Kommunikationsnetze.171
Zum anderen spielt die tatsächliche Erreichbarkeit der Kommunikationseinheiten,
die meist in Kellern von Gebäuden verbaut werden, eine wichtige Rolle. Die Gebäudedurchdringung von Mobilfunklösungen unterliegt physikalischen Grenzen
und eine zusätzliche Verkabelung verursacht teilweise hohe Kosten.
Kapazitive Fragestellungen spielen auch eine Rolle, da die Anzahl der angebundenen kommunikationsfähigen Anlagen mit Rolloutbeginn stetig zunehmen wird
und entsprechende Bandbreite aber vor allem auch Anzahl verfügbarer Verbindungen sichergestellt sein muss (siehe Abschnitt 4.2). Gerade die im vorherigen
Kapitel erläuterte Situation einer möglichen Gruppenschaltung von vielen Geräten
in einer Region kann das entsprechende Kommunikationsnetz an seine Kapazitätsgrenze bringen.
Ebenso wichtig ist ein hohes Maß an Ausfallsicherheit. Somit stellen Situationen
mit einem temporär hohen Verbindungsaufkommen (bspw. Großveranstaltungen,
Notsituationen, Krisen) ein Problem für die Stabilität der Mobilfunknetze in
schwach ausgebauten Regionen dar.172 Dies kann zu hohen Verzögerungen im
169
Ernst & Young 2013, S. 152
Telekom 2013, S. 2
171
Süddeutsche 2014
172
NDR 2014
170
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 50
Erweiterungsszenario zum netzdienlichen Schalten in der Niederspannung
Verbindungsaufbau führen. Weiterhin hätte ein lokaler Stromausfall ebenfalls den
Ausfall der lokalen IKT und SMGW-Infrastruktur zur Folge, wenn diese nicht über
ausreichend Batteriespeicher abgesichert werden.
Ein weiterer Aspekt ist der hohe Kosteneinfluss bei der Wahl der IKT. Situationsbedingt ist der Stromnetzbetreiber teilweise aufgrund von mangelnder Verfügbarkeit an Alternativen gezwungen, kostenintensive Lösungen zu nutzen oder den
Aufbau einer eigenen Kommunikationsinfrastruktur zu realisieren.
Verzögerung der gesetzlichen Ausgestaltung notwendiger Rahmenbedingungen
Die stetige Verschiebung des geplanten Rollouts beziehungsweise der Verabschiedung der notwendigen Verordnungen trägt dazu bei, dass der Netzausbau
mit EEG-Anlagen und steuerbaren Verbrauchseinrichtungen der notwendigen intelligenten Mess- und Steuerinfrastruktur vorauseilt.
So sehen sich bereits heute viele Netzbetreiber der Situation ausgesetzt, alte bestehende Funkrundsteuertechnik als auch Tonfrequenz-Rundsteuertechnik (siehe
Abschnitt 2.4) durch zeitgemäße, sichere Infrastrukturen abzulösen. Doch zur Investition in derartige Kommunikationstechniken bedarf es einer konsequenten gesetzlichen Fixierung, um Investitionssicherheit bei allen betroffenen Marktrollen
(Verteilnetzbetreiber, Messstellenbetreiber, Erzeuger) zu schaffen.
Es ist anzunehmen, dass es für die zusammengetragenen Kritikpunkte in den
nächsten Jahren Lösungen und Regelungen auf Basis der Erfahrungen aus Pilotprojekten und der ersten Rolloutwelle ab 2017 geben wird und sich die Smart Meter Gateway Architektur etablieren wird. Da der Reifeprozess der vorgestellten
Architektur und dessen Gesetzesrahmen jedoch noch etwas Zeit in Anspruch
nehmen wird, soll in den nächsten Absätzen ein Ergänzungsszenario vorgestellt
werden, das die Anforderungen an das netzdienliche Schalten erfüllt und eine
Einbeziehung der Prozesse nach BSI TR-03109 als langfristiges Ziel verfolgt.
Die vorgestellten Szenarien sind nicht als mögliche Ablösung der angestrebten
Prozesse nach BSI TR anzusehen, sie sollen lediglich Übergangslösungen aufzeigen und in den späteren Rolloutphasen als Fallbacklösung oder kostengünstige
Alternative das Einsatzspektrum der SMGWs ergänzen.
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 51
Erweiterungsszenario zum netzdienlichen Schalten in der Niederspannung
5.3
Versenden von Gruppensteuerbefehlen mittels e*nergy Funknetz
Im nachfolgenden Absatz wird ein Ergänzungsszenario mit drei Ausgestaltungsvarianten vorgestellt, die unter Einbindung des in der Praxis erprobten und bewährten e*Nergy Sicherheitsfunknetzes die vorab kritisierten Stellen im Kommunikationsprozess schließen sollen. Folglich sollen die dargestellten Varianten Anreize
geben, um die beschriebenen Herausforderungen mittels bestehender und im
Markt erprobter Technologie zu überbrücken und die Einführung von SMGWs für
die Marktteilnehmer zu erleichtern. Da das Funknetz mittels unidirektionaler Kommunikation arbeitet, soll der Schwerpunkt der folgenden Betrachtungen auf einem
möglichen Nachrichtenrückfluss (Feedback über Ausführung des Steuerbefehls)
liegen.173
Variante 1 soll ein mögliches Übergangsszenario bis zum geplanten Rollout intelligenter Messsysteme (2017) erläutern, das Stromnetzbetreiber dazu befähigt, Geräte aus netzdienlichen Gründen zu schalten. In den Varianten 2 und 3 wird die
Systemarchitektur des Smart Meter Gateways sinnvoll ergänzt, um identifizierte
Schwächen bei der Gruppenschaltung von Anlagen zu kompensieren.
5.3.1
Steuerbefehl mittels e*Nergy Sicherheitsfunknetz
Für die im Abschnitt 5.2 herausgearbeiteten Herausforderungen bei der Übermittlung von Gruppenschaltbefehlen soll in diesem Szenario ein Ergänzungsansatz
unter zu Hilfenahme des e*Nergy Sicherheitsnetzes der e*message GmbH (siehe
Abschnitt 4.3) vorgestellt werden. Um unterschiedliche Einsatzmöglichkeiten zu
verdeutlichen, wurden die folgenden drei Varianten erarbeitet:
1. Rückmeldung über kommunikationsfähige Ortsnetztransformatoren
2. Rückmeldung mittels ereignisgesteuertem Teilprozess über das SMGW
3. Rückmeldung mittels Status-/Messwertanfrage über den SMGWA
Alle drei Varianten haben den Versand des Steuerbefehls über die e*Nergy Funknetzinfrastruktur gemeinsam. Sie unterscheiden sich im Prozess beziehungsweise
Kommunikationsweg der zu übermittelnden Netzdienlichkeitsparameter zurück an
den EMT.
173
Anmerkung: Ein rein unidirektionales Kommunikationsszenario würde den Anforderungen der
BSI TR-03109 in der aktuellen Version 1.0 nicht genügen.
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 52
Erweiterungsszenario zum netzdienlichen Schalten in der Niederspannung
Als erstes wird der in allen Varianten gemeinsame Prozessschritt des Nachrichtenversands mittels e*Nergy Sicherheitsfunknetz erläutert. Anschließend werden
darauf aufbauend die drei erarbeiteten Varianten vorgestellt.
Prozessbeschreibung:
Der im Folgenden dargestellte schematische Ablauf des Nachrichtenversandes ist
angelehnt an die bereits erwähnte Systemarchitektur des StromPager Systems in
Kapitel 4.3. Hierbei möchte ein externer Marktteilnehmer (EMT), in diesem Fall der
Verteilnetzbetreiber, eine Gruppe von Geräten im Verteilnetzgebiet steuern. Dazu
sendet er eine Nachricht an das von der e*message GmbH als Service angebotene StromPager System. Dieser bereitet den entsprechenden Schaltbefehl, abhängig von den gewünschten Versandparametern (bspw. Gruppenzuordnung, Priorisierung und Versandgebiet), automatisiert für den Versand über das Sicherheitsfunknetz vor. Über die im Empfangsgebiet verteilten Kontrollempfänger erfolgt ein
Informationsrückfluss über den Strompager Service, zum Verteilnetzbetreiber
(VNB) mit Statusinformationen zum erfolgreichen Versand der Funknachricht.
Über diesen Mechanismus erhält der EMT beziehungsweise VNB eine erste Information, ob der Nachrichtenversand an die e*Nergy Empfänger erfolgreich abgeschlossen wurde. In allen Varianten wird ein erfolgreicher Nachrichtenempfang
über die e*Nergy Empfänger angenommen und der Schaltprozess wird über eine
angeschlossene Schalteinheit realisiert.
Abbildung 18 : Steuerbefehl mittels e*Nergy Funknetz versenden174
174
Anmerkung: Dieses BPD wurde von Marco Pultz mit Hilfe der inubit BPM Plattform der Bosch
Software Innovations GmbH erstellt.
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 53
Erweiterungsszenario zum netzdienlichen Schalten in der Niederspannung
Die folgenden Abweichungen zu den Regelungen der technischen Richtlinie sind
an dieser Stelle hervorzuheben. So gibt die technische Richtlinie eine bidirektionale Kommunikationsanbindung vor. Davon abweichend wird in den vorgestellten
Prozessen zur Gerätesteuerung eine unidirektionale Verbindung vom EMT zur
Empfangseinheit aufgebaut. Weiterhin wird die Steuerung des CLS-Gerätes möglicherweise als direkte Kommunikation in den HAN-Bereich der SMGWSystemarchitektur interpretiert, was laut technischer Richtlinie nicht gestattet ist.
Hervorzuheben ist das Sicherheitskonzept der bereits vorgestellten StromPagerLösung, denn
„Das Sicherheitskonzept wurde an die Anforderungen des Bundesamtes für
Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) ausgerichtet.“ 175
Die Vorteile der Steuerung im Kontext der Gruppenschaltung im Smart Grid sind
auf das etablierte Sicherheitsfunknetz der e*Message GmbH zurückzuführen und
werden im nächsten Absatz erläutert.
Der systembedingte Nachteil der unidirektionalen Kommunikation beschränkt die
Möglichkeit einer direkten Rückantwort auf den Schaltbefehl, um den EMT vom
Erfolg seiner Schalthandlung in Kenntnis zu setzen. Zur Kompensation des identifizierten Nachteils werden in den folgenden drei Varianten mögliche Ausgestaltungen des Informationsrückflusses betrachtet.
5.3.2
Vorteile des Ergänzungsszenarios
Die technische Richtlinie macht wenige Beschränkungen bezüglich der zu verwendenden Kommunikationstechnik. Eine entscheidende Einschränkung stellt
jedoch die bereits erwähnte Anforderung an eine bidirektionale Kommunikationsanbindung zur Realisierung der geforderten TLS-Verbindungen ins WAN dar.
Dadurch wird die Verwendung des vorgestellten e*message Sicherheitsfunksystems im direkten Einsatzbereich der SMGW-Architektur nach aktueller Fassung
der technischen Richtlinie ausgegrenzt. Trotz dessen sprechen einige Vorteile für
eine mögliche Betrachtung als Übergangslösung oder als zukünftige Ergänzung
der bestehenden Kommunikationsinfrastruktur in unterversorgten Regionen, bei
der Gruppenschaltung von Geräten oder weiteren Sonderanwendungsfällen (die
nicht in den Regulierungsbereich der technischen Richtlinie fallen).
175
Stromnetz Berlin 2014a, S. 4
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 54
Erweiterungsszenario zum netzdienlichen Schalten in der Niederspannung
Auf Basis des Gemeinschaftsprojektes Strompager (siehe Abschnitt 4.3) lassen
sich Rückschlüsse und Aussagen bezüglich der folgenden Systemeigenschaften
treffen:

So kann das e*Nergy Netz neben den bereits erläuterten Vorteilen, wie der
hohen Flächenabdeckung, auch mit einer sehr hohen Gebäudedurchdringung überzeugen, wodurch weitere Kosten durch Vernetzungsaufwände in
Gebäuden auf ein Minimum reduziert werden können.

Die mögliche Punkt-zu-Multipunkt176 Sendeinfrastruktur ist hervorragend für
den Versand von Gruppensteuerbefehlen einsetzbar. Die spezielle Form
des verwendeten Broadcast Nachrichtenversandes177 reduziert gleichzeitig
die Anzahl der zu verarbeitenden Einzelnachrichten und somit auch die
Anzahl der zeitgleich zu initiierenden Einzelverbindungen. Hieraus entsteht
ein nicht unerhebliches Einsparpotential der verwendeten Ressourcen und
Prozesskosten bei allen am Schaltprozess beteiligten Marktrollen (EMT und
SMGWA).

Weiterhin muss in den nächsten Jahren ein großer Teil der bestehenden
Kommunikationsinfrastruktur im Verteilnetz ausgetauscht werden, da entsprechende Empfangseinheiten, wie Tonfrequenz-Rundsteuertechnik das
Ende ihrer Betriebsdauer erreichen.178 Der erneut verschobene Rollout einer erprobten SMGW-Infrastruktur und die ungeklärten Fragen im Kontext
einer möglichen Schaltung von Geräten begründen die angestellten Überlegungen zur Vorstellung eines Übergangs- beziehungsweise Erweiterungsszenarios.

Die Szenarien basieren alle auf dem praxiserprobten e*Nergy Sicherheitsfunknetz. Unter dem Titel „StromPager“ befindet sich die vorgestellte Infrastruktur (siehe Abschnitt 4.3) erfolgreich im Einsatz und wurde bereits mit
dem Innovationspreis Berlin-Brandenburg ausgezeichnet.179

Ein weiteres Argument ist die zu erwartende, geringe Kostenstruktur der
Empfängereinheiten. Es ist damit zu rechnen, dass diese im direkten Ver-
176
Anmerkung: Punkt-zu-Multipunkt stellt eine spezielle Form der Mehrpunktverbindung auf Ebene
der Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) dar. Im Folgenden wird von einer besonderen Ausprägung, dem „Broadcast“ gesprochen.
177
Anmerkung: Alle Empfänger im Empfangsgebiet erhalten die versendete Nachricht und entscheiden, ob sie die Nachricht weiterverarbeiten oder verwerfen.
178
Stromnetz Berlin 2014b
179
Publiplikator 2014
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 55
Erweiterungsszenario zum netzdienlichen Schalten in der Niederspannung
gleich mit konventioneller Übertragungstechnik (siehe Kapitel 4) weitaus
geringer ausfallen wird. Dazu konnte die folgende Aussage auf Nachfrage
bei der e*Message GmbH aus heutiger Sicht bestätigt werden.180 „Die Kosten eines GSM-/UMTS-Funkmoduls übersteigen diejenigen eines Funkrufmoduls mindestens um den Faktor 10.“181

Die bestehende, nahezu flächendeckende, Sendeinfrastruktur der
e*message bietet weitere Ausbaupotentiale. So ist man zum einen bestrebt
eine 100%ige Abdeckung der Kundenempfänger im Empfangsgebiet zu erreichen. Darüber hinaus ist eine Reduzierung der Gesamtdurchlaufzeit einer versendeten Nachricht, von derzeit rund 2 Minuten auf 10 bis 15 Sekunden, technisch realisierbar.182

Die bestehende Sendeinfrastruktur kann weiterhin für die Entwicklung von
individuellen Speziallösungen verwendet werden, um nicht regulierte Bereiche, wie beispielsweise die intelligente Steuerung von Straßenbeleuchtung,
zu realisieren. In Abschnitt 5.4 werden dazu weitere Einsatzmöglichkeiten
des e*Nergy Funknetzes dargestellt.
5.3.3
Getroffene Annahmen zur Geräteinfrastruktur
Die erläuterten Varianten sind teilweise im Zeitverlauf der technischen Entwicklungen und des entsprechenden gesetzlichen Rahmens einzuordnen. Da gewisse
Infrastrukturen bis heute noch nicht verfügbar sind, werden in diesem Absatz weitere Annahmen über mögliche Entwicklungen der Geräte und Messinfrastruktur
erläutert.
Kommunikationstechnisch angebundene Ortsnetztransformatoren
Als erstes ist eine ausreichende Abdeckung der betroffenen Niederspannungsebene mit Messinfrastruktur notwendig, um eine Beobachtung der Verteilnetzinfrastruktur zu ermöglichen. Dies soll in den vorgestellten Varianten mit Hilfe von
kommunikationstechnisch angebundenen Ortsnetztransformatoren (ONT) als realisiert angenommen werden. Der Schritt einer flächendeckenden Durchdringung
der Niederspannungsebene mit Messinfrastruktur wird ohnehin notwendig, da von
180
Anmerkung: Anfrage wurde per E-Mail von Herrn Hofmann (Leiter Bereich Produkte) bestätigt
Prof. Dr. Torsten J. Gerpott 2012, S. 11
182
Marco Pultz 2015a Fragen 3, 5, 6
181
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 56
Erweiterungsszenario zum netzdienlichen Schalten in der Niederspannung
einem flächendeckenden Rollout mittels SMGW-Infrastruktur vorerst nicht ausgegangen werden kann (siehe Abschnitt 3.1). Um die daraus resultierenden „weißen
Flecken“ (nicht beobachtbar) der Messinfrastruktur auf der untersten Netzebene
zu erfassen, ist es unumgänglich, die Ortsnetztransformatoren kommunikationstechnisch an die Leitwarte der entsprechenden Verteilnetzbetreiber anzubinden. 183
Die FNN-Steuerbox als Manager für CLS-Geräte im HAN
Da das SMGW lediglich einen Kommunikationskanal zur Anbindung möglicher
CLS-Geräte zur Verfügung stellt, wird für eine intelligente Steuerung und Koordination der CLS Anlagen im HAN eine zusätzliche Schaltbox benötigt. Die Entwicklung und Erprobung einer solchen Steuerbox wird in einer Empfehlung der vom
BMWi beauftragten „dena-Smart-Meter-Studie“ genannt.184 Diesem Thema hat
sich das Forum Netztechnik/Netzbetrieb im VDE (FNN) angenommen. Der FNN ist
als Ausschuss des VDE für die praxisorientierte Regelerarbeitung zum sicheren
Übertragungs- und Verteilnetzbetrieb sowie der Weiterentwicklung der Netze zuständig.185 Dieser hat bereits verschiedene Anwendungsfälle erstellt, die durch eine zusätzliche Schaltbox abgebildet werden sollen. Die Anwendungsfälle beschreiben Szenarien, wie das Einspeisemanagement, die Heizungssteuerung oder
die Abschaltung von Verbrauchseinrichtungen, die teilweise heute schon mit Individuallösungen oder im Rahmen von Versuchsprojekten Anwendung finden. 186
Aktuell befindet sich die Beschreibung der Schaltbox in der Spezifikationsphase.
Aus diesem Grund sind noch keine öffentlich zugänglichen Quellen verfügbar, die
Einblicke in Anforderungs- oder Prozessdetails dieser Schaltbox gewähren. Der
verpflichtende Einsatz einer Steuerbox für alle EE- und KWK-Anlagen ist bis heute
noch nicht gesetzlich fixiert. Aller Voraussicht nach wird es dem Netzbetreiber
überlassen, über die Nutzung einer solchen Steuerbox zu entscheiden.187 Da die
angebundenen CLS-Geräte in Zukunft koordiniert und gesteuert werden müssen,
wird der Einsatz einer solchen Steuerbox in den Varianten 2 und 3 mit berücksichtigt.
183
Marco Pultz 2015b Frage 6
dena 2014, S. 19
185
FNN 2013
186
Marco Pultz 2015b Frage 2
187
BMWi 2015a, S. 6
184
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 57
Erweiterungsszenario zum netzdienlichen Schalten in der Niederspannung
Der StromPager Schaltempfänger
In Variante 1 kommt die heute schon verfügbare Steuereinheit zur Umsetzung erhaltener Steuerbefehle und einer integrierten „e*Nergy“ Empfangseinheit, für den
Empfang der Steuerbefehle aus dem Funknetz der e*message GmbH, zum Einsatz.188 Die Steuerung der angeschlossenen Verbrauchs- oder Erzeugungseinheit
erfolgt in der aktuell verwendeten Version mittels 4 binärer Aktoren. Die bereits
vorgesehene Multifunktionsschnittstelle kann bei Bedarf für die Kommunikation
über eine CLS-Schnittstelle mit den steuerbaren Geräten oder der FNN-Schaltbox
verwendet werden.189 Diese Möglichkeit wird in den Varianten 2 und 3 zum Einsatz
kommen.
Smart Meter Gateway ab 2017
Die vorgestellten Umsetzungsvarianten 2 und 3 setzen in ihrer Betrachtung den
Einsatz eines Smart Meter Gateway, dessen Rolloutbeginn für 2017 angestrebt
wird, voraus. 190 Dadurch soll eine mögliche Interaktion der verschiedenen Komponenten dargestellt und eine Kompensation der identifizierten Schwachstellen (siehe Abschnitt 5.2) mittels e*Nergy Empfangseinheit erreicht werden.
5.3.4
Variante 1 – Rückmeldung über Ortsnetztransformatoren
Wie in Abschnitt 5.3.1 vorgestellt, erfolgt der Versand des Steuerbefehls vom EMT
an die Empfangseinheit (e*Nergy) der betroffenen Anlage beziehungsweise des
betroffenen Haushaltes über das Sicherheitsfunknetz der e*message GmbH. Die
hierzu notwendige Infrastruktur des StromPager Systems befindet sich bereits
heute zur Schaltung von mehreren hundert Verbrauchseinrichtungen (siehe Abschnitt 4.3) in Betrieb. Die Variante wird jedoch um die Annahme einer ausreichend flächendeckenden Verfügbarkeit einer kommunikationsfähigen Ortsnetzverteilerinfrastruktur erweitert. Weiterhin wurde in dieser „Basisvariante“ bewusst auf
die Modellierung des SMGWs verzichtet, da ein Rollout dieser Geräte vorerst nicht
zu erwarten ist. Somit stellt diese Variante ein mögliches Übergangszenario bis
zum geplanten Rolloutbeginn 2017 dar.
188
e*message 2014f
Marco Pultz 2015a Frage 8
190
BMWi 2015a
189
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 58
Erweiterungsszenario zum netzdienlichen Schalten in der Niederspannung
Prozessbeschreibung:
In Abbildung 19 ist der Eingang des (Gruppen)-steuerbefehls beim e*Nergy Empfänger dargestellt. Dieser übermittelt die Nachricht nach erfolgreicher Überprüfung
auf Gültig- und Vertraulichkeit an die Schalteinheit der StromPagers. Die Schalteinheit versendet wiederum den entsprechenden Schaltbefehl an das steuerbare
Verbrauchs- oder Erzeugungsgerät, das den gewünschten Befehl umsetzt. Dies
erfolgt entweder über die bereits implementierten binären Aktoren der Schalteinheit oder in einer nächsten Version direkt über eine mögliche CLS-Schnittstelle.
Eine erste Rückmeldung über den erfolgten Versand der Broadcast-Nachricht erhält der StromPager-Dienstleister über die Kontrollempfänger im Empfangsgebiet.
Die Information einer erfolgreichen Versendung und dem entsprechenden Empfangszeitpunkt kann er an den EMT weiterleiten.
Die herausgebildete Lücke des fehlenden Informationsrückflusses wird weiterhin
indirekt über die bestehende Versorgungsinfrastruktur des Verteilnetzes der Niederspannung kompensiert. Der beschriebene Schaltvorgang erfolgt je nach Parametrisierung der Schaltnachricht für Einzelanlagen oder eine definierte Gruppe
(z. B. eMobil-Ladesäulen mit gewissen Eigenschaften). Die im definierten Empfangsgebiet geschalteten Anlagen tragen zu einer Veränderung der gemessenen
Netzzustandsparameter bei. Somit kann die Wirksamkeit des Schaltbefehls über
den kommunikationsfähigen Ortsnetzverteiler gemessen und an die Leitwarte des
Verteilnetzbetreibers übermittelt werden. Neben den grundsätzlichen Vorteilen,
wie z. B. Sicherheit, Netzabdeckung, Gebäudedurchdringung, die das Sicherheitsfunknetz mit sich bringen, konnten weitere Vor- und Nachteile einer möglichen
Umsetzung der Variante 1 identifiziert werden.
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 59
Erweiterungsszenario zum netzdienlichen Schalten in der Niederspannung
Abbildung 19 : Variante 1 - Rückmeldung über kommunikationsfähige ONTs191
Vorteile:

Es sind bei Bedarf sehr viele Empfänger per Gruppenbefehl erreichbar,
wodurch ein schnelles Schalten von Gerätegruppen ermöglicht wird.

Am Ortsnetztransformator ist ein eventueller Leistungsabfall oder –anstieg
sehr schnell erkennbar.

Diese Variante ist auch ohne weitere Kommunikationsanbindung als
„Stand-Alone“ Lösung (siehe Abschnitt 4.3 und 5.5) und somit als kostengünstige Übergangslösung bis zum geplanten Rolloutbeginn 2017 schnell
umsetzbar und praxiserprobt.
Nachteile:

Das Feedback am ONT lässt keine detaillierten Rückschlüsse zu, ob der
Schaltbefehl an jeder einzelnen Anlage ausgeführt wurde.
In den nächsten beiden Varianten soll dieser Umstand unter Einbeziehung des
SMGWs verfeinert werden und ein mögliches Zusammenspiel der zukünftig zum
Einsatz kommenden Komponenten (siehe Abschnitt 5.3.3) dargestellt werden.
Hieraus soll sich im Idealfall eine Synergie der verschiedenen Kommunikationstechnologien und ihrer jeweiligen Vor- und Nachteile ergeben.
191
Anmerkung: Die folgenden BPDs wurden von Marco Pultz mit Hilfe der inubit BPM Plattform der
Bosch Software Innovations GmbH erstellt.
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 60
Erweiterungsszenario zum netzdienlichen Schalten in der Niederspannung
5.3.5
Variante 2 – ereignisgesteuerte Rückmeldung über das SMGW
In diesem Szenario wird bereits das Smart Meter Gateway und optional auch die
FNN-Schaltbox in den Kommunikationsprozess integriert. Weiterhin ist davon auszugehen, dass das SMGW über eine eigene Kommunikationsinfrastruktur (Mobilfunk, DSL, BPL o.ä.) verfügt, die den Anforderungen für zeitlich unkritische Anwendungsfälle, wie der Zählerauslesung und Fernwartungen genügen. Darüber
hinaus kommt in dieser Variante je CLS-Gerät auch eine StromPager Box mit
e*Nergy Empfänger und Schalteinheit zum Einsatz.
Prozessbeschreibung:
Wie bereits in Variante 1 erfolgt der Versand des Broadcast Schaltbefehls über
den Dienst des StromPager Systems. Die empfangene und ausgewertete Nachricht des e*Nergy Empfängers wird mittels Schalteinheit der StromPager Box an
das angeschlossene CLS-Gerät übermittelt, um die Steuerung zu veranlassen
(siehe Abbildung 20). Wurde die Steuerung erfolgreich durchgeführt, so meldet
das CLS- Gerät einen Status an die Schalteinheit der StromPager Box zurück.
Im nächsten Schritt leitet die Schaltbox des StromPager die aufbereitete Statusinformation an die HAN-Schnittstelle des SMGW weiter, wodurch dieses über den
Erfolg der Schaltung informiert wird (siehe Abbildung 20 linker Prozesspfad). Für
den Fall, dass mehr als ein CLS-Gerät zum Einsatz kommt, wird die Variante um
die FNN-Schaltbox ergänzt und die StromPager Boxen der jeweiligen CLS-Geräte
leiten die Information des erfolgreichen Steuervorgangs nicht direkt an das
SMGW, sondern an die FNN-Schaltbox weiter (siehe Abbildung 20 rechter Prozesspfad). Anschließend übernimmt die FNN-Box die Weiterleitung der Nachrichten an das SMGW.
In beiden Fällen (ein oder mehrere CLS-Geräte im Einsatz) wird die gleiche
Schnittstelle der StromPager Box verwendet, um die Statusnachrichten entweder
an das SMGW oder die FNN-Schaltbox zu übermitteln.
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 61
Erweiterungsszenario zum netzdienlichen Schalten in der Niederspannung
Abbildung 20 : Variante 2 - Rückmeldung mittels ereignisgesteuerten Teilprozess
Nach erfolgreichem Eingang der Statusnachrichten beim SMGW werden die folgenden Prozessschritte durchgeführt (siehe Abbildung 21).
Abbildung 21 : Variante 2 - Schaltbefehl löst Messwertanfrage bei Zähler aus
Mit Eingang der Statusinformation wird vom Anwendungsfall „TAF 11: Steuerung
von unterbrechbaren Verbrauchseinrichtungen und Erzeugungsanlagen“ Gebrauch gemacht. Jede Steuerung muss mit dem entsprechenden Zeitpunkt, dem
eingetretenen Ereignis und den Zählerständen im SMGW protokolliert werden.
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 62
Erweiterungsszenario zum netzdienlichen Schalten in der Niederspannung
Dies ist notwendig, um den Letztverbraucher je nach Vertragslage für die Schalthandlung entschädigen zu können.192
Des Weiteren hinaus kann die eingegangene Statusnachricht im SMGW als Ereignis konfiguriert werden und löst den Anwendungsfall „TAF 10: Abruf von Netzzustandsdaten“ der technischen Richtlinie aus. In diesem Fall baut das SMGW
selbständig eine TLS-Verbindung zu vorkonfigurierten und berechtigten EMTs auf
und übersendet die vorab ermittelten Zustandsdaten (Messwerte). Nach erfolgtem
TLS-Verbindungsaufbau werden die entsprechenden Messwerte an den EMT versendet und der Prozess wird beendet.
Das Ereignis „Statusänderung eingegangen“ ist in dieser Form nicht direkt in der
technischen Richtlinie ausformuliert. Diese lässt jedoch Spielraum, denn „[w]eitere
Ereignisse können vorgesehen werden“.193
Optionale Umsetzung mittels „HKS3: Transparenter Kanal initiiert durch
CLS“ möglich:
Die vorgestellte Variante 2 ist ebenfalls durch das „Kommunikationsszenario
HKS3: Transparenter Kanal initiiert durch CLS“ realisierbar. In diesem Fall erfolgt
ein direkter Verbindungsaubau, initiiert durch die Schaltbox (stellvertretend für
CLS).
Abbildung 22 : HKS3 - Transparenter Kanal initiiert durch CLS194
Die vorgestellte Steuerbox würde mit dem empfangenen Schaltbefehl zum einen
das CLS-Gerät steuern und zum anderen dem SMGW mitteilen, zu welchem EMT,
der vorab in einem Proxy-Kommunikationsprofil des SMGW konfiguriert sein
muss, eine Kommunikationsverbindung aufgebaut werden soll. Der EMT kann
über die initiierte TLS-Verbindung mit dem CLS-Gerät kommunizieren und entsprechende Statuswerte abfragen.
192
BSI 2013c, S. 101
BSI 2013c, S. 99
194
BSI 2013c, S. 59
193
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 63
Erweiterungsszenario zum netzdienlichen Schalten in der Niederspannung
Messwerte aus dem HAN können vom EMT im Nachgang über den bereits beschriebenen Prozess in Abschnitt 3.4 über den Service des SMGWA abgerufen
werden.
Vorteile:

Die Vorteile des e*Nergy Funknetzes werden im Falle der Gruppensteuerung genutzt, um die primäre ITK-Infrastruktur nicht zu überlasten und eine
schnelle Gruppensteuerung zu gewährleisten.

Die bereits ausgerollte Infrastruktur der StromPager Steuerbox kann weiter
verwendet werden.

Der Schaltbefehl wird unabhängig von der Reaktions- und Prozessdurchlaufzeit des SMGWA und SMGW durchgeführt (kein Wake-Up Service und
Administrationsbefehl des SMGWA nötig), auch wenn die primäre ITK temporär nicht verfügbar ist. Ein durchzuführender netzdienlicher Steuervorgang wird somit nicht durch temporäre Engpässe der SMGW-Kommunikationsinfrastruktur (bspw. Mobilfunk) verzögert.

Die optional einsetzbare FNN-Schaltbox ist über die SMGW Infrastruktur erreichbar und könnte ebenfalls für die Schaltung der angeschlossenen CLSGeräte eingesetzt werden. Die StromPager mit ihren e*Nergy Empfängern
dienen in diesem Fall als Fallbackvariante.

Die Erfassung und Versendung der Netzzustandsparameter erfolgt durch
BSI TR konforme Prozesse des SMGW und der entsprechenden Kommunikationsinfrastruktur.

Der optional vorgestellte Kommunikationsaufbau zum EMT nach HKS3 ermöglicht einen unmittelbaren Versand der entsprechenden Zustandswerte
des angeschlossenen CLS-Gerätes.
Nachteile:

Eher als mittel-bis langfristiges Szenario realisierbar, da es maßgeblich
vom weiteren Ausbau der bidirektionalen Kommunikationstechnologien
(z. B. DSL, Mobilfunk, BPL) für den notwendigen Rückkanal abhängt.

Eine hohe Kostenstruktur für den zusätzlich notwendigen Rückkanal (begründet durch die grundsätzlich hohen Kommunikationskosten von DSL
und Mobilfunk).
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 64
Erweiterungsszenario zum netzdienlichen Schalten in der Niederspannung
5.3.6
Variante 3 – Messwertanfrage über SMGWA
Im folgenden Abschnitt wird die 3. Variante erläutert, um BSI TR konform an die
notwendigen Netzzustandsdaten der betroffenen SMGWs zu gelangen. Die
Grundlage für das vorgestellte Szenario bilden die Anwendungsfälle „TAF 9: Abruf
der Ist-Einspeisung einer Erzeugungsanlage“ und „TAF 10: Abruf von Netzzustandsdaten“.195 Diese erlauben einen möglichen Abruf der Informationen über den
SMGWA.
Weiterhin wurde der e*Nergy Empfänger in dieser Variante bereits in die FNNSteuerbox integriert, um eine mögliche voll ausgebaute SMGW-Infrastruktur vorzuschlagen. Diese nutzt das e*message Sicherheitsfunknetz für spezielle Anwendungsfälle, wie das netzdienliche Gruppenschalten oder als FallbackKommunikationskanal.
Prozessbeschreibung:
Abweichend zur Variante 2 wird der Messwertversand nicht automatisch als Folge
des Ereignises „Statusänderung eingegangen“ vom SMGW an den EMT durchgeführt. In dieser Variante fordert der EMT nach erfolgreichem Messwertversand
(diese Information erhält er vom StromPager Dienst) die Netzdienlichkeitsparameter der betroffenen SMGWs, nachdem in der BSI TR-03109 definierten Anwendungsfall TAF 10 über den SMGWA an.
Der notwendige Verbindungsaufbau über den SMGWA zum SMGW erfolgt nach
dem in Abschnitt 3.4 vorgestellten Prozess nach technischer Richtlinie über die
bestehende Kommunikationsinfrastruktur des SMGW (siehe lila Rahmen der folgenden Abbildung 23).
In diesem zukünftigen Ausbaustand (siehe Abschnitt 5.5) wurde die e*Nergy Empfangseinheit in die FNN-Schaltbox integriert. Eine Integration in das Kommunikationsmodul des SMGW ist ebenfalls denkbar, da die Weiterleitung an die angeschlossene FNN-Schaltbox möglich ist. Die entsprechende Berechtigungsprüfung
könnte dann direkt über die hinterlegten Kommunikationsprofile erfolgen und entscheiden, ob der Absender des Schaltbefehls für dessen Ausführung konfiguriert
und berechtigt ist.
195
BSI 2013c, S. 98 ff.
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 65
Erweiterungsszenario zum netzdienlichen Schalten in der Niederspannung
Abbildung 23 : Variante 3 – Messwertanfrage über SMGWA
Vorteile:

Anforderung der Netzzustandsdaten beziehungsweise Ist-Einspeisung einer Erzeugungsanlage erfolgt über BSI TR-03109 konforme Vorgaben (siehe TAF 9 und TAF 10)

Vereinheitlichte Geräteinfrastruktur (Steuerbox und SMGW) mit einer breiten Palette an möglichen Kommunikationsanbindungen.

Integrierter e*Nergy Empfänger als Fallback-Lösung und für netzdienliches
Gruppenschalten

Die in den vorherigen Ausführungen erläuterten Vorteile, basierend auf der
e*Nergy Nutzung, bleiben entsprechend erhalten und ergänzen die vorgestellte Variante.
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 66
Erweiterungsszenario zum netzdienlichen Schalten in der Niederspannung
Nachteil:

5.4
Möglicherweise hohe Verzögerung bis der Messwert beim EMT eingeht.
Dies ist abhängig von Verarbeitungsgeschwindigkeit beim SMGWA und der
Kommunikationsbereitschaft der betroffenen SMGWs.
Weitere Einsatzmöglichkeiten des e*message Sicherheitsnetzes
Das e*message Sicherheitsnetz wurde in den vorgestellten Varianten als primäres
Kommunikationsmittel für den Versand von Schaltbefehlen vorgestellt. Das
Strompager System ist darüber hinaus für weitere Anwendungsfälle verwendbar.
Zur Ergänzung der bestehenden SMGW-Kommunikationsinfrastruktur
Der regionale Einsatz in IKT-unterversorgten Regionen (z. B. freistehende PVAnlagen) ist notwendig, um Anlagen zu erreichen, deren Anbindung sonst nicht
wirtschaftlich vertretbar wäre oder als Fallbacklösung (redundante Kommunikationsstrecke) im Falle des Ausfalls der primären ITK-Anbindung (z. B. Mobilfunk).
Die Erreichbarkeit ist wichtig im Fall einer netzdienlichen oder gar netzkritischen
Schaltabsicht der betroffenen Anlagen.
Wake-Up Call mittels Broadcast versenden
Der Versand des Wake-Up Call wurde als einer der potentiellen Engpässe im
Kommunikationsprozess identifiziert (siehe Abschnitt 5.2). Dieser Teilprozess des
SMGWA kann mittels Broadcast gelöst werden, da „[…] keine Anforderungen an
den Transportweg des Wake-Up Pakets […]“196 bestehen. Weiterhin heißt es in
der technischen Richtlinie „Die Informationen im Wake-Up Paket sind nicht vertraulich und werden daher nicht verschlüsselt.”197
Die maximale Übertragungsdauer des Wake-Up Paketes von 30 Sekunden kann
nach Aussagen der e*message GmbH mit entsprechendem Ausbau beziehungsweise der Konfiguration des Funknetzes auf eine Prozessdurchlaufzeit von unter
15 Sekunden reduziert werden. 198,199
196
BSI 2013c, S. 39
BSI 2013c, S. 139
198
BSI 2013c, S. 39–40
199
Marco Pultz 2015a Frage 5
197
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 67
Erweiterungsszenario zum netzdienlichen Schalten in der Niederspannung
Somit könnten nicht nur gezielte Gruppen (z. B. für netzdienliche Zwecke hoch
priorisierte Anlagen) mit einem Wake-Up Call „geweckt“ werden. Es sind auch
Szenarien denkbar, in denen bundes- oder deutschlandweit alle steuerbaren Geräte (z. B. alle PV-Anlagen) dazu aufgefordert werden, eine TLS-gesicherte Verbindung zu ihrem zuständigen SMGWA aufzubauen. In netzkritischen Situationen
könnte dies einen entscheidenden Zeitvorteil gegenüber dem bereits vorgestellten
Einzelverbindungsaubau einbringen.
Da bisher jedoch lediglich eine Einzeladressierung mittels Wake-Up Paket vorgesehen ist (die Nachricht muss die eindeutige Geräte-Id des SMGW enthalten), ist
die Anpassung auf eine mögliche Gruppenadressierung (Gruppen-Id) Voraussetzung zur Realisierung des skizzierten Szenarios.200
Anlagen, die nicht dem Pflichteinbau unterliegen
Neben den in Abschnitt 3.1 erläuterten Pflichteinbaufällen für intelligente Messsysteme wird es auch Anwendungsfälle geben, die nicht direkt den Regularien der
technischen Richtlinie unterliegen. Diese können unter der Maßgabe einer Fernsteuerbarkeit weitere Potentiale heben.
200
201

Die Empfänger des StromPagers können ebenfalls zur Steuerung der Erzeugungsanlagen zwischen 0,8 und 7 kW installierter Leistung genutzt
werden. Da diese voraussichtlich einer Einbaupflicht von intelligenten Zählern unterliegen (siehe Abschnitt 3.1), stellt die kostengünstige Empfängerinfrastruktur des StromPager ein attraktives Ergänzungsszenario und die
Ermöglichung einer Fernsteuerbarkeit für diese Kleinstanlagen dar. Schon
heute wären auf diese Weise über 500.000 EEG-Anlagen steuerbar.201

Eine weitere Einsatzmöglichkeit besteht in der Fernsteuerung von Straßenbeleuchtung. Denkbar sind Schaltprogramme für besondere Wetter- und
Verkehrslagen und der damit einhergehenden Optimierung der Lichtverhältnisse.

In Abhängigkeit der weiteren Entwicklung intelligenter Infrastrukturen und
Lösungsansätze im Markt des Smart Grid werden sich auch zukünftig weitere Anwendungsfälle entwickeln, die von den vorgestellten Vorteilen profitieren können.
BSI 2013c, S. 139
Ernst & Young 2014, S. 10
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 68
Erweiterungsszenario zum netzdienlichen Schalten in der Niederspannung
5.5
Gegenüberstellung der erarbeiteten Kommunikationsszenarien
Dieser Abschnitt soll einen Überblick über die drei erarbeiteten Varianten des Ergänzungsszenarios im direkten Vergleich mit dem vorgestellten Steuerszenario
nach technischer Richtlinie (siehe Abschnitt 3.4) geben. Dazu werden zunächst
die betrachteten Bewertungskriterien kurz erläutert, um diese anschließend mit
dem folgenden Ampelsystem zu bewerten.
– gute Bewertung
– Bewertung mit Abzügen oder Einschränkungen
– schlechte Bewertung (nicht erfüllt)
Abschließend sollen die Stärken der jeweiligen Umsetzungsvarianten herausgearbeitet werden. Die folgenden Kriterien werden auf Grundlage der bisherigen Betrachtungen und Erkenntnisse berücksichtigt.
Umsetzbarkeit der Anwendungsfälle „WAF 1-7“ der technischen Richtlinie
Das erste Kriterium soll die Realisierbarkeit der definierten Anwendungsfälle nach
technischer Richtlinie bewerten. Dazu gehören, neben den bereits in Abschnitt 3.3
unter Hauptanwendungsfälle im HAN, LMN und WAN erläuterten Anwendungsfällen WAF 1, 5, 6 und 7, die folgenden drei Anwendungsfälle.202

„WAF 2: Zugriff auf Dienste beim SMGW Administrator“

„WAF 3: Alarmierung und Benachrichtigung“

„WAF 4: Übertragung von Daten an den SMGW Administrator“
Einzel- und Gruppensteuerung
Diese Kriterien sollen jeweils beurteilen, ob eine Steuerung von Einzelanlagen
oder eine Gruppensteuerung zu netzdienlichen Zwecken auch in strukturschwachen Regionen (siehe Kapitel 4) ohne Einschränkungen möglich ist.
Rückkanal für Messwerte
Bewertet, ob ein direkter Rückkanal zur Nachrichtenversorgung des EMT oder
SMGWA realisiert werden kann. Hier wird die Auflösung der verfügbaren Informa202
BSI 2013c, S. 21–24
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 69
Erweiterungsszenario zum netzdienlichen Schalten in der Niederspannung
tionen unterschieden (rot = keine Information, gelb = aggregierte Informationen,
grün = Information auf Einzelanlagenebene möglich).
Ausfallsicherheit, Verfügbarkeit IKT
Die Verfügbarkeit der Informations- und Kommunikationsinfrastruktur ist regional
teilweise sehr unterschiedlich zu bewerten (siehe Abschnitt 4.1). Daher wird die
flächendeckende Verfügbarkeit und Ausfallsicherheit bewertet. Maßgeblich ist bei
diesem Punkt eine stetige Erreichbarkeit der steuerbaren Geräteinfrastruktur auch
in strukturschwachen Regionen, denn diese stellt aus netzdienlicher Sicht eines
der wichtigsten Kriterien dar.
Verfügbarkeit der Geräte
Dieser Bewertungspunkt resultiert aus der aktuellen Marktlage und Verfügbarkeit,
der zur Umsetzung relevanten Geräteinfrastruktur. Hierzu zählen, neben dem
SMGW, die FNN-spezifizierte Schaltbox und mögliche Empfangseinheiten zur Sicherstellung der IKT.
Aufwand Kommunikation
Neben der Verfügbarkeit und Möglichkeit, die steuerbaren Geräte kommunikationstechnisch zu erreichen, soll der betriebene Aufwand zur Realisierung der verschiedenen Anwendungsfälle bewertet werden. Ein maßgebliches Kriterium ist in
diesem Fall die vielfach diskutierte Möglichkeit, Geräte gruppiert zu steuern.
Inhouse-Verkabelung und Gebäudedurchdringung
Der Bewertungspunkt gibt eine Einschätzung der zu erwartenden Zusatzaufwände
für die Sicherstellung der Kommunikationsinfrastruktur zum CLS-Gerät beziehungsweise der entsprechenden Verfügbarkeit im Zählerschrank (siehe Abschnitt
4.2). Zusatzaufwände können durch notwendige Inhouse-Verkabelungen, Zusatzantennen oder Zusatzgeräte zur Überbrückung von Distanzen zwischen der
Kommunikationseinheit und dem zu steuernden Gerät entstehen.
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 70
Erweiterungsszenario zum netzdienlichen Schalten in der Niederspannung
Gebäudedurchdringung
Kommunikation
Aufwand der
Verfügbarkeit Geräte
Verfügbarkeit IKT
Ausfallsicherheit,
Messwerte
Rückkanal für
Gruppensteuerung
Einzelsteuerung
Szenario
WAF 1-7
Kiterium
Inhouse-Verkabelung &
Tabelle 1 : Bewertung der Umsetzungsvarianten
TR-03109
Variante 1
Variante 2
Variante 3
Begründung der Bewertungen:
Die Bewertungslage des vorgestellten BSI TR-03109 Schaltszenarios basiert auf
den aktuell gültigen gesetzlichen Bestimmungen, den erläuterten Betrachtungen
der vorliegenden Arbeit und gehen von einer realisierten Infrastruktur, wie sie in
Kapitel 3 vorgestellt wurde, aus. Die Verfügbarkeit der notwendigen standardisierten Geräteinfrastruktur ist jedoch nicht vor 2017 zu erwarten und wird aus diesem
Grund negativ bewertet. Wenn diese dann aber zur Verfügung steht, können mittels bidirektionaler Kommunikationsanbindung die Anwendungsfälle der technischen Richtlinie sowie die Einzelsteuerung von Geräten mit entsprechendem
Rückkanal (gerätescharf) erwartungsgemäß realisiert werden.
Die Bewertung der vom Kommunikationsnetz abhängigen Kriterien wurde auf
Grundlage der flächendeckenden Verfügbarkeit (siehe Abschnitt 4.1) und den jeweiligen in der Kosten-Nutzen-Analyse von Ernst und Young zusammengetragenen Vor- und Nachteilen der leitungs- oder funkgebundenen Übertragungen realisiert.203 So führt die teilweise ausbaubedürftige IKT zu Abzügen bei der Verfügbarkeit. Die systembedingten vielen Einzelverbindungen, die im Rahmen einer netzdienlichen Gruppensteuerung initialisiert werden müssten, führen zu einem erhöhten Datenverkehr und somit zu zusätzlicher Belastung der Kommunikationsinfra203
Ernst & Young 2013, S. 44 ff.
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 71
Erweiterungsszenario zum netzdienlichen Schalten in der Niederspannung
struktur. Dadurch erhöhen sich die zu erwartenden Kosten der Verbindung aber
auch das Ausfallrisiko in unterversorgten Regionen. Ein weiterer Aufwandstreiber
geht von der beschriebenen (Kapitel 5.2) zusätzlich notwendigen InhouseVerkabelung zwischen der zentralen Kommunikationseinheit des SMGW zu den
steuerbaren Geräten aus.
Variante 1 wurde in Abschnitt 5.3.4 als mögliche Stand-Alone-Lösung vorgestellt
und könnte aufgrund der bereits heute verfügbaren Geräteinfrastruktur (e*NergyNetz und StromPager-Schaltbox) sofort zum Einsatz kommen. Dies qualifiziert die
Lösung für den Übergang notwendiger Gerätesteuerungen bis zum Start des erneut verschobenen Rollout intelligenter Messsysteme (siehe Abschnitt 3.1). Die
Variante erzielt gute Bewertungen in den Bereichen der Einzel- und Gruppensteuerung. Abzüge müssen beim Rückkanal gemacht werden, da abhängig vom weiteren Ausbau der ONT-Infrastruktur lediglich aggregierte Messwerte des jeweiligen
Netzstrangs an die Leitwarte des VNB übermittelt werden können. Die Anwendungsfälle der technischen Richtlinie (WAF 1-7) könnten mit dem unidirektionalen
e*Nergy Funknetz allein nicht umgesetzt werden. Diese werden aber ohnehin frühestens ab 2017 mit dem Rollout der ersten Smart Meter Gateways relevant. Das
Kriterium der Anwendungsfälle kann also systembedingt (kein SMGW verfügbar)
nicht erfüllt werden. Die auf das Steuern von Geräten spezialisierte Form der
Kommunikationsanbindung wirkt sich positiv auf die Kostenstruktur der Lösung
(Kriterium „Aufwand Kommunikation“) aus. Das ausfallsichere und flächendeckend
verfügbare Funknetz sowie die frequenzbedingt hohe Gebäudedurchdringung führen ebenfalls zu entsprechend positiven Bewertungen.
Im Entwicklungspfad des nächsten Kapitels wird Variante 1 als kostengünstige
und schnell realisierbare Übergangslösung in den skizzierten Entwicklungshorizont eingeordnet.
Die Varianten 2 und 3 profitieren von dem Einsatz einer hybriden Kommunikationsinfrastruktur. So ist der Einsatz der SMGW-Infrastruktur zur Realisierung der
Anwendungsfälle WAF 1-7 für anlagenscharfe Steuer- oder Administrationshandlungen sowie einer zählpunktscharfen Übermittlung von Mess- und Netzzustandswerten sehr gut geeignet. Und durch den gezielten Einsatz des e*Nergy Sicherheitsfunknetzes für Gruppenschaltungen lässt sich der Kommunikationsaufwand
erheblich reduzieren.204 Weiterhin können netzdienliche Schaltungen auch im Falle
204
Anmerkung: im TR-03109 Szenario kam es durch Gruppenschaltungen und hohe Kosten für
TLS-Kanäle zu Abzügen
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 72
Erweiterungsszenario zum netzdienlichen Schalten in der Niederspannung
eines Ausfalls der primären IKT das SMGW über die e*Nergy-Empfänger realisiert
und mit Hilfe der verfügbaren ONT-Infrastruktur überwacht werden. So können
sich die Stärken der vorgestellten Systeme sehr gut ergänzen und zu einer höheren Flexibilität und Ausfallsicherheit der Gesamtarchitektur beitragen. Abzüge gibt
es lediglich durch die weiterhin notwendige Verbindung der steuerbaren Geräte
mit der Steuerbox und der aus heutiger Sicht fehlenden Geräteinfrastruktur.
Im folgenden Absatz wird Variante 2 als mittelfristige und flexible Lösung und Variante 3 als möglicher finaler Ausbauzustand in den Entwicklungspfad eingeordnet.
5.6
Entwicklungspfad des vorgestellten Ergänzungsszenarios
Dieser Absatz soll das Kapitel 5 abschließen. Dazu wird das erarbeitete Erweiterungsszenario zum Steuern von Geräten im intelligenten Energienetz und deren
Varianten in möglichen Entwicklungsphasen vorgestellt. Die erarbeitete Grafik
(siehe Abbildung 24) soll die möglichen Entwicklungspfade auf einer Zeitachse
verdeutlichen. Die Zeitachse, die von heute bis 2032 (Planungshorizont des Smart
Meter Rollout) geht, wurde in drei Phasen unterteilt, die jeweils unterschiedliche
aber aufeinander aufbauende Annahmen zur Weiterentwicklung des Breitbandausbaus, der verfügbaren Geräteinfrastruktur und dem SMGW-Rollout selbst trifft.
Phase I: heute bis 2017 (Rolloutbeginn)
In dieser Übergangsphase von mindestens 2 Jahren müssen Lösungen, wie sie
beispielsweise in Abschnitt 4.3 (Strompager der Stromnetz Berlin) vorgestellt wurden, etabliert werden, die nach dem Rolloutbeginn in die neue Infrastruktur eingegliedert werden können. Dies ist notwendig, um den Netzbetreiber in die Lage zu
versetzen, seine teilweise überholungsbedürftige Schaltinfrastruktur (siehe Abschnitt 2.4) zu modernisieren, ohne das Risiko von „stranded investments“205 (die
Systeme müssten ab 2017 + Übergangsfrist wieder ersetzt werden) einzugehen.
Ebenfalls wird von einem unzureichend flächendeckenden Ausbau der Breitbandinfrastruktur in Deutschland ausgegangen (siehe Kapitel 4).
205
Anmerkung: stranded investments - auch als stranded costs bezeichnet, sind Kosten die in
Folge gesetzlicher Deregulierung entstehen
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 73
Erweiterungsszenario zum netzdienlichen Schalten in der Niederspannung
Phase II: 2017 (Rolloutbeginn) bis 2021
Mit dem Start des SMGW-Rollout für EEG- und KWK-Anlagen sowie größeren
Verbrauchern (siehe Abschnitt 3.1) wird die Eingliederung der SMGWs und intelligenten Zählern berücksichtigt. Zu diesem Zeitpunkt wird von der Einführung einer
ersten Schaltboxversion des FNN ausgegangen, die erste Managementfunktionen
für CLS-Geräte in der SMGW-Systemarchitektur bereitstellt. Da der aktuelle Entwicklungsstand aus den öffentlich verfügbaren Quellen noch nicht detailliert hervorgeht, ist vorerst von einer Pilot- und Erprobungsphase in Feldversuchen auszugehen.
Phase III: 2021 bis 2032
In dieser Phase wurde der Rollout von intelligenten Zählern und SMGWs auf Verbraucher kleiner 10.000 kWh/Jahr206 erweitert und die FNN-Schaltbox hat in einer
zweiten Version hohe Systemreife erlangt. Der Breitbandausbau ist ebenfalls weiter vorangeschritten und die Anbindung aller Haushalte ist nun flächendeckend
verfügbar. Jedoch kommt es in Folge der hohen Anzahl eingebundener zu steuernder Geräte zu Kommunikationsengpässen in besonderen Situationen (siehe
Abschnitt 4.2).
Erläuterung der möglichen Entwicklungspfade:
Für die beschriebenen Rahmenbedingungen der „Phase I“ wurde das Erweiterungsszenario der Variante 1 (siehe Abschnitt 5.3.4) vorgestellt. Diese „Übergangsvariante“ kompensiert die bestehenden Lücken in der Kommunikationsinfrastruktur durch das flächendeckende e*Nergy Sicherheitsfunknetz. Neben den heute schon verfügbaren StromPager-Schaltboxen ist die kostengünstige und sichere
Schaltung von Gruppen- und Einzelanlagen möglich. An dieser Stelle sei bereits
hervorgehoben, dass die in dieser Phase verbauten StromPager Steuerboxen in
die folgenden Phasen integriert werden können. Die StromPager-Schaltboxen
müssen also nicht zwingend mit voranschreitendem Reifegrad der restlichen Systemkomponenten, wie SMGW und FNN-Schaltbox, ausgetauscht werden.
206
Anmerkung: siehe Eckpunktepapier und Rollout in Abschnitt 3.1
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 74
Erweiterungsszenario zum netzdienlichen Schalten in der Niederspannung
Abbildung 24 : Entwicklungspfad der vorgestellten Varianten207
Mit dem geplanten Rolloutbeginn der ersten Smart Meter Gateways ab 2017 beginnt die „Phase II“. Beim Rollout der intelligenten Messsysteme muss fortan zwischen „Pflichteinbaufällen“ und „keine Pflichteinbaufälle“ unterschieden werden.
Die Unterscheidung der beiden Entwicklungspfade orientiert sich am Eckpunktepapier zum „Verordnungspaket intelligenter Netze“ und den geplanten Einbaugrenzen (siehe Abschnitt 3.1).
207
Anmerkung: Der Entwicklungspfad wurde von Marco Pultz mit Hilfe der inubit BPM Plattform der
Bosch Software Innovations GmbH und Microsoft PowerPoint 2010 erstellt.
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 75
Erweiterungsszenario zum netzdienlichen Schalten in der Niederspannung
Pflichteinbaufälle
Im Pfad der Pflichteinbaufälle kommt die vorgestellte Variante 2 (siehe Abschnitt
5.3.5) zum Einsatz. Das neue SMGW kann jetzt an den bestehenden StromPager
angeschlossen werden und mittels DSL, Mobilfunk oder BPL eine Verbindung ins
WAN aufbauen. Für den Fall, dass mehr als ein CLS-Gerät mit dem SMGW verbunden werden soll, kommt die FNN Steuerbox zum Einsatz. Diese ist mit Rolloutbeginn ebenfalls in der Version 1.0 verfügbar und ist in der Lage, als zentraler
CLS-Gerätemanager mit mehr als einem Gerät zu kommunizieren. Die Steuernachrichten können nun per Einzelverbindung entweder über die SMGW Infrastruktur des WAN-Netz erfolgen oder über die weiterhin aktiven e*Nergy Empfangseinheiten. Diese fungieren darüber hinaus als Fallback-Variante für die Situation eines Ausfalls der primären IKT des SMGW (z. B. durch einen Stromausfall).
Das e*Nergy Netz kann darüber hinaus für den effizienten Versand von Gruppensteuerbefehlen verwendet werden. Ab Phase II ist der Informationsrückfluss zum
EMT (z. B. Verteilnetzbetreiber) über die bestehende IKT des SMGW oder die
kommunikationstechnisch angebundenen Ortsnetztransformatoren aus Phase I
möglich.
Ab "Phase III“ haben die gewonnen Erfahrungen im Netzbetrieb der intelligenten
Netze zur Marktreife einer FNN-Box 2.0 geführt. Diese löst das Vorgängermodell
ab und übernimmt komplett die Anlagenschaltung. Das SMGW nutzt die nun flächendeckend verfügbare Breitbandanbindung zur Realisierung aller Anwendungsfälle der technischen Richtlinie und weiterer Mehrwertdienste. Dennoch wurde der
e*Nergy aufgrund guter Praxiserfahrungen für spezielle Anwendungen zur Entlastung der IKT-Infrastruktur und als Fallbackvariante in die FNN-Box integriert.
Keine Pflichteinbaufälle
In „Phase II“ kann die vorgestellte Lösung aus Phase I als kostengünstige und sichere Kommunikationsmöglichkeit weiter ausgebaut werden, wenn der Netzbetreiber die Anbindung bestimmter Anlagen für notwendig oder sinnvoll erachtet.
Mit der neuen FNN-Schaltbox 2.0 in „Phase III“ und einem direkt angebundenen
Kommunikationsmodul, welches neben dem vorgestellten e*Nergy-Empfänger
auch andere Kommunikationstechniken, wie DSL, BPL oder Mobilfunk verfügbar
macht, ist ein direkter Rückkanal mittels Schaltbox realisierbar.
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 76
Erweiterungsszenario zum netzdienlichen Schalten in der Niederspannung
Bei Bedarf ist es möglich, den Ausbaupfad „keine Pflichteinbaufälle“ um den Einsatz eines SMGW zu erweitern und somit die vollständige SMGW-Infrastruktur zu
realisieren (siehe Abbildung 24 „mögliche Gesetzesänderung“). Ein weiterer
Grund für die Ausstattung der „freiwillig“ angebundenen Anlagen mit einem
SMGW kann eine spätere Gesetzesänderung sein, die die entsprechenden Rolloutgrenzen korrigiert. Aufgrund der bereits bestehenden Kommunikationsinfrastruktur ist hervorzuheben, dass in diesem Fall lediglich das SMGW verbaut und
konfiguriert werden muss.
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 77
Zusammenfassung der Erkenntnisse
6
Zusammenfassung der Erkenntnisse
Die größten Herausforderungen der Energiewende stellen der Energietransport
und die zeitliche Entkoppelung von Erzeugung und Verbrauch dar. 208 Dies konnte
mit den vorgestellten Herausforderungen für das deutsche Stromverteilnetz in Kapitel 2 verdeutlicht werden. Das vorgestellte Konzept der intelligenten Messsysteme bildet, mit der Möglichkeit kritische Infrastrukturen zu beobachten und bei Bedarf steuernd einzugreifen, eine wichtige Grundlage zur Lösung dieser Herausforderung.
Weiterhin bietet die in Vorbereitung befindliche SMGW-Infrastruktur (siehe Kapitel
3) eine große Chance, die notwendige standardisierte Mess- und Steuerinfrastruktur zur Verfügung zu stellen. Sie könnte nicht nur den notwendigen Netzausbau
reduzieren und das bestehende Messwesen optimieren, sie eröffnet auch die
Möglichkeit, eine standardisierte Schnittstelleninfrastruktur für SmartHomeAnwendungen oder virtuelle Kraftwerke zu etablieren. Jedoch befinden sich die
dringend benötigten Gerätespezifikationen und gesetzlichen Verordnungen noch
immer in der Ausarbeitung durch den Gesetzgeber dessen Arbeitsgruppen (siehe
Abschnitt 3.1). Ferner besteht die Gefahr, dass der lückenhafte Ausbau der Kommunikationsnetze Deutschlands zum Engpass beim Betrieb der intelligenter
Messsysteme und somit der Energiewende wird (siehe Kapitel 4).
Die eingangs aufgestellten Thesen (siehe Abschnitt 1.1) konnten zusammenfassend nicht gänzlich bewiesen, aber stützende Argumente auf theoretischer Ebene
herausgearbeitet werden.
So lässt sich für die erste These zusammenfassend feststellen, dass die vorgesehenen Sicherheitsmechanismen der SMGW-Systemarchitektur sehr hohen Standards bezüglich Datenschutz und -integrität unterliegen (siehe Abschnitt 3.3). Aber
die hohen Anforderungen an Latenz sowie Ausfallsicherheit, die netzkritisches
Schalten erfordern (siehe Abschnitt 2.4), können mit dem heutigen Ausbaustand
der Kommunikationsinfrastruktur nicht flächendeckend gewährleistet werden (siehe Kapitel 4). Eine technische Nachweisführung konnte aufgrund der mangelnden
Verfügbarkeit einer standardisierten Steuerbox für die vorgesehene SMGWInfrastruktur nicht realisiert werden. Es ließen sich jedoch aus der erläuterten Gesamtkomplexität des Verbindungsaufbaus Risiken ableiten, die einen netzdienlichen und vor allem netzkritischen Einsatz gefährden (siehe Abschnitt 5.2).
208
Marco Pultz 2015b, S. Frage 9
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 78
Zusammenfassung der Erkenntnisse
Zum Nachweis der zweiten These konnte die Notwendigkeit einer ergänzenden
Kommunikationsmöglichkeit dargelegt werden. Da netzdienliches Schalten bereits
heute praktiziert wird und weiterhin notwendig ist und der flächendeckende Rollout
intelligenter Messsysteme mittelfristig jedoch nicht zu erwarten ist (siehe Abschnitt
3.1), muss weiterer Raum für Übergangslösungen geschaffen werden.
Somit soll mit dem vorgestellten Konzept einer möglichen Gruppensteuerung (siehe Kapitel 5) mit Hilfe des innovativen e*Nergy Sicherheitsfunknetz der Blick für
alternative Lösungsansätze geweitet werden, um den Herausforderungen der
Energiewende offen entgegenzutreten. Wie der abschließende Entwicklungspfad
und die Einordnung der erarbeiteten Lösungsvarianten in dem angekündigten
Rollout zeigen, lassen sich mit dem erarbeiteten Szenario auch kurzfristig Infrastrukturen zur Realisierung netzdienlicher Steuervorgänge aufbauen, die den bestehenden gesetzlichen Umsetzungsrahmen ergänzen und sich später in die
SMGW-Infrastruktur eingliedern lassen.
Die vorgestellte e*Nergy Sendeinfrastruktur und die erläuterten Szenarien sind
abschließend betrachtet nicht als Konkurrenz zur SMGW-Architektur nach
BSI TR-03109 zu sehen, sondern als Ergänzung in Form einer Teilkomponente für
spezielle Anwendungsfälle und somit als Chance für ein Gelingen des geplanten
SMGW-Rollout und die Energiewende einzuordnen. Die begründeten Anmerkungen in besonderen Einsatzsituationen wurden bereits bei Vertretern des BSI und
FNN angesprochen und es wurde eine positive und offene Einstellung gegenüber
dem vorgestellten Ansatz signalisiert.
Abschließend betrachtet stellt der gewählte Lösungsansatz eine denkbare Ergänzung zu den bestehenden Smart Grid Konzepten dar und kann durchaus einen
Teil dazu beitragen, dass der befürchtete „Blackout“ im deutschen Stromnetz auch
weiterhin ausbleiben wird.
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite 79
Literaturverzeichnis
Literaturverzeichnis
|acatech 2012| Hans-Jürgen Appelrath, Henning Kagermann und Christoph Mayer: Future Energy
Grid. Migrationspfade ins Internet der Energie. Berlin, Heidelberg.
|Agentur für Erneuerbare Energien 2015| Agentur für Erneuerbare Energien: Bildquelle.
AEE_Funktionsweise_Stromnetz_feb11.jpg (1713×2197). Online verfügbar unter http://www.
unendlich-viel-energie.de/media/image/4255.AEE_Funktionsweise_ Stromnetz_feb11.jpg, Abruf: 12.03.2015.
|BDEW 2013| Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V.: Stromverbrauch im Haushalt. Energie-Info. Online verfügbar unter
https://www.bdew.de/internet.nsf/id/6FE5E98B43647E00C1257C0F003314E5/$file/7082_Beiblatt_zu%20BDEW-Charts%20Stromverbrauch%20im%20Haushalt_2013-10-23.pdf, Abruf: 06.03.2015.
|BGH 2014| Bundesgerichtshof: Haftung des Netzbetreibers für Überspannungsschäden. Pressemitteilung Nr. 33/14. Bundesgerichtshof. Online verfügbar unter
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art
=en&Datum=Aktuell&nr=66912&linked=pm, Abruf: 22.03.2015.
|BITKOM 2011| BITKOM: Bedeutung von Powerline Communications für Smart Grids.
|BMUB 2014| Bundesumweltministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit: Die
deutsche Klimaschutzpolitik. Online verfügbar unter http://www.bmub.bund.de/themen/klimaenergie/klimaschutz/nationale-klimapolitik/klimapolitik-der-bundesregierung/, Abruf: 24.03.2015.
|BMWi 2014a| Bundesministerium für Wirtschaft und Energie: Bildquelle. bmwi Bruttostromerzeugung 2015_D_5_2. Online verfügbar unter http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/B/ bruttostromerzeugung-in-deutschland,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf,
Abruf: 21.03.2015.
|BMWi 2014b| Bundesministerium für Wirtschaft und Energie: Smart Energy made in Germany.
Erkenntnisse zum Aufbau und zur Nutzung intelligenter Energiesysteme im Rahmen der Energiewende. Online verfügbar unter http://www.e-energy.de/images/BMWi-E-Energy_ Abschlussbrosch_Mai_2014.pdf, Abruf: 25.11.2014.
|BMWi 2015a| Bundesministerium für Wirtschaft und Energie: Baustein für die Energiewende: 7
Eckpunkte für das „Verordnungspaket Intelligente Netze“. Online verfügbar unter
http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/E/eckpunkte-fuer-das-verordnungspaket-intelligentenetze,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf, Abruf: 25.03.2015.
|BMWi 2015b| Bundesministerium für Wirtschaft und Energie: Energie der Zukunft. Eine Gesamtstrategie für die Energiewende. Online verfügbar unter http://www.bmwi.de/DE/Themen
/Energie/Energiewende/gesamtstrategie.html, Abruf: 22.03.2015.
|Bosch SI 2015a| Bosch Software Innovations GmbH: Intelligentes Energiemanagement mit Bosch
ConnectedEnergy Solutions. Online verfügbar unter https://www.bosch-si.com/de/loesungen
/energie/intelligentes-energiemanagement.html?ref=ga-2-inst-de-2015h1-google-adwordsbrand-campaign, Abruf: 26.03.2015.
|Bosch SI 2015b| Bosch Software Innovations GmbH: Über Bosch Software Innovations. Online
verfügbar unter https://www.bosch-si.com/de/newsroom/ueber-uns/ueber-bosch-software- innovations.html?ref=ga-2-inst-de-2015h1-google-adwords-brand-campaign, Abruf: 26.03.2015.
|BSI 2013a| Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik: Protection Profile for the Gateway
of a Smart Metering System (Smart Meter Gateway PP). Smart Meter Gateway PP. Bundesamt
für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI).
|BSI 2013b| Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik: Technische Richtlinie Smart Metering PKI - Public Key Infrastruktur für Smart Meter Gateways. BSI TR-03109-4. Bundesamt für
Sicherheit in der Informationstechnik (BSI).
|BSI 2013c| Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik: Technische Richtlinie Anforderungen an die Interoperabilität der Kommunikationseinheit eines intelligenten Messsystems. BSI
TR-03109-1. Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI).
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite i
Literaturverzeichnis
|BSI 2013d| Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik: Technische Richtlinie eCardProjekte der Bundesregierung. BSI TR-03116-3. Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI).
|BSI 2013e| Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik: Technische Richtlinie Kryptographische Vorgaben für die Infrastruktur von intelligenten Messsystemen. BSI TR-03109-3. Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI).
|BSI 2013f| Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik: Technische Richtlinie Smart Meter
Gateway – Anforderungen an die Funktionalität und Interoperabilität des Sicherheitsmoduls.
BSI TR-03109-2. Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI).
|BSI 2014| Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik: Smart Meter Gateway. Sicherheit
für intelligente Netze. Online verfügbar unter
https://www.bsi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/BSI/Publikationen/Broschueren/SmartMeter-Gateway.pdf?__blob=publicationFile, Abruf: 10.12.2014.
|BSI 2015| Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik: BSI TR-03109. Technische Vorgaben für intelligente Messsysteme und deren sicherer Betrieb. Online verfügbar unter https://
www.bsi.bund.de/DE/Themen/SmartMeter/TechnRichtlinie/TR_node.html, Abruf: 28.03.2015.
|Bundesregierung 2015a| Bundesregierung: Elektromobilität. Leitmarkt und Leitanbieter für Elektromobilität. Online verfügbar unter http://www.bundesregierung.de/Webs/Breg/DE/Themen
/Energiewende/Mobilitaet/podcast/_node.html, Abruf: 15.03.2015.
|Bundesregierung 2015b| Bundesregierung: Energie transportieren. Bundesregierung beschließt
Ausstieg aus der Kernkraft bis 2022. BPAInternet. Online verfügbar unter
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/StatischeSeiten/Breg/Energiekonzept/05kernenergie.html, Abruf: 22.03.2015.
|Bundestag 2005| Bundestag: Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (Energiewirtschaftsgesetz - EnWG). Ausfertigungsdatum: 07.07.2005. Bundestag. Online verfügbar unter
http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/enwg_2005/gesamt.pdf, Abruf: 23.03.2015.
|Bundestag 2014| Bundestag: Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien (ErneuerbareEnergien-Gesetz - EEG 2014). Ausfertigungsdatum: 21.07.2014. Bundestag. Online verfügbar
unter http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/eeg_2014/gesamt.pdf, Abruf: 16.12.2014.
|dena 2014| Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena): dena-Smart-Meter-Studie. Einführung von
Smart Meter in Deutschland. Online verfügbar unter http://www.messwertqualitaet.de
/fileadmin/media/Wissenswertes/Technik/Bermbach_Forschungsbericht-WF-4_WS12_Be.pdf,
Abruf: 28.10.2014.
|dena 2015| Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena): Herausforderungen im deutschen Stromversorgungssystem. Online verfügbar unter http://www.effiziente-energiesysteme.de/themen
/intelligente-stromnetze/herausforderungen.html, Abruf: 22.03.2015.
|Dr.-Ing. Jens Büchner et al. 2014| Dr.-Ing. Jens Büchner, Dr.-Ing. Jörg Katzfey, Ole Flörcken,
Univ.-Prof. Dr.-Ing. Albert Moser, Dr.-Ing. Henning Schuster, Sebastian Dierkes, et al.: „Moderne Verteilernetze für Deutschland“ (Verteilernetzstudie). Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Online verfügbar unter http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/
PDF/Publikationen/Studien/verteilernetzstudie,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb
=true.pdf, Abruf: 16.12.2014.
|e*message 2014a| e*message GmbH: Digitale mobile Kommunikation - ein Technologievergleich.
Online verfügbar unter https://www.emessage.de/emessage/technologie/ technologievergleich.php, Abruf: 18.03.2015.
|e*message 2014b| e*message GmbH: e*BOS-Alarmierung: Alles aus einer Hand. Online verfügbar unter https://www.bos-alarmierung.de/ebos/produkte/index.php, Abruf: 19.03.2015.
|e*message 2014c| e*message GmbH: e*Nergy - Funknetz. Online verfügbar unter
https://www.emessage.de/emessage/produkte/energy/funknetz.php, Abruf: 18.03.2015.
|e*message 2014d| e*message GmbH: e*Nergy - Sicherheit. Online verfügbar unter
https://www.emessage.de/emessage/produkte/energy/sicherheit.php, Abruf: 19.03.2015.
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite ii
Literaturverzeichnis
|e*message 2014e| e*message GmbH: e*Nergy - Technik. Online verfügbar unter
https://www.emessage.de/emessage/produkte/energy/technik.php, Abruf: 19.03.2015.
|e*message 2014f| e*message GmbH: e*WIP: Wireless Information Plattform. Online verfügbar
unter https://www.emessage.de/emessage/technologie/ewip.php, Abruf: 19.12.2014.
|EnergieAgentur 2014| EnergieAgentur.NRW: Das neue EEG 2014. Was ändert sich? Online verfügbar unter http://www.energiedialog.nrw.de/das-neue-eeg-2014-was-aendert-sich/, Abruf:
03.11.2014.
|Ernst & Young 2013| Ernst & Young GmbH: Kosten-Nutzen-Analyse für einen flächendeckenden
Einsatz intelligenter Zähler. Online verfügbar unter http://www.ey.com/Publication/vwLUAssets
/Kosten-Nutzen-Analyse_Roll-out_Smart_Meter/$FILE/BMWI-Endbericht-KNA-Smart-Metering2013.pdf, Abruf: 22.10.2014.
|Ernst & Young 2014| Ernst & Young GmbH: Variantenberechnung von in Diskussion befindlichen
Rollout-Strategien - Ergänzung zur KNA vom Juli 2013. Online verfügbar unter
http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/Publikationen/Studien/variantenrechnungen-von-indiskussion-befindlichen-rollout-strategien,property=pdf,bereich=bmwi2012
,sprache=de,rwb=true.pdf, Abruf: 27.03.2015.
|Europäische Union 2006| Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union:
RICHTLINIE 2006/32/EG über Endenergieeffizienz und Energiedienstleistungen und zur Aufhebung der Richtlinie 93/76/ EWG des Rates. Online verfügbar unter http://eur-lex.europa.eu
/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32006L0032&from=DE, Abruf: 05.02.2015.
|Europäische Union 2009| DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES: Richtlinie
2009/72/EG über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung
der Richtlinie 2003/54/EG. Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union.
Online verfügbar unter http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ
:L:2009:211:0055:0093:de:PDF, Abruf: 26.02.2015.
|European Commission 2011| European Commission: Energiefahrplan 2050: ein sicherer, wettbewerbsfähiger und CO2-armer Energiesektor ist möglich. Online verfügbar unter
http://europa.eu/rapid/press-release_IP-11-1543_de.htm, Abruf: 22.03.2015.
|EW-online 2015| EW - Magazin für die: Sicherheitsprozesse der Gatewayadministration erfolgreich
getestet. Sichere Datenverbindung. Online verfügbar unter https://www.mtg.de/fileadmin/www.
mtg.de/resources/pdf/eenergy/mtG_Crypto_Controller_ew_artikel_neu_.pdf, Abruf: 12.03.2015.
|FAZ 2015| Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH: Sonnenfinsternis. Droht Deutschland ein Blackout? Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH. Online verfügbar unter http://www.faz.net
/aktuell/wirtschaft/sonnenfinsternis-droht-deutschland-ein-blackout-13485128.html?printPaged
Article=true#pageIndex_2, Abruf: 17.03.2015.
|FNN 2013| Forum Netztechnik / Netzbetrieb im VDE: Regeln für Netztechnik, Netzbetrieb und
Messwesen. Faltblatt. Online verfügbar unter http://www.vde.com/de/fnn/ueber-uns/
documents/fnn-faltblatt.pdf, Abruf: 25.02.2015.
|Johannes Weniger et al. 2014| Johannes Weniger, Joseph Bergner, Tjarko Tjaden und Prof. Dr.
Volker Quaschning: Einfluss der Sonnenfinsternis im März 2015 auf die Solarstromerzeugung in
Deutschland. Studie. Online verfügbar unter http://pvspeicher.htw-berlin.de/wp-content/uploads
/2014/10/HTW-Berlin-Studie-Einfluss-der-Sonnenfinsternis-im-M%C3%A4rz-2015-auf-dieSolarstromerzeugung-in-Deutschland.pdf, Abruf: 17.03.2015.
|Klaus-Dieter Walter 2012| Klaus-Dieter Walter: Smart-Meter-Kommunikation: sicher, aber funktionsüberladen. Online verfügbar unter http://www.etz.de/files/e21130zst_ssv.pdf, Abruf:
17.03.2015.
|Marco Pultz 2015a| Marco Pultz: Expertenbefragung e*message GmbH Berlin. Carsten Hofmann;
Nico Pelz.
|Marco Pultz 2015b| Marco Pultz: Expertenbefragung Stromnetz Berlin. Herr Thomas Röstel.
|Mark Nigge 2014| Mark Nigge: Auf dem Weg zur Netzoptimierung von Verteilnetzen mit dezentralen Anlagen.
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite iii
Literaturverzeichnis
|Michael Boberach, Theresa Moy, Dr. Rahild Neuburger, Dr. Malthe Wolf 2013| Michael Boberach,
Theresa Moy, Dr. Rahild Neuburger, Dr. Malthe Wolf: Zukunftspfade Digitales Deutschland
2020. Bundesministerium des Innern. Online verfügbar unter http://www.messwertqualitaet.de
/fileadmin/media/Wissenswertes/Technik/Bermbach_Forschungsbericht-WF-4_WS12_Be.pdf,
Abruf: 28.10.2014.
|NDR 2014| NDR: Mobilfunknetze in Urlaubsregionen überlastet. Online verfügbar unter https://
www.ndr.de/nachrichten/netzwelt/Mobilfunknetze-in-Urlaubsregionen-ueberlastet, mobilfunk122.html, Abruf: 28.03.2015.
|Niederhausen et al. 2014| Herbert Niederhausen und Andreas Burkert: Elektrischer Strom. Gestehung, Übertragung, Verteilung, Speicherung und Nutzung elektrischer Energie im Kontext der
Energiewende. Wiesbaden (SpringerLink : Bücher).
|Prof. Dr. Torsten J. Gerpott 2012| Prof. Dr. Torsten J. Gerpott: Schmalbandige Informationsverteilung über Funkruf. White Paper. Online verfügbar unter https://www.emessage.de/multiwAssets/docs/emessage/WP_Schmalbandige_Informationsverteilung_ueber_Funkruf.pdf, Abruf: 16.12.2014.
|Prof.-Dr. Ing. B. Walke et al. 2001| Prof.-Dr. Ing. B. Walke, Dipl.-Ing. Marc Peter Althoff, Dipl.-Ing.
Peyman Farjami, Dipl.-Ing. Christian Hamacher und Dipl.-Ing. Peter Stuckmann: Potential lizenzierter schmalbandiger Funkrufdienste im Wettbewerb mit digitalen Rundfunkdiensten sowie
den Datendiensten von GSM und GPRS. Studie im Auftrag der e*Message GmbH. Online verfügbar unter https://www.emessage.de/multi-wAssets/docs/emessage/StudieRWTHAachen.pdf,
Abruf: 13.01.2015.
|Publiplikator 2014| Publiplikator GmbH Berlin: Innovationspreis Berlin Brandenburg - 2014. Preisträger 2014. Online verfügbar unter http://www.innovationspreis-bb.de/preistr%C3%A4ger-undfinalisten/preistr%C3%A4ger/2014/, Abruf: 14.03.2015.
|statista 2014a| statista.com: Gerade 5,5% der Deutschen haben schnelles Internet. Online verfügbar unter http://de.statista.com/infografik/2516/bevoelkerungsanteil-mit-schnellem-breitbandtarifin-der-eu/, Abruf: 24.03.2015.
|statista 2014b| statista.com: Stromverbrauch ausgewählter Länder weltweit 2013. Online verfügbar
unter http://de.statista.com/statistik/daten/studie/151356/umfrage/stromverbrauchausgewaehlter-laender-weltweit/, Abruf: 22.03.2015.
|Stromnetz Berlin 2014a| Stromnetz Berlin GmbH: StromPager. Die funkbasierte Steuerung des
Stromnetzes. Online verfügbar unter https://www.stromnetz-berlin.de/de/file/StromPager
_65240063.pdf, Abruf: 15.03.2015.
|Stromnetz Berlin 2014b| Stromnetz Berlin GmbH: StromPager. Weltpremiere in der Hauptstadt.
Online verfügbar unter https://www.stromnetz-berlin.de/de/strompager.htm, Abruf: 05.03.2015.
|Süddeutsche 2014| Süddeutsche.de GmbH: Breitbandausbau in Deutschland - Das dauert. Wenn
das Internet aus der Leitung tröpfelt. Online verfügbar unter http://www.sueddeutsche.de
/digital/breitbandausbau-in-deutschland-wenn-das-internet-aus-der-leitung-troepfelt-1.2278326,
Abruf: 28.03.2015.
|Telekom 2013| Telekom: FAKTEN ZUM THEMA TECHNIK. WIE DAS MOBILE TELEFONIEREN
FUNKTIONIERT. Online verfügbar unter https://www.telekom.com/static/-/9982/3/faktenmobilfunktechnik-si, Abruf: 24.03.2015.
|Thomas Meyer 2014| Thomas Meyer: Verbraucher wollen unabhängiger von Öl- und Gasimporten
werden. Online verfügbar unter http://www.gastip.de/News/27378/Verbraucher-wollen-unabha
engiger-von-Oel-und-Gasimporten-werden.html, Abruf: 22.03.2015.
|Thomas Petermann et al. 2010| Thomas Petermann, Harald Bradke, Arne Lüllmann, Maik Poetzsch und Ulrich Riehm: Gefährdung und Verletzbarkeit moderner Gesellschaften – am Beispiel
eines großräumigen Ausfalls der Stromversorgung. BÜRO FÜR TECHNIKFOLGENABSCHÄTZUNG BEIM DEUTSCHEN BUNDESTAG. Online verfügbar unter http://www.tabbeim-bundestag.de/de/pdf/publikationen/zusammenfassungen/TAB-Arbeitsbericht-ab141_Z.pdf,
Abruf: 24.03.2015.
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite iv
Literaturverzeichnis
|TÜV Rheinland 2014| TÜV Rheinland Consulting GmbH: Bericht zum Breitbandatlas Mitte 2014.
im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI). Online verfügbar unter http://www.zukunft-breitband.de/SharedDocs/DE/Anlage/Digitales/bericht-zumbreitbandatlas-mitte-2014-ergebnisse.pdf?__blob=publicationFile, Abruf: 28.10.2014.
|Unger et al. 2013| Jochem Unger und Antonio Hurtado: Energie, Ökologie und Unvernunft. 1. Aufl.
Wiesbaden (Sachbuch).
|VDE| Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e. V.: Normungsroadmap EENERGY / SMART GRIDS 2.0. Status, Trends und Perspektiven der Smart Grid-Normung.
|Wesselak et al. 2012| Viktor Wesselak und Sebastian Voswinckel: Photovoltaik. Wie Sonne zu
Strom wird. Berlin (Technik im Fokus).
|Windkraft-Journal 2014| Windkraft-Journal: Steuerbarer Energieverbrauch, mit intelligenter Windkraft-, Kraft-Wärme-Kopplung- oder Photovoltaik. Online verfügbar unter http://www.windkraftjournal.de/2014/08/11/steuerbarer-energieverbrauch-mit-intelligenter-windkraft-kraft-waermekopplung-oder-photovoltaik/, Abruf: 07.01.2015.
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite v
Anhang
Anhang
A
BPD - Steuerung von CLS Geräten nach BSI TR-03109
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite vi
Anhang
B
Expertenbefragung Stromnetz Berlin (Gedächtnisprotokoll)
Beantwortet von (Name):
Unternehmen/Postition:
Beantwortet am:
Herr Thomas Röstel
Stromnetz Berlin / Head of Asset Strategy
12.02. (Mail) + 23.02. (Telefongespräch)
Frage 1: Welche Quellen können Sie zur Erläuterung bzw. Abgrenzung der Begriffe „netzdienlich“ und „netzkritisch“ empfehlen? Können Sie eine eigene Erklärung / Definition abgeben?



Begriffe in aller Munde aber nicht klar vom Gesetzgeber definiert
Hinweis auf Ampelmodell vom BDEW (Betrachtung aus Marktsicht)
o grün: keine Grenzwertverletzungen, Markt kann frei agieren
o gelb: Schwellen werden erreicht, netzdienliche Maßnahmen mit
Marktpartnern (nach definierten Regeln)
o rot: Gefahr in Verzug, Netzbetreiber (ÜNB, VNB) muss sofort reagieren
eigene Herleitung (keine Definition der Begriffe):
o netzdienlich: Lastmanagement (Lastoptimierung) aus Sicht des Netz
Lasten verlagern in Schwachlastzeiten (22-6 Uhr; Wochentage; immer unter 80% der Tagesspitze) z.B. über Steuerung der Nachtspeicherheizungen
o netzkritisch (letzte Wahl):
 Einspeisemanagement in Folge von Grenzwertverletzung
 Erzeugung / Last schalten; 5-Stufen Modell (Frequenzstufen;
welcher Kunde wird wann geschalten)
 ÜNB hat Einzelverträge mit Großkunden bspw. Stahlwerke
 Möglichkeit Nachtspeicherheizungen (wenn im Ladezyklus)
auch netzkritisch zu schalten (Lastabwurf)
Frage 2: Kann das potentielle Anwendungsgebiet des SMGW nach BSI-TR auf
netzdienliches bzw. netzkritisches Schalten eingegrenzt werden?









SMGW als reiner Kommunikationskanal.
Steuerbox muss später netzdienliche und netzkritische Szenarien abdecken.
Arbeitsgruppe Steuerbox beschäftigt sich mit verschiedenen Use-Cases,
die heute schon teilweise praktiziert werden.
Einspeisemanagement reguliert Einzelanlagen MS/HS
Einspeisemanagement reguliert aggregiert NS (Gruppen)
Heizungssteuerung
Var. Tarife (HT/NT)
Straßenbeleuchtung
Einspeisemanagement nicht reguliert (z.B. DV)
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite vii
Anhang





Breaker (Abschaltung)
Randbedingung der angebunden Geräte: besitzen eigenen Zähler und in
Niederspannung
Vermutung: In späterer TR-Version (nach ersten Erfahrungen der ersten
Rolloutstufe 2017) wird man sich detaillierter mit der Steuerung beschäftigen. Denn es sind noch Baustellen offen, wie Steuerboxdefinition und Anpassung der TR.
Entwicklungs-/Erkenntnisprozess:
20 kW bis 100 kW Kunden Bsp.: Gewerbe wie Restaurants, Drogeriemärkte
Frage 3: Welche Mindest- /Anforderungen ergeben sich beim netzdienlichen
Schalten an den Kommunikations- bzw. Gesamtprozess aus Netzbetreiber bzw.
regulatorischer Sicht? (Reaktionszeiten / Prozessdurchlaufzeit / Umsetzung des
Schaltbefehls)
Unterscheidung von 2 Ebenen:
 Dynamischer Vorgang: Frequenzentlastungsschaltung ist automatisiert
und reagiert im ms-Bereich
 Statischer Vorgang: Alle anderen Zustände resultieren aus einer Beobachtbarkeit von Grenzwertverletzungen, z. B. Spannung oder Belastung entwickelt sich in Richtung Grenzwert. Kurz - es vergeht Zeit beim
Prozess der Beobachtbarkeit.
Reaktionszeit im unteren Minutenbereich (FNN Lastenheft; üblich
30sek - 2min)
Frage 4: Von welcher Anzahl schaltbarer Geräte im Niederspannungsnetz geht
man heute/ zukünftig aus?
Nach §14a EnWG
Verweis auf „Variantenberechnung von in Diskussion befindlichen RolloutStrategien – Ergänzung zur KANN vom Juli 2013“ von E&Y Stand Dez.
2014 S.10; etwa 2,6 Mio heute
Schaltbare Verbrauchseinrichtungen:
Berlin – 1% aller Zählpunkte
EnBW – 10 % aller Zählpunkte (Historische Entwicklung um Grundlast zu
verteilen, AKWs)
Frage 5: In welchem Umfang wird bisher im Niederspannungsnetz netzdienlich
geschalten? (Anwendungsfälle, Häufigkeit) Von welcher Entwicklung geht man
hier aus (Prognose / Quelle)?
Bsp. Nachtspeicheröfen werden täglich geschalten
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite viii
Anhang
Frage 6: "dauerhaftes Messen in der Niederspannung ist notwendig" (Hr. Wittig),
um auf der Niederspannungsebene schalten zu können. Ist dies heute/ kurz/ mittelfristig mittels ITK-angebundener Ortsnetztransformatoren (ONT) möglich?
Stand heute in Berlin:
 Mittelspannung per IKT angebunden
 ONTs (10.000) über registrierende Messgeräte (vor Ort Auslesung)
 Bearbeitungsstand:
 Ortsnetzstationen mit Messensorik (über ModBus in ms/sek Bereich; Fernwirkgerät ermittelt 15min Mittelwerte und archiviert diese) ausstatten und in
Leitstanddatenbank übertragen.
 Wertübermittlung (aktualisierte Werte) bei Schwellwertüberschreitung
 Grundvoraussetzung für Steuerung:
 Ströme und Spannungen auf tieferer Netzebene Messen und Beobachten
um Schaltbedarf festzustellen.
 Ursprüngliche Idee: Alle Zählpunkte werden erfasst, um von unterster Ebene zu aggregieren (mittels SMGW) nicht mehr möglich, da nicht alle Zählpunkte eine Lastgangmessung bekommen werden (siehe Rolloutentwurf).
 Ausstattung von Ortsnetztrafos (ONT) ist unumgänglich, weil
 Für Beobachtung des Netzes wird SMGW nicht weiter helfen, weil nicht flächendeckend.
Frage 7: Ist eine Aussage zur Verteilung von Netzanschlüssen je ONT möglich?
(min/ max/ avg)

Durchschnittlich 265 Zählpunkte je Ortsnetzstation in Berlin
Frage 8: Um mögliche Szenarien unter Zuhilfenahme des Strompager Systems
darzustellen, bedarf es einer Gruppierung der verschiedenen schaltbaren Geräte
(Nachtspeicherheizungen, PV-Anlagen, Ladesäulen, …) bzw. Schaltboxen (FNN).
Können Sie Beispiele für Gruppierungen der Strompager-Empfangsgruppen geben? (nach Region /Use-Case/ Netzstrang/ Geräteart/ Vertragssituation/... ) Gibt
es hierzu bereits Annahmen / Studien oder ähnliches?
Aktuell Gruppen nach techn. Eigenschaften (Bsp. Heizungen nach Ladedauer) und zu je 1.000 Geräten gruppiert (dient der Laststeuerung). Gruppen werden mit zeitl. Versatz geschaltet, um Rampe zu erzeugen.
Derzeit größere Kollektive in ganz Berlin.
Zukünftig könnte man auf kleinere Gruppen reduzieren, bspw. auf ONT
Ebene. Voraussetzung ist hier die Beobachtbarkeit und der identifizierte
Nutzen.
Frage 9: Wie wird man aus Sicht der Stromnetz Berlin die Herausforderung der
fluktuierenden, dezentralen Energieerzeugung auch in Zukunft in den Griff beMarco Pultz – Masterthesis 2015
Seite ix
Anhang
kommen, um weiterhin eine hohe Versorgungsqualität/-sicherheit gewährleisten zu
können? (intelligente Netze, Netzausbau, Technologiemix, …)
Problem der Energiewende – Energietransport und zeitliche Entkoppelung:
 Erzeugung nicht immer dort, wo man Last hat
 nicht immer zu Zeiten, an denen man sie benötigt
Hauptherausforderung:
Überangebot sinnvoll nutzen (Gasnetz, Warmwasserspeicherung, Batterielösungen, …)
Etwas finden, dass eine zeitliche Entkoppelung erlaubt (denn Strom ist ein
Onlineprodukt; es muss da sein, wenn man es braucht).
Engpass-Probleme oft auf 110kV-Ebene.
Frage 10: Mögliches Szenario für Schaltung in der Niederspannung. Situation: PVEinspeiseleistung (NS) geht auf Grund von Wetterlage zurück. Nun soll Verbrauch reduziert werden, um dies auszugleichen.
Schlechtes Beispiel. Denn hierfür muss der Netzbetreiber (ÜNB) ausreichend Kapazität vorhalten (Regelleistung). Auf Verteilnetzebene (NS) muss
der Betreiber ausreichend leistungsfähiges Netz vorhalten. Netz muss, mit
und ohne Erzeugung funktionieren (Netzbetreiber muss Lastflüsse beobachten und Handeln[Steuern oder Netzausbau betreiben]). Diskriminierungsfreie Versorgung ist vorgegeben im EnWG.
Aber:
Netz wird aktiver und es kommen neue Verbrauchsgeräte hinzu.
Man weiß heute nicht, wie die Infrastruktur aussehen wird.
Konstruiertes Beispiel: außerstädtische Bereiche + eMobility entsteht in gewisser Häufung, kann zu Herausforderung für Netztbetreiber werden
Heute Summenlast; Peak shifting (Nachtspeicher) später vielleicht auf geringer Ebene (Abhängig von Lastentwicklung auf Systemen)
 Trend heute - Erzeugung steigt (gaukelt Messung geringere/keine Last vor)
 Ladesäulen – Wie die Infrastruktur aussehen wird ist weitestgehend unbekannt; Kundenverhalten
 Beobachten und entscheiden: ausbauen oder steuern in kritischen Situationen
Aktuell politische Diskussion über Vorrang der Bedienung von Leistungsspitzen
(z. B. 5 % Reduzierung der Erzeugungsspitzen).
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite x
Anhang
C
Expertenbefragung e*message GmbH
Beantwortet von (Name):
(Unternehmensbereich):
Beantwortet am:
Herr Nico Pelz / Herr Carsten Hofmann
Manager mobile devices / Head of
Products
04.03.2015 (Telefongespräch) und Ergänzungen per Mail
Frage 1: Die mir vorliegende Studie von der RWTH Aachen (im Auftrag der
e*Message GmbH) ist sehr alt (2001). Können Sie mir vergleichbares, aktuelleres
Material/Studien zur Verfügung stellen?


Dr.-Ing. Hartmut Ilse - DCOW – Dynamic Content Over Wireless
Prof. Dr. Torsten J. Gerpott - White Paper: Schmalbandige Informationsverteilung über Funkruf
Frage 2: Wie hoch ist der mögliche Nachrichtendurchsatz des Gesamtsystems?
Funktionsweise:
Unterteilung des Empfangsgebietes in 82 Sendezonen. Die Empfangsgebiete werden vom Sendesystem in drei Takten von jeweils 28 Sekunden
Länge mit Nachrichten versorgt. Für den Nachrichtenversand stehen 3 Frequenzen für verschiedene Anwendungszwecke zur Verfügung (der e*Nergy
Dienst wird aktuell auf einer dieser Frequenzen übertragen). Nachbarzonen, sind nicht im gleichen Zeitschlitz, auf der gleichen Frequenz aktiv. So
werden die Nachrichten in einem rollierenden Rhythmus über das Sendegebiet verteilt.
Aus Sicht einer Empfangszone, wird im ersten Zeitschlitz auf Frequenz 1 für
28 Sekunden gesendet und anschließend auf Frequenz 2 und danach auf
Frequenz 3. Ein e*Nergy (konfigurierter) Empfänger in dieser Zone ist ledig
für eine Frequenz empfangsbereit. In einer Nachbarzone findet dies jeweils
um die entsprechenden Zeitschlitze versetzt statt.
Nachrichtendurchsatz für eine Frequenz je Region:
684bit/Sek* 28 Sekunden ~ 19.150 bit (~2.400 Byte)
Frage 3: Ist das Netz ausbaufähig (Performance/Nachrichtendurchsatz) oder werden technische Grenzen erreicht?
Grenzen sind im Moment nicht absehbar. e*Nergy Frequenz hat noch viel
Spielraum.
Durch regionale Aussendungen wird das Netz effizienter genutzt, da die
benachbarten Empfangsgebiete (z.B. Landkreis) nicht „beliefert“ werden.
Ergänzung von Herrn Carsten Hofmann (per Mail):
Das System hat heute schon eine Kapazität die mindestens dem 82 fachen
des genanntes Wertes (siehe Frage 3), da selbstverständlich die Kapazität
je Region gilt und damit gleichzeitig 82 mal zur Verfügung steht. Diese Kapazitäten reichen vollständig für eine bundesweite Nutzung in Millionen
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite xi
Anhang
Empfängern mit den heute ersichtlichen Anwendungen. Trotzdem ist das
System weiter ausbaubar und damit äußerst Zukunftssicher.
Die Gesamtkapazität kann mit den heute e*Message zur Verfügung stehenden Frequenzen erheblich über den jetzigen Ausbaustand ausgebaut
werden. Auf den 5 Bundesweit zur Verfügung stehenden Frequenzen können bei Bedarf Standortgenau […] (Wir betreiben 800 Standorte in Deutschland) jeweils, je nach Anforderung mit Datenraten zwischen 1200 bis 9600
Bit/s genutzt werden. Damit liegt die Kapazität zwischen
82*5*1200=492kBit/s und bis zu 82*5*9600=38 Mbit/s
Frage 4: Welche minimalen/maximalen Versandzeiten sind realisierbar?
Je Zeitschlitz 28 Sekunden Sendezeit. 28 Sekunden Übertragungsfenster
(Zone 1), dann übertragen Zeitschlitz 2 & 3. Somit unterliegt Zone 1 einer
56 sekündigen Empfangspause für die erste Frequenz
-> maximale Latenz durch Zeitschlitze ~ 84 Sekunden
-> minimale Latenz ~ 28 Sekunden
Frage 5: Ist es möglich bspw. Notschaltungen schneller zu machen?
Ja, es besteht die Möglichkeit hoch zu priorisieren. Im e*Nergy Netz sind
Nachrichtenlaufzeiten von unter 90 Sek. möglich.
Interessant in diesem Kontext ist das e*Bos Netz mit einer Nachrichtenlaufzeit (Versand bis Empfang) von ~ 10 Sekunden.
Prozessdurchlaufzeit bei der e*Message zur Nachrichtenaufbereitung spielt
in der Gesamtverarbeitungszeit eine zu vernachlässigende Rolle.
Für höhere Anforderungen an die Versandzeiten sind technische Lösungen
denkbar.
Ergänzung von Herrn Carsten Hofmann (per Mail):
[…]Technisch wäre es möglich, wenn solche Anforderungen auf breiter
Front existieren, auch einen schnelleren Dienst (10-15Sekunden Durchlaufzeit) zu realisieren.
Frage 6: Das eMessage Netz hat eine Erreichbarkeit der Bevölkerung von 98 %.
Gibt es Gründe/Ursachen für das nicht Erreichen der restlichen 2%? Gibt es Bestrebungen eine Abdeckung von 100% zu erreichen?
Gefühlt gibt es keine Probleme beim Empfang. Es gibt auch wenige weiße
Stellen. Gründe hierfür sind geländetopologische Gegebenheiten.
Flächenabdeckung ist mit dem Mobilfunknetz vergleichbar, jedoch verfügt
das e*Message System frequenzbedingt über eine sehr gute Gebäudedurchdringung (erhöht die Verfügbarkeit in Gebäuden).
Das Netz ist ausbaufähig. So ist man bestrebt, bei Notwendigkeit durch einen weiteren Ausbau oder die Umsetzung von Sendeeinheiten eine
100%ige Versorgung der Kundenempfänger zu gewährleisten.
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite xii
Anhang
Frage 7: Sicherheit der Übertragung - gibt es hierzu Untersuchungen/Studien/
Fallbeispiele die die Angriffssicherheit thematisieren? (Erläuterungen zu Signierung/ Zeitschlitzen / Sequenznummer)
Anmerkung (Marco Pultz): Die genutzten Sicherheitsmechanismen sind für
den Autor, als Mitarbeiter der Bosch Software Innovations GmbH, einsehbar. Details hierzu dürfen jedoch aus Geheimhaltungsgründen nicht veröffentlicht werden (siehe folgende Ergänzung von Hr. Hofmann).
Ergänzung von Herrn Carsten Hofmann (per Mail):
Die genutzten Verfahren zur Sicherung der Datenübertragung, insbesondere die Sicherheitsmechanismen sind geistiges Eigentum der e*Message.
Dies betrifft sowohl den Teil der Aufbereitung im sog. Gateway, als auch die
Verarbeitung und Handhabung im Empfänger. […] sie unterliegen aber einer Geheimhaltungsvereinbarung und sind nicht für die Veröffentlichung
bestimmt.
Frage 8: Ist es aus technischer Sicht möglich eine Schnittstelle vom eMessage
Empfänger zu einer Schaltbox (FNN-Schaltbox) bereitzustellen?
Ja – Schnittstelle(multifunktional) des Empfangsmodul ist vorgesehen und
für Anbindung am SMGW oder einer Schaltbox über CLS einsetzbar.
Schaltempfänger könnten über Multifunktionsschnittstelle theoretisch auch
gesteuert werden (bspw. von der FNN-Schaltbox).
Empfängermodul ist auch denkbar als Empfangsmodul für die FNNSchaltbox (an der n-Geräte angeschlossen sind). Das verwendete Protokoll
sieht solche Szenarien (mehrere Ausgabekanäle) vor.
Stromnetzlösung verwendet derzeit 4 binäre Aktoren.
Randinformationen zum Empfängermodul:
E*Message bietet Funkchips an, der das Protokoll unterstützt. Hersteller
von Schaltboxen o. ä. können diesen aber auch eigenständig implementieren.
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite xiii
Anhang
D
Inhaltsverzeichnis der CD
Dokumente:
./Marco Pultz Masterthesis 2015.pdf
./Marco Pultz Zusammenfassung 2015.pdf
./Marco Pultz Abstract 2015.pdf
Ordner:
./digitale Quellen/Studien/*
./digitale Quellen/Richtlinien und Gesetze/*
./digitale Quellen/Expertenbefragungen/*
./digitale Quellen/Internetquellen/*
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite xiv
Eidesstattliche Versicherung
Eidesstattliche Versicherung
Ich versichere hiermit, dass ich die vorliegende Masterthesis selbständig und ohne
fremde Hilfe angefertigt und keine andere als die angegebene Literatur benutzt
habe. Alle von anderen Autoren wörtlich übernommenen Stellen, wie auch die sich
an die Gedankengänge anderer Autoren eng anlehnenden Ausführungen meiner
Arbeit, sind besonders gekennzeichnet. Diese Arbeit wurde bisher in gleicher oder
ähnlicher Form keiner anderen Prüfungsbehörde vorgelegt und auch nicht veröffentlicht.
Berlin, 30. März 2015
Marco Pultz
Marco Pultz – Masterthesis 2015
Seite xv