Regina Halmich - Hagen Hellwig

Transcription

Regina Halmich - Hagen Hellwig
Im Ring mit
Regina Halmich
Die Fitness-Kette Fitness First hat Boxweltmeisterin Regina Halmich nach einem effektiven
Trainingsplan für die Mitglieder gefragt. Herausgekommen ist ein professionelles Box-Workout, an
dem jedermann (und vor allem jede Frau) teilnehmen kann. TEXT: Hagen Hellwig
B
oxen war lange Zeit ein von Männern
dominierter Sport. Noch dazu gab es die
Meinung, dass nicht gerade die
intelligentesten Vertreter ihres Geschlechts
diese Bewegungsart bevorzugen. Beides ist inzwischen
widerlegt. Eine Frau wie Regina Halmich,
ungeschlagene Weltmeisterin der WIBF (Women’s
International Boxing Federation) im Fliegengewicht
von 1995 bis 2007, ein Mann wie Henry Maske,
Olympiasieger 1988 und Weltmeister 1989, und andere
Profis haben gezeigt, dass es auch anders geht: Boxen
mit Stil, Schönheit und Intelligenz, die selbst dann nicht
verloren geht, wenn man mal eins auf die Nase
bekommt.
Das effektivste und motivierendste
Training überhaupt
Jetzt haben Mitglieder von Fitness First, weltweit der
größte, in Privatbesitz befindliche Betreiber von
Fitnesscentern, die Möglichkeit, das Boxen professionell
zu erlernen. Keine geringere als Regina Halmich selbst hat
ein Konzept entwickelt, mit dem das Profi-Training um
Breitensport wird – selbstverständlich alles nach
neuesten wissenschaftlichen Standards. Boxen trainiert
bekanntermaßen die körperliche und geistige Fitness
– ein ganzheitliches Workout at is best. Wohlgemerkt
geht es nicht darum, Regina Halmich nachzueifern, um
Stefan Raab und andere schlagen zu können: „Wir wollen
keine Profi-Boxer ausbilden, sondern die breite Masse
ansprechen“, sagt die Power-Frau. „Für mich ist
Boxtraining das effektivste, motivierendste und beste
Training überhaupt. Man kann sich richtig auspowern und
hat dabei jede Menge Spaß.“ Und plötzlich sind hier die
Frauen in der Überzahl.
Den Spaß gibt es am ehesten in den „BoxCamp Classes“,
einem mittlerweile von Fitness First in mehreren Städten
bundesweit angebotenen Kursprogramm, vergleichbar
mit den anderen Group-Fitness-Kursen. Hier wird richtig
trainiert: Es handelt sich um ein Zirkeltraining mit
verschiedenen Stationen, die pro Trainingseinheit
zweimal durchlaufen werden. Jede Station dauert – wie
sollte es beim Boxen anders sein – drei Minuten. Im
Einzelnen sind zu absolvieren: Boxtraining am Sandsack,
Seilspringen, Schattenboxen, Partnertraining mit
Boxhandschuhen bzw. Pratzen, Hanteltraining,
Schlag- und Ausweichtechniken und am Ende ein Cool
Down mit Bodenübungen, bei dem besonders der Bauch
trainiert wird. Körperliche und mentale Ausdauer, Kraft,
Schnelligkeit, Beweglichkeit und Reaktionsvermögen – all
das wird in dem Box-Zirkel auf den Prüfstand gestellt und
zwar ganz ohne Vollkontakt.
Wer als Ungeübter schon einmal versucht hat, auch nur
drei Minuten nonstop Seil zu springen, weiß, was das
bedeutet. Allenfalls wechselnde Sprungtechniken geben
den Beinen etwas Erholung. Danach ist aber kein
Ausruhen angesagt, allenfalls eine kleine Trinkpause.
Dann kommt die nächste Station: Schlagkombinationen
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am Sandsack – wieder drei Minuten ohne Pause. Da spürt
man seine Arme. Jetzt eine Ausweichübung, wobei man
sich in schneller Abfolge immer wieder unter ein Seil
beugt – hier ist der ganze Körper im Einsatz. Bei allen
Übungen ist Konzentration gefragt, um die Technik
sauber auszuführen. Wer das erste Mal dabei ist, hat am
nächsten Tag mit Sicherheit einen Muskelkater. Und zwar
am ehesten in den Beinen (Boxen bedeutet Beinarbeit!),
die die hohe Belastung in der Regel nicht gewohnt sind.
Aber natürlich auch in den Armen… In jedem Fall bleibt
das Gefühl, etwas Gutes für den ganzen Körper getan zu
haben – und die Vorfreude auf die nächste BoxCamp
Class!
„Es gibt kaum eine Sportart, bei der so viele Bereiche des
Körpers beansprucht werden – Schulter, Arme, Hände,
Beine, Rumpf und der ‚Kopf‘ arbeiten, wenn Boxer
trainieren“, betont Veronika Mund, National Group
Fitness Manager bei Fitness First. „Beinahe jede Aktion
wird durch Drehung von Rumpf und Hüfte, durch
Beinarbeit und korrekte Armbewegung unterstützt. Erst
durch exakte Bewegungsabläufe des gesamten Körpers
kommen Energie, Wucht und Explosivität in die Aktionen.
Die Dauerbewegungen innerhalb der Intervalle bringen
den Kreislauf auf Hochtouren und stärken somit die
Kondition. Gleichzeitig werden die motorischen
Fähigkeiten und das Reaktionsvermögen optimal
geschult.“
Von Regina Halmich ausgebildete
Trainer
Von Regina Halmich ausgebildete Trainer stehen den
Teilnehmern immer zur Seite – ob beim Workout in der
Gruppe oder beim Personal Training im Ring, wo die
realistische Umgebung ein Übriges für die Motivation
tut. Das gemeinsame Training, in dem jeder im Zirkel von
Übung zu Übung wechselt, entwickelt dabei eine
besondere Dynamik und spornt an. Niemand sollte sich
von Negativerfahrungen aus der eigenen Schulzeit leiten
lassen, in der die Ansage „Zirkeltraining“
eher auf allgemeines Unbehagen
stieß: Niemand tat damals etwas
gerne, was er tun musste. Hier
und heute ist aber ist jeder
freiwillig dabei und will
mitmachen. Außer der
„BoxCamp Class“ gibt es
noch das „BoxCamp
Workout“, das in einem
kleineren Rahmen mit nur
einer Trainingseinheit
durchgeführt wird, und für
Fortgeschrittene die
„BoxCamp Arena“, wo in
einem Boxring mit
einem Personal Trainer individuell geübt wird.
Vor Verletzungen muss sich beim Fitnessboxen niemand
fürchten. Im Gegenteil – die Verletzungsgefahr ist viel
geringer als beispielsweise beim Fuß- oder Handball. Und
weil keine Kämpfe ausgeführt werden, bleibt der Körper
ohnehin unberührt von gegnerischen Schlägen. Dagegen
werden alle möglichen Muskeln, Sehnen und Bänder
trainiert und die Fettverbrennung angekurbelt. Mental
wirkt das Training positiv auf die Disziplin, das
Durchhaltevermögen und die Selbstüberwindung. Es
fördert Entschlusskraft und sorgt für Stressabbau. Das
können sich sogar Manager zunutze machen, wie Dr. Kai
Hoffmann in seinem Buch „Boxen & Managen – Ein
Praxisanleitung für Führungskräfte und alle, die geradlinig
sein wollen“ (Econ Verlag, 19,95 Euro) gut
nachvollziehbar beschreibt.
Das Training ist zwar anstrengend, aber nicht besonders
kompliziert. Mäßig bis gut trainierte Männer und Frauen
jeder Altersstufe können mitmachen. „Der Frauenanteil
ist sogar besonders hoch, wenn auch nicht 95 Prozent,
wie sonst bei vielen Group-Fitness-Angeboten“, sagt
Wolfgang Klauke, Sprecher von Fitness First. Zum
Training mitzubringen ist neben regulärem Sportzeug
nichts außer ein paar Bandagen, die die Knöchel schonen
und die Leihhandschuhe sauber halten. Sie können vor
Ort erworben werden. Handschuhe stehen leihweise zur
Verfügung.
Regina Halmich
Kleines Boxlexikon
Ballhandschuhe: Für das Training am Sandsack
oder Ball sind Ballhandschuhe vorgesehen. Sie sind
leichter und weniger gepolstert als die dicken
normalen Boxhandschuhe.
Bandagen: Um die Handknöchel zu schonen und
aus hygienischen Gründen werden die Hände mit
langen Stoffbändern bandagiert. Leichter
anzulegen sind Schlupfbandagen, die aber
weniger fest sitzen.
FOTOS: Fitness Forst, Hagen Hellwig
Deckung: Mit der Deckung, das sind die
eigenen hochgehaltenen Fäuste und Arme,
werden die Schläge des Gegners abgefangen.
Auch beim Fitnessboxen hält man die Handschuhe
und Arme immer in der Deckung, wenn man nicht
gerade schlägt. Der schnelle Wechsel zwischen
Schlag und Deckung ist Teil des Trainings.
Doublette: Ein mit einer Hand zwei Mal direkt
hintereinander ausgeführter Schlag auf
verschiedene Stellen des Gegners heißt Doublette.
Führhand: Die Führhand „führt“ den Gegner,
indem sie ihn auf Abstand hält und Angriffe mit der
Schlaghand einleitet. Sie ist bei in der Grundposition
näher am Gegner. Bei Rechtshändern ist die linke
Hand die Führhand.
Haken: Ein Haken ist ein seitlicher Schlag zum Kopf
oder Körper des Gegners.
Jab: Ein Jab ist ein Schlag der Führhand, um den
Gegner zu beschäftigen und auf Abstand zu halten.
Linksausleger: Wer wie die meisten Menschen
Rechtshänder ist, ist beim Boxen Linksausleger. Er
steht also in der Grundstellung leicht versetzt mit
dem linken Bein etwas vor dem rechten Bein und
„führt“ den Gegner mit der linken Hand (Führhand).
Beim Rechtsausleger ist es entsprechend
umgekehrt.
Punch: Ein Punch (oder Cross bzw. Gerade) ist ein
harter Schlag mit der Schlaghand.
Boxen unter echten Bedingungen
1. Warum wenden Sie sich als Weltmeisterin mit
Ihrem Trainingsangebot an das breite Publikum
statt an Profis?
„Ich wollte immer mein eigenes Fitness-Programm
anbieten. Mir geht es darum, etwas für die Gesundheit der
Allgemeinheit zu tun. Viele Menschen sind einfach zu dick,
weshalb ich auch die Abnehm-Show „The Biggest Loser –
Abspecken im Doppelpack“ im Fernsehen moderiere.
Gerade habe ich die nächste Staffel gedreht. Ich habe viele
Angebote bekommen, um mein Trainingskonzept
umzusetzen. Bei Fitness First boten sich die besten
Möglichkeiten.“
2. Können Sie sich noch persönlich um das
Boxtraining vor Ort in den Fitness-First-Filialen
kümmern?
„Natürlich kann ich nicht überall dabei sein. Aber die Trainer
wurden in meinem Sinne ausgebildet und arbeiten allen
nach meinem Konzept. Es wird immer wieder Gelegenheiten
geben, bei denen ich persönlich anwesend sein werde wie
zum Beispiel Meet & Greet-Events, Gewinnspiele und
andere Aktionen. Dort können mit die Fans dann treffen und
auch mit mir persönlich einmal trainieren.“
3. Kann man mit Ihrem Training eine richtige
Boxerin werden?
„Beim Training geht es zwar darum, unter echten
Bedingungen zu trainieren. Aber das Ziel ist definitiv nicht
der echte Boxkampf. Jeder jede darf teilnehmen, und wer
mit dem Training fortgeschritten ist, kann sich steigern,
indem er das anspruchsvollere Personal Training im Ring
probiert. Wer wirklich kämpfen möchte, sollte sich aber an
spezielle Boxstudios wenden.“
4. Trainieren Sie selbst noch regelmäßig nach
dem Ausstieg aus Ihrer Profikarriere?
„Am liebsten würde ich jeden Tag trainieren, um mich
wirklich fit zu halten. Ich schaffe es aber nur etwa drei bis
vier Mal die Woche. Wenn ich in meiner Heimatstadt
Karlsruhe bin, gehe ich immer noch am liebsten in meinen
alten Fitnessclub, das Bulldog Gym, wo ich seit meinem
zwölften Lebensjahr trainiere, und wo ich entdeckt worden
bin. Sonst trainiere ich selbstverständlich bei Fitness First.“
Pratzen: Pratzen (Handpolster) sind ein wichtiges
Trainingsmittel. Der Trainer hält sie in
unterschiedlicher Stellung, während der
Trainierende versucht, immer genau auf eine Pratze
zu schlagen.
Sandsack: Das klassische Trainingsmittel für Boxer ist
der Sandsack, heute allerdings weniger mit Sand,
sondern meist mit gepressten Textilresten gefüllt. An
ihm lassen sich Schlagkraft und
Schlagkombinationen üben.
Schattenboxen: Auch Boxbewegungen ohne
Gegner oder Trainingsgerät, das so genannte
Schattenboxen, sind ein gute Übung. So trainiert
man vor allem Bewegungsabläufe von Armen und
Beinen. Nimmt man noch Hanteln hinzu, werden
Kraft und Ausdauer besonders geschult.
Schlaghand: Mit der Schlaghand werden die
kräftigen Treffer (Punch) gelandet. Bei
Rechtshändern ist es die rechte Hand. Bei richtiger
Technik kommt die Kraft nicht nur aus der Hand und
dem Arm, sondern aus dem ganzen Körper, der sich
mit in die Schlagrichtung dreht.
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