Hans Beimler - gefallen vor Madrid

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Hans Beimler - gefallen vor Madrid
In Spanien
Anfang August 1936 geht er als einer der ersten Freiwilligen
nach Spanien, um die verfassungsmäßige Republik gegen den
Putschisten-General Franco zu verteidigen. Er ist maßgeblich
beteiligt am Aufbau der »Centuria Thälmann« und wird politischer Kommissar der deutschen Bataillone der Internationalen Brigaden. Daneben kümmert er sich um das Alltägliche:
»Jeder weiß, wenn er etwas braucht, kann er zum Hans kommen. Der Hans wird schon helfen und Rat wissen. Solange der
Hans bei uns ist, sind wir nicht verloren.«
(Aus einem Bericht eines Brigadisten im
britischen Daily Worker. 5. 12. 1936)
Gefallen vor Madrid
Am 1. Dezember 1936 besucht Hans das Thälmann-Bataillon
Trotz Mahnung läßt er sich nicht abhalten, an die vorderste
Front zu gehen mit den Worten: »Was wäre ich für ein Kommunist und Funktionär, wenn ich in einer gefährlichen Lage
nicht an der Seite der Kämpfer bin.« An einer offenen Stelle
der Frontlinie trifft ihn die Kugel eines feindlichen Scharfschützen. Er verstirbt um 13.30 Uhr nahe dem Gehöft Palacete,
nordwestlich von Madrid.
Vom Tage der Aufbahrung bis zur Beisetzung nehmen über
zwei Millionen Spanier von Hans Beimler Abschied. Als er von
Madrid nach Barcelona überführt wird, säumen Hunderttausende die Straßen. Hoch über dem Hafen von Barcelona,
auf dem Bergfriedhof von Montjuich in Katalonien wird er
ebigesetzt. Dort befindet sich noch heute sein Grab.
Vor Madrid auf Barrikaden
Ernst Busch
Wie könnten wir je vergessen das Land
Darin wir unsere Besten gelassen
Das Land das uns alle vereinigt fand .
Iim Kämpfen und Lieben und Hassen
Denn Länder in denen man sorglos gelebt
Lässt man ohne betrüben.
Doch das Land mit dem wir gehofft
Und gebebt
Das werden wir ewig lieben
Lied auf Hans Beimler:
Vor Madrid auf Barrikaden in
Der Stunde der Gefahr
Mit den Interkampfbrigaden
Sein Herz von Haß geladen
Stand Hans der Kommissar
Eine Kugel kam geflogen
Aus der Heimat für ihn her
Der Lauf war gut gezogen
Der Schuss war gut erwogen,
Ein deutsches Schießgewehr
Seine Heimat musst’ er lassen,
Weil er Freiheitskämpfer war
Auf Spaniens blut’gen Straßen
Für das Recht der armen Klassen
Starb Hans der Kommissar
Kann Dir mein Wort drauf geben
Vencera la Libertad
Dem Feind wird nicht vergeben
Du bleibst in unserm Leben
Hans Beimler Kamerad
Gefallen vor Madrid für die Sache der Freiheit
Herausgeber: Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/
Bund der Antifaschisten (VVdN/BdA Rostock)
Text: Johanna Jawinsky
Diese Veröffentlichung wurde gefördert durch das
Kulturamt der Hansestadt Rostock
60 Jahre danach
Am 19. Januar 1996 beschließt die Regierung des Königreichs
Spanien, den überlebenden Angehörigen der internationalen
Brigaden die spanische Staatsbürgerschaft zu verleihen.
Dies geschieht in einem festlichen Akt am 4. November 1996.
Und so kamen sie
wieder nach Spanien – nach Madrid
und Barcelona, um
diese Ehrung in
Empfang zu nehmen. Dabei gedenken sie auch der
gefallenen Kameraden.
Aus der Ansprache
von M. H. Joan
Reventos Y Carner,
Präsident des Parlaments von Katalonien am 10. 11.
1996 in Barcelona:
»Ich erinnere
mich an jenen Tag
im Oktober des
Urkunde über die spanische Jahres 1938, an
Staatsbürgerschaft dem ich mit den
Augen des Kindes,
das ich damals war, sah, wie die internationalen Freiwilligen
von der Bevölkerung verabschiedet wurden, im letzten massiven Volksakt der Republik … Ich sehe noch, wie Gruppen von
Mädchen den Brigadisten Blumen überreichen … Ich erinnere mich auch noch daran, wie sie sich an den Händen haltend,
in langen Reihen, die einen großen Teil der Fahrbahn einnahmen, marschierten.« Und an die Anwesenden gewandt: »Die
Freiheit ist ein unteilbares Ganzes, eine Front ohne Grenzen.
Damit habt ihr das Recht erworben, Bürger Spaniens zu sein,
so wie dies bei Eurem Abschied versprochen worden ist … Ihr
wart die Helden einer der stärksten Bürgerschaftsepisoden,
die dieses Jahrhundert hervorgebracht hat.«
Hans Beimler
1895 – 1936
Gedenkstein im Seehafen Rostock
Ein Gedenkstein im Seehafen Rostock
Hunderttausende säumen die Straßen, als Hans Beimler von
Madrid nach Barcelona überführt wird, ein Lied über ihn wird
gedichtet und in vielen Sprachen gesungen.
Dolores Ibaruri, Spanische Freiheitskämpferin, genannt »La Passionaria« (die Leidenschaftliche), spricht am Grab mit bewegter Stimme: »Dieser Tod ist kein nutzloser
Tod, denn er hat ein neues Spanien schmieden geholfen.«
Straßen tragen seinen Namen und im Seehafen Rostock steht ein Gedenkstein zur Erinnerung an ihn. Der Umschlagarbeiter
Bodo Winkelmann gestaltete als Mitarbeiter des von Joachim
Jastram geleiteten Plastikzirkels ein Porträt „Hans Beimler“.
Es wurde am 7. Oktober 1973 eingeweiht.
Wer war Hans Beimler – wofür wurde er geliebt und verehrt? Wofür hat er in Spanien
1936 sein Leben gegeben?
Spanien — Sommer 1936
Das spanische Volk wählte in demokratischer
Abstimmung eine Volksfrontregierung. Dagegen putscht der faschistische General Franco.
Das spanische Volk erhebt sich zur Verteidigung seiner Republik, doch Francos spanischmarokkanische Legionäre – umfassend auch
militärisch unterstützt von Hitler und Mussolini – sind überlegen. Sie besetzen große Teile
des Landes und rücken auf die Hauptstadt
Madrid vor. Voreilig verkünden sie deren Fall.
Der weltweiten Bereitschaft, dem spanischen Volk zu Hilfe zu
eilen, entspricht Spaniens Regierung mit einem Erlass vom
22. Oktober 1936, der die Bildung Internationaler Brigaden
ermöglicht.
Da kamen sie aus aller Welt…
Aus 50 Ländern aller Kontinente eilen 45.000 Freiwillige nach
Spanien, darunter der weltberühmte Dichter Ernest Hemingway. Aus Deutschland gelangen – oft auf abenteuerlichen Wegen – 3000 deutsche Antifaschisten nach Spanien. Es werden
Internationale Brigaden gebildet. Mehr als die Hälfte der deut-
gesteckt und aufs Schwerste misshandelt. Seine Peiniger wollenihn in den Selbstmord treiben. Nach der Devise »lieber auf der
Flucht erschossen als in den Tod getrieben werden«, entschließt
er sich zur Flucht.
schen Antifaschisten lassen im Kampf um Spaniens Freiheit
und gegen den Faschismus in Europa ihr Leben. Schließlich
stehen sie einer erdrückenden Übermacht gegenüber. Einer
internationalen Abmachung zufolge verlassen sie Spanien.
Spanien versinkt für Jahrzehnte in einer Herrschaft faschistischer Prägung.
Der Kampf der Interbrigadisten bleibt dennoch ein großartiges
Beispiel internationalen solidarischen Handelns.
Deutsche auf beiden Seiten?
Aber nicht nur Freiheitskämpfer kommen nach Spanien. Aus deutschen Flugzeugen – produziert auch in den Rostocker Heinkelwerken – werden auf Hitlers Befehl Bomben abgeworfen.
Wahllos werden Frauen, Kinder und Greise getötet. Picasso
hat das in seinem weltberühmten Gemälde »Guernica« angeprangert.
Hans Beimler mit seiner Frau Centa und einem Freund
Pablo Picasso: Guernica
Dichter über den Spanischen Freiheitskampf
Viele berühmte Schriftsteller und Dichter wie Ernest Hemingway, Joris Ivens, Ludwig Renn, Erich Weinert waren in Spanien, sie verfassten Lieder und Gedichte oder haben sich über
den Freiheitskampf des spanischen Volkes geäußert. so auch
Thomas und Heinrich Mann
Ernest Hemingway schrieb: »Jetzt habe ich ein volles Jahr für
meine Überzeugung gekämpft. Wenn wir hier siegen, werden
wir überall siegen. Die Welt ist schön und wert, dass man um
sie kämpft. Wenn ich doch auf irgendeine Weise, das was ich
hier gelernt habe weitergeben könnte.«
Hans Beimler — »Lehrjahre«
Hans Beimler kommt am 2. Juli 1895 in Wadlthum/Oberpfalz zur Welt. Er erlernt das Schlosserhandwerk und tritt 1913
in München der Metallarbeitergewerkschaft bei. Mit 19 Jahren wird er zur Kriegsmarine eingezogen. Die Schrecken des
Krieges werden für ihn zum Auslöser für den Widerstand.
Während der Novemberrevolution gehört er in Cuxhaven dem
Arbeiter- und Soldatenrat an, wird Mitglied des Spartakusbundes und der KPD. Er nimmt aktiv an den Kämpfen zur
Erhaltung der Münchener Räterepublik teil, gründet die KPDOrtsgruppe München und übt verschiedene Funktionen in der
KPD Bayerns aus. Er ist in Augsburg Mitglied des Stadtrates,
wird in den Bayerischen Landtag und in den Deutschen Reichstag gewählt. 1930 heiratet er Centa Dengler.
Verhaftung
Am 11. April 1933 fällt er in die Hände der Nazis. Die Freude
über den Fang versetzt sie in einen wahren Siegesrausch. In
einem Raum ohne Fenster fallen sie über ihn her. Sechzig bis
siebzig mal schlagen sie auf ihn ein, bis er bewusstlos zusammenbricht. Am 25. April wird er in das KZ Dachau gebracht.
Zum Empfang wird ihm zynisch ein Schild um den Hals gehängt: »Herzlich Willkommen«. Er wird in eine Arrestzelle
Flucht aus dem KZ
In der Nacht vom 8. zum 9. Mai zwängt er seinen geschundenen Körper durch das Oberlicht seiner Zelle. Beimler wird
steckbrieflich gesucht und ein Kopfgeld auf ihn ausgesetzt.
Seine Frau wird verhaftet und sein 12jähriger Sohn geschlagen. Hilfe erhält Hans Beimler von einem Polizisten und einem Pfarrer. Sie verstecken und verpflegen ihn und ermöglichen ihm die Flucht ins Ausland.
Dort schreibt er eine Broschüre »Im Mörderlager Dachau –
vier Wochen in den Händen der braunen Banditen«. Sie erscheint im August 1933 in deutscher, englischer und russischer Sprache. Mit ihr erfährt die Weltöffentlichkeit zum ersten mal die Wahrheit über das KZ Dachau.