lungsoption beim hallux rigidus

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lungsoption beim hallux rigidus
GELENKERSATZ ALS NEUE BEHANDLUNGSOPTION BEIM HALLUX RIGIDUS
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Klassische operative Methoden
vs. Kunstgelenk
Erste Erfahrungen mit der Prothese
Toefit-plus
Beweglichkeit und Schmerzfreiheit
nach kurzer Rekonvaleszenz
Gute Kurzzeitergebnisse, noch keine
Langzeitresultate
Knochenauflagerungen. Diese schmerzenden
und die Bewegung behindernden Osteophyten
stören die Patienten häufig stärker als die Arthrose selbst. Da sich der Bewegungsfreiraum
des Gelenkes nach plantar verschiebt, kommt
es zu einer zunehmend schmerzhaften Hyperextension des interphalangealen (IP-)Gelenks.
Zudem entsteht an der plantar-medialen Abrollkante distal der Grundphalanx eine Druckstelle. Die Liste der Beschwerden umfasst also
Steifigkeit, Bewegungsschmerz, störende
Osteophyten, Hyperextension des IP-Gelenks
und Fehlbelastung des medialen Vorfusses.
Hinzu kommt eine unbefriedigende Ästhetik.
Die Arthrose des Grosszehengrundgelenks
(MTP I) mit Bewegungseinschränkung – der
Hallux rigidus – tritt oft beidseits auf, ohne
dass andere Gelenke mitbetroffen sind. Frühsymptome zeigen sich häufig schon bei jungen
Erwachsenen, was auf eine Anlageschwäche
hindeutet. Im weiteren Verlauf kommt es
in vielen Fällen zu schmerzhaften Bewegungseinschränkungen und zur Bildung von Knochenauflagerungen, die einer operativen Behandlung bedürfen. Arthroseveränderungen
des MTP I ohne oder mit nur geringer Fehlstellung des Metatarsale, wie sie beim Hallux
rigidus und bei Zuständen nach Resektionsarthroplastiken vorliegen, sind günstige Indikationen zur Implantation eines Kunstgelenkes.
Im Folgenden soll der Stellenwert einer Kunstgelenkimplantation gegenüber herkömmlichen
Behandlungsmethoden anhand eigener
Erfahrungen mit einer neu entwickelten Endoprothese diskutiert werden.
Therapeutische Optionen
Je nach seiner Ausprägung kommen zur
Behandlung des Hallux rigidus verschiedene
operative Methoden zum Einsatz. In leichteren
Fällen wird oft eine Cheilektomie mit oder
ohne Extensionsosteotomie der Phalanx vorgenommen, in schweren Fällen mit vielfach
schon spontan eingesteiften Gelenken stehen
die Arthrodese mit Cheilektomie und seit einigen Jahren auch das Kunstgelenk zur Verfügung. Durch die Option eines Gelenkersatzes
werden die «klassischen» Therapien nicht
obsolet, verändern aber ihren Stellenwert. Die
Arthroplastik mit Resektion der Gelenkflächen
(Sine-sine-Arthroplastik, Abb. 1a) ist nach
unserer Meinung als Primäreingriff zu defensiv
und kommt nur als letzte Rückzugsmöglichkeit nach Misserfolgen in Frage.
Bei der Cheilektomie werden die Osteophyten abgetragen. Dadurch lassen sich die
Symptomatik des Hallux rigidus
Als Folge der Arthrose im Grosszehengrundgelenk bilden sich an der medialen
und dorsalen Begrenzung des MTP I reaktive
b
c
d
e
b
c
Abb. 1
Abb. 1:
a: Spätresultat nach Resektionsarthro-
Beweglichkeit sowie auch die Ästhetik verbesern. Allerdings kann die erhöhte Beweglichkeit in manchen Fällen den Bewegungsschmerz
noch verschlimmern. Eine zusätzliche Extenionsosteotomie, die Entnahme eines trapezodförmigen Knochenkeils aus der dorsomediaen Basis der Grundphalanx, kann das IP-Problem verbessern und auch die Druckstelle
plantar reduzieren, wird jedoch immer eine
befristete Massnahme sein, da die Arthrose
weiter fortschreitet. Die Cheilektomie mit oder
ohne Phalanxosteotomie ist die Methode der
Wahl bei leichteren Formen, wenn Arthrosechmerzen nicht im Vordergrund stehen.
Die Arthrodese (Abb. 1b), die weitaus am
häufigsten eingesetzte Methode (95 Prozent
aller Eingriffe), glättet Druckstellen und beseiigt den Arthroseschmerz, verstärkt aber die
Hyperextensionsprobleme der Endphalanx
und auch die plantare Fehlbelastung des medialen Vorfusses. Das kosmetische Resultat ist
gut, vor allem wenn die Länge der Zehe betehen bleibt. Je nach Stellung des eingesteifen Gelenkes entstehen neue Probleme. Ist es
u stark extendiert, entsteht eine Druckstelle
dorsal über dem IP-Gelenk oder über dem
Zehennagel, bei Versteifung in zu starker
Flexion entwickelt sich die Druckstelle plantar
an der Phalanx. Verschlechternd wirkt zudem
eine Fehlstellung und / oder Bewegungseinschränkung im medialen Lisfranc.
Die Arthroplastik mit einem Kunstgelenk
(Abb. 1c) vereint die Vorteile von Cheilektomie
und Arthrodese und bringt zugleich die
schmerzfreie Beweglichkeit zurück. Nach Erfahrungen aus dem Umbau von Arthrodesen
in Kunstgelenke ist jede auch noch so geringe
Verbesserung der Beweglichkeit geeignet,
Überlastungsschmerzen – meist plantare und
dorsale Druckstellen – zu verbessern. Neben
den funktionellen Vorteilen lässt sich auch ein
ausgezeichnetes kosmetisches Resultat erzielen, wenn es gelingt, die Länge der Grosszehe
zu erhalten. Dank der Beweglichkeit im MTP IGelenk ist das in aller Regel möglich. Die Fehlbelastung im IP-Gelenk fällt weg, und die
damit verbundenen Druckstellen und Arthroseprobleme in diesem Gelenk verbessern sich.
Gleiches gilt für Fehlbelastungen im Lisfranc
und medialen Vorfuss. Die Rehabilitationsdauer nach Kunstgelenkimplantation ist wesentlich kürzer als nach Arthrodese. Nachteile
plastik. Arthrose, Fehlstellung
b: Heilungsbild nach erfolgreicher
Arthrodese. Aber: Druckstellen plantarmedial und dorsal über dem IP-Gelenk
c: Nach Implantation einer ToefitProthese
Abb. 2:
a: Weitgehend eingesteifter Hallux
rigidus
b: Abtragung der Osteophyten
c: Sparsame Resektion der Grundphalanxbasis
d: Achsengerechtes Ausfräsen der
Grundphalanx
e: Nach Osteotomie der metatarsalen
Gelenksfläche Ausfräsen des Metatarsale
f
g
h
f: Nach Implantation der metatarsalen
Komponente Bestimmen der Gelenksspannung mittels Probeprothese
g: Einbau der definitiven phalangealen
Komponente
h: Die eingebaute Prothese.
Modulsystem: Die beiden Gelenkskomponenten (Phalanx: Polyäthylen,
Metatarsale: Metall) sind auswechselbar
Abb. 2
des Kunstgelenks sind seine beschränkte
Lebensdauer, die Gefahr einer vorzeitigen
Lockerung und Probleme infolge von Abrieb.
Bisher entwickelte Kunstgelenke, die sich an
der Technik der kleinen Gelenke der Hand
orientierten, scheiterten an diesen Problemen.
Erfahrungen mit Toefit-plus
Das neu entwickelte und seit etwa drei
Jahren in klinischer Erprobung stehende TitanPolyäthylen-Implantat Toefit-plus orientiert
sich an bekannten und bewährten Techniken
grosser Gelenke wie dem Hüft- und Kniegelenk. Die Verankerung der Schäfte in Phalanx
und Metatarsale erfolgt über eine Verschraubung mit hoher Primärstabilität. Die Erfahrungen mit dem Schaftmaterial Titan lassen auch
eine gute Osteointegration erwarten. Die
Gleitpaarung Polyäthylen / Metall hat die gleichen tribologischen Eigenschaften wie bei
künstlichen Knie- und Hüftgelenken und lässt
kaum Überraschungen erwarten.
Operatives Vorgehen: Abbildung 2 zeigt
die einzelnen Schnitte der Kunstgelenkimplantation. Der Eingriff erfordert einen stationären
Aufenthalt von fünf bis sechs Tagen. Bereits
nach drei bis vier Wochen können die Patienten wieder normal gehen. Die Rekonvaleszenz
nach Arthrodese beträgt demgegenüber etwa
sechs Wochen.
Resultate: Seit 2000 wurden in der Klinik
Am Rosenberg 35 Kunstgelenke implantiert.
Wichtigste Indikation war der fortgeschrittene
Abb. 1:
Histologischer Schnitt des Ellenbogens
ines Fetus: Plica dorsal und ventral
Hallux rigidus mit Einsteifung des Gelenkes in
Plantarflexion mit pseudoexostosenartiger
Osteophytenbildung (23 Zehen; darunter 4
nach Cheilektomie). Es folgen Implantationen
wegen Arthrosen nach Resektionsarthroplastik
(7 Zehen), wegen Rückbau einer Arthrodese
(4 Zehen) und wegen partieller Nekrose des
Metatarsaleköpfchens nach distaler Osteotomie des Metatarsale (1 Zehe). Alle Patienten
sind mit dem funktionellen und kosmetischen
Resultat zufrieden, und selbst jene Patientin
(Arthrose nach Resektionsarthroplastik), die
wegen einer Instabilität des Gelenkes reoperiert werden musste (Weichteiloperation),
würde sich nach der gleichen Methode wieder
operieren lassen. Über Langzeitresultate kann
nach so kurzer Zeit nichts ausgesagt werden.
Auch erwarten wir mit zunehmender Erfahrung eine Verbesserung der Balancierung des
Gelenks mit einer entsprechend verbesserten
Gelenksbeweglichkeit. Sollten sich die bisherigen Erfahrungen bestätigen, könnte die Implantation von Kunstgelenken der Behandlung
des Hallux rigidus zu bedeutenden Fortschritten verhelfen.
Dr. med. Adi Klammer
Dr. med. Fritz Kägi
Klinik Am Rosenberg, Heiden