Erfahrungsbericht Erasmus-Aufenthalt in Brüssel vom 07. Februar

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Erfahrungsbericht Erasmus-Aufenthalt in Brüssel vom 07. Februar
Erfahrungsbericht Erasmus-Aufenthalt in Brüssel vom 07. Februar bis 07. Juli 2013
Formalitäten
Der erste Schritt in Richtung Erasmus-Aufenthalt ist die Bewerbung an der Heimatuniversität
sowie an der Gastuniversität (tlw. über das Portal Mobility Online). Bei erfolgreicher
Bewerbung steht anschließend die Wahl der Kurse an der Gastuniversität an. Auf dieser
Grundlage wird dann ein Learning Agreement aufgesetzt. Informationen über die
angebotenen Kurse habe ich direkt von der „Vrije Universiteit Brussel (VUB)“ erhalten
(Informationen rund um die VUB: www.vub.ac.be). Alle Fristen und Unterlagen wurden
sowohl auf einer von der Uni Bremen organisierten Informationsveranstaltung sowie auf
einem dem Unterricht an der VUB vorangehenden „Orientation Day“ erläutert und Fragen
dazu beantwortet. Ansprechpartner darüber hinaus ist das International Office sowie das
Student Administration Centre auf dem VUB-Campus in Brüssel.
Anreise
Es gibt zwei Möglichkeiten in Brüssel anzureisen: Mit der Bahn oder mit dem Flugzeug. Die
Deutsche Bahn bietet das „Europa-Spezial-Ticket Belgien“ an, das bereits ab 39,- € erhältlich
ist. Die Preise variieren dann pro Strecke und je nach Buchungszeitraum. Auch Brussels
Airlines bietet, wenn man früh genug bucht, günstige Tarife zum nationalen Flughafen
Brussel Zaventem an. Von dort aus fahren Busse und eine Bahn ins Stadtzentrum. Der Bus
braucht ca. eine Stunde bis ins Zentrum und kostet 3 €, die Bahn ist mit 15 min sehr viel
schneller, kostet allerdings 7,80 € pro Fahrt. Der Flughafen Brüssel-Charleroi liegt ca. 50 km
außerhalb von Brüssel und ist mit einem Shuttle-Bus vom Gare du Midi zu erreichen.
Öffentliche Verkehrsmittel
in Brüssel
Brüssel und der Großbereich Brüssel sind mit einem Metronetz, Straßenbahnen und Bussen
gut erschlossen. Leider ist es recht schwierig sich zu orientieren, da aushängende
Metronetze in den Stationen eine Seltenheit und Straßenbahnnetze gar nicht vorhanden
sind. Man sollte also entsprechend vorbereitet sein und einen Reiseführer oder einen
Stadtplan dabei haben. Außerdem sollte man beachten, dass die Metro nur bis ca. 0:30 Uhr
fährt (auch am Wochenende!). Danach fahren einige Nachtbusse. Um als Student/in die
öffentlichen Verkehrsmittel in Brüssel (Metro, Straßenbahn und Busse: www.stib.be) zu
nutzen, lohnt es sich je nach Aufenthaltslänge eine Monats- oder Jahreskarte unter Vorlage
einer von der Universität ausgestellten Bescheinigung zu erwerben. Für unter 25-Jährige gilt
ein extrem ermäßigter Tarif von 46 € für eine Monatskarte und 120 € für eine Jahreskarte
(gegenüber 499 € für über 26-Jährige!). Wer mindestens 3 Monate bleibt ist also mit der
Jahreskarte besser beraten als mit 3 Monatskarten.
in Belgien
Im Gegenteil zu der teuren Nutzung des Metronetzes in Brüssel ist die Belgische Bahn recht
günstig. Sehr zu empfehlen ist der „Go-Pass 10“ für unter 26-Jährige mit dem man für 50 €
zehn Fahrten innerhalb Belgiens nutzen kann. Der Go-Pass kann auch in der Gruppe
genutzt werden und kann, da nicht personalisiert (wie Metrokarte), auch übertragen werden.
So kann man für wenig Geld die sehenswerte Umgebung außerhalb Brüssels kennen lernen!
Nach Brügge und Antwerpen fährt man ca. 1 Std, nach Gent sogar nur eine halbe Stunde.
aus Belgien
In Städte wie Amsterdam oder Paris gelangt man am günstigsten mit den Eurolines Bussen
(Abfahrt Gare du Nord). Wem die Fahrtzeit damit zu lange dauert kann auf die schnellen
Thalys oder TGV-Züge zurückgreifen. Nach Paris fahren diese in 1:20 h und nach
Amsterdam ca. 1 h. Tickets sollte man so früh wie möglich buchen.
Unterkunft
Eine Unterkunft in Brüssel zu finden ist aufgrund der vielen Praktikanten, Studenten und
Touristen in der Stadt nicht ganz einfach. Tendenziell ist es jedoch einfacher für einen
längeren Zeitraum eine Unterkunft zu finden, als für einen kurzen Aufenthalt. Falls vor der
Anreise noch keine Unterkunft in Aussicht ist, empfiehlt es sich in eins der zahlreichen
Hostels oder Bed & Breakfasts einzuchecken und vor Ort weiter zu suchen. Täglich
verlassen Praktikanten die Stadt und suchen auch kurzfristig noch Nachmieter. Ich selbst
habe in den ersten Tagen in einem Bed & Breakfast im nördlich gelegenen Stadtteil
Schaerbeek gewohnt, das ich auf der Seite www.bnb-brussels.be gefunden habe. Das
Hostel war sehr nett, allerdings für einen dauerhaften Aufenthalt zu teuer und der Stadtteil ist
nicht gerade der sicherste, wenn man den Einheimischen Glauben schenkt. Danach bin ich
in das Studentenwohnheim „Van Orley“ in der City gezogen, wo ich mich sehr wohl gefühlt
habe. Ich habe dort eine monatliche Miete von 480 € für ein Einzelzimmer gezahlt. Es gibt
auch Doppelzimmer bei der man sich die etwas teurere Miete dann teilen kann. Während
man für den von mir gezahlten Preis in Deutschland eine ordentliche, etwas größere
Einzimmerwohnung erwarten könnte, hat dies in Brüssel gerade einmal für ein 16 m²-Zimmer
mit Gemeinschaftsküche gereicht. Generell ist mit einer Miete unter 350 € nicht zu rechnen
und ein für das Geld entsprechender Zustand der Wohnung/Zimmer nicht immer zu
erwarten. Auf das Studentenwohnheim bin ich durch die VUB aufmerksam geworden und
kann ein Zusammenleben mit internationalen Studenten sehr empfehlen. Weitere hilfreiche
Websites sind www.appartager.be und www.brukot.be. Zu empfehlende Wohnviertel: das
Studentenviertel Ixelles, Saint Gilles, Etterbeek. Von den Gegenden um den Gare du Nord
sowie den Gare du Midi würde ich abraten. Bei einem Aufenthalt von mehr als 3 Monaten in
Brüssel wird zur Registrierung in der Kommune geraten. Diese ist jedoch in einigen
Kommunen kostenpflichtig und nur für besondere Vorhaben wirklich notwendig.
Persönliche Empfehlungen/Praktisches
Telefon
Eine Prepaidkarte kann man günstig vom Anbieter proximus oder Mobile Vikings erwerben.
Fahrrad
Fahrrad fahren in Belgiens Hauptstadt ist nicht überall ganz ungefährlich. Zu einer
Warnweste wird generell geraten. Positiv ist jedoch, dass es sehr viele Villo!Fahrradstationen gibt (Anmeldung im Internet unter: www.villo.be). Wer ein eigenes Fahrrad
erwerben will, wird auf dem Midi-Market (jeden Sonntag am Gare du Midi) fündig.
Finanzen
Auf höhere Mieten und Lebenserhaltungskosten sollte man in Brüssel vorbereitet sein.
Finanzielle Unterstützung liefert das Erasmus-Programm mit einem monatlichen
Mobilitätszuschuss sowie das Bafög-Amt, bei dem man Auslandsbafög beantragen kann.
Unbedingt versuchen, auch wenn ihr keinen Anspruch auf Inlandsbafög habt!!
Tipp zur Wohnungssuche
Meldet euch in der yahoo-Gruppe „Deutsche Praktikanten in Brüssel“ an! Dort werden des
Öfteren Wohnungsangebote herumgeschickt. Auch auf Facebook gibt es einige nützliche
Gruppen, darunter Gruppen zu entsprechenden Studiengängen an der VUB und Esn
Brussels, die Veranstaltungen für Brüsseler Studenten organisieren und auf deren Seite
auch Wohnungsangebote geteilt werden.
Freizeit
In Brüssel wird es nie langweilig! Die Stadt ist sehr lebendig und international. Studenten,
Praktikanten und Touristen sorgen dafür, dass es ein reiches Angebot an verschiedensten
Freizeitmöglichkeiten gibt. Da ist für jeden etwas dabei.
Kultur: Es gibt unzählige Museen, die alle recht bezahlbar sind. Highlight für mich war das
Musee du Cinquantenaire. Ein Kunsthistorisches Museum im Parc du Cinquantenaire.
Nachtleben: Cafés und Kneipen gibt es in Hülle und Fülle. Besonders zu empfehlen: Das
Delirium nahe der Rue de Bouchers. Zum Tanzen gehen ist das fuse und der City Club
beliebt.
Must sees: Place du Luxembourg, Ausblick vom Justizpalast und vom MusikinstrumentenMuseum, Place Saint Cathérine, Musée Horta, Forêt de Soignes…
Nicht verpassen: Nacht der Museen/kostenloser Eintritt an einigen Museen am ersten
Mittwoch im Monat, Tagesausflüge mit der belgischen Bahn in die umliegenden Städte (z.B.
auch Mechelen und Leuven), Royal Greenhouses in Laeken…
Universität
Ich habe mein Semester an der Vrije Universiteit Brussel (VUB), der flämisch-sprachigen
Universität in Brüssel, verbracht. Die Uni ist mit der Metro (Station Pétillon) und mit der
Straßenbahn (Station Etterbeek) zu erreichen. Auf dem Campus erwartet einen ein
Mischmasch aus neueren Glasgebäuden und Überreste aus der Gründungszeit in den 70er
Jahren. Es ist jedoch alles nötige vorhanden: eine Mensa (recht teuer), zwei Cafés, ein
Sportkomplex, die Bibliothek, WLAN auf dem gesamten Campus, Arbeits- und Sitzbereiche
und auch Studentenwohnungen. Die Lehrveranstaltungen, die ich besucht habe, waren alle
inhaltlich sehr interessant und gut aufgebaut. Ich habe an einem internationalen Programm
teilgenommen und die sprachliche Verständigung fand in Englisch statt. Die E-Learning
Plattform Pointcarée dient zur Kommunikation. Von Februar bis Ende Mai habe ich die
überwiegend vorlesungsartig aufgebauten Kurse besucht und mich dann innerhalb von zwei,
drei Wochen auf die Prüfungsphase im Juni vorbereitet. Die Prüfungen waren allesamt
mündlich abzuhalten, tlw. sollte vorher ein Essay zu einem bestimmten Thema eingereicht
werden. Sehr bedauert habe ich, dass uns keine Möglichkeit gegeben wurde, an einem
Sprachkurs (z.B. Französisch) teilzunehmen. Die Sprachkurse, die von der Universität
angeboten wurden, haben alle vor Beginn des Semesters angefangen und leider wurden wir
auch nicht darüber informiert, sodass wir uns rechtzeitig hätten einschreiben können. Die
Betreuung von Seiten der Universität würde ich dennoch als gut einschätzen und möchte vor
allem das Esn-Programm (International Exchange Student Network) sowie das BuddyProgramm, das uns reichlich mit Freizeitprogrammen versorgt hat, positiv hervorheben.
Brüssel und Belgien als Erasmus-Ziel
Wer den Auslandsaufenthalt dafür nutzen möchte Land und Leute kennen zu lernen und
seine Sprachkenntnisse aufzubessern wird Brüssel als Erasmus-Ziel schätzen lernen.
Brüssel präsentiert sich weltoffen, tolerant und gastfreundlich! Die Stadt hat eine ideale
Größe um sie in einem mehrmonatigen Aufenthalt bestens kennen zu lernen und die
manchmal versteckten, aber schönen Plätze abseits der Touristenpfade zu entdecken.
Brüssels Schönheit erschließt sich nicht unbedingt auf den ersten Blick. Mit ein bisschen
Neugier und Entdeckungsfreude lernt man die Stadt aber lieben. Die Stadt ist sehr
dynamisch und es herrscht ein ständiges Kommen und Gehen. Für alle amtlichen
Angelegenheiten sollte man viel Geduld mitbringen, da hier die Menschen etwas langsamer
sind und nicht so sehr auf Zeit und Pünktlichkeit achten wie die Deutschen. Die Bürokratie ist
aber genauso schlimm! Wer Belgien erkunden will sollte unbedingt die Chance nutzen von
Brüssel aus Städte wie Brügge, Antwerpen, Leuven oder Gent zu besuchen. Hier offenbart
sich erst recht die Schönheit des Landes! Die Eigenheiten der Einwohner und die
Widersprüchlichkeit des Landes lassen sich am besten in Brüssel spüren, wo Flamen und
Wallonen aufeinander treffen. Wie gespalten das Land ist wird einem spätestens klar, wenn
man sich jeweils über die Sprachgrenze bewegt. Sehr interessant ist, dass in Brüssel, der
Hauptstadt Europas, Tag für Tag versucht wird ein vereintes Europa nach außen zu
repräsentieren, man den Eindruck aber gerade in Belgien nicht los wird, davon noch weit
entfernt zu sein… Trotzdem möchte ich sagen, dass die Erfahrungen innerhalb des
Erasmus-Programms, all die Bekanntschaften, die ich machen konnte (vor allem im
Studentenwohnheim), dazu beigetragen haben, mich selbst als Europäische Bürgerin zu
sehen. Auch der Studiengang hat durch seine europäische Ausrichtung dazu beigetragen
das „Projekt“ EU besser zu verstehen (zum Beispiel auch durch organisierte Ausflüge in die
Kommission, das Parlament, Nato etc.).
Für mich war der Aufenthalt in Brüssel eine sehr gewinnbringende Zeit in jeder Hinsicht!
Viel Spaß!