Musik zwischen Ideologie und Identität am Beispiel Haindling

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Musik zwischen Ideologie und Identität am Beispiel Haindling
Hausarbeit
zur Erlangung des Magistergrades
an der Ludwig-Maximilians-Universität
München
Musik zwischen Ideologie und Identität am Beispiel Haindling
vorgelegt von Lorenz Beyer
Hohenzollernstr. 90/17
80796 München
Fach: Musikwissenschaft
Referent: Prof. Dr. Dr. Lorenz Welker
München, den 28.09.2011
INHALT
1. EINLEITUNG............................................................................................................................ 1
1.1. DIE „NEUE BAYERISCHE WELLE“ – EIN MUSIKALISCHER HEIMAT-HYPE................ 1
1.2. BAYERISCH, WELTOFFEN, SUBVERSIV – HAINDLING ALS TRADITIONSSTIFTER....... 1
1.3. IDENTITÄT UND IDEOLOGIE – BEGRIFFSDEFINITIONEN..............................................3
1.4. ERKENNTNISINTERESSE............................................................................................ 4
1.5. METHODIK UND AUFBAU......................................................................................... 6
2. IDEOLOGIE UND IDENTITÄT AUF DER INDIVIDUAL-EBENE....................................................... 9
2.1. DIE ENTSTEHUNG
DES
PERSONALSTILS
VON
HANS-JÜRGEN BUCHNER
ALS
ERGEBNIS SEINER IDENTITÄT.......................................................................................... 9
2.1.1. THEORIE-REFLEKTION: INDIVIDUELLE IDENTITÄT.................................... 9
2.1.1.1. „DAS PATCHWORK DER IDENTITÄTEN IN DER SPÄTMODERNE“.. 9
2.1.1.2. MUSIK ALS GELEBTE IDENTITÄT............................................... 12
2.1.2.
IDENTITÄTSARBEIT DURCH MUSIK -
HANS-JÜRGEN BUCHNERS
BIOGRAPHIE BIS ZUR ENTSTEHUNG SEINES PERSONALSTILS.............................. 14
2.1.2.1. 1944-1954 KINDHEIT AUF DEM DORF IN NIEDERBAYERN........ 14
2.1.2.2. 1954-1961 JUGENDLICHER REVOLUZZER IM INTERNAT........... 17
2.1.2.3. 1961-1968 KERAMIKERLEHRE IN BERCHTESGADEN, BOGEN UND
LANDSHUT – ERSTE KONTAKTE MIT MIGRANTEN................................. 19
2.1.2.4. 1968-1981 KERAMIKER
IN
STRAUBING
UND
HAINDLING –
SPIELPAUSE, FERNREISEN, FESTIVALS................................................... 20
2.1.2.5. ZUSAMMENFASSUNG
UND
EINORDNUNG
IN DAS
MODELL
„PATCHWORK-IDENTITÄT“.................................................................... 22
2.1.3.
RAHMENBEDINGUNGEN
FÜR
DIE
ENTSTEHUNG
VON
BUCHNERS
PERSONALSTIL................................................................................................... 24
2.1.3.1. IDEELE RAHMENBEDINGUNGEN - WUNSCH
NACH INNOVATION
UND INDIVIDUALITÄT............................................................................
24
2.1.3.2. MATERIELLE RAHMENBEDINGUNGEN - MEHRSPURAUFNAHME
UND INSTRUMENTENSAMMELN..............................................................
25
2.2. HYBRIDITÄT IN HANS-JÜRGEN BUCHNERS MUSIK................................................. 27
2.2.1. THEORIE-REFLEKTION: HYBRIDITÄT....................................................... 27
2.2.2. REZEPTION IN DEUTSCHEN TAGESZEITUNGEN......................................... 30
2.2.3. ANALYSE AUSGEWÄHLTER STÜCKE........................................................ 32
2.2.3.1. „ERZHERZOG JOHANN“ – VOLKSMUSIK-POP............................ 32
2.2.3.2. „DER KÖNIG KOMMT“ – BAYERISCHE WELTMUSIK................. 37
2.2.3.3. „ZWIEFACHER“ – VOLKSMUSIK UND EXOTIK........................... 42
2.2.4. INTERKULTURELLE ANEIGNUNG VON MUSIK ALS PROBLEMFALL........... 47
3. IDEOLOGIE UND IDENTITÄT AUF DER KOLLEKTIV-EBENE..................................................... 53
3.1. THEORIE-REFLEKTIONEN....................................................................................... 53
3.1.1. KOLLEKTIVE IDENTITÄT.......................................................................... 53
3.1.2. IDEOLOGIE............................................................................................... 56
3.2. BUCHNER ALS UMWELTSCHÜTZER UND CSU-GEGNER.......................................... 58
3.2.1. DIE IDEOLOGIE DES BUND NATURSCHUTZ.............................................. 62
3.2.2. EINFLUSS DER UMWELTSCHUTZ-IDEOLOGIE AUF HANS-JÜRGEN
BUCHNER.......................................................................................................... 64
3.2.2.1. BUCHNERS BEITRITT ZUM BUND NATURSCHUTZ..................... 64
3.2.2.2. AUSSAGEN
ZUM
UMWELTSCHUTZ
IN EINEM FRÜHEN INTERVIEW
VON 1982...............................................................................................
65
3.2.2.3. UMWELTSCHUTZ-THEMEN IN LIEDTEXTEN.............................. 67
3.2.3. FALLBEISPIEL: DER PROTEST GEGEN DIE WIEDERAUFBEREITUNGSANLAGE
WACKERSDORF................................................................................................. 69
3.2.3.1. DIE AKTEURE DES KONFLIKTS................................................. 69
3.2.3.2. HAINDLING
ALS
AUSHÄNGESCHILD
FÜR DIE KOLLEKTIVE
IDENTITÄT DER PROTESTIERENDEN....................................................... 71
3.2.4. KONFRONTATION ZWISCHEN BUCHNER UND DER CSU........................... 74
3.3. HAINDLING ALS AUSHÄNGESCHILD FÜR BAYERISCHE IDENTITÄT.......................... 76
3.3.1. GRÜNDE FÜR DAS INTERESSE DER CSU AN BUCHNER............................. 77
3.3.1.1. ANHALTENDER ERFOLG VON BUCHNERS MUSIK...................... 77
3.3.1.2. MEHRDEUTIGKEIT - „BAYERN, DES SAMMA MIR“..................... 79
3.3.1.3.
BUCHNERS
MUSIK
REPRÄSENTIERT
„TRADITION
UND
FORTSCHRITT“....................................................................................... 87
3.3.2. DIE ÜBERWINDUNG DES IDEOLOGISCHEN KONFLIKTS ZWISCHEN BUCHNER
UND CSU...........................................................................................................
88
3.3.2.1. PLURALISMUS UND TOLERANZ................................................. 88
3.3.2.2. IDEOLOGISCHE ANKNÜPFUNGSPUNKTE - SPRACHE ALS
HEIMAT..................................................................................................89
3.3.2.3. IDEOLOGISCHE DIFFERENZ – UMWELTSCHUTZ......................... 90
4. ZUSAMMENFASSUNG............................................................................................................. 94
5. ENDNOTEN............................................................................................................................ 99
6. LITERATURVERZEICHNIS..................................................................................................... 106
1. EINLEITUNG
1.1. DIE „NEUE BAYERISCHE WELLE“ – EIN MUSIKALISCHER HEIMAT-HYPE
Heimat liegt in München gerade im Trend (Siehe Egger 2011, S. 2). Das äußert sich
auch musikalisch: Der Bayerische Rundfunk berichtet gehäuft über junge bayerische
Bands und Gruppen.
Auslöser des Medienrummels war der Erfolg von Claudia Koreck und LaBrassBanda.
Die Eine singt auf bayerisch chartkompatiblen Folk-Pop, die Anderen haben als
Balkan-Brass-Band begonnen und dann zum eigenen Sound gefunden - ebenfalls mit
Texten im Dialekt. Auch die Hiphop-Crew Doppel D, das Elektro-Projekt Schlachthof
Bronx
und
junge
Volksmusikgruppen
wie
der
Niederbayerische
Musikantenstammtisch machen in München Musik. Ob angesichts dieser Vielfalt von
einer Szene oder einem Stil gesprochen werden kann, erscheint fraglich.
Letztendlich haben die Bands nur gemeinsam, dass sie als „irgendwie bayerisch“
wahrgenommen werden. Der Bayerische Rundfunk fasst sie dennoch mit
Sammelbegriffen wie „Neue Bayerische Welle“ oder auch „Neue bayerische
Volxmusik“ zusammen (Vgl. Bayerischer Rundfunk 2011a, Bayerischer Rundfunk
2011b, Muth 13.07.2011, Reichart 05.07.2011, Zöller 26.07.2011). Das ist
keineswegs neu: Bereits in den 1980er und 90er Jahren hat der BR Begriffe wie
„Neue Volksmusik“, „Alpenrock“ und „Tradimix“ mitgeprägt. Auch sie waren
Sammelbegriffe für Entwicklungen der regionalen Musikkultur (Siehe Lambertz
2006; Zöller 2005).
Das „Night of the Alps“-Festival versuchte vom 8. bis 10. Juni 2011 die momentan im
Trend liegenden Bands zusammen auf die Bühne zu bringen (Night of the Alps 2011).
Seit Anfang 2011 greift auch ein Magazin den Heimat-Hype auf: „MUH“ berichtet
über „bayerische Aspekte“, einer der Schwerpunkte ist Musik. Unter den
Herausgebern des Blattes ist Stefan Dettl, der Frontmann von LaBrassBanda. Die
örtliche Volkskunde reflektiert ebenfalls über das neue Heimatbewusstsein in Bayern
und München (Siehe Egger 2011).
1.2. BAYERISCH, WELTOFFEN, SUBVERSIV – HAINDLING ALS TRADITIONSSTIFTER
Von der aktuellen Entwicklung profitieren auch Bands, die schon länger im Geschäft
sind. Einige der Organisatoren hinter dem Trend scheinen bemüht zu sein, neue Bands
in die Tradition älterer zu stellen.
-1-
Auf der Suche nach Traditionsstiftern werden sie unter anderem in Haindling fündig.
In dem kleinen Niederbayerischen Dorf bei Geiselhöring wohnt Hans-Jürgen
Buchner. Fast 30 Jahre lang – seit 1982 – ist er professioneller Musiker. Der Name
seiner Band „Haindling“ ist von seinem Wohnort abgeleitet. Die Live-Besetzung
kommt aber nur für Auftritte zusammen; die Alben nimmt Buchner alleine zuhause in
seinem Studio auf. Deswegen wird er selbst auch oft als „der Haindling“ bezeichnet.
In Bayern hat er sich einen Namen gemacht mit seiner Musik, die bayerische,
exotische, popige und rockige Elemente beinhaltet. Neben 14 Studioalben hat er auch
Filmmusik für zahlreiche TV-Serien im Bayerischen Rundfunk komponiert.
Einige Beispiele mögen illustrieren, wie Haindling für den neuen Heimat-Trend
vereinnahmt wird: Das Magazin MUH veröffentlichte in seiner ersten Ausgabe ein
ausführliches Interview mit Hans-Jürgen Buchner. Der Titel „Ich wollte immer gerne
schreien!“ stellt ihn betont rebellisch dar (Winkler 2011, S. 15). Auf dem Night of the
Alps-Festival
spielte
Haindling
am
ersten
Tag
als
Headliner.
Das
„InterKulturMagazin“ „Puzzle“ des Bayerischen Rundfunks war vor Ort und
präsentierte Hans-Jürgen Buchner als weltoffenen Vorzeigebayern (Bayerischer
Rundfunk 2011b). Für einen Gastauftritt holte er die bayerische Hiphop-Crew
„Doppel D“ auf die Bühne. Im Vorfeld hatte die Gruppe ein Sample aus dem
Haindling-Song „Du schaust aber guad aus“ in ihrem Track „Schaust guad aus“
verwendet (Liebl 2011). Rapper Monaco Fränzn schreibt dazu auf der Doppel DHomepage:
„Ich mein, bei den Amis ist das ja fast schon Standard. Bei uns aber wird das
noch viel zu wenig gemacht: Die eigene Musikgeschichte zitieren. Also
warum amerikanischen samplen, wenn man auch bayerischen Funk hat.“
(Liebl 2011)
Mit bürgerlichem Namen heißt Monaco Fränzn Franz Liebl und arbeitet als Journalist
beim Bayerischen Rundfunk, einem der Hauptmultiplikatoren des musikalischen
Heimat-Hypes.
Aus dem Zitat lässt sich herauslesen, dass es in Liebls Umfeld keineswegs als normal
angesehen wird, heimische Musik zu samplen. Deswegen rechtfertigt er sich, in dem
er auf Traditionsbewusstsein im Ausland verweist. Es scheint sich aktuell für junge
Musiker aus Bayern sehr neu anzufühlen, sich auf die Geschichte der eigenen
-2-
regionalen Musikkultur zu beziehen.
Doch warum stellen sie ihre Musik gerade in die Tradition von Haindling? Ein Artikel
der Süddeutschen Zeitung über das Magazin „MUH“ bietet erste Anhaltspunkte. Der
Journalist Karl Forster schreibt dort von „[g]lobalisierte[r] Heimatverbundenheit“ und
„subversiver Arbeit gegen die Bayerntümelei“ (2011, S. 55).
Mit diesen Formulierungen spricht er drei Eigenschaften an: bayerisch, weltoffen,
subversiv. Meiner Hypothese nach werden der „Neue bayerische Welle“ oder der
„Volxmusik“ hauptsächlich Bands zugeordnet, die diese Kriterien aus Sicht der
Rezipienten erfüllen.
1.3. IDENTITÄT UND IDEOLOGIE – BEGRIFFSDEFINITIONEN
Musiker werden mit den Begriffen bayerisch, weltoffen und subversiv in Bezug auf
ihre Identität und Ideologie verortet. Damit sind wir bei den Kernbegriffen dieser
Arbeit angekommen. Eine kurze Definition muss vorerst genügen, an den
entsprechenden Stellen werde ich die Konzepte detailert darstellen.
Den Begriff „Ideologie“ verwende ich nicht mit negativem Beigeschmack, wie er sich
bei Karl Marx oder Max Horkheimer und Theodor W. Adorno findet. Stattdessen
halte ich mich an die von Definition Teun A. van Dijk, der den Begriff ohne Wertung
gebraucht:
„[...] [I]deologies may be very succinctly defined as the basis of the social
representations shared by members of a group. This means that ideologies
allow people, as group members, to organize the multitude of social beliefs
about what is the case, good or bad, right or wrong, for them, and to act
accordingly.“ (1998, S. 8)
Identität verstehe ich im Sinne von Heiner Keupp et al. als einen „subjektive[n]
Konstruktionsprozeß [...], in dem Individuen eine Passung von innerer und äußerer
Welt suchen.“ (2008 [1999], S. 7) Das Konzept hat zwei Teilaspekte, die miteinander
wechselwirken: individuelle und kollektive Identität (Ebd., S. 299).
Auf der individuellen Ebene verorten Subjekte sich in der sozialen Welt, indem sie
„Erfahrungsfragmente in einen für sie sinnhaften Zusammenhang bringen.“ Die
Selbstkonstruktion ist ein andauernder Prozess, den Keupp et al. als „Identätsarbeit“
bezeichnen. Die Art, wie die Bruchstücke zusammengefügt werden, beschreiben sie
-3-
mit der Metapher vom „Patchwork“ (Ebd., S. 9-10). Der Begriff „Kollektive
Identität“ bezieht sich auf die Zugehörigkeit von Subjekten zu „ihrer Kultur, Nation,
Szene, Gruppe oder Familie“ (Ebd., S. 299).
Wie hängen diese beiden Konzepte nun mit den Begriffen bayerisch, weltoffen und
subversiv zusammen?
Wer „bayerisch“ ist, definiert einen Teil seiner individuellen Identität durch
Zugehörigkeit zur Gruppe der „Bayern“. Diese kollektive Identität kann auf
verschiedene Art und Weise hergestellt werden, zum Beispiel durch geteilte Kultur
oder geteiltes Territorium. Ideologisch betrachtet wird Heimatverbundenheit mit
national-konservativem Gedankengut verbunden. In der Musik gibt es verschiedene
Möglichkeiten, einen Song zu verorten: Zum Beispiel über Sprache, Bezüge zu
„traditionellen“ Musiken oder indem Kultur thematisiert wird.
„Weltoffen“ zu sein bedeutet, aufgeschlossen gegenüber kulturell Fremdem zu sein.
Das kann zum ideologischen Statement werden, weil diese Sichtweise mit
progressivem, linkem Gedankengut assoziiert wird. Die Grünen in Bayern grenzen
sich beispielsweise durch ihre Weltoffenheit von der CSU ab. (Röthinger 2009, S.
385-386) Durch die gemeinsame Ideologie entsteht ihre Gruppenidentität. Musikern
können Einflüsse aus fremden Stilen oder exotische Klänge dazu dienen, ihre
„Weltoffenheit“ auszudrücken.
Wer „subversiv“ agiert, wehrt sich gegen die herrschenden Machtverhältnisse. Die
Gründe dafür sind oft ideologischer Natur. Innerhalb der Gruppe der Protestierenden
kann durch gemeinsamen Widerstand eine kollektive Identität entstehen. Ein Song
kann subversiv wirken, wenn er Symbole aufnimmt, die durch dominante
Deutungsinstanzen mit einer bestimmten Bedeutung aufgeladen sind, diese dann aber
mit eigenem, neuem Sinn füllt.
Wenn Journalisten oder Veranstalter junge Bands in die Tradition älterer Musiker
stellen wollen, sollten diese ebenfalls als bayerisch, subversiv und weltoffen gelten
und populär sein. Wie ich zeigen werde, erfüllt Hans-Jürgen Buchner diese
Vorraussetzungen.
1.4. ERKENNTNISINTERESSE
Nach
dieser
Einordnung
von
Haindling
in
aktuelle
Diskurse
nun
zum
Erkenntnisinteresse dieser Untersuchung: Wie ich anhand der „Neuen Bayerischen
Welle“ gezeigt habe, spielt Musik bei der Aushandelung von Identitäten und
-4-
Ideologien in Bayern eine nicht unerhebliche Rolle. Hans-Jürgen Buchner eignet sich
aus mehreren Gründen besonders gut als Beispiel, um diese Prozesse zu untersuchen:
Er selbst betont, dass seine Musik Ausdruck seiner individuellen Identität ist. Laut
Buchner ist sein Sound gerade deswegen so reizvoll und eigenständig. Er möchte
andere Musiken nicht imitieren, weil das nicht Ausdruck seiner Identität wäre.
Dadruch unterscheidet er sich von vielen Musikern, die sich damit zufrieden geben,
ihre eigene Identität im Medium eines vorbestehenden Stils auszudrücken.
Buchner komponiert seine Musik alleine und lässt den Einfluss anderer nur in sehr
geringem Maße zu. Das ist methodisch gesehen ein großer Vorteil, denn Bezüge
zwischen individueller Identität und Musik lassen sich dadurch leicht herstellen. Bei
einer Band wäre es viel schwerer zu untersuchen, wie die Identitäten der Mitglieder
interagieren.
Der Erfolg von Hans-Jürgen Buchner gründet auch darauf, dass seine Musik von
Zeitgenossen als völlig neuartig wahrgenommen wurde. Meine Hypothese dazu ist:
Buchners Identität besteht aus einer Kombination von traditionellen und modernen
Versatzstücken, die zur Zeit seines Durchbruchs ungewohnt schien. Theorien zur
Idenität in der Spätmoderne eigenen sich gut, um seine Selbstsicht zu
konzeptualisieren. Es gelang ihm als erstem Bayern dieses Patchwork musikalisch
auszudrücken und in kommerziell vermarktbare Rockmusik zu übersetzen.
Eben jene Musik, die für Buchner Ausdruck seiner individuellen Idenität ist, wurde
auch zum Symbol für kollektive Identitäten und zwar über ideologische Grenzen
hinweg.
Buchner selbst betrachtete sich Zeit seines Lebens als Rebell. Viele seiner Songs
drücken diese subversive Einstellung aus. Mit seinem Engagement für Umweltschutz
grenzt Buchner sich von der bayerischen Staatsregierung ab. Beim AntiWAAhnsinnsfestival in Wackersdorf erzeugte er mit seiner Musik kollektive Identität
unter den Protestierenden.
Andererseits bekam Buchner in den 00er Jahren zahlreiche Preise von der CSUgeführten bayerischen Staatsregierung. Sie setzte ihn im In- und Ausland ein, um
Bayern zur repräsentieren und machte ihn so zum Aushängeschild für bayerische
Identität. Obwohl er sich mit der CSU bis zu einem gewissen Grad arrangierte,
äußerte Buchner trotzdem weiterhin öffentlich Kritik.
Mit seiner Musik ist es ihm gelungen, für verschiedene ideologische Gruppen, die
einst verfeindet waren, zum Symbol zu werden. Darin spiegeln sich auch
-5-
gesellschaftliche Veränderungen der letzten 30 Jahre in Bayern. Das Verhältnis
zwischen Buchner, seiner Musik und der Gesellschaft ist aus vielen Blickwinkeln
spannend.
Meine Wahl fiel auch deshalb auf Haindling, weil das Thema von meinem Wohnort
München aus gut zu recherchieren war: Die Archive des Bayerischen Rundfunks
befinden sich dort. Sie beherbergen eine Fülle von Material zu Haindling: Porträts,
Talksendungen und Konzertmitschnitte. Buchner selbst wohnt ebenfalls nicht weit
entfernt, so dass ein persönliches Interview möglich war.
Neben
diesen
methodischen
Gründen
verdient
Hans-Jürgen
Buchner
eine
wissenschaftliche Würdigung, weil es ihm gelungen ist, über fast 30 Jahre hinweg in
Bayern präsent zu bleiben. Er ist damit ein wesentlicher Protagonist der regionalen
Musikkultur, der zeitweise nationale und internationale Bekannheit erreichte. Seine
Songs beeinflussen gerade eine neue Generation von Musikern in Bayern.
Das
steht
im
Missverhältnis
zum
Forschungsstand:
Es
existiert
keine
Sekundärliteratur außer vereinzelten Abschlussarbeiten, zum Beispiel von Daniel
Maurer (2000) und Ilona Seufert (2005), die für meine Fragestellung allerdings nicht
relevant sind. Meine Untersuchung schöpft stattdessen aus der reichlich vorhandenen
Primärliteratur: Presse und Rundfunk, Internet und Studioalben sowie die
anekdotische Bandbiographie von Michael Braun (2007).
Aus meinen Hypothesen ergeben sich die zentralen Fragenkomplexe dieser Arbeit:
Komplex 1: Wie konstituiert Hans-Jürgen Buchner seine individuelle Identität? Wie
steht diese Identität in Beziehung zu seiner Musik?
Komplex 2: Wie wird die Musik von Haindling zum Aushängeschild für kollektive
Identität? Wie gelingt ihm das über ideologische Differenzen hinweg?
1.5. METHODIK UND AUFBAU
Die Methodik meiner Untersuchung ist inspiriert vom „New Model for
Ethnomusicology“. Der amerikanische Ethnologe Timothy Rice hat es 1987
veröffentlicht. Er wendet ein Model des Ethnologen Clifford Geertz auf die
Erforschung von Musik an. Daraus leitet er seine Leitfrage ab, gemäß der Music as
Culture auf drei Hauptebenen untersucht werden sollte: „how do people historically
-6-
construct, socially maintain and individually create and experience music?“ (Rice
1987, S. 473)
Die Struktur dieser Untersuchung hält sich nicht genau an das new model. Da das
Modell eher für die Beschreibung ganzer Musiktraditionen gedacht ist, als für die
Betrachtung eines einzelnen Musikers, wäre das auch nicht ratsam. Ich habe mich
eher von den groben Denkkategorien des Modells beeinflussen lassen: Subjekt,
Gesellschaft, Geschichte. Die Doppelstruktur von Identität fällt mit zwei der
Betrachtungsebenen des new model zusammen: Subjekt – individuelle Identität,
Gesellschaft – kollektive Identität. Es bietet sich daher an, das Modell als groben
Orientierungsrahmen heranzuziehen.
Das Erkentnisinteresse macht eine interdisziplinäre Untersuchung nötig. Diese
Vorgehensweise ist in der Popmusikforschung mittlerweile üblich. Verschiedene
Fragestellungen
werden
mit
Theorien
aus
unterschiedlichen
Fachbereichen
beantwortet. Eine kurze Reflektion führt in die jeweilige Theorie ein, die ich dann auf
die jeweilige Problemstellung anwende. Auf Grund der Fülle des relevanten Materials
habe ich mich entschieden, jeweils eine Theorie auszuwählen, die mir geeignet
scheint. Aus Platzgründen wird diese nicht in Beziehung zu anderen, möglicherweise
anderslautenden Konzepten gesetzt. Ich referiere also nicht die Gründe, warum ich
mich für ein bestimmtes Modell entschieden habe. Doch hoffe ich, dass die Passung
zwischen Theorie und beschriebenem Gegenstand meine Auswahl rechtfertigt.
Der erste Hauptteil untersucht das Verhältnis zwischen Identität, Ideologie und Musik
auf der Individualebene, der zweite auf der Kollektivebene. In beiden Fällen spielen
historische Veränderungen ein Rolle, die im Rahmen dieser Arbeit allerdings nur mit
Schlaglichtern beleuchtet werden können.
Bei der Untersuchung auf der Individualebene im ersten Hauptteil wende ich die
Theorie der Patchwork Identität von Heiner Keup et al an. Ich zeige, wie Hans-Jürgen
Buchners
Identität
als
Folge
der
Globalisierung
aus
heterogenen
Erfahrungsfragmenten zusammengesetzt ist. Seine Teilidentitäten hat er im Laufe
seines Lebens immer wieder durch Musik ausgelebt.
Viele Stücke, die er als Hainlding geschrieben hat, enthalten Elemente die
verschiedenen Musikstilen entstammen. Besonders Edward Larkeys Konzept der
transcultural tradition erweist sich hier als fruchtbar. Er definiert Tradition als
„symbolic or cultural alliance of different groups“ (2003, S. 4), denen auch Stile
zugehören. Um nachzuweisen, welchen Symbolsystemen Buchners Musik zugeordnet
-7-
wird, setze ich bei journalistischen Beschreibungen an. Im nächsten Schritt analysiere
ich ausgewählte Stücke, um die darin enthaltenen Stilelemente zu identifizieren und
zu zeigen, wie sie zusammengefügt sind. In der Zusammenschau mit Buchners
musikalischer Sozialisation wird klar, dass diese uneinheitlichen Musikbestandteile
Ausdruck
seiner
Teilidentitäten
sind.
Buchner
strebt
allerdings
danach,
Musiktraditionen nicht zu kopieren, sondern sie sich anzueignen, sie zum Ausdruck
seiner Identität zu machen.
Der zweiten Hauptteil untersucht wie Buchners Musik zum Aushängeschild für
kollektive Identitäten von Gruppen werden konnte, die sich ideologisch erheblich
unterscheiden. Als theoretisches Fundament stelle ich zunächst das Konzept der
kollektiven Identität und seine üblichen Anwendungsbereiche vor. Dannach gehe ich
auf Teun van Dijks Gedanken zum Verhältnis von Ideologie und Gruppengefühl ein
und halte mich an seine wertneutrale Definition des Begriffs.
Nach dieser Vorarbeit greife ich zwei Gruppen heraus, zu deren kollektiver Identität
Buchners Musik in Beziehung steht: Der Bund Naturschutz und die CSU. Sie sind
bisweilen aus ideologischen Gründen in Konflikt geraten. Ich untersuche, wie
Buchner sich im Verhältnis zu diesen Gruppen positioniert hat, wie sich das im Laufe
der Zeit verändert hat und welche Rolle seine Musik dabei spielte. In den 1980er
Jahren diente ihm seine Identifikation mit den postmateriellen Werten des Bund
Naturschutz zur Abgrenzung vom vorherrschenden Materialismus. Zu dieser Zeit
betrachtete er die CSU als ideologische Gegner, mit denen er nichts zu tun haben
wollte. In den 00er Jahren kooperierte er mit der Partei, anscheinend ohne dabei seine
Glaubwürdigkeit für CSU-Gegner wie den Bund Naturschutz zu verlieren.
Auf den ersten Blick herrscht also kein Mangel an
Widersprüchen. Ziel dieser
Untersuchung ist es, diese aufzulösen oder zu erklären, wie Identitäten trotzdem
funktionieren.
-8-
2. IDEOLOGIE UND IDENTITÄT AUF DER INDIVIDUAL-EBENE
2.1. DIE ENTSTEHUNG DES PERSONALSTILS VON HANS-JÜRGEN BUCHNER ALS
ERGEBNIS SEINER IDENTITÄT
In diesem Unterkapitel stelle ich zunächst das Modell „Patchwork-Identität“ vor.
Dann wende ich es auf Hans-Jürgen Buchners Lebenslauf bis zur Entstehung seines
Personalstils an. Ich zeige, wie er mit verschiedenen Musiken Teile seiner Identität
ausgelebt hat und wie er diese schließlich in der Musik von Haindling zusammenfügt.
2.1.1. THEORIE-REFLEKTION: INDIVIDUELLE IDENTITÄT
2.1.1.1. „DAS PATCHWORK DER IDENTITÄTEN IN DER SPÄTMODERNE“
Ursprünglich stammt der Begriff „Identität“ aus der Sozialpsychologie und
Psychoanalyse. Dort bezeichnet er das Ich-Gefühl eines Subjekts.
Heiner Keupp et al. definieren individuelle Indentität als einen „subjektive[n]
Konstruktionsprozeß [...], in dem Individuen eine Passung von innerer und äußerer
Welt suchen.“ (2008 [1999], S. 7)
Als sie 1999 die erste Auflage ihrer Monographie „Identitätskonstruktionen – Das
Patchwork der Identitäten in der Spätmoderne“ veröffentlichten, war der Begriff
bereits
abgeriffen.
gesellschaftlichen
Die
Autoren
Veränderungen
argumentieren
in
der
jedoch,
Spätmoderne
aufgrund
sei
eine
von
neue
sozialpsycholgische Identitätstheorie erforderlich (Ebd., S. 9).
Interessant ist hier die Begriffswahl: „Spätmoderne“, nicht „Postmoderne“.
Nebenbemerkungen in der Einleitung deuten auf den Grund dafür hin: Das Konzept
der Postmoderne beinhaltet einen Zeitgeist der Beliebigkeit: Die Sehnsucht nach
grenzenloser Individualisierung, ohne weiterhin identisch mit sich selbst zu sein (Vgl.
Ebd., S. 7-8). Dem stellen Keupp et al. den ungebrochenen Wunsch des Subjekts
entgegen, sich selbst auch in einer überkomplexen Welt subjektiv als kohärent zu
empfinden.
Ihr Modell der „Patchwork-Identität“ bezieht sich vor allem auf die Individual-Ebene
(Ebd., S. 299): Identitäten sind in der Spätmoderne aus einem Patchwork von
Erfahrungsfragmenten zusammengesetzt, die kein bruchloses Ganzes ergeben (Ebd.,
S. 9). Durch „Identitätsarbeit“ konstruieren die Subjekte in einem kontinuierlich
andauernden Prozess ihr Selbstbild. Wenn das gelingt, nehmen sie sich als kohärent
und mit sich selbst identisch wahr. Sie haben damit ihre innere Fragmentierung aber
nur zum Schein überwunden, da das faktisch nicht mehr möglich ist.
-9-
In der Spätmoderne ist in Folge der Globalisierung die Mobilität von Personen und
Informationen beträchtlich gestiegen. Dadurch hat sich auch die Verfügbarkeit von
Erfahrungen drastisch erhöht. Individuen sind einer größeren Vielfalt von Eindrücken
ausgesetzt, die sich gegenseitig widersprechen und in Frage stellen. So entsteht das
Bewusstsein, dass die eigene Weltsicht nur eine von zahlreichen möglichen ist.
Auch die Raster sind weniger standardisiert, in die Erfahrungen eingeordnet werden.
Im Zuge des Pluralismus hat die westliche Gesellschaft allen Weltsichten ihren
Anspruch auf Allgemeingültigkeit aufgekündigt. Alte, traditionelle Bindungen haben
ihre Gültigkeit verloren und eignen sich nicht mehr um Weltsichten zu rechtfertigen.
Es gibt kaum noch allgemeinverbindliche Einschränkungen.
Die Wahlfreiheit wird zum Zwang: Jeder muss seine Weltsicht selbst bestimmen. Die
Vielfalt der persönlichen Weltentwürfe nimmt zu (Vgl. Ebd., S. 50). Das Ich wird
freigesetzt, die Individualisierung schreitet voran. (Ebd., S. 27).
Diese Entwicklungen haben aber auch eine Kehrseite: Die Erfahrungswelt von
Personen ist so komplex geworden, dass sie nicht mehr zu einem kohärenten
Gesamtbild zusammengefügt werden können.
„Diese Erfahrungssplitter sind wie Teile eines zerbrochenen Hohlspiegels. Wir
haben meist keine andere Chance, als sie unverbunden nebeneinander
stehenzulassen. Es sind hohe psychische Spaltungskompetenzen gefordert, um
nicht verrückt zu werden.“ (Ebd., S. 48)
Hier setzt der Prozess der „Identitätsarbeit“ an: Da der Wunsch nach Kohärenz
ungebrochen ist, konstruieren sich die Subjekte bewusst eine Identität, die sie
zumindest zeitweise als stimmig empfinden können. Neue Erfahrungen gefährden
dieses Konstrukt, daher muss es permanent an die aktuellen Erfordernisse angepasst
werden. Widersprüchliche Teilidentitäten müssen ausbalanciert werden.
Das temporäre Ergebnis erfolgreicher Identitätsarbeit nennen Keupp et al. „gelungene
Identität“. Doch auch die ist „in den allerseltensten Fällen ein Zustand der
Spannungsfreiheit.“ (Ebd., S. 274) Um beim Bild der Patchwork-Decke zu bleiben:
Die Erfahrungsfragmente sind so verbunden, dass sie zwar an manchen Stellen
spannen, die Nähte aber nicht einreißen.
Eine „Kohärenz durch Übergängigkeit“ hält die Teilidentitäten zusammen.
„Überschneidungen, Bezugnahmen und Übergänge“ treten an die Stelle von
- 10 -
Homogenität. Die einzelnen Flicken im Patchwork bleiben erkennbar, sind aber an
den Überlappungsstellen vernäht (Vgl. Ebd., S. 57-58, in Adaption von Welsch 1995,
S. 847).
Geschneidert werden diese Flickwerke unter anderem beim Erzählen über das Selbst.
Außen-und Innensicht hängen zusammen: Die Person erklärt sich Anderen und
gleichzeitig sich selbst. Die Erzählstruktur bringt Teilidentitäten in Zusammenhang,
vernäht sie zu einem Patchwork. (Ebd., S. 208-209).
Die Schnittmuster sind dabei aber gesellschaftlich vorgeprägt. Das als These
formulierte „Ende der Metaerzählungen“ hat nicht zur völligen Individualisierung der
Selbstnarration geführt. Zwar stellen Keupp et al. fest, dass die „Großen
Metaerzählungen“ – wie Religion oder Kommunismus – an Bedeutung verloren
haben. An ihre Stelle ist aber ein Sammelsurium von „kleineren“ Metaerzählungen
getreten, die als vielfach kombinierbare Identitätsbausteine gerne verwendet werden.
Denn diese Schemata erleichtern die Selbstkonstruktion enorm, da sie mit geringem
persönlichem Aufwand eine enorme Komplexitätsreduktion ermöglichen (Vgl. Ebd,
S. 59, 289). Diese Identitätsbausteine stammen zum Teil nach wie vor aus den
Baukästen der Ideologien. Ihre Nutzung kann gleichzeitig Eintritt in eine Gruppe
ermöglichen.
Damit sind wir bei einem weiteren Aspekt: Teil der Identitätskonstruktion ist es in der
Spätmoderne auch, sein eigenes soziales Netzwerk aufzubauen und zu unterhalten.
Zwischenmenschliche Beziehungen sind nicht mehr durch Verwandschaft oder
räumliche Nähe vorgegeben. Die erhöhte Mobilität vergrößert die Auswahl an
möglichen Sozialkontakten. Sie sind in dieser „fluiden gesellschaftlichen Situation“
(Ebd., S. 76) aber auch weniger statisch und stabil: Wer Auswahlmöglichkeiten hat,
dem fällt es auch leichter, eine alte Beziehung zu Gunsten einer neuen aufzugeben.
Dadurch steigt aber insgesamt die Gefahr, abgewählt zu werden. Zu den
Kernkompetenzen gehört es also, sich selbst ein soziales Netzwerk zu schaffen und es
dann auch aufrechtzuerhalten. Geht eine Beziehung in die Brüche, sollte der Rest des
Netzwerks diesen Fall auffangen können. Verlorene Verknüpfungen müssen durch
Neue ersetzt werden. Den Teilidentitäten einer Person entsprechen bestimmte
Bereiche ihrer sozialen Netzwerke (Vgl. Ebd., S. 37-38). Im Fall von Hans-Jürgen
Buchner gehen neue Teilaspekte seiner Identität häufig einher mit neuen
Verknüpfungen in seinem sozialen Netzwerk.
Das Modell „Patchwork-Identität“ von Heiner Keupp et al. mag sich gut dazu
- 11 -
eigenen, Buchners Identität theoretisch zu fassen. Eine Verknüpfung zu seiner Musik
stellt es jedoch nicht her.
2.1.1.2. MUSIK ALS GELEBTE IDENTITÄT
In seinem Aufsatz „Music and Identity“ bietet Simon Frith ein einfaches Modell an,
das eine direkte Verbindung beider Konzepte ermöglicht. Es vermeidet eine
Beweisführung, die lediglich auf strukturellen Ähnlichkeiten beruht.
In groben Zügen ähneln seine Überlegungen zur Identität denen von Keupp et al.:
Auch er begreift Identität als im Fluß befindliches Konstrukt, sieht sie aber
gleichzeitig als Idealbild des Selbst an, nicht als das tatsächliche Selbstbild (Frith
1996, 109, 123). Auch kommt sie für Frith von außen, nicht von innen (Ebd., S. 122),
während Keupp et al. zumindest implizit davon ausgehen, dass die beiden Pole
interagieren. Trotz dieser Unterschiede sind die beiden Identitätskonzepte wegen ihrer
Betonung von Prozessualität in den hier relevanten Einzelaspekten anschlussfähig.
Der wesentliche Gedanke von Simon Frith, den ich übernehmen möchte, bezieht sich
auf das Verhältnis von Musik und Identität: „Making music isn't a way of expressing
ideas; it is a way of living them.“ (1996, S. 111)
Frith äußert diese These in Bezug auf kollektive Identität. Besonders auf der
individuellen Ebene erweist sich seine These in dieser Untersuchung als fruchtbar:
Die Identität eines Subjekts ist nicht etwas vorherbestehendes, dass dann durch Musik
ausgedrückt wird. Sondern durch das Musikmachen und -hören erfahren Subjekte sich
selbst. Um die Begriffe von Keupp et al. zu verwenden: Sie schaffen eine „Passung
von innerer und äußerer Welt.“ (2008 [1999], S. 7) Natürlich ist Musik nicht der
einzige Modus, um Identität zu schaffen. Aber sie ist einer von mehreren.
Wenn Identität nicht etwas Ganzes ist, sondern ein Patchwork von Fragmenten, stellt
sich die Frage, wie diese Teilidentitäten durch Musik gelebt werden. Es scheint hier
zwei Pole zu geben, zwischen denen ein Kontinuum von Abstufungen exitiert: Eine
Musikerin kann parallel verschiedene Musiken hören und/oder machen. Sie kann aber
auch versuchen, ihre Teilidentitäten mit einer einzigen Musik auszudrücken, die
Elemente verschiedener Musiken enthält. Sie lebt dann den zusammengesetzten
Charakter ihrer Identität mit einer hybriden Musik aus.
Besonders in Beschreibungen der Musik von Migranten der zweiten Generation
finden sich Überlegungen bezüglich „hybridity-as-identity” in der Literatur. Der
Musikforscher Timothy Taylor nennt als Beispiel die Bhangra Remix Music
- 12 -
südasiatischer Einwandererkinder in den USA. Sie vermischt Elemente aus ehemals
traditioneller indischer Bhangra Musik und elektronischer Tanzmusik. Die Musiker
nehmen ihre eigene Identität als Hybride wahr. Das spiegelt sich in ihrer Musik
wieder:
“Diasporic South Asians' hybrid music negotiates the complex tensions
between pressures to assimilate, to be authentic Indians, to be American and
rebel against the older generation, and to use the older generation's knowledge
of India to fashion what they believe to be authentic Indian selves.” (Taylor
2007, S. 155)
Hybridität in der Musik beinhaltet häufig einen grenzüberschreitenden Aspekt: Die
Musiker überschreiten die Grenzen eines Stils durch die Vermischung mit einem
anderen. Dadurch hinterfragen sie ihre normative Gültigkeit und entlarvt ihren
Konstruktcharakter (Steingress 2002, S. 316). Die Werke als Spiel nach eigenen
Regeln können Ausdruck dafür sein, dass auch die Identität des Komponisten die
vorgegebenen Grenzen sprengt (Vgl. Schatt 2004, S. 51).
Ein weiteres gerne verwendetes Beispiel für Hybridität als Identität ist der Musiker
Apache Indian. Er ist in England geboren, hat aber indische Wurzeln. Seine Musik
enthält Elemente des jamaikanischen Dancehall (eine Mischung aus Rap und Reggae)
sowie des modernen anglo-punjabischen Bhangra (elektronische Musik punjabischer
Einwanderer in England). Trotz dieses mehrfachen Mischcharakters beschreibt
Apache Indian seinen Sound als „very british“:
''You'd never get this in Jamaica because you wouldn't have the bhangra
element. You wouldn't get it in India because you wouldn't have the reggae or
the pop element. The music is everything around me." (zitiert nach Taylor
1997, S. 163)
Das hier zu nennende Stichwort ist „Glokalisierung“: Prozesse der Globalisierung
manifestieren sich immer lokal. Vermischung kann nur zwischen Elementen
stattfinden, die an einem bestimmten Ort präsent sind.
Genau diese Gedanken finden sich auch bei Hans-Jürgen Buchner über fremde
Klänge in Bayern:
- 13 -
"Ich glaub', dass des einfach deswegen passt, weil's da ist. Wenn's nicht da
wäre, dann würd's auch nicht geschehen." (Bayerischer Rundfunk 2011b)
Welche kulturellen Elemente Buchner im Laufe seines Lebens in seine Identität
integriert hat, und wie er diese mit Musik ausgelebt hat, untersucht das nächste
Kapitel.
2.1.2. IDENTITÄTSARBEIT DURCH MUSIK - HANS-JÜRGEN BUCHNERS BIOGRAPHIE
BIS ZUR ENTSTEHUNG SEINES PERSONALSTILS
Fast sein ganzes Leben lang macht Hans-Jürgen Buchner Musik. Eine breite
Öffentlichkeit erreichte er damit allerdings erst Anfang der 1980er Jahre. Damals
hatte er einen Personalstil entwickelt, der Elemente aller Musiken enthielt, die im
Laufe seines Lebens wichtig für seine Identität gewesen waren. Vom Prinzip her
änderte sich das auch bei den folgenden Platten nicht. Daher dürfte es genügen, HansJürgen Buchners Leben mit Musik bis zu seinen ersten Tonbandexperimenten Anfang
der 1980er Jahre zu untersuchen.
2.1.2.1. 1944-1954 KINDHEIT AUF DEM DORF IN NIEDERBAYERN
Hans-Jürgen Buchner wurde am 27. Dezember 1944 in Bernau bei Berlin geboren.
Sein Vater war ein niederbayerischer Tierarzt und seine Mutter gebürtige Berlinerin1
(Barto 05.10.1998, S. 3). Drei Wochen nach der Geburt zog die Mutter mit ihrem
Kind nach Niederbayern (Schmidbauer et al. 20.05.2004, 04:12). Seine Jugendzeit
verbrachte Hans-Jürgen Buchner in Welchenberg bei Bogen (Wikipedia 18.03.2011).
Seine Mutter tat sich aufgrund ihres evangelischen Glaubens anfangs schwer in dem
katholischen Dorf (Schmidbauer et al. 20.05.2004, 05:43). Buchner wuchs
zweisprachig auf: Hochdeutsch lernte er von seiner Mutter, bayerisch von seinem
Vater. (Barto 29.12.1992, 09:27) Wenn der zu den Bauern fuhr, um nach ihren Tieren
zu sehen, nahm er seinen Sohn oft mit. So bekam Hans-Jürgen Buchner Einblick in
das Leben und die Sprache auf dem Land in Niederbayern (Ebd., 07:29). Heute
bezeichnet er seine Erziehung als „erzkonservativ“ (Wandt et al. 16.02.2011, 04:00)
In seiner frühen Kindheit lernte Hans-Jürgen Buchner hauptsächlich Musik kennen,
die der deutschen Kultur entstammt. Der erste Stil, mit dem er in Berührung kam, war
klassische Musik. Bereits als Vierjähriger begann er auf Wunsch seiner Mutter mit
- 14 -
dem Klavierunterricht (Sauer, Rösinger 14.02.2002, 02:31). Damals entwickelte
Hans-Jürgen Buchner eine Abneigung gegen Noten: Weil er lesefaul war, übte er die
Stücke so lange, bis er sie auswendig konnte. Das führte öfter zu Konflikten mit
seiner Mutter. Sie wollte ihn zum Notenlesen erziehen und schlug ihm mit dem
Kochlöffel auf die Finger, wenn sie merkte, dass er auswendig spielte (Barto
05.10.1998, S. 3).
Seine Mutter stammte aus einer künstlerisch interessierten Familie. Hans-Jürgen
Buchners Großonkel war der Wagnersänger Franz Hahn (Schmidbauer et al.
20.05.2004, 09:24). Ein weiterer Onkel arbeitete als professioneller Zauberer. Einmal
im Jahr fuhr Buchner mit seiner Mutter zu einer großen Familienfeier nach Bernau bei
Berlin in die damalige DDR. Dort unterhielten sich die Familienmitglieder
gegenseitig mit Musik, Zauberei und Erzählkunst (Sauer, Rösinger 14.02.2002,
02:01). Buchner wurde also bereits in ein Netzwerk hineingeboren, dass seine spätere
Entwicklung begünstigte. Auch sein Vater förderte die musikalische Ausbildung. Für
eine berufliche Perspektive hielt er sie aber nicht. (Ebd., 05:55)
Hans-Jürgen Buchner bekam als Kind neben der klassischen Musik auch die regionale
Wirtshauskultur im niederbayerischen Dorf Welchenberg mit. Das Haus seiner Eltern
befand sich gegenüber eines Brauerei- und Gaststättengebäudes, dass Buchners Onkel
gehörte. Dort arbeitete seine Großmutter. Zusammen mit seiner Schwester pendelte
Buchner zwischen Elternhaus und Wirtshaus. Bei Tanzveranstaltungen hörte er den
Feuerwehrkapellen zu und spielte mit Rumbarasseln oder ähnlichem mit. (Barto
05.10.1998, S. 3) Darauf führt er seine Kenntnis der bayerischen Blasmusik zurück:
“Ich hab schon als kleiner Bua alleweil auf’m Tanzboden mitgespielt und seitdem hab
ich die Blasmusik im Ohr“ (Haindling 1984, S. 150–151).
Auch für Buchners Sozialisation als Niederbayer war das Wirtshaus ein wichtiger Ort:
„Jedn Tag is da gesoffen und gschrian und gstrittn worn. Und i hab des ois
Kind ois miterlebt. Und des war wahrscheinlich des wichtigste [...] Fundament
und der wichtigste Fundus, in Beziehung Sprache und Benehmen, was i
eigentlich jemois mitkriagn hät kenna. Des glaub I war sehr wichtig, dass i des
erlebt hab.“23 (Barto 29.12.1992, 06:38)
Neben der Wirtshausmusik erinnert sich Hans-Jürgen Buchner auch noch an die
„Bettlmusik“:
- 15 -
„I hab ja ois Bua de Bettlmusik so gern meng. Da san so Zwoaraformationen
oder Dreierformationen durch de Dörfer ganga. [...] Und des hod foisch
klunga, aber des hat ma aber unheimlich gfoin.4“ (Gaertner, Kratzert
27.10.1993, 02:34)
Ein Artikel von M. O. C. Döpfner über Haindling in der Frankfurter Allgemeinen
Zeitung beschreibt Bettlmusik als „bayerische Straßenmusik, meist mit Klarinette,
Tuba und Akkordeon“ (23.03.1984, S. 27)
Interessant ist, dass Buchner den grenzüberschreitenden Aspekt betont: Die Musik hat
„falsch“ geklungen, hat also nicht den Regeln entsprochen, die eigentlich für diesen
Musikstil galten. Trotzdem hat sie ihm gefallen. Wenn Buchner selbst später Grenzen
überschritt, konnte er sich auf eine Tradition in der regionalen Musikkultur berufen,
die er selbst als Kind miterlebt hatte.
Durch seine Eltern lernte Buchner auch die damals aktuelle populäre Musik kennen.
Den „Erzherzog Johann Jodler“ zum Beispiel sangen seine Eltern gerne. Das
inspirierte Buchner später zu einem der ersten Haindling-Songs (Beyer 15.06.2011).
Seine Mutter hörte gerne Tango (Barto 05.10.1998, S. 7). Dieser Tanz stammt
ursprünglich aus Argentinien und Uruguay. Transkontinentale Einflüsse in der Musik
erreichten also schon in Buchners Kindheit manchmal die Peripherie. Das blieb aber
die Ausnahme: Für ein Kind war es kaum möglich, die Musiken der Welt zu
entdecken.
Dennoch wurde der Grundstein für Buchners Interesse an anderen Kulturen in seiner
frühen Kindheit gelegt. Wie viele andere Kinder sammelte er Sanella-Bilder (Beyer
15.06.2011, Baerensound.com 2011). Anfang der 1950er Jahre veröffentlichte die
Magarine-Union AG vier Sammelbild-Alben mit exotischen Motiven. Jedes dieser
Hefte thematisierte einen anderen Kontinent: Afrika, Mittel- und Südamerika,
Australien/Neuseeland und China/Tibet/Japan. In der europäischen Tradition
exotischer Reisebeschreibungen erzählten fiktive deutsche Jungen darin von ihren
Abenteuern in fernen Ländern (Wurmisch 26.11.1996). Zeitlich fällt die
Veröffentlichung der Hefte mitten in die Dekolonialisierungsphase, daher sind die
Erzählungen sicher nicht frei vom Gedankengut des Kolonialismus. Ob sie ein
realistisches Bild der fremden Länder zeichnen, ist schwer nachzuvollziehen.
Verfolgen lässt sich aber der Weg, den die Bilder genommen haben. Über die
- 16 -
Strukturen der Kolonialisierung bestand Kontakt zwischen Europa und dem Rest der
Welt. Kenntnisse über fremde Länder waren an der Peripherie lediglich in Warenform
verfügbar, zum Beispiel als Sanella Alben.
Hans-Jürgen Buchner war also von Anfang an verschiedenen musikalischen und
kulturellen Einflüssen ausgesetzt. Und das, obwohl er an einem Ort aufgewachsen ist,
der nicht im Zentrum der Veränderungen lag. Selbst in seinem relativ entlegenen Dorf
fand Mobilität in beträchtlichen Ausmaß statt. Seine zugezogene Mutter, das
Umherziehen der Straßenmusiker und die Verfügbarkeit von Tango-Musik über das
relativ neue Massenmedium Radio ließen Buchner vielfältige musikalische
Erfahrungen machen.
2.1.2.2. 1954-1961 JUGENDLICHER REVOLUZZER IM INTERNAT
Als Hans-Jürgen Buchner neun Jahre alt war, schickten seine Eltern ihn ins Internat.
Im Kloster Metten fühlte er sich nicht wohl, seine schulischen Leistungen ließen zu
wünschen übrig. Er konnte sich nicht einfügen, denn die strikte Regelhaftigkeit des
Klosterlebens widerstrebte ihm (Schmidbauer et al. 20.05.2004, 15:30). Er hatte zwar
in Kunsterziehung immer gute Noten, interessierte sich aber wenig für die anderen
Fächer.
Hier bekam Musik zum ersten Mal zentrale Bedeutung für Buchners Identität. Er
linderte sein Heimweh dadurch, dass er klassische Musik auf dem Klavier spielte
(Barto 29.12.1992, 03:31). Das war für ihn ein Stück transportable Heimat, die er in
seine neue, als lebensfeindlich empfundene Umgebung mitnehmen konnte.
Außerdem bot Musik ihm eine Möglichkeit, sich im sozialen Netzwerk des Klosters
positiv zu präsentieren und zu positionieren:
„[...] Musik ist immer etwas Beliebtes. Ein guter Fußballer war ich nie, ein
richtiger Schläger auch nicht, und da blieb nur die Musik als eine der drei
Möglichkeiten, um sich in so einem Internat darstellen zu können. Mein Weg
war die Musik, und so blieb es[.]“ (Barto 05.10.1998, S. 3)
Im Internat entdeckte Buchner auch amerikanische Popmusik, besonders den Jazz.
Seit diesem Zeitpunkt verlor er das Interesse an klassischer Musik. Jazz entsprach viel
mehr dem, was er sein wollte.
Da Buchner im Kloster Metten sehr schlecht abgeschnitten hatte, wechselte er im
- 17 -
Alter von zwölf Jahren ins Internat in Cham. Dort lernte er einen Abiturienten
kennen, der Boogie auf dem Klavier spielte. Für Buchner war das eine völlig neue
Musik. Amerikanische Radiosender wie AFN waren im Internat verboten. Buchner
war begeistert vom Boogie. Ohne seinen Eltern Bescheid zu sagen, gab er den
klassischen Klavierunterricht auf und spielte von da an nur noch ohne Noten. Der
Abiturient brachte ihm die charakteristischen Untergriffe der Begleitung des
damaligen Boogies bei (Ebd.; Barto 29.12.1992, 03:59).
Für eine gute Note in einer Französisch Schulaufgabe bekam er von seinem Vater als
Belohnung eine Jazz-Trompete. Die hatte er sich als Louis Armstong-Fan gewünscht.
Seine Noten verschlechterten sich dann wieder beträchtlich, denn Buchner übte
Trompete, statt zu lernen. Von einem Mitschüler ließ er sich die Griffe der Tonleitern
zeigen. Bald darauf konnte er zur Platte von Louis Armstrong das Trompetensolo aus
"Uncle Satchmo's Lullaby" mitspielen. (Barto 05.10.1998, S. 3; Schmidbauer et al.
20.05.2004, 13:26)
Durch dieses Können war Buchner bald sehr beliebt im Internat. Heimlich spielte er
für seine Mitschüler:
„Es versteckten sich oft sieben, acht Leute im hintersten Eck des
Klavierzimmers, um diesen Rhythmus miterleben zu können – denn eigentlich
war das ja verboten. So konnte ich mich eben mit moderner Musik in einem
Knabeninternat behaupten.“ (Barto 05.10.1998, S. 3)
Amerikanische Musik und Kultur wurde für Hans-Jürgen Buchner zur Strategie, um
gegen die konservative Welt des Klosterinternats zu rebellieren: „Es war hoid mei
Ausdruck des Revoluzzertums, dass i a Musik mach, die mehr oder weniger verboten
is“5 (Buchner 2002, 05:38). Obendrein stilisierte er sich zum Halbstarken im James
Dean Outfit und trug eine Blue Jeans, die ihm seine Tante aus Amerika zugeschickt
hatte (Sauer, Rösinger 14.02.2002, 06:54). Globale Mobilität spiegelt sich hier im
Familiennetzwerk.
Als Revoluzzer war Buchner kein Einzelfall. Wie die Geschichtswissenschaftlerin Uta
Poiger feststellt, war Jazz für die Jugendlichen der 1950er Jahre Mittel zum
Widerstand gegen die Elterngeneration und damit auch gegen deren Werte und gegen
die Nazi-Vergangenheit (Poiger 2004, S. 92). Besonders der Erfolg des Rock’n’Roll
in Deutschland nach 1956 bereitete den Eltern Kopfzerbrechen. Auch Buchner bekam
- 18 -
diesen Trend mit. Er stahl damals seine erste Schallplatte, eine „Bill Haley“-Single.
Wegen seines schlechten Gewissens brachte er sie aber bald wieder zurück. Abspielen
durfte er sie im Internat ohnehin nicht, dort herrschte Rock-Verbot. (Schmidbauer,
Kälberer 07.07.2006, 00:20)
Anfangs haftete dem Jazz der Ruf des Wilden, Exotischen und Erotischen an.
Einflussreichen Journalisten wie Joachim-Ernst Berendt gelang es jedoch, den Jazz zu
desexualisieren und ihn zu etablieren (Poiger 2004, S. 84). Mit Hilfe des
amerikanischen Jazz gelang es in Deutschland, sich gleichzeitig von der NaziVergangenheit zu lösen und vom Ostblock abzugrenzen. Mit dieser Begründung
erklärte der damalige Verteidigungsminister Franz-Josef Strauß im August 1958, dass
Jazz eine geeignete Musik für die deutsche Bundeswehr sei. In der zweiten Hälfte der
1950er Jahre wurde Jazz zum Symbol für die neue pluralistische, postfaschistische
Gesellschaft in Deutschland. Gleichzeitig ließen sich mit dem nun etablierten
Musikstil die rebellischen Jugendlichen bezähmen (Vgl. Poiger 2004, S. 90–92).
Dieser Wandel wirkte sich auch auf Hans-Jürgen Buchner aus. Die Quellen sind
diesbezüglich leider unpräzise und widersprüchlich. Vermutlich wurde Buchner
zunächst als Trompeter ins Orchester seines Internats aufgenommen. Etwa ein Jahr
später gründete er seine eigene Jazzband, mit der er auf Schülerfeiern spielen durfte
(Winkler 2011, S. 16; Haindling, 1984, S. 150; Barto 29.12.1992, 05:26).
Trotz dieser Erfolge in musikalischer Hinsicht: Buchner blieb ein Halbstarker, der
sich nicht in das Gemeinschaftsgefüge einordnen wollte. Während seiner
Schullaufbahn war er ein Problemkind und musste letztendlich kurz vor dem Abitur
die Schule in Straubing verlassen (Schmidbauer et al. 20.05.2004, 15:10). Die Lehrer
legten Buchners Eltern auf Grund seines Talents nahe, ihm eine künstlerische
Ausbildung zu ermöglichen. Musik als Beruf kam nicht in Frage, obwohl das schon
damals sein Lebenswunsch war.
2.1.2.3. 1961-1968 KERAMIKERLEHRE IN BERCHTESGADEN, BOGEN UND LANDSHUT
– ERSTE KONTAKTE MIT MIGRANTEN
Mit 16 Jahren begann Buchner eine Keramiker-Lehre in Berchtesgaden. Hier kam er
zum ersten Mal intensiv in Kontakt mit Migranten. Für amerikanische Soldaten
spielte er nach der Arbeit Boogie. Sie waren im „General Walker Sky Top“ auf dem
Obersalzberg stationiert. Seine Offenheit für andere Kulturen brachte Buchner zum
ersten Mal Vorteile. Die Amerikaner holten den damals 17jährigen mit ihren
- 19 -
luxuriösen Autos ab (Buchner 2002, 06:16; Schmidbauer et al. 20.05.2004, 16:39):
„I war da a richtiger Star, da wo sogar die Frauen leicht alkoholisiert aufm
Flügl drobn glegn san, woaßt scho, so wia ma's in de Filme sehgt [...]“6 (Ebd.)
Es sollte nicht das letzte Mal gewesen sein, dass Buchner von seiner Vorliebe für das
Fremde profitierte. Obwohl er nicht an an den Knotenpunkten des transkulturellen
Ausstauschs lebte, spielten fremde Kulturen immer eine Rolle in seinem Leben. Um
mit ihnen in Kontakt zu kommen, musste er nicht wegfahren, die Globalisierung
lieferte sie ihm ins Haus.
Seinen ersten ausländischen Freund lernte Buchner 1963 kennen. Damals führte er
seine Ausbildung – nach Zwischenstation in Bogen - an der staatlichen Fachschule für
Keramik in Landshut fort. Shakir Abalı war laut Buchner damals der erste Türke in
der Stadt. Er ging auf die Ziegeleischule und teilte sich mit Buchner die Wohnung.
Die beiden freundeten sich an – vielleicht verband sie das Gefühl des Andersseins.
Buchner war sehr aufgeschlossen für türkische Kultur, er lernte Küche und Sprache
des Balkanlandes kennen. Kaum hatte er mit 18 Jahren den Führerschein in der
Tasche, lieh er sich das Auto seines Vaters und fuhr mit Abalı nach İzmir in der
Südtürkei. In der Heimat seines Freundes lernte er die türkische Mentalität kennen
und trommelte mit den Einheimischen. 1965 wiederholte er die Reise (Beyer
15.06.2011).
In
Buchners
Erlebnissen
aus
dieser
Zeit
spiegeln
sich
gesellschaftliche
Entwicklungen: 1961 hatte die Bundesrepublik Deutschland ein Anwerbeabkommen
mit der Türkei abgeschlossen. In Folge dessen nahm die Anzahl türkischer
Gastarbeiter enorm zu.
Im Jahre 1966 schloß Buchner seine Ausbildung als Keramiker mit 21 Jahren er als
jüngster Meister in Bayern ab. Im anschließenden Wehrdienst gründete er eine
Bataillonsband, mit der er bei Offiziersbällen spielte. (Haindling, 1984, S. 150).
2.1.2.4. 1968-1981 KERAMIKER
IN
STRAUBING
UND
HAINDLING – SPIELPAUSE,
FERNREISEN, FESTIVALS
Als 23jähriger eröffnete Buchner 1968 seine eigene Werkstatt in Straubing, bildete
Lehrlinge aus und ging ganz in seinem Beruf auf. Er heiratete und seine Tochter
Astrid kam auf die Welt. Die Werkstatt lief gut, Buchner hatte bald viele Bekannte in
- 20 -
der Straubinger Künstlerszene (Barto 05.10.1998, S. 5–6). Letztendlich hatte sich der
Revoluzzer also mit den bürgerlichen Normen ausgesöhnt und es dennoch geschafft,
sich seine persönliche Freiheit zu bewahren.
Buchners erste Ehe ging bald in die Brüche. 1972 lernte er seine jetzige Frau Ulrike
Böglmüller kennen und betrieb gemeinsam mit ihr die Werkstatt in Straubing. 1976
zogen die Beiden dann auf den Tip eines Bekannten hin in ein 300 Jahre altes
Wirtshaus im kleinen niederbayerischen Dorf Haindling bei Geiselhöring, wo
Buchner heute noch wohnt und arbeitet. 1978 erhielt das Paar anläßlich der
internationalen Handwerksmesse in München den Bayerischen Staatspreis für
Keramik. (Haindling, 1984, S. 150).
Auch wenn Buchner in dieser Zeit kaum selbst spielte, hat sie seinen späteren Stil
geprägt: Er hörte in seiner Freizeit intensiv Musik, zum Beispiel The Beatles, Pink
Floyd und Elton John (Barto 05.10.1998, S. 6).
In den 1970er Jahren begann er auch, Fernreisen zu unternehmen. Eine Vorliebe, die
bis in die 1980er Jahre hinein vorhalten sollte. Er besuchte Sri-Lanka, Thailand,
Indien, Ägypten und das nicht ganz so fern gelegene Spanien. Überall hatte Buchner
„musikalisch an Spaß“, wie er sagt. Bei der Wahl seiner Reiseziele beeinflussten ihn
unter anderem Trends der Popkultur: Mitte der 1960er Jahre hielten verstärkt
exotische Elemente in die Rockmusik Einzug – eine Folge der zunehmenden
Migration. Buchner war begeistert von diesen exotischen Klängen, weil sie völlig neu
für ihn waren. Die indische Kultur hatte über Großbritannien den Weg zu ihm
gefunden. In den 1970er Jahren reiste er nach Sri-Lanka und kaufte sich dort eine
Sitar und Tablas. Er ließ sich von Einheimischen am Strand oder auf dem
Hotelzimmer in Grundzügen die Spieltechnik zeigen. Um den traditionellen Stil zu
erlernen, fehlte ihm aber die Motivation (Beyer 15.06.2011).
Ende des Jahrzehnts begann „die große Ära der Open-Air-Festivals“: Mit seiner
damaligen Freundin Ulrike Böglmüller besuchte Buchner zahlreiche Freiluftkonzerte.
Er war damals laut eigener Aussage 36 Jahre alt (Buchner 2002, 08:10). Dort sah er
unter anderem die Krautrock-Gruppen „Amon Düül“ und „Embryo“ (Barto
05.10.1998, S. 6). Sie entstanden Ende der 60er Jahr im Umfeld der Münchner
Studentenkommunen und gehörten zum Kern der Hippie-Bewegung.
Auch Buchner selbst und seine Freundin waren in den 1970er Jahren Hippies. Sie
trugen lange Haare und bunte Kleidung und solidarisierten sich dadurch mit der
Außenseiter-Kultur (Schmidbauer et al. 20.05.2004, 22:12).
- 21 -
Amon Düül verwendeten auf der Bühne oft Kongas (Barto 05.10.1998, S. 6). Einige
Besucher der Open Airs imitierten das: Sie brachten ihre eigenen Kongas mit und
spielten in den Pausen darauf (Winkler 2011, S. 16). Dadurch begann Buchner, sich
wieder für das Musikmachen zu interessieren. Er legte sich drei große Kongas zu, um
auf Festivals zu trommeln (Buchner 2002, 08:10).
2.1.2.5. ZUSAMMENFASSUNG
UND
EINORDNUNG
IN DAS
MODELL „PATCHWORK-
IDENTITÄT“
Buchners erneutes Interesse am Musizieren leitete eine Entwicklung ein, die zur
Gründung der Band Haindling führte. Fast alle wesentlichen Erfahrungen, die er
später in seiner Musik ausdrückte, hatte er zu diesem Zeitpunkt schon gemacht.
Seit seiner Kindheit kannte er die dörfliche Wirtshausmusik. Auch in klassischer
Musik war er bewandert, lehnte sie aber ab. Die angloamerikanische Popmusik hatte
er im Kloster kennengelernt und verfolgte die aktuellen Entwicklungen über die
Medien. Sein Interesse an nicht-europäischen Musiken war durch Bekanntschaften
mit Migranten, Trends der Popmusik in den 60er und Fernreisen entstanden.
Sein ganzes Leben hat Buchner in Niederbayern verbracht. Obwohl er immer wieder
über den Tellerrand schaute, scheint er dort sehr stark verwurzelt zu sein. Seit seiner
Kindheit ist die bayerische Kultur ein wesentlicher, tief sitzender Teil seiner Identität.
Dennoch war er von Anfang an außergewöhnlich, weil seine Mutter aus Berlin
stammte. Seit er sich im Internat nicht einordnen konnte, wurde es Teil seiner
Identität, ein Außenseiter zu sein: Zunächst als Halbstarker amerikanischer Prägung,
dann als Hippie und Künstler. Mit der bürgerlichen Gesellschaft arrangierte er sich in
ausreichendem Maße, um seinen finanziellen Wohlstand zu sichern.
Amerikanische Musik war für ihn ein Mittel um sich abzugrenzen. Der Jazz bedeutete
Freiheit und kreativen Umgang mit Musik, während das klassische Klavierspiel sich
streng nach den Regeln der Notenschrift zu richten hatte. Damit symbolisierte es die
einengenden, altdeutschen Disziplin-Ideale der erzkonservativen Klosterwelt, aus der
Buchner ausbrechen wollte.
Als Außenseiter verhielt er sich solidarisch mit anderen Personen, die am Rande der
Gesellschaft standen. Dadurch erklären sich wohl zum Teil seine intensiven Kontakte
zu Migranten. Durch seine Mutter war Buchner selbst in gewisser Weise ein
Migrantenkind. Dass die Globalisierung Buchner Fremdes nach Hause brachte, führte
dazu, dass er selbst zu reisen begann.
- 22 -
Den scheinbare Widerspruch zwischen Weltoffenheit und Heimatbewusstsein löst
Buchner durch Überlappung auf: Er ist zwar Niederbayer, als solcher aber auch
gesellschaftlicher Außenseiter. Damit hängt wiederum seine Solidarität mit Migranten
und seine Weltoffenheit zusammen.
Insgesamt
ergibt
sich
ein
Patchwork
von
teils
widersprüchlichen
Erfahrungsfragmenten, die durch Überlappung in Einklang gebracht werden. Das
Model von Keupp et al. lässt sich problemlos anwenden.
Meiner These nach war der zusammengesetzte Charakter von Buchners Identität ein
wesentlicher Faktor bei der Entstehung seines Personalstils. Die Identitätsbausteine
entsprechen bestimmten Musiken, die Buchner positioniert haben und durch die er
sich positioniert hat: Durch Umgang mit dörflicher Wirthauskultur und –musik
entstand seine niederbayerische Identität, mit dem Jazz lebte er seine Außenseiterrolle
aus und das Interesse für exotische Musiken war unter anderem Ausdruck seiner
Weltoffenheit.
- 23 -
2.1.3.
RAHMENBEDINGUNGEN
FÜR
DIE
ENTSTEHUNG
VON
BUCHNERS
PERSONALSTIL
2.1.3.1. IDEELE RAHMENBEDINGUNGEN - WUNSCH
NACH
INNOVATION
UND
INDIVIDUALITÄT
Buchners Patchwork-Identität erklärt nicht, wieso er begonnen hat, Stile zu
vermischen. Er hätte auch die Option gehabt, nebeneinander in mehreren Bands
verschiedene
Musiken
zu
spielen.
Damit
hätte
er
seine
verschiedenen
Identitätsfacetten nacheinander anstatt gleichzeitig ausleben können. Es fragt sich
also: Warum begann er zu mischen?
Hans-Jürgen Buchner hat in Interviews immer wieder seinen Wunsch nach
musikalischer Innovation betont (Vgl. Barto 05.10.1998, S. 6). In der Sendung
„Nachtlinie“
kritisierte
er
2009
die
Einfallslosigkeit
amerikanischer
Pop-
Produktionen, die im Formatradio gespielt werden (Vgl. Bönte, Riermeier
10.09.2009, 19:37). Als positives Beispiel nannte er den Zündfunk auf Bayern 2, eine
wichtige Anlaufstelle für die Independent-Szene im Freistaat (Ebd., 01:26).
Der Wunsch nach Innovation ist gekoppelt an Buchners Bedürfnis nach Individualität.
Er sucht nach dem Besonderen, um sich abzugrenzen: „I war immer scho dro
interessiert aa in am Plattengschäft, dass i ma Plattn kauf, die halt a Normaler ned
kauft. [...] Die Masse hat einfach an Gschmack, über den i weit hinaus bin. Und drum
interessiert mi des ned.“7 (Beyer 15.06.2011)
Umso mehr verwundert es, dass Buchner als Vorbilder Musiker nennt, die weltweite
Bekanntheit erreicht haben: Die Psychedelic Folk-Band The Incredible String Band
oder die angloamerikanischen Singer-Songwriter Elton John, James Taylor, Randy
Newman und Joni Mitchell; sogar The Beatles und Pink Floyd (Vgl. Buchner 2002,
20:10; Winkler 2011, S. 17; Barto 05.10.1998, S. 6). Buchner hörte wohl größtenteils
Bands, die zwar einer breiten Öffentlichkeit bekannt waren, aber als progressiv galten.
Auch sein Interesse für Musik aus anderen Ländern hängt mit dem Wunsch nach
Innovativität zusammen: „I hab halt gfundn, dass ma in fremden Kulturen sich besser
irgendwas neu's rausfinden ko, [...] was de Welt no ned so kennt, als im üblichen
Chart-Radio.“8 (Beyer 15.06.2011)
Als Buchner wieder zu musizieren begann, kam es für ihn generell nicht in Frage,
einen vorhandenen Musikstil zu imitieren. Das wäre einerseits nicht innovativ
gewesen und andererseits hätte er sich damit in eine Gruppe eingeordnet, anstatt seine
Individualität zu betonen. Es gefiel ihm nicht, „immer auf gekaufte Schallplatten und
- 24 -
Kassetten angewiesen zu sein. Gerade beim Autofahren wollte [er] gern [seine] eigene
Musik hören.“ (Keglmaier 2005, S. 255) Das Musik-Angebot drückte für ihn nicht in
ausreichendem Maße seine Identität aus.
Buchner beschloß, diesen Mangel durch Selbstgemachtes zu beheben. Diese „Do-ItYourself“-Einstellung hat ihm seine Mutter als Kind vermittelt (Vgl. Schmidbauer et
al. 20.05.2004, 08:18).
Er versuchte Anfang der 1980er Jahre zwei Mal in Straubing eine Band zu gründen,
doch alle Projekte scheiterten, weil er sich mit den Mitmusikern nicht einigen konnte.
„Ja, die wollten auch richtiggehend Jimi Hendrix imitieren. Das paßte mir aber
nicht, weil ich meinen eigenen Klang machen wollte, den ich nirgends hörte,
den ich aber vermißte und den ich in mir getragen habe: Das wollte ich
machen.“ (Barto 05.10.1998, S. 7)
Da Buchner seine eigene Identität mit seiner Musik ausdrücken wollte, passte es ihm
nicht ins Konzept, wenn andere Musiker ihre Identität einbrachten oder den
Personalstil eines anderen imitierten.
Buchners musikalisches Konzept entsprach nicht dem Zeitgeist seiner unmittelbaren
Umgebung. Das Postmoderne „anything goes“ war scheinbar in Straubing noch nicht
angekommen.
2.1.3.2.
MATERIELLE RAHMENBEDINGUNGEN -
MEHRSPURAUFNAHME
UND
INSTRUMENTENSAMMELN
Buchner löste das Band-Problem schließlich, indem er seine Musik alleine im
Multitrackingverfahren aufnahm (Vgl. Barto 29.12.1992, 15:10). Zahlreiche günstige
Umstände trafen zusammen und führten dazu, dass er auf diese Idee kam und sie auch
umsetzten konnte.
Da seine Keramikwerkstatt gut lief, hatte Buchner die finanziellen Resourcen, um in
sein Hobby Musik zu investieren. Neben der Arbeit hatte er genug Freizeit, um zu
üben.
Nachdem durch das Kongaspielen sein Interesse an Musik wieder geweckt war, hatte
er begonnen, Instrumente zu sammeln und selbst zu bauen. Damit erfüllte er sich
einen Jugendtraum: Im Internat hatte er aus Musikkatalogen Bilder von Instrumenten
ausgeschnitten und in ein Büchlein eingeklebt (Winkler 2011, S. 16). Heute besitzt er
- 25 -
nach eigener Aussage ungefähr 150 Quadratmeter Musikinstrumente aus vielen
Regionen der Welt (Vgl. Reuß, Toepsch, 28.12.2009, S. 3).
Die Mehrspuraufnahmetechnik war in den 1970er Jahren auch für Privatpersonen
verfügbar geworden. Zwar hatte Karl-Heinz Stockhausen schon in den 1950er Jahren
avantgardistische elektronische Musik mit Mehrspurtonbandgeräten aufgenommen. In
der Popmusik war diese Technik aber erst durch das Beatles Album „Sgt. Pepper's
Lonely Hearts Club Band“ von 1968 bekannt geworden. Der erste erfolgreiche
Einzelkomponist in diesem Kontext war Mike Oldfield, der 1973 sein Album
„Tubular Bells“ größtenteils alleine einspielte. 1979 wurde die Mehrspurtechnik mit
dem Teac/Tascam Portastudio 144 auch für Privatpersonen verfügbar.
Buchner nahm sich Mike Oldfield zum Vorbild und begann bei sich zuhause mit einer
Zweispur-Bandmaschine zu experimentieren (Vgl. Buchner 2002, 20:10, Barto
29.12.1992, 15:10). Die Praxis des Homerecording war damals gerade erst im
entstehen. Buchner war der erste Musiker in Bayern, der auf diese Art produzierte und
damit bekannt wurde. Heute ist vor allem in der Independent-Szene das
Homerecording auf Laptops gebräuchlich. Bald schaffte Buchner ein Vier-Spur-Gerät
an, dass seine Möglichkeiten erheblich vergrößerte (Vgl. Ebd.). Sein Konzept war
damals:
„Erste Spur: Klavier. Zweite Spur: Mini-Moog – das war das erste Keyboard,
also der erste Synthesizer, der auch heute noch unerreicht ist, weil er seinen
eigenen, ganz speziellen Klang hat. Dritte Spur: Tenorhorn. Vierte Spur:
Gesang. So ist quasi die Haindling-Musik entstanden.“ (Barto 05.10.1998, S.
7)
Es war nicht Buchners Absicht, bewusst einen musikalischen Hybrid zu schaffen, wie
er mir im Interview erzählte (Vgl. Beyer 15.06.2011). Dennoch spiegeln die
Instrumente sein Interesse an verschiedenen Musikstilen wieder: Randy Newman und
Elton John haben zum Beispiel sein Klavierspiel beeinflusst (Vgl. Ebd.). Den
Minimoog setzte in den 1970er Jahren die Progressive Rock-Gruppe Pink Floyd ein,
die Buchner gerne hörte. Das Tenorhorn sollte die „bayerischen Elemente mit
einfließen“ lassen (Sauer, Rösinger 14.02.2002, 11:21). Ein Auftritt von Fredl Fesl
und den Mehlprimeln in Straubing hatte Buchners Faszination für dieses Instrument
ausgelöst (Barto 05.10.1998, S. 6). Für seinen rauhen Gesangsstil hatte er sich vom
- 26 -
irischen Rocksänger Kevin Coyne inspirieren lassen, den er auch bei einem Konzert
in Wien persönlich kennenlernte (Ebd., S. 8, Winkler 2011, S. 18).
Dass diese Einflüsse so leicht verfügbar waren, setzt ein erhebliches Maß an Mobilität
von Informationen und Personen vorraus: Auch ohne in einer Metropole zu wohnen,
hatte Buchner Zugang zu internationalen Künstlern.
Weil diese Einflüsse in seinem Leben waren und weil er damit ganz selbstverständlich
Teile seiner Identität ausdrückte war es für Buchner ebenso selbstverständlich, sie
zusammenzufügen. Um zu beurteilen, ob die dabei entstandene Musik als Hybrid
angesehen kann, ist es nötig dieses Konzept zu definieren.
2.2. HYBRIDITÄT IN HANS-JÜRGEN BUCHNERS MUSIK
2.2.1. THEORIE-REFLEKTION: HYBRIDITÄT
Bisher habe ich den Begriff „Hybrid“ im Sinne einer Kombination oder Vermischung
heterogener Elemente in einem Musikstück verwendet. Diese Definition ist aber nicht
voraussetzungslos. Obwohl sie ein Vermischungsphänomen beschreibt, lässt sie sich
essentialistisch lesen. Ein Hybrid wäre demach etwas, das zusammengesetzt ist aus
verschiedenen „reinen“ Komponenten.
Der Musikethnologe Max Baumann argumentiert dagegen, dass es keine klar
abgrenzbaren Musikstile gebe. Was als „rein“ angesehen wird, ist für ihn immer eine
Setzung: Stildefinitionen sind Stilkonstruktionen (Vgl. 2006, S. 106). Solche
Setzungen laufen Gefahr, außer acht zu lassen, dass vermeintliche reine Elemente
selbst Ergebnis eines Entwicklungsprozesses sind (Vgl. Taylor 2007, S. 153).
Die formalistische Typologie musikalischer Hybride des Soziologen Wolfgang
Holzinger schlägt in die selbe Kerbe. Gemäß seiner Modellvorstellung ist nicht
Hybridität als solche, sondern ihre Wahrnehmung entscheidend (2002, S. 267), da
Stilvorstellungen nicht dem Werk innenwohnen:
„In this sense, a certain style is simply another notion for a distinct genre or
sub-genre (Musikrichtung) and 'formula' a synonym for the meter, rhythm,
melody and harmony by which an established class of music - e.g. the Old
Flamenco, original Tango, a certain Jazz-genre, etc. - appears as something
unique and distinguishable.“ (Ebd., S. 268)
- 27 -
Das entscheidende Wort ist „appears“: Ein bestimmter Stil erscheint aufgrund
bestimmter Formalen einzigartig und unterscheidbar. Dadurch, dass bestimmte
musikalische oder auch außermusikalische Merkmale hervorgehoben werden, in
denen mehrere Musikstücke übereinstimmen, können diese Stücke dem selben Stil
zugeordnet werden. Den hervorgehobenen Merkmalen wird dabei eine Bedeutung
zugewiesen. Sie werden zum Beweis dafür, dass ein Musikstück einem bestimmten
Stil zugehört.
Rezipitenten ordnen Musiken abhängig von ihren kognitiven Konzepten in
Stilkategorien ein. Da diese Vorstellungen sich stark unterscheiden, kann das selbe
Stück von verschiedenen Personen als Hybrid und als Nicht-Hybrid wahrgenommen
werden (Vgl. Ebd., S. 272).
Holzinger erklärt nicht genau, wie Stilvorstellungen entstehen. Zwar scheint er
Experten die Deutungshoheit zuzusprechen – sie entscheiden, ob ein Stück ein Hybrid
ist oder nicht. Auch beschreibt er das strukturelle Verständnis von Musik als sozialen
kognitiven Prozess (Ebd., S. 266). Er legt aber nicht dar, wie das Wissen von den
Experten in die Gesellschaft gelangt.
Ein anderes Modell verspricht mehr Aufschluss: Der Sprachwissenschaftler Edward
Larkey wählt in seinem Buch „Pungent sounds - Constructing identity with popular
music in Austria“ das Konzept „Tradition“, um das Verhältnis zwischen Musikstilen
und Gesellschaft zu beschreiben. Er wählt diesen Begriff, weil es ihm vor allem um
die Konstruktion symbolischer Grenzen in Nationalstaaten geht. Bei der
Untersuchung dieser gesellschaftlichen Vorgänge ist Tradition ein gerne verwendetes
Konzept, um die Aushandung von Bedeutungen zu erfassen. Auch lassen sich damit
Ausgleichprozesse zwischen faktischer kultureller Vielfalt und gewünschter
Homogenität in einem Nationalstaat erfassen.
Relevant für diese Untersuchung ist Larkeys Modell, weil sich die gesellschaftlichen
Aspekte von Musikstilen damit beschreiben lassen. Innerhalb einer Nation finden
zwischen verschiedenen Gruppen Konflikte um die Aushandlung von Bedeutungen
und Symbolen statt. Mehrere Traditionen existieren gleichzeitig. Sie lassen sich
verstehen als „symbolic or cultural alliance of different groups“ (1993, S. 4).
Musikstile sind Bestandteile dieser Traditionen. Sie sind Symbolsysteme, die von
Gruppen oder ganzen Gesellschaften geteilt werden.
Das ist kompatibel mit der oben dargestellten Theorie von Simon Frith, gemäß der
soziale Gruppen ihre Identität mit Musik ausleben. Larkey formuliert ähnlich: „The
- 28 -
social nature of tradition is evident in that people employ cultural artifacts, symbols
and meanings to establish boundaries and identities between themselves and with
others.“ (Ebd., S. 4)
Publikum, Musiker, Vertreter von Plattenfirmen und - wie ich hinzufügen würde Journalisten nehmen an dieser Aushandlung von Identitäten und Bedeutungen teil. Im
Bereich der Popmusik ist der Markt ein ganz wesentliches Feld, in dem Elemente
ausgewählt werden, aus denen Traditionen entstehen (Ebd., S. 5)..
Wolfgang Holzinger geht also in seiner Typologie von einem veralteten Modell aus:
Früher mag es eine intellektuelle Elite gegeben haben, die für sich die Deutungshoheit
in der Bewertung von Traditionen reklamierte und das auch gesellschaftlich
durchsetzen konnte. Heute ist der Musikmarkt als großer Konkurrent um die
Deutungshoheit in diesem Bereich hinzugetreten. In der Medienindustrie ist eine
erhebliche Anzahl von cultural mediators entstanden, die um die Deutungshoheit
konkurrieren (Ebd.).
Larkey unterscheidet drei verschiedene Arten, wie musikalische Traditionen sich im
Zeitverlauf entwickeln können: „Transplanted traditions“ werden von einem Ort an
einen anderen exportiert. Beispielsweise gibt es in Deutschland Bands, die
amerikanischen Country nachspielen. „Transformed traditions“ sind vor Ort
entstanden und haben sich im Laufe der Zeit vor Ort verändert und entwickelt, zum
Beispiel der deutsche Schlager. Besonders relevant für diese Untersuchung sind die
„Transcultural [traditions]“. Sie kombinieren oder vermischen Elemente von
örtlichen und international verbreiteten Musikstilen (Ebd, S. 6-7).
Wenn ein Stück als Hybrid wahrgenommen wird, hängt das damit zusammen, dass es
Elemente mischt, die gemäß den gängigen Symbolsystemen unterschiedlich verortet
sind.
Für diese territoriale Codierung von Musiken nennt Andreas Gebesmair in seinem
Buch „Die Fabrikation globaler Vielfalt“ (2008) mehrere Kriterien: Die Sprache des
Songtextes, strukturelle Kriterien (z.B. Sambarhythmus, Ragas) und Instrumentierung
(z.B. Surdo, Sitar) (2008, S. 181-182)
John O’Flynn hat sich in seinem Buch „The Irishness of Irish Music“ (2009) ebenfalls
mit der symbolischen Territorialisierung von Musik beschäftigt. Viele seiner
Kategorien überschneiden sich mit denen Gebesmairs. Er führt jedoch auch eine
Kategorie ein, die er „Cultural Irishness and music“ nennt. Darunter versteht er neben
anderen Aspekten auch, dass Musik durch inhaltliche Bezüge zu den Bräuchen,
- 29 -
Traditionen und Erzählungen eines Landes verortet werden kann (O'Flynn 2009, S.
21).
Auf Basis dieser Vorüberlegungen sollen nun konkrete Haindling-Songs auf ihre
Hybridität untersucht werden. Dabei geht es auch darum, wie Buchners Identität in
Beziehung zur Hybridität seiner Musikstücke steht.
Zunächst untersuche ich, wie die Musik von Haindling von cultural mediators in die
bestehenden Symbolsysteme eingeordnet wird. Wenn meine Hypothese zutrifft, dass
Buchner seine zusammengesetzte Identität sich in der Hybridität seiner Songs zeigt,
müsste dieser Charakter seiner Musik auch im öffentlichen Diskurs eine Rolle spielen.
Da Journalisten eine wichtige Gruppe von cultural mediators sind und Zeitungen ein
leicht auszuwertender Quellentyp sind, untersuche ich zu diesem Zweck die
Berichterstattung über Haindling in großen deutschen Tageszeitungen.
Im zweiten Schritt gilt es dann, den Bezug zwischen den Elementen von Hans-Jürgen
Buchners Musik und den zugehörigen Traditionen herzustellen. Wie ich bereits
nachgewiesen habe, hat er im Laufe seines Lebens an einer Reihe von musikalischen
Traditionen teilgenommen. Der Komponist selbst soll mit seinen Vorstellungen zu
Wort kommen, ohne dass ihm allerdings die Deutungshoheit über die eigenen Stücke
überlassen würde. Stattdessen berufe ich mich auf meine eigenen Kenntnisse von
Stilen als gesellschaftlich geteilte Symbolsysteme.
2.2.2. REZEPTION IN DEUTSCHEN TAGESZEITUNGEN
Um die Rezeption von Buchners Musik in deutschen Tageszeitungen zu untersuchen,
habe ich das Online-Archiv der Süddeutschen Zeitung ausgewertet. Sie ist die größte
deutsche Tageszeitung und in Bayern ansässig, wo Buchner am meisten Publikum
hat. Das Archiv umfasst die Ausgaben Deutschland, Bayern und München mit den
Landkreisausgaben
ab
1992.
Da
Buchner
bereits
seit
1982
mit
seinen
Musikproduktionen in der Presse aufgetaucht sein muss, habe ich mich bemüht,
zumindest stichprobenartiges Material aus dieser Zeit ausfindig zu machen. Die
Online-Datenbank
„Zeitungsindex“
und
eine
Anschlussrecherche
in
den
Onlinearchiven verschiedener Tageszeitungen erbrachte 17 Treffer bei folgenden
großen deutschen Blättern: Der Spiegel, Die Welt, Die Zeit, Frankfurter Allgemeine,
Frankfurter Rundschau und Süddeutsche Zeitung.
Da ich über 100 Artikel ermittelt hatte, beschloss ich, die Auswertung auf die
besonders geeigneten Berichterstattungstypen Konzertbericht und Porträt zu
- 30 -
beschränken. Plattenkritiken wären ebenfalls in Frage gekommen, sie lagen aber nicht
in ausreichendem Maße vor. Ingesamt wurden 45 Artikel aus den Jahren 1984 bis
2010 ausgewertet.
Die Untersuchung erbrachte folgende Ergebnisse:
•
23 Artikel bezeichnen die Musik von Haindling ausdrücklich oder implizit als
Stilmischung9
•
Alle Artikel verwendeten mehr als einen Genrebegriff, um Buchners Musik zu
beschreiben.
•
Die verwendeten Genrebegriffe lassen sich grob den Kategorien Volksmusik,
Rockmusik, Popmusik und Weltmusik zuordnen.
•
Im Bereich Volksmusik lauteten die gefundenen Begriffe: Bettlmusi (1x)10,
Landler (3x)11, Hausmusik (4x)12, Blasmusik (6x)13, Volkstümlich (6x)14, Folklore
(8x)15, und Volksmusik (17x)16. Dem Bereich Rock habe ich die Unterkategorien
Punk (2x)17 und Rock (24x)18 zugeordnet. Die Kategorie Pop wurde teils ohne
territoriale Kodierung verwendet (8x)19. Meist bezogen sich die Bezeichnungen
aber auf Traditionen, deren Ursprung klar zu lokalisieren ist: Neue Deutsche
Welle (7x)20 und Schlager (8x)21 gehören zur deutschsprachigen Popmusik, Soul
(1x)22, Blues (1x)23, Rap (2x)24, Reggae (8x)25, Funk (8x)26 und Jazz (15x)27 mit
Swing (5x)28 bezeichnen angloamerikanische Stil. Ein Artikel verwendete sogar
„Chanson“29. Die Begriffe Weltmusik, Ethno-Pop und Umschreibungen davon
tauchten 16 Mal auf30. Eher selten verwendet wurde „Avantgarde“ (2x)31.
•
Häufig brachten die Journalisten Buchners Musik mit fremden Ländern in
Verbindung. Der Überbegriff „exotisch“ taucht 14 Mal auf32, das Synonym
fremdländisch zwei Mal33. Oft beziehen sich die verwendeten Worte in
generalisierender Weise auf außereuropäische Kontinente: „afrikanisch“ (21x)34,
„asiatisch“ (9x)35 (dazu kommen die präziseren Begriffe „chinesisch“ (6x)36 und
„balinesisch“ (2x)37) „südamerikanisch“ (1x)38 und „arabisch“ (1x)39. Damit sind
die Hauptgebiete benannt, die Europäer im allgemeinen als „exotisch“ empfinden.
Vier mal taucht aber auch die Bezeichnung „amerikanisch“ auf40.
•
Tendenziell wurde Buchners Musik in den 80er Jahren als Mischung aus
Volksmusik, bayerischen Texten und Rockmusik gesehen. Erst in den 1990er
Jahren rücken außereuropäische Elemente mehr in den Vordergrund. Das
- 31 -
verwundert nicht, wurde Weltmusik doch erst Ende der 1980er Jahre zum
gebräuchlichen Marketingbegriff. Auch die stilische Entwicklung von Buchners
Musik könnte eine Rolle gespielt haben. Aus Platzgründen kann darauf nicht
näher eingegangen werden.
Journalisten bescheinigen Buchners Musik eine große stilistische Vielfalt. Sie hören
bayerische Volksmusik, amerikanische Rock-, Pop- und Jazzmusik und nicht genau
einem Stil zuordenbare exotische Einflüsse. Diese Stile finden nicht nur
nebeneinander statt, sondern vermischen sich, wie die Journalisten mehrfach
beschreiben.
2.2.3. ANALYSE AUSGEWÄHLTER STÜCKE
Buchner selbst erzählte mir im Interview, dass er nicht bewusst versucht,
musikalische Hybride zu schaffen:
„Mi interessiert des ned, dass i jetzad a oids Volksstückl neu auf... sondern des
muass für mi entweder was Blödsinniges habn oder was Lustigs habn, dass i
des deswegn mach.“41 (Beyer 15.06.2011)
Einige seiner Stücke, wie zum Beispiel den „Hoidzscheidl-Rap“ nimmt er aber selbst
auch als Hybrid wahr (Ebd.).
Um Missverständnissen vorzubeugen, möchte ich vorausschicken, dass bei weitem
nicht alle Songs von Hans-Jürgen Buchner Elemente verschiedener Musiken
vermischen. Buchners größte Hits „Lang scho nimmer gsehn“ und „Paula“ zum
Beispiel unterscheiden sich im wesentlichen durch den bayerischen Text von
angloamerikanischen Vorbildern. In Larkeys Terminologie gehören aber auch sie dem
Bereich der trancultural traditions an.
2.2.3.1. „ERZHERZOG JOHANN“ – VOLKSMUSIK-POP
Bereits Buchners erste Platte „Haindling 1“ (1982) enthielt ein Stück, das in
mehrfacher Hinsicht bayerisch codiert war und auch als Hybrid aus Volksmusik und
Rock wahrgenommen werden kann: „Erzherzog Johann“.
Als Vorlage diente Buchner das „Erzherzog Johann Lied“, auch bekannt als
„Steyrer’s Heimweh“. Es ist ein sentimentales österreichisches Heimatlied aus der
- 32 -
ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts (Brenner 1996, S. 9, 11). Buchner kannte das Lied
von seiner Mutter, die es gerne sang. Seine Version transformiert es auf mehreren
Ebenen und reichert es mit Rockelementen an. In einer frühen Fassung des Liedes aus
Ulrich Halbreiters „Sammlung auserwählter Gebirgslieder“ von 1839 lautet der Text
der ersten Strophe:
„Wo i geh‘ und steh‘ thut ma s‘Herz so weh‘
um mei Steyrermark ja glabt‘s ma‘s gwiß.
Wo des Büchserl knallt, u. da Gamsbock fallt,
u. mei lieba Herzog Johan is.“42 (Brenner 1996, S. 56)
Darauf folgt ein Jodler. Auch die restlichen fünf Strophen des Textes sind voll von
Jäger-Alpenromantik: Singende Sennerinnen, rauschende Flüsse im Tal, Felsenwand,
Steirergwand und der Erzherzog auf der Jagd. Die Symbolik steht in der Tradition
alpenländischer Heimatromantik.
In Buchners Version ist vom Originaltext nur der Anfang übrig geblieben: „Wo i geh
und steh, duad mia mei Herz so weh“ (Erzherzog Johann, 1982). Der Bezug zur
Heimatlied-Tradition ist anhand dieser einen Zeile leicht herzustellen. Buchner setzt
den Text aber anders fort:
„Wo i geh und steh,
duad mia mei Herz so weh,
Wenn i den Erzherzog Johann-Jodler hear!
Wo i geh und steh,
duad mia mei Herz so weh,
Weil i den Erzherzog Johann-Jodler nimma seh!“43 (Ebd.)
Er verändert den Liedtext nach seinen eigenen Vorstellungen. Wie ich später zeigen
werde, läd er ihn dabei subversiv mit einer neuen Bedeutung auf.
Auch musikalisch bezieht Buchner sich auf „Steyrer’s Heimweh“. Sein Song beginnt
mit einer Melodie, die einer späteren, nicht datierten Variante des Liedes ähnelt.
- 33 -
Notenbsp. 1: Vergleich von Melodievarianten des „Erzherzog Johann Lieds“ und dem Tenorhorn-Intro
von Buchners „Erzherzog Johann“
Erstes System: Melodie von „Steyrer’s Heimweh“, nach Ullrich Halbreiters „Sammlung auserwählter
Gebirgslieder“ von 1839, Artikulationbögen und Text entfernt, Original in E-Dur
Zweites System: Melodie von „Erzherzog Johann Lied“, Flugblatt aus Wien, Musikverlag Siegfried
Stanberg, Ohne Jahr, nur Oberstimme reproduziert, Original in C-Dur
Drittes System: Intro von „Erzherzog Johann“, transkribiert von Lorenz Beyer nach dem CD-Album
„Haindling 1“
Buchner spielt das Erzherzog Johann Lied einstimmig auf dem Tenorhorn. Die
Melodie hat er der Volksmusik-Tradition entnommen, auch wenn die blockhaften
Begleitakkorde nicht der Regelfall sind: Am Ende jeder Phrase unterbrechen
dreistimmige Akkorde in tiefer Lage den Fluß. Buchner hat sie im Overdub-Verfahren
ebenfalls mit dem Tenorhorn eingespielt.
Der Klang dieses Instruments ist für Buchner eindeutig bayerisch codiert (Sauer,
Rösinger 14.02.2002, 11:21). Der Journalist Michael Rieth sieht das ähnlich: Er
schreibt
von
„typischen
Blasinstrumente[n]
bajuwarischer
Volkstümelei“
(09.04.1987, S. 16).
Das kurze Zitat der Melodie des Erzherzog Johann Lieds blendet über in ein kurzes
Klavierintro in der Paralleltonart g-moll. Die Figuration des Klavierspiels ist
eindeutig der zeitgenössischen Popmusik zuzuordnen.
Der Moogsynthesizer als Bass, Synthesizer-Streicherflächen und das Schlagzeug
treten hinzu: Die Instrumentierung und die sterile Produktion sind klar dem
Synthiepop der 1980er Jahre verpflichtet.
Buchners Stimme klingt laut, heiser und teils brüchig. Sein Gesang ist nicht schön,
aber ausdrucksvoll. Buchner grenzt sich damit vom Wohlklang der volkstümlichen
- 34 -
Musik ab und ordnet sich der Rockszene zu. Als Vorbild für diese frühe Zeit nennt er
den irischen Rocksänger Kevin Coyne (Barto 30.12.1992, 05:18).
Im A-Teil des Stückes rezitiert Buchner nun die abgewandelte Version des
„Erzherzog Johann Lied“-Textes. Seine Melodie unterscheidet sich deutlich von der
Vorlage: Andere Tonart, anderes Tongeschlecht und anderes Metrum. Bei genauem
Hinhören fallen dennoch Ähnlichkeiten in Rhythmik, in Textdeklamation und Kontur
der Melodie auf.
Notenbsp. 2:
Erstes System: Melodie von „Erzherzog Johann Lied“, Flugblatt aus Wien, Ohne Jahr, nur
Oberstimme reproduziert, Original in C-Dur
Zweites System: Gesangsmelodie im A-Teil von „Erzherzog Johann“, transkribiert von Lorenz Beyer
nach dem CD-Album „Haindling 1“
„Erzherzog Johann Lied“ steht im Dreiviertel-Takt, „Erzherzog Johann“ dagegen im
Vierviertel-Takt. In beiden Versionen beginnt der erste Takt mit „Geh und steh“ und
der zweite mit „Herz so weh“. Die punktierte Rhythmik der Vorlage wandelt Buchner
um, so dass bei ihm „steh“ und „weh“ ein Sechzehntel vor die zweite Zählzeit fallen.
Dieses
„Vorziehen“
von
Schwerpunkten
ist
typisch
für
Popmusik.
Bei
oberflächlichem Hören entsteht der Eindruck einer Entsprechung zwischen Buchners
Version und der Vorlage.
Die grobe Kontur der beiden Melodien ähnelt sich. Während „Erzherzog Johann
Lied“ allerdings eine dreiklangsbetonte Dur-Melodik hat, wie sie typisch für
- 35 -
alpenländische Volksmusik ist, umkreist die Gesangsmelodie in „Erzherzog Johann“
im wesentlichen die Töne d und c. Die überraschenden melodischen Wendungen am
Zeilenende entsprechen der unkonventionellen Harmonisierung.
In „Steirer’s Heimweh“ ist die Melodie mit einer klassischen Kadenz unterlegt: I-IVV-I mit Harmoniewechsel in jedem Takt. Die beiden viertaktigen Phrasen der
Melodie sind jeweils mit den selben Harmonien unterlegt.
Buchners Harmonik scheint zunächst in der Popmusik verwurzelt. Auf die erste Stufe
g-moll folgen die sechste Stufe Es-Dur und die siebte Stufe F-Dur. Gemäß der
üblichen Popformel müsste nun die Viertakt-Folge mit der ersten Stufe g-moll
abgeschlossen werden. Stattdessen passiert etwas eigenartiges: Buchner bricht sowohl
aus dem üblichen Viertakt-Schema als auch aus der gebräuchlichen Harmonik aus. Im
vierten Takt bringt er e-moll, zusammen mit einer schmerzlichen chromatischen
Wendung c-h-h bei „nimma seh“ in der Gesangsstimme. Text und Harmonik scheinen
einander zu entsprechen, auch wenn das in der Popmusik eigentlich nicht üblich ist.
Im fünften Takt „normalisiert“ Buchner den Ausrutscher wieder mit dem Wechsel zur
sechsten Stufe. Die zweite Phrase ist zwar viertaktig, die Harmonik ist aber ebenfalls
unkonventionell.
Der B-Teil enthält Jazz-Elemente: Der Gesangsrhythmus ist nun trenär, das Saxophon
spielt colla parte mit. Ungewöhnlich ist, dass Buchner am Ende des Teils zu
modulieren beginnt.
Der C-Teil bleibt harmonisch stehen auf g-moll. Der Nachschlag im Akkordeon
erinnert an die Polkabegleitung der Volksmusik. Außerdem spielt das Tenorhorn eine
Begleitmelodie, die zwar an sich schwer einem Stil zuzuordnen ist, durch die
Instrumentierung
aber
wieder
Richtung
Bayern
deutet.
Die
zupackende
Klavierbegleitung dagegen ist deutlich amerikanischer Popmusik verpflichtet und
wohl ein Relikt aus Buchners Boggie-Zeit.
Den Text des dritten Teils hat Buchner vermutlich einem traditionellen Lied
entnommen. „I bin fidel, bis dass‘ der Teifi hoid mei oame Seel! / I bin fidel,
Kreuzfidel.“44 (Erzherzog Johann 1982) scheint eine Abwandlung des Nachgesangs
von „A Rindviech“ zu sein: „I bin fidel, fidel, fidel den ganzen Tag, bis daß der
Teufel holt mei arme Seel.“ (Siehe Zacherl 1970, S. 2)
Die drei Teile werden nun nochmals mit geringfügigen Veränderungen wiederholt.
Bei der Form hat sich Buchner weder an den Standards der Pop- noch der Volksmusik
- 36 -
orientiert. Vielleicht hat er sich vom Progressive Rock beeinflussen lassen, wo solche
Formexperimente gang und gäbe sind.
Zusammenfassend lässt sich also festhalten: Der Song „Erzherzog Johann“ ist in
Bayern verortet durch die Sprache (bayerischer Dialekt), Textzitate aus VolksmusikStücken (Erzherzog Johann Lied, A Rindviech), den Inhalt des Textes (Erzherzog
Johann als Symbol österreichisch-bairischer Kultur), rhythmische Ähnlichkeiten in
der Textdeklamation, das Melodiezitat am Anfang (Erzherzog Johann Lied), die
Rhythmik
der
Begleitung
(Akkordeon-Nachschlag
im
C-Teil)
und
die
Instrumentierung (Tenorhorn, Akkordeon).
Die internationale Musiksprache der Popmusik tritt in Erscheinung durch den
Gesangsstil (Rauhe Rockstimme), die Rhythmik (vorgezogene Betonungen, trenäre
Rhythmik des Jazz, Rock-Schlagzeugrhythmen), die Textur der Begleitung
(Klavierfiguration ähnlich Elton John im A-Teil, Boogie-Reminiszenzen im C-Teil),
Instrumentierung (Klavier, Synthesizer, Schlagzeug) und Harmonik (z.B. i-vi-vii).
Es gibt aber auch einige Aspekte, die das Stück besonders machen und die Grenzen
des Stilüblichen sowohl im zeitgenössischen Pop der 1980er also auch in der
Volksmusik überschreiten: Vor allem Harmonik (z.B. E-Dur in einer g-moll-Passage,
ausgiebige Modulation am Ende des B-Teils) und Form (Intro, A, B, C, A, B, C).45
Die Elemente der verschiedenen Stile sind zwar erkennbar, aber Buchner hat sie sich
angeeignet, indem er sie nach eigenen Vorstellungen veränderte.
2.2.3.2. „DER KÖNIG KOMMT“ – BAYERISCHE WELTMUSIK
Neben bayerischen Elementen war auch fremdländisches von Anfang an Teil von
Buchners Musik46. In den Vordergrund traten diese Elemente aber erst Anfang der
90er Jahre auf dem Album „7“ (1991). Es enthält Buchners Paradestück in Sachen
Exotik: „Der König kommt“. Bei Live-Auftritten dient es der Band seit einigen Jahren
als Konzertopener.
Buchner antwortete auf die Frage, was er sich bei „Der König kommt“ gedacht habe:
„'Der König kommt'... hat ma oane aus Australien a CD mitbracht von de
Aborigines und da war des 'Jammer di Jammer' war drauf [sic!], was i da
entnommen hab. Weil des klingt so. Und de kurzn Hölzn tun de Aborigines
benützn, als Taktgeber. Des hab i bei uns aa no ned kennt. [...] Und daraus is
no des 'Der König kommt' entstanden, weil i an Film im Fernsehn gsehgn hab,
- 37 -
wo a afrikanischer König mit seine Blasinstrumente da einertragn wordn is.
[...] Hab i halt so irgendwie so Laute da eini gsprochn, de afrikanisch klingen,
aber doch ned afrikanisch san.“47 (Beyer 15.06.2011)
Buchners Aussagen ermöglichen es leider nicht, „Der König kommt“ mit seinen
Inspirationsquellen zu vergleichen. Es ging ihm wohl auch nicht darum, fremde Stile
zu imitieren. Er wollte Musik schaffen, die für westliche Hörer exotisch klingt (Ebd.).
Sein Song beinhaltet laut CD-Booklet folgende Instrumente, die aus unterschiedlichen
Musiktraditionen stammen: „antilopen-horn, kuh-horn, okarina, baß-klarinette, tabla,
afro-trommel, ceylon-trommel, besen-trommel, flirr- und klanghölzer, gestimmte
flaschen, stimme“ (Der König kommt 1991, Kleinschreibung im Original). Die Tabla
zum Beispiel wird in weiten Teilen Südasiens verwendet, unter anderem in der
indischen Hindustani Musik. Mit Afro-Trommel ist eine Djembe gemeint, die
traditionell in Westafrika gespielt wird. Die Bezeichnung Ceylon-Trommel deutet
darauf hin, dass Buchner dieses Instrument auf Sri Lanka erworben hat.
„Der König kommt“ dauert insgesamt 7:23 und lässt sich in vier Teile untergliedern.
Sie sind durch Textur, Rhythmik und Instrumentierung klar von einander abgrenzbar.
Das Stück beginnt mit einem Flirrholz-Dauerton, der während des A- und B-Teils
immer im Hintergrund präsent bleibt. Bei 0:07 setzen Tierhörner ein, die im 4/4Metrum ein zweitaktiges Pattern spielen, dass mit Überblasen zuerst in die ersten
beiden Obertöne endet. Die Hörner erzeugen Töne, die nicht der temperierten
Stimmung entsprechen. Buchner benutzt das als Effekt: Fremde Tonsysteme klingen
für westliche Ohren falsch und schräg, deshalb wirkt auch das Überblasen der
Antilopenhörner exotisch.
Notenbsp. 3: Tierhörne-Pattern im A-Teil von „Der König kommt“, Transskription LB,
Tonhöhenangaben gelten nur näherungsweise
Das Tierhornpattern wird etwas variiert, bevor bei 1:09 der A-Teil schließlich mit
einer Art schutzigem Akkord endet. Die Antilopenhörner spielen mehrere Obertöne
gleichzeitig und halten diese einige Sekunden lang aus. Dahinter steht eindeutig die
- 38 -
westliche Vorstellung eines Akkords, aber ohne dass die Tonhöhen der Hörner
harmonisch zusammenklingen.
Im B-Teil setzen nacheinander verschiedene Trommeln ein, beginnend bei 1:20 mit
einzelnen Schlägen auf Tabla und Djembe. Bei 1:28 beginnt ein mehrschichtiger
Trommelrhythmus im 4/4-Takt auf Tabla, Djembe und Ceylon-Trommel.
Notenbsp. 4: Kurzer Ausschnitt aus den Trommelrhythmen im B-Teil von „Der König kommt“,
Transskription LB
Erstes System: Ceylon-Trommel; untere Linie: Bass, obere Line: Tone; Zwischenraum: tieferer Bass
Zweites System: Djembe; untere Linie: Tone, obere Linie: Slap
Drittes System: Tabla
Die Anmutung von Polyrhythmik in diesen Trommelpatterns entspricht der
westlichen Klischeevorstellung von „afrikanischer“ Musik.
Bei 1:53 tritt klarer Gesang mit Nonsense-Silben hinzu. Er mäandert in langezogenen
Phrasen dahin, die in kirchentonalem h-moll stehen. Die große Sekund unter dem
Grundton trägt womöglich zum exotischen Charakter bei. Nach sieben Phrasen setzt
bei 3:36 wieder das aus dem A-Teil bekannte Tierhornpattern ein und mündet bei
3:44 erneut in einen Schlussakkord.
Der C-Teil beginnt mit außergewöhnlichen Klangfarben: Eine gutturale tiefe Stimme
spricht
Nonsense-Silben
abwechselnd
mit
hohem
Kreischen
und
kurzen
Gesangstönen. Bei 3:57 setzt ein neuer Rhythmus ein, diesmal gespielt auf den
gestimmten Flaschen. Das Tempo hat im Vergleich zum B-Teil zugenommen. Im
Hintergrund spielt die Okarina kurze vogelstimmenartige Phrasen.
Bei 4:20 passiert etwas eigenartiges: Die Nonsense-Silben klingen plötzlich vertraut.
Eine Stimme schreit im Hintergund: „Hollera, Hollera, Hollera“. Ähnliches bei 4:59:
„Da geh mer a, Da geh mer a, Da geh mer a dahi, Da geh mer a, Da geh mer a, Da geh
- 39 -
mer a damit.“ Auf bayerisch bedeutet diese Silbenreihe: „Da gehen wir auch dahin,
Da gehen wir auch da mit.“
Bei 5:06 beginnt schließlich ein Call and Response-Pattern: Buchner als Vorsänger
singt Nonsensesilben, nur das letzte Wort macht auf bayerisch Sinn. Ein bassiger
Männerchor antwortet dann, indem er abwechselnd mit dem Vorsänger dieses Wort
wiederholt:
Vorsänger: Kamerama Hasi
Chor: Hasi
Vorsänger: Hasi
Der Wechsel zwischen Chor und Vorsänger wiederholt sich fünf Mal. Dann beginnt
der ganze Zyklus mit einem anderen bayerischen Repetitionswort von vorne. Der
Reihe nach sind das: „Jeda“, „Omei“, „Scho no“ und „Dabei“. Der Teil endet bei 5:37
mit dem Zusammenklang zweier Stimmen, die nacheinander im Intervall einer großen
Sekund einsetzen.
Im D-Teil gibt die Baß-Klarinette den Rhythmus im schnellen 6/8-Takt vor, die durch
ihre Klangfarbe an ein Digeridoo erinnert. Bei 5:44 setzen Klanghölzer ein. In
mittlerer Lage beginnt ein Männerchor eine sequenzenreiche Melodie zu singen.
Wieder klingt der Gesangstext exotisch und bayerisch zugleich: „Jammer di Jammer,
ollerweil Jammer, die mog i ned“48.
Buchner hat sich dazu von der Musik der australischen Ureinwohner beeinflußen
lassen. Ob es sich dabei um Feldforschungsaufnahmen oder eine kommerziell
produzierte, exotische Weltmusik-CD handelt, ist seinen Interview-Aussagen nicht zu
entnehmen.
Den „Jammer di Jammer“-Gesang unterbrechen immer wieder kurze Interludes mit
Trommelrhythmen und Schreien, teils im Falsett, teils hoquetusartig abwechselnd.
Gesang und Interludes wechseln sich ingesamt sieben Mal ab, dabei steigert sich die
Musik immer mehr. Bei 7:07 endet die Gesangspassage.
Tierhörner setzen ein und spielen den selben 6/8-Rhythmus wie die Bassklarinette,
abwechselnd mit Überblasfiguren in jedem zweiten Takt. Der Song endet schließlich
in dem bereits bekannten schmutzigen Schlussakkord.
- 40 -
Notenbsp. 5: Grundpatterns im D-Teil von „Der König kommt“, Transskription LB
Zusammengefasst verwendet „Der König kommt“ folgende Elemente zur
Territorialisierung von Musik:
•
Sprache: Nonsense-Silben
•
Instrumentierung: Percussioninstrumente, Tierhörner und Stimme als Symbole der
Musik primitiver Völker, ungewöhnliche Gesangstimbres, einstimmige Chöre,
teilweise nicht-temperierte Stimmung.
•
Struktur: Borduntöne, geschichtete Trommelpatterns, kirchentonale Melodien,
Call and Response-Gesang, Sequenzen, Hoquetus-Gesang
Einige Elemente nennt auch Timothy Taylor in seinem Artikel „World Music in
Television Ads“ (2000): Nonsense-Silben, Chorgesang, Sequenzen, modale Melodien
und Bordunklänge (Taylor 2000, S. 162–163, 172). Dass sie sich auf keinen konreten
Ort beziehen, ist im Kontext kommerzieller Weltmusik beabsichtigt:
„This
lack of cultural and geographical specificity in these sounds is the point
[...]. ‚World music‘ to them [Anm. LB: the producers of music for tv ads] is
- 41 -
music that makes use of sounds from all over the nonwestern world, not music
from a particular nonwestern place that is lumped into the music industryconcocted term ‚world music.‘” (Taylor 2000, S. 163)
„Der König kommt“ passt in diese Schublade: Da die Nonsense-Silben zu keiner
wirklichen Sprache gehören, sind sie an keinen definierten Ort gebunden. Auch die
Herkunft der Instrumente ist unwichtig für den gewünschten Effekt. Das zeigt die
Verwendung von gestimmten Flaschen, die eigentlich alles andere als fremdländisch
sind.
Das Stück nimmt nicht tatsächlich fremde Musiktraditionen in sich auf. Es ist ein
Panakustikum von Musikelementen, die westliche Hörer mit dem Exotischen
assoziieren. Klänge können auch ohne konkreten Ort in den Kontext des Fremden
gestellt werden, denn wie der Phänomenologe Bernhard Waldenfels feststellt: Das
Fremde zeigt sich dadurch, dass es sich entzieht (Waldenfels 2006, S. 56).
Territorialisierung kann so zu Pseudo-Territorialisierung werden (Vgl. Gebesmaier
2008, S. 154).
Im Falle von Buchners Musik trifft das zu. Die Basis seiner Musiksprache bleiben
immer westliche Vorstellungen. Zum Beispiel basieren die Rhythmen in „Der König
kommt“ eindeutig auf westlichem Denken in Takten.
Der Song ist dennoch bemerkenswert, weil er das Fremde mit dem Eigenen
vermischt. In der Projektion des Ortlos-Fremden finden sich plötzlich Ähnlichkeiten
mit dem Eigenen. Exotische Nonsense-Silben werden zu bayerischen Wörtern, das
Nicht-Verstehen des Fremden schlägt in ein Verstehen um, obwohl dadurch der
Eindruck der Fremdartigkeit nicht aufgehoben wird. Dadurch findet eine Entgrenzung
statt: Buchner entdeckt das Exotische im Bayerischen und das Bayerische im
Exotischen. Die Sprache erscheint zu gleich fremd und eigen.
2.2.3.3. „ZWIEFACHER“ – VOLKSMUSIK UND EXOTIK
Noch offensichtlicher ist die Hybridisierung von Fremdem und Eigenem im Song
„Zwiefacher“, ebenfalls vom 1991er Album „7“. Buchner vermischt darin Elemente
der Weltmusik, Volksmusik und Popmusik.
Schon der Titel „Zwiefacher“ weist auf die prägnanten Volksmusikelemente hin:
Zwiefache sind eine Tanzform, die sich durch häufige Taktwechsel auszeichnet. In
- 42 -
der Volksmusikpflege und -forschung gilt sie als typisch für Buchners Heimat
Niederbayern (Schmidkunz et al. 1938, S. 384-385).
Buchner hat sich im Refrain seines Songs den Zwiefachen „Leutl müassts lustig sei“
zu eigen gemacht. Ich lege meiner Untersuchung eine Variante zu Grunde, die sich im
„Leibhaftigen Liederbuch“ von Walter Schmidkunz, Karl List und Wastl Fanderl
findet (Ebd.). Diese Veröffentlichung entfaltete im Zuge der Volksmusikpflege
großen Einfluß in Bayern. Der dort abgedruckte Text entspricht mit geringfügigen
Abweichungen dem von Buchners Song:
„leid, leid, leidl miaßts
lustig sei, lustig sei
deafts, deafts, deafts ned
so traurig sei, traurig sei
denn, denn, denn
mit der traurigkeit, traurigkeit
kimmt, kimmt, kimmt ma ned weit“49
(Zwiefacher 1991, Kleinschreibung im Original)
Zu diesem traditionellen Zitat hat Buchner noch wesentlich mehr Text hinzugedichtet.
Wie schon bei „Erzherzog Johann“ wandelt er so die Bedeutung der Vorlage um: Die
Aufforderung zu Lustigkeit im geselligen Rahmen wird bei Buchner zur Kritik am
sinnentleerten Nörgeln: „ollaweil schimpfa / und immer nur grantig sa / und dann ned
wissn warum.“50 (Ebd.)
Auch musikalisch ähneln sich „Zwiefacher“ und „Leutl müassts lustig sei“: Die
Blasmusik-Begleitung in Buchners Song scheint bei oberflächlichem Hören direkt der
Vorlage entnommen. Die Taktwechsel finden an den selben Stellen statt. Und die
Fraktur ähnelt traditionellen Begleitformen der bayerischen Volksmusik: Auf den
ersten Schlag eines Taktes spielt der Bass eine Viertelnote, gefolgt von einer oder
zwei Viertelnoten als akkordischem Nachschlag – je nach Taktart. Buchner spielt auf
die dritte Taktzeit häufig einen Basston im Stakkato, der einen Zug zur ersten Zählzeit
des nächsten Taktes erzeugt. Das ist in der bayerischen Blasmusik nicht unüblich,
Buchner setzt diesen Effekt aber ungewöhnlich häufig ein.
Schwerer wiegt jedoch, dass Buchner die Harmonik erheblich modifiziert hat. Im
„Leibhaftigen Liederbuch“ ist die Begleitung zwar nicht notiert, da die Melodie aber
- 43 -
zu einem guten Teil aus Dreiklangsbrechungen besteht, fällt es mir auf Basis meiner
Kenntnis der bayerischen Volksmusik nicht schwer, die zugehörigen Akkorde zu
erschließen. Ein Schema verdeutlicht die Unterschiede zwischen der traditionellen
Harmonisierung und dem Refrain von „Zwiefacher“.
Takt
1
2
3
4
5
L. L. I
I
I
V7 V7 V7 V7 V7 I
Hain. I
I
V
I
I
6
I
7
I
8
V
9
10 11 12 13 14 15 16 17 18 19
I
I
I
I
VI VI IV IV I
V7 V7 V7 V7 V7 I
V
V
I
I
V
I
Buchner hält sich im wesentlichen an die Hauptstufen und gruppiert diese nach
Mustern, wie sie in der bayerischen Volksmusik üblich sind. Die Ausweichung auf
den Mollakkord der VI. Stufe kommt allerdings für traditionelle Ohren unerwartet, so
wie Buchner sie bringt. Vielleicht schlägt hier seine musikalische Früherziehung
durch: In der Wiener Klassik würde man von einem Trugschluss sprechen.
In der Gesangsmelodie entspricht der Rhythmus von „Zwiefacher“ ganz der Vorlage.
Auch die Kontur ähnelt sich in den ersten zehn Takten: Keine Veränderung im ersten
und zweiten Takt, Absinken im dritten Takt (Bei Buchner im Wechsel vom zweiten
zum dritten Takt), Aufsteigen im vierten und fünften Takt, dann dasselbe noch
einmal. Diese ersten zehn Takte werden in „Leutl müassts lustig sei“ wiederholt.
Buchner variiert stattdessen; die Kontur stimmt nicht mehr überein.
In beiden Versionen sind die Melodien zweistimmig harmonisiert. Das könnte auf
einen Bezug zu traditioneller bayerischer Volksmusik hindeuten. Im „Leibhaftigen
Liederbuch“ dominieren wie in der Volksmusikpflege üblich Sexten (oder das
Umkehrintervall: Terzen). Buchners Fassung dagegen legt den Schwerpunkt auf
Quarten und Quinten. Die Harmonisierung ähnelt den Gesangssätzen der Beatles in
den 1960er Jahren.
Dazu tragen auch die Effekte bei, die auf der Gesangsspur liegen: Double Tracking
(typisch für 60er-Pop) und leichter Hall (typisch für Pop-Produktionen seit den
1960er-Jahren im Allgemeinen).
Auch die Instrumentierung der Begleitung lässt sich nicht eindeutig zuordnen: An
Volksmusik erinnert die Tuba als Bass. Der hohe, quäkende Klang der beiden
Tenorsaxophone
im
Nachschlag
ist
in
Bayern
allerdings
weder
in
der
Volksmusikpflege noch in Bierzeltkapellen üblich. Saxophone als Nachschlag finden
sich eher im amerikanischen Rock’n’Roll und Rhythm and Blues der 1950er Jahre.
- 44 -
Notenbsp. 6: Refrain des Haindling-Songs „Zwiefacher“, Transskription LB
- 45 -
- 46 -
Die Volksmusik ist bei Buchner durchdrungen von Elementen der Popmusik.
Besonders deutlich werden diese Einflüsse in anderen Songteilen hörbar durch
Instrumentierung mit Synthesizerflächen.
Exotisch-afrikanisch klingt der Song, weil Buchner fremd klingende Percussion
einsetzt. Das Booklet nennt „afro-trommel [Anm. LB: Djembe], indianer-trommel,
finderbecken“ (Zwiefacher 1991). Dem 2/4- und 3/4-Takt des Zwiefachen entspricht
jeweils ein bestimmtes Pattern, dass im Intro vorgestellt wird und sich durch das
ganze Stück zieht. In den Patterns ist zwar die erste Zählzeit betont, wie in der
Blasmusik-Begeleitung, der Rest unterscheidet sich jedoch stark. Die Percussion
betont die Double-Offbeats. Nach traditionellem europäischem Musikgefühl sind das
eigentlich unbetonte Achtel. Dadurch entsteht der Eindruck des Exotischen,
Afrikanischen. Die Rhythmuspatterns erinnern an die Lehrinhalte deutscher DjembeWorkshops (Siehe Franke, Konate 2001).
Buchner legt also in „Zwiefacher“ zwei Begleitschichten übereinander, die jeweils für
einen bestimmten Raum stehen: Blasmusik mit Zwiefacher-Begleitung für Bayern
und Percussion mit exotischen Trommelpatterns für Afrika.
Im Interview erzählte Buchner mir, das Stück sei aus dem Wunsch heraus enstanden,
mit einer afrikanischen Trommel einen Zwiefachen zu spielen. Der Rhythmus sei
allerdings nicht afrikanisch und er selbst höre auch kaum Musik von diesem
Kontinent (Beyer 15.06.2011).
Was für viele Zuhörer wie eine Mischung aus authentisch Afrikanischem und
authentisch Niederbayerischem klingen mag, ist eigentlich weder noch.
2.2.4. INTERKULTURELLE ANEIGNUNG VON MUSIK ALS PROBLEMFALL
Es liegt nicht in Buchners Interesse, traditionelle Stile zu imitieren. Er fand seinen
Stil, indem er sich aktive Merkmale von Musiken aneignete, mit denen er in Kontakt
kam. Dabei überschritt er die Grenzen traditioneller Stile. In der Diskussion um
Weltmusik wird das vielfach kritisch gesehen. Ob diese Vorwürfe in Buchners Fall
berechtigt sind, soll im folgenden Kapitel erörtert werden.
Zunächst gilt es zu klären, was unter Aneignung verstanden werden soll. Der
Phänomenologe Bernhard Waldenfels geht davon aus, dass jedes Seiende im Kosmos
nur durch Abgrenzung existieren kann (2006, S. 17). Das Eigene ist nur denkbar in
Unterscheidung vom Fremden, das Selbe in Unterscheidung vom Anderen. Diese
- 47 -
beiden Dimensionen des Identischen und Nicht-Identischen haben verschiedenen
Charakter: Das Andere ist kategorisierbar, das Fremde zeigt sich dadurch, dass es sich
entzieht. Es verliert diesen Charakter, sobald es zum Eigenen wird (Ebd., S. 20, 56
57). Das Aufgehen des Nicht-Identischen im Identischen ist die Aneignung.
Hans-Jürgen Buchner hat sich sowohl Elemente aus Musiken fremder Kulturen
angeeignet als auch Bestandteile von Musiken anderer Gruppen in der eigenen Kultur,
von denen er sich ideologisch unterschied. Das habe ich mit der Analyse von
ausgewählten Songs gezeigt.
Hier soll es vor allem um die Aneignung von kulturell Fremdem gehen. Nach eigener
Aussage lässt Buchner sich vor allem von fremden Rhythmen und Musikinstrumenten
inspirieren. In beiden Fällen modifiziert er seine Vorlagen: Die fremden Instrumente
spielt er nicht im traditionellen Stil und auch die Rhythmen verändert er beim
Komponieren gemäß seinem eigenen Musikgefühl (Vgl. Karl et al. 05.06.2004, 03:07,
Beyer 15.06.2011). Für ihn gelten nur die eigenen Regeln.
Diese Form des Umgangs mit fremden Kulturen hat auch Gegner. In der
ethnologischen Literatur über Weltmusik ist Aneignung ein negativ konotierter
Begriff. Es wird als problematisch empfunden, wenn eine Person ein Objekt aus
seinem ursprünglichen, fremden Referenzrahmen herauslöst und es in den eigenen ein
bettet.
Die Kritik daran beginnt schon im Grundsatz: Wer sich fremde Musik aneigne,
weigere sich an ihrer ursprünglichen Kultur teilzunehmen. Statt sich die „richtige“
Bedeutung der Musik aus dem kulturellen Kontext zu erschließen, weise er ihr auf
Basis des Referenzsystems seiner eigenen Kultur eine Bedeutung zu. Er werde der
Musik damit nicht gerecht (Vgl. Schatt 2004, S. 45).
Die durch Aneignung entstehende Harmonie sei nur scheinbar, denn sie beruhe auf
Missverständnissen. Auch bestehe die Gefahr, dass in der transkulturellen
Zusammenarbeit westliche Musikvorstellungen ganz selbstverständlich dominieren
(Vgl. Esch 2007, S. 8). Dasselbe Problem existiere auch auf finanzieller Ebene:
Musiker
aus
wirtschaftsstarken
Ländern
eigneten
sich
Klänge
aus
wirtschaftsschwachen an, bezahlten den lokalen Musikern dafür aber wenig oder
garnichts (Vgl. Phleps, Appen 2003, S. 173).
Die Musikethnologen problematisieren darüber hinaus verschiedene Rezeptionsmodi
des kulturell Fremden in westlichen Gesellschaften:
- 48 -
Das Fremde sei häufig nur interessant, weil es als neu empfunden werde. Dieses
Gefühl entstehe aber lediglich aus der Differenz, denn nur wer die Musik einer
anderen Kultur aus der Perspektive der eigenen Kultur betrachte, könne sie als
innovativ empfinden (Vgl. Schatt 2004, S. 39).
Auch die Brille des Exotismus ist demnach problematisch. Wie sich in Anlehnung an
eine Definition Jonathan Bellman (1998, S. xii) festhalten lässt, geht es hier vor allem
um Assoziationen mit dem Fremdländischen. Entscheident ist ein Eindruck der
Fremdheit, nicht die Reproduktion einer fremden Musiktradition. Daher können
bestimmte Musikelemente zum Symbol für einen Ort werden, die mit der dort
vorhandenen Musik nichts zu tun hat. Wie Martin Stokes (1994, S. 4–5) feststellt,
kann so ein falsches Bild von fremden Kulturen entstehen.
Hinter all diesen Kritikpunkten steht die Sorge, dass sich ungerechte Machtstrukturen
wiederholen
könnten.
In
der
Kolonialzeit
drückten
europäische
Nationen
selbstherrlich den unterworfenen Ländern ihre eigenen Vorstellungen auf. Deswegen
sehen Musikethnologen es heute so kritisch, wenn Europäer fremde Länder durch die
Brille ihrer eigenen Kultur betrachten.
Um diese negativen Effekte zu vermeiden, schlagen sie zwei Methoden im Umgang
mit fremden Kulturen vor: Studium und Dialog. Beide erfordern aber Zeit und
Aufwand und ermöglichen im Gegensatz zur Aneignung keine schnellen Ergebnisse
(Vgl. Kubik 2007, S. 30).
Hans-Jürgen
Buchner
deckt
beinahe
die
ganze
Palette
der
kritisierten
Bedeutungszuweisungen ab.
Fremde Musiken und Instrumente interessieren ihn vor allem, weil er sie als neu
empfindet (Beyer 15.06.2011). Die Aneignung fremder Musiken und die
Vermischung präexistenter Musikstile sieht er positiv, weil dadurch etwas Neues
entsteht (Keglmaier 2005, S. 255). Auch hat er nach eigener Aussage nicht den Ergeiz
und will auch nicht die Zeit aufwenden, ein fremdes Instrument im traditionellen Stil
zu lernen:
„Weil i jetz da koa missionarische Erfüllung drin sehg, dass i jetz mit dem
Volk da zamwachs und ‚jetz kimm i da als Europäer und möchte bei euch sei
und mech oana von eich werdn‘. Des will i ned. I bin i. Und mir gfoid des was
de machen, des nimm i in mir auf. Aber i hab ned den Ergeiz, dass i des so
lern.“51 (Beyer 15.06.2011)
- 49 -
Seine Sicht ist zu einem gewissen Grad essentialistisch: „[D]e Tradition, de die seit
Jahrhunderten ham, de muass i ned kennen. Weil i bin koa Afrikaner oder was und
will’s aa ned sei, aber i will de Trommeln benützen.“52 (Ebd.) Es ist für Buchner auch
deshalb uninteressant, eine fremde Tradition zu erlernen, weil er das nicht als
innovativ empfindet. Das Studium fremder Musiken als Ausweg aus der Aneignung
entfällt damit für ihn.
Auch mit dem gleichberechtigten Dialog hat Buchner seine Probleme. Er hat
mehrmals mit Künstlern zusammengearbeitet, die aus anderen Ländern stammen: Mit
der amerikanischen Popsängerin Chaka Khan (Braun 2007, S. 117) und in
Deutschland lebenden Migranten, nämlich der japanischen Pianistin Miyabi Sudo
(Ebd., S. 116), dem spanischen Gitarristen Christian Philipi (Pilz 11.03.1999) und
dem ungarischen Pfeifvirtuosen Tamás Hacki (Haindling Freunde. Tamás Hacki
2009).
Generell sieht er Kollaborationen eher kritisch, denn es gibt seiner Meinung nach
zahlreiche Hindernisse: Beim Dialog zwischen Kulturen besteht immer auch die
Möglichkeit des Scheiterns. Musiker aus fremden Kulturen sind wesentlich schwerer
verfügbar als Samples fremder Musiken und fremde Instrumente. (Beyer 15.06.2011)
Auch geht Buchner davon aus, dass fremde Musiker in der Tradition ihrer Kultur
verhaftet sind. Dieses traditionsgebundene Spiel ist ihm zu wenig innovativ.
„[E]infach zu am bestehenden Afrika-Song jetzt da Jodeln oder mit'n Akkordeon
spuin, des dad mi ned befriedigen.“53 (Ebd.)
Die gleichberechtigte Zusammenarbeit mit anderen Musikern ist für ihn generell
problematisch. Er möchte in seinen Projekten das Sagen haben:
„Wenn i was mach, dann möchert i was machen, was mir vorschwebt. [...]
Aber gemeinsam - dass i jetza sag: Ja, des gfällt mir jetz zwar ned, aber weilst
du aa mit mir was machst, tun ma's mit eini - des wär für mi scho
unbefriedigend. Also i will da koane Kompromisse eingehn. Höchstens, dass i
sag: 'Wunderbar, da brauch i blos no dazua spuin.' Aber so einfach is's ned.“54
(Ebd)
Es wäre dennoch zu kurz gegriffen, Buchner Kolonialismus vorzuwerfen, weil er bei
der Zusammenarbeit mit fremden Musikern keine Kompromisse eingeht. Auch wenn
- 50 -
er mit Musikern aus der eigenen Kultur zusammarbeitet, müssen sich alle nach ihm
richten. In seiner Live-Band zum Beispiel hat letztendlich er das Sagen (Ebd).
Nur dadurch ist es möglich, dass Buchner seine Identität musikalisch ausdrücken
kann. Sobald ein anderer Musiker gegen seinen Willen etwas beitragen würde, wäre
diese Verbindung zwischen Identiät und Musik verwässert, weil eine andere Identität
hinzutreten würde.
Hans-Jürgen Buchner zwingt niemanden, mit ihm zusammen zu musizieren. Im
Gegenteil: Er hat seine Live-Band nur auf Wunsch der Plattenfirma gegründet (Barto
30.12.1992, 22:11). Wer sich ihm nicht unterordnen möchte, der muss es nicht. Es
scheint mir daher genauso wenig verwerflich, in einer Band keine anderen Meinungen
als die Eigene zuzulassen, wie ein Stück für Orchester zu schreiben.
Wenn Buchner weder bereit zum Studium noch zum Dialog ist, erfüllt seine Musik
dann den Tatbestand des Kolonialismus? Auf das Verhältnis zwischen Europäern und
fremden
Kulturen
angesprochen,
äußerte
er
sich
durchaus
kritisch
über
Eurozentrismus. Er erzählte eine Anekdote von einem Urlaub in Sri-Lanka: In seiner
Unterkunft legten die Einheimischen gerade Fließen. Zufällig war dort auch ein
fränkischer Fliesenleger untergebracht.
„Der hat dann gsagt: ‚Ou, des kann i garned ansehn, wie die die Fliesen legn.‘
Weil die legns natürlich a bissl künstlerischer, und Buckl und so weiter, was ja
uns gfoid, weil des ned so regelmässig is. [...] Und dann hat der sein ganzen
Urlaub mit denen Fließen glegt, der Franke und is dann mit Schnur und ganz...
Und de ham dann a teilweise glacht über de Genauigkeit, aber des [lacht] des
war halt sei Urlaub, dass er dene zoagt, wie der Deutsche Fließen legt.“55
(Beyer 15.06.2011)
Im Gegensatz zu dem fränkischen Fließenleger ist Buchner sich bewusst, dass
Europäische Standards nicht weltweit gelten und hat kein Problem damit, kulturelle
Unterschiede zu akzeptieren.
Andererseits sieht er aber auch kein Problem darin, als Europäer in wirtschaftlich
schwächere Länder zu fahren und sich dort Musiken anzueignen, ohne die lokalen
Künstler dabei an seinen Einnahmen zu beteiligen. Bei einer Nilschifffahrt begegnete
er einer ägyptischen Trommelgruppe:
- 51 -
„Oana hat ma dann sei Tromml glei verkafft. Und da hamd ‘n dann de Andern
gschimpft, weil er sei Instrument verkafft. [...] Und dann ham ma halt
miteinander gspuit. I hab eana zoagt, wie i Trommel spiel und die ham mir
zoagt, wie sie Trommel spieln.“56 (Beyer 15.06.2011)
Die Ungleichheit wird deutlich am Kapitalunterschied: Buchner hatte genug Geld, um
einem der Ägypter die Trommel abzukaufen, obwohl der Musiker damit wohl gegen
die Regeln seiner Kultur verstoßen hat. Darauf deutet zumindest die Reaktion seiner
Mitmusiker hin. Was Buchner als gleichberechtigte Begegnung erlebt hat, war
eigentlich geprägt von Machtstrukturen, die an die Kolonialzeit erinnern.
Steven Felds Beschreibung des Doppelcharakters von Aneignung trifft auch auf HansJürgen Buchners Musik zu:
„Musical appropriation sings a double line with one voice. It is a melody of
admiration, even homage and respect; a fundamental source of connectedness,
creativity, and innovation. [...] Yet this voice is harmonized by a countermelody of power, even control and domination; a fundamental source of
maintaining asymmetries in ownership and commodification of musical
works.“ (1988, S. 31)
Aus der Perspektive der Identität scheint es durchaus verständlich, dass Buchner keine
tatsächlichen fremden Stile in seine Musik aufnehmen möchte. Seine Weltoffenheit
kann er durch Aneignung ausleben, er müsste jedoch eine andere Identität imitieren,
wenn er einen fremden Stil erlernen würde, egal ob das nun Gitarrenspiel nach Art
von Jimi Hendrix oder Gamelan wäre.
- 52 -
3. IDEOLOGIE UND IDENTITÄT AUF DER KOLLEKTIV-EBENE
3.1. THEORIE-REFLEKTIONEN
Im ersten Teil dieser Arbeit Stand im Vordergrund, wie Hans-Jürgen Buchner seine
Identität mit Hilfe seiner Musik auslebt. Im zweiten Teil liegt der Schwerpunkt nun
auf dem Verhältnis zwischen Buchner, seiner Musik und der Gesellschaft. Ideologie
spielte bisher als Teil von Buchners individueller Identität in geringem Maße eine
Rolle.
Nun
tritt
das
Konzept
mehr
in
den
Vordergrund,
da
es
für
Identitifikationsprozesse in Kollektiven bedeutsam sein kann. Mit Hilfe der
Diskursanalyse sollen die Interaktionen innerhalb von und zwischen Gruppen
offengelegt werden, denen Buchner angehört oder von denen er sich abgrenzt. Bevor
ich mich konkreten Beispielen zuwende, reflektiere ich kurz über kollektive Identität
und Diskurse.
3.1.1. KOLLEKTIVE IDENTITÄT
Der Identität wohnt eine Doppelnatur inne: Einerseits definiert jedes Individuum
selbst seine individuelle Identität – wenn auch im Verhältnis zu anderen Individuen.
Andererseits entsteht kollektive Identität dadurch, dass Individuen sich einer Gruppe
zugehörig fühlen (Vgl. Kaschuba 1999, S. 134).
Es gibt zwei unterschiedliche Formen der Beziehung zwischen „Ich“ und „Wir“:
Jedes Individuum ist in ein soziales Netzwerk eingebettet. Es ist Teil seiner
Identitätsarbeit, soziale Bindungen zu schaffen und aufrechtzuerhalten. (Keupp et al.
2008 [1999], S. 278).
Kollektive Identitäten dagegen sind Konstrukte, die auch ohne tatsächliche soziale
Bindungen zwischen den Mitgliedern funktionieren. Sie sind Diskursformationen, die
durch geteilte Symbolsysteme (Vgl. Aleida Assmann 1994, S. 16) ein GruppenGefühl erzeugen.
Kollektive Identität ist ein zweischneidiges Schwert: Das Identitäts-Gefühl innerhalb
einer Gruppe bedingt, dass Nicht-Mitglieder zu den Nicht-Identischen, „den Anderen“
werden. In der Forschung taugt das Konzept laut dem Volkskundler Wolfgang
Kaschuba
vorrangig
dazu,
Konstruktion
von
Eigenem
und
Anderem
in
Abgrenzungsprozessen offenzulegen (1999, S. 138-139).
Die Identifikation in einer Gruppe lässt sich kulturwissenschaftlich anhand geteilter
Zeichensysteme untersuchen. Symbole als „verkörpernde Zeichen“ und Rituale als
„verbindende Handlungen“ schaffen und bestätigen kollektiven Identität. Das ist aber
- 53 -
nur ein Teil ihrer Funktion. Die Konzepte werden in der heutigen, semantisch
ausgerichteten Kulturwissenschaft vielfältig angewendet (Vgl. Ebd., S. 185). Als
Webmuster der Kultur dienen sie dem Verständnis kodifizierter Interaktion. Sie sind
von Gruppen geteilte Interpretationsmuster, nach denen Individuen Bedeutungen in
kulturelle Praxen hineinlesen (Vgl. Ebd., S. 186).
Es gibt verschiedene Formen kollektiver Idenitäten. Relevant sind hier zum einen
Identitätskonstruktionen
in
neuen
sozialen
Bewegungen
zum
anderen
in
Territorialgemeinschaften.
Ethnie, Kultur, Nation und Region sind Ordnungssysteme, die als Konstrukte
angewendet werden, um raumbezogene kollektive Identitäten zu schaffen. Leider
werden diese Begriffe in der Literatur selten klar definiert, sie überlappen oft oder
sind zum Teil sogar austauschbar.
Das Wort Ethnie leitet sich ab vom griechischen ethnos. In der Antike wurde es für
alle nichtgriechischen Bevölkerungsgruppen bezeichnet. (Ebd., S. 139) Auch heute
sind mit dem Wort häufig Assoziationen des Andersartigen und Urtümlichen
verknüpft. Andererseits steht es für ein essentialistisch und biologisch verstandenes
Bild von Gemeinschaften: Völker, die durch Blutsverwandschaft zusammengehören
(Ebd., S. 140). Nach diesem Modell verstanden sich Nationen in Europa noch im 18.
Jahrhundert als Kollektive (Gelbart 2007, S. 24-25).
Um 1790 fand der kulturelle Nationalismus ein neues Identifikationsmuster: Nun
gewährleistete konstruierte kulturelle Homogenität das Gruppen-Gefühl (Ebd.).
Instititutionalisierte, dominante Deutungsinstanzen lösten kulturelle Teilphänomene
aus
ihrem
ursprünglichen
Zusammenhang
heraus
und
erhoben
sie
zu
Identifikationssymbolen: Romantische Bilder des ländlichen „Volkes“, verstanden als
Essenz einer Nation, definierten die Eigenart eines Kollektives. (Kaschuba 1999, S.
143–144) Das Konstrukt „Tradition“ verschaffte den Nationen eine gefühlte
Kontinuität von der Vergangenheit bis in die Gegenwart (Vgl. Ebd., S. 137).
Auch in der Spätmoderne bleiben die Nationalstaaten „imagined communities“ (Siehe
Anderson, O'Gorman 2006 [1983]). Allerdings funktionieren die alten Modi der
Identitätsstiftung nicht mehr problemlos. Dazu sind die Menschen zu heterogen, die
ein als Nationalstaat definiertes Territorium bewohnen. Auch hatte das Streben nach
kultureller und ethnischer Homogenität in Deutschland fatale Folgen in der ersten
Hälfte des 20. Jahrhunderts. Als Gegenreaktion sind Vielfalt und Toleranz zum Credo
geworden. Allerdings mit der Folge, dass die Komplexität zugenommen hat. So sehr,
- 54 -
dass an manchen Ecken wieder der Ruf nach Komplexitätsreduktion laut wird und
man sich auf die Suche nach Methoden der Sinnstiftung begibt. Das ist kein neues
Phänomen. In den letzten hundert Jahren scheint immer wieder ein "Unbehagen an
der Moderne" in Wissenschaft, Kunst und Literatur auf (Vgl. Kaschuba 1999, S. 136137).
Eine aktuell zu beobachtende Möglichkeit der Komplexitätsreduktion ist der Rückzug
in die Region. Ebenso wie Nationen sind Regionen territorial gebundene Konstrukte
(Vgl. Göbel 2005, S. 15). Durch ihre geringere Ausdehung bieten sie sich aber als
Ordnungssysteme an, um Komplexität zu reduzieren: Sie enthalten weniger
Informationen im weitesten Sinn. Detlev Ipsen beschreibt regionale Identität als
„Produkt ihres Gegenteils, der Herausbildung nationaler oder internationaler Räume
und der damit einhergehenden Modernisierungsprozesse.“ (1994, S. 232). Die Region
bleibt überschaubar und kontrollierbar und vermittelt dadurch ein Gefühl von
Sicherheit und Geborgenheit, das häufig auch unter dem Schlagwort „Heimat“ gefasst
wird (Vgl. Ebd., S. 235).
Welche Größe nun die Einheit Region hat und wie sie von der übergeordneten
Kategorie Nation und der untergeordneten der Lokalität zu unterscheiden ist, darüber
schweigt sich die einschlägige Literatur allerdings aus.
Die Sinnstiftung in Regionen kann nach ähnlichen Mustern verlaufen, wie es bereits
in Bezug auf Nationalstaaten beschrieben wurde. In Bayern bemüht sich die CSUgeführte Staatsregierung, die regionale Identität durch Traditionspflege aufrecht zu
erhalten.
Neben territorialen Modi der Identitätsstiftung können Ideologien auch der
Abgrenzung von anderen Gruppen dienen. Dieses Muster findet sich beispielsweise in
den neuen sozialen Bewegungen des 20. Jahrhunderts. Bei ihrer Erforschung entstand
gemäß der „Blackwell Encyclopedia of Sociology“ ursprünglich der Begriff
„collective identity“ (Whooley 2007, S. 586).
Identität war demnach ein Kernthema der neuen sozialen Bewegungen, die sich nach
den 1960er Jahren in Europa formierten. Ihre Mitglieder hingen post-materialistischen
Werten an, die im Gegensatz zur dominanten materialistischen Werteordnung
standen. Diesen Konflikt trugen sie mit kulturellen und symbolischen Mitteln aus.
Durch diesen umfassenden Protest wurde die Mitgliedschaft in einer Bewegung zum
wichtigen Identitätsbaustein. Der Alltag von Mitgliedern politisierte sich, die Grenzen
zwischen „Handeln“ und „Sein“ verwischten (Ebd.).
- 55 -
Kollektive Identität entstand durch Abgrenzung von anderen politischen Gruppen. Sie
wurde sichtbar im Zuge von Konflikten der neuen sozialen Bewegungen mit ihren
Gegnern, bei denen beide Gruppen versuchten, die Bedeutung von Symbolen im
öffentlichen Diskurs zu beeinflussen. Die kollektive Identität war in eine geteilte
Ideologie einbettet. Den ideologischen Gegnern wurde dabei die Schuld für die
Probleme zugewiesen, welche die Bewegung bekämpfte (Ebd.).
3.1.2. IDEOLOGIE
Geteilte Ideologie kann in Gruppen zur Schaffung und Wahrung kollektiver Identität
dienen, wie der Soziologe Owen Whooley feststellt (2007, S. 586). Daher ist das
Konzept relevant für meine Untersuchung: Es soll angewendet werden, um
Interaktionsprozesse zu deuten. Ich verwende den Begriff nicht im Sinne von Karl
Marx. Es geht mir nicht darum, ein von der herrschenden Klasse geschaffenes
„falsches Bewusstsein“ zu entlarven, das dazu dient andere Klassen zu unterdrücken.
Solche Unternehmen bergen die Gefahr, selbst zum Ideologen zu werden und die
Welt gemäß dem Muster zu interpretieren: „Ours is the Truth, Theirs is the Ideology."
(van Dijk 1998, S. 2)
Teun van Dijk versucht Wertungen mit einem neuen Konzept zu umgehen:
"[...] I intend to develop a new notion of ideology that serves as the interface
between social structure and social cognition. In that framework, ideologies
may be very succinctly defined as the basis of the social representations shared
by members of a group. This means that ideologies allow people, as group
members, to organize the multitude of social beliefs about what is the case,
good or bad, right or wrong, for them, and to act accordingly." (Ebd., S. 8)
Der Begriff Ideologie verliert damit seinen abwertenden Charakter: Jede Gruppe oder
jedes Kollektiv besitzt ein „political or social systems of ideas, values or
prescriptions“. Es gibt keinen Standpunkt außerhalb der Ideologie (Ebd., S. 3).
Den Rahmen die Untersuchung von Ideologie bildet bei van Dijk ein Dreieck aus
Kognition, Gesellschaft und Diskurs (Ebd., S. 7).
Ideologie steht in Bezug zu Kognition, weil sie ein System von Ideen („system of
ideas“) ist. Damit gehören sie zum Symbolfeld des Denkens und Glaubens, zur
Kognition (Ebd., S. 5).
- 56 -
Als Gedankengebäude ist sie sozial eingebettet, denn sie steht in Beziehung zu
Interessen von Gruppen und Konflikten zwischen Gruppen. Sie kann Macht
legitimieren oder sie in Frage stellen (Ebd.).
Greifbar wird Ideologie im Diskurs. Er findet neben der Sprache auch in anderen
Symbolsystemen wie Musiken und Bildern statt, die für meine Untersuchung relevant
sind. Van Dijk definiert Diskurs als
"forms of social action and interaction, situated in social contexts of which the
participants are not merely speakers/writers and hearers/readers, but also social
actors who are members of groups and cultures. Discourse rules and norms are
socially shared. The conditions, functions and effects of discourse are social,
and discourse competence is socially acquired. In sum, discourse and its
mental dimensions (such as its meanings) are multiply embedded in social
situations and social structures. And conversely, social representations, social
relations and social structures are often constituted, constructed, validated,
normalized, evaluated and legitimated in and by text and talk" (van Dijk 1998,
S. 6)
Die Mitglieder von Gruppen konstruieren und modifizieren deren Ideologie durch
diskursive Praktiken. Die anderen Mitglieder teilen dann diese Konstrukte (Ebd., S.
9). Im Diskurs grenzen Gruppen sich ideologisch von anderen ab und stabilisieren die
eigene kollektive Identität. Die Ideologie einer Gruppe ist das Fundament für ihre
Weltsicht, die beiden Begriffe sind aber nicht deckungsgleich (Ebd., S. 8).
Konflikte zwischen Gruppen werden häufig im Medium des Diskurses ausgetragen.
Die Deutungshoheit über bestimmte Symbole kann zum Austragungsort solcher
Zusammenstöße werden. Der Soziologe Dick Hebdige hat diesen Prozess am Beispiel
von Moden in Subkulturen in seinem Buch „Subculture - The Meaning of Style“ in
eine Theorie gefasst. Sein Verständnis von Ideologie ist zwar marxistisch, es gibt
dennoch Anschlussmöglichkeiten zu van Dijks Konzept.
Hebdige geht in Anlehung an de Saussure von einem Doppelcharakter jedes Symbols
aus: Es besteht aus einem Objekt und einer Bedeutung, die ihm zugewiesen wird. Die
Verbindung zwischen Objekt und Bedeutung, zwischen signifier und signified ist
grundsätzlich beliebig (Vgl. Hebdige 1979, S. 8-9). Im Alltag äußert sich Ideologie
aber in der Art, wie bestimmten Objekten Bedeutungen zugewiesen werden. Um
- 57 -
Ideologien auf die Spur zu kommen, ist es nötig, die Codes zu entschlüsseln, mit
deren Hilfe diese Bedeutungen organisiert sind. Hebdige adaptiert ein Konzept von
Stuart Hall: Die Codes von Ideologien sind „maps of meaning“ (Ebd., S. 13-14).
Seine Theorie lässt sich mit der von van Dijks zusammendenken, in dem man davon
ausgeht, dass jedes „system of ideas“ sich in einer „map of meaning“ äußert.
Subkulturen rebellieren gegen die dominante Ideologie, indem sie deren
Bedeutungszuweisung nicht akzeptieren. Stattdessen verwenden sie die gleichen
Objekte mit anderer Bedeutung. Hebdige nennt als Beispiel den Motorroller, der
urspünglich ein respektables Fortbewegungsmittel war, bevor ihn die Mods in den
1950er zum Symbol der Rebellion machten (Ebd., S. 104).
Wie sich zeigen wird, ist das Problem bei dieser Form der Bedeutungszuweisung das
geteilte Objekt. Zunächst vereinnahmt es im Diskurs eine Protest-Gruppe für sich,
indem sie ihm eine neue Bedeutung zuweist. Es besteht aber die Gefahr, dass sie den
Wettstreit um die Bedeutung gegen dominante Gruppen verliert, die das Objekt
rückvereinnahmen. In die Protest-Gruppe diffundieren Bedeutungen aus der Gruppe,
von der sie sich eigentlich abgrenzen wollte.
Dick Hebdige beschäftigt sich in seinen Ausführungen mit Subkulturen. In dieser
Untersuchung dagegen geht es hauptsächlich um neue soziale Bewegungen. Dennoch
lassen sich in Buchners Musik vielfach Beispiele für Vereinnahmung und
Rückvereinnahmung finden, die ich an der entsprechenden Stelle thematisieren
werde. Zunächst möchte ich aber historisch vorgehen, um zu zeigen, welchen
Kollektiven Buchner zugehörte und von welchen er sich abgrenzte.
3.2. BUCHNER ALS UMWELTSCHÜTZER UND CSU-GEGNER
Im Laufe seines Lebens ist Hans-Jürgen Buchner zum Aushängeschild verschiedener
Gruppen geworden, deren Ideologien sich teilweise wiedersprechen.
In den 00er Jahren verwendete die CSU-geführte Staatsregierung Buchners Musik
zunehmend, um bayerische Identität zur repräsentieren. 2005 wurde er von
Ministerpräsident
Edmund
Stoiber
mit
dem
bayerischen
Verdienstorden
ausgezeichnet. 2003, 2008, 2009 und 2010 vertrat er Bayern musikalisch im Ausland.
Sein Freund, der Regisseur Franz Xaver Bogner, bezeichnete ihn in einem Porträt des
Bayerischen Rundfunks als „Symbol für Bayern.“ (Barto, Riedinger 27.12.2005,
02:18)
- 58 -
2008 bekam Buchner aber auch die Bund Naturschutz-Medaille. Er wurde damit
geehrt für seine Verdienste um einen Verein, der seine heutige Ausrichtung auch in
der Ökologiebewegung der 1970er Jahre verdankt. Es gibt Berührungspunkte, vor
allem aber Spannungen zwischen Bund Naturschutz und CSU, die zum Beispiel in der
Atomkraft-Debatte der 1980er Jahre als politischer Gegner wahrgenommen wurde.
Die Frage ist also: Wie gelang es Buchner, über ideologische Konflikte hinweg mit
seiner Musik zum Symbol für kollektive Identitäten zu werden? Musste sich seine
Einstellung zu bestimmten Gruppen oder die Einstellung bestimmter Gruppen zu
Buchner im Laufe der Zeit verändern, damit das möglich war? Zwei Zitate, die ich
relativ ausführlich wiedergeben möchte, geben den öffentlichen Blick auf diese
Veränderungen und Buchners eigene Sichtweise wieder. Der Journalist Ralf
Dombrowski schrieb über die Image-Veränderung Buchners in den 1990er Jahren:
„Hans-Jürgen Buchner war nicht immer so etabliert. Als der MultiInstrumentalist aus dem Dorf Haindling vor 15 Jahren begann, seine
musikalische „Meuterei” auszurufen, galt er noch als Outlaw, ein bunter Hund
mit schrulligen Ideen, der sich in den Kopf gesetzt hatte, die Pop-Musik um
ein bayerisches Element zu erweitern. Doch Erfolg stellte sich ein, und im
Lauf der Zeit wurde aus dem Sonderling ein sentimentaler Rebell mit
menschenfreundlicher Botschaft.“ (Dombrowski 26.08.1998, S. 8)
Als wichtigen Meilenstein auf dem Weg dieser Veränderung ließe sich die teilweise
Aussöhnung Buchners mit dem ideologischen Gegner, der CSU, werten. Dazu äußerte
sich Buchner bei einem Interview im Bayerischen Rundfunk:
„Toepsch: Ist der Rebell, der Sie mal waren, jetzt nach 27 Jahren ein bisschen
müde geworden?
Buchner: Der ist nicht müde geworden, sondern der Rebell ist immer noch der
Rebell. Früher, als ich in meinem jugendlichen Leichtsinn – obwohl ich ja
schon 38 Jahre alt war, [...] [bin ich] wirklich der Rebell gewesen [...]. Damals
hätte ich diesen Verdienstorden auch gar nicht bekommen. Heute jedoch ist
dieser Rebell hoffähig geworden. [...] Aber dieser Rebell sagt immer noch
etwas Rebellisches: Er sagt immer noch, dass er gegen den Rhein-MainDonau-Kanal ist, dass er schon seit 40 Jahren im Bund Naturschutz Mitglied
- 59 -
ist, er sagt auf der Bühne immer noch alles, was ihm nicht passt. Das muss
nicht immer so gemacht werden, dass da jemand in die Pfanne gehauen wird,
aber auf alle Fälle bin ich jemand, der immer sagt, was ihm nicht passt. Und
das hat natürlich auch viel mit Regierungen zu tun.“ (Reuß, Toepsch
28.12.2009, S. 14)
Aus diesen Zitaten ergibt sich eine Reihe von Leitfragen: Wieso nahm Hans-Jürgen
Buchner sich als Rebell wahr? Hing das damit zusammen, dass er sich mit
bestimmten Gruppen idenitfizierte und von anderen abgrenzte? Wie lebte er diesen
Teil seiner Identität musikalisch aus? Wieso nahmen seine Zeitgenossen Buchner als
Rebell wahr? Wieso verlor er diesen Ruf später? Verlor er ihn insgesamt oder nur in
einzelnen Gruppen? Wieso kooperierte er mit den Nachfolgern derer, gegen die er
rebelliert hatte? Wie wirkte sich das auf seine Identität aus? Wie auf seinen Ruf?
Einige dieser Fragen habe ich bereits in vorangegangenen Kapiteln versucht zu
beantworten. Buchners Außenseiter-Identität beispielsweise begann sich spätestens in
seiner Internatszeit auszubilden.
Im Rahmen dieser Untersuchung können die komplexen Interaktionsprozesse
zwischen Buchner, seiner Musik und der Gesellschaft nicht erschöpfend dargestellt
werden.
Auch liegen nicht allen Abgrenzungprozessen präzise zu fassende und inhärent
logische Vorstellungen zu Grunde. Ein kurzes Beispiel soll das verdeutlichen.
Buchners Outlaw-Image in den 1980er Jahren war in wesentlichen Teilen Folge einer
Abgrenzungsstrategie. Als er begann, seine Musik in der Öffentlichkeit zu
präsentieren, identifizierte er sich mit der Hippie-Bewegung. Er verstand sich selbst
als Außenseiter und wollte nichts mit kommerzieller Popmusik zu tun haben.
Mit seiner Freundin am Schlagzeug spielte er als „Buchner und Böglmüller“ und
machte sich einen Namen mit wilden Bühnenauftritten: „Manche Leut waren a
wirklich entsetzt, weil ma uns mir sehr wild exhibitioniert ham.“ (Barto 29.12.1992,
16:55) Die rebellische Rockattitüde diente der Abgrenzung von bürgerlichen
„Spießern“: „[I]ch meinte eben, es muß so sein, damit die Leute sehen, daß [sic!] das
kein Beamter, kein Lehrer, sondern ein wilder Hund ist: Der trinkt und zeigt auch
noch auf der Bühne, wie wild und ausgeflippt er ist.“ (Barto 05.10.1998, S. 8)
Durch ihre Eigenartigkeit passte Buchners Musik in das Vermarktungsschema der
Neuen Deutschen Welle (Vgl. M. O. C. Döpfner 23.03.1984, S. 27). Zunächst
- 60 -
weigerte sich Buchner allerdings einen Plattenvertrag anzunehmen, wohl aus Angst
vor Vereinahmung durch den ideologischen Gegner, die Musikindustrie. Schließlich
einigte er sich mit dem Hamburger Label Polydor auf einen Bandübernahmevertrag,
um sich seinem Zugriff entziehen: Es hatte in musikalischer Sicht kein
Mitspracherecht. (Bönte, Riermeier 10.09.2009, 03:45)57.
Dennoch gelang es der Plattenfirma, Einfluss auf Buchner auszuüben: Seine Freundin
Ulrike Böglmüller musste gegen ihren Willen die Band verlassen (Ettl et al. 1988, S.
25) und eine neue Live-Band wurde gegründet (Vgl. Braun 2007, S. 10). Auch der
Bandname „Haindling“ war ein Vorschlag des Managements (Ebd., S. 16).
Der Durchbruch kam 1984 mit dem zweiten Album „Stilles Potpourri“ (Ebd., S. 34),
das Buchners größten Hit „Lang scho nimmer gseng“ enthielt. Spätestens jetzt tat sich
die Band mit der Abgrenzung von „kommerziellen“ Künstlern schwer, denn sie teilten
sich mit ihnen bestimmte Plattformen, wie zum Beispiel Dieter Thomas Hecks
Sendung „Hitparade“. Bandmitglied Michael Braun begründet das wie folgt: „[W]ir
waren schließlich alle käuflich.“ (Ebd., S. 35) Das entspricht genau der
kommerziellen Einstellung, von der sich die Band eigentlich abgrenzen wollte.
Buchner versuchte einen dritten Weg zu finden: Er nutzte die Vorteile des
kommerziellen Erfolgs, grenzte sich aber gleichzeitig durch Provokation ab. Beim
zweiten Auftritt in der Hitparade mit der Single „Du Depp“ änderte er zum Beispiel
spontan den Text: Statt „Du Depp, du Depp, du Depp, du depperter Depp du“ sang er
„Du Depp, du Heck, du Depp, du depperter Heck du!“.
Konsequent verfolgt Buchner diese Strategie aber nicht. 1986 spielte die Band in
Regensburg auf dem 60. Geburtstag von Johannes von Thurn und Taxis vor der High
Society Europas (Ebd., S. 63).
1988 formulierte Buchner seine Zerrissenheit bei einem Interview:
„[I]ch stürze mich nicht freiwillig in den Konsumtod! Einerseits ist man
Umweltschützer, andererseits sieht man sich plötzlich der Verlockung
gegenüber, die Millionen, die man da verdienen kann, für - z.B. - ein
Riesenauto auszugeben. Da geht schon einiges vor im Hirn.“ (Ettl et al. 1988,
S. 26)
Der gerade dargestellte Diskurs scheint in Kategorien wie „Untergrund“ und
„Mainstream“ zu funktionieren. Kapitalismuskritisch wird kommerziell erfolgreiche
- 61 -
Musik als minderwertig abgeurteilt, weil sie für den Massengeschmack gemacht ist.
Spätestens seit dem Kapitel über die „Kulturindustrie“ in der „Dialektik der
Aufklärung“ von Max Horkheimer und Theodor W. Adorno hat das in Deutschland
Tradition.
Auch wenn klar ist, dass Abgrenzung und kollektive Identitätsstiftung stattfinden,
sind die Gruppen dennoch nicht präzise abgrenzbar. Diffus bleiben außerdem die
Werte der Gruppen, von denen sich Buchner abgrenzt und denen er sich zuordnet.
Das ist liegt in der Natur der Sache: Mehr als ein vages Zusammengehörigkeitsgefühl
auf
Grund
der
Verneinung
dominanter
Wertvorstellungen,
besonders
des
Kapitalismus in der Musikindustrie, ist auf Basis der vorhandenen Daten nicht
auszumachen. Auch die Gegner bleiben vage und sind irgendwo im Bereich
Bürgertum und Establishment zu suchen.
Buchners Zitat liefert aber bereits den ersten Hinweis auf einen Bereich, in dem sich
die Gruppen wesentlich besser abgrenzen und bestimmten Wertvorstellungen
zuordnen lassen: In Interviews hat Buchner seine Identifikation Bund Naturschutz
immer wieder als Abgrenzungsstrategie eingesetzt. Zu seinen ideologischen Gegnern
gehörte unter anderem die von der CSU geführte bayerische Staatsregierung. Wie
bereits angedeutet hat er sich mit seinem Zwiespalt zwischen diesen beiden Gruppen
auf ähnliche Weise arrangiert, wie mit „Untergrund“ und „Maintream“.
3.2.1. DIE IDEOLOGIE DES BUND NATURSCHUTZ
Am 1.6.1975 trat Hans-Jürgen Buchner dem Bund Naturschutz bei (Weiger
06.04.2008, S. 3). Zu dieser Zeit befand sich der Verein gerade im Umbruch. Neues
Gedankengut verdrängte oder modifizierte Althergebrachtes – mit weitreichenden
Folgen.
Bund Naturschutz in Bayern entstand um 1900 als Natur- und Heimatschutz-Verein
mit romantischen Vorstellungen. Aus einem antimodernistischen Unbehagen an der
Industrialisierung heraus engagierte er sich für die Erhaltung vorindustrieller
Lebensformen. Seine Maßnahmen setzte er über personellen Verschränkungen
zwischen Vereinsmitgliedern und dem staatlichen Verwaltungsapperat um - allerdings
nur dort, wo es staatliche Interessen nicht einschränkte (Vgl. Hoplitschek 1984, S.
333).
In den 1970er begann in vielen westlichen Gesellschaften eine Veränderung des
Lebensgefühls und der Lebensorientierung, für die sich der Begriff „Wertewandel“
- 62 -
etabliert hat. Die materialistische Werteorienterung der Kriegsgeneration wurde
abgelöst vom Postmaterialismus der Nach-Kriegsgenereation. Eine Folge davon war
die Entstehung der neuen sozialen Bewegungen: Besonders die höher gebildeten Teile
der neuen Mittelschicht politisierten sich und wurden durch bürgergesellschaftliches
Engagement aktiv. Ihre Ziele waren durchgreifende Pluralisierung, Emanzipation und
Selbstentfaltung. Über das Verhältnis zwischen Mensch und Natur in der zunehmend
industrialisierten
Gesellschaft
wurde
intensiv
diskutiert.
Der
Geschichtswissenschaftler Edgar Wolfrum bezeichnet „Umwelt“ als das Thema der
Zeit (2005, S. 505).
Den Grundstock für die Ökologiebewegung bildeten lokale Bürgerinitiativen, die sich
Problemen
in
ihrer
unmittelbaren
Umgebung
annahmen.
Komplexe
Veränderungsprozesse wurden im lokalen Bereich sichtbar und riefen Protestaktionen
hervor (Hoplitschek 1984, S. 15).
Der "Club of Rome"-Bericht von 1972 betrachtete diese Probleme auf globaler Ebene:
Die "Endlichkeit" der Rohstoffvorräte und des Bevölkerungswachstums zum Beispiel.
In der Folge fasste das Gedankengut der Ökologiebewegung zunehmend Fuß im Bund
Naturschutz (Ebd., S. 103). Die BN-Interne „Gruppe Ökologie“ formulierte im
„Ökologischen Manifest“ ihre Naturschutzideologie: "Der Mensch ist ein Teil der
Natur, von der er lebt. Der Mensch kann nicht gegen die Natur leben, er muß sich ihr
anpassen, wie alle anderen Lebewesen auch.“ (zitiert nach Ebd., S. 104). Aus diesem
Kernsatz leitet die Gruppe Ökologie weitere anti-modernistische und antikapitalistsche Forderungen ab: "Auch der Ideologie, daß [sic!] nur das wirtschaftliche
Wachstum die Zukunft sichere, muß ein Ende bereitet werden. Die ökonomischen
Ziele des Menschen müssen sich an den Grenzen der Natur orientieren [...]“ (zitiert
nach Ebd.). In ihrer anti-modernistischen Ausrichtung ähnelten diese Forderungen
dem frühen traditionellen Naturschutz. (Ebd.) Doch der Blickwinkel hatte sich
geweitet von punktueller Betrachtung zu einer ganzheitlichen Sichtweise. Der neue
Naturschutz setzte auf struktureller Ebene an und erhob den Anspruch in die
Raumordnung einzugreifen (Ebd., S. 99). Man richtete sich dabei nach den
Erkenntnissen der Fachwissenschaft Ökologie (Ebd., S. 105).
Der Vorsitzende Hubert Weinzierl forderte, vom "gedankenlosen Verbrauch und von
der Lust am Konsum, Gewinn und Wohlstand" Abstand zu nehmen. Er sprach von
einer „Ökologischen Krise“ und mahnte auf Lebensqualität und Nachhaltigkeit zu
setzen (Ebd., S. 103-104). Der Einfluss des kapitalismus- und konsumkritischen
- 63 -
Gedankenguts der neuen sozialen Bewegungen ist offenkundig. Weinzierl und
anderen Führungskräften des Vereins plädierten dafür, Naturschutz zu politisieren und
als Ideologie zu konzipieren (Ebd., S. 203).
Der Bund Naturschutz hatte mit dem traditionellen Heimatschutz der Gründerphase
gebrochen (Ebd., S. 114). Im Gegensatz zu den neuen sozialen Bewegungen entfernte
sich der Verein aber nie von bürgerlichen Wertvorstellungen wie Familie, Tradition
und Staatlichkeit. (Ebd., S. 120). So gelang es dem Verein, alte Mitglieder zu halten
und gleichzeitig neue anzuwerben, die nicht selten aus dem Umfeld der neuen
sozialen Bewegungen kamen (Siehe Hasenöhrl 2011, S. 287, 292-293).
3.2.2. EINFLUSS DER UMWELTSCHUTZ-IDEOLOGIE AUF HANS-JÜRGEN BUCHNER
3.2.2.1. BUCHNERS BEITRITT ZUM BUND NATURSCHUTZ
Eines der neuen Mitglieder, die Weinzierl mit seiner neuen Strategie rekrutierte, war
Hans-Jürgen Buchner, der damals sowohl vom alten als auch vom neuen
Gedankengut des Naturschutz beeinflusst war: Sein Vater jagte in der Freizeit und
brachte ihm den traditionellen Naturschutz nahe (Barto 05.10.1998, S. 9). Zum
Eintritt in den Verein bewegten ihn die progressiven Reden von Hubert Weinzierl:
„Als ich noch nichts mit der Natur am Hut hatte, bin ich schon beim "Bund
Naturschutz" als festes Mitglied eingetreten, weil mir zunächst einmal die
Reden von Hubert Weinzierl, mit dem ich heute sehr gut befreundet bin, sehr
gefallen haben und weil ich fand, daß die Politiker mit der Landschaft nicht
einfach tun können, was sie wollen. Denn die Landschaft ist nicht nur für
niedrige menschliche Bedürfnisse da, wie ich das einmal benennen möchte.
Ein niedriges menschliches Bedürfnis ist für mich z. B. schnelles Geld: Das
Geld ist schnell wieder weg, aber die Natur ist kaputt. Das hat mich geärgert,
und darum bin ich dem ‚Bund Naturschutz‘ beigetreten und bin zu
‚Greenpeace‘ gegangen.“ (Ebd.)
Es gibt also eine direkte Verbindung zwischen seinen persönlichen Ansichten und der
Ideologie des Bund Naturschutz. Wie der Verein als Ganzes traditionelle und
progressive Elemente verbindet, so besteht auch Buchners Weltsicht aus diesen
Komponenten. Das spiegelt sich auch in seiner Identität. Um Heiner Keupps Begriffe
- 64 -
zu verwenden: Verschiedene Erfahrungsfragmente sind durch Überlappung
zusammengefügt.
Buchner hat seine Ansichten in Interviews immer wieder geäußert und sie auch in
seine Texte einfließen lassen.
3.2.2.2. AUSSAGEN ZUM UMWELTSCHUTZ IN EINEM FRÜHEN INTERVIEW VON 1982
Aufschluss über Buchners Einstellung gibt als früheste Quelle der allererste Beitrag
des Bayerischen Fernsehens über „Haindling“ von 1982. Aus den InterviewElementen lässt sich Buchners Gedankengut herauslesen. Über sein Heimatdorf sagte
er damals:
„Ja, es is eigentlich a Idylle. [...] Wenn ma a Foto macht und des in d'Stadt
einitragt und des Foto herzoagt, sagt jeder: ‚Ach, kuck mal! Der hat aber ne
Idylle‘. Und wenn ma aber da wohnt, dann glab i kon oam des scho vergeh. Da
ratterts in der Früh, Presslufthämmer, da wird ständig baut in dem Dorf. Und
des is scho irgendwia a Belästigung, wenn's überhaupt koan Sommer mehr
ohne Lärm gibt.“58 (Schober, Kiehl 29.11.1982, 01:28)
In diesem Statement spiegelt sich die anti-modernistische Abneigung des Bund
Naturschutz gegen Technisierung des ländlichen Raums. Buchner betrachtet
Probleme nicht auf abstrakter Ebene, sondern äußert sich – wie viel Bürgerinitiativen
- zu seinem unmittelbaren Nahraum.
„Da wern Kastanien abgschnittn, oide. De san nix wert, weil nur des was Wert
is, was a Geld kost. Da san idyllische oide Mauern nix wert, weil's einfach oid
san. De g'hörn hergricht und dann san's was wert, wenn des 80.000 Mark kost,
dann is des was wert. Aber fürs Herz und für's Augn [sic!], da wird eigentlich
ned obacht gebn. Des spuid koa Rolln. Des existiert anscheinend bloß bei
mir.“59 (Ebd., 02:24)
Wie beim Bund Naturschutz ist Buchners traditionell-romantische Sichtweise –
Landschaft erhalten – gekoppelt an post-materielle Wertvorstellungen. Damit einher
geht eine starke Ablehung materialistisch-kapitalistischer Werte. Da Buchner diese
aber als dominant empfindet, werden seine eigenen postmateriellen Werte zum Mittel
- 65 -
der Abgrenzung; nicht von einer konkreten Gruppe sondern generell von
ideologischen Gegnern. Die postmateriellen Werte stiften Buchners AußenseiterIdentität: „Des existiert anscheinend bloß bei mir.“ (Ebd.).
Vergleicht man Buchners Sichtweise mit Zeitgeist-Strömungen, welche die
Konsumforscherin Eva Göbel beschreibt, ergibt sich ein anderes Bild: Mit seiner
romantischen Sehnsucht nach dem Alten und nach der Region stand er keineswegs
alleine da. Schon in den 1970er Jahren entwickelte sich ein "Way-of-lifeRegionalismus“.
Als
Reaktion
auf
die
zunehmende
Pluralisierung
und
Individualisierung war plötzlich die Identifikation mit der Region wieder gefragt: Nur
hier schien die Lebensqualität vorhanden zu sein, die das neue Umwelt- und
Gesundheitsbewusstsein forderte (Göbel 2005, S. 342). Der Trend "Zurück zur Natur"
schlug sich in Form der sogenannten „Bauernmöbel“ im Konsum nieder (Ebd., S.
345–346).
Durch seine damalige Freundin Ulrike Böglmüller interessiert Buchner sich ebenfalls
für diese Mode (Schmidbauer et al. 20.05.2004, 30:14). Dennoch äußert er sich in
Schobers Beitrag plakativ gegen die städtische Vereinnahmung regionaler Kultur:
„Da Bauer sitzt in seiner Bauernstubn, auf‘m Bauernstui, vor‘m Bauerntisch,
neban Bauernschrank und isst a Bauerngreicherts und a Bauernbrot und kimmt
si vor wie a Stoderer, weil's in der Stadt modern is, dass ma in einer
Bauernstubn sitzt.“60 (Schober, Kiehl 29.11.1982, 00:13)
Buchners Sehnsucht nach der Region diente ihm zur Abgrenzung. Deswegen wehrte
er sich gegen die Kommodifikation und Vermassung seiner Ideale.
Wie der Geschichtswissenschaftler Edgar Wolfrum aufdeckt, ist aber der AntiKapitalismus der 1970er Jahre ohne den Erfolg des Kapitalismus nicht denkbar. Er
diagnostiziert bezüglich der Frühgeschichte der Partei die Grünen: „Die hohe Affinität
zu postmaterialistischen Werten entspringt mithin auch aus dem Umstand, daß man
sich diese nicht nur ‚leisten‘ will, sondern auch kann.“ (2005, S. 514). Das traf auch
auf Buchner zu, denn dank seiner einträglichen Keramik-Werkstatt musste er sich
finanziell keine Sorgen machen.
Seine postmaterialistische Einstellung spiegelt sich auch in den Texten dieser Zeit.
- 66 -
3.2.2.3. UMWELTSCHUTZ-THEMEN IN LIEDTEXTEN
In der Literaturwissenschaft ist es heute Konsens, dass die Bedeutung von Texten
vom Rezipienten im Prozess der Rezeption konstruiert wird: Sie enthalten
unvermeidbar Bedeutungslücken, die durch persönliche Sinnkonstruktion aktiv gefüllt
werden
müssen.
Buchners
Texte
bieten
aufgrund
ihrer
Machart
großen
Interpretationsspielraum. Das macht gerade ihren Reiz aus. Es ist auch einer der
wesentlichen Gründe für den Erfolg Buchners, wie ich später noch zeigen werde.
Wenn hier also im folgenden Texte diskutiert werden, handelt es sich immer um
meine persönliche Interpretation. Ich habe mich bemüht, Buchners zeitgenössische
Interview-Aussagen dabei zu berücksichtigen.
Buchners erstes Lied überhaupt behandelte ein Umweltschutzthema aus seiner
unmittelbaren Umgebung:
„Das erste Lied, das ich jemals gemacht habe, lautete zufälligerweise – oder
eben auch nicht zufälligerweise, weil man daran sehen kann, was mir immer
schon das Wichtigste gewesen ist: ‚Ich sitze an der dreckigen Donau und
schaue in die dreckige braune Brühe.‘ Dieses Lied habe ich aber nie
veröffentlicht.“ (Barto 05.10.1998, S. 9–10)
Auf „Haindling 1“ griff Buchner die Umweltschutzthematik im Song „Erzherzog
Johann“ auf. Die subversive Symbolik ist aber so versteckt, dass sie fast schon privat
genannt werden könnte:
„Des war ja a so a Umweltlied. [...] Weil der Erzherzog Johann war ja oana
der ersten Naturschützer, der in Österreich große Naturschutzprojekte gmacht
hat und deswegn von seim Bruader, vom Kaiser ganz ungeliebt gwesen is und
bestraft wordn is.“61 (Beyer 15.06.2011)
Buchner vereinnahmt hier Erzherzog Johann für die Ökologiebewegung der 1980er
Jahre. Der österreichische Adelige wird in der Geschichtswissenschaft tatsächlich als
bürgernaher Sozialreformer beschrieben, der außerdem mit dem „Joanneum“ in Graz
die Kulturförderung in der Steiermark entscheidend vorantrieb. Dem romantischnationalen Zeitgeist im 19. Jahrhundert entsprechend interessierte er sich für
Alpinismus. Sein Interesse war auch naturwissenschaftlich begründet. Es gibt also
- 67 -
oberflächlich betrachtet Überlappungen mit dem Gedankengut des Bund Naturschutz
Anfang der 1980er Jahre. Bei genauer Betrachtung sind die Zeitumstände aber so
unterschiedlich, dass eine Rezeption Herzog Johanns durch die Brille der 1980er
Jahre zu erheblichen Verzerrungen führt. Er setzte sich nämlich zum Beispiel an der
Schwelle zur Industrialisierung entschieden für die Maschinisierung ein. Abgesehen
davon ist Buchners Intention schwer zu erkennen: Erzherzog Johann ist durch
zalhreiche Filme aus dem 20. Jahrhundert mehrheitlich mit Heimat-Romantik codiert,
nicht mit Naturschutz.
Den Konsum in der Massengesellschaft, der auch für den Bund Naturschutz zum
Kritikobjekt geworden war, nimmt Buchner sich im Schafslied vor:
„Mir samma olle midanander
a ganz a grosse Herd vo lauter Schof
Mir wolln an ganzn Tog nur Fressn
am liabsten bloss a saftigs greans Gras,
Des is guat, so guat – guat!
S’Hirn is goanimma dabei.“62 (Schafslied 1982)
Buchner verwendet ein Naturbild: Das Schaf ist Symbol für den Mensch in der
Massengesellschaft, der fremdbestimmt ist und nicht denkt, so lange das System
sicherstellt, dass er konsumieren kann. Materielle Wertvorstellungen werden mit
fehlendem Denkvermögen gleichgesetzt.
Natürlich ist Naturschutz nur ein kleiner Ausschnitt der Themen: Das Album
behandelt auch Pluralisierung (Hin und Her) und Medienkritik (Guten Morgen);
enthält Liebes- (I mog di) und Nonsensetexte (Kracht und gschäppert).
Als Ausdruck von Buchners Außenseitergefühl lässt sich der Refrain seines Songs
„Rote Haar“ lesen. Er wandelt den Text eine Schlagers um, der durch Maria von
Schmedes populär wurde: „I hob roude Hoor, feierroude Hoor sogor / Und i hob nix
gseng!“63. Die Roten Haare sind Symbol für die Außenseiter-Rolle, welche die Gefahr
birgt, als Sündenbock hingestellt zu werden.
Das Gedankengut der neuen sozialen Bewegungen hat Spuren in den Texten des
Albums „Haindling 1“ hinterlassen. Vermittler ist der Bund Naturschutz: Buchners
- 68 -
Kapitalismuskritik gehört für ihn zum Umweltschutz. Auf seinem ersten Album lässt
er diese Themen eher subtil einfließen. In späteren Texten äußert er sich deutlicher.
Immer wieder wurde aus den Reihen des Bund Naturschutz gemahnt, es sei „Fünf vor
Zwölf“ (Hoplitschek 1984, S. 120). Wenn nicht ein Umdenken stattfinde, sei die
menschengemachte globale Umweltkatastrophe nah. Diese Angst thematisiert er
besonders im Titeltrack das Albums „Höhlenmalerei“ (1987), das nach der
Reaktorkatastrophe in Tschernobyl entstand.64
Immer wieder schrieb Buchner Texte über aktuelle Naturschutz-Probleme: „Der rote
Fluß“ (1987) über die Sandoz-Katastrophe65, „Warum“ (1991) über brennende
Ölquellen im zweiten Golfkrieg66, „5:00“ (1995) über den Anstieg des
Meeresspiegels67 und „Eisbär“ (2009) über den Medienrummel um das Zoo-Tier
Knut68.
Immer wieder tauchen dabei Motive des Bund Naturschutz-Gedankenguts auf:
Unbehagen an Flächenversiegelung durch Infrastrukturmaßnahmen in „Hauruck“
(1993)69 und „3 Polizisten“ (1995)70 und die Aufforderung, vom anthropozentrischen
Weltbild abzurücken in „Kleiner Mensch“ (1989)71 und „Der Mensch muss auf den
Mars“ (1998)72. Dabei gleichen Buchners Texte teilweise bis in die Formulierung
hinein den Statements von Umweltschützern. Die Zeile „Nach mir die Sintflut“ in
„Alles Gute“ (1989) findet sich so auch in Reden Hubert Weinzierls (Hoplitschek
1984, S. 104). „Der Mensch muss auf den Mars“ endet mit „Wir haben nur die eine
Welt“ – Ein Slogan, der von Greenpeace-, Bund Naturschutz- und GrünenMitgliedern gerne im Munde geführt wird.
3.2.3. FALLBEISPIEL: DER PROTEST GEGEN DIE WIEDERAUFBEREITUNGSANLAGE
WACKERSDORF
3.2.3.1. DIE AKTEURE DES KONFLIKTS
Seine Identifikation mit Umweltschutz dient Buchner zur Abgrenzung von
ideologischen Gegnern. Es war und ist bis heute aber keine konkret greifbare Gruppe,
von der er sich abgrenzte, sondern ein ideologisches Spektrum. Buchner geriet
deshalb auch in Konflikte mit ganz verschiedenen Akteuren, die sich in konkreten
Situationen aus ideologischen Differenzen ergaben.
Zur Untersuchung eignet sich besonders der Protest gegen die AtommüllWiederaufbereitungsanlage (WAA) im oberpfälzischen Wackersdorf. Dieses Beispiel
bietet sich an, weil der Konflikt stark polarisierte. Die Handelnden sind somit klar in
- 69 -
Gruppen aufteilbar (Kretschmer 1988, S. 177).
Eben weil sich die Meinungsverschiedenheiten so zuspitzten, ermöglichten sie den
Gruppen, sich voneinander abzugrenzen. Dadurch verfestigten sich kollektive
Identitäten, die auch über das Ende des Konflikts hinaus Bestand hatten.
Mit dem Auftritt beim 5. Anti-WAAhnsinnsfestival in Burglengenfeld leistete
Haindling einen wichtigen Beitrag zur kollektiven Identität der Protestierenden.
Hauptstreitpunkt des Konflikts um die WAA war die Bewertung technischer
Innovation und ihrer Folgen auf die Zivilisation: Die CSU hielt technischen
Fortschritt für unabdingbar und setzte sich vehement für die WAA ein, Mitglieder der
neuen sozialen Bewegungen und ein Teil der örtlichen Bürger sahen das Risiko einer
nicht zu beherrschenden Technik mit fatalen Folgen.
Die Konfrontation von Umweltschützern und CSU war relativ neu, denn
Umweltpolitik hatte eigentlich einen hohen Stellenwert im Freistaat (Egleder 2010, S.
207). Wie erwähnt entstammt der Naturschutz ursprünglich völkisch-nationalem
Gedankengut. In Folge der Öl- und Wirtschaftskrise setzte die CSU ihren
Schwerpunkt
aber
klar
auf
Wirtschaftspolitik
zur
Wohnstandssicherung.
Umweltschutz war von nachgeordneter Bedeutung (Ebd., S. 208–210).
Dem stand aber ein Wertewandel in der Gesellschaft gegenüber. In Folge der
Veröffentlichung des Club of Rome-Berichts im Jahre 1972 fand ein Umdenken hin
zur Ökologie statt. Bürgerinitivativen und Gruppen der neuen sozialen Bewegungen
forderten di Umsetzung ihrer Vorstellungen in der Politik (Ebd., S. 210).
Die grundsätzliche Absage der neuen sozialen Bewegungen an die Marktwirtschaft
als Lösung für Umweltprobleme entzweiten sie mit der CSU (Vgl. Ebd., S. 210–211).
Ihr Anti-Modernismus war eigentlich nicht so weit entfernt von konservativem
Gedankengut. Nur war die CSU aus wirtschaftlichen Gründen ihren eigenen antimodernistischen Strömungen untreu geworden und setzte auf wirtschaftliche
Modernisierung (Siehe auch Hoplitschek 1984, S. 82).
Die CSU-geführte Bayerische Staatsregierung sprach sich entschieden für
Kernenergie
aus
und
setzte
seit
ihrer
Bewerbung
um
eine
Atommüll-
Wiederaufbereitungsanlage im Dezember 1980 alles daran, das Projekt in den
Freistaat zu holen. (Kretschmer 1988, S. 179).
Gegen die Umsetzung des Projektes bildete sich eine breite Allianz aus
weltanschaulich verschiedenen Gruppen; zum Beispiel Bürgerinitiativen, SPD, Grüne,
Bund Naturschutz, Anti-Atom-Initiativen und autonome Gruppen (Ebd., S. 183)
- 70 -
Einigen konnte sie sich nur auf die Ablehung der WAA, die jeweiligen Gründe dafür
unterschieden sich jedoch beträchtlich.
Den Bürgern aus der umliegenden Region zum Beispiel ging es vor allem um den
Schutz ihrer Heimat (Ebd., S. 185) vor dem Gefahrenpotential einer neuen
Technologie, die zu komplex war, um sie verstehen und einschätzen zu können.
Die Autonomen dagegen sah die WAA nur als Fallbeispiel für eine grundsätzlich
falsche Entwicklung. Ihr Protest war gegen Staat und Kapital im Allgemeinen
gerichtet (Ebd.).
Dennoch wuchsen die ideologisch heterogenen Teilgruppen der WAA-Gegner im
Laufe der Proteste immer enger zusammen. Das lag vor allem am selbstgerechten und
autoritären Auftreten der CSU-geführten Staatsregierung. Sie ließ zum Beispiel
undifferenziert Wasserwerfer mit CS-Reizgas-Beimischung gegen friedliche und
militante Demonstranten am Bauzaun der WAA einsetzen. Dieses harte Durchgreifen
brachte die verschiedenen Gegnergruppen derart auf, dass deren Abgrenzung von der
Staatsregierung schwerer wog als die Abgrenzung voneinander. Die ehemals
gemäßigten Gruppen tolerierten oder förderten nun die militanten Aktionen der
Autonomen (Vgl. Ebd., S. 203).
Nachdem die Protestaktionen am Bauzaun der WAA im Juni 1986 durch verstärkte
Polizeipräsenz außerhalb des Zauns und das Versammlungsverbot in der Umgebung
zum erliegen kamen, verlagerte sich der Widerstand auf andere Aktionsformen.
3.2.3.2. HAINDLING
ALS
AUSHÄNGESCHILD
FÜR DIE KOLLEKTIVE IDENTITÄT DER
PROTESTIERENDEN
Am 26. und 27. Juli 1986 fand in Burglengenfeld das „5. Anti-WAAhnsins-Festival“
statt. Dort versammelten sich "[m]ehr als 120.000 Besucher, über 1300 freiwillige
Helfer, 600 Journalisten aus 10 Ländern, 600 Musiker, Techniker und Aktive hinter
der Bühne" (Allnutt, Laade 1986, S. 5) zum zweitgrößten Musikfestival überhaupt in
Deutschland (Hentschel 27.07.2006). Die Dimensionen zeigen breits, wie sehr die
WAA zu diesem Zeitpunkt Thema und Konfliktpunkt im gesellschaftlichen Diskurs
war. Dazu hatte auch der Reaktorunfall in Tschernobyl am 26. April 1986 beigetragen
Kretschmer 1988, S. 178).
Auf dem Festival spielten bekannte deutsche Rockmusiker wie BAP, Udo Lindenberg
oder Herbert Grönemeier (Hoffarth 2005/06, S. 114–115), aber auch Musiker aus der
Punk-Szene wie Rio Reiser und die Toten Hosen - eine für die damalige Zeit
- 71 -
ungewöhnliche Allianz zwischen ideologisch verfeindeten Lagern, die nur möglich
war durch das gemeinsame Ziel: Die Verhinderung der WAA (Hentschel 27.07.2006).
Als eine der ersten Bands buchten die Veranstalter Haindling für das Festival. Schon
zuvor hatten sich Mitglieder der Band – vermutlich vor allem Buchner selbst – gegen
den Bau der WAA ausgesprochen (Hoffarth 2005/06, S. 115). Laut Michael Braun
stand die gesamte Band ideologisch voll hinter dem Auftritt:
"Ich war seinerzeit von dem, was ich durch meine diversen Informanten über
das Gebaren und die Kaltblütigkeit von Industrie und Politik im
Zusammenhang mit der WAA gehört hatte, derart erbost, dass ich es als meine
Bürgerpflicht betrachtete, gegen diesen staatlich geplanten WAAhnsinn
Widerstand zu leisten. [...] Jeder von uns war ehrlich begeistert, beim größten
Anti-WAA-Festival aller Zeiten mitspielen zu dürfen." (Braun 2007, S. 57)
Buchner selbst äußert sich bis heute kritisch über das damalige Vorgehen der Polizei
in Wackersdorf auf Weisung der Staatsregierung. Bei einem Konzert am 1. Juli 2011
in Aschau beschwerte er sich in einer Moderation darüber, wie sich die WAA-Gegner
beschimpfen lassen mussten. Untereinander hätten sie das CS-Gas, mit dem sie
besprüht wurden, als CSU-Gas bezeichnet. Im „Alpenrock“-Portät des Bayerischen
Fernsehens bezeichnete er die Ereignisse als einen „Krieg vom Staat gegen die
Menschen.“ (Barto, Riedinger 27.12.2005, 14:57)
Auf
einem
Sampler
zum
Anti-WAAhnsinnsfestival
wurde
auch
eine
Zusammenstellung von zwei Songs aus dem Haindling-Set veröffentlicht: „Draißig
Kilomedta“ und „Schwarzer Mann“.
Über ein ausgedehntes Klavierintro moderiert Buchner den ersten Song an: „Ohu 1
liegt 30 Kilometer von Haindling entfernt. 70 Kilometer liegt Wackersdorf entfernt.“
(Draissg Kilomedta/Schwarzer Mann, 2008). Dann folgt der Songtext: „Draißig
Kilomedta weida, do bin i dahoam / Draißig Kilomedta weida, hab i nix valorn.“73
(Ebd.). Er bietet viele Deutungsmöglichkeiten, die Anmoderation drängt aber eine
bestimmte Lesart geradezu auf: Die Heimat ist bedroht durch technische
Großprojekte. Der Staat macht es den Bürgern unmöglich, sich gegen diese
Bedrohung zu wehren. Er wird selbst zu Bedrohung, weil er die Interessen der Bürger
missachtet.
- 72 -
In diesem Kontext lässt sich auch der darauffolgende Song lesen. In Refrain und
Bridge singt Buchner mit dem Publikum und Band-Bassist Charly Braun:
„Buchner: Fürchtet ihr den schwarzen Mann?
Publikum: Nein! Nein! Nein!
Buchner: Wenn er aber kommt?
Publikum: Dann laufen wir davon!
Buchner: Huraxdax - pack's bei da Hax
Sonst bist verlorn!
Huraxdax - reiß di zamm
Renn so g’schwind wia da Wind
Sonst bist verlorn!
A jeda hod Angst vor dem schwoazn Mo
Und koana woaß, wo er is
Und wennst'n amoi segsd, dann renn davo
Charly (gebrüllt): Di dawisch i a no!“74 (Ebd.)
Im Kontext von Wackersdorf scheint mit dem bedrohlichen schwarzen Mann die CSU
gemeint zu sein, personifiziert durch die in schwarz gekleidete Exekutivmacht –
Polizisten, vor denen die Demonstranten am Bauzaun in Wackersdorf davon laufen
müssen. Der Song erzeugt kollektive Identität durch Abgrenzung der Protestierenden
von der CSU und der Staatsregierung und der gleichzeitigen Bekräftigung der
Furchtlosigkeit vor dem ideologischen Gegner: „Fürchtet ihr den schwarzen Mann?
Nein! Nein! Nein!“. Die Aufnahme zeigt, wie begeistert und überzeugt die Menge
diese Worte schreit. Durch dieses gemeinsame Ritual bestärken sie ihre kollektive
Identität.
Buchner beabsichtigte diese Wirkung seiner Musik, wie er in einem Interview von
1987 erklärt:
„stereoplay:
Was glaubst du mit deinen Liedern zu bewirken?
- 73 -
Buchner: Ich weiß, daß [sic!] ich nur Leute anspreche, die sowieso schon
wissen, was ich weiß. Ich gebe ihnen musikalischen Rückhalt, und der ist nicht
ganz unwichtig.“ (Holoch 1987, S. 123)
Auch in der Rezeption des 5. Anti-WAAhnsinns-Festivals spielte Haindling eine
wichtige Rolle. Eine Filmcrew hielt die Auftritte aller Bands den Dokumentarfilm
„WAAhnsinn“ fest. Er beginnt mit dem Haindling-Song „Spinn i“. Das Buch zum
Film beschreibt die Szene wie folgt:
„Zwanzig Kilometer entfernt, auf dem Burglengenfelder ‚Lanzenanger‘,
schreit Hans-Jürgen Buchner (‚Haindling‘) ins Mikrophon: ‚Meuterei in
Wackersdorf‘ und spielt dann ‚Spinn i‘. Das Lied erzählt von einer Welt ohne
Haß, ohne eiskalte Profitinteressen, ohne kaltblütige Regierungen.“ (Allnutt et
al. 1986, S. 5)
Mit seinem Song traf Buchner die Stimmung auf dem Festival: Im Vorfeld war aus
Angst vor Auschreitungen über ein Verbot der Veranstaltung diskutiert worden. Die
beträchtliche Polizeipräsenz vor Ort stellte sich letztlich als unnötig heraus: Das
Festival verlief friedlich. Die Besucher hielten sich zurück, um der Staatsregierung
nicht die Möglichkeit zu bieten, sie als linke Chaoten zu brandmarken. Zum Geist des
gewaltfreien Protests passte Buchners Song von einer neuen Zeit des Friedens: „I hob
koa Wuad und des duad so guad“75 (Spinn i 1985)
Buchner solidarisierte sich beim Anti-WAAhnsinns-Festival mit einer Gruppe, die aus
traditionellen und progressiven Protestierenden zusammengesetzt war. Trotz seiner
exponierten Position wurde Buchner wegen seines Engagements in Wackersdorf nicht
angefeindet, wie er mir bei einem Interview erzählte: „Am Strauß hat’s bestimmt
gstunkn. Aber i hab da überhaupt nix ghört.“76 (Beyer 15.06.2011).
3.2.4. KONFRONTATION ZWISCHEN BUCHNER UND DER CSU
Bereits Ende der 1980er Jahre versuchte die CSU Buchner zu vereinnahmen. Damals
war er darüber sehr verstimmt, wie ein Interview des Magazins „Lichtung“ zeigt, das
den Protestierenden in Wackersdorf nahe stand:
„Als wir kürzlich in "Was bin ich?" auftraten; da war der Umweltminister
- 74 -
Dick als Gast da und drückte uns eine Platte in die Hand von der CSU, da
waren wir mit einem Lied drauf, auch der Konstantin Wecker. Die hatten uns
überhaupt nicht gefragt. [...] Sowas ärgert mich.“ (Ettl et al. 1988, S. 26)
Im Jahre 1991 geriet Buchner sogar in Konflikt mit dem Bezirkstagspräsidenten der
Oberpfalz. Das war der Süddeutschen Zeitung einen längeren Artikel wert.
Hans Bradl von der CSU besuchte am 3. Juli ein Haindling-Konzert im Serenadenhof
in Nürnberg. Obwohl Buchner sich politisch engagierte, bot seine Musik
Andockmöglichkeiten für seine ideologischen Gegner. Da die Texte seiner Lieder,
wie ich zeigen werde, oft auf verschiedene Weise verstanden werden, provozierten sie
nicht.
Der Konflikt entstand erst durch Buchners sehr viel eindeutigere Moderationen. In
einem Beschwerdebrief an Buchner schreibt Bradl:
„Zu meinem Entsetzen haben Sie das Konzert dazu benützt, über die Kosten
des Weltwirtschaftsgipfels zu freveln und damit den jungen Leuten Ihre
negative Meinung zu diesem Treffen aufzudoktrieren. [...] Denn bei einer
solchen Veranstaltung wie der Ihren kann niemand eine andere Meinung
vortragen und ausdiskutieren. [...] Ich bitte Sie deshalb, Ihre Äußerungen bei
Ihren Musikveranstaltungen zu unterlassen, sofern sie weiter in einem
demokratischen Staat leben.“ (zitiert nach Hummel 23.07.1992)
Bradl wendet das demokratische Recht auf Meinungsfreiheit gegen den ideologischen
Gegner im Kleinen, den er sofort mit dem ideologischen Gegner im Großen assoziiert.
Wie die Süddeutsche Zeitung bemerkt, erinnert seine Argumentationsweise an das
Denken in ideologischen Blöcken zur Zeit des kalten Kriegs (Vg. Ebd.). Der Gestus
ist der eines authoritären Staates, der ideologisch abweichende Meinungen nicht
toleriert.
Vom Kommunismus als Gegenideologie zum konservativen Kapitalismus der CSU
hat Buchner sich an anderer Stelle bereits 1987 klar abgegrenzt: „Ich bin doch kein
Kommunist, ich bin nur Umweltschützer.“ (Holoch 1987, S. 123)
An Bradls Anschuldigungen störte Buchner vor allem der Tonfall. Er verstand seine
eigenen Äußerung beim Konzert keinesfalls als staatsfeindlich, sondern als
bürgerliche Partizipation an der Politik (Vgl. Hummel 23.07.1992) im Sinne der
- 75 -
neuen sozialen Bewegungen.
Letztendlich ging es in diesem Streit auf beiden Seiten eher um den Modus der
Diskussion als um die Sache. Inhaltlich waren die Kontrahenten einer Meinung: Beide
fanden den Weltgipfel zu teuer. (Vgl. Ebd.)
3.3. HAINDLING ALS AUSHÄNGESCHILD FÜR BAYERISCHE IDENTITÄT
Die Ausgangsbedingungen für eine Zusammenarbeit zwischen Buchner und der CSU
waren alles andere als optimal: In den 1980er Jahren gehörten sie ideologisch
verfeindeten Lagern an. Dennoch gab es Vereinnahmungsversuche von Seiten der
CSU, auf die Buchner aber erbost reagierte.
Die Situation hat sich inzwischen gravierend geändert: Im Jahr 2000 wurde Buchner
vom damaligen Wissenschaftsminister Hans Zehetmair der Orden „Pro meritis
scientiae
et
litterarum“
verliehen.
2005
überreichte
ihm
der
damalige
Ministerpräsident Edmund Stoiber den Bayerischen Verdienstorden (Braun 2007, S.
154). Im selben Jahr erhielt Buchner auch den Sonderpreis des Bayerischen
Kulturpreises vom bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und
Kunst und der E.ON Bayern AG (E.ON Bayern 20.10.2005).
Neben diesen Ehrungen repräsentierte Buchner den Freistaat Bayern im Auftrag der
Staatsregierung mit seiner Live-Band bei öffentlichen Anlässen im In- und Ausland:
2003 auf der bayerischen Wirtschaftswoche in Montreal (Kanada) (Braun 2007, S.
141), zum Jahreswechsel 2004/2005 beim Neujahrsempfang der bayerischen
Vertretung in Berlin (Ruhland, Michael 03.06.2007), am 9. Juni 2006 bei der
Eröffungsshow zur Fußball-Weltmeisterschaft in München (Hutter 01.10.2005…, 2008,
2009 und 2010 in China und 2010 bei der Fußball-WM in Kapstadt, Südafrika
(Giessen 2011, Bayerischer Rundfunk 30.09.2010).
Anlässlich der Preisverleihung zum bayerischen Kulturpreis bezeichnete die E.ON
Bayern AG Buchner als „Stimme Bayerns“ (E.ON Bayern 20.10.2005).
Wissenschaftsminister Thomas Goppel äußerte sich ähnlich: „Der unverwechselbare
Musik-Stil von Haindling steht heute für Bayern wie jener der Beach Boys für
Kalifornien.“ (zitiert nach Vogler 2005)
Alle diese Indizien deuten daraufhin, dass Buchners Musik von der Staatsregierung
wiederholt eingesetzt wurde, um Bayern zu symbolisieren.
Warum hatte man sich für Buchner entschieden? Drei Gründe möchte ich
herausarbeiten: Erstens war Buchners Musik über 20 Jahre hinweg in Bayern
- 76 -
erfolgreich. Zweitens ist Buchners Musik geeignet, das moderne aber traditionell
verwurzelte Bayern zu repräsentieren. Drittens näherten wichtigen Persönlichkeiten
der CSU und Buchner sich an, indem sie ideologische Anknüpfungspunkte betonten
und Differenzen im Sinne des Pluralismus tolerierten.
3.3.1. GRÜNDE FÜR DAS INTERESSE DER CSU AN BUCHNER
3.3.1.1. ANHALTENDER ERFOLG VON BUCHNERS MUSIK
Seit fast 30 Jahren ist Hans-Jürgen Buchners Musik in Bayern präsent. Zwei Faktoren,
die in diesem Ausdifferenzierungs-Prozess eine Rolle gespielt haben, möchte ich
herausgreifen: Die kontinuierliche Präsenz von Buchners Musik im Fernsehen und der
Wiedererkennungswert, der ihr vielfach nachgesagt wird.
Bekannt wurde Buchners Musik durch den Deutschen Schallplattenpreis 1983 und
den Chart-Hit „Lang scho nimmer gsehn“ 1984 vom zweiten Album „Stilles
Potpourri“. Diese Erfolge ermöglichte das geschickte Management von Buchners
Plattenfirma, die ihn zum Beispiel in wichtige Fernsehsendungen buchte (Braun 2007,
S. 33). Das Nachfolgealbum „Spinn i“ von 1985 erreichte aber nicht mehr die selben
Chartplatzierungen.
Ein Jahr später gelang Buchner der Durchbruch als Filmmusikkomponist. Das
Bayerische Fernsehen strahlte die Serie „Irgendwie und Sowieso“ aus, die
mittlerweile Kultstatus in Bayern erreicht hat. Franz Xaver Bogner schildert darin die
Auswirkungen der 1968-Bewegung auf dem Land. Neben Rockmusik der späten
1960er Jahre waren darin auch viele Kompositionen Buchners zu hören.
Die Serie erfreut sich wohl auch deshalb bis heute großer Beliebtheit in einer Vielzahl
von Milleus und Gruppen, weil Bogner darin ein alternatives, modernes Bayernbild
entwirft. Elemente des Heimatfilms werden vermischt mit Revoluzzertum und
exotischen Einflüssen. Bogner ermöglicht damit Identifikation mit der Heimat Bayern
abseits von älteren Symbolsystemen, die zum Beispiel auf Alpenromantik und
Brauchtum beruhen. Er bringt die Elemente subversiv, bayerisch und weltoffen
zusammen.
Vermutlich passt Hans-Jürgen Buchners Musik deswegen so gut zur Serie: Diese
Elemente sind Teil seiner Identität. Das äußert sich nicht nur auf seinen Studioalben,
sondern auch in der Filmmusik zu „Irgendwie und Sowieso“.
Da Text und Sprache wegfallen, wird die Musik vor allem über die Instrumentierung
verortet. Die Titelmelodie hat Buchner mit einem Tenorhorn eingespielt, dessen
- 77 -
Klang mit bayerischer Blasmusik assoziiert wird. Ebenso verwendet Buchner im
Stück „Indien?“ einen Synthesizer-Klang, der an eine Sitar erinnert.
Der Bedeutungstransfer funktioniert aber auch umgekehrt: „Irgendwie und Sowieso“
vermittelt mit Dialogen, Charakteren und Landschaftsaufnahmen ein bestimmtes
Bayernbild, das Buchners Musik mit Bedeutung aufläd.
Die Serie war erst der Anfang einer langjährigen Zusammenarbeit zwischen Bogner
und Buchner. Eines der bekanntesten Lieder von Haindling ist „Paula“, die Titelmusik
der Bogner-Serie „Zur Freiheit“, die 1987 und 88 im Bayerischen Fernsehen
ausgestrahlt wurde. Es folgte die Serie „Café Meineid“, die von 1990 bis 2006 lief
(Vgl. Böglmüller-Buchner 2011).
Das löste einen regelrechten Boom seiner Instrumentalmusik aus: Insider Franz Xaver
Gernstl bezeichnet die Verwendung von Haindling-Musik im Bayerischen Fernsehen
in den 1990er Jahren Jahren als „inflationär“ (Barto, Riederinger 27.12.2005, 25:10).
Trotzdem verwendete er das Haindling-Stück „Noch in der Umlaufbahn“ als
Titelmusik für seine erfolgreiche Dokumentationsreihe „Gernstl unterwegs“.
Neben Dokumentationen und Serien taucht Buchners Musik auch in der Werbung auf.
Die Bayerische Versicherungkammer verwendte eine abgewandelte Version von
„Pfeif drauf“ in ihren Spots (ilija17061986 28.01.2008).
Buchners Musik war kontinuierlich präsent bei einem der wichtigsten medialen
Multiplikatoren im Freistaat, dem Bayerischen Fernsehen. Dadurch hatten Menschen
aus heterogenen Milieus die Möglichkeit mit ihr in Kontakt zu kommen. Irgendwie
müssen sich seine Soundtracks aber von anderen abgehoben haben, die Stück vieler
anderer Filmkomponisten werden nicht so unmittelbar mit ihrer Person verbunden.
Seit
Beginn
seiner
Karriere
überraschte
Buchners
Musik
durch
ihre
Außergewöhnlichkeit (Vgl. Haindling 1984, S. 151). Spätestens ab den 00er Jahren
wurde ihr große Wiedererkennbarkeit nachgesagt.
Die Moderatorin Sabine Sauer stellte Hans-Jürgen Buchner am 14.02.2002 bei einem
Interview in der Sendung „Unter vier Augen“ mit den Worte vor: „Den
unverwechselbaren Sound von Haindling, den kennt inzwischen Jeder.“ (Sauer,
Rösinger, 00:35) Ähnlich äußerte sich Franz Xaver Bogner in Bezug auf
Filmmusiken: „Im Laufe der Zeit is des ja mit den Konserven ganz übel geworden.
Alles klingt gleich. Und bei ihm klingt halt alles nach ihm.“ (Berg et al. 01.07.2007,
04:07)
Grund für diesen Wiedererkennungswert ist sicher zum Teil die nachgewiesene
- 78 -
Beziehung zwischen Buchners Identität und seiner Musik. Die Elemente, aus denen
seine Musik besteht, die Art wie er sie sich aneignet und wie er sie zu einem Hybrid
zusammenfügt sind charakteristisch für seinen Personalstil. Besonders leicht lässt sich
dass anhand ungewöhnlicher Instrumentierungen wahrnehmen - zum Beispiel
Blasmusik mit Synthesizer. Buchner war in Bayern der erste, der mit dieser Art von
Hybrid in der Öffentlichkeit bekannt wurde. Es gelang ihm seinen Sound als Marke
zu etablieren, indem er sie fortwährend im Bayerischen Fernsehen positionierte.
Neben Hybridität trägt auch Buchners Art zu phrasieren und sein Standard-Repertoire
an Begleitstrukturen und Melodiephrasen zum Wiedererkennungswert bei. Das
fördert Buchner auch bewusst. Was Auftragsarbeiten angeht, gilt sein früherer
Wunsch nach Innovativität anscheinend nicht mehr:
„Sauer: Besteht da nicht irgendwann die Gefahr, sich selber zu kopieren?
Buchner: Des is koa Gefahr, sondern des is ein Glück, weil wenn de Musiken
so ausgiebig san, dass ma sich selber drei, vier Mal imitieren kann, dann is des
eigentlich
was
wunderbares.
Weil
i
mach
ja
aa
teilweise
Auftragsproduktionen, zum Beispiel für Werbung oder [...] Melodien für
Sendungen. Und da sang de Leid dann zu mir: 'Mei du, mir hät ma so gern
was, was so klingt wia des [pfeift: "Pfeif Drauf"].“77 (Sauer, Rösinger
14.02.2002, 12:29)
Uninnovative Musik bietet Buchner kommerzielle Vorteile: Durch Wiederholung mit
geringen Variationen klingen seine Stücke ähnlich und sind damit wiedererkennbar.
Sie transportieren seine musikalische Identität. Den Vorwurf der Einfallslosigkeit
umgeht er, indem er umgekehrt argumentiert: Es sei ein Qualitätskriterium für seine
Musik, dass sie bei geringer Variation trotzdem spannend bleibt.
Verfügbarkeit und Wiedererkennungswert alleine erklären aber noch nicht, wieso
verschiedene Gruppen an die Musik von Haindling „andocken“ konnten.
3.3.1.2. MEHRDEUTIGKEIT - „BAYERN, DES SAMMA MIR“
Hans-Jürgen Buchner ist über ideologische Grenzen hinweg erfolgreich, obwohl er
sich in Interviews immer wieder klar positionert hat. Im Laufe der Zeit lernten
verschiedene Zielgruppen sie schätzen, die sich ideologisch stark unterschieden. Die
Journalistin Birgit Lotzte titelte am 2. April 1996: „Ein Außenseiter trifft jedermanns
- 79 -
Geschmack“. In ihrem Artikel beschreibt sie ein Konzert, bei dem Parteimitglieder
von SPD, Grünen und CSU gleichermaßen anwesend waren.
Schon in den 1980er Jahren gab Buchner Konzerte für Zielgruppen aus gänzlich
verschiedenen Millieus: Er spielte auf politischen Festivals wie dem AntiWAAhnsinns-Festival 1986 und dem Olof Palme-Friedensfestival 1987, die
tendenziell dem linken, anti-kapitalistischen Spektrum zuzuordnen sind. Zugleich war
der Auftritt 1986 beim 60. Geburtstag von Johannes von Thurn und Taxis ein erster
Schritt Richtung High Society, zu denen auch die Führungspersönlichkeiten
kapitalistischer Instanzen gehören (Siehe Braun 2007, 56-75). Buchners Musik
scheint Anknüpfungspunkte für Gruppen mit entgegengesetzten Ansichten zu bieten.
Die Film- und Instrumentalmusik transportiert ohnehin keine eindeutige Botschaft,
nur vage Assotiationen mit Bayern durch die Verwendung im Bayerischen Fernsehen.
Viele Songtexten sind nicht in der Absicht verfasst, eine ideologische Botschaft zu
verbreiten. In „Lang scho nimmer gsehn“ zum Beispiel lässt sich kaum ein tieferer
Sinn hineinlesen.
Doch selbst die Lieder, mit denen Buchner Stellung nehmen will, erzeugen keine
Kontroverse. Ihre Mehrdeutigkeit ermöglicht den Erfolg in verschiedenen
ideologischen Gruppen, die sich ihre eigene Lesart der Songs zurechtlegen. Ein
besonders eindrucksvolles Beispiel ist das Lied „Bayern“ vom 1998er Album
„Zwischenlandung“. Der vollständige Text lautet:
Seid`s freindlich, - jawoi.
Seid's freindlich, hab i g`sagt, - jawoi.
Bayern, des samma mir,
Seid's freindlich, hab i g`sagt, no amoi,
Bayern und des bayerische Bier.
- jawoi.
Bayern und des Reinheitsgebot,
Mir kannst' no a Weissbier bringa!
des is unser flüssiges Brot.
Bayern, des samma mir, - jawoi.
|: Bayern, des samma mir,
Bayern, des samma mir, - jawoi.
Bayern und des bayerische Bier.
Bayern, jawoi, des samma mir,
Bayern, des samma mir,
Bayern und des bayerische Bier.
Bayern, jawoi, des samma mir,
Bayern, des samma mir,
Bayern und des Reinheitsgebot,
mir samma mir, des samma mir.
des is unser flüssiges Brot.
- 80 -
Bayern und des bayerische' Bier, -
Bayern, des samma mir.
Bayern, jawoi, des samma mir. :| 3x
Seid`s freindlich!
Bayern und des Reinheitsgebot,
(Meine Transskription auf Basis des
Bayern und des Reinheitsgebot,
Booklets (Bayern 1998))
Der Text von „Bayern“ ist einfach und repetitiv. Er wiederholt immer wieder die
selben Motive: Bayern, Bier und Reinheitsgebot. Die Musik ist genauso
minimalistisch wie der Text. Bis auf einen kurzen instrumentalen Zwischenteil
wiederholt sich mit geringen Variationen dasselbe achttaktige Pattern. Es reduziert die
Musiksprache der bayerischen Volksmusik auf das äußerste Mindestmaß:
Notenbsp. 7: Ausschnitt aus „Bayern“ (Beginn bei 0:46), Transskription LB
- 81 -
Die Hauptmelodie besteht aus nur zwei Tönen, Grundton und Leitton, unterlegt mit
den Basisharmonien Tonika und Dominante. Die Textur entspricht der spieltechnisch
einfachsten Polka-Begleitform: Grundton und Nachschlag, ohne Wechselbass. Dieses
Grundmuster bleibt bis auf den Zwischenteil gleich, der Gesangsrhythmus variiert
aber je nach Text. Das Pattern wird im Laufe des Songs immer reicher instrumentiert,
zum Beispiel mit Klavierbegleitung und mehrstimmigem Gesang.
Über seine Intention bei der Komposition sagte Hans-Jürgen Buchner mir im
Interview:
„‚Bayern‘ is entstanden, weil i a ganz a böses Liad machn wollt über Bayern.
Da wär aa dann vorkemma ‚Bayern – da san de Schweinhaxn groß‘, i woaß
jetz den Reim nimmer. „Bayern braucht Atom – woher nehmen mir sonst
unsern Strom“. [...] Entstanden is eigentlich im Bad. [...] ‚Bayern des samma
mir, Bayern und des bayrische Bier.‘ Und des war halt so blöd, dass i ma
denkt hab: ‚Ja, des is jetz a Lied, wo jeder merkt, wie i eigentlich des Bayern
sehg.‘ [...] Mit seiner überholten Trachtlerfreundlichkeit, [...] des Lebn
existiert ja auch nicht mehr. Wenn i heut mit’m Porsche in der Lederhosn
auf’s Oktoberfest fahr, dann is das was anders, wie wenn die früher einfach a
Lederhosn oghabt habn. Und heut is‘s Mode. Und dann hab i halt des Lied
ghabt, hab aber des mit’n Atom wieder rausgstrichn, weil i ma denkt hab, des
is z’vui Information. Des muass so blöd sei, dass ma blos oans hat, des ma da
gröhlen kann.78“ (Beyer 15.06.2011)
Der Minimalismus des Songs ist als bewusste Banalität gedacht. Buchner karikiert
eine bestimmte bayerische kulturelle Identität, die sich durch Selbstgefälligkeit,
Inhaltsleere und fehlendes Hinterfragen auszeichnet. Durch die ständig wiederholte
„Wir“-Rede wird kollektive Identität beschworen. Doch die Selbstdefinition ist ein
Zirkelschluss ohne Inhalt: „mir san mir“. Die ständige Bekräftigung wirkt lächerlich,
denn neben der Selbstbestätigung im Diskurs besteht die kollektive Identität nur aus
Abgrenzung und stereotypen Symbolen.
Buchner nennt beispielhaft das Bier. Dieses Getränk wird durch das Reinheitsgebot zu
etwas besonderem. Um etwas „rein“ zu halten, muss es jedoch vor Vermischung
geschützt werden. Im Subtext schwingt kultureller Rassismus mit: Vermischung mit
Anderen gefährdet die bayerische Kultur.
- 82 -
Das Intro karikiert den militärischen Tonfall, den Buchner mit konservativen
Traditionshütern wie Trachtenvereinen assoziiert. Die Passage karikiert auch die
einseitige Deutungshoheit an diesen Gruppen: Ein Einzelner gibt Befehle, die Gruppe
bestätigt gehorsam ohne zu hinterfragen, auch wenn das Geforderte noch so sinnlos
is: „Seid‘s freindlich!“.
Die Musik ist eine Ansammlung von Stereotypen und entspricht der Banalität des
Textes. Damit dieser Minimalismus nicht langweilig wird, verändert Buchner die
Volksmusikelemente im Detail nach seinen eigenen Vorstellungen, zum Beispiel
durch das Ersetzen des Tuba-Basstons durch einen Beckenschlag auf die vierte
Zählzeit jedes Taktes.
Text und Musik beziehen ihre Bedeutung im Sinne Buchners aus ihrer Inhaltsleere:
Sie entlarven ein radikales Verständnis von kollektiver Identität als leeres Konstrukt.
Die Selbstgerechtigkeit konservativer Identitätshüter ist auf Luft gebaut. Der Song
könnte sich damit auch gegen die Instanzen mit Deutungshoheit im Bereich der
kulturellen Identität richten: Die CSU-geführte Staatsregierung. Die Partei hat gemäß
den Ergebnissen von Mathias Röthinger (2009) die Symbolik der heutigen kulturellen
Identität in Bayern geschaffen.
Was Buchner mit dem Song „Bayern“ vor hatte, ähnelt den subkulturellen Strategien,
die der Soziologe Dick Hebdige beschreibt. Im Kapitel über Ideologie bin ich bereits
auf sie eingegangen. Buchner untergräbt die dominante Bedeutung bestimmter
Objekte und transferiert sie dadurch von der gegnerischen Ideologie zur eigenen. Das
Symbolsystem bayerischer Identität wird seiner ursprünglichen Bedeutung entkleidet:
Statt für positive Affirmation eines bestimmten Bayernbildes zu stehen, werden die
Symbole durch Zuspitzung und Übertreibung als inhaltsleer entlarvt. Dadurch laden
sie sich mit neuer Bedeutung auf: Sie stehen nun für eine Kritik an der
Selbstgerechtigkeit bestimmer bayerischer Identitätskonstrukteure.
Buchners Kritik funktioniert in der veröffentlichten Fassung viel subtiler, als im
ursprünglichen Textentwurf. Dort benannte er mit „Bayern braucht Atom - Woher
nehmen mir sonst unsern Strom“ sehr viel eindeutiger Inhalte der AntiAtombewegung.
Gerade weil der Song so wenig Informationen enthält, sind die Bedeutungslücken
groß. Die grundsätzliche Ausrichtung ist zwar klar: Es geht um Bayern und kollektive
Identität. Darüber hinaus ist das Lied aber mehrdeutig, denn die kritische Lesart ist
sehr subtil eingearbeitet. Das hat dazu geführt, dass es in ideologisch
- 83 -
entgegengesetzten Gruppen erfolgreich war, weil diese verschiedene Bedeutungen
hineinlasen.
Das ist durchaus im Sinne von Buchner:
Mir gfoit des guat, wenn ma in der Musik durch kurze Sätze dem Publikum
oder dem Zuhörer die Möglichkeit gibt, seine eigene Geschichte rauszufinden,
ned umbedingt jetz zu wissen: 'Aha, der moant des.' Sondern jeder kann sich
seine Interpretation selber macha, was i da in dem Text moan oder was i
vielleicht a ned moan.79 (Sauer, Rösinger 14.02.2002, 20:33)
Außerdem verpackt Buchner Kritik gerne lustig, um ihr die Schärfe zu nehmen
(Barto, Riedinger 27.12.2005, 18:14).
Das Bedeutungsspektum des Songs „Bayern“ lässt sich mit zwei Extrempositionen
umreißen: Das Lied wird sowohl im Sinne Buchners als Satire auf bayerische
Selbstgefälligkeit verstanden, zum anderen aber auch völlig Ernst genommen und als
Ausdruck des Bayerntums interpretiert. Zwischen diesen beiden Pole existiert ein
breites Kontiuum von Lesarten: Das Lied kann zum Beispiel als Satire verstanden
werden, aber dennoch Identifikation mit Bayern ausgedrücken.
Buchner selbst stellte bald fest, dass sein Song bisweilen von Bürgertum und
Establishment entgegen seiner Intention interpretiert wurde:
„Und dann ham ma da mit dem Lied auf oamoi a Hitparade ghabt, ZDF
Hitparade in Baden-Baden. Und dann bin i mit’m Zug hoam gfahrn, [...] am
nächsten Tag. [Und dann hat] der Schaffner zu mir gsagt: ‚Hey, da habt’s aber
jetz a schöns Lied‘. Und dann hab i ma denkt: ‚Hey, der hat des jetz anders
verstanden als i des eigentlich wollt.‘ Und dann habn mir des Lied in
Regensburg zur 750 Jahr-Feier von irgendwas gspuid. Da war dann der
Stoiber dort, Bischöfe warn dort und der Beckstein war dort. Also de ganze
politische Prominenz. [...] Und dann hamma des ‚Bayern‘ gspuit. Und dann
hab i ma denkt: ‚Jetz bin i gspannt‘. Des hat da no koana kennt. Und dann hat
der Stoiber glei mitklatscht und de Bischöfe ham si gfreut und so [Anm. LB:
streckt Daumen nach oben] hams gmacht. [...] Und so hat si des Lied praktisch
verselbstständigt, is jetzt a Bierzelthit wordn und a Almhütten-Hit. Und i
muass drüber lachn.“80 (Beyer 15.06.2011)
- 84 -
Buchner hat mit dieser Lesart des Liedes als eine Art Nationalhymne kein Problem.
Acht Jahre nach „Bayern“ schuf Buchner das satirefreie Gegenstück. Zusammen mit
dem Chor der Reisigen aus Landshut gewann Buchner das Bayern 1-Quiz „Bayerns
beste Bayern“ mit einem Arrangement der Niederbayernhymne. Schon der Titel des
Wettbewerbs zeigt, dass der Bayerische Rundfunk hier in essentialistischer Weise
versuchte, nationale Identität zu thematisieren (Regierung von Niederbayern
17.11.2006).
Für die Auftragskomposition war er scheinbar bereit über ideologische Differenzen
hinwegzusehen. Das schließe ich aus einer Äußerung über die Platte „Vivaldi & Vier
Jahreszeiten“, für die er seine Abneigung gegen Klassik überwand: „I hab a scho die
Vivaldi-Plattn gmacht auf Auftrag. Hätt i nie gmacht
aber weil i hoid den Auftrag
griagt hab...“81 (Beyer 15.06.2011)
Neben dem konservativen Kontext ist der Song auch in der Jugendkultur präsent.
Auslöser dafür war vor allem das Video „Rammstein – Bayern, des samma mir.“ Es
ist ein faszinierendes Beispiel für die Kombinierbarkeit von Symbolen und die
Möglichkeit, demselben Objekt ganz unterschiedliche Bedeutungen zuzuweisen.
Der damals 21jährige Alex Gruber unterlegte einen Ausschnitt aus einem RammsteinKonzert mit dem Song „Bayern“ um ein „Ironisch-Witziges Video zu machen.“
(Haindling Freunde. Alex Gruber. 27.05.2009)
Die Band Rammstein ist dem Metal-Genre „Neue Deutsche Härte“ zuzurechnen. Um
zu provozieren fügten sie ihr Image unter anderem aus Symbolen eines alten,
pathetischen Deutschtums zusammen, von dem sich das Land nach dem zweiten
Weltkrieg losgesagt hatte. Die Band gilt als eine der international erfolgreichsten
deutschen Metal-Bands überhaupt.
Alex Gruber verwendete Filmmaterial von der „Völkerball“-DVD, dass die Band bei
einem Auftritt im Juli 2005 im Amphitheater von Nîmes zeigt. Ein Teil der Musiker
trägt schwarze Lederkleidung und zeigt muskulöse Arme. Von der Bildsprache her
bezieht sich die Band damit auf die Codes des Heavy Metal (Gruber 18.08.2007).
Gitarrist Paul Landers und Keyboarder Christian „Flake“ Lorenz tragen aber
Lederhosen, Flake imitiert sogar den bayerischen Schuhplattlertanz. Drummer
Christoph Schneider äußerte sich zur Auswahl dieser Bühnenkleidung: "Wir sind ja
eine deutsche Band und überlegten uns, mit was man Deutschland assoziiert - und da
- 85 -
kamen wir auf die Trachten." (Die neue Melancholie 2005)
Rammstein verwendete Trachten, um Klischees des Deutschtums zu bedienen, sie
aber gleichzeitig ironisch zu brechen. Dieser subversive Umgang mit nationalen
Symbolen verbindet den Song „Bayern“ und die Bühnenperformance von Rammstein.
Der Humor des Videos entsteht durch die Diskrepanz zwischen Bild und Ton: Alex
Gruber gelang es durch geschickte Manipulation einem französischen Metalpublikum
und einer in Berlin gegründeten deutschen NDH-Band die bayerische Identität in den
Mund zu legen. Der „harten“ Bildsprache der DVD steht der „weiche“ Klang
bayerischer Blasmusik entgegen.
Das Video erreicht im Internet ein großes Publikum, nachdem Alex Gruber es am
18.08.2007 auf YouTube stellte82. Die Band Rammstein verlinkte es auf der Startseite
ihrer Homepage und in ihrem Newsletter (Haindling Freunde. Alex Gruber.
27.05.2009). Auch Hans-Jürgen Buchner fand Gefallen an dem Video: „Irgendwie
hab i da bloß no lachn kenna.“ (Beyer 15.06.2011) Im Sommer 2008 gab Michael
Braun bei Alex Gruber das Video „Haindling - Du Hast (‚Rammstein – Bayern‘
Revenge)“ in Auftrag. Gruber schnitt Filmmaterial von einem Haindling-Auftritt beim
Münchner Tollwood-Festival passend zum Song „Du Hast“ von Rammstein
zusammen (Gruber 24.98.2008).
Alex Grubers Kollage „Rammstein - Bayern des samma mia“ ist eine reichhaltige
Kombination von Symbolen aus verschiedenen Kontexten: Metal-Subkultur, deutsche
Identität, bayerische Identität und deren subversive Brechung.
Deswegen bietet das Video „Andockmöglichkeiten“ für eine Vielzahl von Gruppen.
Es hat den Erfolg des Songs „Bayern“ bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen erst
möglich gemacht. Die oberbayerische Coverband „Nirwana“ zum Beispiel spielt den
Song erst, seitdem er durch das Youtube-Video bekannt wurde (Bayerische Bands
setzen im Fasching auch auf bodenständige Texte 04.03.2011).
Eine Recherche auf YouTube zeigt, in wieviele verschiedene Kontexte der Song
durch Verbreitung im Internet diffundiert ist: Es gibt einen Hiphop- (ScHiggE 2008)
und einen Hardcore-Techno-Remix (Hardcore Masterz Vienna 2009), Coverversionen
von Metal- (Ignaz66692 2010) und Bierzelt-Bands (HomerSimpson1983 2009).
„Bayern“ ist ein herausstechendes Beispiel dafür, wie die Ambiguität von HansJürgen Buchners Musik für ihn zum Erfolgsrezept geworden ist. Weil seine Songs
häufig
verschiedene
Lesarten
anbieten,
können
sie
über
Ideologien
und
Gruppenidentitäten hinweg zum Hit werden. Dazu trägt auch bei, dass Buchner diese
- 86 -
Vereinnahmung toleriert. Die Partei entdeckte sogar, dass Buchners Musik bestimmte
Aspekte ihrer kollektiven Identität gut repräsentieren konnte.
3.3.1.3. BUCHNERS MUSIK REPRÄSENTIERT „TRADITION UND FORTSCHRITT“
Leitmotiv der CSU-Politik ist der Slogan „Tradition und Fortschritt“ und sein Pedant
„Laptop und Lederhose“. Zu diesem Ergebnis kommt Mathias Röthinger in seiner
Studie „Die Corporate Identity Bayerns“ (2009).
Rein formal bezieht sich „Tradition und Fortschritt“ auf eine Politik, die
Vergangenheit und Zukunft gleich gewichtet. Konkret verknüpft sie progressive
Wirtschaftspolitik mit dem Bezug auf Vergangenes im kulturellen Bereich. Ziel ist es,
den
Wohlstand
durch
ökonomische
Maßnahmen
zu
sichern
und
durch
Geschichtsbewusstsein und Volkskultur regionale Identität zu schaffen und zu
festigen (Vgl. Röthinger 2009, S. 389).
Im globalen Zeitalter versucht die CSU ihre Politikziele umzusetzen, indem sie zwar
wirtschaftlich auf internationale Vernetzung setzt, diese aber lokal einbettet (Vgl.
Bausinger 2007, S. 179). Dieser Prozess wird in der Globalisierungstheorie als
Glokalisierung bezeichnet: Der Entbettung internationaler Güter wird durch die
Einbettung in lokale Zusammenhänge entgegengewirkt.
Neben Wirtschaftszusammenhängen wird das Konzept auch im kulturellen Bereich
angewendet. Hier bezeichnet es unter anderem Hybride aus lokalem und globalen
Kulturelementen.
Hans-Jürgen Buchners Musik ist ein Ergebnis von Glokaliserungsprozessen. Wie
bereits gezeigt wurde, sind viele seiner Stücke Edward Larkeys Kategorie der
transcultural tradition zuzuordnen. Buchner ließ sich von international verfügbaren
Musiken inspirieren und vermischte sie mit lokalen Elementen. Durch sie ist in seiner
Musik der Bezug auf regionale Tradition erkennbar, sie wirkt aber modern, da sie
Einflüsse aus zeitgenössischen Musiken enthält.
Buchner hat seinen Stil geschaffen, um damit seine individuelle Identität
auszudrücken, die aus traditionellen und modernen Elementen zusammengesetzt ist.
Völlig unbeabsichtigt entspricht diese Konstellation aber auch der kollektiven
Identität der CSU. Seine Musik eignet sich dadurch hervorragend um „Tradition und
Fortschritt“ in Bayern zu repräsentieren.
Führende CSU-Politiker haben das erkannt und auch geäußert. Michael Braun traf
zum Beispiel 2003 bei den bayerischen Wirtschaftswochen in Montreal auf Edmund
- 87 -
Stoiber. Er zitiert ihn in seinem anekdotischen Bericht mit den Worten: „Das war aus
musikalischer Sicht das, was, äh, Bayern in musikalischer Weise charakterisiert, also,
irgendwie könnte man sagen, äh, Haindling ist wie Laptop und Lederhosen,
musikalisch meine ich.“ (Braun 2007, S. 142)
Davon hat Buchner sich in seinem Anti-Stoiber und Anti-CSU-Song „Hutzmandl“
abgegrenzt: „Laptop jetz amoi a Zeit lang ohne Lederhosn“ (Hutzlmandl 2002). Beim
Neujahrskonzert 2005 hat er den Song sogar vor Edmund Stoiber selbst gespielt. Weil
die Kritik aber – wie am Beispiel „Bayern“ gezeigt – sehr subtil ist, hatte das keine
Konsequenzen.
3.3.2. DIE ÜBERWINDUNG
DES IDEOLOGISCHEN
KONFLIKTS
ZWISCHEN
BUCHNER
UND CSU
3.3.2.1. PLURALISMUS UND TOLERANZ
Im Interview äußerte sich Hans-Jürgen Buchner über seine früheres Verhältnis zur
CSU: „Früher war i scho so gwesn, dass i gsagt hab: 'Mit dene red i ned.' [...] Hab i
als Feinde betrachtet.“83 (Beyer 15.06.2011) Die ideologischen Fronten waren
verhärtet.
Das änderte sich laut Buchner erst 2003, als die bayerische Staatskanzlei Haindling
einlud, den Freistaat bei der bayerischen Wirtschaftswoche in Montreal musikalisch
zu vertreten (Barto, Riedinger 27.12.2005, 02:30). Am Rande des Auftritts in Kanada
lernte Buchner die anwesenden CSU-Politiker näher kennen.
„De niederen CSUler, de unterm Staatssekretär oder aa Staatssekretäre, de san
ja eigentlich garned so CSU-mäßig, [...] wie die Minister des darbieten. Weil
de san natürlich stoahart in eanane Aussagen und unterhalten si dann aa mit de
Grünen und mit de SPDler. De sitzn da am Tisch und feiern miteinander.“84
(Beyer 15.06.2011)
Was Buchner also überzeugte war die pluralistische Gesinnung der CSU-Politiker. Sie
akzeptierten ihn trotz abweichender Ideologie. Aus Buchners Sicht kam ein
gleichberechtigter Dialog zustande:
„Aber mittlerweile is a so, dass i ma denk: 'Wenn jetz i oder Meinesgleichen
mit dene ned redt, was hät des dann für an Sinn?' Was hat des für an Sinn,
- 88 -
wenn i da a öffentliche Feindschaft erklär. Dann sagn de: 'Ja der, was wuist
denn mit dem?' Und aso kann ma doch amal, wenn ma sich irgendwia bissl
näher kennt, aa wenn ma amoi a Naturschutzanliegen hat oder dene sagn will:
'Hey, hörts amal zu, Mensch. Was ihr da macht's. Und so.' Dann kann i doch
mit dene redn. Und des is a ned sinnlos.“85 (Ebd.)
Was Buchner an der CSU scheinbar gestört hatte, war deren authoritärer Gestus und
das Nicht-Akzeptieren von anderen Ideologien. Mittlerweile hat er wohl das Gefühl,
akzeptiert zu werden und in einen gleichberechtigten Dialog treten zu können. Das
der Pluralismus Einzug gehalten hat, lässt sich aus einem Statement des CSUPolitikers Erwin Huber ablesen:
„Als Niederbayer schätze ich Haindling. Obwohl ich mit Hans-Jürgen Buchner
politisch in vielem nicht übereinstimme. Aber auch wenn so genannte linke
Künstler gefördert werden, dann entspricht das unseren Vorstellungen. Da sind
wir souverän. Das ist bayerische Liberalität. Wir wollen keine schwarze oder
rote Musik.“ (Issig 08.06.2003)
Die Zeiten polarisierender Äußerungen im Stil von Franz-Josef Strauß sind vorbei.
Der ideologische Konflikt zwischen Buchner und CSU-Protagonisten konnte dadruch
abgebaut werden.
3.3.2.2. IDEOLOGISCHE ANKNÜPFUNGSPUNKTE - SPRACHE ALS HEIMAT
Buchner und CSU-Politker haben inzwischen Berührungspunkte entdeckt: Das
Engagement für den bayerischen Dialekt zum Beispiel.
In der Diskussion um eine Radioquote für bayerisch- und deutschsprachige Musik im
Bayerischen Rundfunk standen der damalige Medienminister Erwin Huber und HansJürgen Buchner auf der selben Seite. Ihr Wunsch nach Förderung des Dialekts
entspricht strukturell dem Gedankengut des kulturellen Nationalismus – allerdings
wenden sie es nicht auf einen Nation sondern auf die Region Bayern an.
Huber betonte aber im Interview mit der Welt am Sonntag, es gehe ihm darum, „junge
Künstler aus Bayern und Deutschland zu fördern - auch dann, wenn sie Englisch oder
in einer anderen Sprache singen.“ (Issig 08.06.2003) Das erklärt allerdings nicht,
warum die Quote dann dennoch an die Sprache gebunden gewesen wäre.
- 89 -
Hans-Jürgen Buchner nahm an einem runden Tisch zum Thema teil, den Erwin Huber
organisiert hatte. Auch ihm ging es um die Förderung junger musikalischer Talente
aus Bayern. Im Bayerischen Rundfunk äußerte er sich an anderer Stelle kritisch zu
jungen Künstlern, denen er unterstellte, nur auf Englisch zu singen, weil sie Erfolg auf
dem internationalen Markt anstrebten. Für ihn selbst kam das nicht in Frage (Vgl.
Riermeier, Bönte 05.02.2006, 14:23). Dialekt war in der Anfangszeit seiner
Musikkarriere Mittel zur Abgrenzung vom kommerziellen, englischsprachigen
„Mainstream“.
Mittlerweile hat sich das gewandelt. In einem aktuellen Interview sagte Buchner: „Die
Sprache, das ist Heimat.“ (Winkler 2011, S. 18) Dazu ist anzumerken, dass er sich in
Fragen zur Heimat immer bemüht hat, sich von nationalem Gedankengut
fernzuhalten. In seinen Äußerungen zum Dialekt scheinen aber doch Ideen des
kulturellen Nationalismus auf. Er möchte den bayerischen Dialekt vor Überfremdung
schützen. Dabei wendet er sich zum einen gegen den globalen anglo-amerikanischen
Mainstream, zum anderen gegen Hochdeutsch-Sprecher. Sie bedrohen seiner
Meinung nach die regionale Identität, denn durch die Vermischung der Sprachen
verschwimmen die Grenzen (Schmidbauer et al. 20.05.2004, 32:32). Seine Ansichten
im Bereich der Sprache unterscheiden sich damit gravierend vom AntiEssentialismus, den er im Bereich der Musik pflegt.
In der Radioquoten-Diskussion vertrat er damit in der Öffentlichkeit einen
Standpunkt, der vom Gedankengut her extremer war als Hubers. Eine gesetzliche
Regelung hielt er dennoch nicht für zielführend, da sie zu sehr auf Zwang setze (Die
CSU scheitert an der CSU, 05.06.2003). Letzlich scheiterte Erwin Huber mit seinem
Vorstoß an der eigenen Landtagsfraktion (Ebd.).
3.3.2.3. IDEOLOGISCHE DIFFERENZ – UMWELTSCHUTZ
Auch im Bereich Umweltschutz hat sich seit den 1980er Jahren einiges verändert.
Buchners Engagement für Naturschutz war für ihn auch ein Mittel, um sich von
ideologischen
Gegnern
abzugrenzen.
Heute
ist
Umweltbewusstsein
zum
Verkaufsargument geworden und als solches völlig konventionell: Öko- und
Bioprodukte sind in aller Munde, Natur und Natürlichkeit ist ein beliebtes Motiv in
der Werbung. Das Gedankengut der Ökologiebewegung hat seinen antikapitalitischen Kern eingebüsst. Durch den Konsum der Massengesellschaft, den es
eigentlich kritisiert hatte, ist es zum Konsens geworden.
- 90 -
Die selben wirtschaftlichen Interessen, die in den 1980er Jahren hinter dem Bau der
Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf standen, sind jetzt Triebkraft der
Umweltschutzpolitik der CSU. Kernenergie hat als Zukunftstechnologie ausgedient,
der neue Trend ist die Umwelttechnologie. In einem Artikel der Süddeutschen
Zeitung wird Bayern als „Exportweltmeister“ in diesem Bereich bezeichnet.
Umweltminister Markus Söder bezeichnet den „Klimaschutz als die globale
Herausforderung unserer Zeit”, spricht von „die Bewahrung der Schöpfung“ und
„Versöhnung von Ökologie und Ökonomie“ (Der Schnappauf in Söder 2009, S. 33).
Die CSU kann sich dabei auf ihre lange Tradition in diesem berufen: Naturschutz
entstammte wie erwähnt ursprünglich völkisch-nationalem Gedankengut.
Zumindest oberflächlich betrachtet war es für die Staatsregierung also kein
Hinderungsgrund, dass Buchner sich für Umweltschutz engagiert. Hans Zehetmair
erwähte das sogar in seiner Laudatio bei der „Pro meritis“-Preisverleihung im Jahr
2000.
Für Buchner blieb seine Mitgliedschaft beim Bund Naturschutz dennoch ein Mittel,
um sich von der CSU abzugrenzen und den rebellischen Teilaspekt seiner Identität
aufrechtzuerhalten. Besonders das regionale Thema Rhein-Main-Donau-Kanal spielte
nach wie vor eine Rolle.
Seine Provokationen, wie zum Bespiel bei der Veranstaltung „200 Jahre Naturschutz
in Bayern“, erzeugen aber kein negatives Echo mehr.
„Da is der Stoiber in der ersten Reihe gsessn, und der Schnappauf [Anm. LB:
Damals bayerischer Umweltminister] und dahinter san ungefähr 300 von de
Naturschutzverbände gsessn. Und dann hab i [...] Klavier gspuid, und hab
gsagt, dass i träumt hab, dass der Stoiber auf einmal gegen den Rhein-MainDonau-Kanal is. [...] Und, hab i dann gsagt, dass der Stoiber [...] in der zwoatn
Generation so berühmt wordn is, wie der König Ludwig, weil dann ham de
gsagt: 'Schau her, [...] der Edmund Stoiber hat uns des ermöglicht, dass ma mir
jetz no de frei fließende Donau sehn, de jetz ned betoniert is.' Und [...] de
Naturschützer habn glacht und gschrien vor lauter Freud. Und des war
natürlich scho a Ding. Und hinterher hat der Schnappauf dann zu mir gsagt
[...]: 'Also Herr Buchner, so eine Frechheit kann nur einer, das sind sie.'86
(Beyer 15.06.2011)
- 91 -
Es gibt noch zahlreiche weitere Beispiele für Veranstaltungen, bei denen Buchner der
CSU entgegengesetzte Meinungen vertrat. Er nahm zum Beispiel 2010 und 2011 an
Demonstrationen gegen die Laufzeitverlängerung der deutschen Kernkraftwerke teil
und
äußerte
sich
nach
dem
Reaktorunglück
in
Fukushima
in
einer
Diskussionssendung zum Thema "Atom-Schock: Was wird jetzt aus unseren
Kernkraftwerken?". Seine Argumente entsprachen denen der Anti-AKW-Bewegung
in den 1980er Jahren. (Schöberl 16.03.2011, 09:30).
Buchner ist aber auch bereit, im Bereich Umweltschutz Zugeständnisse zu machen.
Wie erwähnt war der mit 5000 Euro dotierte bayerische Kulturpreis, den er 2005
erhielt, von E.ON gesponsort. Der Energiekonzern unterhielt zu dieser Zeit neun
Kernkraftwerke in Deutschland, unter anderem das Atomkraftwerk in Ohu, gegen das
Buchner beim Anti-WAAhnsinns-Festival und in der Sendung „Nach der AtomKatastrophe“ protestierte. Der Journalist Rolf Thym zitierte ihn in der Süddeutschen
Zeitung: „‘Mei“, sagte Buchner, die letzte Zigarette vor der Verleihung rauchend, „ich
hab’ den Preis gekriegt, und jetzt nehm’ ich ihn auch.‘ (Thym 22.10.2005, S. 60)
Das erinnert an seine Aussage, er sei ein Auftragsmensch. Wie er für Aufträge bereit
ist, ideologische Bedenken zu überwinden, so scheinbar auch für Preise. Außerdem ist
da noch Buchners Äußerung zum Bayerischen Verdienstorden: „Ja, ich habe mich
schon gefreut, dass ich diesen Orden bekommen habe. Ich glaube schon auch, dass es
da keinen Falschen getroffen hat [...]“ (Reuß, Toepsch 28.12.2009, S. 14)
Der Bund Naturschutz hat ihm seine Zusammenarbeit mit der CSU genauso wenig
übel genommen, wie die Tatsache, dass er den Bayerischen Kulturpreis von E.ON
annahm. Der Verein verlieh ihm 2009 die Naturschutzmedallie. In der Laudatio stellte
Hubert Weiger ihn als herausragendes Mitglied des Bund Naturschutz dar, der sich
durch sein öffentliches Eintreten für Naturschutz, durch seine „Glaubwürdigkeit und
Beliebtheit“ um den Verein verdient gemacht habe. Buchners Engagement für den
bayerischen Dialekt vereinahmte der Redner für den Bund Naturschutz, da die
Wurzeln des Vereins in der Heimatschutzbewegung lägen. Entschieden ordnet Weiger
ihn der kollektiven Identität des Bund Naturschutzes zu und nennt insbesondere den
Donauausbau und Wackersdorf als Themen, um die Buchner sich verdient gemacht
hat (Weiger 06.04.2008).
Buchners Weg unterscheidet sich ganz erheblich von vergleichbaren Musikern. Die
drei Well-Brüder, besser bekannt als Biermösl Blosn, veröffentlichten ebenfalls eine
Anti-Nationalhymne: „Gott mit dir, Du Land der BayWa“. Das Lied führte 1979 zu
- 92 -
einem Skandal, als der Bayerische Rundfunk es im Vorfeld der Neujahrsansprache
des bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß sendete. Die Musiker sangen
die bayerische Hymne „Gott mit dir du Land der Bayern“ dreistimmig und a cappella,
wie es der Musiksprache der damaligen alpenländischen Volksmusikpflege entsprach.
Doch den Text hatten sich erheblich abgewandelt: Die Biermösl Blosn kritisierte
darin die Industrialisierung des Ackerbaus: „Gott mir dir, du Land der BayWa,
deutscher Dünger aus Phosphat“ statt „Got mit dir, du Land der Bayern, deutsche
Erde, Vaterland.“ Im Gegensatz zu Buchners „Bayern“ kann von Mehrdeutigkeit
keine Rede sein.
1986 spielte die Gruppe wie Buchner auf dem Anti-WAAhnsinnsfestival. Später
freundeten sie sich mit der Punk-Band „Die Toten Hosen“ an, die dort ebenfalls
auftrat. Haindling dagegen ließ „Die Toten Hosen“ bei einem gemeinsamen Auftritt
hinter dem eisernen Vorhang im Stich, als diese gegen die authoritären Maßnahmen
des kommunisitischen Staats protestieren (Braun 2007, S. 88).
Auch die Biermösl Blosn bekam von der CSU einen Preis angeboten, den sie
allerdings aus ideologischen Gründen ablehnte. Die Gruppe schreibt auf ihrer
Homepage: "1997 Ehrenhafte Verweigerung des Oberbayerischen Kulturpreises“.
(Do samma! 13.02.2009) Mittlerweile führen die Well-Brüder aber Tanzkurse im
Auftrag des Kulturministeriums durch. Die Volkskundlerin Simone Egger hat diese
Daten zusammengetragen (2006/2007).
Bis heute bestärkt die Biermösl Blosn mit symbolträchtigen Handlungen ihre
Abgrenzung von der CSU. Buchners Kritik fällt deutlich subtiler aus. Ihm ist auch in
diesem Fall gelungen, was er von Anfang an vermochte: Scheinbar unvereinbare
Elemente durch Überlappung zu vernetzen. Er hält Kontakt zum bayerischen
Establishment und konnte gleichzeitig seine Glaubwürdigkeit als Revoluzzer und
Umweltschützer vor sich selbst und in der Öffentlichkeit aufrecht erhalten.
- 93 -
4. ZUSAMMENFASSUNG
Erkenntnisinteresse dieser Untersuchung war es, den Zusammenhang zwischen HansJürgen Buchners Musik, seiner individuellen Identität sowie kollektiven Identitäten
und
Ideologien in Bayern
aufzuzeigen.
In der Einleitung wurden
zwei
Fragenkomplexe formuliert, die sich nun beantworten lassen:
Komplex 1: Wie konstituiert Hans-Jürgen Buchner seine individuelle
Identität? Wie steht diese Identität in Beziehung zu seiner Musik?
Komplex 2: Wie wird die Musik von Haindling zum Aushängeschild für
kollektive Identität? Wie gelingt ihm das über ideologische Differenzen
hinweg?
Hans-Jürgen Buchners individuelle Identität lässt sich gut mit der Metapher des
„Patchwork“ beschreiben, die Keupp et al. vorschlagen. Die zunehmende Mobilität
im Zeitalter der Globalisierung hat ihm eine Vielfalt von Eindrücken ermöglicht:
Seine Mutter stammte aus Berlin und sprach hochdeutsch, in der Lehre lernte er
amerikanische Soldaten kennen und freundete sich mit dem Türken Shakir Abalı an.
In den 1970er Jahre unternahm er mehrere Fernreisen. Diese Erfahrungsfragmente
ergaben kein bruchloses Ganzes, sondern einen Flickenteppich aus Teilidentitäten.
Nur durch Überlappung konnte Buchner sie in seiner persönlichen Identitätsarbeit zu
einem
für
ihn
kohärenten
Bild
zusammenfügen.
Weltoffenheit
und
Heimatbewusstsein brachte er zum Beispiel durch seine Außenseiterrolle in Einklang,
in dem er sich als Außenseiter in Niederbayern mit Migranten solidarisch verhielt, die
ebenfalls am Rande der Gesellschaft standen.
Die zusammengesetzte Struktur seiner Identität spiegelt sich in seinem Personalstil,
den er Anfang der 1980er Jahre entwickelte. Im Laufe seines Lebens hat er
verschiedene Phasen durchgemacht, in denen er mit Musik seine Identität auslebte:
Als niederbayerischer Junge mit Wirthausmusik, als Revoluzzer im Internat mit Jazz
und Rock’n’Roll, als Hippie und Individualist mit progressivem Pop/Rock und
„exotischer“ Musik. Da er sich nach Innovation und Individualität sehnte, reifte in
ihm der Wunsch, eine Musik zu entwickeln, die ganz seiner Identität entsprach. Dass
er die Grenzen vorhandener Stile durch Vermischung überschreiten wollte, ist
Ausdruck seiner rebellisch-nonkonformistischen Einstellung. Die Konstellation seiner
- 94 -
musikalischen Interessen war so einzigartig, dass er keine anderen Musiker fand, die
seine Vorstellungen teilten. Ihr Einfluss hätte außerdem die Beziehung zwischen
Buchners Identität und seiner Musik verwässert. Da er Instrumente sammelte und die
Mehrspur-Technik auch für Privatpersonen erschwinglich geworden war, konnte
Buchner seinen Personalstil alleine umsetzen.
Die Kombination verschiedener Musiktraditionen kann mit Edward Larkey als Hybrid
bezeichnet werden. Buchner verwendet Elemente verschiedener Symbolsysteme und
fügt sie zusammen. Da diese Interpretationsrahmen sozial geteilt sind, wird seine
Musik auch als Hybrid wahrgenommen. Viele Journalisten zum Beispiel ordnen seine
Musik in diese Kategorie ein. Das konnte anhand der Analyse großer deutscher
Tageszeitungen mit Schwerpunkt auf der Süddeutschen Zeitung gezeigt werden.
Derartige Medienangebote haben als cultural mediators gemäß dem Modell von
Edward Larkey großen Einfluss auf die Gesellschaft.
Wie Buchner die Elemente verschiedener Symbolsysteme vermischt, habe ich am
Beispiel von drei Songs gezeigt: „Erzherzog Johann“ vermischt Rock, Jazz und
Volksmusik, „Der König kommt“ ist ein Konglomerat von exotischen Elementen und
Fragmenten der bayerischen Sprache, „Zwiefacher“ verschmilzt Exotisches, Pop und
Volksmusik. Dabei filtert Buchner Bestandteile eines Stils durch die Musiksprache
eines anderen oder ändert sie nach seinem eigenen Musikgefühl ab.
In der Literatur über Weltmusik wird diese Form der Aneignung oft kritisiert. Der
Musikethnologe Steven Feld sagt ihr einen Doppelcharakter nach: Sie zeuge zum
einen von Anerkennung anderer Kulturen, zum anderen berge sie aber die Gefahr, die
ausbeuterischen Strukturen des Kolonialismus zu reproduzieren. Diese Kritik trifft auf
Hans-Jürgen Buchner zu: Einerseits interessiert er sich für fremde Kulturen und
spricht sich für einen gleichberechtigten Dialog aus, andererseits setzte er seine
finanzielle Überlegenheit bei Besuchen im Ausland ein, um an Instrumente zu
kommen.
Der Zusammenhang zwischen dem zusammengesetzten Charakter von Buchners
Identität und der Hybridität seiner Musik kann als erwiesen gelten. Wie ich gezeigt
habe, sind die Teilidentitäten Buchners mit verschiedenen Musiken verknüpft. Es war
Intention seines Personalstils, seine Identität mit Musik auszuleben. Ein Teil seiner
Stücke vermischt Elemente verschiedener Traditionen. Fragenkomplex 1 ist damit
beantwortet.
Dem Thema kollektive Identität habe ich mich vor allem auf Basis von Interviews
- 95 -
und Sekundärliteratur zu historischen Ereignissen in Bayern genähert, die ich mit den
Mitteln der Diskursanalyse untersuchte.
Mit kollektiver Identität hatte Hans-Jürgen Buchner anfangs Probleme. Zwar verortete
er sich wie jedes Individuum in Relation zu anderen Mitgliedern der Gesellschaft, in
ein Gruppengefüge wollte er sich jedoch nicht einordnen. Er sah sich selbst als
Außenseiter. Eben dadurch begann er sich aber mit anderen zu solidarisieren, die
ebenfalls am Rande der Gesellschaft standen: Ausländer, Künstler, Hippies. Später
versuchte er sich als Musiker vom „Kommerz“ abzugrenzen und die Integrität seiner
antikapitalistischen Einstellung zu wahren. Es lassen sich viele Beispiele dafür finden,
wie Buchner sich aus ideologischen Gründen abgrenzte. Leider ist dabei selten
nachzuvollziehen, ob er sich damit selbst einer Gruppe zuordnet oder sich von einer
anderen abgrenzt. Auch bleibt unklar, ob das mit den tatsächlichen Ideologien dieser
Gruppen zusammenhängt oder ob Buchner nur bestimmte Inhalte in sie
hineinprojeziert.
Es gibt jedoch eine Diskurskonstellation, in der sich die kollektiven Identitäten, ihre
zugehörigen Ideologien und die gegenseitige Abgrenzung relativ klar ausmachen
lassen: Buchners Verhältnis zum Bund Naturschutz und zur CSU. Beide Gruppen sind
jeweils nur ein Teil größerer ideologischer Komplexe, die in Bezug auf bestimmte
Themen in Konflikt geraten sind. Der Bund Naturschutz gehört neben vielen anderen
Gruppen, die sich zum Teil auch überschneiden, zum Bereich der UmweltschutzIdeologie. Die CSU vertritt bayerisch-nationales Gedankengut und ist damit ebenfalls
Teil eines bestimmten ideologischen Spektrums.
Wesentliche Teile der Weltsicht von Hans-Jürgen Buchner sind beeinflusst vom
Gedankengut des Bund Naturschutz, das sich in den 1970er Jahren unter dem Einfluss
der Ökologiebewegung radikal veränderte. Romantischer, auf Einzelphänomene
beschränkter Heimatschutz wurde abgelöst von einem wissenschaftlich begründeten,
strukturellen Naturschutz. Forderungen nach einem radikalen Wandel weg vom
dominanten Materialismus und hin zu einer postmateriellen Werteordnung wurden
laut. Buchner schloss sich diesen Forderungen an und äußerte sich dazu in Interviews
und in seinen Songtexten.
Die Skepsis gegen Wirtschaft, Wissenschaft und Technik erreichte ihren Höhepunkt
anlässlich
der
Proteste
gegen
die
Atommüll-Wiederaufbereitungsanlage
in
Wackersdorf. Eine ideologisch heterogene Allianz aus Kernkraftgegnern, zu der auch
der Bund Naturschutz gehörte, befand sich im offenen Konflikt mit der CSU- 96 -
geführten
Staatsregierung.
Am
Bauzaun
um
die
WAA
spielten
sich
bürgerkriegsähnliche Szenen ab.
Die CSU und der Bund Naturschutz haben gemeinsame Wurzeln im nationalen,
antimodernistischen Heimatschutz-Gedankengut. Auch wenn die Partei den
Umweltschutz in ihren Programmen sehr betonte, hatte doch angesichts der kritischen
ökonomischen Lage die Wirtschaftspolitik deutlichen Vorrang für sie.
Buchner positionierte sich in diesem Diskursfeld klar auf Seiten der Anti-AKWGegner. Dabei spielten für ihn sowohl die antikapitalistischen Argumente der neuen
sozialen Bewegungen als auch der Schutz seiner Heimat eine Rolle. Wie die Analyse
seines Auftritts beim Anti-WAAhsinns-Festival 1986 zeigte, leistete er mit seiner
Musik einen wesentlichen Beitrag zur Schaffung einer kollektiven Identität der
Protestierenden in Abgrenzung von der CSU: „Habt ihr Angst vorm schwarzen
Mann? Nein! Nein! Nein!“.
Fast 15 Jahre später begann sich sein Verhältnis zu dieser Partei grundlegend zu
ändern. Die CSU war an Buchner interessiert, weil er es geschafft hatte, über fast 20
Jahre hinweg mit seiner Musik in Bayern erfolgreich zu bleiben. Das lag unter
anderem an der Präsenz seiner Instrumentalmusik im Bayerischen Fernsehen und am
Wiedererkennungswert seines Personalstils. Die Vielfalt seiner Themen und die
Mehrdeutigkeit der Lieder, mit denen er seine Meinungen äußerte, ermöglichten die
Rezeption seiner Musik über ideologische Grenzen hinweg: Niemand musste sich
kritisiert fühlen, viele verschiedene Gruppe konnte in seine Texte das hineinlesen,
was ihrer Ideologie entsprach. Neben dem Erfolg seiner Musik eignete Buchner sich
auch deshalb aus Sicht der CSU, weil sie als Produkt der Glokalisierung ältere
bayerische und moderne internationale Stilelemente vermischt. Sie repräsentiert damit
aus CSU-Sicht das Partei-Leitmotiv „Tradition und Fortschritt“. Auch ideologisch
hatten Buchner und führende CSU-Politiker Anknüpfungspunkte entdeckt, wie zum
Beispiel die Pflege des bayerischen Dialekts.
Von der Staatsregierung wurde Buchner mit seiner Musik im In- und Ausland als
Repräsentant der bayerischen Identität eingesetzt. Er bekam mehrere Preise verliehen,
als wichtigsten den bayerischen Verdienstorden. Weil seine Musik im Sinne der
Grundsätze der CSU interpretiert werden kann, machte die Partei sie zum Symbol für
bayerische Identität. Der Prozess funktionierte also auf zwei Ebenen: Zuerst gefiel
Buchners Musik der CSU, dann nutzte diese ihre Deutungshoheit in Bezug auf
bayerische Kultur.
- 97 -
Auch wenn seine Musik von der CSU vereinnahmt wurde, Buchner grenzt sich nach
wie vor von der Partei ab, zum Beispiel durch provokative Statements bei
Preisverleihungen oder Konzerten. Von den führenden CSU-Politikern, gegen die sich
seine Kritik richtet wird das toleriert, denn Buchner nimmt ihr durch geschickte
Formulierung die Schärfe. In Einzelfällen wie zum Beispiel beim bayerischen
Kulturpreis war er auch bereit, Kompromisse einzugehen: Er nahm den Preis an,
obwohl
er
vom
Atomkraftwerksbetreiber
E.ON
gesponsort
war.
Seiner
Glaubwürdigkeit beim Bund Naturschutz hat das nicht geschadet. Der Verein
überreichte ihm 2009 die Naturschutzmedallie und stellte ihn als herausragendes
Mitglied dar.
Buchner ist damit in zwei Gruppen etabliert, die sich in Einzelfragen wie zum
Beispiel dem Donauausbau lange Zeit einen ideologisch motivierten Konflikt geliefert
haben. Das gelingt ihm, weil sein Gedankengut sowohl mit dem des Bund
Naturschutz als auch mit dem der CSU überlappt, wobei auch die Ideologien der
beiden Kollektive gemeinsame Wurzeln haben. Buchner stellt mit Hilfe dieser
Überlappung scheinbare Kohärenz in seiner Identität her. Seine Musikstücke sind
durch ihre Mehrdeutigkeit so auslegbar, dass sie zu ganz verschiedenen Ideologien
passen. Besonders nationales Gedankengut und Naturschutzideologie lassen sich
leicht hineinlesen, da Buchner sich aufgrund seiner Identität mit diesen Themen
häufig beschäftigt.
Vielleicht ist die nächste Gruppe gerade dabei, Buchner als Aushängeschild zu
entdecken. Im Zuge der aktuellen Bayern-Begeisterung ist jedenfalls ein erhöhtes
Interesse an seiner Person und Musik zu verzeichnen. Im nächsten Jahr wird das
30jährige Bühnenjubiläum für einen erneuten Schub an Publicity sorgen. Das
„Alpenrock“-Portät endet mit einem Zitat von Franz Xaver Bogner:
„Wenn die Moden irgendwann mal zu Ende gehn und vorbei sind, dann bin
ich hundertprozentig sicher, dass wenig übrigbleiben wird. Aber mit absoluter
Sicherheit wird er derjenige sein, der an der Spitze steht. Das weiß ich
einfach.“ (Barto, Riedinger 27.12.2005, 42:46)
Die Zeit wird zeigen, ob er recht behält. 2005 wirkte diese Prophezeihung ein wenig
wie eine Verklärung. Doch im Moment ist Haindling auf einem guten Weg sie zu
erfüllen, denn er beherrscht es auf der Klaviatur der Identitäten zu spielen.
- 98 -
5. ENDNOTEN
1
Die genauen Namen waren in der Berichterstattung über Buchner nicht nachweisbar.
In Interviews spricht Buchner ausschließlich im bayerischen Dialekt. Bei der
Transskription habe ich mich bemüht, dem gerecht zu werden. Bestimmte Klänge
lassen sich ohne Sonderzeichen nicht eindeutig transskribieren. Diese sprachlichen
Feinheiten wurden hier aus praktischen Gründen vernachlässigt. Neben dem selbst
transskribierten Material lagen einige Zitate bereits in Schriftform vor vor – teilweise
in standartisierter Diktion. Diese habe ich dann selbstverständlich übernommen. Um
das Verständnis der Zitate im Dialekt zu erleichtern, liefere ich per Fußnote die
hochdeutsche Übersetzung mit.
3
Jeden Tag wurde dort gesoffen, geschriehen und gestritten. Ich habe das als Kind
alles miterlebt. Das war wahrscheinlich das wichtigste [...] Fundament und der
wichtigste Fundus, in Beziehung auf Sprache und Benehmen, den ich überhaupt
mitbekommen hätte können. Es war, glaube ich, sehr wichtig, dass ich das erlebt
habe.
4
Ich mochte als kleiner Bub die Bettelmusik sehr gerne. Damals gingen Zweier- oder
Dreierformationen durch die Dörfer. [...] Das klang falsch, aber es hat mir unheimlich
gefallen.
5
Es war Ausdruck meines Revoluzzertums, eine Musik zu machen, die mehr oder
weniger verboten ist.
6
Ich war da ein richtiger Star, bei dem sogar die Frauen leicht alkoholisiert auf dem
Flügel gelegen haben, wie man es in den Filmen sieht.
7
Ich war schon immer daran interessiert, auch in einem Plattenladen, Platten zu
kaufen, die ein Normaler nicht kauft. [...] Die Masse hat einfach einen Geschmack,
über den ich weit hinaus bin. Und darum interessiert mich das nicht.
8
Ich fand, dass man in fremden Kulturen besser irgendetwas neues finden kann, [...]
was die Welt noch nicht so kennt, als im üblichen Chart-Radio.
9
Bergmaier 02.06.2004, S. R6; Dannoura 06.08.2005, S. R5; Döpfner 23.03.1984, S.
27; Forster 22.05.1989; S. 32; Friedrich 04.08.2008, S. R5; Greune 21.07.2001, S. R8;
Haindling 16.06.2008; Horst 24.01.2005, S. R2; Konrad 01.08.2008, S. R2; Krieger
15.07.2000, S. 20; Leuthner 19.06.2007, S. R6; Lotze 02.04.1996; Mönninger
16.03.1984, S. 23; Pfiffiges Stilgemisch 30.01.1989; Rieth 09.04.1987, S. 16; Sahihi
08.05.1987; Sauerwald 24.09.2001, S. R6; Schober 30.10.1993, S. 20; Schober
06.11.1998, S. 20; Szymanski 02.08.2010, S. R4; von Wagner 25.07.2001, S. R8;
Zaplin 26.05.2009, S. R2; Ziegler 06.08.2003, S. R6
10
Döpfner 23.03.1984, S. 27
11
Dombrowski 26.08.1998, S. 8; Rieth 09.04.1987, S. 16; Wagner 26.07.1997, S. 9
12
Döpfner 23.03.1984, S. 27; Sahihi 08.05.1987
13
Döpfner 23.03.1984, S. 27; Greune 21.07.2001, S. R8; Horst 24.01.2005, S. R2;
Lotze 02.04.1996; Mönninger 16.03.1984, S. 23
14
Greune 21.07.2001, S. R8; Haindling 16.06.2008; Krieger 15.07.2000, S. 20;
Merten 09.11.1998, S. 6; Pilz 15.03.1999, S. 11; Rieth 09.04.1987, S. 16
15
Döpfner 23.03.1984, S. 27; Leuthner 19.06.2007, S. R6; Lotze 02.04.1996;
Mönninger 16.03.1984, S. 23; Rieth 09.04.1987, S. 16; Sahihi 08.05.1987; Szymanski
16.07.2007, S. R2; Zaplin 26.05.2009, S. R2
16
Krieger 15.07.2000, S. 20; Mönninger 16.03.1984; Pfiffiges Stilgemisch,
30.01.1989; Sahihi 08.05.1987; samo 02.08.2002, S. R3; Schlaier 25.01.2005, S. R5;
Schober 30.10.1993, S. 20; von Wagner 25.07.2001, S. R8; Zaplin 04.07.2006, S. R6
2
- 99 -
17
Benz 24.04.1987; Döpfner 23.03.1984, S. 27
Benz 24.04.1987; Dannoura 06.08.2005, S. R5; Der erste Kuss des HaindlingChefs, 14.07.2009; Döpfner 23.03.1984, S. 27; Dombrowski 26.08.1998, S. 8; Forster
22.05.1989, S. 32; Haindling, 16.06.2008; Horst 24.01.2005, S. R2; Merten
09.11.1998, S. 6; Mönninger 16.03.1984, S. 23; Pfiffiges Stilgemisch, 30.01.1989;
Sahihi 08.05.1987; samo 02.08.2002, S. R3; Sauerwald 24.09.2001, S. R6; Schober
30.10.1993, S. 20; Schober 06.11.1998, S. 20; Szymanski 02.08.2010, S. R4; Zaplin
04.07.2006, S. R6; Ziegler 06.08.2003, S. R6
19
Bergmaier 02.06.2004, S. R6; Dombrowski 26.08.1998, S. 8; Dombrowski
28.12.2000, S. 19; Leuthner 19.06.2007, S. R6; Mönninger 16.03.1984, S. 23; Sahihi
08.05.1987; von Wagner 25.07.2001, S. R8; Zaplin 04.07.2006, S. R6
20
Döpfner 23.03.1984, S. 27; Handel 27.12.2004, S. 3; Konrad 01.08.2008, S. R2;
Mönninger 16.03.1984, S. 23
21
Döpfner 23.03.1984, S. 27; Konrad 01.08.2008, S. R2; Krieger 15.07.2000, S. 20;
Lutz 03.08.2002, S. 10; Mönninger 16.03.1984, S. 23; Rieth 09.04.1987, S. 16; Thym
02.11.2002, S. 52; Zaplin 26.05.2009, S. R2
22
Szymanski 02.08.2010, S. R4
23
Szymanski 16.07.2007, S. R2
24
Rieth 09.04.1987, S. 16; Thym 02.11.2002, S. 52
25
Döpfner 23.03.1984, S. 27, Der erste Kuss des Haindling-Chefs, 14.07.2009,
Friedrich 04.08.2008, S. R5, Konrad 01.08.2008, S. R2, Lotze 02.04.1996, Mönninger
16.03.1984, S. 23, Rieth 09.04.1987, S. 16, Wagner 26.07.1997, S. 9
26
Benz 24.04.1987; Döpfner 23.03.1984, S. 27; Leuthner 19.06.2007, S. R6; Rieth
09.04.1987, S. 16; Schlaier 25.01.2005, S. R5; Szymanski 02.08.2010, S. R4;
Szymanski 16.07.2007, S. R2; von Wagner 25.07.2001, S. R8
27
Bergmaier 02.06.2004, S. R6; Döpfner 23.03.1984, S. 27; Haindling, 16.06.2008;
Horst 24.01.2005, S. R2; Leuthner 19.06.2007, S. R6; Liebmann 25.07.2005, S. R2;
Sahihi 08.05.1987; Sauerwald 24.09.2001, S. R6; Szymanski 02.08.2010, S. R4;
Szymanski 16.07.2007, S. R2; von Wagner 25.07.2001, S. R8; Zaplin 26.05.2009, S.
R2
28
Dombrowski 28.12.2000, S. 19; Konrad 01.08.2008, S. R2; Szymanski 02.08.2010,
S. R4; von Wagner 25.07.2001, S. R8; Wagner 26.07.1997, S. 9
29
Zaplin 26.05.2009, S. R2
30
Bayernpop mit exotischer Note, 19.06.2007; Dombrowski 26.08.1998, S. 8;
Dombrowski 28.12.2000, S. 19; Förger 03.06.2000; Handel 27.12.2004, S. 3; Krieger
15.07.2000, S. 20; Konrad 09.07.2005, S. R6; Lotze 02.04.1996; Lutz 03.08.2002, S.
10; Sahihi 08.05.1987; Thym 05.06.2000, S. L8; Thym 02.11.2002, S. 52; Wagner
26.07.1997, S. 9; Zaplin 26.05.2009, S. R2
31
Döpfner 23.03.1984, S. 27; Sauerwald 24.09.2001, S. R6
32
Bayernpop mit exotischer Note, 19.06.2007; Dannoura 06.08.2005, S. R5; Der erste
Kuss des Haindling-Chefs, 14.07.2009; Döpfner 23.03.1984, S. 27; Dombrowski
28.12.2000, S. 19; Haindling, 16.06.2008; Konrad 09.07.2005, S. R6; Liebmann
25.07.2005, S. R2; Lotze 03.07.2007, S. R6; Schlaier 25.01.2005, S. R5; Schober
06.11.1998, S. 20; Szymanski 02.08.2010, S. R4; Ziegler 06.08.2003, S. R6
33
Pilz 15.03.1999, S. 11; Thym 02.11.2002, S. 52
34
Bergmaier 02.06.2004, S. R6; Dannoura 06.08.2005, S. R5; Dombrowski
26.08.1998, S. 8; Dombrowski 28.12.2000, S. 19; Friedrich 04.08.2008, S. R5;
Greune 21.07.2001, S. R8; Handel 27.12.2004, S. 3; Horst 24.01.2005, S. R2; Konrad
18
- 100 -
01.08.2008, S. R2; Krieger 15.07.2000, S. 20; Liebmann 25.07.2005, S. R2; Lotze
02.04.1996; Pilz 15.03.1999, S. 11; Schober 06.11.1998, S. 20; Schober 30.10.1993,
S. 20; Szymanski 02.08.2010, S. R4; Thym 02.11.2002, S. 52; von Wagner
25.07.2001, S. R8; Wagner 26.07.1997, S. 9; Zaplin 26.05.2009, S. R2
35
Dannoura 06.08.2005, S. R5; Dombrowski 28.12.2000, S. 19; Friedrich 04.08.2008,
S. R5; Greune 21.07.2001, S. R8; Handel 27.12.2004, S. 3; Klanghölzer, Gamelan
und bayerische Texte, 11.03.2009; Konrad 01.08.2008, S. R2; Szymanski 02.08.2010,
S. R4; von Wagner 25.07.2001, S. R8
36
Dombrowski 26.08.1998, S. 8; Krieger 15.07.2000, S. 20; Liebmann 25.07.2005, S.
R2; Schlaier 25.01.2005, S. R5; Schober 06.11.1998, S. 20; Pilz 15.03.1999, S. 11
37
Handel 27.12.2004, S. 3
38
Dannoura 06.08.2005, S. R5
39
Lotze 02.04.1996
40
Dombrowski 28.12.2000, S. 19; Merten 09.11.1998, S. 6; Mönninger 16.03.1984,
S. 23; Thym 02.11.2002, S. 52
41
Mich interessiert es nicht, ein altes Volksmusikstück neu auf... sonder es muss für
mich entweder etwas Blödsinniges haben oder etwas Lustiges haben, damit ich es
deswegen mache.
42
Wo ich geh‘ und steh‘, tut mir das Herz so weh / wegen meiner Steiermark, ja
glaubt es mir gewiss. / Wo das Büchschen knallt und der Gamsbock fällt, / und mein
lieber Herzog Johann ist.
43
Wo ich geh‘ und steh‘ / tut mir mein Herz so weh / Wenn ich den Erzherzog
Johann-Jodler höre / Wo ich geh‘ und steh‘ / tut mir mein Herz so weh / Weil ich den
Erzherzog Johann-Jodler nicht mehr seh‘!
44
Ich bin fidel, bis der Teufel holt meine arme Seel‘ / Ich bin fidel, Kreuzfidel.
45
„Erzherzog Johann“ habe ich als Beispiel ausgewählt, weil sich sehr viel an diesem
Song zeigen lässt. Bei den meisten Stücken von Buchner beschränkt sich die
Verortung auf deutlich weniger Elemente. Hoidzscheidl-Rap (1984) zum Beispiel
zitiert nur einen Volksmusiktext, Hutzlmandl (2002) behandelt nur bayerische Kultur
und Blasmusik in Moll (1989) klingt nur durch die Instrumentierung bayerisch. Die
restlichen Elemente dieser Songs entsprechen weitgehend der Formsprache
internationaler Popmusiken, die mehr oder weniger stark Assoziationen mit
bestimmten Orten hervorrufen können. Der Journalist Stephan Handel zum Beispiel
verortet den Holzscheidlrap neben Bayern indirekt auch in der „Bronx“, er stellt
Bezüge zum Oldschool-US-Rap der 1980er her (Vgl. Handel 27.12.2004, S. 3).
46
Das Gitarreninstrument im Stück „Vernissage“ auf dem ersten Album „Haindling
1“ (1982) erinnert zum Beispiel an griechische Balalaikamusik.
47
„Der König kommt“, [da] hat mir eine aus Australien eine CD mitgebracht von den
Aborigines. Da war das 'Jammer di Jammer', das ich da entnommen habe. Denn das
klingt so. Und die kurzen Hölzer benutzen die Aborigines als Taktgeber. Das kannte
ich bei uns auch noch nicht. [...] Und daraus ist ‚Der König kommt‘ entstanden, weil
ich im Fernsehen einen Film gesehen habe, in dem ein afrikanischer König mit
Blasinstrumenten hereingetragen wurde. [...] [Dann] habe ich Laute
hineingesprochen, die afrikanisch klingen, aber doch nicht afrikanisch sind.
48
Jammer di Jammer, immer Jammern, die mag ich nicht
49
Leut‘, Leut‘, Leut‘ ihr müsst / lustig sein, lustig sein / dürft, dürft, dürft nicht / so
traurig sein, traurig sein /denn, denn, denn / mit der Traurigkeit, Traurigkeit / kommt,
kommt, kommt man nicht weit.
- 101 -
50
Stets schipfen / und immer nur schlecht aufgelegt sein / und dann nicht wissen,
warum.
51
Weil ich keine missionarische Erfüllung darin sehe, dass ich mit einem Volk
zusammenwachse. ‚Jetzt komme ich als Europäer und möchte einer von euch
werden‘. Das will ich nicht. Ich bin ich. Mir gefällt, was die machen. Das nehme ich
in mir auf. Aber ich habe nicht den Ergeiz, das zu lernen.
52
Die Traditition, die die seit Jahrtausenden haben, muss ich nicht kennen. Denn ich
bin kein Afrikaner und will es auch nicht sein, aber ich will die Trommel benützen.
53
Einfach zu einem bestehenden Afrika-Song zu Jodeln oder mit dem Akkordeon zu
spielen, das würde mich nicht befriedigen.
54
Wenn ich etwas mache, dann möchte ich machen, was mir vorschwebt. [...] Aber
gemeinsam – dass ich sage: Ja, das gefällt mir jetzt zwar nicht, aber weil du auch mit
mir etwas machst, tun wir es rein – das wäre für mich schon unbefriedigend. Also ich
will da keine Kompromisse eingehen. Höchstens, dass ich sage: „Wunderbar, da
brauche ich blos noch dazuspielen.“ Aber so einfach ist es nicht.
55
Der hat dann gesagt: „Oh, das kann ich garnicht ansehen, wie die Fliesen legen.“
Weil die legen sie natürlich ein bisschen künstlerischer, mit Buckeln und so weiter,
was uns ja gefällt, weil das nicht so regelmässig ist. [...] Und dann hat er seinen
ganzen Urlaub mit denen Fliesen gelegt, der Franke, und ist dann mit der Schnur und
ganz... Und die haben dann teilweise auch gelacht über die Genauigkeit, aber das
[lacht] war eben sein Urlaub, dass er denen zeigt, wie der Deutsche Fliesen legt.
56
Einer hat mir dann seine Tromel gleich verkauft. Und dann haben ihn die Anderen
geschimpft, weil er sein Instrument verkauft. [...] Und dann haben wir halt
miteinander gespielt. Ich habe ihnen gezeigt, wie ich Trommel spiele und die haben
mir gezeigt, wie sie Trommel spielen.
57
Eine Anekdote in Michael Brauns „Meine wilde Zeit mit Haindling“ deutet
allerdings darauf hin, dass es Diskussionen mit der Plattenfirma über die Inhalte der
Alben gegeben hat. Demnach wollte Buchner „Lang scho nimmer gsehn“ eigentlich
nicht auf der zweiten Platte veröffentlichen, erst die Mitarbeiter der Plattenfirma
überzeugten ihn davon (2007, S. 34).
58
Ja, es ist eigentlich eine Idylle. [...] Wenn man ein Foto macht und es in die Stadt
trägt, und das Foto herzeigt, sagt jeder: „Ach, kuck mal! Der hat aber eine Idylle.“
Wenn man aber da wohnt, dann glaube ich, kann einem das schon vergehen. Da
rattert es in der Früh, Presslufthämmer, da wird ständig gebaut in diesem Dorf. Und
das ist schon irgendwie eine Belästigung, wenn es überhaupt keinen Sommer mehr
ohne Lärm gibt.
59
Da werden alte Kastanien abgeschnitten. Die sind nichts wert, weil nur das etwas
wert ist, was Geld kostet. Da sind idyllische alte Mauern nichts wert, weil sie einfach
alt sind. Die müssen hergerichtet werden und dann sind sie etwas wert, wenn das
80.000 Mark kostet, dann ist das etwas wert. Aber für das Herz und das Auge , darauf
wird eigentlich nicht geachtet. Das spielt keine Rolle. Das existiert anscheinen bloß
bei mir.
60
Der Bauer sitzt in seiner Bauernstube, auf dem Bauernstuhl, vor dem Bauerntisch,
neben dem Bauernschrank und isst Bauerngeräuchertes und Bauernbrot und kommt
sich vor wie ein Städter, weil es in der Stadt modern ist, dass man in einer
Bauernstube sitzt.
- 102 -
61
Das war ja auch so ein Umweltlied. [...] Weil der Erzherzog Johann war ja einer der
ersten Naturschützer, der in Österreich große Naturschutzprojekte gemacht hat und
deswegen von seinem Bruder, dem Kaiser ganz ungeliebt war und bestraft wurde.
62
Wir sind alle zusammen / eine sehr große Schafsherde / Wir wollen den ganzen Tag
nur Fressen / am liebsten nur saftiges, grünes Gras / Das ist gut, so gut! Das Hirn ist
garnicht mehr dabei.
63
Ich habe rote Haare, feuerrote Haare sogar / Und ich habe nichts gesehen!
64
„Und sie sägten an den Ästen / auf denen sie saßen, / und schrien sich ihre
Erfahrungen zu, / wie man besser sägen könne!“
65
„auf einmal ist der Fluß ganz rot! / [...] und die ganzen Fische sind tot!
66
„warum muaß denn des öl [sic!] do drunt verbrenna“ (Warum muss denn das Öl
dort unten verbrennen)
67
„Es haben sich 36 Inselstaaten weltweit zusammengeschlossen, die von der
Anhebung des Meerespiegels besonders hart betroffen sind. Sie nennen sich AOSIS
„Alliance of Small Island States" AOSIS - komischerweis', wenn ma's af bayrisch
ausspricht, hoaßt's - aus is's“ (Komischerweise heißt es, wenn man es auf Bayerisch
ausspricht: Aus ist es)
68
„I möchert koa Eisbär sein / Im Nürnberger Zoo“ (Ich möchte kein Eisbär sein / Im
Nürnberger Zoo)
69
„Do hau ma no a Straßn her, / [...] Do muaß da Woid weg, / und do muaß a Beton
her, / 350.000 Kubikmeter Beton!“ (Da hauen wir noch eine Straße hin, / [...] Da muss
der Wald weg, / und da muss Beton hin, / 350.000 Kubikmeter Beton!)
70
„Das Hafengelände am Donau-Kanal im Erschließungsgebiet / liegt direkt am Ring
von der Autobahn / Modelleisenbahn - Modelleisenbahn i hob no nia gern g'spuit mit
dir.“ (Modelleisenbahn – Modelleisenbahn, ich habe noch nie gerne mit dir gespielt)
71
„Oh, du kleiner Mensch / Warum bist du so dumm / Möchtest so gern die Weit
regiern / Bringst dich selber um.“
72
„Des Traurige do dro is, da Mensch der is so dumm, / und wenn er a so
weitermacht, dann bringt er sich noch selber um.“ (Das Traurige daran ist, der
Mensch ist so dumm, / und wenn er so weitermacht, dann bringt er sich noch selber
um.)
73
Dreißig Kilometer weiter, da bin ich daheim / Dreißig Kilometer weiter, habe ich
nichts verloren.
74
Huraxdax – nimm die Füße in die Hand / Sonst bist du verloren / Huraxdax – reiß
dich zusammen / renn so schnell wie der Wind / sonst bist du verloren. / Jeder hat
Angst vor dem schwarzen Mann / und keiner weiß, wo er ist / Und wenn du ihn
einmal siehst, dann renn davon / „Dich erwisch‘ ich auch no!“
75
Ich habe keine Wut und das tut so gut.
76
Dem Strauß hat es bestimmt gestunken, aber ich habe da überhaupt nichts gehört.
77
Das ist keine Gefahr, sondern das ist ein Glück. Denn wenn die Musiken so
ausgiebig sind, dass man sich selbst zwei, drei Mal imitieren kann, dann ist das
eigentlich etwas wunderbares. Weil ich mache ja auch teilweise
Aufrragsproduktionen, zum Beispiel für Werbung oder Melodien für Sendungen. Und
da sagen die Leute dann zu mir: „Wir hätten so gerne etwas, das so klingt wie das.“
78
„Bayern“ ist entstanden, weil ich ein ganz böses Lied über Bayern machen wollte.
Da wäre dann vorgekommen „Bayern – da sind die Schweinshaxen groß“; an den
Reim kann ich mich gerade nicht erinnern. „Bayern braucht Atom - woher nehmen
mir sonst unseren Strom“. [...] Entstanden ist es eigentlich im Bad. [...] „Bayern, das
- 103 -
sind wir, Bayern und das bayerische Bier.“ Das war so blöd, dass ich mir dachte: „Das
ist ein Lied, bei dem jeder merkt, wie ich Bayern sehe.“ [...] Mit seiner überholten
Trachtlerfreundlichkeit, [...] das Leben exisitert ja auch nicht mehr. Wenn ich heute
mit dem Porsche in der Lederhose auf das Oktoberfest fahre, dann ist das etwas
anderes, also wenn die früher einfach eine Lederhose anhatten. Und heute ist es
Mode. Und dann habe ich dieses Lied gehabt, habe aber das mit dem Atom wieder
rausgestrichen, weil ich mir dachte, das ist zu viel Information. Das muss so blöd sein,
dass man nur eines hat, das man gröhlen kann.
79
Mir gefällt es gut, wenn man in der Musik durch kurze Sätze dem Publikum die
Möglichkeit gibt, seine eigene Geschichte herauszufinden, nicht unbedingt zu wissen:
„Aha, der meint das.“ Sondern jeder kann sich seine Interpretation selbst machen, was
ich in diesem Text meine oder vielleicht auch nicht meine.
80
Und dann hatten wir mit dem Lied auf einmal eine ZDF-Hitparade in Baden-Baden.
Und dann bin ich mit dem Zug heimgefahren. Und dann hat der Schaffner zu mir
gesagt: „Hey, da habt ihr jetzt aber ein schönes Lied.“ Und dann habe ich mir
gedacht: „Hey, der hat das jetzt anders verstanden.“ Und dann haben wir das Lied in
Regensburg zur 750-Jahr-Feier von irgendetwas gespielt. Da war dann der Stoiber
dort, Bischöfe waren dort und der Beckstein war dort. Also die ganze politische
Prominenz. [...] Und dann haben wir „Bayern“ gespielt. Und ich dachte mir: „Jetzt bin
ich gespannt“. Das kannte damals noch Keiner. Und dann hat der Stoiber gleich
mitgeklatscht und die Bischöfe haben sich gefreut und haben so gemacht. [...] Und so
hat sich das Lied praktisch verselbstständigt, ist jetzt ein Bierzelthit geworden und ein
Almhütten-Hit. Und ich muss darüber lachen.
81
Ich bin ein Auftragsmensch – ich mache gerne etwas für Aufträge. Ich habe schon
die Vivaldi-Platte auf Auftrag gemacht. Hätte ich nie gemacht, aber weil ich eben den
Auftrag bekommen habe...
82
Stand September 2011: Über 9 Millionen Aufrufe.
83
Früher wäre ich schon so gewesen, dass ich gesagt habe [sic!]: „Mit denen rede ich
nicht! Habe ich als Feinde betrachtet.“
84
Die niederen CSUler, die unterm Staatssekretär oder auch Staatssekretäre, die sind
eigentlich garnicht so CSU-mässig, wie die Minister das darbieten. Denn die sind
natürlich steinhart in ihren Aussagen und unterhalten sich dann auch mit den Grünen
oder mit den SPDlern. Die sitzen da am Tisch und feiern mitteinander.
85
Aber mittlerweile ist es so, dass ich mir denke: „Wenn ich oder Meinesgleichen mit
denen nicht redet, was hätte das für einen Sinn?“ Was hat es für einen Sinn, wenn ich
eine öffentliche Feindschaft erkläre. Dann sagen die: „Ja der, was willst du denn mit
dem?“ Und so kann man doch einmal, wenn man sich ein bisschen näher kennt, auch
wenn man ein Naturschutzanliegen hat oder denen sagen will: „Hey, hört mal zu,
Mensch, was ihr da macht.“ Da kann ich doch mit denen reden. Und das ist nicht
sinnlos.
86
Da saß Stoiber in der ersten Reihe und Schnappauf und dahinter ungefähr 300 von
den Naturschutzverbänden. Und dann habe ich Klavier gespielt, und habe gesagt, dass
ich geträumt habe, dass Stoiber auf einmal gegen den Rhein-Main-Donau-Kanal ist.
[...] Und ich habe dann gesagt, dass Stoiber [...] in der zweiten Generation so berühmt
wurde, wie König Ludwig, weil die haben gesagt: „Schau her, [...] der Edmund
Stoiber hat uns ermöglicht, dass wir noch die frei fließende Donau sehen, die jetzt
nicht betoniert ist.“ Und [...] die Naturschützer haben gelacht und geschriehen vor
lauter Freude. Und das war natürlich schon ein Ding. Und hinterher hat Schnappauf
- 104 -
dann zu mir gesagt [...]: „Also Herr Buchner, so eine Frechheit kann nur einer, das
sind sie.“
- 105 -
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