ERASMUS-Bericht zum Studienaufenthalt in Trondheim 2012

Transcription

ERASMUS-Bericht zum Studienaufenthalt in Trondheim 2012
ERASMUS-Bericht zum Studienaufenthalt in Trondheim 2012 (Konstanze Zschoke)
Im Wintersemester 2012/13 habe ich am Erasmus-Austauschprogramm teilgenommen und ein
Semester in Trondheim an der NTNU verbracht, um dort mein erstes Mastersemester zu absolvieren.
Im Folgenden möchte ich über das Erlebte berichten und versuchen Interessierten ein paar hilfreiche
Tipps zu geben.
Vorbereitungen und Anreise:
An der TU Bergakademie Freiberg werden von Zeit zu Zeit Informationsveranstaltungen zu
Auslandsaufenthalten angeboten, zu denen Interessierte gehen können. Bereits 2011 spielte ich mit
dem Gedanken für ein Semester ins Ausland zu gehen. Auf einer dieser Infoveranstaltungen des
Internationalen Universitätszentrums erfuhr ich mehr über die Formalitäten und
Bewerbungszeiträume. Bei einem Auslandssemester in Norwegen ist zu beachten, dass das
Wintersemester (dort Herbstsemester genannt) schon im August beginnt. Deswegen ist der beste
Zeitpunkt für ein Semester in Norwegen meiner Meinung nach das erst Mastersemester. Denn im
letzten Bachelorsemester hat man nicht so viele Prüfungen und mit einem guten Zeitmanagement
kann man die Bachelorarbeit vor Abreise abgeben. Dennoch hat man nicht viel Zeit zwischen Ende
der Uni in Deutschland und dem Beginn in Norwegen. In meinem Fall blieben genau zwei Tage
zwischen der Abgabe der Bachelorarbeit und meiner Reise nach Norwegen. Durch den recht engen
Zeitplan war es mir möglich an einem der begehrten Intensiv-Sprachkurse teilzunehmen, die jedes
Jahr vier Wochen vor Semesterbeginn stattfinden.
Die Anreise mit dem Flugzeug ist schnell und unkompliziert. Die beste Verbindung für Studenten, die
in Sachsen wohnen ist wohl der Flug Berlin-Trondheim. Nach ca. 2 Stunden im Flugzeug ist man am
Flughafen Trondheim angekommen und dann kann man mit dem Bus in die Innenstadt fahren. Der
Shuttlebus fährt mehrmals pro Stunde vom Flughafen durch die Innenstadt bis Moholt, dem Viertel
wo die meisten ausländischen Studenten wohnen.
Ankunft und Unterkunft:
Trondheim ist die drittgrößte Stadt Norwegens und umfasst ca. 175 000 Einwohner. Damit ist sie
wesentlich größer als Freiberg, aber dennoch findet man sich nach wenigen Tagen sehr gut in der
Stadt zurecht. Auf Grund der Tatsache, dass die NTNU die Anzahl der ERASMUS-Studenten nicht
begrenzt, gibt es vor allem im Wintersemester Wohnungsmangel. Wenn man sich jedoch früh genug
bei SiT, welches eine ähnliche Organisation wie das Studentenwerk in Freiberg ist, meldet hat man
keine Probleme eine Wohnung zu bekommen. Vor allem Teilnehmer der Intensiv-Sprachkurse und
ERASMUS-Studenten werden bevorzugt. In meinem Fall habe ich mich im Juni mit SiT in Verbindung
gesetzt. Sogar mein Wunsch mit einer Freundin, mit der ich gemeinsam nach Trondheim gegangen
bin, zusammen zu wohnen wurde berücksichtigt. Ich wohnte gemeinsam mit meiner Freundin und
zwei Norwegern in einer Vierer-WG in Moholt. Die Zimmer sind nicht besonders groß und die
Deckenbeleuchtung nicht sonderlich hell, aber für ein Semester reicht es vollkommen aus. Dennoch
empfehle ich, falls keine Schreibtischlampe vorhanden ist, eine solche bei IKEA oder FRETEX zu
erwerben. Je nachdem wie gut die Küche der WG schon ausgestattet ist, muss man noch einige Dinge
dazu kaufen. Das kann man aber erst vor Ort feststellen. Auch Bettdecken und Kissen sind in der
Grundausstattung nicht inbegriffen. Bei IKEA gibt es da aber recht preiswerte Dinge zu kaufen. In
Moholt gibt es neben Zahlreichen Supermärkten und einem Studentencafé auch zwei Waschräume,
wo man die Wäsche waschen und trocknen kann. Für den größeren der beiden Waschräume
benötigt man kein eigenes Waschmittel und die Benutzung der Trockner wird empfohlen. In den
Kellerräumen der meisten Wohnheimgebäude befinden sich sogenannte „Basements“, in denen vor
allem am Wochenende viel gefeiert wird. Jede Studienrichtung hat da ihren eigenen Partykeller. Wer
im Erdgeschoss wohnt, sollte auf jeden Fall Ohrstöpsel mitnehmen.
Studieren an der NTNU:
Die NTNU Trondheim ist mit ca. 20 000 Studenten wesentlich größer als die Bergakademie. An der
Einführungswoche vor Studienbeginn konnte ich leider nicht besuchen, da ich an einem der IntensivSprachkurse teilgenommen habe und die beiden Veranstaltungen sich überschneiden. Die
Formalitäten, wie die Anmeldung bei der Polizei, werden mit den anderen Austauschstudenten
gemeinsam erledigt. Die Betreuung durch das internationale Büro in Trondheim ist wirklich gut. Ein
paar Wochen vor Studienbeginn wurden die Studienpläne veröffentlicht, woraufhin ich meine
Fächerwahl wegen zeitlichen Überschneidungen ändern musste. Dafür musste ich einige
Unterschriften von den Verantwortlichen einholen. Das war eine ganz schöne Rennerei, aber nicht in
allen Instituten notwendig. Im Laufe meines Studienaufenthaltes hatte ich die Gelegenheit auf
einigen der Campen Unterricht zu haben. Der Intensiv-Sprachkurs fand auf dem Campus Dragvoll, der
etwas weiter von der Innenstadt entfernt ist, statt. In Dragvoll werden vor allem die
Geisteswissenschaften gelehrt. Die Geologie-Vorlesung fand in Gløshaugen, dem größten Campus
der NTNU, statt. Gløshaugen befindet sich in der Nähe der Innenstadt und dort befinden sich die
Institute der Natur- und Ingenieurwissenschaften, sowie das internationale Büro. Den Großteil
meiner Woche verbrachte ich im Geophysik-Institut auf dem Campus Lerkendal. Dieser ist nur 15 min
vom Campus Gløshaugen entfernt. Auf Grund von Freistunden hatte ich aber keine Schwierigkeiten
pünktlich zu den Veranstaltungen zu erscheinen. Die Vorlesungen und Übungen dauern 45 min und
dann folgt immer eine 15 minütige Pause. Nach einer kurzen Eingewöhnungszeit wird diese
Zeiteinteilung zum Alltag. Der Vorteil ist, dass man sich besser konzentrieren kann, aber der Unitag
wird dadurch auch sehr lang. Am Ende der Veranstaltung wird nicht, wie in Deutschland üblich, auf
den Tisch geklopft. Eine Mittagspause gibt es nicht, denn in Norwegen wird zum Mittag nur ein
Sandwich gegessen und die Hauptmahlzeit folgt gegen 17.00 Uhr. Ein Essen in der Mensa oder der
hauseigenen Cafeteria in Lerkendal ist kaum zu bezahlen. So kostet ein Hauptgericht umgerechnet
etwa 15 €.
Es gibt aber Mikrowellen in denen man sein vorher gekochtes Essen aufwärmen kann. Ich habe mir
meist ein geschmiertes Brot und Obst mit in die Uni genommen und dann abends gekocht. Zum
Kochen ist man abends meist spontan zusammen gekommen und hat danach noch bei Musik und
Gesellschaftsspielen den Tag ausklingen lassen.
Alle Lehrveranstaltungen, die ich besuchte, wurden in englischer Sprache abgehalten. In den von mir
gewählten Lehrveranstaltungen befanden sich auch viele andere ausländische Studenten, die an den
zahlreichen internationalen Masterprogrammen teilnahmen. Die NTNU ist besonders im
geowissenschaftlichen Bereich eine international anerkannte Universität mit dem Schwerpunkt auf
Erdöl und –gas Exploration. In diesem Bereich ist die Lehre sehr angewandt. Fragen können während
der Lehrveranstaltungen sowohl in Norwegisch als auch in Englisch gestellt werden. Die Lehrenden
übersetzen meist die Fragen aus dem Norwegischen ins Englische bevor sie diese beantworten.
Ungewohnt für Studenten der TU Bergakademie Freiberg sind auch die Prüfungen. Diese dauern
mindestens vier Stunden und werden in den in ganz Trondheim verteilten Turnhallen geschrieben.
Die Atmosphäre erinnerte mich an einige meiner Abiturprüfungen. Man schreibt mit hunderten
anderen Studenten in einer der Hallen und wird dabei von pensionierten Hochschullehrern
beaufsichtigt. Meine Prüfungen fanden alle zwischen 9 und 13 Uhr statt. Zu den Prüfungen
zugelassen sind nur zwei spezielle Taschenrechner, welche man in den Turnhallen ausleihen kann,
aber es stehen nicht genug für alle Studenten zur Verfügung. Geschrieben wird auf besonderem
„Prüfungspapier“ mit Durchschlag. Am Ende der Prüfung muss man die beschriebenen Seiten zählen
und die Vollständigkeit von einem der Aufsichtspersonen überprüfen lassen. Die durchgeschriebene
Kopie verbleibt beim Studenten und kann mitgenommen werden. Während der Prüfungen kommen
die Professuren, die die dazugehörige Vorlesung gehalten haben, kurz vorbei um eventuelle Fragen
zu beantworten. Die Prüfungsfragen sind meist in Englisch und Bokmål verfasst. In einigen Prüfungen
finden sich zudem die Fragen in Nynorsk. Für mich war es stellenweise gut, dass die Fragen nicht nur
in Englisch, sondern auch in Norwegisch gestellt waren, da ich die Aufgabenstellung im Norwegischen
manchmal besser verstanden habe als in Englisch.
Alltagstipps:
Wie wohl weithin bekannt ist, ist Norwegen nicht ganz preiswert. Nach einer kurzen Zeit gewöhnt
man sich aber daran. Dem Bankkonto gefällt das aber eher nicht so. Das ERASMUS-Stipendium ist da
eher ein Tropfen auf den heißen Stein. Neben der Miete habe ich jeden Monat ca. 600 Euro
zusätzlich benötigt. Also mit etwa 1000 Euro im Monat muss man schon rechnen.
In Norwegen ist es üblich mit Kreditkarte zu bezahlen, weswegen ich es auf jeden Fall empfehlen
kann sich eine Kreditkarte zu beschaffen. Man sollte bei der Wahl der Bank darauf achten, dass man
keine Gebühren beim Geldabheben bezahlen muss. Vor allem zum Auto mieten, Flug buchen und
einkaufen ist eine Kreditkarte sehr nützlich.
Zu Beginn des Studienaufenthalts muss man sich im Allgemeinen mit zahlreichen Dingen eindecken.
Im IKEA, FRETEX und XXL Sports findet man alles was man brauch. Bei Facebook findet man auch
einen Studentenmarkt, auf dem man vieles von abreisenden Studenten abkaufen kann.
Insofern man nicht die gesamte Wanderausrüstung von zu Hause mitgebracht hat, kann man die
fehlenden Dinge bei XXL Sports besorgen. Norweger gehen gewöhnlich bei jedem erdenklichen
Wetter in die Natur. Also ist vor allem wetterfeste Kleidung notwendig. Die Universität verfügt über
ein weit verstreutes Hüttennetz. In diesen abgeschiedenen Hütten kann man vor allem am
Wochenende mit Freunden am Holzofen sitzen und Waffeln backen. Fließend Wasser und Strom
sucht man in den Hütten aber vergeblich. Auf diese Weise kann man die norwegische Natur
erkunden und es ist auf alle Fälle ein tolles Erlebnis. Besonders wichtig für solche Ausflüge sind eine
Stirnlampe, Wanderschuhe und –hosen, eine gute Regenjacke und ein geeigneter Rucksack.
Um die Hütten und das vielseitige Sportangebot nutzen zu können, muss man sich bei dem
Sportverein der Uni NTNUI anmelden und kann dann von Aikido über Golf und Tanzen bis
Windsurfen alles ausprobieren. Mit dem NTNUI Ausweis gibt es zusätzlich bei SIXT ein
Sonderangebot für Studenten an den Wochenenden. Sehr zu empfehlen für längere Touren ist auch
die Autovermietung Rent-a-Wreck. Die sind zum einen wesentlich billiger und es ist auch nicht so
schlimm, wenn das Auto dreckig wird. Nur ein bisschen Einfallsreichtum sollte man mitbringen, wenn
zum Beispiel die Beleuchtung im Armaturenbrett ausfällt.
Zu Guter Letzt darf natürlich auch das Wetter in diesem Bericht nicht fehlen. Auf das Wetter in
Trondheim sollte man sich nie verlassen. Scheint am Morgen noch die Sonne, kann es am Nachmittag
schon in Strömen regnen, oder umgekehrt. Also nie ohne Regenschirm aus dem Haus gehen. Aber
das ist man aus Freiberg ja schon gewohnt. Ich war nun im Wintersemester in Trondheim und habe
von warmen, sonnigen sehr langen Tagen im Juli/August und stürmischen, kalten und dunklen
Wintertagen alles erlebt. Also sowohl kurze Sachen als auch dicke Wintersachen mitnehmen. Bei
minus 20° C kann es schon ungemütlich werden. Im Dezember ist es nur von kurz nach 10 Uhr bis
etwa halb drei hell. Deswegen kann ich nur empfehlen Reflektoren an der Kleidung zu tragen, so dass
ihr auch im Straßenverkehr gesehen wert. Die Dunkelheit hat aber auch ihre Vorteile, denn so kann
man die atemberaubend schönen Polarlichter beobachten. Am besten speichert ihr euch schon
einmal die Webseite eines Aurora-Forecasts in die Favoriten ein.
Zu guter Letzt möchte ich noch auf ein paar Ausflugsziele aufmerksam machen. Nachdem man
Trondheim und Umgebung erkundet hat. Also wenn man im Stadtzentrum, in Bakklandet, auf der
Kristiansten Festung, auf dem Tyholt Tower, auf der Studenterhytta und auf Munkholmen (einer
kleinen vorgelagerten Insel) schon gewesen ist, kann man auch Kurzreisen in die anderen großen
Städte Norwegens, wie Oslo und Bergen unternehmen oder in die Bergbaustadt Røros durch die
kleinen Gassen schlendern. Empfehlenswert ist auch eine Reise zu den Lofoten. Am meisten Spaß
macht dies mit ein paar Freunden in einem Kleinbus. So ist man unabhängig, kann Halt machen wo es
einem gefällt und bekommt einmalige Einblicke.
Fazit:
Ich kann nur jedem empfehlen, der die Möglichkeit hat, ein Auslandssemester zu machen. In den
letzten fünf Monaten habe ich so viele interessante und tolle Menschen aus allen Herrenländern
kennen gelernt und die Erfahrungen aus Trondheim möchte ich nicht missen. Ich habe dort sehr gute
Freunde gefunden, mit denen ich auch später in engem Kontakt stehen möchte. Der Kontakt zu
Norwegern war dagegen weitaus schwieriger herzustellen. Auch wenn ich zwei norwegische WGGenossen hatte, haben wir sehr wenig miteinander gesprochen, da sie nur selten aus ihrem Zimmer
raus kamen. Die beste Möglichkeit ist meiner Meinung nach die Kontakte beim Sport zu knüpfen.
Beim Fechten und Volkstanz habe ich einige Norweger kennen gelernt und so einen kleinen Einblick
in die norwegische Gesellschaft und Mentalität erhalten. In Bezug auf den Wissenszuwachs im
Bereich der Geophysik war das Semester sehr lehrreich, denn die Explorationsgeophysik wird in
Trondheim groß geschrieben. Somit sind die Lehrveranstaltungen im Bereich der Seismik sehr
angewandt. Methoden, die nicht zur Erdöl-/Erdgasexploration verwendet werden, werden kaum
oder nur im Ansatz gelehrt.
Das Auslandssemester war insgesamt ein sehr positives und lehrreiches Ergebnis, nicht nur im
Hinblick auf den Studieninhalt, und so kann ich es jedem Interessenten nur wärmstens empfehlen,
das Abenteuer eines längeren Auslandsaufenthaltes einzugehen.