Tabakanbau.de Newsletter No. 18

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Tabakanbau.de Newsletter No. 18
www.tabakanbau.de
Tabakanbau.de Barth + Jehle GbR · Schubertstr. 10 · D-78583 Böttingen · [email protected]
ISSN 1612-6114
EUR 2,80 · CHF 4,80
Der Anbau der Tabakpflanze nicotiana tabacum, die Christoph Columbus nach Europa brachte, hat seit
Jahrhunderten in Mitteleuropa Tradition. Wir möchten das Handwerk der Nutzung und Verarbeitung dieser
alten Kulturpflanze allen zugänglich machen und bieten u. a. ein Tabakpflanzset mit allen Komponenten
an, die für die ersten Schritte notwendig sind. Denn der eigene Tabak ist frei von Zusatzstoffen, der
Anbau und die Behandlung der Tabakblätter macht Spaß und der Tabakgenuss wird nicht durch hohe Steuern
beeinträchtigt. Besuchen Sie uns auch im Internet, nutzen Sie unsere Infosammlung zum Tabakanbau im
Wissenspool und versuchen Sie unser Hochzuchtsaatgut im Webshop www.tabakanbau.de!
Bitte beachten Sie: Sämtliche Texte und Bilder sind urheberrechtlich geschützt und dürfen nur mit
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Newsletter N° 18
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3. Jahrgang, 24. April 2004
Inhalt
I. NEUE PRODUKTE
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I. Neue Produkte
II. Kuriositäten aus der Tabakwelt
- Vom Nutzen des Tabaks:
Bioindikation von Schadstoffen
Rechtzeitig zur Saatzeit können wir zahlreiche
neue Tabaksorten anbieten:
Für Zigaretten- und Pfeifenmischungen:
III. Pfeifentabak selbst gemacht - ein Überblick
- Einführung
- Tabaksorten
- Anbau, Pflege, Ernte und Trocknung
- Verarbeitung
IV. Traditionelle Rauchtabaktypen Informationen und Rezepte
- Was in der Pfeife geraucht wird
- Der Kanaster
- Der Halbkanaster
- Der Petitkanaster
- Sondertypen
V. Impressum
NEU: TABAKSAMEN VIRGINIA GOLTA (Art.-N° 33684)
Der ertragreichste helle Virginia den wir kennen:
die oberen Blätter sind fast so groß wie die
unteren.
NEU: TABAKSAMEN BURLEY BURSANICA (Art.-N° 33685)
Beim Burley kommt es auf die Qualitäten des unteren Drittels der Pflanze an: Bursanica wächst
genau dort besonders üppig und hat deshalb eine
tannenbaumartige Form.
NEU: TABAKSAMEN ORIENT BASMAS (Art.-N° 33677)
Griechische Sorte für beste Qualitäten. Sie
wächst am besten im Hochland oder auf mittleren
Hanglagen und benötigt sehr viel Sonne.
NEU: TABAKSAMEN SMYRNA ORIENT (Art.-N° 33676)
Eine türkische Sorte, sehr gut geeignet für Mischungen mit besonders hohem Orientanteil.
NEU: TABAKSAMEN ORIENT LATAKIA (Art.-N° 33675)
Ein sehr würziger syrischer Tabak für Pfeifenmischungen. Die Würze stammt von der Räucherung
mit Hartholz.
ISSN 1612-6114 · Tabakanbau.de Newsletter, N° 18, 3. Jg. 2004 · All rights reserved.
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Für Zigarrentabak und als Würztabak für Schnittgut: NEU: TABAKSAMEN HAVANNA COROJO (Art.-N° 33687)
Kubanische Sorte in einer weißblühenden Züchtung.
NEU: TABAKSAMEN BRASIL DUNKEL (Art.-N° 33688)
Ein hierzulande wachsender Brasil aus der nordöstNEU: TABAKSAMEN JAVA BESUKI (Art.-N° 33679)
lichen Bahia-Region Brasiliens. Die Sorte benötigt
Sehr guter Würztabak insbesondere für milde
sehr viel Sonne und eine hohe Luftfeuchtigkeit, um
Pfeifenmischungen.
gute Qualitäten zu liefern.
Spezialsorte:
NEU: TABAKSAMEN SUMATRA DECKBLATT (Art.-N° 33678)
Ein guter Würztabak. Auf sehr mineralstoffhaltigen
NEU: TABAKSAMEN PEROZON BEL W3 (Art.-N° 33686)
Böden vulkanischen Ursprungs ergibt diese Sorte
Tabaksorte zur Anzeige des Ozongehalts der Luft,
seidige hellbraune Deckblätter.
nicht als Rauchtabak geeignet.
II. KURIOSITÄTEN AUS DER TABAKWELT
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Vom Nutzen des Tabaks: Bioindikation von Schadstoffen
Die Tabakpflanze gehört zu den am eingängigsten
erforschten Gewächsen und wird nicht nur als
Genussmittel angebaut. Bestimmte Tabakzüchtungen
helfen beispielsweise, verseuchte Böden zu regenerieren, andere Züchtungen dienen der
Schadstoffanzeige beispielsweise im Sommersmog.
Die "Bioindikation von Schadstoffen" gehört zu
den interessantesten Einsatzgebiete der Tabakpflanze, wofür seit einem Jahr sogar eine eigene
VDI-Richtline existiert: Spezielle Tabakzüchtungen sprechen auf Luftschadstoffe an und
verändern sich ab bestimmten Schadstoffkonzentrationen sichtbar. Die "Ozonanzeiger"Sorten sprechen beispielsweise bei einem bestimmten Ozongehalt in der Luft an und beginnen an den
Blattadern der oberen Blätter kleine weiße Pünktchen zu bilden. Es handelt sich dabei um
Gewebsveränderungen, sogenannte Nekrosen, die
durch hoch reaktive Umwandlungsprodukte des Ozons
bei der Aufnahme durch das Blatt entstehen. Bei
geringer Ozonbelastung werden die Nekrosen wieder
zurück gebildet, bei höheren Belastungen bilden
sich schließlich bleibende, immer flächigere
weiße Stellen. Das Ausmaß dieser Flecken gibt
sogar quantitative Anhaltspunkte für die Ozonbelastung. Die Ozonanzeiger-Sorte Perozon Bel W3
wird daher zunehmend in deutschen Städten und an
großen Verkehrsknotenpunkten zur Ozonwarnung im
Sommer eingesetzt.
Wenn die oberen Blätter dieser Sorte flächig von
weißen Pünktchen besetzt sind, ist dies vor allem
für Asthmatiker ein frühes Warnzeichen. Denn hohe
Ozonkonzentrationen führen zu Schleimhautreizungen wie Augenbrennen und zur Beeinträchtigung der Atemfunktionen. Ozon greift außerdem das
Immunsystem an, da im menschlichen Körper ähnliches passiert wie in der Tabakpflanze: Es bilden
sich hochreaktive Stoffe wie etwa Wasserstoffperoxid im Körper, die den Stoffwechsel schädigen.
III. PFEIFENTABAK SELBST GEMACHT - EIN ÜBERBLICK
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Einführung
Weit entfernt vom "Minutengenuss" der Zigarette
gibt es eine kleine Gruppe von Individualisten,
die in Behaglichkeit rauchen und nicht selten
durch eine stattliche Sammlung von Rauchgeräten
die letzten Geschmacksnoten eines neuen Tabaks zu
ergründen suchen. Das Pfeifenrauchen hat eine
sehr lange Tradition, weshalb es heute auch eine
unüberschaubare Fülle von Pfeifenformen und arten sowie von Pfeifentabaken gibt. Als das
Rauchen im Kontinentaleuropa des 17. Jahrhunderts
aufkam, existierte bereits ein reges
Schnupftabakgewerbe. Pfeifenraucher der ersten
Generation haben noch ganze Blätter oder die zur
Schnupftabakherstellung vorgesehenen gesoßten
Karottenblätter direkt vom Tabakspinner gekauft
und selber geschnitten. Aus dieser Entwicklung
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heraus entstanden zahlreiche Tabakarten, wobei
die heute noch erhältlichen gepressten und
gesoßten Blöcke ("Flake Cut") oder geschnittenen
Gespinste ("Curley Cut") zum selber zerkleinern
noch an die Urgründe des Pfeiferauchens erinnern.
Schnitt-Tabake entstanden erst vergleichsweise
spät mit den großen Tabakmanufakturen.
Wird der Tabak komplett selber hergestellt, sollte man mit den Schnittmischungen beginnen. Grundsätzlich wird der Pfeifentabak in ähnlicher Weise
wie Zigarettentabak hergestellt, jedoch stärker
mit Würztabaken sowie oft mit einem Anteil an
kurz angerösteten Tabaken (Burley, Kentucky)
durchsetzt.
Tabakanbau.de Newsletter, N° 18, 3. Jg. 2003. All rights reserved.
Tabaksorten
Die Hauptsorten für Pfeifentabak sind:
Burley:
Hellbrauner luftgetrockneter Tabak mit besonders
aufnahmefähiger Zellstruktur. Er darf wegen seiner äußerst hohen Absorptionsfähigkeit in keiner
Mischung fehlen, die soßiert und aromatisiert
wird. Unbehandelt wird er oft geröstet, wobei
sein kakaoartiges Aroma dann besonders deutlich
zum Vorschein kommt. Pfiffige Mischungen bestehen
außerdem aus feuergetrocknetem, also über Hartholz geräuchertem Burley. Einige meist dunkle
Rauchtabakmischungen basieren auf Burley als
Hauptmischungsbestandteil.
Virginia:
Heller Tabak für amerikanische und englische
Mischungen. Es handelt sich im Grunde um einen
Fülltabak, der bei größeren Mengen anderer Sorten
geschmacklich kaum zum Tragen kommt, wobei die
unteren Blätter der Pflanze für reine Virginiamischungen verwendbar sind. Heller Virginia neigt
allerdings zum schnellen Abbrand, weshalb vor
allem Orienttabake zur Harmonisierung von Geschmack und Abbrand beigemischt werden. Virginia
wird normalerweise über 4-5 Tage in Röhrenöfen
heißluftgetrocknet, wodurch er seine helle gelbe
Farbe erhält. Im kleinen Maßstab ist nur die
Lufttrocknung praktikabel, wodurch das Blatt
Zucker verliert. Die eigene Virginiamischung
sollte daher soßiert werden.
Getrocknete Tabakblätter:
heller Virginia, Burley
und Badischer Geuderheimer
ihren Charakter durch verschiedene Würztabake,
allen voran Latakia. Außerdem haben sich holländische und dänische Mischungen aus sehr verschiedenen Provenienzen einen Namen gemacht. Die
"richtige" Mischung hängt sehr stark von Boden,
Klima, Pflege, Verarbeitung und dem Blattstand
ab, weshalb sie immer wieder neu zusammengestellt
wird. Generell sind die im Halbschatten wachsenden Blätter im unteren Drittel der Pflanze aromatischer, "fetter" und nikotinärmer, für die ersten Schritte daher besser geeignet als die oberen Blätter.
Anbau, Pflege, Ernte und Trocknung
Orient:
Die relativ kleinwüchsigen Orientsorte haben es
in sich: Sie wachsen auf kargen Böden sowie auf
hohen Berg- oder Hanglagen und haben zwar kleine,
aber sehr gehaltreiche, fast speckige Blätter.
Sie enthalten einen sehr hohen Anteil an
Zuckerstoffen, aromatischen Ölen und Harzen,
weshalb sie nicht fermentiert, sondern nach
Trocknung 1-2 Monate gepresst gelagert werden.
Eine Sonderform ist der nordsyrische Latakia:
Dieser Orienttabak wird über Hartholzfeuer getrocknet und immer wieder mit Wasser übergossen,
wodurch er seine tiefschwarze Farbe und sein
kräftiges Aroma erhält. Für den eigenen Anbau ist
allenfalls die traditionelle Art der Trocknung
praktikabel: Die syrischen Kleinbauern haben den
Tabak zum Trocknen in der Küche aufgehängt.
Rauchtabak wird ähnlich wie Zigarettentabak behandelt: Aussäen, pikieren, Setzlinge nach 8
Wochen auspflanzen und Bestand pflegen. Beim
Köpfen können sich die ersten 1-2 Blüten entwikkeln, bevor hoch (unterhalb des ersten Blütenansatzes) geköpft wird. Je nach Verwendung wird
etwas vorreif oder vollreif geerntet: Für Feinschnitt (kleine Pfeifenköpfe/kurze Pfeifen) vollreif, also nach etwas hellerer Blattverfärbung,
für Grobschnitt (große Pfeifenköpfe/lange Pfeifen) leicht vorreif in noch relativ grünem Zustand ähnlich wie beim Zigarrentabak. Getrocknet
wird wie beim Zigarettentabak: Auffädeln, trocknen lassen, nach einigen Wochen abnehmen, wenn
die Blätter braun und griffig sind, also beim
Zusammenknüllen nicht brechen.
Würztabake:
In Rauchtabakmischungen sind geringe Anteile
besonders würziger Tabake enthalten, die der
Mischung ihren Charakter geben. Zu ihnen gehören
Kentucky und Maryland, die unteren Blätter dunkler Zigarrentabake sowie Perique, einer Spezialität aus dem amerikanischen Lousiana, die ihren
Charakter durch mehrjährige Fasslagerung mit
Pflaumensaft und Früchten erhält. Für die eigene
Mischung können auch kräftige naturbelassene
Tabake aus dem Handel als Würztabak verwendet
werden.
Verarbeitung
Typische amerikanische Mischungen bestehen hauptsächlich aus soßierten und aromatisierten Virginia- und Burleytabaken sowie aus ungesoßten Orient- und Würztabaken, wobei nicht selten 20 Sorten vermischt werden. Englische Mischungen basieren auf Virginia- und Orienttabaken und erhalten
Beim Soßieren und Aromatisieren werden Virginiaund Burleysorten am besten zusammen behandelt,
sie können auch in geschnittenem und bereits
vermischtem Zustand soßiert werden. Orienttabake
werden nicht soßiert, sondern nach Trocknung noch
einige Monate gepresst gelagert. Die anderen
Würztabake werden am besten kurz (1-2 Wochen)
fermentiert, bei Grobschnitt auch länger.
Naturbelassene Burleysorten können nach dem
Schneiden auch geröstet werden, indem sie einige
Minuten unter ständigem Mischen und Rühren einer
höheren Temperatur von bis zu 100°C ausgesetzt
werden. Im Backofen beispielsweise, oder vor
einem Wärmestrahler. Dabei sollte der Tabak nie
aus den Augen gelassen werden, denn er verbrennt
relativ schnell.
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IV. TRADITIONELLE RAUCHTABAKTYPEN - INFORMATIONEN UND REZEPTE
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Was in der Pfeife geraucht wird
Eine Pfeife ist die beste und einfachste Möglichkeit, eigene Tabakmischungen auszuprobieren. Die
Nuancen des Tabaks kommen besser zur Geltung, da
die Füllung luftiger ist und großflächiger abbrennt als bei der Zigarette. Dadurch verdampfen
die Aromen stärker und verbrennen weniger.
Der Charakter der Rauchtabake entspricht zunächst
dem von Zigarettentabak: Vollreif geerntete,
relativ zuckerhaltige Blätter, die tendenziell
einen sauren Hauptstromrauch ergeben. Die Verarbeitung ist jedoch vielseitiger als beim
Zigarettentabak: Die Soßierung und Aromatisierung
wird weit häufiger angewendet, viele Tabaksorten
werden außerdem geröstet. Dadurch variiert der
Charakter von verschiedenen Pfeifentabakmischungen sehr viel stärker als beim Zigarettentabak. Krüll- und Grobschnitt für große Pfeifenköpfe und lange Pfeifen kann außerdem einen großen Anteil an schweren, zuckerarmen Zigarrentabaken enthalten, da der Rauch durch die luftige
Der Kanaster
Im 18. Jahrhundert wurden in Holland Überseetabake der spanischen Regie verarbeitet, die sich
für die Schnupftabak- und Zigarrenherstellung
nicht eigneten. Es waren leichte, wollige Tabaksorten, die nach der Anbauregion (Provenienz)
damals Portorico und Varinas hießen. Lange Zeit
wurden andere, preislich günstigere Tabake unter
diesen Namen gehandelt, die entsprechende Eigenschaften hatten, und zwar vorwiegend helle Javatabake. In alten Mischungsrezepten aus dem 18.
Jahrhundert finden sich noch keine Burley-Beimengungen, diese Sorte war erst seit im späten 19.
Jahrhundert verfügbar. Wir haben die folgenden
Rezepte entsprechend angepasst.
Kanaster-Rezept 1 (um 1800): Holländische Mischung
Mischung: 60% Portorico, 40% einheimische Tabake.
Wir nehmen: 60% Burley (je zur Hälfte Jupiter und
Bursanica), 40% dunkle Sorten wie Geudertheimer
oder Korso. Wenn die Mischung nicht zu würzig
sein soll, etwas Virginia verwenden.
Soßierung: In 2 Liter lauwarmes Wasser werden
100 g Zucker gelöst und folgendes hinzu gegeben:
3 g Zimt
- 14 g gemahlener Anis
7 g Rosenholz (evtl. als Öl)
- 14 g Sassafrasholz
4 g Kaskarille
7 g gemahlenes Nelkenholz.
Der Sud wird einige Stunden warm gehalten, über
Nacht stehen gelassen und dann abgeseiht (bei
fein gemahlenen Zutaten nicht notwendig). Je
Kilogramm Tabakmischung werden 400 ml dieser Soße
verwendet.
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Füllung sehr viel kälter wirkt und auch bei alkalischem Rauch als angenehm empfunden wird. So
lassen sich je nach Mischung, Schnitt, Verarbeitung und Pfeifentyp alle denkbaren Rauchtabaktypen herstellen.
Die traditionelle Einteilung von Pfeifenmischungen in die Grundtypen Kanaster,
Halbkanaster, Petitkanaster sowie einige Sondertypen ist heute nicht mehr gebräuchlich. Sie
zeigt jedoch die historischen Wurzeln und hat
auch heute eine gewisse Plausibilität. Die Grundtypen unterscheiden sich dabei nach Grundmischung
und Art der Aufbereitung (Schnitt, Soßierung).
Als Schnittbreiten sind gängig: Feinschnitt bis
1,5 mm, Krüllschnitt bis 2,5 mm, Mittelschnitt
bis 3,5 mm und Grobschnitt über 3,5 mm. Die Definition variiert in verschiedenen Ländern leicht.
Die folgenden Beschreibungen und Rezepte mögen
als Anregung für eigene Experimente dienen.
Herstellung der
Soße: Die Zutaten werden
zerkleinert und
gekocht, der Sud
gefiltert und
mit einem Zerstäuber verwendet.
Kanaster-Rezept 2 (um 1800): Pfälzer Mischung
Mischung: 100% heller leichter Pfälzer, heute
bieten sich Kentucky, Maryland, Java und dunkle
Sorten sowie mindestens 20% Burley an.
Soßierung: in 2 Liter lauwarmes Wasser werden
fein zerkleinert gekocht:
- 200 g Rosenblätter
- 14 g chinesischer Tee
- 50 g unbehandelte Zitronenschalen
- 50 g Veilchenwurzel
- 25 g Nelkenholz
- 14 g Kardamomen.
Zuckerzugabe ist im Rezept nicht aufgeführt, es
empfiehlt sich jedoch die Beigabe von 100 g Zukker oder Honig, wenn eine kurze Pfeife verwendet
wird. Wieder über Nacht ziehen lassen, abseihen,
400 ml Soße für 1 kg Tabakmischung verwenden.
Viele Kanaster waren ursprünglich unsoßiert,
wegen des tendenziell alkalischen Rauchcharakters
empfiehlt sich die
Verwendung als Grobschnitt in großen
Pfeifenköpfen.
Tabakanbau.de Newsletter, N° 18, 3. Jg. 2003. All rights reserved.
Der Halbkanaster
Ein auf Virginia basierender Shag, der anfänglich
zum Teil noch aus Kanaster bestand - daher der
Name Halbkanaster. Bei diesem Rauchtabaktyp kommt
es stärker auf die Soßierung an, der Schnitt ist
feiner als beim Kanaster. Bekanntestes Beispiel
für Halbkanaster sind englische Mixturen: Heller
Virginia wird mit Schwergutsorten wie Kentucky
oder vollreif geerntete Sandblättern von
Zigarrensorten vermischt und mit Würztabaken
(hier meist Latakia oder Perique) abgerundet. Die
englischen Mischungen sind jedoch meist nicht
soßiert.
Ein typisches Halbkanaster-Rezept:
Mischung: 75% helle Virginiasorten, 25% der unteren Blätter von Schwergutsorten (Kentucky, Java
u.a.), wegen des schnellen Abbrands ist die Zugabe von ca. 10% Orient empfehlenswert.
Soßierung: sehr verschieden, traditionell wurde
sehr viel Zuckersirup und "Lakritzensaft" verwendet (ca. 20-50 g je Kilogramm Tabak). Statt dessen lässt sich gemahlener Anis verwenden, darüber
hinaus werden im Sud stark zuckerhaltige getrocknete Früchte wie z.B. Feigen mitgekocht.
Der Petitkanaster
Ursprünglich handelt es sich beim Petitkanaster
um ein Halbfabrikat der Schnupftabakherstellung
nach der Pariser Methode, die im Newsletter No.
16 beschrieben wurde. Der Tabak ist dabei stark
soßiert und sehr fein geschnitten, daher der
Name. Typischerweise enthält Petitkanaster einen
hohen Anteil an geröstetem Tabak, heute wird
dafür Burley verwendet. Da auch relativ viel
Schwergut enthalten ist, hat er meist eine dunkle
Farbe. Unter den historischen Petitkanastern ist
im deutschsprachigen Raum vor allem der Schwarze
Krauser bekannt.
Ein typisches Petitkanaster-Rezept (um 1820):
Mischung: 40% Portorico, 35% Lousiana, 25% europäischer Tabak. Heute sollten nicht zu viele
dunkle Tabake verwendet werden, da sonst ein zu
zigarrenartiger Geschmack entsteht: 40% je zur
Hälfte Kentucky und Orient (in Frankreich wurde
statt Portorico auch Havanna und Orient aus Algier verwendet), 35% Burleysorten, 25% nach Wahl:
heller Virginia für leichtere Mischungen,
Zigarrensorten für recht würzige Mischungen. Wenn
überhaupt, wird nur Burley geröstet.
Soßierung: in 1 Liter lauwarmes Wasser wird 100 g
Zucker gelöst und mit folgenden Zutaten gekocht:
- 7 g Storax
- 7 g Anis
- 4 g Kaskarille
- 2 g chinesischer Tee
- 7 g Zimtblüte
- 14 g Alkohol.
Je Kilogramm Tabak werden 200 ml der Soße auf das
Schnittgut (ohne Orient) gesprüht, der gesoßte
Tabak wird mindestens einen Tag lang in einem
geschlossenen Gefäß gelagert, schließlich Orient
hinzu gemischt. Andere Soßen verwendeten zusätzlich 50 g "Lakritzensaft" (statt dessen: etwas
mehr Anis), oft wurde der gesoßte Tabak zusätzlich mit Rosenwasser und etwas Zedernöl parfümiert.
Historisches Soßierungsrezept für "Hellen Schwarzen Krauser" (auch Brunsteiner, um 1830):
In 1,7 Liter Wasser werden zerkleinert gekocht:
- 200 g Korinten
- 100 g Tamarinden
- 100 g Fenchel
- 25 g Koriander
- 25 g Anis
- 25 g Holzkassia.
Auch hier ist wieder etwas Zucker empfehlenswert.
Je Kilogramm Tabak werden etwa 400 ml Soße verwendet.
Sondertypen
Orienttabak:
Mit dem Aufkommen der ersten Orientzigaretten
Mitte des 19. Jahrhunderts wurden von einigen
Herstellern auch reine Orienttabake für die Pfeife angeboten. Vor allem in Bayern, Österreich und
Schlesien waren diese "Okentabake" bekannt, in
einigen Ländern werden bis heute Orient-Rauchtabake hergestellt und wegen des besonderen Aromas geschätzt.
Nikotingehalt und einem Veilchenaroma nach der
Fermentation.
Picadura:
Ein dunkler spanischer Tabak, vergleichbar mit
den französischen schwarzen Zigaretten, jedoch
mit sehr viel mehr Zigarrentabakanteilen insbesondere aus der ehemals spanischen Kolonie Kuba.
V. IMPRESSUM
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Machorka:
Kaum zu empfehlen, aber in Russland immer noch
erhältlich: Rauchtabak aus dem gelbblühenden
Bauerntabak (Nicotiana Rustica) mit sehr hohem
Copyright 2004 Lumica Verlag, VK-Nr. 81217. Alle Texte sind urheberrechtlich geschützt. Verbreitung nur mit schriftlicher Zustimmung des
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Wasserpfeifentabak:
Wird aus Orient oder aus den vollreif geernteten
schweren Blättern von Zigarrensorten hergestellt,
seltener auch aus Bauerntabak. Der Herstellung
wurde der Newsletter No. 13 gewidmet.
Lumica Verlag, Krausnickstr. 11, D-10115 Berlin
ISSN 1612-6114
Inhaltlich Verantwortlicher gemäß § 6 MDStV: Martin Barth
Der Newsletter N° 19 erscheint im Mai 2004.
ISSN 1612-6114 · Tabakanbau.de Newsletter, N° 18, 3. Jg. 2004 · All rights reserved.
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