Hilfe, mein Knie – Die besten Heilmittel

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Hilfe, mein Knie – Die besten Heilmittel
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I n f o r m a t i o n s m a t e r i a l
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Hilfe, mein Knie – Die besten Heilmittel
Die Bundeskanzlerin plagte sich mit Knieschmerzen herum und auch der spanische König Juan Carlos. Selbst Sportskanonen wie Jerome Boateng werden davon gequält. Bei den Jüngeren führen Kreuzbandrisse oder Meniskusschäden
zu schmerzenden Knien, bei den Älteren sind es meist Entzündungen und Arthrose. Aber was lässt sich dagegen tun?
Das Knie ist das größte Gelenk des Menschen. So leicht das Beugen und Strecken der Beine auch aussieht, für das
Knie bedeuten sie eine große Belastung.
Denn es ist viel komplizierter aufgebaut
als jedes andere Gelenk des Körpers. Im
Inneren bewegen sich Oberschenkelund Unterschenkelknochen gegeneinander. Damit die Reibung minimiert
wird, sind beide Knochenenden von einer glatten Knorpelschicht überzogen.
Weil die Knochen nicht direkt aufeinander scheuern, können wir uns schmerzfrei bewegen.
Zwischen den beiden Gelenkflächen gibt
es einen Spalt, der mit Faserknorpelscheiben gefüllt ist, den Menisken. Sie
verbessern die Kraftübertragung von
einem Teil des Beins auf das andere. Die
Menisken fungieren aber auch als Stoßdämpfer, zum Beispiel bei Erschütterungen, die beim Springen entstehen. Mit
der Kniescheibe verfügt das Knie außerdem über eine Art Schutzschild: Sie wird
von Bändern gehalten. Auch die anderen Teile des Gelenks sind mit starken
Bändern versehen, damit das Knie trotz
der hohen Belastungen zusammenhält.
Da gibt es das innere und das äußere
Seitenband. Innen in der Kniegelenkfläche sitzen die beiden Kreuzbänder.
Probleme mit den
Kniescheiben
Wenn das Knie vorne schmerzt, dann
steckt häufig ein Problem an der Kniescheibe dahinter. Die Beschwerden treten vor allem beim Treppenhinuntergehen oder beim Bergabwandern auf.
Weil die Betroffenen auch bei langem
Sitzen die Knie schmerzhaft spüren, ist
manchmal auch vom "Theaterknie" die
Rede. Neben Unfällen ist eine häufige
Ursache eine Fehlstellung der Kniescheibe. Die Beschwerden entstehen, wenn
der Schutzschild des Knies nicht mehr
richtig in seiner Rinne vor dem Kniegelenk gleiten kann. Darum sollten gelegentliche Kniescheibenschmerzen oder
gar Ausrenkungen ernst genommen
werden, weil die Gefahr besteht, dass
sich Schäden unbemerkt über die Jahre
entwickeln. Im schlimmsten Fall lassen
sie sich dann gar nicht mehr beheben.
Die Abklärung beim Arzt ist häufig eine
Sache von nur wenigen Minuten. Eine
erste Diagnose kann mit einer Ultraschalluntersuchung gestellt werden.
Der Fall Nicole W.
Urplötzlich und ohne Vorwarnung fiel
Nicole W. zu Boden. Der jungen Leipzi1
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gerin ist dies nicht nur einmal passiert,
sondern schon mehr als hundertmal.
"Das erste Mal hab ich es gemerkt, als
ich zirka zwölf Jahre alt war. Das war
beim Sportunterricht. Dann wurde es
sukzessive immer schlimmer", beschreibt
sie die Entwicklung.
Wunder, dass sie darüber glücklich ist:
"Das ist ein neues Lebensgefühl. Ich fühle mich fit, mache alles, was ich kann an
sportlichen Aktivitäten, und probiere
jetzt auch alles mal aus."
Viele Jahre ist Nicole W. stark gehandicapt. Immer wieder springt ihre Kniescheibe aus der Führung heraus. Ihr linkes Knie wird dauerhaft instabil. Mit 16
wird sie das erste Mal operiert, doch
auch nach der OP ging es so weiter. Erst
mehr als ein Jahrzehnt später fand sie
einen Arzt, der ihr wirklich helfen konnte. Doktor Christian Gatzka vom Parkkrankenhaus Leipzig hat sich auf die
Behandlung komplizierter Fälle wie den
von Nicole W. spezialisiert. Solche wiederkehrenden Knieverrenkungen erklärt
er so: "Es gibt angeborene Ursachen.
Dazu gehört zum Beispiel ein sehr starkes X-Bein, wenn die Kniescheibe einfach nicht gut geführt ist. Oder eine
Verdrehung im gesamten Oberschenkel,
eine Fehlform der Kniescheibe oder
auch Fehlformen des Gleitlagers in dem
die Kniescheibe läuft. Wenn das Gleitlager nicht richtig v-förmig ausgebildet
ist, neigt die Kniescheibe auch dazu,
rauszuspringen." Bei Nicole W. führte
das immer wieder zu Stürzen, die ihren
Alltag beeinträchtigten. Schmerzen hatte sie dabei jedoch nicht. Dr. Christian
Gatzka erklärt: "Es ist dann alles ausgeleiert und dann tut das Rausspringen
der Kniescheibe nicht mehr so weh,
sondern es passiert einfach. Man gewöhnt sich daran. Man bringt sie selbst
wieder in die Position zurück und dann
kann man damit leben."
Der Meniskus hat die Form einer Mondsichel und besteht aus Faserknorpel.
Jedes Kniegelenk hat zwei Menisken,
einen auf der Innenseite und einen auf
der Außenseite des Gelenks. Sie sind
Stoßdämpfer im Kniegelenk und puffern die Kontaktfläche zwischen Oberschenkelknochen und Schienbein ab. Ein
Meniskus kann reißen, durch Verletzungen zum Beispiel, oder durch Abnutzung eine geschädigte, raue Oberfläche
bekommen. In beiden Fällen kommt es
zu einer unnormal hohen Reibung zwischen dem Meniskusteil und der Gelenkfläche sowie zur Schädigung des Gelenkknorpels. Diese erhöhte Reibung
und damit beginnende Arthrose kann
auch ablaufen, ohne dass der Betroffene
Schmerzen im Knie verspürt.
Doch Nicole W. wollte nicht mehr damit
leben. Vor eineinhalb Jahren wurde ihr
linkes Knie von Doktor Gatzka erfolgreich operiert. Dabei kam eine neue Methode zu Anwendung, die bereits vielen
Patienten helfen konnte: Die Kniescheibe wird mit einer körpereigenen Sehne
fixiert. Seit der Operation ist die junge
Frau beschwerdefrei – und kann sich auf
die Funktionstüchtigkeit ihres Knies
wieder hundertprozentig verlassen. Kein
Meniskusschäden
Physiotherapeutin Gitte Baumeier:
Machen Sie den Meniskus-Test!
Ob die inneren Menisken beschädigt
sind, lässt sich häufig mit einem einfachen Test feststellen. Dazu setzen Sie
sich in den Schneidersitz. Die Hände liegen locker auf den Oberschenkeln und
üben einen leichten Druck auf sie aus. In
dieser Haltung werden die Kniegelenke
auf besondere Weise beansprucht. Ist
ein Schmerz auf der Innenseite eines
oder beider Knie zu spüren, deutet das
auf einen Problem am Innenmeniskus
hin und eine ärztliche Abklärung ist
notwendig.
Der Fall des Profi-Handballers
Bennet Wiegert
Bennet Wiegert ist Handballprofi beim
SC Magdeburg. Auch dank seiner Tore
konnte sein Verein in der Vergangenheit große Erfolge feiern. Der wichtigste
war der Sieg in der Champions League
2002. Doch dann geschah es: Er war Mitte zwanzig, als es bei einem unbedeutenden Trainingsspiel zu einem Zusam2
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menprall kam: "Da ist mir ein Gegenspieler gegen das Knie gerollt. Er wurde
von einem anderen Spieler gestoßen
und ist gegen mein Knie gefallen. Dadurch kam es zum Crash im Gelenk",
erinnert er sich. Es hätte das Aus für seine Profisportlerlaufbahn sein können.
In seinem rechten Knie war der Außenmeniskus gerissen, der Knorpel beschädigt und das Innenband angerissen.
Bennet Wiegert wurde sofort operiert.
Zum Glück musste nicht der ganze Meniskus entfernt werden. Sein Arzt, Dr.
Jörg-Peter Woltersdorf, Orthopäde am
Fachkrankenhaus Vogelsang in Gommern, erklärt: "Wenn bei einem Profisportler der gesamte Meniskus entfernt
werden müsste, dann wird medizinischerseits angeraten, den Profisport zu
beenden, weil dann die Arthrose relativ
schnell vorprogrammiert ist." Obwohl
ein Teil des Meniskus erhalten werden
konnte, ist die Stabilität des Knies nicht
mehr so wie vorher. "Wenn man richtig
hinguckt, leichtes X-Bein! Das ist die
Folge davon, dass ein Teil des Außenmeniskus herausgekommen ist, so dass
der Puffer an der Außenseite fehlt.",
erklärt der Arzt.
Die eingeschränkte Stabilität des Knies
müssen nun die Muskeln ausgleichen.
Doch die waren nach einem Vierteljahr
Trainingsausfall geschwächt. sodass
nach der OP eine dreimonatige Reha
notwendig wurde. Einfach war diese
Auszeit für den Profihandballer nicht:
"Für den Sportler ist eine so lange Trainingspause schlecht, denn sie reißt einen raus. Die Muskulatur aufzubauen,
ist eine relativ anstrengende Angelegenheit. Man muss sich das so vorstellen: Wenn man den Fuß einen Tag nicht
belastet, braucht man fünf Tage, um das
wieder aufzutrainieren." Doch Bennet
Wiegert hat es geschafft, obwohl sich
bis heute das Knie bei Belastung immer
wieder schmerzhaft meldet. Eine Prognose, so sein Arzt, lässt sich schwer geben: "Er wird seine Karriere erst mal
normal beenden können. Die Frage ist,
wie es später aussieht. Darum müssten
dann auch gezielte Kontrollen gemacht
werden, ob Knorpelschäden vorliegen
und gezielte Therapien eingeleitet werden." Seit seiner Verletzung ist für Bennet Wiegert nicht nur das Siegen die
Nummer Eins auf seiner Prioritätenliste.
"Jetzt heißt es für mich mit 30 Jahren,
gesund zu bleiben. Das ist das Wichtigste. Erfolge sind nicht mehr so wichtig.",
erklärt der Magdeburger.
Problem Bänderriss
Es passiert häufig mit einem spürbaren
Schnappen oder Schnalzen. Ratsch und
das Band, die Sehne ist durch! Beim Knie
sind es gleich mehrere, die es treffen
kann: Innen- oder Außenband oder das
hintere sowie das vordere Kreuzband. Es
kommt sofort zu starken Knieschmerzen. Das Gelenk ist kaum noch belastbar. Auch wenn der Schmerz nach einer
Weile etwas nachlassen kann, meldet er
sich unter Belastung sofort zurück. Es
könnte auch sein, dass das Knie sich instabil anfühlt. Außerdem schwillt es an.
Der Gang zum Arzt ist unvermeidlich.
Mit speziellen orthopädischen Tests,
einem MRT oder anderen Verfahren
kann er eine Bänderdehnung oder zerrung von einem echten Riss abgrenzen. Wenn das Band durch ist, muss
nicht immer das operative "Flicken" der
Sehne die beste Lösung sein. Die Therapie richtet sich nach dem Schweregrad
der Verletzung, dem Alter und den Lebensumständen des Patienten. Ein Bänderriss kann auch konservativ behandelt
werden, also mit Ruhigstellung und anschließender Krankengymnastik.
Arthrose
Ein steifes Knie am Morgen, das Gefühl,
eingerostet zu sein, und individuell unterschiedlich stark ausgeprägte Schmerzen deuten auf eine Arthrose hin. In der
Fachsprache wird Kniearthrose auch
Gonarthrose genannt. Darunter versteht
man alle Verschleißerscheinungen am
Kniegelenk, die zu einer fortschreitenden Zerstörung des Gelenkknorpels führen. Auslöser sind neben der natürlichen
Abnutzung mit fortschreitendem Lebensalter auch unnormale Belastungen
des Kniegelenkes, zum Beispiel durch X3
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oder O-Beine, durch Übergewicht oder
schlecht verheilte Knochenbrüche. Arthrosen entstehen aber auch durch Verletzungen des Kniegelenks, zum Beispiel
einen Meniskusriss, sowie geschädigte
oder gerissene Bänder. Auch Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes, Gicht
und rheumatische Erkrankungen lösen
den Knorpelverschleiß aus.
Konservative Therapie bei Arthrose
Bei leichten oder zeitweise auftretenden Kniebeschwerden können verschiedene Salben auf das Gelenk aufgetragen werden. Sie wirken durch Wasserverdunstung kühlend oder durch Erweiterung der Hautgefäße wärmend. Vielen Salben sind zudem Wirkstoffe beigemischt. Hierbei handelt es sich häufig
um entzündungshemmende oder antirheumatische Medikamente, die in der
Tiefe wirken sollen.
Bandagen und Orthesen fürs Knie sind
ein weiterer konservativer Therapieversuch. Sie stützen zum einen das Gelenk,
was jedoch meist überschätzt wird, und
stimulieren zum anderen die Teile der
Muskulatur, die das Knie stabilisieren.
Oft fühlen die Patienten durch die
Orthesen eine erhöhte Stabilität im
Knie. Wichtiger Baustein der konservativen Therapie sind physikalische Behandlungen mit Reizstrom, Ultraschall und
gezielte Heilgymnastik. Auch Unterwasserbehandlungen, Kälte- oder Wärmetherapie schlagen bei vielen Patienten
gut an. Im Zusammenhang mit Kniearthrose haben einige Studien gezeigt,
dass auch Akupunktur die Beschwerden
lindern kann.
Medikamente gegen den Schmerz
Die Behandlung verfolgt mehrere Ziele:
Entzündungen hemmen und Schmerzen
bekämpfen. Eine Wirkstoffgruppe sind
die so genannten "Nichtsteroidalen
(nicht kortisonhaltige) Antirheumatika",
kurz NSAR. Dazu gehören zum Beispiel
auch Wirkstoffe wie ASS oder Diclofenac. Sie wirken schmerzstillend, fiebersenkend und entzündungshemmend.
Besonders bei hochdosierter Langzeittherapie treten leider Nebenwirkungen
wie Magen-Darm-Bluten, Bluthochdruck, Leberschäden oder auch Asthma
auf. Trotzdem sind sie zur Kurzzeitbehandlung, in moderater Dosis und unter ärztlicher Kontrolle eine wertvolle
Therapieoption. Neben den nicht kortisonhaltigen Schmerzmitteln wird
auch Kortison zur Behandlung von
Kniebeschwerden eingesetzt. Es
hemmt die Aktivität des Immunsystems
und verhindert die Freisetzung von
Zellgiften. Dadurch wirkt es antirheumatisch, entzündungshemmend und
schmerzstillend. Kortisonpräparate
sind aufgrund der möglichen Nebenwirkungen ausschließlich auf ärztliche
Anordnung einzunehmen. Sie können
im Extremfall unter anderem zu Blutungen und Geschwüren im MagenDarm-Bereich führen, den Blutdruck
steigern, Knochenschwund oder Diabetes auslösen.
Sechs wichtige Tipps bei
Kniearthrose
Übergewicht vermeiden:
Jedes Kilogramm Körpergewicht
muss bei den durchschnittlich 5.000
Schritten, die wir täglich gehen, getragen und abgefedert werden.
Regelmäßig bewegen:
Gleichförmige, harmonische Bewegungen wie beim Schwimmen, Wandern, Walking, Tai-Chi, oder Skilanglauf sind ideal, um die Knie zu belasten, ohne sie zu überlasten.
Wärme lindert:
Das Gelenk benötigt einen verstärkten Blutfluss, um besser mit Nährstoffen versorgt zu werden und
Schlackenstoffe abtransportieren zu
können. Warme Auflagen, Kniewärmer aus Angorawolle und andere
wärmende Helfer können dabei helfen, die Durchblutung zu steigern.
Eine Ausnahme bilden Entzündungen. Hier wirkt sich Wärme eher ungünstig aus.
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Richtig knien:
Kniende Tätigkeiten - zum Beispiel
Unkraut zupfen - lassen sich nicht
immer vermeiden. Auf Dauer sind sie
Gift für die Gelenke und vielen Arthrosepatienten zudem nicht möglich.
Auch das Hocken erzeugt durch den
extremen Biegewinkel des Gelenks
höchste Belastungen im Knie. Günstiger ist eine Haltung, wie sie vom
klassischen "Kniefall" eines Heiratsantrages bekannt ist. Ein Bein ist
vorne aufgestellt, das andere kniet
auf einem Polster. Der Winkel von 90
Grad in beiden Gelenken belastet die
Knie nicht über die Maßen.
Beine lang beim Sitzen:
Bei langen Reise im Flugzeug oder
mit der Bahn sollten Sie sie Beine so
oft es geht unter den Sitz des Vordermanns lang strecken. Denn stellt
man die Füße unter dem eigenen Sitz
ab, werden die Knie über den Winkel
von 90 Grad hinaus gebeugt. Es entsteht ein hoher Druck der den Knorpelstoffaustausch behindert und die
Kniescheibe schädigt.
Richtig heben:
Patienten mit Kniearthrose und gesundem (!) Rücken, sollten Lasten
nicht aus den Knien heraus heben,
wie es in Rückenschulen empfohlen
wird. Stattdessen vornüber gebeugt
mit geradem Rücken und fast gestreckten Beinen das Gewicht greifen
und aufnehmen.
Künstliches Knie
Rettung oder Risiko?
Seit etwa zwei Jahren wird in Ärztekreisen von einem Operationswahn bei
künstlichen Knien und Hüften gesprochen. Einige äußern auch offen die Meinung, zehn bis zwanzig Prozent dieser
Eingriffe würden viel zu früh vorgenommen oder seien sogar unnötig, weil
das Repertoire an anderen Therapien
nicht ausgereizt werde. Hinzu komme,
dass sechs von einhundert Prothesen
wieder herausgenommen und erneuert
werden müssen. Auch die Haltung vieler
Patienten wird in diesem Zusammenhang kritisiert. Die Menschen seien zu
wenig bereit, sich für ihre Gesundheit
anzustrengen und etwas zu tun, zum
Beispiel ihr Körpergewicht in den Idealbereich zu bringen. Stattdessen setzten
sie auf die Schnelllösung künstliches
Gelenk.
Aktuell erhitzt eine Äußerung von Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) die
Gemüter. Bahr kritisierte die steigende
Zahl von Operationen in Krankenhäusern und will sie aus Kostengründen
begrenzen. Die Deutsche Gesellschaft
für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC) vertritt eine gegensätzliche Position: Die Zunahme der Knieund Hüftgelenksoperationen sei dem
demografischen Wandel unserer Gesellschaft geschuldet. Viele Alte führten
eben zu vielen altersbedingten Behandlungen. Zudem könne man die deutsche
Statistik der Operationszahlen nicht international vergleichen. Während andere Länder die geplanten Knieerneuerungen einzeln erfassen, werden in
Deutschland zu dieser Zahl noch die Fälle von Wechseloperationen und Gelenkersatz in Folge von Oberschenkelhalsbrüchen hinzugezählt. So würde
man "Äpfel mit Birnen" vergleichen.
Auch den Gedanken, künstliche Gelenke
würden aus wirtschaftlichen Gründen zu
häufig implantiert, weist die Gesellschaft zurück. Es sei vielmehr umgekehrt: Dort, wo mehr Orthopäden tätig
sind, würde weniger operiert. Betroffene mit Knieschmerzen verunsichern solche Diskussionen eher. Wer unsicher ist,
ob er eine Operation und der Einsatz
eines Kunstgelenks für ihn richtig ist,
sollte sich eine zweite Meinung einholen.
Recht auf Zweitmeinung
Jeder hat grundsätzlich das Recht, Arzt
und Krankenhaus frei zu wählen und zu
wechseln und eine zweite Meinung einzuholen. Dies ist festgehalten in der
Charta der Patientenrechte, die die
Bundesärztekammer und die Spitzen5
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verbände der Krankenkassen 2003 erarbeitet haben. Ärzte empfehlen eine
Zweitmeinung sogar nachdrücklich und
verstehen, dass verunsicherte und skeptische Patienten sich Gewissheit verschaffen möchten. Das Einholen einer
zweiten Meinung bedeutet nicht immer,
dass noch einmal eine komplette Diagnostik durchgeführt werden muss. Jeder Patient hat Anspruch darauf, alle
Unterlagen und Untersuchungsergebnisse einzusehen und auf eigene Kosten
kopieren zu können. Kein Arzt darf Patienten die Herausgabe verweigern.
Patientinnen und Patienten haben
das Recht ...
• Arzt und Krankenhaus frei zu wählen und zu wechseln.
• auf eine ärztliche Zweitmeinung.
• auf eine qualifizierte und sorgfältige
medizinische Behandlung nach den
anerkannten Regeln der ärztlichen
Kunst. Sie umfasst eine qualifizierte
Pflege und Betreuung.
• Art und Umfang der medizinischen
Behandlung selbst zu bestimmen. Sie
können entscheiden, ob sie sich behandeln lassen wollen oder nicht.
• auf rechtzeitige und persönliche
Aufklärung über Art und Umfang
der Maßnahmen und der damit verbundenen gesundheitlichen Risiken
vor einer Behandlung.
• die Gebärdensprache oder andere
Kommunikationshilfen zu verwenden, wenn sie sich mit dem Arzt
sprachlich nicht verständigen können. Die Kosten sind durch die zuständige Krankenkasse zu übernehmen.
• darauf zu bestehen, dass alle medizinischen Maßnahmen nur mit ihrer
wirksamen Einwilligung durchgeführt werden.
• auf individuelle Beratung durch die
Krankenkasse über deren Leistungen.
• auf eine Behandlung mit Arzneimitteln oder Medizinprodukten, die die
gesetzlich vorgeschriebenen Qualitäts- und Sicherheitsanforderungen
erfüllen.
•
auf Dokumentation der wichtigsten
diagnostischen und therapeutischen
Maßnahmen und Verlaufsdaten der
Behandlung.
• die sie betreffenden Behandlungsunterlagen einzusehen und auf eigene Kosten Kopien oder Ausdrucke
von den Unterlagen fertigen zu lassen.
• auf Vertraulichkeit in Bezug auf Informationen, Gespräche, Unterlagen
und Daten. Unterlagen dürfen nur
mit Zustimmung der Patientinnen
und Patienten oder auf Grundlage
gesetzlicher Bestimmungen weitergegeben werden.
• auf Schadensersatz und Schmerzensgeld in Fällen einer fehlerhaften Behandlung, bei unzureichender Aufklärung oder bei Schäden, die durch
Arzneimittel oder Medizinprodukte
verursacht worden sind.
(Überblick über die wichtigsten Patientenrechte aus der Charta der Patientenrechte in Deutschland)
Dr. Volksmund: "Etwas was
übers Knie brechen"
Hauptsache-gesund-Reporter Jan Schlegel ist mit dieser Frage im Sendegebiet
unterwegs gewesen: "Wann haben Sie
das letzte Mal etwas übers Knie gebrochen?"
Die Antworten waren bunt:
"Gestern, meinen Zeitplan!"
"Wir haben gerade Sachen gekauft, was
nicht vorgesehen war. Also haben wir
wieder etwas übers Knie gebrochen."
"Ich wollte neue Ohrringe und dachte:
Ich kaufe sie mir selber, bevor ich darauf
warte, dass mein Mann darauf kommt."
Aber auch zur Bedeutung der Redewendung haben viele eine Idee. Eine
Dame meint, "Es bedeutet, etwas spontan zu entscheiden oder etwas komplett
neu auszuprobieren!"
Aber woher kommt diese Redewendung? Ist es vielleicht "irgendeine Bauernsache", wie einer meinte? Jan Schlegel weiß die richtige Antwort: "Es
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kommt vom Feuermachen! Früher hat
man das Feuer mit Reisig, also mit kleinen Ästen angemacht. Um sie schneller
zu zerbrechen, hat man sie übers Knie
gebrochen." Jan Schlegels Fazit: "Etwas
übers Knie zu brechen kann ja manch-
mal ganz nützlich sein. Ich allerdings
halte es lieber mit dem Ausspruch 'Gut
Ding will Weile haben!'".
Experten im Studio
OA PD Dr. Jörg Lützner,
Universitätsklinik Dresden, Klinik und Poliklinik für Orthopädie
Gitte Baumeier,
Phyisiotherapeutin, Halle
Anschrift/ Thema der nächsten Sendung
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(0,09 € pro Minute aus dem Festnetz, Mobilfunk max. 0,42 € pro Minute)
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Thema der nächsten Sendung am 24.05.2012: "Abnehmen ohne Ernährungsterror"
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