02WT0832 - Abschlussbericht - Cleaner Production Germany

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02WT0832 - Abschlussbericht - Cleaner Production Germany
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Vermeidung und Sanierung von Trinkwasser-Kontaminationen
durch hygienisch relevante Mikroorganismen aus Biofilmen der
Hausinstallation
Projektkoordinator: Hans-Curt Flemming
Gefördert vom
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
Abschlussbericht
Universität Bonn
Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit
Abt. Medizinische Geographie und Public Health
DVGW Forschungsstelle TUHH
IWW Rheinisch-Westfälisches Institut für
Wasserforschung gemeinnützige GmbH
Universität Duisburg-Essen
TU Berlin
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Das Projekt in der Presse:
„Die letzten Meter auf dem Weg zum Wasserhahn“
Trinkwasser ist das am besten überwachte Lebensmittel. Und die Qualität des
Trinkwassers in Deutschland ist weltweit vorbildlich – bis zur Wasseruhr. Dann
aber beginnt eine Grauzone: die Hausinstallation. Ihr galt die Aufmerksamkeit
eines Forschungsprojektes, an dem fünf Forschungseinrichtungen und 17
Industriepartner vier Jahre lang geforscht haben, unter Koordination von Prof.
Dr. Hans-Curt Flemming (IWW Mülheim und Uni Duisburg-Essen) und gefördert
vom Bundesministerium für Forschung und Entwicklung. Die Ergebnisse lassen
aufhorchen. Eine landesweite Befragung der Gesundheitsämter brachte zum
Vorschein, dass höchstens die Hälfte der Gebäude, die sie zu überwachen
haben, seit Beginn der Überwachungspflicht untersucht worden sind. Das liegt
aber nicht daran, dass die Ämter inaktiv sind, sondern sie sind einfach
überfordert und unterbesetzt. Die Methoden, mit denen die Untersuchungen
durchgeführt werden, sind sehr unterschiedlich und führen daher auch nicht
immer zu vergleichbaren Ergebnissen. Aber selbst unter diesen Bedingungen
zeigt die statistische Auswertung von über 20.000 Messungen, dass 12 % der
Warmwasser-Proben Legionellen und fast 3 Prozent Pseudomonaden
enthielten, beide wurden aber auch wesentlich häufiger als erwartet im kalten
Trinkwasser gefunden. Eindeutig ist, dass bei strikter Einhaltung der Regeln der
Technik für das Betreiben der Hausinstallation keine Probleme auftreten. Aber
da ist es ähnlich wie im Straßenverkehr: bei strikter Einhaltung der
Straßenverkehrsordnung gäbe es auch keine Unfälle. Die Inspektionen zeigten
nämlich, dass diese Regeln oft nicht eingehalten werden. Für die
Hausinstallation ist der Betreiber verantwortlich, und dort fehlen oft Fachwissen,
Problembewusstsein und langfristige Kontrolle. Epidemien brechen deshalb
noch nicht aus, aber nicht unterschätzen sollte man Erkrankungen, die zum
Ausfall von Arbeitszeit und zum Verlust an Lebensqualität führen und die auf
Kontaminationen durch das Trinkwasser zurückzuführen sind.
Wie kommen diese Kontaminationen zustande? Trinkwasser ist nicht steril und
muss es auch nicht sein. Die sehr erfolgreiche Strategie der Wasserwerke
beruht darauf, den verbleibenden Bakterien die Nährstoffe zu entziehen und
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dadurch ein „stabiles“ Trinkwasser zu erzeugen. So lässt sich die Chlorung
vermeiden. Wenn diese Bakterien aber auf Werkstoffe treffen, die ihrerseits
Nährstoffe abgeben, setzen sie sich dort fest und bilden sogenannte Biofilme.
Übliche Verdächtige für solche Fälle sind Kunststoffe, die keine Prüfung auf
Zulassung im Trinkwasser haben. Zum Beispiel können Duschschläuche oder
selbst kleine Dichtungen zum Paradies für Bakterien werden. In diesen
Biofilmen können sich auch potenzielle Krankheitserreger einnisten und unter
Umständen auch vermehren. Zum Teil werden sie dann wieder an das Wasser
abgegeben und stellen ein hygienisches Risiko dar. Dies wurde in praxisnahen
Modellsystemen untersucht und nachgewiesen. Gezeigt wurde auch, dass
Gegenmaßnahmen mit verschiedenen Desinfektionsmitteln die Situation zwar
verbessern, aber nicht grundlegend sanieren können. Deshalb ist die Qualität
der Werkstoffe in der Hausinstallation entscheidend. Und viele Werkstoffe, die
auf dem Markt angeboten werden – vor allem die besonders preiswerten –
führen geradeswegs zur verstärkten Biofilmbildung. In der Hausinstallation ist
die Verwendung geprüfter Werkstoffe nicht zwingend vorgeschrieben – und wer
könnte das auch überwachen?
Im Rahmen dieser Forschungen zeigte sich aber auch noch ein anderes
Problem, nämlich das der Untersuchungsmethoden. Gold-Standard ist heute
noch die Bestimmung von Koloniezahlen. Allerdings kann man damit nur solche
Keime finden, die sich auch vermehren können, sonst gibt es keine Kolonien.
Wenn die Bakterien aber gestresst sind, z.B. durch Desinfektionsmittel, UVBestrahlung oder Erhitzung, dann kann es sein, dass eben nicht alle abgetötet
werden, sondern viele nur in einen vorübergehend nicht-kultivierbaren Zustand
übergehen. Dann sind sie keineswegs tot, aber vom Radar der StandardÜberwachungs-Verfahren verschwunden. Wenn sie sich erholt haben, können
sie sich wieder vermehren und u.U. auch wieder infektiös werden, wie im
Forschungsprojekt eindeutig gezeigt werden konnte. Dieses Phänomen dürfte
die Erklärung für schwierige Fälle sein, in denen die Sanierung in der Praxis
immer wieder problematisch ist, lang dauert und die Kontaminationen immer
wieder aufflammen. Methoden, um auch „schlafende“ Keime zu erkennen, sind
verfügbar und sie wurden im Forschungsprojekt ebenfalls angewandt und
erprobt. Die entscheidende Frage ist aber nun: unter welchen Umständen
gehen die Mikroorganismen in den Dämmerzustand über und wann und warum
wachen sie wieder auf? Hier sind die Standard-Methoden überfordert, die sich
für den Normalfall seit über 100 Jahren bewährt haben. Hier empfiehlt es sich
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daher dringend, auch die modernen molekularbiologischen Methoden zu
nutzen, um Problemfälle aufzuklären. Anhand praktischer Problemfälle konnte
der Nutzen dieser Methoden bis hin zur erfolgreichen Sanierung demonstriert
werden – aber hier sind noch grundlegende Fragen offen.
Eine Konsequenz dieses erfolgreichen Forschungsprojektes war es, der
Hausinstallation vermehrte Aufmerksamkeit zu schenken, denn hier kann das
beste Wasser seine Qualität verlieren. Es wurden wichtige Hinweise auf
Möglichkeiten gegeben, dies zu verhindern. Es zeigte sich aber auch, dass hier
noch ein großer Forschungs- und Regulierungsbedarf besteht – nicht nur bei
den Materialien, sondern auch bei den Untersuchungsverfahren: Die letzten
Meter bis zum Wasserhahn sind entscheidend.
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Die wichtigsten Erkenntnisse des Forschungsprojektes in
Thesen-Form
An diesem Verbund-Forschungsprojekt haben fünf Forschungseinrichtungen
und 17 Industriepartner vier Jahre lang gearbeitet. Ziel war es, die Bedeutung
von Biofilmen in der Trinkwasser-Installation als Kontaminationsquellen für
hygienisch relevante Bakterien besser zu charakterisieren sowie die Möglichkeiten ihrer Vermeidung und Beseitigung zu ermitteln.
In der Trinkwasser-Installation innerhalb von Gebäuden gibt es - gegenüber
dem gut regulierten und kontrollierten öffentlichen Trinkwasserverteilungssystem - eine Vielzahl von Werkstoffen, die bei verschiedenen Temperaturen
und Durchfluss-Regimes verwendet werden. Trinkwasser ist nicht steril und
braucht es auch nicht zu sein. Das bedeutet, dass ständig Mikroorganismen in
Wasser führende Systeme eingetragen werden, die sich auf allen
wasserbenetzten Oberflächen anlagern und zu Biofilmen entwickeln können. Es
kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich darunter auch hygienisch
relevante Organismen befinden, die dann das Trinkwasser kontaminieren.
Normalerweise wird das Biofilm-Wachstum dadurch begrenzt, dass durch die
Wasseraufbereitung die Konzentration aller Stoffe, die sie zum Wachsen
brauchen, so weit wie möglich limitiert wird. Im Gegensatz zu zentralen
Trinkwasserverteilungssystemen werden in der Trinkwasser-Installation u. U.
auch Werkstoffe eingesetzt, die ihrerseits Nährstoffe abgeben und auf diese
Weise das Biofilm-Wachstum unterstützen. Außerdem kommt es im Vergleich
zum öffentlichen Wasserverteilungssystem zu häufigeren und oft längeren
Stagnationszeiten sowie zu unregelmäßiger Wasserabnahme. Wasserauslässe
von Armaturen (z.B. Zapfhähne, Duschköpfe) können retrograde Kontaminationen verursachen.
Prävention und Kontrolle von Biofilmen müssen sich daher nicht nur auf das
öffentliche Verteilungsnetz, sondern auch auf die Trinkwasser-Installation
erstrecken. Das Forschungsprojekt hat gezeigt, dass es hier noch ein
erhebliches Präventions-Potenzial gibt, das bisher nur sehr unzureichend
genutzt wird.
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In diesem Papier werden die wichtigsten Erkenntnisse in Form von Thesen
umrissen, in denen die Kern-Aussagen formuliert werden und die von
erklärendem Text begleitet werden. Im Abschlussbericht zu diesem Projekt sind
die zugrunde liegenden Daten dokumentiert.
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Alle wasserbenetzten Oberflächen in der Trinkwasser-Installation
sind von Biofilmen besiedelt.
Unter dem Begriff „Biofilm“ werden alle Ansammlungen von Mikroorganismen
an Grenzflächen verstanden. Im Biofilm sind die Organismen in eine Schicht
aus extrazellulären polymeren Substanzen (EPS) eingebettet. Sie können
mikrobielle Lebensgemeinschaften bilden, die Zell-Zell-Kommunikation
zwischen ihnen wird begünstigt, sie können Gene austauschen und weit höhere
Konzentrationen an Desinfektionsmitteln tolerieren als in Suspension. In der
früheren deutschen Trinkwasser-Literatur und auch im DVGW-Arbeitsblatt W
270 wird unterschieden zwischen „Oberflächenbesiedlung“, womit ein sehr
dünner Biofilm gemeint ist, und „Oberflächenbewuchs“, womit ein ausgeprägter,
deutlich gewachsener Biofilm gemeint ist. Vor dem Hintergrund der obigen
Definition ist aber deutlich, dass sowohl Besiedlung als auch Bewuchs auf das
gleiche Phänomen, nämlich den Biofilm, zurückgehen und hier nur ein
quantitativer Unterschied beschrieben wird.
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Werkstoffe und Trinkwasser sind die „ersten Verdächtigen“ als
potenzielle Nährstoffquelle für verstärkte Biofilm-Bildung
Auch sehr nährstoffarmes, biologisch stabiles Trinkwasser enthält Mikroorganismen. Wenn sie auf Nährstoffe stoßen, können sie sich vermehren. Als
Nährstoff-Quelle dienen häufig polymere fabrikneue Werkstoffe in der
Trinkwasser-Installation, weil sie oft biologisch verwertbare Additive wie
Weichmacher, Anti¬oxidationsmittel oder noch Reste von Trennmitteln
enthalten, oder bei der Herstellung bzw. Verarbeitung und Installation mit
Substanzen verunreinigt wurden, die als Nährstoffe dienen. Die in diesem
Projekt berücksichtigten Werkstoffe sind in Tabelle 1 aufgeführt. Unter
praxisnahen Bedingungen bildet sich auf fabrikneuen Werkstoffen innerhalb von
1-2 Wochen bereits ein Biofilm, der nach weiteren 6-10 Wochen (je nach
Werkstoff und Nährstoffkonzentration im Wasser) bei allen im Verbundprojekt
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untersuchten Werkstoffen, Wasserbeschaffenheiten und Temperaturen einen
mehr oder weniger quasi-stationären Zustand erreicht. Die Besiedlungsdichte
ist im Wesentlichen von der Werkstoffbeschaffenheit abhängig. Im Verbundprojekt wurde dies bei einem Vergleich innerhalb der Polymer-Werkstoffe und
auch auf Kupfer beobachtet. Besonders stark und sogar mit bloßem Auge
sichtbar war die Biofilm-Bildung auf dem synthetischen Gummiwerkstoff
Ethylen-Propylen-Dien-Monomer (EPDM) mit einer geringen Qualität, die weder
den Anforderungen nach DVGW-Arbeitsblatt W 270 noch denen der KTWEmpfehlung entsprach.
Tabelle 1:
Werkstoffe, die im Projekt untersucht wurden
erfüllt
DVGW
Werkstoff-
Bedarfs-
bezeichnung
gegenstand
Kupfer
Metallrohr
Trinkwasser-Installation
--
-- 1)
HD-PEXb
Verbundrohr
Trinkwasser-Installation
ja
A 2)
HD-PEXc
Kunststoffrohr
Trinkwasser-Installation
ja
A 2)
EPDM mit
Empfehlung
Druckfeste
flexible
Schlauchleitung
Anschluss von Armaturen und Apparaten
für sichtbare und zugängliche Installationen
(Gruppe I) bis 31.12.06 3);
Anschluss von Wasch-/Geschirrspülmaschinen und Trommeltrocknern
(Gruppe II)
ja
C
EPDM ohne
Empfehlung
Druckfeste
flexible
Schlauchleitung
Armaturen und Apparateanschluss in
Hausinstallationen bis 1995
nein
keine
Verwendungszweck
W 270
KTW
Kategorie
1)
für metallische Werkstoffe nicht notwendig
2)
Plastomere erfüllen die „Leitlinie zur hygienischen Beurteilung von organischen Materialien im Kontakt mit
Trinkwasser (KTW-Leitlinie)" [Umweltbundesamt 2008]
3)
Druckfeste flexible Schlauchleitungen der Gruppe II und ab 01.01.2007 auch die der Gruppe I müssen die Prüfanforderungen der KTW-A
einhalten (DVGW W 543)
Allerdings hat auch die Trinkwasserbeschaffenheit eine wesentliche Bedeutung
bei der Entwicklung der Biofilme auf Werkstoffen. Durch das Trinkwasser
können dem Biofilm z.B. limitierende Nährstoffe zugeführt werden. Eine
Kombination aus schlechter Werkstoffqualität (EPDM ohne Empfehlung) und
ungünstiger Wasserbeschaffenheit (Trinkwasser mit z.B. 12 mg/L Nitrat und 1
mg/L Phosphat) führt zu starker Biofilm-Entwicklung.
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Die Zusammensetzung der Biofilmgemeinschaften variiert und wird
von verschiedenen Einflüssen bestimmt
Die Biofilmgemeinschaften in einer Trinkwasser-Installation können sich
abhängig von verschiedenen Einflussfaktoren (Werkstoffe, Trinkwasserbeschaffenheit, Wassertemperatur, Desinfektionsmittel), unterschiedlich entwickeln. Zu den kritischsten Faktoren gehören die in der TrinkwasserInstallation verwendeten Werkstoffe, Hilfsmittel zur Installation (Dichtungen
u. ä.), sowie u. U. auch Werkstoffe zur Restauration bestehender Leitungen.
Abhängig von den Nährstoffen entwickeln sich auf den Oberflächen Biofilmpopulationen, die sich in Bezug auf Zusammensetzung und Diversität unterscheiden. Werkstoffe, die organische Substanzen abgeben, fördern nicht nur
das Biofilmwachstum in Bezug auf Biomasseentwicklung, sondern erhöhen
auch das Spektrum an Biofilmorganismen, die in nährstoffarmem Trinkwasser
sonst nicht dominant vorkommen können. Dies stellt dann auch eine Risikoerhöhung hinsichtlich Einnistung und Austrag pathogener Mikroorganismen dar.
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Thermo-oxidative Maßnahmen zur Anlagendesinfektion führen zu
Werkstoffalterung
Neu waren die vergleichenden Untersuchungen zur Biofilmbildung auf neuen
und „alten“, d.h. unter dem Einfluss chemischer, speziell oxidativer Medien
(Desinfektionsmittel) und Temperatur, veränderter Polymerwerkstoffe. Durch
die Anwendung von Desinfektions¬mitteln (z.B. bei Sanierungen oder
Anlagendesinfektionen) und erhöhten Temperaturen kommt es zu Reaktionen
an den Additiven der Polymerwerkstoffe und den Polymerketten selbst. Bekannt
ist, dass das Ausmaß der dadurch bedingten Verände¬rung sowohl vom
Desinfektionsmittel, dessen Einwirkzeit, der Temperatur als auch dem Druck im
System abhängt. Die Folgen sind generell Änderungen der WerkstoffEigenschaften wie Hydrophobizität, Oberflächenstruktur, Rauheit, bis zur
Rissbildung bei lang andauernder Einwirkung.
Versuche zur Biofilmbildung auf neuen und gealterten Werkstoffen wurden
exemplarisch durchgeführt, wobei nach DVGW-Arbeitsblatt W 270 geprüfte
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Polymerwerkstoffe, ein Kautschuk aus Ethylen-Propylen-Dien-Monomer
(EPDM) und ein silanvernetztes Polyethylen (HD-PEXb) eingesetzt wurden.
HD-PEXb und EPDM wurden in einem speziellen Testsystem beschleunigt
gealtert. Dazu wurden die Werkstoffe bei einem Druck von 4 bar und einer
Temperatur von 40 °C in Gegenwart von Natriumhypoch lorit (2,5 mg/l) bzw.
Chlordioxid (4 mg/l) über einen Zeitraum von 4 Wochen ausgesetzt. Dabei
zeigte die Behandlung mit Chlordioxid eine stärkere Auswirkung. Die Biofilmbildung wurde im Rahmen eines Multifaktorenansatzes untersucht. Für die
Auswahl der Faktoren war deren Relevanz für die Biofilmbildung maßgeblich.
Gleichzeitig wurden unterschiedlicher Trinkwasserqualitäten simuliert.
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Durch Alterung verursachte Veränderungen der Werkstoffe haben
einen Einfluss auf die Biofilmbildung
Bekanntermaßen haben Faktoren wie Nährstoff-Abgabe des Werkstoffes, Nährstoffgehalt des Wassers, Temperatur, Wasserhärte und DOC-Gehalt einen Einfluss auf die Biofilm-Bildung (Bild 1). Neu war die Erkenntnis, dass auch das
Alter des Werkstoffes (Bauteils), also das Maß der durch oxidative Reaktion
bedingten Veränderung eine Rolle spielt. Die Auswertung des Multifaktorenansatzes zur Biofilmbildung zeigte, dass im Sinne der obigen Definition
„altes“ und damit an niedermolekularen Additiven verarmtes EPDM und HDPEXb tendenziell ein geringeres Biofilmbildungspotential aufwiesen. Es ist anzunehmen, dass vom gealterten Werkstoff geringere Mengen an biologisch
abbaubaren Nährstoffen den Mikroorganismen an der Werkstoffoberfläche
abgegeben werden. Die Folge für die Praxis wäre ein geringeres Potential der
Biofilm-Bildung auf älteren Kunststoffen und folglich geringerer Desinfektionsaufwand, was sich nicht zuletzt auch Material schonend auswirken würde.
Werkstoff
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Bild 1:
Faktoren mit Einfluss auf die Biofilmbildung
Die Ergebnisse der Multifaktorenversuche zeigten, dass die Biofilmbildung zwar
von allen Faktoren beeinflusst wird, diese sich jedoch unterschiedlich stark
auswirken:
Der zur Verfügung stehende biologisch verfügbare Nährstoffgehalt stellte
den wesentlichen Faktor bei der Biofilmbildung dar.
Die Biofilmbildung war stark von der Temperatur, dem biologisch verfügbaren Nährstoffgehalt des Wassers und dem Werkstoffalter, jedoch nur
gering von Wasserhärte und DOC-Gehalt abhängig.
Alte Werkstoffe (EPDM, HD-PEXb) wiesen ein geringeres Biofilmbildungspotenzial auf.
Wenn der Werkstoff wenig Nährstoffe abgab, kam der Nährstoffgehalt des
Wassers deutlich mehr zum Tragen.
Die Temperatur hatte einen Einfluss; dieser war dann gegeben, wenn
Nährstoffe entweder aus dem Wasser oder dem Werkstoff zur Verfügung
standen. Eine höhere Temperatur führt dann zu einer stärkeren Biofilmbildung.
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Die Qualität des Werkstoffes wirkte sich bei Wässern mit niedrigem Nährstoffgehalt stärker aus als bei einem Wasser mit hohem Nährstoffgehalt.
Die Rissbildung verringert vor allem die Funktionsdauer, Risse stellen allerdings
auch ein indirektes hygienisches Risiko dar, da Bakterien sich in ihnen
ansiedeln und schlechter entfernt bzw. vom Desinfektionsmittel nicht genügend
erreicht werden (Bild 2).
altes EPDM
Bild 2:
altes HD-PEXb
oben: Mikroskopische Bilder der Oberfläche von altem EPDM
(links) und HD-PEXb (rechts)
unten: Fluoreszenzmikroskopische Bilder der besiedelten
Oberflächen; Bakterien fluoreszieren als blaue Stäbchen
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Die prophylaktische Desinfektion der Trinkwasser-Installation ist
kritisch zu betrachten
Eine prophylaktische Behandlung der Trinkwasser-Installation widerspricht dem
Minimierungsgebot der TrinkwV 2001 und kann folglich nur in begründeten
Einzelfällen empfohlen werden. In jedem Fall bedarf eine Desinfektion einer
klaren Indikation. Vorrangig ist, dass ein Trinkwasser von einwandfreier
Beschaffenheit vorliegt und dass sich die Trinkwasser-Installation in einem
Zustand befindet, der den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht
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bzw. in einen solchen Zustand versetzt werden muss. Es muss hier auf §37
Abs. 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) hingewiesen werden, in dem
folgende Anforderung formuliert ist: „Wasser für den menschlichen Gebrauch
muss so beschaffen sein, dass durch seinen Genuss oder Gebrauch eine
Schädigung der menschlichen Gesundheit, insbesondere durch Krankheitserreger, nicht zu besorgen ist.“
Die Ergebnisse des Forschungsvorhabens haben eindeutig die Bedeutung der
Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik bestätigt. Sie
berücksichtigen das durchschnittliche Verbraucherverhalten und bieten dem
Verbraucher eine hohe Sicherheit beim Genuss des Lebensmittels Trinkwasser.
Abweichungen von diesen technischen Regeln erhöhen das Risiko einer
hygienischen Beeinträchtigung des Trinkwassers. Diese Risiken können nicht
durch eine prophylaktische Desinfektion oder andere Maßnahmen, z.B.
Wasserbehandlung, beseitigt werden. Solche Maßnahmen sollten erst nach
sorgfältiger Prüfung und ständiger Überwachung zeitlich begrenzt eingesetzt
werden.
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Die Beurteilung des Biofilmwachstums ist abhängig von der
angewandten Methode
Die Wahl der Methode zur Quantifizierung der Mikroorganismen beeinflusst das
Ergebnis. In der Trinkwasser-Überwachung werden ausschließlich kultivierungsabhängige Methoden verwendet. Die Bestimmung der koloniebildenden
Einheiten (ob als Kolonie¬zahl nach TrinkwV 2001, TrinkwV 1990, oder als
HPC auf R2A-Medium) gibt daher nur die Anzahl vermehrungsfähiger
Organismen unter bestimmten Bedingungen wieder. Es ist aber bekannt, dass
Mikroorganismen, die keine Kolonien bilden und nicht wachsen, also keinen
Baustoffwechsel betreiben, deshalb nicht tot sein müssen. Vielmehr können sie
über lange Zeit hinweg reinen Erhaltungsstoffwechsel betreiben. Dies trifft für
den größten Teil der Trinkwasser-Populationen zu. Sie tun dies oft als Antwort
auf Stress-Situationen (Nährstoff-Mangel, Desinfektionsmittel, Strahlung,
Metall-Belastung etc.) und können bei Aufhebung des Stresses in den
kultivierbaren Zustand zurückkehren. In diesen Fällen handelt es sich nicht um
eine Neu-Kontamination, sondern um die Erholung bereits vorhandener
Organismen. Durch die Bestimmung der Gesamtzellzahl (GZZ) mittels
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DNA-spezifischer Fluoreszenzfarbstoffe und mikroskopischer Auszählung lässt
sich die maximal vorhandene Menge an Zellen ermitteln, wobei allerdings nicht
zwischen lebenden und toten Zellen differenziert werden kann. Dennoch gibt
das Verhältnis zwischen GZZ und Koloniezahl bereits Hinweise auf den
physiologischen Zustand einer mikrobiellen Population.
In allen Untersuchungen war die GZZ deutlich höher als die Anzahl der
koloniebildenden Einheiten nach TrinkwV 2001 und 1990 sowie HPC auf R2A.
In Abhängigkeit von Temperatur, Biofilmalter und der Wasserbeschaffenheit
variierte das Ergebnis der KBE-Bestimmungen (Koloniezahl nach TrinkwV 2001
und TrinkwV 1990, sowie HPC auf R2A). Generell waren die EPDM-Werkstoffe
dichter besiedelt als Kupfer, HD-PEXc und HD-PEXb. Der Anteil der
kultivierbaren Bakterien an der GZZ nahm mit zunehmendem Biofilmalter ab.
Als eine der Konsequenzen aus dem Projekt wird empfohlen, in kritischen
Fällen neben der Koloniezahl auch die GZZ zu bestimmen. Wenn das Verhältnis Koloniezahl zu Gesamtzellzahl hoch ist, dann deutet dies auf eine gut
wachsende Population und damit auf das Vorhandensein günstiger NährstoffBedingungen hin.
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Legionella pneumophila und Pseudomonas aeruginosa können sich
in vorhandene Trinkwasser-Biofilme einnisten und in stagnierendes
Trinkwasser ausge¬tragen werden
Werden fakultativ pathogene Bakterien in eine Trinkwasser-Installation
eingetragen, so kann es unabhängig von Werkstoffqualität, Werkstoffalter,
Wasserbeschaffenheit und Temperatur zur Einnistung dieser Organismen in
vorhandene Trinkwasserbiofilme kommen. Die Organismen persistieren dort
über Wochen bis Monate in kaltem und erwärmtem Trinkwasser. Unter
günstigen Umgebungsbedingungen ist auch eine Vermehrung möglich. Durch
die Freisetzung aus den Biofilmen gelangen sie in das Trinkwasser, so dass
Biofilme eine Kontaminationsquelle und somit eine potentielle Infektionsquelle
darstellen. Zu den fakultativ pathogenen Bakterien von medizinischhygienischer Bedeutung, die in der Praxis in Biofilmen der TrinkwasserInstallation nachgewiesen wurden, gehören L. pneumophila und P. aeruginosa.
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Die Ergebnisse der halbtechnischen Versuchsanlage zeigten, dass sich
L. pneumophila in Trinkwasser-Biofilme einnistete, besonders bei erhöhten
Temperaturen, unabhängig von der Werkstoffqualität oder der Wasserbeschaffenheit. Eine Vermehrung fand besonders dann statt, wenn Amöben als
Wirte für die intrazelluläre Vermehrung zur Verfügung standen, und wenn sehr
dichte, aktive (wachsende) Biofilme vorlagen. Unter diesen Bedingungen ist
grundsätzlich zu erwarten, dass Legionellen aus dem Biofilm freigesetzt und in
das Trinkwasser ausgetragen werden. Die Konzentrationen an L. pneumophila
in den Trinkwasserproben (gemäß DIN EN ISO 19458 „Analyse der WasserBeschaffenheit an einer Entnahme-Armatur im Haushalt“ (Zweck b)) können bei
allen Werkstoffen über dem technischen Maßnahmewert von 100 KBE/100 mL
gemäß DVGW-Arbeitsblatt W 551 liegen. Auch in den Biofilmen, die sich im
Kalt (12 °C bis 15 °C) entwickeln, konnte L. pneumophila mit den kulturellen
Standarduntersuchungsverfahren (ISO 11731) sporadisch nachgewiesen werden. Die Konzentration von L. pneumophila im Biofilm ist abhängig von der
Besiedlungs¬dichte. Werkstoffe, auf denen sich viel Biofilm bildet und sich viele
Amöben entwickeln (z.B. EPDM-Werkstoffe ohne Empfehlung nach DVGWArbeitsblatt W 270), bieten das Potential für sehr hohe Konzentrationen an
L. pneumophila. Hohe L. pneumophila-Konzentrationen im Biofilm führen zu
hohen Konzentrationen im stagnierenden Trinkwasser. Die Temperatur spielt
für die Vermehrung von L. pneumophila eine entscheidende Rolle. Daher ist
darauf zu achten, dass Warmwasseranlagen dem Stand des DVGWArbeitsblattes W 551 entsprechen. Aber auch Kaltwasseranlagen können, wie
im Rahmen des Verbundvorhabens durchgeführte experimentelle Untersuchungen sowie die bundesweite Erhebung und Risikoanalyse bestätigt
haben, mit L. pneumophila kontaminiert sein und müssen daher bei
Sanierungen von L. pneumophila-Kontaminationsfällen bei der Gefährdungsanalyse mit berücksichtigt werden.
Auch P. aeruginosa nistet sich in Biofilme auf allen neuen und gealterten
Werkstoffen der Trinkwasser-Installation ein und kann das umgebende
stagnierende Wasser durch Freisetzung aus den Biofilmen kontaminieren. Die
Dauer der Persistenz sowie die Konzentration der kulturell nachweisbaren
P. aeruginosa können zwischen den einzelnen Werkstoffen variieren.
Eine neue Erkenntnis des Projektes ist, dass L. pneumophila und P. aeruginosa
in Biofilmen auf Werkstoffen der Trinkwasser-Installation außer in kultivierbarer
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Form auch in einem nicht-kultivierbaren Zustand vorliegen können. In diesem
als VBNC („viable-but-nonculturable“, siehe Glossar) bezeichneten Zustand
sind die Bakterien auf üblichen Nährmedien nicht mehr anzüchtbar, obwohl sie
lebensfähig sind. VBNC-Bakterien lassen sich mit kultivierungsunabhängigen
Verfahren nachweisen. Bewährt haben sich Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung
(FISH) unter Verwendung gattungs- bzw. artspezifischer Gensonden und PCRbasierte Methoden.
Sowohl auf neuen als auch auf gealterten Werkstoffen war die Konzentration
von P. aeruginosa, die mit der FISH-Methode bestimmt wurde, höher als jene,
die kulturell bestimmt wurde. Gleiches gilt auch im Fall der Einnistung von
L. pneumophila in Trinkwasserbiofilme. Während die Konzentration der
kultivierbaren Zielorganismen schwankte, blieb die Konzentration der FISHpositiven Zielorganismen über den untersuchten Zeitraum relativ konstant. Dies
lässt den Schluss zu, dass sich ein Teil der Zielorganismen im Biofilm in einem
VBNC-Zustand befand. Darüber hinaus deutet es darauf hin, dass sich der
physiologische Zustand der Bakterien im Biofilm durch eine Vielzahl komplexer
Prozesse ändern kann. Dazu gehört die Wechselwirkung mit anderen Bakterien
und Protozoen, die Änderung der Temperatur oder des Nährstoffgehalts.
Daraus wiederum würden sich schwankende Befunde bei mikrobiologischen
Routine- und Kontrolluntersuchungen von Trinkwasser-Installationen schlüssig
erklären.
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Die Trinkwasser-Installation: eine Grauzone in der Überwachung
Um die gesundheitliche Unbedenklichkeit des Trinkwassers in öffentlichen
Einrichtungen sicherzustellen, sind die Gesund¬heitsbehörden gesetzlich durch
die Trinkwasserverordnung verpflichtet, am Austritt aus denjenigen Zapfstellen,
die zur Entnahme von Wasser für den menschlichen Gebrauch dienen, das
Trinkwasser in regelmäßigen Abständen untersuchen zu lassen. Obwohl die
Grenzwerte und technischen Maßnahmewerte an der Entnahmestelle des Verbrauchers eingehalten werden müssen, findet eine Überwachung privater
Trinkwasser-Installationen nur in Ausnahmefällen statt. Die Überwachung der
Trinkwasser-Installationen durch die Gesundheitsbehörden stellt sich hinsichtlich verschiedener Aspekte als lückenhaft und nicht einheitlich dar. Folgende
Punkte sollten daher unbedingt bundesweit vereinheitlicht werden:
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Priorisierung von zu untersuchenden Einrichtungen
Umfang und Intensität der Anlagenuntersuchung
Umfang und Frequenz der Beprobungen
Informationsdokumentation und -archivierung
Expertise im personellen Bereich
Auswertungen umfangreicher Erhebungen deutscher Gesundheitsbehörden in
über 4400 öffentlichen Gebäuden mit rund 30.000 Wasserprobenahmen aus 7
Jahren (2003 - 2009) zeigen, dass gesundheitsrelevante mikrobielle Kontaminationen in Trinkwasser-Installationssystemen sowohl für Legionellen auftreten (Überschreitung des technischen Maßnahmewertes in 13 % der Proben)
als auch für Pseudomonaden (Überschreitung der UBA-Empfehlung: Nachweis
in 3 % der Proben). Legionellen konnten vor allem in Warmwassersystemen
nachgewiesen werden, jedoch zeigte die Überschreitung des technischen
Maßnahmewertes im Kaltwassersystem in 5 % der Proben, dass sie auch
außerhalb des Warmwassersystems gute Wachstumsbedingungen vorfinden
können. Pseudomonaden treten im Kalt- und Warmwassersystem ähnlich
häufig auf. Die wichtigsten Ergebnisse der Maßnahme- bzw. Grenzwertüberschreitungen für ausgewählte mikrobiologische und chemische Parameter
sind in Tabelle 2 dargestellt.
Zudem werden beim Betrieb von Trinkwasser-Installationssystemen die allgemein anerkannten Regeln der Technik sehr häufig nicht eingehalten. Dazu
zählen z. B. fehlende, regelmäßige Wartung der Trinkwasser-Installation (34 %,
n = 498), nicht rückgebaute Totstränge (65 %, n = 327) oder auch eine fehlende
Spülung nach längerer Nutzungsunterbrechung, wie z. B. nach den Sommerferien in Schulen (56 %, n = 290).
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Tabelle 2:
Überschreitung
von
Grenzund
Maßnahmewerten
mikrobiologischer und chemischer Parameter im Trinkwasser
Mikrobiologische
Parameter
Proben- Überschreitung Überschreitung
Anzahl
[absolut]
[%]
Legionella sp.
22.786
2.908
12,8
Koloniezahl 36°C
10.928
380
3,5
Pseudomonas sp.
3.468
102
2,9
Coliforme Bakterien
8.652
152
1,8
Koloniezahl 20/22°C
10.869
129
1,2
8.330
25
0,3
Nickel
3.538
379
10,9
Eisen
1.115
85
7,6
Blei
3.560
167
4,7
250
11
4,4
2.411
30
1,2
Escherichia coli
Chemische Parameter
Mangan
Kupfer
Die statistische Prüfung ergab, dass eine tägliche Erwärmung des Warmwasser-Hochheizspeichers auf mindestens 60 °C das r elative Risiko für den
Nachweis von Legionellen um 30 % senkt. Dieses Risiko wird durch jedwede
Form der zusätzlichen Wasseraufbereitung um mindestens das Doppelte
erhöht.
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Die Bestimmung der kultivierbaren Bakterien reicht allein nicht
immer aus, um den hygienischen Status von Trinkwasser zu
erfassen
Mit Hilfe von Standard-Kultivierungsverfahren nach TrinkwV ist man in der
Lage, eine Vielzahl von hygienisch relevanten Bakterien (z. B. E. coli,
P. aeruginosa, L. pneumophila) kostengünstig und einfach nachzuweisen.
Diese standard¬mäßigen Verfahren haben sich in der Vergangenheit in der
Trinkwasseranalytik bewährt, aber sie haben auch ihre Schwächen. Diese
Methoden können die bereits erwähnten VBNC-Organismen nicht erfassen und
zeigen nur die „Spitze des Eisbergs“ – VBNC-Organismen sind nämlich keineswegs tot. Dies könnte eine Erklärung für das Phänomen sein, dass in der Praxis
gelegentlich zeitlich schwankende Befunde erhoben werden, da die Ziel-
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Organismen sich mal in einem kultivierbaren und dann wiederum in einem nicht
kultivierbaren Zustand befinden.
Der Übergang vom kultivierbaren in den VBNC-Zustand ist reversibel und wird
durch Umweltfaktoren (z. B. Wassertemperatur, Nährstoffsituation, Anwesenheit von Desinfektionsmitteln) kontrolliert. Für die Erfassung und Beurteilung
mikrobieller Kontaminationen in der Trinkwasser-Installation kann daher in
kritischen Fällen die kombinierte Anwendung konventioneller Kulturverfahren
und kultivierungsunabhängiger molekularbiologischer Methoden Ziel führend
und für die Praxis hilfreich sein.
Folgende Empfehlungen für die mikrobiologisch-hygienische Beurteilung von
Trinkwasser in der Trinkwasser-Installation leiten sich aus diesen Gegebenheiten ab:
Im Zweifel sollten nicht nur die Koloniezahlen nach TrinkwV, sondern auch
die Gesamtzellzahlen ermittelt werden. Aus dem Verhältnis Koloniezahl zu
Gesamtzellzahl lassen sich schon erste Rückschlüsse auf die Ernährungslage der Mikroorganismen ziehen. Eine Zunahme des Verhältnisses der
Koloniezahl zur Gesamtzellzahl deutet auf das Auftreten günstiger Nährstoffbedingungen hin.
Im Rahmen der Aufklärung von Kontaminations- bzw. Infektionsquellen oder
der Erfolgskontrolle nach Sanierungsmaßnahmen gibt es die Möglichkeit, im
Bedarfsfall ergänzend zu den konventionellen kulturellen Verfahren auch
kultivierungsunabhängige Verfahren (FISH, PCR-basierte Methoden) zur
Erfassung fakultativ pathogener Bakterien heranzuziehen.
Für die Lokalisation von Kontaminationsquellen sollte die PulsfeldGelelektrophorese zur Genotypisierung („genetischer Fingerabdruck“) von
Bakterienisolaten eingesetzt werden.
20
11
Die Untersuchungen auf mikrobiologische Parameter nach TrinkwV
lassen keine Rückschlüsse auf das Vorkommen von Legionellen
und P. aeruginosa zu
Die bundesweite Bestandsaufnahme der behördlichen Routineüberwachung in
diesem Projekt hat gezeigt, dass die Analyse der mikrobiologischen Parameter
nach TrinkwV (E. coli, coliforme Bakterien, Koloniezahlen) nicht geeignet ist, um
Kontaminationen mit den fakultativ pathogenen Krankheitserregern
P. aeruginosa oder L. pneumophila sicher zu erkennen. Die Auswertung von
mehr als 100.000 Messwerten hat gezeigt, dass der Anteil der für Legionellen
und P. zu beanstandenden Wasseranalysen weit über dem der Werte für E. coli
und coliforme Bakterien liegt. Darüber hinaus zeigen die statistischen Analysen,
dass kein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Nachweis von E. coli und
coliformen Bakterien und dem Vorkommen von Legionellen oder Pseudomonaden besteht.
12
In
Anwesenheit
von
Metallionen
kann
der
kulturelle
Bakteriennachweis negativ sein, obwohl hygienisch relevante
Organismen noch lebensfähig vorhanden sind
Das Vorhandensein von Metallionen (z.B. Cu2+) ist einer der Faktoren, die zur
Unterdrückung des Wachstums von Mikroorganismen in Trinkwasser und
Trinkwasserbiofilmen führen können. Darauf ist vermutlich zurückzuführen,
dass in der Literatur so unterschiedliche Befunde über die Biofilm-Bildung auf
Kupfer zu finden sind, wenn die Studien auf der Bestimmung der
koloniebildenden Einheiten (KBE) beruhen. Es ist damit zu rechnen, dass die
Bakterien, wenn sie Kupfer (bzw. Kupferionen) ausgesetzt sind, nur in einen
vorübergehend nicht-kultivierbaren Zustand (VBNC) übergehen und – je nach
Umweltbedingungen – wieder in den vegetativen Zustand zurückkehren. Erste
Hinweise deuten darauf hin, dass fakultativ pathogene Bakterien dann auch
wieder infektiös werden können. Wie schnell diese Übergänge sind, wann und
wodurch sie im Einzelnen ausgelöst werden, sollte Gegenstand weiterer
Forschung sein.
21
13
Eine wirksame Reinigung ist die Voraussetzung für den Erfolg von
Desinfektionsmaßnahmen
Reinigen bedeutet, Verunreinigungen, Ablagerungen und andere unerwünschte
Substanzen aus der Trinkwasser-Installation zu entfernen. Dadurch lässt sich
einerseits die geplante Hydraulik der Rohrleitungen wiederherstellen, andererseits die Trinkwasserqualität während des Transportes durch die Rohrleitung
sicherstellen. Verunreinigungen enthalten Substanzen, die die Trinkwasserqualität direkt beeinträchtigen, aber auch zur Vermehrung von Mikroorganismen
auf benetzten Oberflächen und damit auch zur Kontamination des Wassers mit
Mikroorganismen führen können. Alle lockeren Ablagerungen sind bei der
Reinigung zu entfernen. Sie dürfen sich auf keinen Fall an anderer Stelle wieder
ablagern und dadurch erneut zu Beeinträchtigungen des Trinkwassers führen.
Fest anhaftende, anorganische Beläge können als Deckschichten Korrosion
hemmende Eigenschaften aufweisen, sind andererseits aber kritisch zu betrachten, wenn ihre Rauhigkeit die Ansiedlung von Mikroorganismen begünstigt.
Das Entfernen von Ablagerungen reduziert die Einnistungsmöglichkeit von
Mikroorganismen
Installation.
14
und
optimiert
den
Betriebszustand
der
Trinkwasser-
Desinfektion ist keine Reinigung
Vielfach wird implizit von der Annahme ausgegangen, dass eine Desinfektionsmaßnahme auch eine Entfernung der Biomasse bewirkt. Im
Verbundprojekt wurde dies anhand eines Biofilm-Modells überprüft, das auf der
Ansiedlung und Vermehrung von Mikroorganismen in Silikonschläuchen beruht.
Diese Schläuche begünstigen durch Abgabe von Nährstoffen (Additive des
Silikons) die Biofilm-Entwicklung stark und eignen sich daher als Testsystem für
die Desinfektion und Beseitigung von Biofilmen. Es handelt sich hier um eine
„worst case“-Situation, denn in diesem System sind die Biofilme besonders
schwer zu beseitigen. Mittel und Verfahren, die den Biofilm im Biofilm-Modell
bekämpfen, werden es mit großer Wahrscheinlichkeit auch unter ungünstigen
Praxis-Bedingungen tun.
22
Es wurde gezeigt, dass Desinfektionsmittel, die in den Konzentrationen
eingesetzt wurden, welche nach § 11 TrinkwV 2001 zur Desinfektion
zugelassen sind, erst nach einem Behandlungszeitraum von mindestens 70
Tagen zu einer Abnahme der Koloniezahlen der Biofilme bis zur Nachweisgrenze führten, wobei jedoch die Abnahme der Gesamtzellzahlen nur gering
war. Erheblich höhere Konzentrationen können bei notwendiger Sanierung
eingesetzt werden, um eine Anlagen-Desinfektion durchzuführen. Hier kamen
Chlor, Chlordioxid sowie Wasserstoffperoxid in Kombination mit Silberionen
oder Frucht¬säuren zum Einsatz. Diese Maßnahmen führten abhängig von der
Art der Wirkstoffe ebenfalls zu Abnahme der Koloniezahlen bis zur
Nachweisgrenze. Die Verringerung der Gesamtzellzahl bis zur Nachweisgrenze
konnte jedoch nur vereinzelt (z.B. durch 25 mg/L freies Chlor oder 0,1 mg/L
Ozon sowie 10 % Wasserstoffperoxid + Fruchtsäuren + Tenside) erreicht
werden. Soll eine nachhaltige Wirksamkeit erzielt werden, ist eine vorherige
Reinigung der Systeme – z.B. mit dem Impulsspülverfahren – zu empfehlen.
Der Biofilm-Monitor – eine transportable Variante des Biofilm-Modells - wird
inzwischen als Bypass-Gerät in Trinkwasser-Installationen genutzt und erlaubt
eine realistische Überprüfung von Sanierungsmaßnahmen. Er wird auch als
Bestandteil eines 3-Phasen-Prozesses bei der Überprüfung der Wirksamkeit
von Desinfektionsmitteln eingesetzt.
15
Desinfektionen können die Populationen
schnellwüchsige Bakterien begünstigen
verändern
und
Die langfristige Wirkung von Desinfektionsmitteln auf Biofilmpopulationen wurde
in verschiedenen Ansätzen untersucht. Es zeigte sich, dass immer sofort nach
Absetzen des Desinfektionsmittels eine Regeneration des Biofilms erfolgt: Entweder durch Erholung und Wachstum der noch vorhandenen Bakterien, oder
durch Neubesiedlung aus dem Wasser. Die Biofilmpopulationen, die sich nach
Absetzen neu etabliert hatten, unterschieden sich in Bezug auf Zusammensetzung und Diversität von den ursprünglichen Populationen. In Abhängigkeit
der Zusammensetzung und Konzentration des Desinfektionsmittels entstanden
ein Selektionsdruck und eine Populationsverschiebung in den Biofilmen.
23
Die Population war nach der Desinfektion deutlich verändert, was darauf
zurückgeführt wird, dass abgetötete Biofilme nicht entfernt wurden und neu
wachsenden Bakterien als leicht verwertbare Nährstoffquelle dienten. Damit
besteht das Risiko, dass sich als Folge einer Desinfektion schnellwüchsige und
daher oft hygienisch relevante Bakterien entwickeln.
16
P. aeruginosa und L.
Desinfektion überleben
pneumophila können Reinigung und
Ein kontaminiertes Trinkwassersystem nachhaltig von Krankheitserregern zu
befreien, ist nur mit sehr hohem Aufwand zu erreichen. Bildet sich ein
kompakter Biofilm auf einem Werkstoff aus, können die fakultativ pathogenen
Bakterien im Biofilm eine Kombination aus Reinigung und chemischer AnlagenDesinfektion selbst mit hohen Chlordioxid-Konzentrationen überleben. Überlebende fakultativ pathogene Bakterien können sich in den Biofilmen wieder
vermehren und erneut das Trinkwassersystem kontaminieren. Der Nachweis
dieser überlebenden Zellen ist, wie schon erwähnt, von der Untersuchungsmethode abhängig.
Werkstoffe, die den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen
(KTW-Leitlinie UBA, 2008, DVGW-Arbeitsblatt W 270), verhindern zwar keine
Kontamination der Biofilme mit fakultativ pathogenen Bakterien, bieten jedoch
im Fall einer Kontamination aufgrund der nur dünnen Biofilme gute Voraussetzungen für eine erfolgreiche Reinigung und Desinfektion.
17
Desinfektionsverfahren beeinflussen die Übergänge zwischen
kultivierbaren und VBNC-Stadien von L. pneumophila und P.
aeruginosa
Selbst wenn L. pneumophila auf den Werkstoffen direkt nach der chemischen
Desinfektion kulturell nicht mehr nachweisbar war, konnten diese Bakterien
mehrere Wochen nach der Desinfektion (z.B. Chlordioxid) mit den kulturellen
Standardmethoden im Biofilm und in stagnierendem Wasser des Versuchssystems wieder aufgefunden werden. Bei den Werkstoffen handelte es sich um
Kupfer, HD-PEXb, EPDM mit und ohne Empfehlung nach DVGW-Arbeitsblatt W
270. In diesen Fällen konnte mit der FISH-Methode bestätigt werden, dass noch
24
L. pneumophila im Biofilm vorhanden war. Dies führte zu der Vermutung, dass
L. pneumophila durch die Desinfektion in den VBNC-Zustand über geht und
später wieder kultivierbar werden kann.
P. aeruginosa war ebenfalls nach der Desinfektion auf allen Werkstoffen mit der
kultivierungsunabhängigen FISH-Methode nachweisbar, obwohl mit den
kulturellen Standardverfahren kein Nachweis erfolgte. P. aeruginosa konnte
sogar nach der Desinfektion kulturell im stagnierenden Wasser und im Biofilm
nachgewiesen werden, obwohl dieser Organismus bis zu mehrere Monate lang
vor der Desinfektion mit den kulturellen Standardmethoden nicht nachweisbar
war. Fakultativ pathogene Bakterien, die sich in Biofilmen im VBNC-Stadium
befinden, können offenbar zu erneuten positiven Befunden im stagnierenden
Trinkwasser führen, wenn sie in den vegetativen Zustand zurückgekehrt sind.
Bezug zu bestehenden Regelwerken und Gesetzen
Die Trinkwasserverordnung, die die Basis für eine Versorgung der Bevölkerung
mit Trinkwasser einwandfreier Beschaffenheit ist, nimmt an vielen Stellen
Bezug auf die allgemein anerkannten Regeln der Technik. Obwohl die
anerkannten Regeln der Technik aus juristischer Sicht ein unbestimmter
Rechtsbegriff sind, der in Gesetzen nicht definiert ist, haben sie eine
überragende Bedeutung bei der Bestimmung des Inhaltes von Sorgfalts- und
Verkehrssicherungspflichten. Man geht davon aus, dass das Risiko einer
mikrobiellen oder chemischen Kontamination einer Trinkwasser-Installation und
damit des Trinkwassers dann sehr gering ist, wenn bei Planung, Bau,
Inbetriebnahme und Betrieb die in Regelwerken, z.B. des DVGW, DIN, VDI,
festgelegten Regeln der Technik eingehalten werden.
Durch die rasante technische Entwicklung von neuen Werkstoffen, Bauteilen
und Verfahren, vor allem im Bereich der Trinkwasser-Installation, müssen die
Regelwerke ständig an neue Entwicklungen und wissenschaftliche
Erkenntnisse angepasst werden. Die Ergebnisse des Forschungsvorhabens
liefern wertvolle Hinweise für die Ergänzung und Überarbeitung der technischen
Regeln mit dem Ziel, das Restrisiko einer Gefährdung der menschlichen
Gesundheit auf ein Minimum zu vermindern. Außerdem leistet das Vorhaben
einen wesentlichen Beitrag zum Verständnis der komplexen Verhältnisse und
25
Vorgänge in einer Trinkwasser-Installation. Damit bildet das Forschungsvorhaben die Grundlage für die Innovation bei der Entwicklung neuer
Werkstoffe, Bauteile und Verfahren.
Ganz eindeutig ist: Die konsequente, fachgerechte Umsetzung der allgemein
anerkannten Regeln der Technik kann das Risiko für mikrobielle Kontaminationen mit Legionellen und Pseudomonaden deutlich verringern.
Schlussfolgerungen
Die Trinkwasser-Installation stellt eine hygienisch-mikrobiologisch empfindliche
Komponente in der Versorgungskette dar, die zwar reguliert (DIN 1988, DVGWRegelwerk), aber unzureichend überwacht wird. Um das eingangs genannte
Präventions-Potenzial effektiv zu nutzen, erscheint es besonders wichtig, eine
erhöhte Aufmerksamkeit auf die Auswahl und Prüfung der Werkstoffe zu
richten. Die Methoden, die zur Beurteilung der hygienischen Qualität der
Werkstoffe sowie des Trinkwassers angewandt werden, spielen für die
Risikobewertung eine ganz entscheidende Rolle. Hier sollten neben den
klassischen auch kulturunabhängige Verfahren genutzt werden, mit denen die
tatsächlich vorhandene Biomasse sowie die hygienisch relevanten Organismen
erfasst werden können. Ihr Auftreten im VBNC-Zustand ist dabei von großer
Bedeutung, denn hierin könnte die Erklärung für zahlreiche hartnäckige
Kontaminations- und Wiederverkeimungsprobleme gefunden werden. Darüber
hinaus besteht noch ein deutlicher Forschungsbedarf, um zu verstehen, unter
welchen Bedingungen Bakterien in diesen Zustand eintreten, wann und warum
sie ihn wieder verlassen und kultivierbar werden und ob sie dann immer noch
infektiös sind - wofür erste experimentelle Befunde sprechen.
Aus den Ergebnissen der bundesweiten Bestandsaufnahme der Überwachung
von Trinkwasser-Installationen in diesem Projekt ergibt sich die Frage, wie unter
Nutzung moderner Untersuchungsmethoden mikrobielle Kontaminationen in
Trinkwasser-Installation im Haushalt schnell, einfach und sicher erkannt und
lokalisiert werden können. Die Entwicklung eines reproduzierbaren, evaluierten,
standardisierten Verfahrens zur schnellen, sicheren und kosteneffektiven Erkennung mikrobieller Kontaminationen in Trinkwasser-Installationen erscheint
26
notwendig. Eine Vereinheitlichung hinsichtlich der Vorgaben für die Auswahl
und Anzahl repräsentativer Probenahmestellen ist erforderlich, die auch die
Frequenz der Beprobung, die Auswahl der Parameter sowie einer Evaluation
der Anwendbarkeit innovativer mikrobiologischer Nachweismethoden mit
einschließt.
Gerade für Problemfälle sollte das Potenzial genutzt werden, mit dem die
modernen molekularbiologischen Verfahren die bewährten kulturellen Standardmethoden ergänzen können.
27
Glossar
Biofilm
Unter dem Begriff „Biofilm“ werden alle Ansammlungen von Mikroorganismen
an Grenzflächen (häufig: fest/flüssig) verstanden. Im Biofilm sind die
Organismen in eine Schicht aus extrazellulären polymeren Substanzen (EPS)
eingebettet.
Biofilm-Populationen/Biozönose
Die Biozönose eines Biofilms besteht aus mikrobiellen Populationen und stellt
die Gesamtheit aller Organismen dar, die eine Grenzfläche besiedeln. Die
wichtigsten Vertreter in Trinkwasserbiofilmen sind Bakterien, Protozoen
(Amöben, Flagellaten und Ciliaten) sowie auch Pilze. Diese verschiedenen
Organismen bilden komplexe Lebensgemeinschaften (Biozönosen), die in
vielfältiger Weise interagieren.
Desinfektion
Desinfektion ist ein Prozess, durch den die Anzahl vermeh¬rungsfähiger
Mikroorganismen infolge Abtötung bzw. Inaktivierung unter Angabe eines
standardisierten, quan¬tifizier¬baren Wirkungs¬nachweises reduziert wird mit
dem Ziel, einen Gegen¬stand/Bereich/Medium in einen Zustand zu versetzen,
dass von ihm keine Infektionsgefährdung mehr ausgehen kann. Ziel der
Desinfektion ist die definierte Verminderung der Anzahl pathogener oder
fakultativ-pathogener Mikroorganismen, nicht aber die Eliminierung von
Umweltkeimen ohne Bedeutung für die menschliche Gesundheit.
Einnistung
Als Einnistung wird in diesem Projekt der Vorgang bezeichnet, bei dem sich
hygienisch relevante Organismen (hier P. aeruginosa, L. pneumophila) in einen
bestehenden Biofilm integrieren, so dass sie darin zeitweise oder dauerhaft
vorhanden sind (Persistenz).
Fakultativ-pathogene Erreger
Erreger, die zur Auslösung von Infektionskrankheiten spezifische Voraussetzungen benötigen, aber auch bei fehlender Immunsuppression
Infektionskrankheiten auslösen können (z.B. P. aeruginosa, L. pneumophila,
Klebsiella spp., Enterobacter spp.). Beispiele für spezifische Voraussetzungen:
das Eröffnen des Zugangs zu normalerweise sterilen Körperbereichen (z.B.
durch Kathetersysteme bzw. Fremdkörper), das Abtöten der physiologischen
Mikroflora durch Antibiotika, Wunden oder eine Veränderung der
physiologischen Abwehr.
28
Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH)
Die FISH ist eine kultivierungsunabhängige Methode zum Nachweis von
Mikroorganismen, bei der der Nachweis über fluoreszenzmarkierte
Oligonucleotide („Gensonden“), die spezifisch an die ribosomale RNA der
Zellen binden, erfolgt. Die markierten Zellen können dann mit einem
Fluoreszenz-Mikroskop sichtbar gemacht werden. Die Spezifität der Gensonden
kann beliebig gewählt werden, von art- bis familien- oder domänenspezifisch.
Hygienisches Risiko
Der Begriff „Risiko“ umfasst entsprechend dem Bericht der Risikokommission
(2003) die qualitative und/oder quantitative Charakterisierung eines Schadens
hinsichtlich der Möglichkeit seines Eintreffens und der Tragweite der
Schadenswirkung. Die Weltgesundheitsorganisation definiert Risiko als die
Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses einen Schaden in einer exponierten
Population innerhalb eines bestimmten Zeitraumes und unter Berücksichtigung
der Größe des Schadens auszulösen. Die Wahrscheinlichkeit, dass es in einem
bestimmten Zeitraum zu Schäden bei einer Person, einer Gruppe von
Personen, Pflanzen, Tieren und/oder der Ökologie in einer spezifischen
exponierten Region auf eine spezifische Dosis oder Konzentration von einem
schädigenden Agens kommt, hängt sowohl von dem Grad der Toxizität eines
Agens als auch dem Ausmaß der Exposition ab.
Das „hygienische Risiko“ beschreibt die Wahrscheinlichkeit, dass ein
Gesundheitsschaden sowohl Individuen als auch die öffentliche Gesundheit
betrifft. Die Wahrscheinlichkeit eines Schadens bezieht sich hierbei z.B. auf
Infektionen, Erkrankung, Tod oder Behinderung, welche in einem spezifischen
Zeitraum auftritt.
Im engeren Sinne wird der Begriff “hygienisches Risiko“ häufig auf das Risiko
einer Infektion bezogen, wobei jedoch die Disziplin der Hygiene sich auch mit
anderen Risiken befasst.
Koloniezahl
Die Koloniezahl ist die Zahl von sichtbar werdenden Kolonien, die sich aus
einer definierten Probenmenge bei festgelegtem Nährstoffangebot, festgelegter
Bebrütungstemperatur und innerhalb einer bestimmten Zeit in oder auf einem
Agar-Nährmedium entwickeln. Es handelt sich um eine Methode zur
Bestimmung der Konzentration kultivierbarer heterotropher Mikroorganismen
("heterotrophic plate count"-Methode, HPC-Methode). Die Angabe der
Konzentration erfolgt als koloniebildende Einheiten (KBE) bezogen auf ein
Volumen oder eine Fläche. Die Bestimmung der Koloniezahl als
Indikatorparameter nach der Trinkwasserverordnung in 1 mL des zu
untersuchenden Wassers dient zur Erfassung von bestimmten hygienisch
relevanten Mikroorganismen auf einem relativ nährstoffreichen Nährmedium.
Zur Erfassung eines erweiterten Spektrums heterotropher Bakterien in Wasser-
29
und Biofilmproben werden häufig ein nährstoffarmes Nährmedium (R2AMedium), längere Bebrütungszeiten (z. B. 7 Tage) und niedrige Bebrütungstemperaturen (z. B. 20 °C) verwendet.
Legionellen, L. pneumophila
Der Begriff Legionellen bezeichnet im deutschen Sprachgebrauch die Gattung
Legionella. Diese Gram-negativen, schlank oder kokkoid stäbchenförmigen,
aeroben Bakterien mit komplexen Nährstoffanforderungen sind monopolar
begeißelt und damit beweglich. Man unterscheidet über 50 verschiedene Arten
anhand unterschiedlicher morphologischer, physiologischer und genetischer
Charakteristika. Legionellen sind an feuchten und bevorzugt warmen
Standorten zu finden, natürliches Habitat sind Gewässer und feuchte Böden.
Kühltürme, Klimaanlagen, Trinkwasser-Installationen etc. stellen durch
Aerosolbildung eine Infektionsgefahr für den Menschen dar.
L. pneumophila ist ein fakultativ humanpathogenes Bakterium innerhalb der
Gattung Legionella, das 80 – 85 % aller Legionellosen (meist in Form einer
Pneumonie) verursacht. Auch wenn in Dokumentation und Sprachgebrauch
einiger Gesundheitsämter der Sammelbegriff „Legionellen“ weit verbreitet ist,
werden Trinkwasserproben oft speziell auf die Art L. pneumophila hin
untersucht.
Obligat-pathogene Erreger
Erreger, die bei fehlender spezifischer Immunität bei gesunden Personen
Infektionskrankheiten auslösen (z.B. Vibrio cholerae, Salmonella Typhi, Shigella
spp. etc.).
Opportunistisch-pathogene Erreger
Erreger, die nahezu ausschließlich bei deutlicher Einschränkung des
Immunsystems Infektionskrankheiten auslösen (z.B. bei bestehender schwerer
Immunsuppression).
Polymerase-Kettenreaktion (PCR)
Die Polymerase-Kettenreaktion (englisch Polymerase Chain Reaction, PCR) ist
eine molekularbiologische Methode zur Vervielfältigung von spezifischen DNAAbschnitten.
Pseudomonaden, P. aeruginosa
Der Begriff Pseudomonaden im morphologischen Sinne bezeichnet allgemein
alle Gram-negativen, stäbchenförmigen Bakterien mit geringen NährstoffAnforderungen, die polar begeißelt und damit beweglich sind. Pseudomonaden
sind ubiquitär verbreitet, also im Boden und Wasser sowie assoziiert mit
Pflanzen, Tieren und Menschen zu finden.
P. aeruginosa ist ein fakultativ humanpathogenes, aerobes Bakterium innerhalb
der Gattung Pseudomonas, das häufig nosokomiale Infektionen im
30
Krankenhaus verursacht und bevor¬zugt immunsupprimierte Menschen infiziert.
Pyocyanin- und Fluoreszein-Bildung sind charakteristische Merkmale, welche
die Unterscheidung zu anderen Vertretern der Gattung ermöglichen und auf die
im kulturellen Nachweis geprüft wird. Auch wenn in Dokumentation und
Sprachgebrauch
einiger
Gesundheitsämter
der
Sammelbegriff
„Pseudomonaden“ weit verbreitet ist, werden Trinkwasserproben meist speziell
auf die Art P. aeruginosa hin untersucht.
Pulsfeld-Gelelektrophorese (PFGE)
Die Pulsfeld-Gelelektrophorese ist eine Methode zur Auftrennung von DNAStücken eines gesamten Genoms. Es wird damit ein organismenspezifischer
genetischer Fingerabdruck (Genotypisierung) erstellt, der zur Identifizierung der
Kontaminationsquelle herangezogen werden kann.
Quantitative PCR (qPCR)
Bei der quantitativen PCR (qPCR) wird mit Hilfe eines Fluoreszenzsignals die
vervielfältigte Menge der DNA bei der Vervielfältigung mit gemessen.
Relatives Risiko
Das relative Risiko (RR) vergleicht das Risiko zur Ausprägung eines Merkmals
einer gegenüber einem bestimmten Faktor exponierten Gruppe mit dem
entsprechenden Risiko einer gegenŸber diesem Faktor nicht exponierten
Gruppe. Es wird das Verhältnis der Wahrscheinlichkeiten angegeben. RR =
Risiko exponierte Gruppe / Risiko nicht exponierte Gruppe
Reinigung
Unter Reinigung wird ein Prozess zur Entfernung von Verunreinigungen (z.B.
abiotische Substanzen, Mikroorganismen, organische Substanzen) unter
Verwendung von Wasser u. U. mit reinigungsverstärkenden Zusätzen (z.B.
Detergenzien oder enzymatische Produkte) oder mechanischen bzw.
mechanisch-physikalisch wirkende Hilfsmittel oder Verfahren verstanden, ohne
dass bestimmungsgemäß eine Abtötung/Inaktivierung von Mikro¬organismen
stattfindet bzw. beabsichtigt ist. Die Reinigungs¬wirkung ist bisher nicht
quantifiziert oder in anderer Weise standardisiert.
Trinkwasser und erwärmtes Trinkwasser
Trinkwasser ist das für den menschlichen Gebrauch geeignete Wasser
(TrinkwvV § 3, 1a) mit den Güteeigenschaften nach DIN 2000 („Leitsätze für die
zentrale Trinkwasserversorgung“ und nach DIN 2001 „Trinkwasserversorgung
aus Kleinanlagen und nicht ortsfesten Anlagen“). Seine Beschaffenheit regelt
die Trinkwasserverordnung (TrinkwV). Trinkwasser sollte eine Temperatur von
≤ 25 °C haben.
Erwärmtes Trinkwasser ist Trinkwasser aus Trinkwasser-Erwärmungsanlagen
(TWE-Anlagen), welches für den mensch¬lichen Gebrauch, insbesondere zum
Trinken und zur Zubereitung von Nahrungsmitteln, verwendet wird. Im Regelfall
31
gelangt es über dieselbe Armatur wie das (kalte) Trinkwasser zum Verbraucher.
Der Temperaturbereich für Trinkwarmwasser liegt zwischen 25 °C und 85 °C.
Trinkwasser-Installation
Die Hausinstallation (hier Trinkwasser-Installation genannt) ist die Gesamtheit
aller Rohrleitungen, Armaturen und Geräte, die sich zwischen dem Punkt der
Entnahme von Wasser für den menschlichen Gebrauch durch den Verbraucher
und
dem
Punkt
der
Übergabe
von
Trinkwasser
aus
einer
Wasser¬versorgungs¬anlage an den Verbraucher befindet (TrinkwV § 3, 3).
Werkstoffe
Unter dem Begriff Werkstoffe versteht man alle Materialien wie z.B. Kunststoffe,
Metalle, Keramik.
Werkstoff-Alterung
Jeder Werkstoff verändert seine Eigenschaften (wie Werkstoffgefüge oder
chemische Zusammensetzung) durch z. B. thermische, mechanische oder
chemische Belastungen wie die des. Bei Kunststoffen ist u. a. die Verarmung
an Additiven (Komponenten), bei Stählen speziell der Einfluss von
eindiffundierendem Stickstoff und die damit einhergehende Versprödung
gemeint, wenn von Alterung die Rede ist.
VBNC ("viable but nonculturable"; lebend, aber nicht kultivierbar)
Zustand von Bakterien, die sich normalerweise auf konventionellen Nährmedien
unter üblichen Bebrütungsbedingungen kultivieren lassen, sich aber nun im
Erhaltungsstoffwechsel befinden und nicht mehr vermehren. Deshalb bilden sie
auch keine Kolonien auf Agar-Nährmedien, obwohl ihre Lebensfähigkeit
(Vitalität) potenziell erhalten bleibt. VBNC-Bakterien lassen sich mit
kultivierungsunabhängigen (häufig biochemischen oder molekularbiologischen)
Verfahren nachweisen. Bakterien im VBNC-Zustand besitzen funktionelle
Zellmembranen, intakte DNA und weisen noch Stoffwechsel- und Atmungsaktivität auf. Den VBNC-Zustand auslösende Faktoren sind ungünstige
Umgebungstemperatur, Nährstoffmangel oder die Anwesenheit von
Desinfektionsmitteln und toxischen Metallionen. Der VBNC-Zustand ist
reversibel. Unter günstigen Umweltbedingungen können VBNC-Bakterien
wieder kultivierbar und im Fall von Krankheitserregern potenziell infektiös
werden.
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
32
Vorkommen mikrobieller Trinkwasserkontaminationen in
Hausinstallationen
Thomas Kistemann *, Christiane Schreiber, Sebastian Völker
Universität Bonn
Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit
Abt. Medizinische Geographie und Public Health
Sigmund-Freud-Str. 25, 53105 Bonn, Tel.: 0228-287-19487, Fax: 0228-287-19488
Juli 2010
*Email: [email protected]
Zusammenfassung
Die Versorgung mit mikrobiologisch einwandfreiem Trinkwasser ist eine der
Hauptanforderungen an die Wasserversorgungsinfrastruktur. Deshalb ist eine
Überwachung des Trinkwassers von der Quelle bis zum Wasserhahn ein
essentieller Schritt zur Sicherstellung einwandfreier Trinkwasserqualität. Mittels
einer systematischen, bundesweiten Studie auf der Basis lokal verfügbarer
Daten zu Trinkwasserqualität und technischen Gebäudemerkmalen wurde das
Ausmaß mikrobieller Kontaminationen sowie die installationstechnischen und
betrieblichen Bedingungen von Trinkwasserinstallationssystemen in Deutschland erfasst. Zu mikrobiologischen bzw. chemischen Daten konnten insgesamt
rund 110.000 Messergebnisse aus 30.000 Probenahmen an 20.000 Zapfstellen
in 4600 Gebäuden, zu hausinstallationstechnischen Merkmalen konnten ca.
16.000 Einzeldaten aus über 1000 Gebäuden ausgewertet werden.
Die Überwachung von Trinkwasserinstallationssystemen durch Gesundheitsbehörden ist in Deutschland bezüglich Begehung bzw. Beprobung noch immer
uneinheitlich und lückenhaft. Basierend auf den verfügbaren Daten können die
gesundheitsrelevanten Mikroorganismen Legionella spp. und Pseudomonas
spp. in einer quantitativ relevanten Zahl nachgewiesen werden, die ein
potentielles Gesundheitsrisiko für den Verbraucher darstellen. Für einige
chemische Parameter kann ein potentielles Gesundheitsrisiko ebenfalls nicht
ausgeschlossen werden (z.B. Blei). Beim Betrieb der TrinkwasserInstallationssysteme werden allgemein anerkannte Regeln der Technik sehr
Berichte aus dem IWW Rheinisch-Westfälisches Institut für Wasserforschung gemeinnützige GmbH
Band 54, Mülheim an der Ruhr, 2010, ISSN 0941 - 0961
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
33
häufig nicht eingehalten. Identifizierte Faktoren, mit denen das Kontaminationsrisiko signifikant assoziiert ist, sind z.B. die hauseigene Wasseraufbereitung und der Hochheizspeicher, der die Trinkwassertemperatur täglich
auf mindestens 60 °C erhöht. Die Untersuchung auf d ie klassischen
mikrobiologischen Indikatorparameter nach TrinkwV 2001 ist nicht geeignet, um
Kontaminationen mit den fakultativ pathogenen Krankheitserregern
P. aeruginosa oder L. pneumophila sicher zu erkennen bzw. auszuschließen.
1
Einleitung
Die
Bereitstellung
sicheren
Trinkwassers
ist
eine
der
wichtigsten
Voraussetzungen für die menschliche Gesundheit und den Gesundheitsschutz.
Nach der Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization, WHO) und
Europäischen Richtlinien muss das für den menschlichen Gebrauch bestimmte
Trinkwasser frei sein von Mikroorganismen, Parasiten oder Substanzen, die ein
mögliches Gesundheitsrisiko darstellen (Sobsey and Bartram, 2003; WHO,
2008). Das Ziel ist, die menschliche Gesundheit vor negativen Einflüssen durch
mikrobielle Kontaminationen zu schützen. Grenz- und Maßnahmewerte (Exner
et al., 2009) für mikrobiologische und chemische Parameter wurden erarbeitet,
um in allen Staaten der Europäischen Union eine vergleichbare
Trinkwasserqualität zu erreichen (Council Directive 98/83/EC).
Die Versorgung mit mikrobiologisch sicherem Trinkwasser ist eine der
Hauptanforderungen der Wasserversorgungsinfrastruktur. Deshalb ist eine
Überwachung des Trinkwassers von der Quelle bis zum Wasserhahn ein
essentieller Schritt zur Sicherstellung einwandfreier Trinkwasserqualität. Als
Ergebnis der o.g. Council Directive sind Wasserbehörden in Europa
angehalten, Wasser für den menschlichen Gebrauch zu überwachen, so dass
der Konsument mit sauberem und sicherem Wasser versorgt wird.
In Deutschland muss der Wasserversorger mikrobiologisch und chemisch
einwandfreies Trinkwasser bis zur Wasseruhr zur Verfügung stellen. Bis zu
diesem Punkt ist die Wasserqualität in der Regel sehr gut (Grummt, 2007), aber
diese kann durch den Einfluss der Trinkwasserinstallation bis zum Wasserhahn
34
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
des Verbrauchers verschlechtert werden. Der zukünftige Fokus sollte daher auf
Trinkwasser-Installationssystemen liegen.
Nachdem das Wasser die Wasseruhr erreicht hat, ist der Betreiber des
Gebäudes für die Trinkwasserqualität zuständig. Manche Mikroorganismen, die
in Trinkwassersinstallationen gefunden werden und sich dort vermehren
können, wie Legionella spp. oder Pseudomonas spp., können ein
Gesundheitsrisiko für den Menschen darstellen (Exner und Hartemann, 2009).
Legionellen siedeln sich vor allem in den Warmwassersystemen der
Trinkwasserinstallation an. Für immunsupprimierte Nutzer besteht ein höheres
Infektionsrisiko, beispielsweise in medizinischen Einrichtungen oder in Alten/Pflegeheimen. Das Risiko eines letalen Krankheitsverlaufs nach der Erkrankung
an einer nosokomialen Legionellose ist für ältere oder immunsupprimierte
Nutzer deutlich erhöht. Legionelleninfektionen betreffen vornehmlich das
respiratorische System. Die resultierenden Krankheiten äußern sich in einer
akuten Pneumonie oder im sog. Pontiac-Fieber, dessen Symptome sich
unterscheiden. Die Schwere der Symptome bei einer akuten Pneumonie
können zwischen mild und tödlich variieren (Baron, 1996). Das Pontiac-Fieber
ist nicht so häufig wie die akute Pneumonie und gleicht einer akuten Influenza
mit Fieber, Kopf- und Muskelschmerzen. Der Krankheitsverlauf ist
normalerweise mild (Fields et al., 2002). Legionella pneumophila Serogruppe 1
ist am häufigsten mit Legionelleninfektionen assoziiert. Das Robert-Koch Institut
erfasste im Zeitraum von 2003 bis 2009 in ganz Deutschland 3572
meldepflichtige Infektionen durch Legionella spp. (Bild 1).
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
Bild 1:
35
Legionellose Fälle in Deutschland im Zeitraum von 2003 bis
2009 nach Wohnort des Falls
Pseudomonas aeruginosa ist ein Mikroorganismus, der im Boden und Wasser,
auf Pflanzen sowie in Tieren und dem Menschen gefunden werden kann (Atzél
et al., 2008), ist aber normalerweise nicht in quantitativ hohen Werten in der
36
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
Umwelt nachweisbar (Grobe et al., 1995). Bis zu 50 % aller Infektionen mit
Pseudomonaden wurden als wasserassoziiert erkannt. Das Bakterium befindet
sich häufig in Biofilmen, die in direktem Kontakt mit Wasser stehen. Demnach
können in Trinkwasser-Installationssystemen günstige Bedingungen für
Pseudomonaden vorhanden sein, wenn z.B. die Biofilmwachstumsrate hoch ist.
In Krankenhäusern und Alten-/Pflegeheimen sind Pseudomonaden als
pathogener Keim besonders im Fokus, da wie bei Legionellen vor allem
immunsupprimierte Nutzer betroffen sind. Das Bakterium kann unter anderem
eine Sepsis bei intensivstationären Patienten verursachen. Die Infektion verläuft
nicht selten tödlich (Hudson et al., 1993).
Seit 2003 müssen die unteren Gesundheitsbehörden (UGB) in Deutschland
gemäß Neufassung der Trinkwasserverordnung Gebäude, aus denen Wasser
für die Öffentlichkeit bereitgestellt wird, hinsichtlich der Einhaltung der
Anforderungen der Trinkwasserverordnung überwachen (TrinkwV, 2001). Dies
wird bisher oft voneinander unabhängig und in Form vielfältiger lokaler
Insellösungen organisiert. Studien über die Trinkwasserqualität in Trinkwasserinstallationssystemen wurden in lokal oder quantitativ begrenztem Umfang
durchgeführt (z.B. Hentschel und Heudorf, 2007; Trautmann et al., 2001;
Wricke et al., 2008).
Das Ziel der vorliegenden Studie ist zum einen, einen Überblick über die
Methodenvielfalt und Varianten der Umsetzung des § 18 TrinkwV in der
behördlichen Praxis zu geben, zum anderen, durch eine repräsentative und
systematische Erhebung auf Basis einer deutschlandweiten Stichprobe die
Verbreitung und die Risikofaktoren für Kontaminationen mit relevanten
Mikroorganismen in Trinkwasserinstallationssystemen zu identifizieren. Dies
beinhaltet eine breite Sampleauswahl ohne lokale Konzentration, um einen
Überblick über den derzeitigen Grad von Kontaminationen des Trinkwassers an
der Entnahmestelle zu erhalten. Zum Schluss sollen Empfehlungen für die
behördliche Praxis und den Betrieb von Trinkwasserinstallationen formuliert
werden. Folgende drei Forschungsfragen sollen beantwortet werden:
Wie funktioniert die Überwachung von Trinkwasser-Hausinstallationen gem.
TrinkwV?
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
37
Treten in Hausinstallationssystemen unter realen Bedingungen hygienischmedizinisch relevante mikrobielle Kontaminationen auf?
Korreliert die Häufigkeit von Kontaminationen mit Parametern, die Planung,
Ausführung, Betrieb und Wartung charakterisieren?
2
Methoden
Mittels einer systematischen, bundesweiten Studie auf der Basis lokal
verfügbarer Daten zu Trinkwasserqualität und technischen Gebäudeparametern
wurde das Ausmaß mikrobieller Kontaminationen von Trinkwasserinstallationssystemen in Deutschland erfasst. Zwischen 2007 und 2009 wurde eine
schriftliche Vollbefragung bei allen unteren Gesundheitsbehörden (UGB) in
Deutschland zur Praxis der Überwachung von Hausinstallationen durchgeführt.
Eine erste Version des Fragebogens ging im März 2007 als Pre-Test an fünf
UGB in verschiedenen Bundesländern, um die Verständlichkeit und Relevanz
der Fragen zu überprüfen. Nach der Auswertung der Ergebnisse konnte der
Fragebogen noch an wenigen Stellen optimiert werden. Der Fragebogen wurde
anschließend Anfang April 2007 an alle Behörden versandt.
Vom Robert Koch-Institut wurden alle Adressen der bundesweit vorhandenen
unteren Gesundheitsbehörden bereitgestellt. Diese Adressen wurden über
Internetrecherchen bestätigt, aktualisiert und ergänzt, so dass letztendlich 419
Behördenstandorte angeschrieben werden konnten.
Einige UGB mussten zunächst die Rückmeldung der für ihr Bundesland
zuständigen Städtetage bzw. Ministerien abwarten. Eine Zustimmung wurde
von einigen auf Landesebene zuständigen Behörden erreicht, einige Städtetage
gaben den UGB in ihrem Land keine Empfehlung, an der Studie teilzunehmen.
Anschließend wurde an alle Behörden, die keine Rückmeldung gegeben haben,
eine E-Mail versendet, die an die Abgabefristen und den Fragebogen erinnerte.
Alle bis zum 14. Juni 2007 eingehenden Fragebögen und E-Mails wurden
berücksichtigt.
38
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
Wegen Umstrukturierung konnten zwei Ämter nicht an der Befragung
teilnehmen, 27 weitere sagten per E-Mail ab. Davon waren 14 Absagen mit
Zeit- und/oder Personalmangel begründet, eine enthielt den Hinweis auf die
Pflichtaufgaben der UGB und weitere 7 UGB verwiesen darauf, nur an Umfragen teilnehmen zu dürfen, die von entsprechenden Städte- und Landkreistag
autorisiert sind. Diese Absagen gingen indes so spät ein, dass eine
entsprechende Korrespondenz mit den zuständigen Ländern aus zeitlichen
Gründen nicht mehr sinnvoll erschien. In einem Fall wurde mitgeteilt, dass
Daten mit Bezug auf die Aufgabenerfüllung nicht an Außenstehende gegeben
werden. Eine weitere UGB verfügt wegen dezentraler Verwaltung der Daten in
unterschiedlichen Sachgebieten (z.B. Schule) nicht über die gewünschten
Angaben. Des Weiteren wurden zwei unbegründete Absagen übermittelt und
ein Amt teilte mit, es lägen keine Informationen über Trinkwasserkontaminationen vor.
In Anlehnung an eine Umfrage der Arbeitsgruppe Epidemiologie der Behörde
für Umwelt und Gesundheit von Prof. Dr. J. Berger (Institut für Mathematik und
Datenverarbeitung in der Medizin IMDM/UKE), welche 2003 im Auftrag der
LAUG (Länderarbeitsgruppe umweltbezogener Gesundheitsschutz) durchgeführt wurde , erfolgte bei der Auswertung des Fragebogens eine Zuordnung
der Bundesländer nicht nur nach alt (ohne Berlin 296 UGB) und neu (ohne
Berlin 111 UGB), sondern auch in 195 nördliche (Berlin, Brandenburg, Bremen,
Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen,
Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein) und 224 südliche (BadenWürttemberg, Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen und
Thüringen) Bundesländer. Zur Auswertung der Daten wurden die Fragebögen
in eine Datenbank (MS-Access®) eingepflegt. Um die Anonymität der
teilnehmenden Behörden sicherzustellen, erfolgte die Auswertung auf der
beschriebenen, aggregierten Ebene von nördlichen und südlichen Bundesländern einerseits sowie alten und neuen Bundesländern andererseits. Die
Daten wurden über Access-Abfragen sowie mit dem Programm MS-Excel®
ausgewertet.
Der Fragebogen sollte zudem UGB finden, die bereit waren, intern erfasste
Daten zu mikrobiologischen, chemischen, physikalischen Trinkwasserparametern sowie Daten zu Konstruktion, Zustand und Betrieb behördlich
überwachter Hausinstallationen im Zeitraum 2003-2009 zur Verfügung zu
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
39
stellen. Diese Daten wurden gesammelt, bereinigt und für statistische Analysen
(MS-Excel, SPSS 14.0, EpiInfo, MySQL) in eine relationale Datenbank
eingegeben (MS-Access®). Nach Standardisierung und Plausibilitätsprüfung
konnte eine repräsentative 5%-Stichprobe aus allen UGB für die weitergehende
Detailstichprobe ausgewählt werden.
Die hierfür ausgewählten Parameter umfassten vornehmlich diejenigen, die von
den UGB im Fragebogen am häufigsten genannt wurden: KBE 20/22 °C, KBE
36 °C, Legionella spp., Pseudomonas spp., coliforme Bakterien, E. coli,
Enterococcus spp. und Clostridium spp. in Warm-, und Kaltwassersystemen,
sowie Blei, Kupfer, Nickel, Cadmium, Nitrit, Eisen, Arsen, Mangan und Natrium.
Zusätzlich wurden Warm- und Kaltwassertemperaturen sowie pH-Wert und
Trübung einbezogen.
Auf Wunsch einiger UGB wurden auch weitere Parameter über die genannten
hinaus digital erfasst und der entsprechenden UGB zur Verfügung gestellt. Die
Direktive 98/83/EC und die TrinkwV 2001 schreiben die analytischen Methoden
für die unterschiedlichen Parameter fest (Anlage 3, Council Directive 98/83/EC;
Anlage 5, TrinkwV 2001). Daher wird angenommen, dass alle untersuchenden
Labore die Ergebnisse mit vergleichbaren Methoden bestimmt haben und damit
eine Vergleichbarkeit der Daten der UGB untereinander gegeben ist.
Als erster Schritt in der statistischen Analyse wurden deskriptive Abfragen aus
den Datensätzen formuliert. Zunächst wurden die Trinkwasserparameter hinsichtlich ihrer Analysenzahl und absoluten Zahlen verglichen sowie der Anteil
der Analysen mit überschrittenen Grenz- und Maßnahmewerten. Überschreitungen der identifizierten Parameter wurden klassifiziert als Nichteinhaltung von
in entsprechenden Richtlinien angegebenen Werten. Dazu gehören die TrinkwV
2001 und die Empfehlungen des Umweltbundesamtes (UBA), die die
Grenzwerte für KBE 20/22 °C und 36 °C (jeweils 100 KBE/ml), Pseudomonaden
und Coliforme (jeweils 0 KBE/100 ml) festlegen (Anlage 1 und 3, TrinkwV 2001
und UBA 2006) und das DVGW-Arbeitsblatt W 551, welches den
Maßnahmewert für Legionellen angibt (100 KBE/100 ml). Die Grenzwerte für
E.coli und Enterococcus spp. (jeweils 0 KBE/100 ml) sind in Anlage 1 und der
für Clostridium spp. in Anlage 3 der TrinkwV 2001 definiert. Die Grenzwerte für
chemische Parameter wurden ebenfalls den Anlagen der TrinkwV 2001 bzw.
der Direktive Council Directive 98/83/EC entnommen. In letzterem sind
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
40
kongruent zur TrinkwV 2001 die Grenzwerte für Arsen (0,01 mg/l), Cadmium
(0,005 mg/l), Kupfer (2 mg/l), Blei (0,01 mg/l), Nickel (0,02 mg/l) und Nitrit (0,5
mg/l) aufgeführt (Annex I, part B Council Directive 98/83/EC).
Nach der Berechnung der Grenz-/Maßnahmewertüberschreitung einzelner
Parameter wurden die vorhandenen hausinstallationstechnischen Parameter
deskriptiv ausgewertet. In der darauf folgenden Analyse wurden die
Trinkwasserparameter zum einen untereinander bivariat korreliert und zum
anderen mit den technischen Parametern der Trinkwasserinstallation in einer
Berechnung des relativen Risikos (RR) zusammengeführt. Anhand der
Ergebnisse aus der schriftlichen Befragung und der Risikoabschätzung sowie
der einschlägigen Fachliteratur sollte eine Checkliste für die Begehung von
Hausinstallationen erstellt werden, welche von Experten aus der Praxis
begleitet wurde.
3
Ergebnisse
Bild 2 zeigt den Rücklauf des Fragebogens in Deutschland insgesamt. Es
meldeten sich insgesamt 173 von 419 Behörden bis Mitte Juni 2007 durch
Absagen oder Fragebogen-Rücksendungen. Dies entspricht einer Response
von ca. 42 %. Die meisten Antworten kamen aus Nordrhein-Westfalen (65 %
Beteiligung). Dort meldeten sich 70 % aller angeschriebenen Gesundheitsämter
per Post oder per E-Mail. Der geringste Rücklauf kam aus Berlin mit 7 %. Aus
jedem Bundesland trafen Rückmeldungen ein. 142 Fragebögen wurden in die
Bewertung einbezogen, die bis Mitte Juni 2007 zurückgeschickt wurden.
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
Bild 2:
3.1
41
Rückmeldungen aus den einzelnen Bundesländern auf die
schriftliche Befragung der unteren Gesundheitsbehörden
Die behördliche Überwachungspraxis
In Bild 3 ist die Gesamtzahl der für die Trinkwasserbeprobung relevanten
Gebäude, welche Wasser für die Öffentlichkeit bereitstellen (Krankenhäuser,
Altenheime, Schulen, Kindergärten, Jugendheime, Sportstätten, Hotels / Gaststätten und sonstige relevante Gebäude), in den Zuständigkeitsbereichen der
UGB aufgeführt. 141 Antworten liegen dieser Grafik zugrunde. Der Höchstwert
für eine UGB beträgt 5.842 Gebäude und der niedrigste Wert 11 Gebäude,
wobei beachtet werden muss, dass letzterer Wert nur unter Angabe der
Gebäudezahl für eine Gebäudekategorie zustande kam.
Beim Vergleich der Gebäudezahl in Nord- und Süddeutschland fallen keine
Unterschiede auf, jedoch ist der Unterschied zwischen alten und neuen
Bundesländern augenfällig. Die Zuständigkeitsbereiche der UGB in den alten
Bundesländern weisen eine fast doppelt so hohe Anzahl von Gebäuden auf wie
jene in den neuen Bundesländern. Kommen in den alten Bundesländern
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
42
durchschnittlich ca. 1100 Gebäude auf eine UGB, so müssen die UGB in den
neuen Ländern rund 600 Gebäude überwachen.
Anzahl der zu beprobenden Gebäude im Zuständigkeitsbereich
der unteren Gesundheitsbehörden
6000
5000
Anzahl
4000
3000
2000
1000
0
UGB (n=141)
Bild 3:
Anzahl der zu beprobenden Gebäude im Zuständigkeitsbereich der unteren Gesundheitsbehörden (UGB)
Um eine bessere Aussagekraft über die hinsichtlich des Gesundheitsschutzes
wichtigsten zu beprobenden Gebäude zu erreichen, werden Altenheime und
Krankenhäuser, deren Bewohner als besonders gefährdet durch eventuelle
Trinkwasserkontaminationen gelten, in einem gesonderten Diagramm dargestellt.
Vor allem die Angaben zu Hotels/Gaststätten und ‚sonstigen Gebäuden’
variierten in den Fragebögen enorm. Die Darstellung der Gesamtzahl der
Krankenhäuser und Altenheime brachte hingegen ein deutlich gleichmäßigeres
Ergebnis (Bild 4). Die höchste Anzahl von Gebäuden wies ein UGBZuständigkeitsbereich mit 336 auf, die niedrigste Zahl (4 Gebäude) gaben
mehrere UGB an. Eine Nord-Süd-Differenzierung war nicht erkennbar.
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
43
Gesamtzahl der Gebäude mit Krankenhäusern und Altenheimen
6000
Anzahl Gebäude
5000
Gesamtzahl Gebäude
Krankenhäuser+Altenheime
4000
3000
2000
1000
0
UGB (n=141)
Bild 4:
Gesamtzahl der zu beprobenden Gebäude sowie Gesamtzahl
der Gebäude, die Krankenhäuser und Altenheime beherbergen
Der Vergleich zwischen alten und neuen Bundesländern hingegen zeigt wieder
Unterschiede auf. Fast 90 % der UGB in den alten Bundesländern haben mehr
als 20 Krankenhäuser oder Altenheime in ihrem Zuständigkeitsbereich zu
betreuen. In den neuen Bundesländern sind es nur ca. 40 % der Behörden, die
mehr als 20 Gebäude überwachen müssen. Bei mehr als 30 zu überwachenden
Krankenhäusern und Altenheimen wird die Differenz noch deutlicher. In den
alten Bundesländern sind etwa 70 % aller Behörden für mehr als 30 Gebäude
zuständig, in den neuen Bundesländern sind es hingegen nur 12 % der
Behörden.
Der Höchstwert der je UGB jährlich zu beprobenden Gebäudezahlen liegt bei
1.000, der Minimalwert bei 2 (Bild 5). Im Durchschnitt aller UGB sollen rund 122
Gebäude im Jahr untersucht werden. Ein Unterschied zwischen den Regionen
Nord und Süd besteht insofern, als dass im Norden im Schnitt 147 Gebäude
jährlich beprobt werden sollen, im Süden hingegen 95. In den neuen
Bundesländern ist eine jährliche Beprobung von durchschnittlich 155 Gebäuden
geplant, in den alten Ländern eine Beprobung von 106 Gebäuden.
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
44
begangene Gebäude im Zuständigkeitsbereich der einzelnen uGB
pro Jahr (geplant)
Anzahl begangener Gebäude
1000
900
800
700
600
500
400
300
200
100
0
UGB (n=134)
Bild 5:
Zahl der nach Planung zu begehenden Gebäude pro Jahr
Bei der Beprobung bzw. Begehung der Gebäude gehen 95 % aller UGB nach
einer Priorisierung vor. Dabei werden bestimmte Gebäudetypen anderen
gegenüber vorrangig untersucht. Die Priorisierung wird von den Behörden allerdings uneinheitlich vorgenommen. 35 % aller UGB geben an, einer allgemein
festgelegten Kategorisierung zu folgen, z.B. nach Risikoabwägung, Gesundheitsrelevanz, Nutzung der Gebäude oder Schutzbedürftigkeit der Nutzer. Eine
eindeutig festgelegte Reihenfolge der Beprobung/Begehung geben ein Drittel
aller UGB explizit an. Sie setzen Krankenhäuser und Altenheime vor alle
anderen Einrichtungen in ihrer Prioritätenliste. Nach Empfehlungen von
übergeordneten Behörden oder auf Landes- bzw. Bundesebene handeln 19 %
der UGB. Die verbleibenden 13 % erklären, dass sie eine andere Reihenfolge
als die oben genannte aufgestellt haben oder in einer anderen Form ihre
Prioritäten festgelegt haben.
Bei der Frage nach der durchschnittlichen Anzahl der Probenahmestellen, die in
einem Gebäude festgelegt werden, gibt über ein Viertel aller UGB an, im Mittel
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
45
an drei Stellen in einem Gebäude Beprobungen durchzuführen (Bild 6). Ein
weiteres Drittel entfällt auf durchschnittlich ein oder zwei Probenahmestellen je
Gebäude.
Der arithmetische Mittelwert über alle Angaben ist für diese Frage nicht besonders aussagekräftig, da einzelne Ausreißer das Ergebnis stark beeinflussen.
Der Median beträgt drei Probenahmestellen je Gebäude. Dies entspräche zum
Beispiel einer Beprobung direkt nach der Übergabestelle (Wasseruhr), nach der
möglicherweise vorhandenen Aufbereitung und an der am periphersten gelegenen Stelle.
Anzahl Probenahmestellen pro Gebäude
Anzahl Probenahmestellen
>8
12
7
2
6
8
5
11
11
4
27
3
19
2
1
9
0
5
10
15
20
25
30
Zahl UGB (in %) (n=132)
Bild 6:
Durchschnittliche Anzahl an Probenahmestellen in einem
Gebäude
Bei der Betrachtung des Turnus der Beprobung nach Gebäudetypen lässt sich
ein deutlicher Trend herauslesen, der sich auch in der Frage nach den
Prioritäten einzelner Gebäude bei der Beprobung widerspiegelt.
46
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
Es wurden die Angaben der UGB zu der turnusmäßigen Beprobung nach
unterschiedlichen Einrichtungen erfasst. Dabei wurden 8 Kategorien
vorgegeben, die jeweils einen unterschiedlichen Turnus der Beprobung
aufzeigen konnten. Die Angaben der Ergebnisse sind in Prozent dargestellt, da
zu einzelnen Gebäudetypen nicht in jedem Fall Angaben gemacht wurden und
so die Gesamtzahl der Antworten variiert. Am häufigsten wurde die Frage nach
der Krankenhaus- bzw. der Altenheimbeprobung (n=140) beantwortet, am
seltensten die Frage nach Jugendheimen (n=131). Unter dem Gesichtspunkt
„Sonstiges“ führten nur 102 Behörden eine turnusmäßige Beprobung auf.
Die Beprobungskategorie „Andere Frequenz“ fasst sonstige Angaben zum
Turnus zusammen. Darunter fallen beispielsweise Anmerkungen wie „einmalig“,
„unregelmäßig“, „stichprobenartig/zufällig“, „anlassbezogen“ oder „noch nicht
bestimmt“. Ebenso wurden komplexere Untersuchungsformen wie „pro 10.000
Einwohner mindestens eine Anlage pro Jahr“ oder „Mikrobiologie halbjährlich,
Legionellen jährlich, Chemie alle 5 Jahre“ in diese Kategorie eingeordnet. Wenn
eine Angabe einen Zeitraum umfasste (z.B. alle 2-3 Jahre), so wurde die jeweils
höhere Zahl als Turnus angenommen, da dieser Zeitpunkt eine erfolgte
Beprobung in diesem Zeitraum sicherstellt. Unter Berücksichtigung dieser
Einschränkungen ist die Vergleichbarkeit aller Daten möglich.
Krankenhäusern und Altenheimen kommt im Zeitintervall der Beprobungen eine
herausragende Stellung zu (Bild 7). Dies untermauert die bereits bei der Frage
der Priorisierung festgestellte Bedeutung, welche solchen Einrichtungen von
Seiten der UGB beigemessen wird.
Die LAUG und das UBA empfehlen in ihren Musterausführungsbestimmungen/Empfehlungen eine Häufigkeit der Untersuchungen nach Risikobereichen (Hauswirth, 2003; UBA, 2006a). Für Krankenhäuser sowie Alten- und
Pflegeheime werden mindestens jährliche Untersuchungen empfohlen, ebenso
für Bewirtungseinrichtungen in Bahnhöfen, Häfen und Flughäfen; bei
Kinderbetreuungseinrichtungen einmal in 5 Jahren. Für sonstige Gemeinschaftseinrichtungen, Sport- und Freizeiteinrichtungen, Beherbergungsbetriebe
und Gaststätten orientiert sich die Empfehlung an der Zahl der versorgten
Personen, mindestens eine derartige Einrichtung pro 10.000 Einwohner und
Jahr soll demnach untersucht werden. Eine mindestens jährliche Beprobung
wird in 80 % aller UGB für Krankenhäuser und Altenheime erreicht. Bezogen
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
47
auf die LAUG-Empfehlung ist die Überwachung von Schulen und
Kindertagesstätten gut aufgestellt. Hotels und Gaststätten haben den längsten
Turnus bei der Beprobung.
Turnus der Beprobung nach einzelnen Gebäudenutzungen
Krankenhaus
Alten-/Pflegeheim
Kindergarten/ Kita
Schule
Hotel/Gaststätte
Sportstätte
Sonstige
0
10
mindestens jährlich
halbjährlich oder häufiger
alle 3 Jahre
seltener als alle 5 Jahre
Bild 7:
20
30
40
50
60
70
80
90
100
seltener als jährlich Antworten [%] (n=140)
jährlich
alle 4 Jahre
Andere Frequenz
alle 2 Jahre
alle 5 Jahre
Turnus der Beprobung einzelner Gebäudetypen
Die überwiegende Zahl der UGB haben im Zeitraum von 2003 bis 2006 bereits
bis zu 200 Gebäude begangen (siehe Tab. 1). Der Minimalwert beträgt vier
beprobte Gebäude, die Maximalangabe belief sich auf 3622 Gebäude. Die
Gegenüberstellung von alten und neuen Bundesländern sowie den Regionen
Nord und Süd bringt keine zusätzlichen Erkenntnisse. Einzig in den nördlichen
alten Bundesländern ist die Beprobung von mehr als 500 Gebäuden mit 14 %
leicht überdurchschnittlich. Im Vergleich sind es im Süden der alten
Bundesländer 7 %, im Norden der neuen Bundesländer 6 % und in den
südlichen neuen Bundesländern 10 %.
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
48
Tabelle 1:
Anzahl der durch die unteren Gesundheitsbehörden zwischen
2003 und 2006 begangenen Gebäude
Anzahl
alte
neue
begangener
Bundesländer Bundesländer
Gebäude
(2003-2006)
Nord
Süd
Nord
Süd
Deutschland
≤ 100
18
17
4
5
44
101-200
12
9
4
6
31
201-300
7
5
3
4
19
301-400
3
4
1
1
9
401-500
3
3
3
2
11
> 500
7
3
1
2
13
Summe
50
41
16
20
127
Den UGB stehen nach eigenen Angaben im Schnitt drei Mitarbeiter für die
Wahrnehmung der Aufgaben gemäß TrinkwV zur Verfügung (Bild 8, auf der
Basis von 139 Antworten). Dies sind vor allem Gesundheitsaufseher und
Hygieneinspektoren. In der Auswertung wird wiederum nach neuen und alten
Bundesländern bzw. nach den Regionen Nord und Süd unterschieden. Zu
bedenken ist bei diesen Angaben, dass oft keine Vollzeit-Stellen für die
anfallenden Aufgaben der Trinkwasserüberwachung öffentlicher Gebäude zur
Verfügung stehen. Die nicht so zahlreich vorliegenden Angaben (n=40) über
Vollzeitstunden-Äquivalente geben minimale Wochenstundenzahlen von 0,2 für
Ärzte, 2 für Gesundheitsaufseher/ Hygieneinspektoren und 4 im Falle der
Gesundheits-Ingenieure an. Die jeweils maximalen Stundenzahlen entsprechen
Vollzeit-Stellen. Gesundheitsaufseher/Hygieneinspektoren und Ärzte belegen
im Mittel in etwa halbe Stellen (Median 25,5 Stunden) und GesundheitsIngenieure Vollzeit-Stellen (Median 38,5 Stunden).
In den neuen Bundesländern sind gegenüber den alten Bundesländern mehr
Gesundheitsingenieure, umgekehrt sind in den alten Bundesländern mehr
Gesundheitsaufseher/ Hygieneinspektoren, Ärzte und Installateure zu finden.
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
49
Durchschnittlich stehen einer Behörde in Norddeutschland mehr Mitarbeiter zur
Verfügung (3,23 Mitarbeiter) als in Süddeutschland mit 2,94 Mitarbeitern. In
Norddeutschland arbeiten bei den Behörden mehr Gesundheitsingenieure und
Gesundheitsaufseher/Hygieneinspektoren, dafür sind in Süddeutschland mehr
Ärzte und Installateure mit der Begehung und Beprobung der Gebäude betraut.
Unter Punkt „Sonstige“ sind Berufsbezeichnungen zusammengefasst, die nicht
zu den vorgegebenen Kategorien passten. Darunter fallen z.B. „Fachkräfte“ und
„Naturwissenschaftler“.
neue Bundesländer
3,5
alte Bundesländer
3,0
Norddeutschland
Süddeutschland
2,5
Deutschland gesamt
2,0
1,5
1,0
0,5
Bild 8:
Summe
Sonstige
Installateur
Arzt
Gesundheitsaufseher/
Hygieneinspektoren
0,0
Gesundheitsingenieur
durchschnittliche Anzahl von Mitarbeitern
Verfügbare Mitarbeiter in den UGB
Für die Begehung und Beprobung zur Verfügung stehende
Mitarbeiter
Die Frage nach den untersuchten hygienisch-mikrobiologischen Parametern im
Kaltwasser wurde von 134 unteren Gesundheitsbehörden beantwortet. Weitere
sieben UGB machten nur Angaben zu Parametern in Teilfrage 2
(Warmwasser). Unklar bleibt, ob im Kaltwasser keine mikrobiologischen
Untersuchungen vorgenommen werden oder diese erste Teilfrage
unbeantwortet blieb. Für die 134 vorliegenden eindeutigen Antworten ergab
sich ein recht einheitliches und aussagekräftiges Bild (Bild 9): Auf die
Parameter der Allgemeinen Koloniezahl bei 22 °C und 36 °C wurde von je 128
50
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
UGB untersucht, auf coliforme Bakterien von 126 UGB. Diese drei Parameter
wurden damit in über 90 % der Untersuchungen getestet. Auf Escherichia coli
wird das Kaltwasser von 114 UGB (85 %) getestet. Dies erscheint erstaunlich
gering, da es sich bei E. coli um einen in der Trinkwasserverordnung aufgeführten Indikatorparameter handelt. Von den befragten Ämtern gaben 90 an, auf
Pseudomonaden im Kaltwasser zu untersuchen. Bis auf sechs UGB sind die
Untersuchungen auf Pseudomonaden im Kaltwasser allerdings ausdrücklich auf
Krankenhäuser, sonstige medizinische Einrichtungen und Altenheime
beschränkt. Insgesamt 42 UGB lassen das Kaltwasser auch auf Legionellen
untersuchen. Davon geben 18 UGB die Einschränkung an, nur bei
weitergehenden Untersuchungen oder im Verdachtsfall (z.B. Temperatur im
Kaltwasser >25 °C oder positiver Legionellen-Befund im Warmwasser) auf
Legionellen prüfen zu lassen. Auf Enterokokken lassen 13 UGB untersuchen
(10 %), eine UGB gab zusätzlich Clostridien als Routineparameter an. Rund 20
% der UGB geben an, auf Legionellen und Pseudomonaden im Kaltwasser nur
in medizinischen Einrichtungen oder im Verdachtsfall zu prüfen.
Eine Tendenz der Aussagen in ihrer Zugehörigkeit zu den Regionen Nord oder
Süd sowie zu den alten und neuen Bundesländern ließ sich nicht feststellen.
Die Untersuchung bzw. Nicht-Untersuchung einzelner Parameter ist räumlich
annähernd gleich verteilt.
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
51
Untersuchte mikrobiologische Parameter im Kaltwasser
KBE 22°C
KBE 36°C
E. coli
Coliforme
Enterokokken
Clostridien
Pseudomonaden
Legionellen
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
Nennungen des Parameters [%]
Bild 9:
Von den UGB (n=134) geforderte hygienisch-mikrobiologische Untersuchungsparameter für Kaltwasser
Im Warmwasser (Bild 10) ist die Menge der untersuchten mikrobiologischen
Parameter wesentlich eingeschränkter. Von allen 141 unteren Gesundheitsbehörden, die diese Teilfrage (Warmwasser) beantwortet haben, wird das
Warmwasser auf Legionellen untersucht. Rund ein Fünftel der UGB testet das
Warmwasser außerdem auf E. coli, Coliforme, Allgemeine Koloniezahl bei
22 °C und 36 °C sowie Pseudomonaden. Davon sind meh rfach Pseudomonaden der einzige zusätzliche Parameter, während E. coli, Coliforme und
KBE-Zahlen meist als Paket untersucht werden. Weitere Parameter werden nur
von zwei UGB genannt; diese testen zusätzlich auf Enterokokken. Clostridien
werden im Warmwasser nicht getestet.
Rund zwei Drittel der UGB, welche zusätzlich zu Legionellen noch andere
mikrobiologischen Parameter testen, sind der Region Süd zuzuordnen, mit
einem Anteil der alten und neuen Bundesländer von je 50 %. Von den 14 UGB
der Region Nord hingegen zählen nur zwei zu den neuen Ländern.
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
52
Untersuchte mikrobiologische Parameter im Warmwasser
KBE 22°C
KBE 36°C
E. coli
Coliforme
Enterokokken
Clostridien
Pseudomonaden
Legionellen
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
Nennungen des Parameters [%]
Bild 10:
Von
den
UGB
(n=141)
geforderte
hygienisch-mikro-
biologische Untersuchungsparameter für Warmwasser
Die Frage nach den regelmäßig geforderten chemischen und physikalischen
Parametern wurde von 136 unteren Gesundheitsbehörden beantwortet. Die
Temperatur (n=128) ist der am häufigsten bestimmte Parameter, vor den
Metallen Blei (n = 94), Nickel (n = 93) und Kupfer (n = 92), welche in den
meisten Fällen in Kombination gefordert werden (Bild 11). Auf Chlor oder
Chlordioxid wird im Zuständigkeitsbereich von 43 UGB regelmäßig geprüft. Hier
findet sich ebenso wie bei den Metallen keine eindeutige regionale Gewichtung.
UGB, die nach eigener Angabe die Temperatur-Bestimmung nicht regelmäßig
fordern, zählen dagegen bis auf eine Ausnahme alle zu den nördlichen, alten
Bundesländern.
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
53
Untersuchte chemische Parameter
Nickel
Eisen
Blei
Mangan
Kupfer
Cadmium
Nitrit
Arsen
Antimon
Zink
Chlor
Temperatur
Trübung
pH
elekrtische Leitfähigkeit
Weitere
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
Nennungen des Parameters [%]
Bild 11:
Untersuchung auf chemische Parameter
Unter der Rubrik „Weitere Parameter“ gaben 31 % der UGB an, Cadmium und
17 % den pH-Wert zu untersuchen. Eisen folgt mit knapp 10 % und Nitrit mit
8 %. Weitere mehrfach genannte Parameter sind Arsen (10 %) und Antimon
(8 %), allerdings oft nur bei Erstuntersuchungen. Darüber hinaus gibt es einige
Nennungen mit unter 5 % (z.B. elektrische Leitfähigkeit, Trübung, Zink) sowie
einige seltene Einzelnennungen wie leichtflüchtige halogenierte Kohlenwasserstoffe, Brom oder Uran.
Bei der Begehung von Gebäuden werden durch die UGB (141 Antworten)
weitere Daten erhoben. Es werden vor allem Daten zur TrinkwasserInstallationstechnik erfasst (Bild 12). Weiterhin geben mehr als 50 % der UGB
an, Informationen über die Gebäudeparameter und das Nutzungsmuster zu
erfragen.
Die Frage nach sonstigen erhobenen Daten, wurde von 88 % aller UGB mit
„nein“ beantwortet.
Von allen Behörden, welche erklärten, gebäudespezifische Daten zu erheben,
bestimmten 30 % das Baujahr bzw. das Alter des zu überwachenden
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
54
Gebäudes. Weitere häufige Antworten betrafen die Geschosszahl oder
vorangegangene Sanierungen bzw. Baumaßnahmen.
Hinsichtlich der Trinkwasser-Installationstechnik werden neben den Aufbereitungsanlagen (14 % aller mit „ja“ antwortenden Behörden) auch die verschiedenen Wartungsintervalle (32 %) geprüft. Die Warmwasserversorgung
bzw. die Temperaturen in der Hausinstallation werden ebenso häufig untersucht
wie das verwendete Material in der Hausinstallation (je 28 %).
Hinsichtlich der Nutzungsmuster werden vornehmlich der Wasserverbrauch
(28 % aller mit „ja“ antwortenden UGB) und die Verwendung des Wassers in
dem analysierten Gebäude (27 %) erhoben. Teilweise werden auch die Anzahl
der Nutzer (10 %) und die Anzahl der Duschen (9 %) aufgenommen. Die
Antworten bei der Frage nach sonstigen Informationen fielen heterogen aus. Es
wurden etwa „Risikobereiche“ oder „selten verwendete Zapfstellen“ genannt.
Zusätzliche erhobene Daten bei der Begehung
100%
Anteil der UGB [n=141]
90%
80%
70%
60%
unbeantwortet
NEIN
JA
50%
40%
30%
20%
10%
0%
Gebä
ster
hnik
chnik
g s mu
nstec
udete
tzun
llatio
u
ta
N
s
in
Haus
Bild 12:
ti
Sons
ges
Im Rahmen von Gebäudebegehungen
mationen von den UGB (n=141)
erhobene
Infor-
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
3.2
55
Trinkwasserqualität
Zu mikrobiologischen bzw. chemischen Daten konnten insgesamt rund 110.000
Messergebnisse aus 30.000 Probenahmen an 20.000 Probenahmestellen in
4.600 Gebäuden, zu Trinkwasser-installationstechnischen Daten konnten ca.
16.000 Einzelangaben aus über 1.000 Gebäuden erfasst werden (Tab. 2 und
3).
Tabelle 2:
Datenbasis schriftliche Vollbefragung
n
Kontaktierte
Gesundheits-behörden
419
100
Rückmeldungen
173
42
142
38
Beteiligung an Detailstudie –
Mikrobiologie
24
6
Beteiligung an Detailstudie –
Hausinstallationen
9
2
Rücklauf Fragebogen
Tabelle 3:
[%]
Datenbasis Detailstudie
Mikrobiologie Trinkwasserund Chemie Installation
teilnehmende Kreise/
kreisfreie Städte
Gebäude
Probenahme-stellen
Probenahmen/
Begehungen
Mess-/ Einzelergebnisse
24
9
4.591
1.015
21.040
-
29.480
1.024
108.288
15.594
56
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
Die deskriptive Statistik zeigt, in welchem Umfang die am häufigsten untersuchten mikrobiologischen und chemischen Parameter Grenz- bzw. Maßnahmewerte überschreiten (Tab. 4). Unter den mikrobiologischen Parametern
wurde auf Legionella spp. am häufigsten (n=22.679) getestet. Pseudomonas
spp. wird vornehmlich in Gebäuden getestet, die ein höheres Risiko für
immunsupprimierte Nutzer darstellen, wie beispielsweise Krankenhäuser, Alten/Pflegeheime, weshalb nur 3463 Probenergebnisse für diesen Parameter in die
Datenbank eingegeben werden konnten.
Der technische Maßnahme- bzw. Grenzwert wurde mit 12,8 % am häufigsten
für Legionella spp. überschritten. Knapp 3,5 % aller Proben hielten den
vorgeschriebenen Grenzwert von 100 KBE/ml für KBE 36 °C nicht ein, gefolgt
von Pseudomonas spp., für welche der Grenzwert von 0/100 ml in 2,9 % aller
Proben überschritten wurde. Seltener (< 2,0 %) wurden für die Parameter
Coliforme Bakterien, KBE 20/22 °C, Enterococcus spp. und E. coli
Überschreitungen der Grenzwerte festgestellt.
In Kaltwassersystemen wurden KBE 36 °C und KBE 20/2 2 °C von den UGB mit
ca. 6.000 Proben am häufigsten untersucht. Auf coliforme Bakterien und E. coli
wurde fast genauso oft getestet (n=5.804 bzw. n=5.496). Wie bereits erwähnt,
wurde auf Pseudomonas spp. nicht in der gleichen Regelmäßigkeit wie diese
Parameter untersucht (n=2.006).
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
Tabelle 4:
57
Ausgewählte mikrobiologische, chemische und physikalische
Trinkwasserparameter aus 24 unteren Gesundheitsbehörden
Mikrobiologische
Parameter1
Grenz-/Maßnahmewerte
(KBE/ml)
n
Nichteinhaltungen
n
%
KBE 20/22 ̊C
100/1
10.869
129
1,2
KBE 36 ̊C
100/1
10.928
380
3,5
E. coli
0/100
8330
25
0,3
Coliforme Bakterien
0/100
8652
152
1,8
Enterococcus spp.
0/100
1.177
4
0,3
Clostridium spp.
0/100
79
0
0,0
Pseudomonas spp.
0/100
3.468
102
2,9
Legionella spp.
100/100
22.786
2.908
12,8
Chemische Parameter (mg/l)
Nickel
0,02
3.538
379
10,9
Eisen
0,2
1.115
85
7,6
Blei
0,01
3.560
167
4,7
Mangan
0,05
250
11
4,4
Kupfer
2
2.411
30
1,2
Cadmium
0,005
2.257
16
0,7
Natrium
200
143
1
0,7
Nitrit
0,5
1.043
1
0,1
Arsen
0,01
433
0
0,0
Temperatur WW
50 ̊C
16.145
7.733
47,9
Temperatur KW
25 ̊C
3.212
112
3,5
Trübung
1.0 NTU
1.607
38
2,4
pH-Wert
6.5–9.5
407
7
1,7
Physikalische Parameter
1
Kalt- und Warmwassersysteme zusammen
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
58
Die Parameter Enterococcus spp. mit n = 1.096 Proben und Legionella spp. mit
n = 350 Proben haben nicht die gleiche Priorität wie die anderen Parameter.
Für Clostridium spp. waren nur 56 Proben verfügbar. Legionella spp. überschreitet mit 5,6 % aller Proben am häufigsten den technischen Maßnahmewert
in Kaltwassersystemen, jedoch verringert die geringe Anzahl der Proben die
Aussagekraft dieser Beobachtung. KBE 36 °C überschr eitet den Grenzwert in
2,8 % der Fälle. Auch die Grenzwerte von Pseudomonas spp. (1,9 %) und
coliformer Bakterien (1,9 %) wurden überschritten.
In Kaltwassersystemen sind KBE 36 °C und Pseudomonas spp. relativ die am
häufigsten identifizierten mikrobiologischen Kontaminanten (Bild 13), wenn man
Legionella spp. nicht berücksichtigt, worauf erheblich seltener untersucht wurde
(n=350).
Überschreitungen [%]
15,0
10,0
19
5,0
169
38
110
75
14
4
E.coli
(n=5.496)
Enterococci
(n=1.096)
0,0
Legionella
(n=350)
Bild 13:
KBE 36°C
(n=6.040)
Pseudomonas
(n=2.006)
Coliforme
(n=5.804)
KBE 20/22°C
(n=5.973)
0
Clostridium
(n=56)
Grenz-/Maßnahmewerte, die von den aufgeführten Parametern in Kaltwassersystemen von Trinkwasserinstallationen
in Deutschland zwischen 2003 und 2009 überschritten wurden. Das Diagramm ist nach dem Prozentanteil der Überschreitungen sortiert. Über jedem Balken ist die absolute
Anzahl der Proben aufgeführt, die die Grenz-/Maßnahmewerte
überschritten haben. Wegen der fehlenden Informationen zu
einzelnen Arten wurde der jeweilige übergeordnete Gattungsname verwendet.
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
59
In Warmwassersystemen (Bild 14) hingegen liegen die meisten Resultate für
Legionella spp. (n=19.184) vor, gefolgt von KBE 36 °C (n=2.096) u nd KBE
20/22 °C (n=2.093). Auf andere Mikroorganismen wie coliforme Bakterien
(n=244), E. coli (n=232) und Pseudomonas spp. (n=131) wurde nur selten
untersucht.
15,0
Überschreitungen [%]
2.369
10,0
110
5,0
3
5
4
11
0
0,0
Legionella
(n=19.184)
Bild 14:
KBE 36°C
(n=2.096)
Pseudomonas
(n=131)
Coliforme
(n=244)
KBE 20/22°C E.coli (n=232) Enterococci
(n=2.093)
(n=27)
0
Clostridium
(n=4)
Grenz-/Maßnahmewerte, die von den aufgeführten Parametern in Warmwassersystemen von Trinkwasserinstallationen in Deutschland zwischen 2003 und 2009 überschritten
wurden. Das Diagramm ist nach dem Prozentanteil der
Überschreitungen sortiert. Über jedem Balken ist die absolute
Anzahl der Proben aufgeführt, die die Grenz-/Maßnahmewerte
überschritten haben. Wegen der fehlenden Informationen zu
einzelnen Arten wurde der jeweilige übergeordnete Gattungsname verwendet.
KBE 36 °C überschreitet den Grenzwert in 5,2 % alle r Warmwasserproben. Das
Warmwassersystem erweist sich eher als günstig für das Wachstum von
Bakterien, die bei einer Temperatur von 36 °C wachs en, als das
Kaltwassersystem. Pseudomonas spp. (n=131) überschritt im Warmwasser in
2,3 % aller Untersuchungen den Grenzwert. In der gleichen Größenordnung lag
die Überschreitungsfrequenz für E. coli (2,2 %) und Coliforme (1,6 %). Weitere
Mikroorganismen überschritten die Grenzwerte ohne quantitative Relevanz.
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
60
Bezüglich der chemischen Parameter (Tab. 4) wird offensichtlich, dass diese
nicht so oft überprüft wurden wie die mikrobiologischen. Testergebnisse zu Blei
wurden mit n=3.539 am häufigsten ermittelt, gefolgt von Nickel mit n=3.484 und
Kupfer mit n=2.407. In 10,9 % aller Fälle überschreitet Nickel den vorgeschriebenen Grenzwert, Blei in 4,7 % aller Fälle. Das Limit für Kupfer wird in 1,2 %
der Proben nicht eingehalten, das für Eisen in 7,6 % der Proben.
Neben Blei und Eisen zeigte Mangan ein höheres Risiko, die vorgeschriebenen
Grenzwerte zu überschreiten, als andere chemische Parameter. Ein Anteil von
4,4 % war nicht richtlinienkonform, wobei der Parameter relativ selten getestet
wurde (n=250).
Die Temperatur im Warmwasser wird oft gemessen: 16.075 Ergebnisse wurden
für diesen Parameter gesammelt. Im Vergleich wurde im Kaltwassersystem die
Temperatur seltener erfasst (n=3.179). Die Parameter Trübung und pH-Wert
(n=402) wurden am seltensten gemessen. Die Warmwassertemperatur war in
47,9 % der Fälle unter dem gewählten Limit von 50 °C. Der Grenzwert von 25
°C im Kaltwassersystem wird in 3,5 % der Fälle über schritten. Der tolerierte
Bereich des pH-Wertes von 6,5-9,5 wird in 1,7 % der Proben nicht eingehalten
und das Limit für Trübung von 1,0 NTU wird in 2,1 % der Proben überschritten.
3.3
Zustand der Hausinstallation
Angaben zu den technischen Installationsparametern wurden in höchst
unterschiedlicher Form durch die UGB übermittelt. Dies umfasst alle
Möglichkeiten von der Aufzeichnung auf Papier bis zum digital aufbereiteten
Datensatz. Trotz der plausibel zusammengeführten Merkmale ergibt sich
bezogen auf die Gesamtzahl der einzelnen beobachteten Merkmale ein sehr
heterogenes Bild. Insgesamt wurden 71 unterschiedliche Merkmale durch die
UGB beobachtet.
Bei der Aufnahme von Rohrmaterialien wurden insgesamt 18 unterschiedliche
Materialien angegeben. Diese wurden in 9 Kategorien zusammengefasst (Bild
15). Vor allem bot sich hierbei die Kategorie Kunststoff an, da einige UGB
genaue Angaben zur Art des Kunststoffmaterials machten (z.B. PE, PTFE oder
PVC), andere wiederum nur die Kategorie „Kunststoff“ verwendeten. Daher
wurden alle Kunststoffmaterialien unter diesem Oberbegriff zusammengefasst.
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
61
In der Kategorie „sonstiges“ wurden Materialien erfasst, die entweder quantitativ
wenig Relevanz besaßen (n ≤ 2) oder keine definitive Materialdefinition
beinhalteten wie die Kategorie „sicher kein verzinktes Eisen“ (n=30; 2,6 %). In
einigen Gebäuden wurden mehrere Leitungsmaterialien gefunden und
aufgeführt. Da hier nicht immer der prozentuale Anteil angegeben werden
konnte, wurden die erfassten Materialien als deskriptive Beobachtung ohne
quantitative Wertung in die Datenbank aufgenommen. Die Nennung eines
Merkmals lässt daher keine Rückschlüsse auf die Länge des verbauten
Leitungsmaterials in der Trinkwasserinstallation zu. Von den insgesamt n=1137
Nennungen entfällt der größte Anteil auf Kupfer (52 %), gefolgt von verzinktem
Eisen (14 %) und Kunststoff (13 %). Weitere verbaute Materialien sind Stahl (7
%), Edelstahl, verzinkter Stahl und Eisen (jeweils 3 %). In einer von hundert
Trinkwasserinstallationen sind in Deutschland Bleileitungen zu finden.
Nennungen verbauter Rohrmaterialien in der Hausinstallation
Blei
1%
n=1.137
sonstiges
4%
verzinkter Stahl
3%
Kupfer
52%
Edelstahl 3%
Eisen 3%
Stahl 7%
Kunststoff
13%
Bild 15:
verzinktes Eisen
14%
Verbaute Rohrleitungsmaterialien
stallation
in
der
Trinkwasserin-
In 87 % der untersuchten Einrichtungen wurde keine Desinfektion zur
Aufbereitung des Trinkwassers innerhalb der Hausinstallation genutzt (Bild 16).
Die Einrichtungen, die auf eine Desinfektion des Trinkwassers zurückgreifen
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
62
(13 %), nehmen vor allem nicht genauer beschriebene Desinfektionsmaßnahmen in Anspruch, die von den UGB nur im Begriff „sonstige“ zusammengefasst wurden. Die thermische Desinfektion, Chlorung und die UV-Bestrahlung
besitzen mit 4 %, 3 % bzw. 2 % in etwa gleich starke Bedeutung.
In Tab. 5 sind sechs der insgesamt 71 technischen Merkmale aufgeführt. Diese
stellen Beispiele für die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der
Technik dar. Eine Wartung der Hausinstallation findet in 34 % der Gebäude
nicht statt (n=489). In 65 % der Gebäude wurden nicht rückgebaute Totstränge
entdeckt (n=327). 56 % der Betreiber geben an, nach einer Nutzungsunterbrechung keine Spülung der Leitungen durchzuführen (n=290). Eine
fehlende Isolation der Leitungen wurde in 33 % der Fälle notiert (n=282). Die
geforderte 5-K-Regel (der Rücklauf des Warmwassers in einer Hauszirkulation
darf max. 5 Kelvin kälter sein als der Vorlauf) wird in 36 % der Einrichtungen
nicht eingehalten (n=116). 21 % der Gebäude (n=337) verfügen nicht über
einen Hochheizspeicher, der das Trinkwasser täglich auf mindestens 60 °C
erhitzt.
Desinfektion in der Trinkwasserinstallation
thermisch
4%
sonstige
3%
nicht vorhanden
87%
vorhanden
13%
UV
2%
Chlor
3%
n=300
Bild 16:
Bei
der
Desinfektion in der Trinkwasserinstallation
Berechnung
von
Korrelationen
unter
den
mikrobiologischen,
chemischen und physikalischen Parametern ergibt sich ein leichter, signifikanter
Zusammenhang zwischen einerseits Legionellen und Warm- bzw. Kaltwassertemperatur andererseits (p < 0,001; r > 0,3). Der Zusammenhang zwischen
Legionellen und Kaltwassertemperatur ist dabei stärker (p=0,000; r=0,406;
n=167) als jener zwischen Legionellen und Warmwassertemperatur (p=0,000;
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
63
r= 0,322; n=5.742). Weitere leichte statistische Zusammenhänge ergaben sich
bei E.coli und coliformen Bakterien (p=0,000; r=0,292; n=7.571) sowie KBE
20/22 °C und KBE 36 °C (p=0,000; r=0,368; n=10.111) . Für mikrobiologische
Parameter ergaben sich keine weiteren Zusammenhänge.
Tabelle 5:
Ausgewählte technische Merkmale
Installation und ihres Betriebs
der
Trinkwasser-
Wartung Trinkwasser-Installation allgemein
Keine
eigenes Personal/Hausmeister
Fachfirma/Installateur
Fachfirma und Hausmeister
Sonstige
n=498
162
49
211
55
21
[%]
32,5
9,8
42,4
11,0
4,2
Totstränge
Vorhanden
nicht vorhanden
n=327
212
115
64,8
35,2
Spülung Trinkwasser-Installation nach
Nutzungsunterbrechung
Ja
Nein
n=290
127
163
43,8
56,2
Isolation der Leitungen
Vorhanden
nicht vorhanden
n=282
189
93
67,0
33,0
5-K-Regel
Eingehalten
nicht eingehalten
n=116
74
42
63,8
36,2
Hochheizspeicher - täglich 60 °C
Ja
Nein
n=337
266
71
78,9
21,1
Um weitere signifikante Risikofaktoren für mikrobiologische Kontaminationen zu
bestimmen, wurde für alle installationstechnischen Merkmale das Relative
Risiko (RR) für eine Kontamination mit jedem mikrobiologischen Parameter
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
64
berechnet (Tab. 6). Das RR vergleicht das Risiko zur Ausprägung eines
Merkmals einer gegenüber einem bestimmten Risikofaktor exponierten Gruppe
mit dem entsprechenden Risiko einer gegenüber diesem Risikofaktor nicht
exponierten Gruppe. Es wird das Verhältnis der Wahrscheinlichkeiten
angegeben.
RR = Risiko exponierte Gruppe / Risiko nicht exponierte Gruppe
mit
RR > 1: erhöhtes Risiko durch Risikofaktor
RR = 1: kein Effekt
RR < 1: protektive Wirkung des ‚Risikofaktors’
Tabelle 6:
Parameter
Signifikante relative Risiken durch installationstechnische
Merkmale für mikrobiologische Kontaminationen
Einflussfaktor
RR
95 %Konfidenzintervall
untere
obere
Grenze
Grenze p
Legionella spp. Wassertemperatur
Kendall-τ p < 0,001, r > 0,3
Wasseraufbereitung im Haus
2,01
1,41
2,86
0,000
312
Feuerlöschleitungen
1,75
1,15
2,67
0,011
270
Kunststoffrohre verbaut
1,47
1,06
2,05
0,025
610
Zirkulationsleitung
3,16
1,04
9,57
0,021
302
Filter vorhanden
aber: wenn Filter mit
Prüfzeichen
1,97
1,00
3,87
0,033
292
0,50
0,26
0,97
0,047
87
Hochheizspeicher täglich 60 °C 0,65
0,44
0,96
0,038
315
2,60
1,55
4,37
0,000
166
2,69
1,64
4,42
0,000
200
7,75
2,39
25,11
0,000
245
Eisenrohre verbaut
6,26
1,83
21,51
0,002
301
Wasseraufbereitung im Haus
2,87
1,55
5,29
0,000
408
L. pneumophila Feuerlöschleitungen
Kunststoffrohre verbaut
Pseudomonas
spp.
Wasseraufbereitung im Haus
KBE 36 °C
n
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
65
Für Legionella spp. konnten insgesamt acht signifikante Einflussfaktoren
identifiziert werden. Statistisch relevante Risikofaktoren konnten zudem für die
mikrobiologischen Parameter L. pneumophila, Pseudomonas spp. und KBE
36 °C festgestellt werden. Das höchste RR ergab sic h bei einer im Haus
vorhandenen Wasseraufbereitung für das Risiko einer Überschreitung des
vorgeschriebenen Grenzwerts für Pseudomonas spp. (RR=7,75). Der Faktor
„Wasseraufbereitung im Haus“ wird hier so charakterisiert, dass Anlagen zur
Enthärtung, zur Enteisenung, zur Trinkwasserbehandlung mit Wasserzusätzen
u. a. unter diesem Begriff zusammengefasst werden. Die Wasseraufbereitung
wird für alle vier aufgeführten mikrobiologischen Parameter als Risikofaktor
identifiziert. Das RR für eine Überschreitung des Maßnahmewertes für
Legionella spp. ist neben der Wasseraufbereitung (RR=2,01) für Zirkulationsleitungen (RR=3,16), Feuerlöschleitungen (RR=1,75), Kunststoffrohre (RR=1,47)
und Filter (RR=1,97) erhöht. Hingegen können Filter mit Prüfzeichen (RR=0,50)
und ein tägliches Hochheizen auf mindestens 60 °C ( RR=0,65) das Risiko auf
Legionellenkontaminationen verringern. Der Maßnahmewert für L. pneumophila
wird vor allem bei vorhandenen Feuerlöschleitungen im Haus überschritten
(RR=2,60), wobei die Art der Feuerlöschleitung (nass, trocken, nass/trocken)
hierbei keine Rolle spielt, was leicht vom Einbau von Kunststoffrohren
(RR=2,69) übertroffen wird. Ein hohes Risiko für einen Nachweis von Pseudomonaden bieten Eisenrohre in der Hausinstallation (RR=6,26).
Differenziert man die mikrobiologischen Beanstandungen der Trinkwasserqualität nach den unterschiedlichen Gebäudenutzungen, so fällt zunächst eine
sehr unterschiedliche Verteilung der Probenanzahl auf die einzelnen
Einrichtungsarten auf (Tab. 7). In Krankenhäusern wurden beispielsweise in
n=90 Gebäuden n=1.033 Proben auf KBE 36 °C, in Gast stätten hingegen
n=312 Proben in n=308 Gebäuden gezogen. Dies spiegelt den Bearbeitungsstand sowie die Priorisierung der Einrichtungen hinsichtlich Begehungen bzw. Beprobungen wider (siehe Kap. 3.1). Die Kontamination mit
hygienisch relevanten mikrobiologischen Parametern nach Gebäudenutzung ist
ebenfalls unterschiedlich.
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
66
Tabelle 7:
Probenzahl
und
Überschreitungen
Parameter nach Gebäudenutzung
Gebäudenutzung
E.coli
N
911
1634
1076
991
300
335
224
2859
%
0,0
0,5
0,4
0,2
0,7
0,0
0,4
0,1
KBE20/22
°C
n
%
1037
1,6
2197
0,8
1638
0,7
1390
0,3
312
5,8
333
3,3
521
1,5
3441
0,4
1,8 8330
0,3
10869
Coliforme
n
%
Krankenhaus/Klinik 913
1,6
Alten-/Pflegeheim 1647 1,0
Kindergarten/Kita
1393 1,1
Schule
990
0,9
Gaststätte
302
4,6
Hotel
338
1,5
Sportstätte
220
0,9
Sonstige
2849 0,9
Gesamt
8652
KBE36 °C
n
%
1033
4,5
2194
2,4
1702
3,6
1387
2,4
312
5,8
333
6,0
520
3,8
3447
1,2
1,2 10928
mikrobiologischer
Pseudomonaden
n
%
670
7,2
1223
1,3
758
0,5
200
2,0
5
0,0
118
5,9
51
3,9
443
0,6
3,5 3468
2,9
Legionellen
n
%
2664 13,8
4415 8,2
1653 16,9
1953 24,5
50
4,0
1047 7,1
1204 12,0
9800 5,3
22786 12,8
Betrachtet man den Anteil der Gebäude, in denen der Grenz- bzw.
Maßnahmewert eines Parameters mindestens ein Mal überschritten wurde, so
wird erkennbar, dass der Nutzungstyp „Krankenhaus“ am häufigsten betroffen
ist (Bild 17). Besonderes Augenmerk ist auf Kontaminationen mit Legionellen (≥
100 KBE/100ml) zu lenken, welche in Krankenhäusern (46,2 % der Gebäude),
Schulen (27,8 %), Alten-/Pflegeheimen (23,6 %) sowie Kindergärten und Kitas
(21,9 %) hohe Werte erreichen.
Pseudomonaden werden vor allem in Krankenhäusern nachgewiesen. Bei 31,1
% der Gebäude wurde bereits mindestens ein Mal im Zeitraum 2003 bis 2009
eine Kontamination mit Pseudomonaden nachgewiesen. Dies liegt deutlich über
dem durchschnittlichen Wert aller Gebäude (5,2 %). Insgesamt schneiden
Krankenhäuser in der mikrobiologischen Gesamtbeurteilung am schlechtesten
ab, was die besondere Bedeutung dieser Nutzungsart in der hygienischen
Trinkwasserüberwachung unterstreicht.
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
67
Anteil der Gebäude [%]
Anteil der Gebäude mit einer Überschreitung des Grenz-/Maßnahmewertes
50
45
40
35
30
25
20
15
10
5
0
Coliforme
E.Coli
KBE20/22°C
KBE36°C
Pseudomonaden Legionellen
Überschreitungen gesamt
Krankenhaus
(n=90)
Alten-/
Kindergarten
Pflegeheim
(n=438)
(n=928)
Schule
Gaststätte
Hotel
Sportstätte
(n=703)
(n=308)
(n=254)
(n=358)
Gebäudenutzung
Bild 17:
Anteil der Gebäude, in denen der Grenz- bzw. Maßnahmewert
eines Parameters mindestens ein Mal überschritten wurde
Bei der Berechnung des RR wird die besondere Relevanz der Krankenhäuser
noch einmal unterstrichen (Tab. 8). Zur genaueren Betrachtung der Pathogenen
wurden verfügbare Daten zu den Arten Legionella pneumophila bzw.
Pseudomonas aeruginosa aus dem bestehenden Datensatz herausgefiltert und
den einzelnen Gebäudenutzungen zugeordnet. Die RR im Vergleich zu den
Gattungen Legionella (RR=2,94) und Pseudomonas (RR=8,20) ändern sich mit
RR=3,34 bzw. RR=6,40 nur leicht. Außer bei E. coli zeigt das Krankenhaus die
höchsten RR im Vergleich zu anderen Nutzungen und weist damit das höchste
Risiko eines Nachweises mikrobieller Kontaminationen auf.
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
68
Tabelle 8:
Signifikant erhöhte relative Risiken (RR) für mikrobiologische
Kontaminationen einzelner Gebäudenutzungen (im Vergleich
zu allen anderen Gebäudenutzungen) (Signifikanzkriterien: p
< 0,05, RR > 1,5)
Krankenhaus
RR
Coliforme
5,09
KBE 20/22 °C
6,25
KBE 36 °C
6,88
Pseudomonaden 8,20
P. aeruginosa
6,40
Legionellen
2,94
L.pneumophila 3,34
Alten-/Pflegeheim RR
KBE 36 °C
1,52
L. pneumophila
1,50
Gaststätte
Coliforme
KBE 20/22 °C
Kindergarten/Kita RR
E.coli
3,61
RR
2,52
2,44
4
Diskussion
4.1
Die behördliche Überwachungspraxis
Die bundesweite Befragung der unteren Gesundheitsbehörden zur behördlichen Praxis des § 18 TrinkwV 2001 verlief trotz einiger unvorhergesehener
organisatorischer Probleme (z.B. benötigte Genehmigungen zur Teilnahme
durch Landkreistage/Ministerien), welche den Rücklauf verzögerten, erfolgreich.
Aus allen Bundesländern konnten beantwortete Fragebögen in die Auswertung
einfließen. Der Gesamtrücklauf des Fragebogens von rund 38 % ist für eine
derartige postalische Befragung sehr zufriedenstellend und aufgrund seiner
räumlichen Verteilung als repräsentativ für Deutschland anzusehen. Die
begründeten Absagen zeigen zudem einen Zeit- und Personalmangel bei den
UGB an, der auch für die fehlenden Reaktionen weiterer UGB ursächlich sein
mag.
Das zu bewältigende Arbeitspensum in der Trinkwasserüberwachung ist unter
den UGB recht verschieden, wie sich in der Anzahl und Art der öffentlichen
Gebäude (Bild 4) und der durchschnittlichen Zahl der Probenahmestellen je
Gebäude (Bild 6) zeigt. Gemessen an der Zahl der öffentlichen Gebäude im
Zuständigkeitsbereich der einzelnen UGB (Bild 3) ist der Anteil der zwischen
2003 und 2006 bereits überwachten Einrichtungen dementsprechend weit
gestreut (Bild 19). Rein rechnerisch haben bereits 16 UGB (13 % aller UGB, die
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
69
zu beiden Fragen Angaben machten) jedes Gebäude innerhalb dieses
Zeitraums von vier Jahren mindestens ein Mal untersucht. Die Zahl der UGB,
bei denen die Rate (zwischen 2003 und 2006 untersuchte Gebäude /
Gesamtzahl öffentlicher Gebäude) unter 50 % liegt, beträgt 110 UGB (88 %
aller antwortenden UGB); davon liegen 41 UGB (33 %) sogar unter 10 % der zu
überwachenden Gebäude.
Bild 18:
Rückmeldungen
der
unteren
Fragebogen je Bundesland
Gesundheitsbehörden
per
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
70
Anteil der beprobten Gebäude 2003-2006 an der
Gesamtzahl der Gebäude im Zuständigkeitsbereich der UGB
250
beprobte Gebäude [%]
200
150
100
50
0
UGB [n=124]
Bild 19:
Anteil der zwischen 2003 und 2006 beprobten Gebäude an der
Gesamtzahl öffentlicher Gebäude im Zuständigkeitsbereich
der UGB unter Vernachlässigung zweier Extremwerte mit
über 700 %
Setzt man die angegebene Zahl der jährlich zu überwachenden Gebäude als
Soll (für den Zeitraum 2003-2006 vierfach) an und die Zahl der zwischen 2003
und 2006 tatsächlich überwachten Gebäude als Soll-Erfüllung dagegen, so
ergibt sich ein ähnliches Bild (Bild 20): 19 von 122 UGB (16 %) haben in diesen
vier Jahren mindestens die geplante Zahl an Gebäuden begangen und somit ihr
gestecktes Ziel erreicht. Weitere 30 UGB (25 %) liegen mit ihrer Beprobung
zwischen 75 und 99 % der geplanten Begehungen für die Jahre 2003 bis 2006.
Die Umsetzung von weniger als einem Viertel des Solls der geplanten zu
überwachenden Gebäude trifft nur bei 10 UGB (8 %) zu. In dieser Betrachtung
ist wiederum nicht zu vernachlässigen, dass es sich anhand der Angaben um
konstruierte Raten handelt und gerade die Zahl der aktuell geplanten
Überwachungen nicht mit den Planungen der vergangenen Jahre identisch sein
muss, wie für diese Betrachtung angenommen. Dennoch veranschaulicht die
Berechnung das breite Spektrum, welches den Stand der Umsetzung der
TrinkwV 2001 bundesweit charakterisiert und vor allem den immensen
Aufwand, den die UGB aufgrund der Novellierung bewältigen müssen.
Ein weiterer Aspekt, den diese Analyse anspricht, ist das zur Verfügung
stehende Personal. Zwar stehen den UGB durchschnittlich drei Mitarbeiter zur
Verfügung, die Angabe ist jedoch insofern differenziert zu betrachten, als dass
man die unterschiedliche Größe der einzelnen Behörden sowie der einzelnen
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
71
Kreise und kreisfreien Städte mit einbeziehen muss. Eine Behörde mit einer
geringen Bevölkerungs- bzw. Gebäudezahl im Zuständigkeitsbereich benötigt
eine geringere Anzahl von Mitarbeitern zur Bewältigung der Aufgaben, als eine
Behörde mit einer großen Bevölkerungs- bzw. Gebäudezahl. Dieser Aspekt
wird in Bild 8 nicht berücksichtigt; die angegebenen Zahlen sind nur absolut
ausgewertet. Generell sind die neuen Aufgaben der TrinkwV 2001 mit dem
derzeit verfügbaren Personal in den UGB nur schwer pflichtgemäß und
umfassend zu erfüllen.
UGB
Anteil der durchgeführten an den geplanten Begehungen
0
50
100
150
200
250
300
350
400
450
500
550
600
650
700
Anteil durchgeführter an geplanter Begehung [%]
Bild 20:
Differenz von zwischen 2003-2006 bereits durchgeführten und
geplanten Gebäudebegehungen
Die Erhebung der regelmäßig beprobten Parameter zeigt, dass ein
weitgehender Konsens bezüglich der Erhebung der wichtigsten hygienischmikrobiologischen und chemischen Parameter besteht. Die Bestandsaufnahme
erfasster gebäudetechnischer, installationstechnischer und Nutzungsmusterbezogener Daten zeigt hingegen eine breite Streuung der Merkmale und damit
Abstimmungsbedarf für ein einheitliches Vorgehen im Rahmen der
Trinkwasserüberwachung an. Einen Beitrag dazu können die auf der Grundlage
der eingegangenen Checklisten einzelner UGB und den Ergebnissen der
vorliegenden Studie erstellten „Meta“-Checklisten leisten (siehe Anhang). Für
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
72
weitergehende Untersuchungen, Analysen und Interpretationen bedeutete die
unterschiedliche Datenerhebung eine vor allem datentechnische Schwierigkeit.
4.2
Trinkwasserqualität
Bei der Betrachtung des mikrobiologischen Status der Trinkwasserinstallationen
in Deutschland zeigt sich, dass Legionella spp. in Kaltwassersystemen nicht
sehr oft untersucht wurde, da der Mikroorganismus normalerweise mit Warmwasser assoziiert wird. Die UGB erheben Legionellenproben in Kaltwasserproben zumeist, wenn bereits im Warmwassersystem eine Kontamination
festgestellt wurde, um eine gesamtsystemische oder eine lokale Kontamination
zu erkennen.
Die hohe Zahl von Proben auf Legionella spp. sowie KBE 20/22 °C und KBE
36 °C zeigt einen klaren Fokus der UGB einerseits a uf Legionellen im
Warmwassersystem, andererseits die Erfassung von einfachen Indikatorparametern, um hygienisch relevante Kontaminationen bzw. Veränderungen in
Trinkwasserinstallationssystemen zu erkennen.
Legionella spp. ist der Mikroorganismus im Warmwasser, der am häufigsten
nachgewiesen wurde: 12,3 % aller Proben überschritten 100 KBE/100 ml. Nur
wenige Studien thematisieren die Überschreitung von Grenz- / Maßnahmewerten. Insofern ist es schwierig, Vergleiche zu ziehen. Studien in Italien und
Deutschland zeigten Nichteinhaltungen von technischen Maßnahmewerten für
Legionella spp. in 12,3 % bzw. 12 % aller Proben (Borella et al., 2004; Wricke et
al., 2008), was sich mit den Ergebnissen der vorliegenden Studie deckt. Das
grundsätzliche Vorkommen von Legionella spp. in Trinkwasserproben wurde in
den USA (30 %), Finnland (30 %), Deutschland (26 % bzw. 12 %) und Italien
(23 %) ermittelt (Arnow et al., 1985; Borella et al., 2004; Mathys et al., 2008;
Zacheus und Martikainen, 1994; Zietz et al., 2001). Auch diese Ergebnisse sind
ähnlich dem grundsätzlichen Vorkommen von Legionella spp. in 25,2 % in der
vorliegenden Studie (n=22.786).
Die Warmwassersysteme aller Trinkwasserinstallationen bieten Legionella spp.
zum Teil günstige Lebens- und Wachstumsbedingungen. Nur 20-25 % aller
Infektionen mit Legionellen sind krankenhausassoziiert (Sabria and Yu 2002;
Marston et al., 1994). Auch in Deutschland stellen Privathaushalte und Hotels
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
73
Orte mit einem Risiko für potentielle Infektionen dar (Mathys et al., 2008; RKI,
2005).
Im Warmwasser überschreitet Pseudomonas spp. in 2,3 % der übermittelten
Untersuchungsergebnisse den Grenzwert. Das ist noch häufiger als im
Kaltwassersystem. Hierzu ist allerdings einschränkend anzumerken, dass nur
wenige Messwerte für Pseudomonas spp. im Warmwasser vorhanden waren.
Pseudomonas spp. scheint vor allem dann im Warmwasser gemessen zu
werden, wenn bereits Kontaminationen für diesen Parameter im Kaltwasser
festgestellt werden konnten. Pseudomonas spp. besitzt die Eigenschaft, auch
unter ungünstigen äußeren Bedingungen zu überleben: der Mikroorganismus
wächst z.B. selbst noch bei einer Temperatur von + 42 °C (Drenkard und
Ausubel, 2002; Hardalo und Edberg, 1997; Schwartz et al., 2003). In der
Gesamtübersicht ist der höhere Anteil von Proben, die den Grenzwert überschreiten, teilweise mit der fehlenden oder unklaren Zuordnung von
Pseudomonas spp. zum Kalt- bzw. Warmwasser zu erklären (Tab. 4).
Die hohe Zahl der Untersuchungen zeigt, dass Blei, Nickel und im Allgemeinen
im Fokus der UGB sind. Kupfer wird nicht so häufig getestet wie die anderen
beiden Parameter, da vorgeschrieben ist, nur diejenigen Trinkwasserinstallationen auf Kupfer zu testen, die einen pH-Wert von weniger als 7,4
aufweisen.
Nickel gelangt vornehmlich durch stagnierendes Wasser in verchromten
Trinkwasserarmaturen am Ende der Wasserversorgungskette in das
Trinkwasser (Andersen et al., 1983; Werner und Klinger, 2009). Der Grenzwert
für einen tolerablen Konsum dieses Schwermetalls wird mit 12 µg/kg
Körpergewicht angegeben (WHO, 2008). Die Qualität von Armaturen ist daher
ein wichtiger Aspekt bezüglich möglicher Kontaminationen mit Nickel und
Gesundheitsbelange sollten mit Armaturenherstellern diskutiert werden.
Blei ist für seine toxische Wirkung ab einer Blut-Blei-Konzentration von 10 µg/dl,
vor allem für kleine Kinder, bekannt, da es u.a. einen signifikanten Effekt auf die
Nierenfunktion haben kann (Canfield et al., 2003). Die Verwendung von
Bleirohren in der Trinkwasserinstallation wurde in Deutschland 1973 verboten,
nachdem Studien die Toxizität von Blei nachgewiesen hatten (z.B. Schwerd,
1960). In der vorliegenden Studie überschreitet Blei noch immer in 4,7 % aller
74
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
Fälle den vorgegebenen Grenzwert. Dies ist im Bereich der Resultate anderer
Studien aus Deutschland (Zietz et al., 2007), was die fortbestehende Existenz
von Bleirohren in einer nicht unbeträchtlichen Zahl von Trinkwasserinstallationssystemen anzeigt, die das Trinkwasser mit Blei kontaminieren. In
knapp 1 % aller Gebäude, zu denen hausinstallationstechnische Parameter
vorliegen, können noch immer Bleileitungen gefunden werden (siehe Bild 15),
was den noch immer präsenten Handlungsbedarf zeigt, Bleileitungen zu
ersetzen.
Das am häufigsten verwendete Installationsmaterial ist Kupfer mit ca. 52 %. Im
Vergleich zur vorliegenden Studie, bei der vornehmlich öffentliche Gebäude im
Fokus der Untersuchung standen, konnten Zietz et al. (2003) in Privathaushalten bei etwas weniger als 1 % aller Proben Grenzwertüberschreitungen für
Kupfer feststellen. Das liegt leicht unter dem Wert der vorliegenden Studie (1,2
%). Einerseits ist offensichtlich, dass der pH-Wert im Trinkwasser in
Deutschland in der Regel über 7,4 liegt, da nur sehr wenige Grenzwertüberschreitungen festgestellt wurden und eine viel geringere Probenzahl als bei
Blei und Nickel vorliegt. Andererseits scheinen mit zunehmendem Alter der
Trinkwasserinstallation die Kupferlegierungen weniger anfällig gegenüber
Korrosion zu werden (Zietz et al., 2003). Das Risiko eines Trinkwasserinstallationssystems, mit Kupfer oder Cadmium kontaminiert zu werden, erweist
sich als weniger wahrscheinlich als für Nickel, Blei oder Eisen. Bestimmte
Parameter wie Mangan, Eisen und Cadmium scheinen isolierte Vorkommen in
einzelnen Gebäuden darzustellen. Sie verursachen demnach keine beträchtlichen Gesundheitsprobleme bezüglich der Wasserqualität.
Das Risiko des Legionellenwachstums sinkt bei höheren Temperaturen (u.a.
Mouchtouri et al., 2007). Zur Bestimmung eines Grenzwertes wurde in dieser
Studie der niedrigste für die Warmwassertemperatur genannte, aufgeführt in
den DVGW-Arbeitsblättern, ausgewählt, um der heterogenen Datenqualität
Rechnung zu tragen. Dieser Wert ist für Kleinanlagen formuliert, jedoch
aufgrund der Qualität der Daten war es im Allgemeinen nicht möglich, zwischen
Groß- und Kleinanlagen zu unterscheiden. Nach den Richtlinien sollte die
Temperatur in Großanlagen nicht unter eine Temperatur von 55 °C fallen. Wenn
dieser Grenzwert in Betracht gezogen würde, wäre die Rate der Nichteinhaltung
noch höher (66,0 %).
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
75
In einer Studie in größeren Gebäuden wurde beobachtet, dass bei einer
Temperatur von 55 °C das Wachstum von Legionella spp. unterbunden wird
(Darelid et al., 2002). Die kritische Temperaturspanne für Legionellen liegt bei
55-60 °C (Arnow et al., 1985). Größere Kontaminatio nen wurden ab einer
Temperatur von unter 50 °C gefunden (Codony et al., 2002). Nach dem
ASHRAE Standard (2000) ist die Temperaturspanne, die das Wachstum von
Legionellen begünstigt, zwischen 25 und 42 °C und k ann in ungünstigen Fällen
auch im Kaltwassersystem vorzufinden sein. Wenn die Temperatur von dieser
Spanne abweicht, werden die Wachstumsbedingungen schlechter. Mathys et
al. (2008) ermittelten einen starken Zusammenhang zwischen Legionella spp.
zahlen und der Warmwassertemperatur.
Offensichtlich, wie in der vorliegenden Studie gezeigt, reicht eine Temperatur
von 50 °C nicht aus, um eine Trinkwasserinstallatio n vor dem Wachstum von
Legionella spp. zu schützen (Bild 21). Selbst der Grenzwert für größere
Trinkwasserinstallationen (55 °C) zeigte vereinzelt hohe (>1000 KBE/100 ml)
und sogar extrem hohe (>10.000 KBE/100 ml) Kontaminationslevel. Der
interessante Temperaturbereich liegt zwischen 50 und 60 °C, in dem sich die
festgeschriebenen Grenzwerte der Richtlinien befinden. Über einer Temperatur
von 50 °C sinkt generell die Zahl der Proben mit ho hem Kontaminationslevel,
aber Legionella spp. kann weiterhin über den vorgeschriebenen
Maßnahmewerten (Exner et al., 2009) gefunden werden. Über 60 °C nimmt das
Vorkommen deutlich ab. Über 65 °C können keine extr em hohen
Kontaminationen gefunden werden und über 70 °C wird der Maßnahmewert
nicht überschritten. Bezüglich der vorhandenen Daten bleibt unklar, ob die
Kontaminationsfälle unter 25 °C und über 60 °C syst emische oder isolierte,
lokale Vorkommen darstellen. Bei der Interpretation der Daten ist zu bedenken,
dass sowohl für Legionellenkontaminationen als auch für Wassertemperaturen
in der Regel nur Momentaufnahmen voliegen; insofern können instabile
Temperaturverhältnisse durchaus den Nachweis von Legionella spp. bei
punktuell regelkonformen Temperaturen erklären.
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
76
Konzentration von Legionella sp. [KBE/100ml]
100000
10000
1000
100
10
1
0
0,1
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
Wassertemperatur [°C]
(n=15.490)
Bild 21:
Punktwolke des Verhältnisses zwischen Legionella spp. und
Warmwassertemperatur. Jeder Punkt zeigt die Zahl von
Legionella spp. [KBE/100 ml] und die Temperatur [°C], die an
der gleichen Zapfstelle während der gleichen Probenahme
gemessen wurde. Die beiden gestrichelten Linien stellen den
Maßnahmewert für Legionella spp. bei 100 KBE/100 ml und
die Warmwassertemperatur von 50 °C dar (Erläuterung im
Text). Die Zahl von Legionella spp. verringert sich signifikant
oberhalb einer Temperatur von 60 °C.
Einige Einschränkungen bezüglich der Analyse müssen beachtet werden. Bei
der Erfassung musste auf die Daten zurückgegriffen werden, die durch die UGB
übermittelt wurden. Die Probenzahl je Gebäude war unterschiedlich je nach
Nutzungsart und zuständiger Behörde. Dies spiegelt die unterschiedliche
Priorisierung der UGB von einzelnen Gebäudetypen, wie im Zuge der schriftlichen Befragung angegeben, wider. Die Qualität der Daten und die Überwachungsintensität unterscheiden sich deutlich zwischen den UGB. Einige UGB
nutzen lediglich den Gattungsbegriff Legionella spp. oder Pseudomonas spp.,
andere stellen detailliertere Daten zu Arten wie Legionella pneumophila oder
Pseudomonas aeruginosa zur Verfügung. Für die Analyse mussten die Mikroorganismen zum Teil im generalisierten Gattungsbegriff zusammengefasst
100
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
77
werden. Die UGB machten nicht zu allen im Fragebogen aufgeführten
Parametern entsprechende Angaben. Einige UGB machten beispielsweise nur
Angaben zu einem einzigen Parameter (Legionella spp.). Die Probenahmestellen wurden nicht immer genau beschrieben, so dass das Wassersystem
nicht immer identifiziert werden konnte. Proben, die weder dem Warm- noch
dem Kaltwassersystem zugeordnet werden konnten, wurden in die Kategorie
„undefiniert“ aufgenommen. Einige Proben wurden nach Angabe einer UGB aus
Mischwasser gezogen.
4.3
Zustand der Hausinstallation
Mikrobielle Kontaminationen in Trinkwasser-Installationen werden heute als
multifaktorielles Geschehen verstanden, bei dem Fehler von Planung,
Installation und Inbetriebnahme, ungeeignete Betriebsweise, Betriebsunterbrechungen, Bauarbeiten, Verwendung ungeeigneter Materialien, fehlende
Durchströmung, ungenutzte Leitungsstränge und falsche Temperaturen (zu
hohe Temperaturen im Kaltwasser bzw. zu kaltes Warmwasser) zusammenwirken (UBA, 2006b; UBA, 2006c; Wingender, 2009; Borella et al., 2004;
Codony et al., 2002). Die wichtigsten Aspekte zu Prävention und Kontrolle
mikrobieller Kontaminationen gemäß den allgemein anerkannten Regeln der
Technik sind in deutschen sowie europäischen Normen (DIN 1988, DIN EN
806, DIN EN 1717), DVGW-Arbeitsblättern (W 291, W 404, W 551, W 553) und
der VDI-Richtlinie 6023 dargelegt.
Büschgens (2009) kritisiert im Bezug auf die Kontamination privater
Hausinstallationen mit Legionellen vor allem die Nicht-Einhaltung der allgemein
anerkannten Regeln der Technik. Die fehlende Einhaltung der allgemein
anerkannten Regeln der Technik konnte auch in der vorliegenden Studie
festgestellt werden. Dazu führt Büschgens u. a. den fehlerhaften Betrieb der
Trinkwasseranlagen, unzulässige Kurzschlüsse zwischen Trink- und Regenwasser sowie fehlende oder mangelnde Zirkulationsleitungen als Determinanten von mikrobiologischen Kontaminationen auf. Der häufige nicht
sachgemäße Betrieb von Zirkulationsleitungen erschließt sich anhand des RR
für Legionellenkontamination bei Einbau einer entsprechenden Leitung
(RR=3,16). Möglich ist auch eine unangemessene Dimensionierung.
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
78
Zu den allgemein anerkannten Regeln der Technik gehören u.a. die richtige
Werkstoff- und Produktauswahl, welche Gegenstand zahlreicher Regelwerke ist
(DVGW 2002). Die Prüfung der hygienischen Anforderungen der Werkstoffe
und Produkte selbst wird nach KTW-Empfehlungen und W 270 durchgeführt.
Bei der Berechnung des RR erwiesen sich in einer Trinkwasserinstallation
verbaute Kunststoffrohre mit erhöhten Werten als Risikofaktoren für eine
Kontamination mit Legionella spp. (RR=1,47) bzw. L. pneumophila (RR=2,69).
In 13 % aller untersuchten Gebäude wurden Kunststoffrohre verbaut; diese
bedürfen erhöhter Aufmerksamkeit bei der mikrobiologischen Beurteilung.
Einige
Regelwerke
und
Empfehlungen
befassen
sich
mit
weiteren
Einzelaspekten wie Filtern (DIN EN 13443-1), Sicherheitsarmaturen gegen
rückfließendes Wasser (DIN EN 1717), Schläuchen (W 543, VP 550) oder
Aspekten der Inbetriebnahme wie Druckprüfung, Spülen, Desinfektion und
Wartung (BHKS 5.001, 5.002, 5.003, ZVSHK-Merkblätter). Die Bedeutung der
Nutzung von Filtern mit Prüfzeichen wird durch die Berechnung der RRs
deutlich. Bei der Verwendung eines Filters ohne Information über das Vorliegen
eines Prüfzeichens, erhöht sich das Risiko einer Legionellenkontamination in
einem Gebäude auf das Doppelte (RR=1,97). Wenn jedoch nur die Filter in die
Berechnung einbezogen werden, die ein Prüfzeichen besitzen, verringert dich
das Risiko für eine entsprechende Kontamination des Trinkwassersystems auf
die Hälfte (RR=0,50). An diesem Beispiel wird deutlich, dass eine
Kontamination mit sachgemäßem Einsatz und Betrieb von Werkteilen
verhindert werden kann.
Fehlende Maßnahmen nach längeren Stagnationszeiten konnten in der
vorliegenden Studie als Risikofaktor identifiziert werden. Die Spülung der
Trinkwasserinstallation nach längeren Nutzungsunterbrechungen ist ein Mittel,
um auch mit geringer Expertise und kleinem finanziellen Aufwand präventiv
gegen das Vorkommen von pathogenen Keimen vorzugehen. In einer 2007
veröffentlichten Studie haben Lehtola et al. den Einfluss von Stagnation des
Trinkwassers im Leitungssystem auf die Trinkwasserqualität untersucht. Bei
Stagnationszeiten über 4 Stunden konnten signifikante Erhöhungen der
Kupferkonzentration und der Bakterienzahl im Wasser festgestellt werden, der
Anstieg der Zellzahlen gestaltete sich mit steigender Stagnationszeit linear
(Lehtola et al., 2007). Darüber hinaus erwies sich in einer Studie in
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
79
Griechenland der saisonale Betrieb mit einer Odds Ratio (OR) von 3,23 als
bedeutender Risikofaktor (Mouchtouri et al., 2007).
Kuhlmann und Winter (2009) betrachten Planung und Bau von Trinkwasserinstallationen. Eigentümer und Betreiber müssen mit der Installation vertraut
gemacht werden, damit Bauteile durch regelmäßige Wartung dauerhaft
funktionieren. Als hauptsächlichen Faktor, um die Ansiedlung und Vermehrung
von Mikroorganismen zu verhindern, nennen die Autoren den richtlinienkonformen Betrieb der Trinkwasserinstallation. Dazu zählen u. a. Entkopplung
der Trinkwasser- und Feuerlöschleitungen, Einschleifen selten oder nicht
genutzter Rohrleitungsabschnitte und die regelmäßige Wartung von wartungsbedürftigen Bauteilen. Dies spiegelt sich in der vorliegenden Studie wider. Zum
Einen findet in 152 von 498 Gebäuden keine ordnungsgemäße Wartung statt,
zum Anderen führt die Existenz einer Feuerlöschleitung, ungeachtet welchen
Typs, zu einer Erhöhung des Risikos für eine Kontamination mit Legionella spp.
(RR=1,75) bzw. L. pneumophila (RR=2,60).
Im Zuge des gestiegenen Kostendrucks auf öffentliche Einrichtungen wurde
u.a. das Einsparungspotential in der Trinkwasserversorgung entdeckt. Die
Warmwassertemperaturen werden von einigen Betreibern von Großanlagen
bewusst niedrig gehalten, um Energiekosten einsparen zu können, und entsprechen so nicht mehr den allgemein anerkannten Regeln der Technik. In
unserer Studie wiesen 47,9 % aller Probenahmestellen eine zu niedrige Warmwassertemperatur auf. Als Alternative zur Verhinderung mikrobiologischer Aufkeimungen wird die kontinuierliche Zudosierung von Desinfektionsmitteln
diskutiert. Diese Tendenz bildet sich auch in der vorliegenden Studie ab; bereits
13 % aller untersuchten Gebäude besitzen eine eigene Desinfektionsanlage.
Die kontinuierliche Dosierung wurde jedoch nicht abgefragt.
In einer Studie in Ostpolen konnte ein hoher Grad der Kontamination medizinischer Einrichtungen zur Hydrotherapie festgestellt werden (Stojek und
Dutkiewicz 2006). Weitere Studien bestätigen, dass insbesondere Trinkwasserinstallationen in medizinischen Einrichtungen Infektionsreservoirs für
Legionellen und P. aeruginosa darstellen können (Scaturro et al., 2007; Mena
et al., 2009; Trautmann et al., 2006; Trautmann et al., 2001; Aumeran et al.,
2007; Oberdorfer et al., 2008; Mouchtouri et al., 2007; Exner et al., 2007). Die
Fokussierung v.a. auf medizinische Einrichtungen als mögliche Gefahrenquelle
80
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
wird untermauert durch die Aufschlüsselung der mikrobiologischen Daten nach
Gebäudenutzung, welche zeigt, dass in Krankenhäusern überdurchschnittlich
häufig mikrobiologische Kontaminationen nachgewiesen werden. Hier besteht
neben Alten-/Pflegeheimen ein hohes Gefahrenpotential aufgrund der großen
Zahl eingeschränkt immunkompetenter Nutzer. Jedoch ist die Wahrscheinlichkeit der Entdeckung von Kontaminationen auch abhängig von Beprobungsfrequenz und Zahl der Probenahmestellen. Hieraus ergibt sich, dass die
Überwachung risikorelevanter Gebäude zum Teil noch ergänzungsbedürftig ist.
Am Kritischsten für eine mikrobielle Kontamination erweist sich jedoch die
Installation von Aufbereitungsanlagen. Diese erhöhen das Risiko nicht nur für
Legionellen (RR=2,01) und die allgemeine Koloniezahl bei 36 °C (RR=2,87)
signifikant, sondern fördern auch deutlich das Wachstum von Pseudomonas
spp. im Trinkwasserinstallationssystem (RR=7,75).
Stellvertretend für die Vielfalt der Bakterien wird das Trinkwasser auf die
Indikatorparameter Escherichia coli, coliforme Bakterien und die Gesamtzahl
der heterotrophen Bakterien (Allgemeine Koloniezahl bei 20 °C und 36 °C) hin
untersucht. Daneben werden Trinkwasser-Installationen, besonders in Einrichtungen mit immunsupprimierten Patienten, häufig auf Kontaminationen
durch die Pathogenen Legionella pneumophila und Pseudomonas aeruginosa
überprüft (Hauswirth, 2003; deVictorica und Galván, 2001; Völker et al., 2010).
Es hat sich gezeigt, dass in vielen Proben einer der beiden Krankheitserreger
nachweisbar ist, obwohl die Indikatorbakterien unterhalb der zulässigen
Konzentrationen vorliegen (Völker et al., 2010), so dass die direkte Kontrolle
der als problematisch erkannten Pathogenen aus hygienisch-medizinischer
Sicht unverzichtbar ist.
Der Nachweis von Bakterien im Trinkwasser beruht nach Vorgaben der TrinkwV
2001 auf kulturellen Methoden. Mit diesen können jedoch Dauerstadien
(Sporen) und Bakterien im VBNC-Zustand in der Regel nicht erfasst werden.
Hierfür ist die Anwendung molekularbiologischer Methoden notwendig (Lowder
et al., 2000; Madeddu et al., 2009).
Was den Umfang und die Häufigkeit der hygienisch-mikrobiologischen Untersuchungen betrifft, geben die einschlägigen Regelwerke (EN ISO 19458, W
551; Empfehlungen des Umweltbundesamtes) zur Wahl geeigneter
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
81
Probenahme-Stellen und -Intervalle keine detaillierte Auskunft. Probenahme
und Entnahmetechnik sind in DIN EN ISO 19458 und DIN 38402-14
beschrieben, die TrinkwV 2001 spezifiziert diesen Punkt nicht. Die Anzahl der
Probenahmestellen für Legionellen-Untersuchungen soll nach W 551 alle
Steigstränge, den Austritt sowie Eintritt am Trinkwasser-Erwärmer erfassen, bei
weitergehenden Untersuchungen ist es zusätzlich „angebracht, in einzelnen
Stockwerksleitungen (die Hinweise auf mögliche Kontamination bieten)
zusätzliche Proben zu nehmen“ sowie „aus Leitungsteilen, die stagnierendes
Wasser führen“ (DVGW-Arbeitsblatt W 551). Abgesehen davon, dass bei
bedarfsgerechter Planung keine Stagnation vorliegen sollte, ist die Kenntnis
über solche Stagnation oft mangelhaft. Die Zeitzyklen für Nachuntersuchungen
eine Woche nach Desinfektion oder Sanierung (DVGW-Arbeitsblatt W 551)
erfassen ein späteres erneutes Aufkeimen überlebender Organismen nicht. Die
Musterausführungsbestimmung der LAUG (Länderarbeitsgruppe umweltbezogener Gesundheitsschutz) sieht vor, Krankenhäuser und Altenpflegeeinrichtungen mindestens einmal jährlich, Kinderbetreuungseinrichtungen alle 5
Jahre und andere Gemeinschaftseinrichtungen, Sportstätten oder Gastronomiebetriebe stichprobenartig mindestens eine Einrichtung je 10.000 Einwohnern
pro Jahr zu prüfen (Hauswirth, 2003). UBA-Empfehlungen (UBA, 2006b; UBA
2006c) gehen in ihrer Frequenzempfehlung teilweise darüber hinaus. Diese
Angaben basieren im Übrigen nicht erkennbar auf systematischen empirischen
Untersuchungen, sondern eher auf praktischen Erfahrungen und konsensfähigen Überlegungen. Aus Zeit- und Kostengründen geht die Überwachung
öffentlicher Einrichtungen durch die Gesundheitsämter in der Praxis nur selten
über die Mindestanforderungen hinaus. Dies macht deutlich, wie wichtig bei
großen Prüfungsintervallen die Wahl der richtigen Probenahmestellen ist, um
eventuell vorhandene Kontaminationen erkennen zu können.
Ähnlich wie in der Lebensmittelindustrie sollte auch bei Systemen, die der
Wasseraufbereitung dienen, ein HACCP-Konzept integriert werden, um die
komplette Aufbereitungsabfolge bis hin zum fertigen Produkt qualitätsgesichert
zu überwachen (Exner und Gornik, 2004; Exner und Kistemann, 2004;
Wienand, 2006). Die WHO empfiehlt, v.a. bei komplexeren Gebäuden, die
Erstellung von Water Safety Plans, einem standardisierten, mehrschrittigen
Verfahren zur Risikoabschätzung, Qualitätssicherung und Überwachung
(Langer et al., 1990; Schmoll und Chorus, 2003; WHO, 2008; Wienand, 2006).
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
82
Abgesehen davon, dass die jeweils spezifischen technischen und betrieblichen
Bedingungen des einzelnen Systems zu berücksichtigen sind, ist es daher,
allein aus Gründen der Rechtssicherheit bei der Ergebnisbeurteilung,
erforderlich, eine grundsätzliche Beprobungsstrategie bereit zu stellen, nach der
die Mikrobiologie von Trinkwasser-Installationen abzubilden ist.
Unter Nutzung moderner Untersuchungsmethoden können mit Hilfe eines
reproduzierbaren, evaluierten und standardisierten Verfahrens zur schnellen,
sicheren und Kosten-effektiven Erkennung mikrobieller Kontaminationen in
komplexen Trinkwasserinstallationen, mikrobielle Kontaminationen in Trinkwasserinstallationen schnell, einfach und sicher erkannt und lokalisiert werden.
Zusammenfassend kann gemäß den Ergebnissen folgende Empfehlung zur
Aufklärung und Sensibilisierung der Planer und Installationsfachbetriebe sowie
der Betreiber getroffen werden, insbesondere die Einhaltung der allgemein
anerkannten Regeln der Technik:
Nicht-Trinkwasser-Anlagen (z.B. Heizung) strikt vom Trinkwassersystem
trennen
Regelmäßige und fachgerechte Wartung der Trinkwasserinstallations- und
Aufbereitungsanlagen
Stagnation durch Totstränge, Bypassleitungen, etc. vermeiden
Spülung nach längerfristiger Nutzungsunterbrechung (z.B. Schulferien)
Zustand der Leitungssysteme v.a. hinsichtlich hinreichender Isolierung,
Material (Ersetzen von Bleileitungen)
Zirkulationsleitungen optimieren
und
Dimensionierung
der
Tägliches Erwärmen des Warmwassersystems auf mindestens 60 °C und
Einhalten der 5-K-Regel, damit die thermische Desinfektion auch bis zur
Entnahmestelle wirken kann
Kenntnis des Betreibers über die eigene Trinkwasserinstallation und
systematische
Dokumentation
(z.B.
Raum-/Betriebsbuch,
Pläne)
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
83
sensibilisiert für mögliche Probleme und erleichtert im Schadensfall die
Fehlersuche, um schnell und adäquat handeln zu können.
Zusätzlich können Empfehlungen zur Sensibilisierung und Abstimmung der
Überwachungsbehörden getroffen werden. Zur Unterstützung der Behörden
wurden zwei Meta-Checklisten erstellt, eine zum allgemeinen Screening aller zu
begehenden Trinkwasserisntallationen, die andere zur zusätzlichen Begehung
im Kontaminationsfall (siehe Anhang).
Einheitliches Vorgehen hinsichtlich Priorisierung, Umfang und Intensität der
Anlagenüberwachung mit dem Ziel einer ressourceneffizienten, problemfokussierten Erhebung (Checkliste)
Einheitliche, digitale Dokumentation und Archivierung der Daten zur
besseren Vergleichbarkeit und schnelleren Problemerkennung
Problemorientierte Schulung der behördlichen Mitarbeiter für Probenahme
und Begehung
Erweiterung des Methodenspektrums für die Untersuchungen (nichtkulturelle Verfahren wie FISH, Durchflusszytometrie etc.)
5
Fazit
Die UGB folgen keinem bundesweit einheitlichen Verfahren bezüglich der
Überwachungsfrequenz, Priorisierung von Gebäudetypen, Erfassung der
nötigen Informationen über Trinkwasserinstallationssysteme, Beprobung der
Gebäude im Hinblick auf die Anzahl der Probenahmestellen oder der
routinemäßig erfassten Parameter. Ein tendenzieller Konsens bei der
Beprobung auf die wichtigsten mikrobiologischen und chemischen Parameter
konnte jedoch festgestellt werden.
Mikrobiologische
Kontaminationen
von
Trinkwasserinstallationen
in
Deutschland wurden vor allem von den Parametern Legionella spp.,
Pseudomonas spp. und KBE 36 °C hervorgerufen, die am häufigsten di e
Grenz- und Maßnahmewerte der einschlägigen Regelwerke überschritten. Die
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
84
gemessenen Temperaturen des Warmwassers in Trinkwasserinstallationssystemen verhindern das Wachstum von Legionella spp. nicht effektiv. Auch
wenn das Warmwasser eine Temperatur von 60 °C am Bo ilerausgang erreicht,
kann sich die Temperatur im Verteilungsnetz verringern, beispielsweise durch
ungenügende Isolierung. Folglich ist die thermische Desinfektion in der Praxis
nur zum Teil effektiv. Das Vorkommen von Legionella spp. im Trinkwasser stellt
immer ein mögliches Gesundheitsrisiko für den Konsumenten dar. Auch
Pseudomonas spp. konfrontiert ist fakultativ pathogen, hat ein hohes
Biofilmbildungspotential und kann auch unter ungünstigen Bedingungen
überleben.
Mikroorganismus-spezifische Fähigkeiten beeinflussen das Wachstum und das
Überleben von Bakterien wie beispielsweise das Legionellenwachstum in
Amoeben (Szewzyk et al., 2000) oder der viable-but-nonculturable (VBNC)Status von Pseudomonas spp. (Lowder et al., 2000; Oliver, 2005) was die
Widerstandsfähigkeit gegenüber chemischen und thermischen Desinfektionsverfahren erhöht. Darüber hinaus zeichnen sich einige Krankheitserreger durch
eine geringe Infektionsdosis aus. Schon die Aufnahme geringer Mengen löst
dann beim Menschen z. T. lebensbedrohliche Erkrankungen aus.
Auch für einige chemische Parameter muss ein potenzielles Risiko konstatiert
werden. Nickel und Eisen überschreiten die Grenzwerte am häufigsten, jedoch
kann dieses Risiko durch vorgeschriebenen Betrieb und durch das Ablassen
des stagnierenden Wassers im Wasserhahn vor dem Konsum effektiv und
leicht kontrolliert werden (UBA, 2004). In Deutschland ist das Problem des
Gebrauchs von Bleileitungen noch nicht gelöst. Nur die weitere Modernisierung
des Rohrsystems kann den Konsumenten vor diesem Risiko schützen. Die
Konzentration von Chemikalien und Mikroorganismen im Trinkwasser kann
nach längeren Stagnationszeiten deutlich zunehmen (ASHRAE Standard, 2000;
Nawrocki et al., 2010).
Die
allgemein
anerkannten
Regeln
der
Technik
beim
Betrieb
einer
Trinkwasserinstallation werden sehr häufig nicht eingehalten. Dies hängt v.a.
mit der fehlenden Expertise seitens des Betreibers bzw. des gestiegenen
Kostendrucks auf öffentliche Einrichtungen zusammen. Eine regelmäßige
Wartung durch Fachunternehmen dämmt die Gefahr gesundheitsgefährdender
Veränderungen im Installationssystem ein. Beispiele für identifizierte Faktoren,
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
85
die mit dem Kontaminationsrisiko signifikant assoziiert sind, sind hauseigene
Wasseraufbereitungen, die das Risiko deutlich erhöhen und der
Hochheizspeicher, der das Risiko einer Kontamination durch das tägliche
Aufheizen des Wassers auf mindestens 60 °C verringe rt.
Die Analyse der typischen Indikatorparameter nach TrinkwV 2001 ist nicht
geeignet, um Kontaminationen mit den fakultativ pathogenen Krankheitserregern P. aeruginosa oder L. pneumophila sicher zu erkennen. Daher sind
neue, molekularbiologische und physikochemische Detektionsmethoden entscheidend für den Nachweis von Pathogenen.
Bislang sind nur wenige Arbeiten publiziert, die unabhängig von der Ursachenforschung bezüglich einer Krankheitshäufung systematische Untersuchungen
von Trinkwasser-Installationen bezüglich hygienisch-mikrobiologischer Kontaminationen darstellen (Anaissie et al., 2002; Kistemann et al., 2006; Wricke et
al., 2008). Eine rationale Beprobungsstrategie zum zeit- und kosteneffektiven
Erkennen von Kontaminationen in einem möglichst frühen Stadium lässt sich
hieraus bislang nicht ableiten. Daher ist die Entwicklung eines
reproduzierbaren, evaluierten und standardisierten Verfahrens zur schnellen,
sicheren und kosten-effektiven Erkennung mikrobieller Kontaminationen in
komplexen Trinkwasser-Installationen ein zentraler Schritt zu größerer
mikrobieller Sicherheit von Trinkwasserinstallationssystemen.
6
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ZVSHK Fachinformation Dämmung von Sanitär- und Heizungsrohrleitungen. St.
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ZVSHK Merkblatt Dichtigkeitsprüfungen von Trinkwasser-Installationen mit
Druckluft. Inertgas oder Wasser. St. Augustin.
ZVSHK Merkblatt Spülen, Desinfizieren
Trinkwasserinstallationen. St. Augustin
und
Inbetriebnahme
von
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
7
95
Anhang
Checkliste zur Begehung und Beprobung der Trinkwasser-Hausinstallation
Datum der Begehung
Teilnehmer der Begehung
Name und Anschrift der Einrichtung;
ggf. Gebäude
Eigentümer der Anlage
Betreiber der Anlage
Verantwortlicher/ Ansprechpartner
vor Ort (Name, Telefon, E-Mail)
Name:
Tel:
E-Mail:
Anlass der Begehung
□ Erstbegehung nach § 19 (7) TrinkwV 2001
□ Kontrolle nach § 19 (7) im Rahmen
□ bauliche Änderung
□ betriebstechnische Änderung
Überwachungsprogramm
□ Kontrolle auf Grund von Beanstandungen
□ Inbetriebnahme einer Anlage
□ Wiederinbetriebnahme eines Anlagenteils
□ Änderung des Eigentümers/Nutzers
□ Teilstilllegung der Anlage am ____
□ ja
□ nein
□ nicht erforderlich
Der nach § 16 (3) TrinkwV vorgeschriebenen Anzeigepflicht
wurde nachgekommen
Art/Bezeichnung der Einrichtung
□ Anlage, aus der Wasser für die Öffentlichkeit bereitgestellt wird
□ Krankenhaus und Pflegeeinrichtung
□ Schule, Kindergarten
(Altenheim, Pflegeheim,
□ Hotel, Jugendherberge
Kinderkrippe)
□ Sonstige Ausbildungseinrichtung, Heim,
□ Einrichtung für ambulantes
Ferienlager u. ä. Einrichtung
Operieren, Dialyseeinrichtung,
□ Sportstätte
Tagesklinik,
□ Weitere Gemeinschaftsunterkünfte
Entbindungseinrichtung,
entsprechend § 36 IfSG
Einrichtung zur Rehabilitation
□ Anlage, aus der kein Wasser für die Öffentlichkeit bereitgestellt wird
□ Wohngebäude
□ gewerblich genutztes Gebäude
Art der Nutzung __________________
Gibt es regelmäßige, längere Nutzungsunterbrechung?
□ ja
□ nein
Wenn ja, wie lange dauern die Nutzungsunterbrechungen?____________________________
Wie häufig im Jahr, zu welchen Anlässen?_________________________________________
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
96
Folgende Probleme und Verbraucher-Beschwerden sind bekannt
□ keine bekannt
□ Wasserverfärbungen
□ Geruchs-/Geschmacksbeeinträchtigungen
□ Leckagen/Rohrbrüche
□ KW-Temperatur zu hoch
□ WW-Temperatur zu gering/ dauert zu
□ nachlassender Wasserdruck an Zapfstelle
□ sonstiges
lange
wo? _____________________________
__________________________________
Wasseruntersuchungen in den letzten 12 Monaten
□ ja
□ nein
Art der Untersuchung
Zahl der Proben pro Jahr: ________
letzter Befund vom: ___________
□ Wasser für die Öffentlichkeit □ Eigenkontrolle des Betreibers
stichprobenartige Kontrolle
□ TW auf Anordnung GA
□ nach TrinkwV 2001
□ auf übrige Erreger
□ Wasser aus TW-Aufbereitungsanlagen
□ WW auf Legionellen
□ Untersuchung auf chemische Parameter im Stagnationswasser
Liegen die Untersuchungsergebnisse dem GA vor?
□ ja
□ nein
wenn ja,
□ Ergebnisse ohne Befund
□ Beanstandungen nach TrinkwV
Parameter: ___________________
□ Legionellen-Befund
Name der Untersuchungsstelle/ Untersuchungsinstitut ____________________________
□ Akkreditierte Untersuchungsstelle nach § 15 (4) TrinkwV
□ nach §19 TrinkwV 1990 zugelassenes Labor
□ betriebseigenes Labor
Liegt ein Konzept für die Probenahme vor?
□ ja
□ nein
Durchschnittliche tägliche Nutzerzahl
Gesamt
______
Personal/Betreuer ______
Auslastung
______ %
Patienten/Bewohner ______
Sonstige
______
Max. Bettenzahl
______
Größe des Installationssystems
täglicher TW-Verbrauch [l/d] ______
Anzahl Teilstränge der Zirkulation ______
Baujahr der Trinkwasserinstallation, in dem sich die Einrichtung befindet (ggf.
Jahrzehnt) _________
Gebäudeteile bestehend aus unterschiedlichen Altersstufen
□ ja
□ nein
Jahr der letzten (Teil-) Erneuerung / Sanierung / Umbau der TW-Installation _________
Art der Maßnahme, Umfang
________________________________________________
Material der Rekonstruktion
________________________________________________
nachträglicher Einbau Wasser sparender Armaturen (z.B.
□ ja
□ nein
Strahlregler mit Verbrauchsbegrenzung)
Nutzungsfrequenz
Vorhandensein nicht (mehr) genutzter Leitungsstränge
Leer stehende Wohnungen /Betriebseinheiten vorhanden
selten genutzte Entnahmestellen vorhanden
Entnahmestellen mit geringer Abnahme bzgl. Stagnation/
Dimensionierung (DIN 1988-3, W553)
□ ja
□ ja
□ ja
□ nein
□ nein
□ nein
□ ja
□ nein
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
97
□ Eigen-/Einzelwasserversorgung vorhanden (z.B. Brunnen)
□ Anschluss an öffentliche Wasserversorgung
Vorliegen technischer Pläne der Wasserversorgungsanlage/ Regeln der Technik
□
□
□
□
□
□
□
□
Aktuelle Bestandspläne der Installation (Verlauf, Nennweiten, etc.)
Arbeitsanweisung für den Betrieb (z.B. Spülen, Filterwechsel)
Betriebsbuch (Störungen, Maßnahmen, Messwerte)
Raum-(belegungs-)buch
Hygieneplan (bei Krankenhäusern)
Basis für Arbeitsanweisung ist Techn. Dokumentation W551
Installation der Anlage nach allg. anerk. Regeln d. Technik
Betrieb der Anlage nach allg. anerkannten Regeln der Technik
Verwendete Materialien/ Werkstoffe der Trinkwasserinstallation
verzinktes Stahl
□ Kupfer
□ Blei
□ Edelstahl
___________________________
□ Kunststoffe (benennen, z.B. PVC, PP, PE)
□ Verbundmaterialien (Kombination Kunststoff/Metall)
□ sonstiges (z.B. flexible Schlauchleitungen) ________________________________
___________________________
□ Material nicht erkennbar/aus Unterlagen nicht zu ermitteln
□ DVGW-Prüfzeichen vorhanden
Aufbereitungsanlagen und Einbau von Wasser verändernden Bauteilen
Vorhandene Anlagenteile, Armaturen und Apparate
1) Filtration
wo eingebaut: _________________________
□ (Partikel-)Filter
□ Rückspülfilter, Anzahl: _____
□ manuell
□ automatisch
□ nicht rückspülbarer Filter, Anzahl: ______
□ DVGW-Prüfzeichen
□ Feinfilter
□ Ultrafiltrationsanlage
2) Wasserbehandlung
□ TW-Erwärmer
Membranausdehnungsgefäß bei WW-Bereitung
□ ja
□ nein
durchströmt?
□ ja
□ nein
Typ, Hersteller: ___________________________________________________
Art: _____________________________
□ Druckminderer, Anzahl: ______
□ Druckerhöhungsanlage, Anzahl: ______ Wasserdruck: _____________
□ andere Art des Druckausgleichs (benennen) ___________________________________
Typ, Art: _____________________________________________
□ Enthärtungsanlage
in welchen Bereichen im Einsatz: __________________________
Typ, Art: _____________________________________________
□ Enteisenung
in welchen Bereichen im Einsatz: __________________________
□ Entsäuerung
□ Phosphatdosieranlage
□ Anodische Oxidation
□ Korrosionsschutz
□ Belüftung
98
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
3) Desinfektion
□ Desinfektionsanlage Grund für den Einbau____________________________________
in welchen Bereichen im Einsatz: __________________________________________
Messung der Desinfektionsmenge im Leitungsnetz
Art: ___________________
Zeitintervall: ____________
Desinfektionsprotokoll vorhanden
□ ja
□ nein
DVGW-Prüfzeichen
□ ja
□ nein
□ Chlorungsanlage
□ Ozonanlage
□ Chlordioxidanlage
□ UV-Desinfektionsanlage
□ Ionenaustauscheranlage
□ Umkehrosmoseanlage
□ sonstige (benennen) _______________________________________________
□ Kontrolle des Verbrauchs zugesetzter Stoffe, durch
□ Aufzeichnung im Betriebstagebuch
□ kontinuierliche Messung
□ Werden Verbrauchern des aufbereiteten Wassers die Zusatzstoffe bekannt gegeben (§ 16
(5), § 21 (1) [Satz 2] TrinkwV?
Wenn ja, wie: ______________________________________________________
4) sonstige hygienisch relevante technische Bauteile
□ Rückflussverhinderer in Hauptzuflussleitung
□ Rückflussverhinderer an allen Geräten (nach DIN 1988)
□ Duschen vorhanden
Anzahl: _____
□ Warmduschen:
□ Schlauchdusche
□ Wanddusche
□ Räume mit Not-/ Augenduschen (z.B. Labor)
□ Sonst. aerosolbildende Wasserauslässe (z.B. Whirlwanne): _________________________
□ Temperaturbegrenzer:
□ dezentral an Zapfstelle
□ zentrale Mischeinrichtung
□ Armaturen mit Verbrühungsschutz
□ Medizinische Geräte, die direkt mit TW-Leitung verbunden (benennen) ___________
□ Wasserspender angeschlossen an Installation
Regelmäßige Wartung (gemäß DIN 1988 Teil 8)
□ regelmäßige Wartung der TW-Hausinstallation
□ durch folgende Fachfirma ________________________________________
□ durch Eigenpersonal
□ Wartungsvertrag besteht
□ eingetragen im Installateurverzeichnis eines WVU
□ Vorhandensein eines Inspektions- u. Wartungsplan nach DIN 1988- Teil 8 Anh. B
□ Nach Bedarf
□ nein
Was wird wann (wie) gewartet
1) Filter
□ Spülung /Wechsel Partikelfilter, zuletzt am: _____ Wartungsintervall: ____________
Bei rückspülbarem Filter: Ableitung über freien Auslauf
□ ja
□ nein
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
99
2) Wasserbehandlung
□ Temperaturkontrollen, zuletzt am: _______ Zeitabstände der Kontrolle: ______
□ TW-Erwärmer (mind. 1x jährlich Inspektion), zuletzt am: _________
Wartungsintervall: _______________
Art der Reinigung:_________________
□ Entschlammung (und Entkalkung) der Wasserspeicher, zuletzt am: _________
Wartungsintervall: _______________
□ Druckminderer (Sieb alle 1-3 Jahre säubern/erneuern), zuletzt am: _________
□ Druckerhöhungsanlage, zuletzt am: _________
□ Enthärtungsanlage, zuletzt am: _________
□ Weitere Aufbereitungsanlagen (benennen) _________________, zuletzt am: _________
3) Desinfektion
Zeitabstände der Wartung: ______
□ Desinfektionsanlage, zuletzt am: ________
□ gesonderter Wartungsvertrag vorhanden
4) sonstige hygienisch relevante Bauteile
□ Funktion von Rohrtrennern und Rückflussverhinderern (Sicherungsarmaturen mind. 1 x
jährlich, Sicherungsventile mind. alle 6 Monate), zuletzt am: _________
□ Reinigung (und Entkalkung) von Entnahmearmaturen mit Strahlreglern/ Perlatoren,
zuletzt am: _________
Wartungsintervall: _______________
□ Reinigung (und Entkalkung) von Duschköpfen, zuletzt am: _________
Wartungsintervall: _______________
□ automatische Entleerung bei Duschköpfen
□ Sonstiges: _______________________________ zuletzt am: _________
Existenz weiterer Anlagen neben der zentralen Wasserversorgungsanlage
□ weiteres Wasserführendes System im Haus
□ Regen- /Dachablaufwasser
□ Grauwassernutzung
□ Sonstiges: _________
□ vollständige Trennung vom TW-Leitungssystem nach DIN 1988
□ eindeutige (farbliche) Kennzeichnung der Leitungssysteme und Entnahmestellen
□ Anzeigepflicht erfüllt
□ Heizungsbefüllung mit Nachspeisung aus dem TW-System
□ Zapfventil mit Schlauch
□ Rohrtrenner bei ständiger Verbindung
□ Löschwasserversorgung, zuletzt gewartet am: _________
□ trocken
□ nass
□ nass/trocken
□ Feuerlösch- und Brandschutzeinrichtung verbunden
□ Leitung entsprechend DIN 1988 abgetrennt
□ regelmäßige Wartung
□ Spülleitungen vorhanden
□ regelmäßige Spülung, in Zeitabstand: ______
□ an Feuerlöschleitungen zusätzliche Entnahmestellen für TW / Zirkulationsleitungen
Leitungsdurchmesser: _____
□ Sprinkleranlagen installiert, Anzahl: ____
Leitungsdurchmesser: _____
Ort: ___________________________________
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
100
Warmwasser-System
□ Isolierung (und Abstand) zwischen KW- und WW-Leitungen vorhanden
□ Erwärmung des Wassers in der Hausinstallation
□ Fernwasser/Fernwärme
□ eigene Anlage
□ solarthermische Anlage
□ Zentrale WW-Versorgung
□ dezentral mit Durchlauferhitzer
□ Kleinanlage < 400L
□ Großanlage > 400L
Anzahl TW-Erwärmer: ______
□ WW-Verbrauch pro Tag [l]: ______
□ Aktueller Installationsplan für WW-Erzeugung/ -Verteilung vorhanden
□ Anweisung zur Legionellen-Prophylaxe vorhanden (benennen): _________________
□ WW-Speicher (Zentralvorlauf) vorhanden
Anzahl: _____
Fassungsvermögen: _____
□ Parallelschaltung
□ Reihenschaltung
Bauart:
□ offen □ geschlossen Baujahr: ______ Max. Boilertemp: ______
Material der Innenauskleidung: ________________
Lage der Reinigungsöffnungen □ oben
□ mittig
□ unten
□ keine
Lage der Zirkulationsanschlüsse □ oben
□ mittig
□ unten
□ keine
eingestellte Speichertemperatur: ____ °C
Temperatur Ausgang WW-Speicherbehälter (mind. 60°C): ______
Rücklauftemperatur (mind. 55 °C, Einhaltung Delta 5 K): ______
Temperatur an entferntester WW-Entnahmestelle nach 30 sek. (DIN 1988): ______
Verbrühungsschutz:
□ zentral
□ dezentral
□ teilw. nicht vorhanden
□ Zirkulationsleitungen vorhanden
□ Stichleitungen vorhanden
Volumen der WW-Leitung in jeder Rohrleitung zwischen Abgang TW-Erwärmer und
letzter Entnahmestelle (ohne Zirkulationsleitungen)
□ < 3 Liter
□ > 3 Liter
□ Maßnahmen zur Legionellen-Prophylaxe; wenn ja, welche: ________________________
Im Rahmen der Besichtigung erfasste Auffälligkeiten
□ sichtbare Korrosion am Leitungsnetz
□ Kondensatbildung am Leitungssystem
□ Hinweis auf Stagnationsprobleme
□ Hinweise auf nicht durchströmte Endstücke
□ offen hängende Schlauchverbindungen □ Allgemeine Sauberkeit zu beanstanden
□ Hinweise auf Undichtigkeiten des Leitungssystems (Verfärbungen Wand/Boden)
□ Kontamination zwischen TW-führender Spülleitung/Überlauf und TW-Ableitung möglich
wg. fehlen hygienerelevanter Teile wie Rohrtrenner, Rückflussverhinderer etc.
□ Hinweise auf problematisch Leitungsmaterialien/Bearbeitung
□ Hinweise auf problematische Anlagenteile (Bleileitungen, Lötspuren am TW-Netz,
fehlende DVGW-Zeichen)
□ Sonstiges: _______________________________________________________________
Dokumentation:
□ Kopie Planungsunterlagen
□ Skizze
□ Fotos
Erforderliche Maßnahmen
□ kurzfristige Nachbesichtigung notwendig
□ Hinzuziehung einer Fachfirma erforderlich
Wasserproben entnommen
Unterschrift Auftraggeber
□ ja
□ nein
Unterschrift Gesundheitsamt
Vorkommen von Trinkwasser-Kontaminationen
101
Screening-Checkliste der Trinkwasser-Hausinstallation
Betreiber, Name und Anschrift der
Einrichtung (ggf. Stempel)
Verantwortlicher/ Ansprechpartner
vor Ort (Name, Telefon, E-Mail)
Durchschnittliche tägliche Nutzerzahl:
Baujahr der Trinkwasserinstallation:
Jahr der/des letzten Sanierung / Umbaus:
Täglicher TW-Verbrauch [l/d]:
Name:
Tel:
E-Mail:
_________
_________
_________
Kaltwasser:
_________
davon Warmwasser:_________
Materialien der Trinkwasserleitungen
□ Kupfer
□ Kunststoff
□ verzinktes Stahl
□ Edelstahl
□ Verbundmaterialien
Aufbereitungsanlagen vorhanden (Filter, Enthärtung, …)?
□ Blei
□ Mischinstallation
□ ja
□ nein
Isolierung zw. Kalt- und Warmwasserleitungen?
□ ja
□ nein
Art der Warmwasserversorgung:
□ zentral
□ dezentral
□ eigene Versorgung □ Fernwärme
Anzahl Trinkwassererwärmer ________
Volumen Trinkwassererwärmer ________ l
Temperatur am Ausgang des Warmwasser-Speichers ______ °C
Rücklauftemperatur (vor
Zirkulationsleitung vorhanden?
□ ja
□ nein
Boilereintritt): _____ °C
Herkunft des Wassers:
□ Eigen-/Einzelwasserversorgung vorhanden (z.B. Brunnen)
□ Anschluss an öffentliche Wasserversorgung
Existenz weiterer Anlagen neben der zentralen
□ ja
□ nein
Wasserversorgungsanlage (z.B. Regenwassernutzung)?
Feuerlöschleitung vorhanden?
□ ja
□ nein
Wenn ja, welcher Art?
□ nass
Regelmäßige Wartung der Trinkwasserinstallation?
Vorliegen aktueller technischer Pläne der
Trinkwasserinstallation?
Alle Zapfstellen täglich genutzt?
Gibt es regelmäßige, längere Nutzungsunterbrechung?
Datum, Unterschrift Auftraggeber
□ nass/trocken
□ ja
□ trocken
□ nein
□ ja
□ nein
□ ja
□ ja
□ nein
□ nein
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
102
Praxisnahe Untersuchungen zur Kontamination von
Trinkwasser in halbtechnischen Trinkwasser-Installationen
Jens Klaus Benölken, Thorsten Dorsch, Knut Wichmann, Bernd Bendinger*
DVGW-Forschungsstelle TUHH,
Technische Universität Hamburg-Harburg,
Schwarzenbergstraße 95 E, 21073 Hamburg
* Email: [email protected]
Zusammenfassung
Stabile Biofilme aus autochthonen Bakterien bilden sich nach 6- bis 8wöchigem Betrieb von Trinkwasser-Installationen aus elastomeren, plastomeren oder metallischen Werkstoffen aus. Hierbei ist das Ausmaß der Biofilmbildung bei einer gegebenen Wasserqualität abhängig vom Werkstoff.
Elastomere wie EPDM ohne oder mit Empfehlung nach KTW und DVGWArbeitsblatt W 270 für den Einsatz im Trinkwasserbereich zeigen dabei eine
stärkere Biofilmbildung als Plastomere wie PE-Xb oder PE-Xc oder Metall wie
Kupfer. Zusätzlich beeinflusst die Wasserbeschaffenheit das Ausmaß der
Biofilmbildung auf einem Werkstoff. Bei guter Verfügbarkeit von organischen
Kohlenstoffverbindungen aus einem Werkstoff ist der DOC-Gehalt des Trinkwassers von untergeordneter Bedeutung und die Phosphat- und Stickstoffkonzentration im Trinkwasser wird zur entscheidenden Größe für das Ausmaß
der Biofilmentwicklung. Daher kann die Dosierung von Korrosionsinhibitoren auf
Phosphatbasis einen besonders starken Einfluss auf die Biofilmbildung und den
Desinfektionserfolg haben.
Einmal eingetragene fakultativ pathogene Bakterien nisten sich in TrinkwasserInstallationen in etablierte Biofilme ein und geben langfristig kultivierbare Zellen
in das in den Leitungen stagnierende Trinkwasser ab. Dadurch besteht eine
potentielle Gefahr für den Verbraucher, da z.B. bei L. pneumophila die Konzentration kultivierbarer Zellen nach einer über-Nacht-Stagnation des Trink-
Berichte aus dem IWW Rheinisch-Westfälisches Institut für Wasserforschung gemeinnützige GmbH
Band 54, Mülheim an der Ruhr, 2010, ISSN 0941 - 0961
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
103
wassers den Maßnahmeschwellenwert übersteigen kann. Die Konzentration
von L. pneumophila im Trinkwasser ist dabei abhängig von der Anzahl der
Legionellen im Biofilm und diese hängt wiederum von der Art des Werkstoffs
und der Wasserbeschaffenheit ab.
P. aeruginosa kann nach Einnistung in den Biofilm sehr schnell in einen
lebenden aber nicht kultivierbaren Zustand (viable but nonculturable, VBNC)
übergehen. In diesem Zustand kann P. aeruginosa unbeschadet eine
Anlagendesinfektion mit Chlordioxid überleben und aus dem VBNC-Zustand
wieder in den kultivierbaren Zustand übergehen.
Im Gegensatz zu P. aeruginosa kann L. pneumophila lange Zeit nach der
Einnistung in den Biofilm überwiegend im kultivierbaren Zustand verbleiben und
sich vermehren. L. pneumophila kann eine Desinfektion überleben, weil die
Bakterien in Amöbenzellen bzw. in der Matrix des Biofilms geschützt sind oder
zum geringen Teil außerhalb von Amöbenzellen im VBNC-Zustand vorkommen
können, in dem sie vermutlich unempfindlicher gegen Desinfektionsmittel sind
als im kultivierbaren Zustand. Nach Abschluss der Desinfektion können von den
überlebenden L. pneumophila-Zellen wieder kultivierbare Stadien hervorgehen,
die mit Standard-Kulturverfahren wieder nachweisbar sind.
Die Untersuchungen führten zu der Schlussfolgerung, dass Werkstoffe, die den
allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen (KTW-A bzw. KTWLeitlinie, DVGW W 270), zwar keine Kontamination der Biofilme mit fakultativ
Pathogenen verhindern können – sie bieten jedoch im Fall einer Kontamination
die beste Voraussetzung für eine erfolgreiche Reinigung und Desinfektion einer
Trinkwasser-Installation.
1
Einleitung
1.1
Trinkwasser-Installation und Anforderungen an Werkstoffe
In der Trinkwasser-Installation begünstigen verschiedene technische und
betriebliche Randbedingungen das vermehrte Wachstum von Biofilmen und
damit verbundene hygienische Risiken im Trinkwasser. Die TrinkwasserInstallation unterscheidet sich in folgenden Bedingungen grundsätzlich vom
Trinkwasser-Verteilungsnetz:
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
104
-
kleinere Rohr-/Schlauchinnendurchmesser und somit größeres Oberfläche / Volumen-Verhältnis
-
überwiegend Stagnation des Trinkwassers in den Wasserleitungen
-
Erwärmung des Kaltwassers oder Abkühlung des Warmwassers bei län
gerer Stagnation und unzureichender Isolierung
-
größere Vielfalt an Werkstoffen.
Für Rohrleitungen in der Trinkwasser-Installation werden viele verschiedene
Werkstoffen verbaut. Am häufigsten wird Kupfer (44%) verwendet, gefolgt von
Verbundwerkstoffen (19%), vernetztem Polyethylen (PE-X) (13%), Edelstahl
(9%), feuerverzinktem oder schmelztauchverzinktem Stahl (6%), Polypropylen
(PP) (5%), chloriertem Polyvinylchlorid (PVC-C) (2%), Polybuten (PB) (1%) und
innenverzinntem Kupfer (unter 1%) (UBA, 2007).
Der Einsatz dieser Werkstoffe ist zum Teil an bestimmte Bedingungen
gebunden. So darf Kupfer nicht bei jeder Trinkwasserbeschaffenheit verbaut
werden. Unbedenklich ist der Einbau von Kupfer in Trinkwässern mit einem pHWert ≥ 7,4 oder bei 7,0 ≤ pH ≤ 7,4 und einem TOC ≤ 1,5 g/m³ (DIN 50930-6).
Ansonsten muss der Einsatz in Versuchen geprüft werden, oder es muss ein
anderer Werkstoff eingesetzt werden.
Kunststoffe wie PE-X, PP, PVC-C und PB dürfen nur eingesetzt werden, wenn
sie die Anforderungen der „Leitlinie zur hygienischen Beurteilung von
organischen Materialien im Kontakt mit Trinkwasser (KTW-Leitlinie, 2008)"
erfüllen. Für Gummimaterialien (z.B. EPDM) gelten weiterhin die Anforderungen
der KTW-Empfehlung (1985). Zusätzlich zur KTW-Prüfung müssen alle Werkstoffe aus oder mit organischen Materialien die Anforderungen des DVGWArbeitsblattes W 270 (DVGW-Arbeitsblatt W 270) erfüllen.
Für den Anschluss einer Armatur bei sichtbaren und zugänglichen TrinkwasserInstallationen können druckfeste flexible Schlauchleitungen eingesetzt werden
(Gruppe I nach DVGW-Arbeitsblatt W 543). Bis zum 31.12.2006 wurden als
Schlauchwerkstoff häufig Elastomere (z.B. EPDM) verwendet. Es genügte,
wenn die Materialien die hygienischen Anforderungen an das DVGW-
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
105
Arbeitsblatt W 270 sowie die Anforderung der KTW-Kategorie “C“ erfüllten. Seit
dem 01.01.2007 müssen diese Werkstoffe nach DVGW-Arbeitsblatt W 543
(DVGW-Arbeitsblatt W 543) die erhöhten Anforderungen der KTW-Kategorie
„A“ erfüllen. Dies wird nur noch von HD-PEX-Werkstoffen erreicht.
Gummimaterialien, die die hygienischen Anforderungen nach DVGWArbeitsblatt W 270 und die Vorgaben der KTW-Kategorie „C“ erfüllen, sind nur
noch für den Anschluss von Wasch-, Geschirrspülmaschinen und
Trommeltrocknern zugelassen (Gruppe II nach DVGW W 543).
Um die hygienische Sicherheit des Trinkwassers zu gewährleisten, empfiehlt
die VDI Richtlinie 6023, die Bildung von Biofilmen in Trinkwasseranlagen
einzuschränken. Um dies zu erreichen, soll eine Überdimensionierung
vermieden werden, die Installationswerkstoffe sollen möglichst geringe
Konzentrationen an verwertbaren Nährstoffen abgeben, die Stagnation des
Trinkwassers soll vermieden werden, Temperaturbereiche, die das Aufkeimen
von Bakterien (besonders von Krankheitserregern) ermöglichen, sollen
vermieden werden und nicht mehr genutzte Leitungen müssen von der
restlichen Installation abgetrennt werden. Für die hygienebewusste Planung
sind die allgemein anerkannten Regeln der Technik (aaRdT) einzuhalten. Dazu
gehören vor allem die Deutschen Industrienormen (DIN) (DIN EN 806, DIN
1988), aber auch die technischen Regelwerke (u.a. DVGW-Arbeitsblätter
W 270, W 290, W 291, W 534, W 543, W 551).
1.2
Biofilme
Biofilme in natürlichen und technischen Systemen stellen eine Gemeinschaft
von vielen verschiedenen Mikroorganismen dar, die sich an einer Oberfläche
ansiedeln (Flemming und Wingender, 2010). Bakterien, die sich in einem
Biofilm befinden (sessile Zellen), unterscheiden sich von den freischwimmenden (planktonischen) Bakterien. Biofilm-Bakterien haben eine veränderte Physiologie, Zelloberfläche und eine höhere Resistenz gegenüber
Umwelteinflüssen (Schulte et al., 2005).
Bakterien im Biofilm sind eingebettet in einer Matrix aus Biopolymeren
(extrazelluläre polymere Substanzen, EPS), die von den Mikroorganismen
gebildet werden. Die EPS bestehen aus verschiedenen Substanzen wie z.B.
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
106
Polysacchariden, verschiedenen Proteinen, Glycoproteinen, Glycolipiden und
sogar extrazellulärer DNA (e-DNA). Die EPS kann ein Schutz der Bakterien vor
Räubern, wie z.B. Amöben, darstellen (Joubert et al., 2006).
Das Herauslösen von Zellen aus dem entwickelten Biofilm in die Wasserphase
kann passiv erfolgen, wenn durch mechanische Kräfte Biofilmflocken abgerissen werden, oder auch aktiv. Die aktiv abgelösten Zellen sind von ihrer
Physiologie und den dementsprechend aktivierten Genen vergleichbar mit der
planktonischen Form. Passiv heraus gelöste Zellen müssten genetisch und
physiologisch der sessilen Form gleichen (Stoodley et al., 2002).
1.2.1 Bedeutung für die Praxis
Biofilme stellen für die Praxis häufig große Probleme dar. Vor allem im
medizinischen Bereich und in der Trinkwasserversorgung kann eine große
Gefahr von diesen Biofilmen ausgehen. Ein Biofilm, der aus natürlich vorkommenden Bakterien und deren EPS besteht, stellt keine Gefahr für die
menschliche Gesundheit dar. Nisten sich aber humanpathogene Krankheitserreger in diese Biofilme ein, kann eine Gefahr für den Menschen bestehen.
Diese Krankheitserreger finden in den Biofilmen nicht nur ideale Wachstumsbedingen (Nährstoffangebot, Temperatur, Wirtszellen), sondern können auch
vor Desinfektionsmaßnahmen geschützt sein. Eine Sanierung eines kontaminierten Trinkwassersystems wird dadurch erheblich erschwert.
1.3
Einflussfaktoren auf die Biofilmentwicklung
Die Bakterien in den Biofilmen können Nährstoffe aus dem Werkstoff, auf dem
sie siedeln, und aus dem Wasser verwerten. Erfolgt die überwiegende
Nährstoffaufnahme aus dem Wasser, steigt mit zunehmender Flussrate des
Wassers über dem Biofilm die Nährstofffracht. In kontinuierlich durchflossenen
Trinkwasserleitungen gibt es somit bei gleicher Wasserbeschaffenheit eine
bessere Nährstoffversorgung als in Leitungen mit stagnierendem Wasser.
Biofilmbakterien verwerten DOC, der aus organischen Werkstoffen ins Wasser
abgegeben wird. Zusätzlich können aber auch schwer wasserlösliche
Substanzen (z.B. Wachse) aus organischen Werkstoffen verwertet werden, da
die Biofilm-Bakterien in direktem Kontakt mit der Oberfläche stehen. Somit ist
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
107
auch auf organischen Werkstoffen, die wenig DOC ins Wasser abgeben und die
Anforderungen der KTW-Leitlinie erfüllen, eine starke Biofilmbildung möglich.
Stehen hohe Konzentrationen an biologisch verwertbarem DOC zur Verfügung,
ist eine Voraussetzung für die Ausbildung dicker Biofilme die ausreichende
Phosphat- und Stickstoffkonzentration für die Biomassebildung.
Der Einfluss von Werkstoff, Temperatur und Wasserbeschaffenheit auf die
Biofilmentwicklung wurde bereits in anderen Arbeiten untersucht. Hierbei
wurden jedoch meistens keine Langzeitversuche (bis zu 9 Monate) wie in der
vorliegenden Arbeit durchgeführt. Viele Arbeiten bezogen sich auf Wasserverteilungssysteme und nicht explizit auf Trinkwasser-Installationen (Camper et
al., 1996; Schwartz et al., 2003). Arbeiten, bei denen eine TrinkwasserInstallation simuliert wurde, wurden meist im Labormaßstab durchgeführt. Das
verwendete Wasser stammte aus den jeweiligen Trinkwasser-Installationen der
Labore und wurde z. T. nicht hinreichend charakterisiert, so dass die z. T.
widersprüchlichen Aussagen (z.B. „Ranking“ der Werkstoffe) durch unterschiedliche Wasserbeschaffenheit im Hinblick auf verfügbare Nährstoffe und
Desinfektionsmittel-Konzentrationen beeinflusst gewesen sein konnten. Zudem
wurden diese Anlagen mit kontinuierlich fließendem Wasser betrieben, und die
Werkstoffe wurden als Coupons und nicht in ihrer ursprünglichen Verwendungsform als Rohre bzw. Schläuche verwendet (Rogers et al., 1994a; Rogers
et al., 1994b). Von daher waren viele Untersuchungen nicht praxisnah
ausgerichtet.
1.4
Relevante Krankheitserreger in Trinkwasser-Installationen
Es gibt eine Vielzahl von Krankheitserregern, die über das Trinkwasser
verbreitet werden. Die Bedeutendsten dieser Krankheitserreger werden im
Rahmen der Untersuchung gemäß TrinkwV 2001 bzw. gemäß DVGW
Arbeitsblatt W 551 untersucht. Hierzu gehören Escherichia coli, die coliformen
Bakterien wie Enterobacter oder Citrobacter sowie Pseudomonas aeruginosa
und Legionella pneumophila. Diese Bakterien können sich in Trinkwassersystemen unter geeigneten Bedingungen in bestehende Biofilme einnisten,
überleben bzw. vermehren und wieder ins Trinkwasser abgegeben werden
(Wingender et al. 2003; Van der Kooij et al., 2005; Kilb et al., 2003; Bendinger
et al., 2004; Fass et al., 1996; Camper et al., 1991; Zacheus et al., 2001).
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
108
1.5
Maßnahmen bei kontaminierten Trinkwassersystemen
Die Kontamination eines Trinkwassersystems wird durch die Analyse des
Trinkwassers festgestellt. Ein Handlungsbedarf zur Sanierung und Desinfektion
besteht dann, wenn die Richt- und Grenzwerte, wie sie von der TrinkwV 2001
bzw. von den technischen Regelwerken festgelegt werden, in der untersuchten
Wasserprobe nicht eingehalten werden.
Zur Desinfektion von Trinkwasser und Trinkwasserinstallationen stehen
verschiedene Verfahren wie z.B. chemische und thermische Desinfektion oder
UV-Bestrahlung zur Verfügung. In diesem Teilprojekt wurde nur ein chemisches
Desinfektionsverfahren eingesetzt.
Im Hinblick auf die Desinfektionsmittelkonzentrationen und dem erlaubten
Restgehalt an Desinfektionsmittel ist zwischen der Trinkwasser- und der
Anlagen-Desinfektion zu unterscheiden. Nach Abschluss einer AnlagenDesinfektion, die mit viel höheren Desinfektionsmittel-Konzentrationen als eine
Trinkwasser-Desinfektion durchgeführt wird, muss noch eine Desinfektionsmittel-Restkonzentration vorhanden sein, damit die vorgesehene Einwirkzeit
des Desinfektionsmittels gewährleistet ist. Danach muss die gesamte Anlage
gespült werden. Der Erfolg einer chemischen Desinfektion von Biofilmen ist
vermindert, wenn das Desinfektionsmittel mit der EPS-Matrix abreagiert und
nicht mehr die Biofilm-Bakterien schädigen/abtöten kann. Hierbei entstehen
wieder biologisch leicht verwertbare Verbindungen, die wiederum das
Wachstum von Bakterien ermöglichen können. Damit der größte Teil des Desinfektionsmittels tatsächlich für die Abtötung der Bakterien zur Verfügung steht,
ist vor der Desinfektion eine Reinigung der Rohre, sprich eine möglichst weitgehende Beseitigung der Biofilme notwendig. Diese Reinigung erfolgt mit mechanischen Verfahren mit anschließender Ausspülung der entfernten Biofilme.
1.6
Ziele
Ziel der vorliegenden Arbeit war es, das Einnistungsverhalten ausgewählter
fakultativ pathogener Bakterien in etablierte Biofilme einer TrinkwasserInstallation und deren Überleben im Biofilm sowie deren Austrag ins
stagnierende Wasser zu untersuchen. Um praxisrelevante Ergebnisse zu
erhalten, werden die Langzeitversuche in halbtechnischen Trinkwasser-
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
109
Installationen, die ein praxisnahes Wasserverbrauchsverhalten simulieren,
durchgeführt.
Als mögliche Einflussfaktoren werden verschiedene Werkstoffe, verschiedene
Wasserbeschaffenheiten und zwei verschiedene Temperaturen untersucht.
Zusätzlich zu den standardmäßigen kulturellen Nachweisverfahren wurde die
kultivierungsunabhängige Methode der Fluoreszenz in situ Hybridisierung zum
Nachweis von P. aeruginosa und L. pneumophila eingesetzt, um auch lebende
aber nicht kultivierbare Formen dieser Bakterien (viable but nonculturable,
VBNC) nachweisen zu können.
Zur Ermittlung der Nachhaltigkeit des Erfolgs einer Desinfektionsmaßnahme
einer kontaminierten Trinkwasser-Installation, wurden 24 Stunden und 3
Wochen nach einer Reinigung und Desinfektion Biofilm- und Wasserproben auf
die fakultativ pathogenen Bakterien untersucht.
2
Material und Methoden
2.1
Eingesetzte Bakterienstämme
Die eingesetzten fakultativ pathogenen Bakterien sind Wildtypen, die aus
Schadensfällen kontaminierter Trinkwassersysteme isoliert wurden. Folgende
Stämme wurden eingesetzt: Legionella pneumophila AdS und Pseudomonas
aeruginosa AdS (Biofilm Centre, Aquatische Mikrobiologie, Universität
Duisburg-Essen), Enterobacter nimipressuralis 9827 Klon A (Institut für Hygiene
und öffentliche Gesundheit, Bonn) und Citrobacter freundii D 100 (DVGWForschungsstelle TUHH, Hamburg).
2.2
Kultivierung
Die Anzucht der Organismen erfolgte in geeigneten Nährmedien im Kolbenmaßstab im Labor.
2.2.1 Anzucht
Kultivierung von L. pneumophila
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
110
L. pneumophila wurde in flüssigem BCYE Medium ohne Selektionszusatz und
ohne Aktivkohle bei 37°C auf einem Inkubationsschüt tler (150 Upm, Weiss
Gallenkamp) inkubiert. Dazu wurden zunächst von einer Platte 20 mL Vorkultur
angeimpft und 7 Tage bei den angegebenen Bedingungen kultiviert. Mit dieser
Vorkultur wurden 200 mL Hauptkultur angeimpft, die ebenfalls 7 Tage bei den
angegebenen Bedingungen kultiviert wurde.
Kultivierung von P. aeruginosa, E. nimipressuralis und C. freundii
Der jeweilige Stamm wurde in flüssigem LB-Lennox-Medium bei 37°C auf
einem Inkubationsschüttler (150 Upm, Weiss Gallenkamp ) inkubiert. Dazu
wurden zunächst von einer Platte 20 mL Vorkultur angeimpft und 1 Tag bei den
angegebenen Bedingungen kultiviert. Mit dieser Vorkultur wurden 200 mL
Hauptkultur angeimpft, die ebenfalls 1 Tag bei den angegebenen Bedingungen
kultiviert wurde.
2.2.2 Aushungern der fakultativ pathogenen Bakterien vor Kontamination
Um die Organismen auf die natürlichen, oligotrophen Bedingungen sowie die
Temperatur einer Trinkwasserinstallation anzupassen, wurden die Organismen
nach Anzucht in Nährmedien in sterilem Trinkwasser vom Standort und bei der
Temperatur ausgehungert, in der sie später eingesetzt wurden. Die jeweilige
Kultur wurde zweimal in sterilem Trinkwasser gewaschen, auf zwei Kolben
aufgeteilt und in sterilem Trinkwasser bei 37°C bzw . bei 15°C statisch für 24
Stunden ausgehungert.
2.3
Wasserprobenahmen
Die Wasserprobenahmen erfolgten nach 8, 12, 16, 24, 32, 36, 36, 14 und 39
Betriebswochen. Bei der Beprobung der Versuchsanlagen wurden zuerst die
Wasserproben entnommen. Dies erfolgt nach DIN EN ISO 19458 zur Analyse
der Wasserbeschaffenheit an einer Entnahmearmatur in der TrinkwasserInstallation (Zweck b), d.h. der Auslauf der Entnahmearmatur wurde durch
Abflammen desinfiziert. Es wurden zunächst ca. 50 mL Wasser abgeschlagen,
um eine theoretisch mögliche Beeinflussung durch die im Probenahmeventil
vorhandene Gummidichtung auszuschließen. Dann wurden in eine sterile
Schottflasche ca. 700 mL Probe abgefüllt. Dies sollte sicherstellen, dass nur der
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
111
im Rohr befindliche stagnierende Wasserkörper untersucht wurde und es nicht
zu einer Vermischung mit frischem, nicht stagniertem Wasser kommt. Dies war
auch zum Ende einer Versuchsreihe gewährleistet, bei der die Rohre um ca. 2
m kürzer waren.
2.4
Biofilmprobenahmen
Die Biofilmprobenahmen erfolgten nach 2, 4, 6, 8, 12, 16, 24, 32, 36, 36, 14 und
39 Betriebswochen. Die Untersuchung der Biofilmentwicklung erfolgte an
separaten Biofilmmessstrecken nach der 2., 4. und 6. Betriebswoche, damit die
Ausgangs¬längen von 10 m der Versuchsstrecken erhalten blieben. Ab der
Probenahme 8. Betriebswoche (Zeitpunkt der Kontamination) wurden die
eigentlichen Versuchsstrecken beprobt. Die Entnahme der Rohr- / Schlauchabschnitte für die Biofilmproben erfolgte vor dem Probenahmeventil (also immer
vom Ende des Rohres aus). Dies soll eine mögliche Beeinflussung / Kontamination der davor liegenden Rohre vermindern. Für eine Probenahme
wurden ca. 25 cm Rohr/Schlauch benötigt. Das Kupfer wurde mit einem
Rohrschneider der Fa. Geberit abgelängt. Hierdurch wurden Spanbildung und
Hitzeentwicklung und somit eine Beeinflussung des Biofilms verhindert. Die PEXc und PE-Xb-Rohre wurden mit einem geeigneten Rohrschneider abgelängt.
Das Rohrstück im Bereich der Schraubverbindungen wurde abgeschnitten und
nicht untersucht. Die EPDM-Werkstoffe wurden mit einer sterilen Schere
abgelängt. Das Schlauchstück im Bereich der Verbindung (ca. 2 cm) wurde
ebenfalls abgeschnitten und nicht mit untersucht.
2.5
Isolierung von Biofilmen
Zur Entfernung des Biofilms aus einem Rohr/Schlauch wurde ein Viertel des
Volumens mit sterilen SAZ-Perlen (Zirkonmischoxid-Mahlgranulat; ER 120S
ZrO2 69%, Durchmesser 0,3 – 0,4 mm, Mühlmeier GmbH, Bärnau,
Deutschland) und die Hälfte des Volumens mit sterilem Wasser befüllt. Anschließend wurde das Werkstück an beiden Enden mit sterilen Gummistopfen
verschlossen und in einer Plexiglasröhre fixiert. Die Plexiglasröhre wurde auf
einen Schüttler (SM 25 Edmund Bühler GmbH, Hechingen) eingespannt und für
1 min bei 250 U/min horizontal geschüttelt. Danach wurde die Plexiglasröhre
um 90° um die Längsachse gedreht und wiederum für 1 min bei 250 U/min
geschüttelt. Dieser Vorgang wurde viermal durchgeführt, so dass das
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
112
Plexiglasrohr insgesamt um 360° gedreht wurde. Dana ch wurde das Werkstück
aus der Plexiglasröhre entnommen, das Wasser dekantiert und erneut die
Hälfte des Rohr-/Schlauchvolumens mit sterilem Wasser befüllt. Beim zweiten
Ausschüttel¬vorgang wurde ein Rohr wiederum viermal um jeweils 90° gedreht
und danach der Überstand dekantiert. Beim dritten Ausschüttelvorgang wurde
das Werkstück insgesamt zweimal um 360° gedreht (ac htmal Drehung um
jeweils 90°) und danach der Überstand dekantiert. D er vierte Ausschüttelvorgang entsprach dem dritten Ausschüttelvorgang (achtmal Drehung um
jeweils 90°) und ergab den letzten Überstand. Das V olumen des entfernten
Biofilms sowie die Länge und der Durchmesser des Werkstücks wurden
dokumentiert. Aus der Länge und dem Rohrinnendurchmesser wurde die
Innenoberfläche berechnet (Auswertung siehe Kapitel 2.7)
2.6
Chemische Nachweisverfahren
Total organic carbon und dissolved organic carbon
Die Konzentrationen des gesamten organisch gebundenen Kohlenstoffs im
Trinkwasser (total organic carbon, TOC) und des gelösten organisch
gebundenen Kohlenstoffs (dissolved organic carbon, DOC) wurden mit dem
TOC-Analyzer TOC-VCSN (Shimadzu, Duisburg) gekoppelt mit einem
Autosampler ASI-V (Shimadzu) nach DIN EN 1484 H3 bestimmt. Für die DOCBestimmung wurden DOC-frei gespülte Membranfilter mit der Porenweite von
0,4 µm verwendet.
Chlordioxid und Chlor
Die Konzentrationen von Chlordioxid und Chlor im Trinkwasser wurden mit Hilfe
des Kompaktphotometers (Allcon ® Test B 310-055, N 310-105, S310-205) der
Fa. Alldos (Alldos Eichler GmbH, Pfinztal, Söllingen) bestimmt. Die
Durchführung erfolgte nach Anleitung des Herstellers.
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
2.7
113
Mikrobiologische Nachweisverfahren
Gesamtzellzahl
Die Gesamtzellzahl (GZZ) erfasst alle lebenden und toten Bakterien mit intakter
Zellmorphologie. Zur Bestimmung der GZZ wurde ein definiertes Volumen einer
Wasserprobe oder Probe einer Biofilmsuspension über einen schwarz
gefärbten Isopore Polycarbonat Filter mit 0,2 µm Porengröße (Millipore,
Eschborn) filtriert und mit dem Fluoreszenzfarbstoff 4‘,6-Diamino-2-phenylindoldihydrochlorid (DAPI) in einer End-Konzentration von 10 µg/mL angefärbt
(Hobbie et al., 1977). Die abfiltrierten Proben wurden auf dem Filter für 20 min
bei Raumtemperatur mit DAPI inkubiert. Die Auszählung der Proben erfolgte mit
Hilfe eines Fluoreszenzmikroskops (Zeiss Axioplan, Filtersatz 01, Anregung 365
nm, Emission 397 nm) bei 1.000facher Vergrößerung. Es wurden 10 Gesichtsfelder mit jeweils 100 Kleinquadraten mit einer Fläche von 12,5 µm x 12,5 µm
pro Kleinquadrat ausgezählt. Aus dem arithmetischen Mittel der 10 ausgezählten Gesichtsfelder wurde die Gesamtzellzahl pro Volumen (für die
Wasserproben) oder pro Fläche (für die Biofilme) berechnet.
Heterotrophic plate count auf R2A
Die Bestimmung der Koloniezahl heterotropher Bakterien (HPC-Bestimmung
nach Reasoner und Geldreich (Reasoner und Geldreich, 1985) erfolgte mit dem
Spatelverfahren auf R2A-Medium (Carl Roth, Karlsruhe). Die Auswertung der
Platten erfolgte nach DIN EN ISO 8199.
Koloniezahl bei 22 und 36°C nach TrinkwV 2001
Die Bestimmung der Koloniezahlen nach TrinkwV 2001 erfolgte im Plattengussverfahren mit Plate-Count-Agar (Carl Roth). Dieses Verfahren entspricht der
DIN EN ISO 6222. Die Auswertung der Platten erfolgte nach DIN EN ISO 8199.
114
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
Koloniezahl bei 20 und bei 36°C nach TrinkwV 1990
Die Bestimmung der Koloniezahlen nach TrinkwV 1990 erfolgte im Plattengussverfahren mit DEV-Agar (Carl Roth). Die Auswertung der Platten erfolgte nach
DIN EN ISO 8199.
Nachweis und Zählung von L. pneumophila
Der Nachweis und die Zählung koloniebildender Einheiten von L. pneumophila
erfolgten in Anlehnung an die ISO 11731 auf BCYE-Agar (Carl Roth). Auf die
Hitze- bzw. Säure-Vorbehandlung wurde verzichtet. Verdächtige Kolonien
wurden auf BYE-Agar ohne Cystein bei 36°C subkultiviert. L. pneumophila
wächst nur in Gegenwart von Cystein. Zudem erfolgte eine Bestimmung von L.
pneumophila durch Bestimmung der Serogruppe 1 mittels Sero-Test-Kit (Slidex
Legionella Kit, BioMerieux, Nürtingen). Die Auswertung der Platten erfolgte
nach DIN EN ISO 8199.
Nachweis und Zählung von P. aeruginosa
Der Nachweis und die Zählung koloniebildender Einheiten von P. aeruginosa
erfolgte nach DIN EN 12780 auf CN-Selektivagar (Carl Roth). Die Auswertung
der Platten erfolgte nach DIN EN ISO 8199.
Nachweis und Zählung von C. freundii und E. nimipressuralis
Der Nachweis und die Zählung koloniebildender Einheiten von C. freundii und
E. nimipressuralis erfolgte nach DIN EN ISO 9308-1 auf Lactose-TTC-Agar
(Carl Roth). Die Auswertung der Platten erfolgte nach DIN EN ISO 8199.
Fluoreszenz in situ Hybridisierung
Die Fluoreszenz in situ Hybridisierung (FISH) von Suspensionen der
Biofilmproben wurden nach Kalmbach et al. (1997) durchgeführt. Die Biofilmsuspension wurde dabei insgesamt um den Faktor 200 aufkonzentriert. Daraus
ergab sich eine Nachweisgrenze von 1000 Zellen/mL Biofilmsuspension oder
50 Zellen/cm².
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
115
Zum Nachweis von P. aeruginosa wurde die Gensonde Psae 16S-182
(Wellinghausen et al., 2005) und zum Nachweis von L. pneumophila wurde die
Gensonden LEGPNE1 (Grimm et al., 1998) verwendet.
API-Test System zur Identifizierung von P. aeruginosa, C. freundii und E.
nimipressuralis
Zur Identifizierung von P. aeruginosa, C. freundii und E. nimipressuralis, die aus
den Proben aus den Versuchsanlagen auf Selektivmedien isoliert worden
waren, wurde das API-System der Fa. BioMerieux (Nürtingen) angewandt. Die
Durchführung erfolgte nach Angabe des Herstellers.
Assimilierbarer organischer Kohlenstoff (AOC)
Die Bestimmung des biologisch leicht assimilierbaren organischen Kohlenstoffs
(AOC) im Trinkwasser erfolgte nach der Methode von van der Kooij et al.
(1982).
Auswertung und Berechnung GZZ, FISH bzw. KBE pro cm² Innenoberfläche Werkstoff
Für eine isolierte Biofilmsuspension wurde eine Konzentration X GZZ/mL bzw.
Y KBE/mL ermittelt. Diese Konzentrationen beziehen sich auf das isolierte
Volumen (Summe der dekantierten Überstände aus der Biofilmisolierung).
Diese Konzen¬trations¬werte wurden auf die Innoberfläche der Werkstoffe, von
welcher der Biofilm abgelöst worden war, umgerechnet. Im folgenden Text ist
die Bezeichnung „Anzahl“ im Biofilm als Gesamtzellzahl bzw. Anzahl der FISHpositiven Zellen bzw. der kultivierbaren Bakterien pro cm² Rohr/Schlauchinnenoberfläche zu verstehen. Nachfolgendes Beispiel zeigt die
Berechnung der GZZB im Biofilm:
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
116
GZZ B =
GZZ S • V
A
GZZB = GZZ im Biofilm (1/cm²)
GZZS = GZZ in Biofilmsuspension (1/mL)
V = Volumen der dekantierten Überstände aus den Ausschüttelungen (mL)
A = Beprobte Fläche Rohr-/Schlauchinnenoberfläche (cm²)
Nachweisgrenze (DAPI-GZZ) für Biofilmproben:
7,84 x 102 Zellen/cm²
Bestimmungsgrenze (DAPI-GZZ) für Biofilmproben:
9,41 x 103 Zellen/cm²
Nachweisgrenze (FISH-pos. Zellen) für Biofilmproben:
5,0 x 101 Zellen/cm²
Bestimmungsgrenze (FISH-pos. Zellen) für Biofilmproben:
5,0 x 102 Zellen/cm²
Nachweisgrenze KBE für Biofilmproben:
1,6 x 10-1 KBE/cm²
Bestimmungsgrenze KBE für Biofilmproben:
2 KBE/cm²
Von jedem Werkstoff, mit Ausnahme PE-Xb, wurden 2 parallel betriebene
Rohre/Schläuche untersucht. Von den jeweiligen Ergebnissen wurde der
Mittelwert gebildet. Angegeben wird die Anzahl der Zellen/cm² bzw. KBE/cm²
Innenoberfläche Werkstoff.
2.8
Wasserbeschaffenheiten
Die Versuchsanlagen wurden an drei verschiedenen Wasserwerksstandorten
betrieben. In den Wasserwerken 1 und 2 wurde reduziertes Grundwasser zu
Trinkwasser aufbereitet, im Wasserwerk 3 wurde Uferfiltrat zu Trinkwasser
aufbereitet und mit Chlordioxid desinfiziert. Am Standort der Versuchsanlage im
Hochbehälter im Verteilungsnetz war kein Chlordioxid im Trinkwasser mehr
nachweisbar. Die wesentlichen Unterscheidungsmerkmale der untersuchten
Wässer sind in Tab. 1 dargestellt.
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
Parameter
Einheit
117
Wasserwerk 1
Wasserwerk 2
Wasserwerk 3
Rohwasser
red. Grundwasser red. Grundwasser
Uferfiltrat
Temperatur
°C
9,7
12,4
13,6
pH-Wert
8,0
7,3
7,5
DOC
mg/L
0,8
3,1
0,3
AOC
ac-C eq. µg/L
18
24
33
Nitrat
mg/L
< 0,5
1,2
12,6
Nitrit
mg/L
< 0,02
< 0,02
< 0,02
Ammonium
mg/L
< 0,02
< 0,02
< 0,02
Orthophosphat mg/L
0,09
< 0,06
1,06
Nitrit und Ammonium jeweils < 0,02 mg/L bei allen drei Wasserwerksstandorten
Tabelle 1:
Unterschiede
der
untersuchten
Wasserbeschaffenheiten
(Trinkwasser) an den drei verschiedenen Standorten
2.9
Halbtechnische Versuchsanlage zur Simulation einer TrinkwasserInstallation
Das zu untersuchende Wasser wurde an den Wasserwerksstandorten 1 und 2
unmittelbar nach der Wasseraufbereitung aus einem Reinwasserbehälter
entnommen. Am Standort 3 wurde das Wasser vom Ausgang eines
Hochbehälters im Verteilungsnetz für die Versuche verwendet. Das Wasser war
somit nicht durch eine Trinkwasser-Installation beeinflusst.
Das Wasser wurde in die Versuchsanlagen gepumpt und auf die
Rohre/Schläuche aus den zu untersuchenden Werkstoffen verteilt. Von jedem
Werkstoff waren zwei Rohre/Schläuche eingebaut (a- und b-Rohr; Ausnahme:
PE-Xb mit nur einem Rohr). Für die Simulation des Kaltwassersystems wurde
die Temperatur des ankommenden Trinkwassers nicht verändert (12 bis 15°C).
Für die Simulation eines Warmwasser¬systems wurde das Wasser auf 37°C
erwärmt und innerhalb der eingehausten Versuchsanlage durch Lufttemperierung auf ca. 37°C gehalten. Eine Kontaminat ion bzw. ein Rückfließen
von kontaminierten Abwässern in andere Leitungen oder gar in das Trinkwassersystem konnte durch bauliche Vorsorgemaßnahmen ausgeschlossen
werden. Eine Übersicht über die Versuchsanlage zeigt Bild 1. Eine
schematische Darstellung der Versuchsanlage ist in Bild 2 abgebildet.
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
118
Bild 1:
Halbtechnische Versuchsanlage ohne Wassererwärmung zur
Simulation einer Trinkwasser-Installation für die Langzeitversuche zur Einnistung von fakultativ pathogenen Bakterien
in Biofilme und deren Austrag ins Trinkwasser.
2.9.1 Wasserverbrauchsprofil
Um praxisnahe Bedingungen für eine Trinkwasser-Installation zu simulieren,
wurde das Fließ- und Stagnationsprogramm nach DIN 50931-1 verwendet. Dieses Programm stellt prinzipiell die Wasserentnahme einer vierköpfigen Familie
aus einem Wasserhahn in der Küche nach. Der Durchfluss beträgt 145 L/d. Die
gesamte Stagnationszeit des Wassers in den Leitungen beträgt 23h 31 min.
Das Wasser fließt in kurzen Intervallen insgesamt nur für 29 min am Tag durch
die Leitungen. Die längste Stagnationsphase beträgt 8 h (simulierte Nachtstagnation). Nach dieser langen Stagnation wurden die Wasserproben entnommen. Die Steuerung der Magnetventile zur Befüllung der Leitungen erfolgte
automatisch über ein SPS-Programm. Jede Leitung wurde einzeln angesteuert.
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
119
Material 1 (Teststrecke a)
Probenahmeeinrichtung
Stagnationsproben
Zulauf Trinkwasser
Max.
Ablauf
Min.
Material 1 (Teststrecke b)
Material 2 (Teststrecke a)
Material 2 (Teststrecke b)
m³
Material 3 (Teststrecke a)
Material 3 (Teststrecke b)
Material 4 (Teststrecke a)
Material 4 (Teststrecke b)
Material 1 (Teststrecke c)
Material 2 (Teststrecke c)
Material 1 (Biofilmmessstrecke)
Material 2 (Biofilmmessstrecke)
m³
RS 232
RS 485
RS 232
Personal
Computer
Material 3 (Biofilmmessstrecke)
Material 4 (Biofilmmessstrecke)
Zusatzexperimente
Ablauf
Messstrecke Wasserparameter
RS 485
*
*
Messumformer für:
pH, Temperatur,
Leitfähigkeit, Sauerstoff
SPS
Bild 2:
Halbtechnische
Versuchsanlage
zur
Kontamination
von
Trinkwasser
Trinkwasser-Installationen.
Untersuchung
aus
Biofilmen
der
in
2.9.2 Verwendete Werkstoffe
Als metallischer Werkstoff wurde halbhart gezogenes Kupfer (13 mm
Innendurchmesser, 10 m Ausgangslänge) verwendet.
Als Vertreter für plastomere Werkstoffe wurde HD-PE-Xc (strahlenvernetztes
HD-PE, 13 mm Innendurchmesser, 10 m Ausgangslänge; im Folgenden PE-Xc
genannt) und HD-PE-Xb (silanvernetztes HD-PE, 11,5 mm Innendurchmesser,
12 m Ausgangslänge; im Folgenden PE-Xb genannt) verwendet. Beide
Materialien erfüllen die Anforderungen der KTW „A“ und des DVGWArbeitsblatts W 270. Das PE-Xb wurde als Verbundwerkstoff verwendet mit
PE-Xb als Wasser berührendes Material.
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
120
Als Vertreter für elastomere Werkstoffe wurden zwei EPDM-Qualitäten
ausgewählt (13 mm Innendurchmesser, 10 m und 2 m Ausgangslängen). Das
„EPDM mit Empfehlung“ erfüllt die Anforderungen der KTW „C“ und des
DVGW-Arbeitsblatts W 270. Dieser Werkstoff durfte bis zum 31.12.2006 für
„Panzerschläuche“ in Trinkwasser-Installationen verwendet werden. Für
Dichtungen ist dieser Werkstoff nach wie vor zugelassen. Das „EPDM ohne
Empfehlung“ erfüllt weder die Anforderungen der KTW-Kategorie „C“ noch des
DVGW-Arbeitsblatts W 270 und diente als “worst case Material“. Jedoch kam
auch dieser Werkstoff in Einzelfällen entgegen den aaRdT zum Einsatz in
Panzerschläuchen, die in Trinkwasser-Installationen in Überlängen eingebaut
wurden. In Tab. 2 sind die verwendeten Werkstoffe dargestellt.
Tabelle 2:
In den Versuchsanlagen verwendete Werkstoffe
Werkstoffbezeichnung
Kupfer
PE-Xb
O/VVerhältnis
[m²/m³]
10
13
3,08
62,8
--
--
10
11,5
3,48
80,2
ja
"A"*
10
13
3,08
62,8
ja
"A"*
10 und 2
je 13
3,08
62,8
ja
"C"
10 und 2
je 13
3,08
62,8
nein
keine
Einbaulänge
[m]
Metall
Plastomere
PE-Xc
EPDM mit Empfehlung
Innendurchmesser [mm]
Werkstoffgruppe
Elastomere
EPDM ohne Empfehlung
Strömungsgeerfüllt
schwindigkeit
KTW Kategorie
DVGW W 270
[cm/sec]
* Plastomere erfüllen die „Leitlinie zur hygienischen Beurteilung von organischen Materialien im Kontakt mit Trinkwasser (KTW-Leitlinie)"
-- für metallische Werkstoffe nicht zutreffend
2.9.3 Kontamination der Versuchsanlagen
Die halbtechnischen Versuchsanlagen wurden 8 Wochen nach Versuchsbeginn
mit L. pneumophila, P. aeruginosa und E. nimipressuralis (siehe Kap. 2.1)
kontaminiert. Ab dem 2. Wasserwerksstandort wurde zusätzlich C. freundii in
die Versuchsanlagen eingebracht. Die Kontamination erfolgte mit einer
Suspension aus allen drei bzw. vier Organismen.
Durchführung des Animpfvorganges
Aus der temperierten bzw. nicht temperierten Versuchsanlage wurden jeweils
25 L 37°C warmes Wasser bzw. 25 L 12°C kaltes Wasse r entnommen. Zu
diesem Volumen wurden die jeweiligen Volumina der ausgehungerten,
fakultativ pathogenen Bakterien zugegeben, so dass die Endkonzentration der
Animpfsuspension pro fakultativ pathogener Bakterienart ca. 1 x 106 Zellen/mL
betrug. Diese Zellsuspensionen mit den fakultativ Pathogenen wurden in die
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
121
Rohre der temperierten bzw. nicht temperierten Anlage gepumpt und blieben für
24 h in den Leitungen stehen. Dann wurden die Rohre mehrfach gespült, um zu
verhindern, dass Reste der Bakteriensuspension aus dem Überstand die ersten
Biofilmproben verfälschen.
2.10 Reinigung und Desinfektion der Versuchsanlagen
9 Monate nach Versuchsbeginn bzw. 7 Monate nach der Kontamination wurden
die Versuchsanlagen gereinigt und desinfiziert. Zur mechanischen Reinigung
wurde für 30 min ein Impulsspülverfahren (5 bar Wasserdruck, Luftimpuls alle 2
sec für 1 sec mit 5 bar Druck, durchgeführt von Fa. Hammann, Annweiler am
Trifels) eingesetzt. Danach wurde eine chemische Desinfektion mit Chlordioxid
durchgeführt. Chlordioxid wurde mit dem HCl/NaClO2-Verfahren (Fa. GrundfosAlldos, Pfinztal, Söllingen) mit einer Stammkonzentration von 2 g/L hergestellt.
Die gewünschte Endkonzentration des Desinfektionsmittels in Trinkwasser
(unter Berücksichtigung der Zehrung) wurde in einem Behälter eingestellt. Die
Desinfektionslösung wurde in die Leitungen eingefüllt und 24 h stehen gelassen. Danach wurde die Desinfektionslösung abgelassen und die Leitungen
für 24 h mit Trinkwasser gespült (DIN 50931-1-Programm). Danach erfolgte die
erste Probenahme nach Desinfektion.
3
Ergebnisse
In den nachfolgenden Kapiteln kann nur ein Teil der Ergebnisse des Projekts
dargestellt werden. Die vollständigen Ergebnisse sind in der Dissertation von
Benölken (Benölken, 2010) enthalten.
An allen drei Wasserwerksstandorten bildeten sich innerhalb von 6 bis 8
Wochen auf allen eingesetzten Werkstoffen stabile Biofilme aus, deren
Gesamtzellzahlen im weiteren Untersuchungszeitraum nahezu konstant
blieben. Als Beispiel sind in Bild 3 die Gesamtzellzahlen auf den untersuchten
Werkstoffen am Wasserwerksstandort 3 dargestellt. Die Anzahl der
kultivierbaren Bakterien (HPC auf R2A, Koloniezahl nach TrinkwV 2001 und
1990) an der Gesamtzellzahl nahm mit fortschreitender Versuchsdauer ab.
Die Anzahl der auf den jeweiligen Oberflächen bestimmten Bakterien war
abhängig von der Untersuchungsmethode. Die höchste Anzahl wurde mit der
122
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
Gesamtzellzahlbestimmung, gefolgt von der Kultivierungsmethode HPC auf
R2A, Koloniezahl gemäß TrinkwV 2001 und Koloniezahl gemäß TrinkwV 1990
ermittelt.
An allen drei Wasserwerksstandorten wurde das EPDM ohne Empfehlung am
dichtesten besiedelt. Auf dieser Werkstoffoberfläche war mit bloßem Auge ein
dicker, schleimiger Biofilm zu erkennen. Der zweit-dichteste Biofilm bildete sich
auf EPDM mit Empfehlung, gefolgt von dem auf PE-Xb. Die geringste
Biofilmbesiedlung konnte auf den Werkstoffen Kupfer und PE-Xc festgestellt
werden.
Bei der Biofilmbildung im Kaltwasser (12°C) und War mwasser (37°C) wurde
kein Einfluss der Temperatur erkannt.
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
123
Gesamtzellzahl [Zellen/cm²]
Gesamtzellzahl [Zellen/cm²]
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
Warmwasserbiofilm
0
10
20
30
40
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
Kaltwasserbiofilm
0
10
Betriebszeit [w]
Bild 3:
20
30
40
Betriebszeit [w]
Gesamtzellzahlen der Biofilme in Abhängigkeit der Werkstoffqualität und der Temperatur am Wasserwerk 3. Die
Kontamination erfolgte in der 8. Betriebswoche. Kupfer,
PE-Xc, Ж PE-Xb, ▲ EPDM mit Empfehlung, X EPDM ohne
Empfehlung.
3.1
Wasserwerk 1
8 Wochen nach Versuchsbeginn wurden die Versuchsanlagen mit den fakultativ
pathogenen Bakterien experimentell kontaminiert und deren Einnistung in den
Biofilm und Austrag ins stagnierende Wasser untersucht. Das Trinkwasser vom
Wasserwerk 1 war aus reduziertem Grundwasser aufbereitet worden und hatte
einen DOC von 0,8 mg/L.
3.1.1 Einnistung der fakultativ pathogenen Bakterien
Die Kultivierbarkeit von P. aeruginosa im Biofilm ging auf allen Materialien
schnell zurück. Nach der Kontamination war P. aeruginosa im Warmwasserbiofilm nicht länger als 3 Wochen und im Kaltwasserbiofilm nicht länger als 8
Wochen kulturell nachweisbar.
P. aeruginosa war im Warmwasserbiofilm auf PE-Xb, EPDM ohne Empfehlung,
EPDM mit Empfehlung und PE-Xc nach der Kontamination kulturell
nachweisbar. Auf dem EPDM ohne Empfehlung war P. aeruginosa bis zur 11.
Betriebswoche (3 Wochen nach Kontamination) kulturell nachweisbar. Im
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
124
Kaltwasserbiofilm war P. aeruginosa auf allen Werkstoffen direkt nach der
Kontamination nachweisbar. Auf EPDM ohne Empfehlung und EPDM mit
Empfehlung war P. aeruginosa bis zur 16. Betriebswoche (8 Wochen nach
Kontamination) kulturell nachweisbar. Die Ergebnisse sind in der Bild 4
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
Warmwasserbiofilm
0
10
20
P. aeruginosa [KBE/cm²]
P. aeruginosa [KBE/cm²]
dargestellt.
30
40
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
Kaltwasserbiofilm
0
Betriebszeit [w]
Bild 4:
Anzahl
kultivierbarer
10
20
30
40
Betriebszeit [w]
P.
aeruginosa
(KBE/cm²)
in
den
Biofilmen auf den verschiedenen Werkstoffen am Wasserwerk 1. Die Kontamination erfolgte in der 8. Betriebswoche.
Kupfer, PE-Xc, Ж PE-Xb, ▲ EPDM mit Empfehlung, X
EPDM ohne Empfehlung
Die Biofilme wurden in der 11. Betriebswoche ein zweites Mal mit
L. pneumophila kontaminiert (in gleicher Zellkonzentration wie bei der ersten
Kontamination), weil nach der ersten Kontamination keine Legionellen in den
Biofilmen nachweisbar waren. Danach ließ sich L. pneumophila auf PE-Xb,
EPDM mit Empfehlung und EPDM ohne Empfehlung von der Kontamination bis
zur Desinfektion in den Warmwasserbiofilmen kulturell nachweisen. Die höchste
Anzahl von L. pneumophila wurde im Biofilm auf dem EPDM ohne Empfehlung
gemessen, gefolgt vom EPDM mit Empfehlung. Im Biofilm auf dem PE-Xb
bildeten sich ähnlich hohe Anzahlen wie auf dem EPDM ohne Empfehlung. Auf
PE-Xc ließ sich L. pneumophila ab der 16. Betriebswoche kulturell nachweisen.
Auf Kupfer ließ sich L. pneumophila nur einmal in der 24. Betriebswoche (13
Wochen nach Kontamination) kulturell nachweisen. Die geringste Anzahl von
L. pneumophila bildete sich im Warmwasserbiofilm auf PE-Xc. Im Kaltwasserbiofilm ließ sich L. pneumophila nur vereinzelt auf den EPDM-Werkstoffen
nachweisen. Die Ergebnisse sind in der Bild 5 dargestellt.
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
125
L. pneumophila [KBE/cm²]
L. pneumophila[KBE/cm²]
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
Warmwasserbiofilm
0
10
20
30
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
40
Betriebszeit [w]
Bild 5:
Kaltwasserbiofilm
0
10
20
30
Betriebszeit [w]
Anzahl kultivierbarer L. pneumophila (KBE/cm²) in den Biofilmen auf den verschiedenen Werkstoffen am Wasserwerk 1.
Die Kontamination erfolgte in der 11. Betriebswoche.
Kupfer, PE-Xc, Ж PE-Xb, ▲ EPDM mit Empfehlung,
X EPDM ohne Empfehlung.
E. nimipressuralis war kulturell zu keinem Zeitpunkt nachweisbar.
3.1.2 Austrag in das stagnierende Wasser
P. aeruginosa konnte 24 h nach der Kontamination in allen Warmwasserproben
nachgewiesen werden. Im Kaltwasser war P. aeruginosa, außer auf Kupfer,
ebenfalls in allen Wasserproben kulturell nachweisbar. Die höchsten Konzentrationen fanden sich im stagnierenden Warmwasser auf PE-Xc, EPDM
ohne Empfehlung und EPDM mit Empfehlung. Geringere Konzentrationen
fanden sich auf PE-Xb und Kupfer. Im Kaltwassersystem wurden die höchsten
Konzentrationen im stagnierenden Wasser vom EPDM ohne Empfehlung
gemessen, gefolgt von den HD-PE-X-Werkstoffen und EPDM mit Empfehlung.
Somit konnte P. aeruginosa länger im stagnierenden Wasser als im Biofilm
nachgewiesen werden. P. aeruginosa war im Warmwasser ab der
11. Betriebswoche und im Kaltwasser ab der 16. Betriebswoche im 8 h
stagnierenden Wasser, jedoch nicht im korrespondierenden Biofilm kulturell
nachweisbar. Die Ergebnisse der Wasseruntersuchung sind in Bild 6
dargestellt.
40
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
Warmwasser
0
10
P. aeruginosa [KBE/mL]
P. aeruginosa [KBE/mL]
126
20
30
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
40
Kaltwasser
0
10
Betriebszeit [w]
Bild 6:
20
30
40
Betriebszeit [w]
Konzentration kultivierbarer P. aeruginosa (KBE/mL) im 8h
stagnierenden Wasserkörper der verschiedenen Werkstoffe
am Wasserwerk 1. Kupfer, PE-Xc, Ж PE-Xb, ▲ EPDM mit
Empfehlung, X EPDM ohne Empfehlung.
L. pneumophila wurde im 8 h stagnierenden Warmwasser von allen Werkstoffen nachgewiesen. Für die PE-X-Werkstoffe erfolgte der Nachweis über den
gesamten Untersuchungszeitraum. Die höchste Konzentration wurde im stagierenden Warmwasser vom EPDM ohne Empfehlung gemessen. Die geringste
Konzentration wurde im Warmwasser von Kupfer und PE-Xc gemessen. In
allen Warmwasserproben lag die Konzentration an L. pneumophila über dem
Maßnahmeschwellenwert von 100 KBE/100 mL [0]. Im stagnierenden
Kaltwasser konnte L. pneumophila kulturell nicht nachgewiesen werden. Die
L. pneumophila [KBE/mL]
Ergebnisse sind in Bild 7 dargestellt.
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
Warmwasser
0
10
20
30
40
Betriebszeit [w]
Bild 7:
Konzentration kultivierbarer L. pneumophila (KBE/mL) im 8h
stagnierenden Wasserkörper der verschiedenen Werkstoffe
am Wasserwerk 1. Kupfer, PE-Xc, Ж PE-Xb, ▲ EPDM mit
Empfehlung, X EPDM ohne Empfehlung, gepunktete Linie:
Maßnahmeschwellenwert von 100 KBE/100 mL
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
127
3.1.3 Reinigung und chemische Anlagen-Desinfektion
7 Monate nach Versuchsbeginn bzw. 5 Monate nach der Kontamination wurden
die Versuchsanlagen gereinigt und desinfiziert und die Entwicklung der
fakultativ pathogenen Bakterien nach der Desinfektion verfolgt. Nach der
Impulsspülung wurde jedes Rohr mit Trinkwasser mit 0,2 mg/L Chlordioxid
befüllt und für 24 h stehen gelassen. Die Chlordioxid-Konzentration lag nach 24
h unterhalb der Nachweisgrenze (< 0,03 mg/L).
Für ausgewählte Rohre wurde daraufhin eine zweite Desinfektion durchgeführt.
Die Warmwasserbiofilme auf EPDM mit Empfehlung (b-Rohr), EPDM ohne
Empfehlung (b-Rohr) und PE-Xb sowie der Kaltwasserbiofilm auf EPDM mit
Empfehlung (a-Rohr) wurden eine Woche nach der ersten Reinigung und
Desinfektion mit 2 mg/L Chlordioxid (24 h) nachbehandelt. Im Abschluss der
Desinfektion war ebenfalls kein Chlordioxid mehr nachweisbar.
Direkt nach Abschluss der Desinfektion und 3 Wochen nach der ersten
Desinfektion wurden die Biofilme und das stagnierende Wasser untersucht. Für
die nachbehandelten Rohre wurden auch 24 h nach der zweiten Desinfektion
Biofilm- und Wasserproben untersucht.
P. aeruginosa wurde direkt nach der Desinfektion mit 0,2 mg/L Chlordioxid im
Warmwasserbiofilm auf EPDM ohne Empfehlung nachgewiesen. Im stagnierenden Warmwasser wurde P. aeruginosa auf Kupfer, PE-Xb, PE-Xc und
EPDM mit Empfehlung kulturell nachgewiesen.
3 Wochen nach der Desinfektion war P. aeruginosa im Warmwasserbiofilm auf
EPDM ohne Empfehlung (trotz zweiter Desinfektion mit 2 mg/L Chlordioxid) und
im Kaltwasserbiofilm auf PE-Xb kulturell nachweisbar. Im stagnierenden
Warmwasser war P. aeruginosa kulturell in EPDM ohne Empfehlung und PE-Xb
kulturell nachweisbar. Die Ergebnisse sind in Tab. 3 dargestellt. Gezeigt werden
nur die Werkstoffe, bei denen P. aeruginosa kulturell nachweisbar war. Auf
allen in der Tabelle nicht erwähnten Werkstoffen war P. aeruginosa kulturell
nicht nachweisbar.
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
128
Tabelle 3: Kultureller Nachweis von P. aeruginosa vor und nach der
durchgeführten Reinigung und den Desinfektionen
Werkstoff
Pseudomonas aeruginosa
Temperatur/Wasser/Biofilm
vor Desinfektion
nach 0,2 mg/L ClO2
nach 2 mg/L ClO2
EPDM ohne Empfehlung (b-Rohr) Warmwasser-Biofilm
< 0,16 KBE/cm²
64 KBE/cm²
7 KBE/cm²
PE-Xb
Kaltwasser-Biofilm
< 0,16/KBE/cm²
< 0,16 KBE/cm²
2 KBE/cm²
Kupfer (a-Rohr)
Warmwasser
< 1 KBE/100 mL
6 KBE/100 mL
< 1 KBE/100 mL
PE-Xb
Warmwasser
< 1 KBE/100 mL
900 KBE/100 mL
1 KBE/100 mL
PE-Xc (b-Rohr)
Warmwasser
< 1 KBE/100 mL
13 KBE/100 mL
< 1 KBE/100 mL
EPDM mit Empfehlung (a-Rohr)
Warmwasser
< 1 KBE/100 mL
1 KBE/100 mL
< 1 KBE/100 mL
EPDM mit Empfehlung (b-Rohr)
Warmwasser
< 1 KBE/100 mL
1 KBE/100 mL
< 1 KBE/100 mL
EPDM ohne Empfehlung (b-Rohr) Warmwasser
< 1 KBE/100 mL
< 1 KBE/100 mL
4 KBE/100 mL
Trotz der Desinfektion mit 0,2 mg/L und in einzelnen Fällen auch mit 2 mg/L
Chlordioxid wurde P. aeruginosa vereinzelt im Warm- und Kaltwasserbiofilm
und im stagnierenden Warmwasser nachgewiesen.
Nach Abschluss der Desinfektion mit 0,2 mg/L Chlordioxid war im Warmwasserbiofilm auf EPDM ohne Empfehlung (b-Rohr) und im Kaltwasserbiofilm auf
EPDM mit Empfehlung (a-Rohr) L. pneumophila kulturell nachweisbar. Im
stagnierenden Wasser ließ sich L. pneumophila kulturell nicht nachweisen.
3 Wochen nach der Reinigung und Desinfektion war L. pneumophila in den
Warm¬wasserbiofilmen auf Kupfer (b-Rohr), PE-Xb, EPDM mit Empfehlung und
EPDM ohne Empfehlung wieder kulturell nachweisbar. Im stagnierenden
Warmwasser von PE-Xb, EPDM mit Empfehlung und EPDM ohne Empfehlung
war L. pneumophila ebenfalls kulturell nachweisbar. Die Konzentrationen von
L. pneumophila im stagnierenden Trinkwasser lagen beim EPDM mit
Empfehlung und EPDM ohne Empfehlung über dem Maßnahmeschwellenwert
nach DVGW-Arbeitsblatt W 551. Die Ergebnisse der Biofilme, die nur mit 0,2
mg/L ClO2 desinfiziert wurden, sind in Bild 8 dargestellt.
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
Warmwasserbiofilm
35
36
37
38
39
Betriebszeit [w]
Bild 8:
129
L. pneumophila[KBE/mL]
L. pneumophila[KBE/cm²]
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
40
41
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
Warmwasser
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
35
36
37
38
39
40
41
Betriebszeit [w]
Anzahl und Konzentration kultivierbarer L. pneumophila in
den Biofilmen (KBE/cm²) bzw. im stagnierenden Wasser
(KBE/mL) bei den verschiedenen Werkstoffen am Wasserwerk
1 vor und nach Desinfektion mit 0,2 mg/L Chlordioxid.
Kupfer, PE-Xc, Ж PE-Xb, ▲ EPDM mit Empfehlung,
X EPDM ohne Empfehlung, gepunktete Linie: Maßnahmeschwellenwert von 100 KBE/100 mL. Der Pfeil markiert den
Zeitpunkt der Desinfektion
In Bild 9 sind die Ergebnisse von den Rohren dargestellt, die eine Woche nach
der ersten Reinigung und Desinfektion mit 2 mg/L Chlordioxid nachdesinfiziert
wurden. Auch mit der nachträglichen Desinfektion konnte L. pneumophila aus
den Biofilmen nicht entfernt werden. 2 Wochen nach der nachträglichen
Desinfektion hatte die Anzahl von L. pneumophila in den Biofilmen wieder zugenommen. Im 8 h stagnierenden Warmwasser wurden hohe Konzentrationen
von L. pneumophila gemessen.
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
130
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
1
< 0,16
1,0E+01
EPDM m.E.
Bild 9:
EPDM o.E.
2
1,0E+06
2w nach 2. D
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-02
HD-PEXb
24 h nach 2. D
1,0E+05
1,0E-01
3
24 h nach 1. R&D
1
EPDM
m.E.
EPDM2 o.E.
< 0,01
2w nach 2. D
1,0E+05
vor 1. R&D
1,0E+07
< 0,01
24 h nach 2. D
1,0E+06
1,0E+08
< 0,01
1,0E+07
< 0,01
24 h nach 1. R&D
< 0,01
< 0,01
vor 1. R&D
L. pneumophila [KBE/mL]
1,0E+09
1,0E+08
< 0,16
L. pneumophila [KBE/cm²]
1,0E+09
3
HD-PEXb
Anzahl und Konzentration kultivierbarer L. pneumophila in
den Biofilmen (KBE/cm²) bzw. im stagnierenden Wasser
(KBE/mL) bei den verschiedenen Werkstoffen am Wasserwerk
1 vor und nach Desinfektion mit 0,2 (1. R&D) und 2 mg/L (2. D)
Chlordioxid.
3.2
Wasserwerk 2
An diesem Standort wurden die gleichen Einnistungs- und Austragsversuche
mit fakultativ pathogenen Bakterien durchgeführt wie am ersten Standort. Beim
Wasserwerk 2 wurde der Einfluss eines erhöhten DOC-Gehaltes auf die
Biofilme untersucht. Das Trinkwasser war wie bei Wasserwerk 1 aus
reduziertem Grundwasser aufbereitet worden und enthielt 3,1 mg/L DOC.
3.2.1 Einnistung der fakultativ pathogenen Bakterien
Die Kontamination der halbtechnischen Versuchsanlagen mit fakultativ pathogenen Bakterien erfolgte wie am ersten Wasserwerksstandort. Zusätzlich
wurden am zweiten Wasserwerksstandort die Versuchsanlagen mit Citrobacter
freundii kontaminiert. P. aeruginosa konnte im Warmwasserbiofilm nach der
Kontamination bis zur Desinfektion kulturell nicht mehr nachgewiesen werden.
Im Kaltwasserbiofilm wurde P. aeruginosa auf Kupfer (24 h nach
Kontamination) und auf EPDM ohne Empfehlung (24 h bis 4 Wochen nach
Kontamination und in der 16. Woche nach Kontamination) kulturell
nachgewiesen. Mit der kulturunabhängigen FISH-Methode konnte zu den
jeweiligen Probenahmezeitpunkten jedoch bestätigt werden, dass sich P.
aeruginosa in allen Biofilmen eingenistet hatte (Bild 10). Der schnelle Rückgang
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
131
der Kultivierbarkeit von P. aeruginosa war in dieser Versuchsreihe noch stärker
ausgeprägt als bei der Versuchsreihe im Wasserwerk 1.
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
Kupfer
PEXc
EPDM o.E.
PEXb
1,0E+06
1,0E+05
EPDM m.E.
Warmwasserbiofilm
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+08
Kupfer
PEXc
EPDM m.E.
1,0E+07
EPDM o.E.
PEXb
Kaltwasserbiofilm
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E+00
8
12
16
24
Betriebszeit [w]
Bild 10:
P. aeruginosa [Zellen/cm²]
P. aeruginosa [Zellen/cm²]
1,0E+09
32
36
8
12
16
24
32
36
Betriebszeit [w]
Anzahl FISH-positiver P. aeruginosa in den Biofilmen auf den
verschiedenen Werkstoffen (Zellen/cm²) am Wasserwerk 2.
Die Kontamination erfolgte in der 8. Betriebswoche.
L. pneumophila wurde hingegen nach der einmaligen Kontamination auf allen
Werkstoffen im Warmwasserbiofilm kulturell nachgewiesen. Die höchste Anzahl
wurde auf EPDM ohne Empfehlung gemessen, gefolgt von EPDM mit
Empfehlung, Kupfer, PE-Xb und die geringsten Anzahlen wurden auf PE-Xc ermittelt. Im Kaltwasserbiofilm wurde L. pneumophila auf EPDM mit Empfehlung,
PE-Xb, PE-Xc und Kupfer kulturell nachgewiesen. Im Kaltwasserbiofilm ließ
sich L. pneumophila am längsten auf dem PE-Xc kulturell nachweisen. Die
Ergebnisse sind in Bild 11 dargestellt. Mit Hilfe der kulturunabhängigen FISHMethode wurde L. pneumophila in allen Biofilmen auf allen untersuchten
Werkstoffen und bei beiden Temperaturen nachgewiesen (Bild 12).
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
L. pneumophila [KBE/cm²]
L. pneumophila [KBE/cm²]
132
Warmwasserbiofilm
0
10
20
30
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
40
Kaltwasserbiofilm
0
10
Betriebszeit [w]
Bild 11:
20
30
40
Betriebszeit [w]
Anzahl kultivierbarer L. pneumophila (KBE/cm²) in den
Biofilmen auf den verschiedenen Werkstoffen am
Wasserwerk 2. Die Kontamination erfolgte in der 8.
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
Kupfer
PEXc
EPDM o.E.
EPDM m.E.
PEXb
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
L. pneumophila [Zellen/cm²]
L. pneumophila [Zellen/cm²]
Betriebswoche. Kupfer, PE-Xc, Ж PE-Xb, ▲ EPDM mit
Empfehlung, X EPDM ohne Empfehlung
1,0E+09
1,0E+08
Kupfer
PEXc
1,0E+07
EPDM o.E.
PEXb
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E+00
8
12
16
24
32
36
8
12
16
24
32
36
Betriebszeit [w]
Betriebszeit [w]
Bild 12:
EPDM m.E.
Anzahl FISH-positiver L. pneumophila (Zellen/cm²) in den
Biofilmen auf den verschiedenen Werkstoffen am
Wasserwerk 2.
Betriebswoche
Die
Kontamination
erfolgte
in
der
8.
C. freundii konnte im Warmwasserbiofilm auf EPDM ohne Empfehlung 24 h
nach Kontamination und auf Kupfer in der 12. Betriebswoche (4 Wochen nach
Kontamination) kulturell nachgewiesen werden. Im Kaltwasserbiofilm fand sich
C. freundii auf Kupfer, EPDM ohne Empfehlung, PE-Xc und PE-Xb bis zur 12.
Betriebswoche (4 Wochen nach Kontamination). Die Anzahl von C. freundii
nahm bei allen Werkstoffen mit fortschreitender Versuchsdauer ab.
Enterobacter nimipressuralis ließ sich zu keiner Zeit kulturell im Biofilm
nachweisen.
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
133
3.2.2 Austrag in das stagnierende Wasser
Wie schon beim ersten Wasserwerksstandort, wurde auch beim zweiten
Wasserwerk beobachtet, dass P. aeruginosa im stagnierenden Wasser kulturell
nachweisbar war, obwohl im korrespondierenden Biofilm kein kultureller
Nachweis möglich war.
P. aeruginosa war im stagnierenden Warmwasser 24 h nach der Kontamination
kulturell auf PE-Xc, EPDM ohne Empfehlung, EPDM mit Empfehlung und PEXb nachweisbar, obwohl P. aeruginosa in den korrespondierenden Biofilmen
nicht nachweisbar war. Auf PE-Xc, EPDM mit Empfehlung und PE-Xb war P.
aeruginosa bis zur 12. Betriebswoche (4 Wochen nach Kontamination) kulturell
nachweisbar. In der 24. Betriebswoche (16 Wochen nach Kontamination) war
P. aeruginosa auf EPDM mit Empfehlung kulturell nachweisbar.
Im Kaltwasser war der kulturelle Nachweis von P. aeruginosa wiederum länger
möglich als im Warmwasser. Im stagnierenden Kaltwasser war P. aeruginosa
auf EPDM ohne Empfehlung, PE-Xb, EPDM mit Empfehlung, PE-Xc und Kupfer
kulturell nachweisbar. Auf Kupfer war P. aeruginosa
Betriebswoche (4 Wochen nach Kontamination) kulturell
EPDM ohne Empfehlung bis in die 16. Betriebswoche
Kontamination) und auf PE-Xb bis in die 24. Betriebswoche
bis in die 12.
nachweisbar, auf
(8 Wochen nach
(16 Wochen nach
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
P. aeruginosa [KBE/mL]
P. aeruginosa [KBE/mL]
Kontamination). In der 32. Betriebswoche (24 Wochen nach Kontamination) war
P. aeruginosa auf Kupfer kulturell nachweisbar. Die Ergebnisse sind in Bild 13
dargestellt.
Warmwasser
0
10
20
30
40
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
Kaltwasser
0
Betriebszeit [w]
Bild 13:
10
20
30
40
Betriebszeit [w]
Konzentration kultivierbarer P. aeruginosa (KBE/mL) im 8 h
stagnierenden Wasser¬körper der verschiedenen Werkstoffe
am Wasserwerk 2. Kupfer, PE-Xc, Ж PE-Xb, ▲ EPDM mit
Empfehlung, X EPDM ohne Empfehlung.
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
134
L. pneumophila wurde nach der Kontamination wiederum im Warmwasser auf
fast allen Werkstoffen über den gesamten Untersuchungszeitraum kulturell
nachgewiesen. In allen Warmwasserproben lag die Konzentration an
L. pneumophila über dem Maßnahmeschwellenwert von 100 KBE/100 mL
(DVGW-Arbeitsblatt W 551). Die höchste Konzentration von L. pneumophila
wurde bis zur 24. Betriebswoche auf dem EPDM ohne Empfehlung, ab der 24.
Betriebswoche im stagnierenden Warmwasser vom PE-Xb gemessen. Die
geringste Konzentration wurde im stagnierenden Warm¬wasser vom PE-Xc
gemessen. Im stagnierenden Kaltwasser wurde L. pneumophila in der 12.
Betriebswoche (4 Wochen nach Kontamination) nur auf EPDM ohne
Empfeh¬lung und Kupfer kulturell nachgewiesen. Die Ergebnisse sind in Bild 14
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
L. pneumophila [KBE/mL]
L. pneumophila [KBE/mL]
dargestellt.
Warmwasser
0
10
20
Betriebszeit [w]
Bild 14:
30
40
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
Kaltwasser
0
10
20
30
40
Betriebszeit [w]
Konzentration kultivierbarer L. pneumophila (KBE/mL) im 8 h
stagnierenden Wasser¬körper der verschiedenen Werkstoffe
am Wasserwerk 2. Kupfer, PE-Xc, Ж PE-Xb, ▲ EPDM mit
Empfehlung, X EPDM ohne Empfehlung, gepunktete Linie:
Maßnahmeschwellenwert von 100 KBE/100 mL
Auch für C. freundii gelang bei einigen Werkstoffen der kulturelle Nachweis im
Wasser, obwohl das Bakterium im Biofilm nicht kulturell nachweisbar war.
C. freundii war im stagnierenden Warmwasser 24 h nach der Kontamination auf
PE-Xc, EPDM ohne Empfehlung, PE-Xb und EPDM mit Empfehlung kulturell
nachweisbar. Im stagnierenden Warmwasser vom PE-Xc konnte C. freundii bis
zur 12. Betriebswoche (4 Wochen nach Kontamination) kulturell nachgewiesen
werden. Im stagnierenden Kaltwasser war C. freundii auf PE-Xc, EPDM mit
Empfehlung, EPDM ohne Empfehlung und Kupfer kulturell nachweisbar. Im
stagnierenden Kaltwasser von PE-Xc und EPDM mit Empfehlung war
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
135
C. freundii bis zur 12. Betriebswoche (4 Wochen nach Kontamination) kulturell
nachweisbar. In der 12. Betriebswoche ließ sich C. freundii auch im stagnierenden Kaltwasser auf PE-Xb kulturell nachweisen. Am längsten ließ sich
C. freundii im stagnierenden Kaltwasser von EPDM ohne Empfehlung bis zur
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
Warmwasser
0
10
C. freundii [KBE/mL]
C. freundii [KBE/mL]
16. Betriebswoche (8 Wochen nach Kontamination) kulturell nachweisen. Die
Ergebnisse sind in Bild 15 dargestellt.
20
30
40
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
Kaltwasser
0
10
Betriebszeit [w]
Bild 15:
20
30
40
Betriebszeit [w]
Konzentration kultivierbarer C. freundii (KBE/mL) im 8 h
stagnierenden Wasserkörper der verschiedenen Werkstoffe
am Wasserwerk 2. Kupfer, PE-Xc, Ж PE-Xb, ▲ EPDM mit
Empfehlung, X EPDM ohne Empfehlung, gepunktete Linie:
Grenzwert für coliforme Bakterien gem. TrinkwV 2001)
E. nimipressuralis war im 8 h stagnierenden Wasser zu keiner Zeit nachweisbar.
3.2.3 Reinigung und chemische Anlagen-Desinfektion
7 Monate nach der Kontamination der beiden Versuchsanlagen wurden die
Versuchsanlagen zunächst mit dem Impulsspülverfahren gereinigt und
anschließend mit Chlordioxid desinfiziert. Die Desinfektionslösung wurde mit
einer Konzentration von 2 mg/L Chlordioxid in die Versuchsstrecken eingefüllt
und für 24 Stunden in den Leitungen belassen. Nach 24 Stunden war das
Chlordioxid in allen Leitungen vollständig gezehrt (< 0,03 mg/L ClO2). Die
Versuchsanlagen wurden für 24 Stunden im Normalbetrieb betrieben. Darauf
erfolgte die Probenahme nach Desinfektion.
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
136
L. pneumophila war nach der Reinigung und Desinfektion in allen Biofilmen
vorhanden. Die stärkste Reduzierung um 2,9 log Stufen zeigte sich auf PE-Xb,
die geringste Reduzierung, um 0,8 log-Stufen, zeigte sich auf EPDM ohne
Empfehlung. Die Versuchsanlagen wurden für weitere 4 Wochen im Normalbetrieb betrieben. Nach 4 Wochen fand die zweite Beprobung nach
Desinfektion statt. Innerhalb dieser 4 Wochen hatten sich L. pneumophila in den
Warmwasserbiofilmen wieder auf allen Materialien vermehrt. Die Konzentrationen im stagnierenden Warmwasser von Kupfer, EPDM mit Empfehlung,
EPDM ohne Empfehlung und PE-Xc lagen über dem Maßnahmeschwellenwert
nach DVGW-Arbeitsblatt W 551. Im stagnierenden Wasser von dem PE-Xb
Warmwasserbiofilm war L. pneumophila kulturell nicht nachweisbar. Die
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
Warmwasserbiofilm
35
36
37
38
39
Betriebszeit [w]
Bild 16:
L. pneumophila [KBE/mL]
L. pneumophila [KBE/cm²]
Ergebnisse sind in Bild 16 dargestellt.
40
41
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
Warmwasser
35
36
37
38
39
40
41
Betriebszeit [w]
Anzahl und Konzentration kultivierbarer L. pneumophila in
den Biofilmen (KBE/cm²) bzw. im stagnierenden Wasser
(KBE/mL) bei den verschiedenen Werkstoffen am Wasserwerk
2 vor und nach Desinfektion mit 2 mg/L ClO2. Kupfer,
PE-Xc, Ж PE-Xb, ▲ EPDM mit Empfehlung, X EPDM ohne
Empfehlung, gepunktete Linie: Maßnahmeschwellenwert von
100 KBE/100 mL. Der Pfeil markiert den Zeitpunkt der
Desinfektion
Aufgrund der unzureichenden Desinfektion wurde eine zweite Reinigung und
Desinfektion durchgeführt. Diese zweite Reinigung und Desinfektion wurde nur
an der Warmwasseranlage für die Werkstoffe Kupfer, PE-Xc, EPDM mit
Empfehlung und EPDM ohne Empfehlung durchgeführt. Diesmal wurde eine
Konzentration von 28 mg/L Chlordioxid eingesetzt und für 24 h in den Leitungen
der Warmwasseranlage belassen. Nach 24 h waren von den ursprünglich eingesetzten 28 mg/L Chlordioxid auf dem PE-Xc noch 14 mg/L Chlordioxid mess-
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
137
bar. PE-Xc wurde danach für 24 h im Normalbetrieb betrieben und dann
untersucht.
Auf den beiden EPDM-Werkstoffen und Kupfer war nach 24 h Einwirkzeit das
Chlordioxid vollständig gezehrt. Von den EPDM-Werkstoffen wurde jeweils eine
Probe genommen. Nach der Probenahme wurden die EPDM-Werkstoffe und
Kupfer in der Versuchsanlage erneut mit einer Konzentration von 18 mg/L
(dritte Desinfektion) für weitere 24 Stunden beaufschlagt. Nach der
24-stündigen Einwirkzeit mit 18 mg/L Chlordioxid war auf den EPDMWerkstoffen kein Chlordioxid mehr nachweisbar, auf Kupfer waren noch 0,04
mg/L Chlordioxid messbar. Eine weitere Desinfektion wurde nicht mehr
durchgeführt und der Gesamtversuch beendet.
Durch diese hohen Desinfektionsmittelkonzentrationen konnte L. pneumophila
Bild 17:
vor 1. R&D
4w nach 1./vor2. R&D
24 h nach 3.D
24 h nach 1. R&D
24 h nach 2. R&D
Kupfer
36
<0,16
Warmwasserbiofilm
<0,16
3. R&D n.d.
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
<0,16
<0,16
L. pneumophila [KBE/cm²]
aus den Biofilmen von Kupfer und PE-Xc entfernt werden, nicht jedoch aus den
EPDM-Biofilmen. Die Ergebnisse sind in Bild 17 dargestellt.
PEXc
EPDM m.E. EPDM o.E.
Werkstoff
Auswirkung der durchgeführten Reinigung und Desinfektion
(R&D) auf die Anzahl kultivierbarer L. pneumophila (KBE/cm²)
in Warmwasser-Biofilmen im Wasserwerk 2. Die beiden
EPDM-Werkstoffe und Kupfer wurden bei der zweiten
Reinigung und Desinfektion mit 28 (2. R&D) und 18 mg/L (3.D)
Chlordioxid desinfiziert, PE-Xc nur mit 28 mg/L Chlordioxid;
3. R&D wurde bei PE-Xc nicht durchgeführt (n.d.)
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
138
P. aeruginosa war weder vor noch nach der durchgeführten Reinigung und
Desinfektion kulturell nachweisbar. Mit Hilfe der kulturunabhängigen FISHMethode ließ sich P. aeruginosa jedoch sowohl vor als auch 24 h sowie 4
Wochen nach der ersten Reinigung und Desinfektion in allen Biofilmen bei
beiden Versuchstemperaturen nachweisen. Eine Untersuchung auf
P. aeruginosa mittels FISH nach der zweiten und dritten Reinigung und
Desinfektion wurde nicht durchgeführt.
3.3
Wasserwerk 3
An diesem Standort wurde der Einfluss einer grundsätzlich anderen
Trinkwasserbeschaffenheit auf die Einnistung von fakultativ pathogenen
Bakterien in Biofilme und deren Austrag ins stagnierende Wasser untersucht.
Das Trinkwasser wurde aus Uferfiltrat aufbereitet und mit Chlordioxid
desinfiziert. Der DOC-Gehalt des Trinkwassers war mit 0,3 mg/L sehr gering.
3.3.1 Einnistung der fakultativ pathogenen Bakterien
Auch beim dritten Wasserwerksstandort bestätigte sich der schnelle Rückgang
der Kultivierbarkeit von P. aeruginosa im Biofilm. P. aeruginosa wurde 24 h
nach der Kontamination auf PE-Xb und auf PE-Xc in der 12. Betriebswoche (4
Wochen nach Kontamination) kulturell nachgewiesen. Auf den anderen Werkstoffen konnte P. aeruginosa kulturell nicht nachgewiesen werden. Im Kaltwasserbiofilm war P. aeruginosa auf keinem Werkstoff kulturell nachweisbar.
Mit Hilfe der kulturunabhängigen FISH-Methode konnte P. aeruginosa jedoch in
allen Biofilmen aus der 8., 16. und 36. Betriebswoche unabhängig von Werkstoff und Temperatur qualitativ nachgewiesen werden (Bild 18). Die gezeigten
Werte sind Größenordnungen.
139
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+09
Kupfer
PEXc
EPDM m.E.
1,0E+07
1,0E+06
EPDM o.E.
PEXb
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
8
12
16
24
Betriebszeit [w]
Bild 18:
32
36
P. aeruginosa [Zellen/cm²]
P. aeruginosa [Zellen/cm²]
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
1,0E+08
Kupfer
PEXc
EPDM o.E.
PEXb
EPDM m.E.
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
8
12
16
24
32
36
Betriebszeit [w]
Anzahl FISH-positiver P. aeruginosa (Zellen/cm²) in den Biofilmen auf den verschiedenen Werkstoffen am Wasserwerk 3
nach der Kontamination in der 8. Betriebswoche
L. pneumophila wurde im Gegensatz zu P. aeruginosa nach der Kontamination
in den Biofilmen auf allen Werkstoffen über den gesamten Untersuchungszeitraum kulturell nachgewiesen. Die höchste Anzahl von L. pneumophila fand
sich im Biofilm auf dem EPDM ohne Empfehlung, gefolgt vom EPDM mit
Empfehlung, PE-Xb und Kupfer. Die niedrigste Anzahl von L. pneumophila
wurde im Biofilm auf PE-Xc gemessen. Im weiteren Versuchsverlauf zeigte sich
eine Zunahme der Anzahl von L. pneumophila im Biofilm, welche in der 16.
Betriebswoche (8 Wochen nach Kontamination, EPDM mit Empfehlung) bzw. in
der 24. Betriebswoche (16 Wochen nach Kontamination, restliche Werkstoffe)
annähernd auf einem konstanten Wert blieb. Auch in den Kaltwasserbiofilmen
wurde L. pneumophila auf PE-Xb, PE-Xc und EPDM mit Empfehlung kulturell
nachgewiesen. Die Ergebnisse sind in Bild 19 dargestellt. Mit Hilfe der
kulturunabhängigen FISH-Methode ließ sich L. pneumophila in den in der 8.,
16. und 36. Betriebswoche untersuchten Biofilmen auf allen Werkstoffen und
bei beiden Temperaturen qualitativ nachweisen (Bild 20). Die gezeigten Werte
sind Größenordnungen.
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
Warmwasserbiofilm
0
10
20
L. pneumophila [KBE/cm²]
L. pneumophila [KBE/cm²]
140
30
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
40
Kaltwasserbiofilm
0
10
Bild 19:
20
30
40
Betriebszeit [w]
Betriebszeit [w]
Anzahl kultivierbarer L. pneumophila (KBE/cm²) in den
Biofilmen auf den verschiedenen Werkstoffen am
Wasserwerk 3. Die Kontamination erfolgte in der 8.
1,0E+09
1,0E+08
Kupfer
PEXc
1,0E+07
1,0E+06
EPDM o.E.
PEXb
1,0E+05
EPDM m.E.
Warmwasserbiofilm
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
8
12
16
24
32
L. pneumophila [Zellen/cm²]
L. pneumophila [Zellen/cm²]
Betriebswoche. Kupfer, PE-Xc, Ж PE-Xb, ▲ EPDM mit
Empfehlung, X EPDM ohne Empfehlung
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+06
PEXc
EPDM o.E.
PEXb
1,0E+05
EPDM m.E.
Kaltwasserbiofilm
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
36
Betriebszeit [w]
Bild 20:
Kupfer
1,0E+07
8
12
16
24
32
36
Betriebszeit [w]
Anzahl FISH-positiver L. pneumophila (Zellen/cm²) in den
Biofilmen auf
Wasserwerk 3.
Betriebswoche
den verschiedenen Werkstoffen am
Die Kontamination erfolgte in der 8.
C. freundii wurde 24 h nach der Kontamination im Kaltwasserbiofilm auf EPDM
ohne Empfehlung kulturell nachgewiesen. Auf den anderen Werkstoffen im
Kaltwasser- und im Warmwasserbiofilm ließ sich C. freundii kulturell nicht
nachweisen.
3.3.2 Austrag in das stagnierende Wasser
Auch bei diesem Standort bestätigte sich im Warmwasser, dass P. aeruginosa
bei mehr Werkstoffen und für längere Betriebszeit im stagnierenden Wasser
jedoch nicht im korrespondierenden Biofilm kulturell nachweisbar war.
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
141
P. aeruginosa wurde im Warmwasser auf Kupfer, PE-Xb, EPDM mit
Empfehlung und PE-Xc kulturell nachgewiesen. Auf PE-Xc konnte
P. aeruginosa im stagnierenden Wasser bis zur 16. Betriebswoche (8 Wochen
nach Kontamination) kulturell nachgewiesen werden. P. aeruginosa war auf
EPDM mit Empfehlung, PE-Xb, PE-Xc und Kupfer länger im stagnierenden
Wasser als im korrespondierenden Biofilm kulturell nachweisbar. Im Kaltwassersystem wurde P. aeruginosa im EPDM ohne Empfehlung (12.
Betriebswoche, 4 Wochen nach Kontamination) und auf PE-Xc, EPDM mit
Empfehlung und Kupfer (16. Betriebswochen, 8 Wochen nach Kontamination)
kulturell im stagnierenden Wasser nachgewiesen. Die Ergebnisse sind in Bild
21 dargestellt. Auch in diesem Fall erfolgte wieder der kulturelle Nachweis im
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
P. aeruginosa [KBE/mL]
P. aeruginosa [KBE/mL]
Wasser, obwohl P. aeruginosa im Biofilm nicht kulturell sondern nur mit FISH
nachweisbar war (Bild 18).
Warmwasser
0
10
20
Betriebszeit [w]
Bild 21:
30
40
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
Kaltwasser
0
10
20
30
40
Betriebszeit [w]
Konzentration kultivierbarer P. aeruginosa (KBE/mL) im 8 h
stagnierenden Wasser¬körper der verschiedenen Werkstoffe
am Wasserwerk 3. Kupfer, PE-Xc, Ж PE-Xb, ▲ EPDM mit
Empfehlung, X EPDM ohne Empfehlung.
L. pneumophila wurde nach der Kontamination bei allen Werkstoffen über den
gesamten Untersuchungszeitraum aus den Biofilmen in das stagnierende
Wasser ausgetragen. Die höchste Konzentration von L. pneumophila wurde von
den EPDM ohne Empfehlung abgegeben, gefolgt vom EPDM mit Empfehlung
dann Kupfer und PE-Xc. Im Kaltwasser wurde L. pneumophila nur einmal in der
32. Betriebswoche (24 Wochen nach Kontamination) im Trinkwasser der
Kupferleitung kulturell nachgewiesen. In allen Warmwasserproben lag die
Konzentration an L. pneumophila über dem Maßnahmenschwellenwert von
100 KBE/100mL [0]. Die Ergebnisse sind in Bild 22 dargestellt.
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
L. pneumophila [KBE/mL]
L. pneumophila [KBE/mL]
142
Warmwasser
0
10
20
30
40
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
Kaltwasser
0
10
Betriebszeit [w]
Bild 22:
20
30
40
Betriebszeit [w]
Konzentration kultivierbarer L. pneumophila (KBE/mL) im 8 h
stagnierenden Wasserkörper der verschiedenen Werkstoffe
am Wasserwerk 3. Kupfer, PE-Xc, Ж PE-Xb, ▲ EPDM mit
Empfehlung, X EPDM ohne Empfehlung, gepunktete Linie:
Maßnahmeschwellenwert von 100 KBE/100 mL.
C. freundii wurde nur im Kaltwasser 24 h nach der Kontamination auf PE-Xc,
Kupfer und PE-Xb kulturell nachgewiesen. Zu den anderen Probenahmezeitpunkten war C. freundii kulturell nicht nachweisbar.
3.3.3 Reinigung und chemische Anlagen-Desinfektion
Wie schon an den anderen zwei Wasserwerksstandorten wurden die beiden
Versuchsanlagen mit einer Kombination von Reinigung und Desinfektion
behandelt. Aus den Erfahrungen der beiden vorhergegangen Reinigungen und
Desinfektionen wurde eine Start-Desinfektionsmittelkonzentration von ca. 20
mg/L eingesetzt. Nach 24 h wurde die Restdesinfektionsmittel-Konzentration
bestimmt. Bei vollständiger Zehrung des Desinfektionsmittels wurden wieder ca.
20 mg/L Desinfektionsmittel zugesetzt. Dies wurde so lange wiederholt, bis eine
Rest-Desinfektionsmittel-Konzentration messbar war. Die Einwirkzeit betrug bei
jedem Ansatz 24 h.
Auf den Werkstoffen PE-Xc und PE-Xb waren bei beiden Temperaturen und auf
dem Kupfer im Kaltwassersystem nach dem ersten Zusatz von ca. 20 mg/L
Chlordioxid noch z. T. hohe Restkonzentrationen von Chlordioxid messbar. Bei
den anderen Werkstoffen, Kupfer im Warmwasser sowie bei beiden EPDMQualitäten bei beiden Temperaturen war kein Desinfektionsmittel mehr nachweisbar. Diese Werkstoffe wurden noch zweimal mit Desinfektionsmittel
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
143
versetzt, bis eine geringe Konzentration an Chlordioxid nach der jeweiligen 24stündigen Einwirkzeit vorhanden war. Nur auf Kupfer im Warmwasser wurde
auch nach der dritten Desinfektion das gesamte Chlordioxid gezehrt
In den Warmwasserbiofilmen auf Kupfer, EPDM mit Empfehlung und EPDM
ohne Empfehlung (b-Rohr) sowie in den Kaltwasserbiofilmen auf EPDM mit
Empfehlung und EPDM ohne Empfehlung war L. pneumophila 24 h nach
Desinfektion kulturell nachweisbar. 3 Wochen nach der Desinfektion war
L. pneumophila in den Warmwasserbiofilmen auf Kupfer (b-Rohr), EPDM mit
Empfehlung, EPDM ohne Empfehlung und PE-Xb kulturell nachweisbar. Auf
PE-Xc wurde L. pneumophila nach einmaliger Desinfektion nicht nachgewiesen.
Im Kaltwasserbiofilm war L. pneumophila auf keinem Werkstoff kulturell nachweisbar. Im stagnierenden Kaltwasser war L. pneumophila 24 h nach der
Reinigung und Desinfektion bei keinem Werkstoff nachweisbar. 3 Wochen nach
der Reinigung und Desinfektion war L. pneumophila im stagnierenden Warmwasser bei EPDM mit Empfehlung, EPDM ohne Empfehlung und PE-Xb
kulturell nachweisbar. Alle gemessenen Konzentrationen lagen über dem
Maßnahmeschwellenwert nach DVGW-Arbeitsblatt W 551. Die Ergebnisse sind
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
Warmwasserbiofilm
35
36
37
38
39
Betriebszeit [w]
Bild 23:
L. pneumophila [KBE/mL]
L. pneumophila [KBE/cm²]
in Bild 23 dargestellt.
40
41
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
Warmwasser
35
36
37
38
39
40
41
Betriebszeit [w]
Anzahl und Konzentration kultivierbarer L. pneumophila in
den Biofilmen (KBE/cm²) bzw. im stagnierenden Wasser
(KBE/mL) bei den verschiedenen Werkstoffen am Wasserwerk
3. Dargestellt sind die Anzahl und Konzentration von
kultivierbaren L. pneumophila vor und nach Desinfektion.
Kupfer, PE-Xc, Ж PE-Xb, ▲ EPDM mit Empfehlung,
X EPDM ohne Empfehlung, gepunktete Linie: Maßnahmeschwellenwert von 100 KBE/100 mL. Der Pfeil markiert den
Zeitpunkt der Reinigung und Desinfektion.
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
144
P. aeruginosa war 24 h nach der Desinfektion im Warmwasserbiofilm auf EPDM
ohne Empfehlung (a-Rohr) kulturell nachweisbar. Im stagnierenden Warmwasser war P. aeruginosa kulturell in Kupfer (a-Rohr), EPDM mit Empfehlung,
EPDM ohne Empfehlung und PE-Xb kulturell nachweisbar. 3 Wochen nach der
Reinigung und Desinfektion war P. aeruginosa im stagnierenden Warmwasser
von Kupfer, EPDM mit Empfehlung, EPDM ohne Empfehlung und PE-Xb
kulturell nachweisbar. Die Ergebnisse sind in Tab. 4 dargestellt. Gezeigt werden
nur die Werkstoffe, bei denen P. aeruginosa kulturell nachweisbar war. Auf
allen in der Tabelle nicht erwähnten Werkstoffen war P. aeruginosa kulturell
nicht nachweisbar.
Tabelle 4:
Kultureller Nachweis von P. aeruginosa vor und nach den
durchgeführten Reinigungen und Desinfektionen mit 20 mg/L
Chlordioxid
Werkstoff
Pseudomonas aeruginosa
Temperatur/Wasser/Biofilm
vor Desinfektion
nach Desinfektion
3 Wochen nach Desinfektion
EPDM ohne Empfehlung (b-Rohr) Warmwasser-Biofilm
< 0,16 KBE/cm²
0,3 KBE/cm²
< 0,16 KBE/cm²
Kupfer (a-Rohr)
Warmwasser
< 1 KBE/100 mL
1 KBE/100 mL
5 KBE/100 mL
Kupfer (b-Rohr)
Warmwasser
< 1 KBE/100 mL
< 1 KBE/100 mL
1 KBE/100 mL
PE-Xb
Warmwasser
< 1 KBE/100 mL
1 KBE/100 mL
300 KBE/100 mL
EPDM mit Empfehlung (a-Rohr)
Warmwasser
< 1 KBE/100 mL
1 KBE/100 mL
14 KBE/100 mL
EPDM mit Empfehlung (b-Rohr)
Warmwasser
< 1 KBE/100 mL
1 KBE/100 mL
13 KBE/100 mL
EPDM ohne Empfehlung (a-Rohr) Warmwasser
< 1 KBE/100 mL
1.300 KBE/100 mL
1.000 KBE/mL
EPDM ohne Empfehlung (b-Rohr) Warmwasser
< 1 KBE/100 mL
6 KBE/100 mL
24 KBE/100 mL
An den gesonderten Biofilmmessstrecken wurde am Wasserwerksstandort 3
eine Desinfektion mit den Reinigungs- und Desinfektions¬bedingungen wie am
Wasserwerksstandort 1 durchgeführt (0,2 mg/L ClO2). Unmittelbar (24 h) nach
dieser Desinfektion war P. aeruginosa im Warmwassersystem auf beiden
EPDM-Werkstoffen kulturell wieder nachweisbar. Damit konnte die Beobachtung vom ersten Wasserwerksstandort, dass P. aeruginosa nach einer unzureichenden Desinfektion mit zu geringer Chlordioxidkonzentration wieder in
einen kultivierbaren Zustand übergeht, bestätigt werden.
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
3.4
145
Vergleich der Wasserwerke
Die Auswirkungen verschiedener Wasserbeschaffenheiten auf die Mikrobiologie
lassen sich nur schwer abschätzen, weil bei der komplexen chemischen
Zusammensetzung eines Trinkwassers die Auswirkungen der einzelnen
Inhaltsstoffe oder deren Kombination sowie die Wechselwirkung mit den
Werkstoffen nicht bekannt sind. Die Wasserbeschaffenheiten der Trinkwässer
aus den Wasserwerken 1 und 2 sind relativ ähnlich zueinander. Beide Trinkwässer wurden aus reduziertem Grundwasser aufbereitet und unterscheiden
sich hauptsächlich in der DOC-Konzentration. Somit kann der Einfluss der
DOC-Konzentration auf die Biofilmbesiedlung und die Einnistung der fakultativ
pathogenen Bakterien in die Biofilme und deren Austrag ins Trinkwasser
untersucht werden. Das Trinkwasser vom Wasserwerksstandort 3 wurde aus
Uferfiltrat aufbereitet und hat eine deutlich andere chemische Zusammensetzung. Hier sind die höheren Nitrat- und Phosphat-Konzentrationen zu
erwähnen, die für das mikrobiologische Wachstum wichtig sind.
3.4.1 Einnistung der fakultativ pathogenen Bakterien
Einen Einfluss der Wasserbeschaffenheit auf die Einnistung von P. aeruginosa,
C. freundii und E. nimipressuralis in die Biofilme auf den unterschiedlichen
Werkstoffen konnte nicht festgestellt werden. P. aeruginosa war mit Hilfe der
kulturunabhängigen FISH-Methode grundsätzlich in allen Biofilmen in ungefähr
gleicher Größenordnung nachweisbar. Für L. pneumophila wurden hingegen
bei Betrachtung der einzelnen Werkstoffe Einflüsse der Wasserbeschaffenheit
auf die Einnistung und die Persistenz im Biofilm beobachtet.
3.4.1.1 Einnistung von L. pneumophila in Biofilme bei verschiedenen
Wasserbeschaffenheiten
L. pneumophila nistete sich auf Kupfer bei den Wasserwerksstandorten 2 und 3
in die Biofilme ein und war durchgängig kulturell nachweisbar. Die höchste
Anzahl im Kupferbiofilm wurde im Warmwasser am Wasserwerksstandort 2 mit
dem höchsten DOC-Gehalt gemessen, gefolgt vom Wasserwerksstandort 3 mit
der höchsten Phosphat¬konzentration. Am Wasserwerksstandort 1 wurde
L. pneumophila nur einmal in der 24. Betriebswoche kulturell im Warmwasserbiofilm auf Kupfer nachgewiesen. Die Ergebnisse sind in Bild 24 darge-
146
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
stellt. Eine Einnistung von L. pneumophila musste jedoch auch beim Wasserwerksstandort 1 stattgefunden haben, weil L. pneumophila im stagnierenden
Wasser nachweisbar war.
Auf PE-Xc, PE-Xb, EPDM mit Empfehlung und EPDM ohne Empfehlung nistete
sich L. pneumophila bei allen Wasserbeschaffenheiten in die Warmwasserbiofilme auf den verschiedenen Werkstoffen ein und war fast bei jeder
Probenahme nachweisbar (Bild 25A bis D).
Auf den PE-X-Werkstoffen lagen die Legionellen-Anzahlen in den Warmwasserbiofilmen bei den verschiedenen Wasserbeschaffenheiten enger beieinander
(Bild 25 A und B) als bei den EPDM-Werkstoffen, bei denen am Wasserwerksstandort 1 bis zur 16. Betriebswoche um 2 bis 4 Zehnerpotenzen
niedrigere Anzahlen an Legionellen gemessen wurden (Bild 26 C und D).
Möglicherweise hatte die Wasserbeschaffen¬heit bei den EPDM-Werkstoffen
einen größeren Einfluss als bei den PE-X-Werkstoffen.
Auf den EPDM-Werkstoffen war bei allen Wasserbeschaffenheiten eine
deutliche Zunahme der Anzahl an Legionellen bis maximal 24. Betriebswoche
zu erkennen. Danach blieben die Anzahlen auf dem Niveau oder fielen leicht ab
(Bild 25 C und D). Scheinbar dauert es aufgrund der höheren Verfügbarkeit von
Inhaltsstoffen aus dem EPDM-Werkstoff länger bis die maximale Anzahl an
Legionellen erreicht wird.
Im Kaltwasserbiofilm wurde L. pneumophila wiederholt an allen Wasserwerksstandorten nachgewiesen (Bild 24 und Bild 25). Auf Kupfer erfolgte der
Nachweis nur am Wasserwerksstandort 2 (Bild 24). Auf den PE-X-Werkstoffen
wurde L. pneumophila am Wasserwerksstandort 2 mit abnehmender und am
Wasserwerksstandort 3 mit zunehmender Zellzahl bestimmt (Bild 25 A und B).
Auf EPDM mit Empfehlung wurde L. pneumophila an den Wasserwerksstandorten 1 und 2 Bild 25 C) und auf EPDM ohne Empfehlung nur am
Wasserwerksstandort 3 mit einem Einzelnachweis am Wasserwerksstandort 1
nachgewiesen (Bild 25 D).
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
147
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
Warmwasserbiofilm
0
10
20
Betriebszeit [w]
Bild 24:
L. pneumophila [KBE/cm²]
L. pneumophila [KBE/cm²]
Kupfer
30
40
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
Kaltwasserbiofilm
0
10
20
30
40
Betriebszeit [w]
Anzahl kultivierbarer L. pneumophila (KBE/cm²) im Biofilm
auf Kupfer in Abhängigkeit der Wasserbeschaffenheit und der
Temperatur.
Wasserwerk 1,
Wasserwerk 2,
Wasserwerk 3
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
148
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
L. pneumophila [KBE/cm²]
L. pneumophila [KBE/cm²]
A) PE-Xc
Warmwasserbiofilm
0
10
20
30
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
40
Kaltwasserbiofilm
0
10
Betriebszeit [w]
20
30
40
Betriebszeit [w]
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
L. pneumophila [KBE/cm²]
L. pneumophila [KBE/cm²]
B) PE-Xb
Warmwasserbiofilm
0
10
20
30
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
40
Kaltwasserbiofilm
0
10
Betriebszeit [w]
20
30
40
Betriebszeit [w]
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
L. pneumophila [KBE/cm²]
L. pneumophila [KBE/cm²]
C) EPDM mit Empfehlung
Warmwasserbiofilm
0
10
20
30
40
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
Kaltwasserbiofilm
0
10
Betriebszeit [w]
20
30
40
30
40
Betriebszeit [w]
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
Warmwasserbiofilm
0
10
20
Betriebszeit [w]
Bild 25:
30
L. pneumophila [KBE/cm²]
L. pneumophila [KBE/cm²]
D) EPDM ohne Empfehlung
40
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
Kaltwasserbiofilm
0
10
20
Betriebszeit [w]
Anzahl kultivierbarer L. pneumophila (KBE/cm²) im Biofilm
auf PE-Xc (A), PE-Xb (B), EPDM mit Empfehlung (C) und
EPDM ohne Empfehlung (D) in Abhängigkeit der Wasserbeschaffenheit und der Temperatur. Wasserwerk 1,
Wasserwerk 2, Wasserwerk 3.
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
149
3.4.2 Austrag in das stagnierende Wasser
Einen Einfluss der Wasserbeschaffenheit auf den Austrag von C. freundii und
E. nimipressuralis aus den Biofilmen der unterschiedlichen Werkstoffe in das
8 h stagnierende Wasser konnte nicht festgestellt werden. Für L. pneumophila
und P. aeruginosa wurden hingegen bei Betrachtung der einzelnen Werkstoffe
Einflüsse der Wasserbeschaffenheit beobachtet.
3.4.3 Austrag von L. pneumophila in das stagnierende Wasser bei
verschiedenen Wasserbeschaffenheiten
L. pneumophila wurde grundsätzlich nur im stagnierenden Warmwasser nachgewiesen. Bei alle positiven Befunden lagen die Konzentrationen der
Legionellen über dem Maßnahmeschwellenwert von 100 KBE/100 mL Bild 26
und Bild 27). Im Kaltwasser war bei keiner Probenahme ein positiver kultureller
Nachweis möglich.
An den Wasserwerksstandorten 2 und 3 wurde L. pneumophila durchgängig in
allen Stagnationswasserproben von allen Werkstoffen nachgewiesen. Am
Wasserwerks¬standort 1 wurde L. pneumophila nur bei Kupfer und PE-Xc
durchgängig nach¬gewiesen (Bild 26 und Bild 27 A). Auf PE-Xb und den
EPDM-Werkstoffen erfolgten nur vereinzelte Nachweise (Bild 27 B, C, D). Die
Konzentrationen an Legionellen im Stagnationswasser waren am Wasserwerksstandort 1 bei allen Werkstoffen auch generell niedriger als an den anderen
Wasserwerksstandorten.
Beim Werkstoff Kupfer wurde die höchste Konzentration von L. pneumophila im
stagnierenden Wasser am Standort 3 mit der höchsten Phosphatkonzentration
gefunden (Bild 26), obwohl am Wasserwerksstandort 2 die Legionellen-Anzahl
im Biofilm am höchsten war.
Die höchsten Legionellen-Konzentrationen aller untersuchten Stagnationswasser¬proben wurden am Wasserwerksstandort 3 mit der höchsten
Phosphatkonzentration auf EPDM ohne Empfehlung gefunden (Bild 27 D).
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
150
L. pneumophila [KBE/mL]
Kupfer
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
Warmwasser
0
10
20
30
40
Betriebszeit [w]
Bild 26:
Konzentration kultivierbarer L. pneumophila (KBE/mL) im 8 h
stagnierenden Wasser vom Werkstoff Kupfer in Abhängigkeit
der Wasserbeschaffenheit. Wasserwerk 1, Wasserwerk 2,
Wasserwerk 3, gepunktete Linie: Maßnahmeschwellenwert
von 100 KBE/100 mL.
B) PE-Xb
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
L. pneumophila [KBE/mL]
L. pneumophila [KBE/mL]
A) PE-Xc
Warmwasser
0
10
20
30
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
40
Warmwasser
0
10
Betriebszeit [w]
10
20
Bild 27:
L. pneumophila [KBE/mL]
L. pneumophila [KBE/mL]
Betriebszeit [w]
40
D) EPDM ohne Empfehlung
Warmwasser
0
30
Betriebszeit [w]
C) EPDM mit Empfehlung
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
20
30
40
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
0
10
20
30
40
Betriebszeit [w]
Konzentration kultivierbarer L. pneumophila (KBE/mL) im 8 h
stagnierenden Wasser vom Werkstoff PE-Xc (A), PE-Xb (B),
EPDM mit Empfehlung (C) und EPDM ohne Empfehlung (D) in
Abhängigkeit der Wasserbeschaffenheit. Wasserwerk 1,
Wasserwerk 2, Wasserwerk 3, gepunktete Linie: Maßnahmeschwellenwert von 100 KBE/100 mL
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
151
3.4.3.1 Austrag von P. aeruginosa in das stagnierende Wasser bei
verschiedenen Wasserbeschaffen¬heiten
Bei Kupfer wurde P. aeruginosa an allen drei Wasserwerksstandorten nur sehr
vereinzelt im stagnierenden Warm- und Kaltwasser nachgewiesen (Bild 28). Bei
den organischen Werkstoffen wurde P. aeruginosa an den Wasserwerksstandorten 1 und 2 nach der Kontamination in schnell abnehmenden Konzentrationen
kulturell nachgewiesen (Bild 29 A bis D). Hierbei verlief die Abnahme im
Kaltwasser langsamer als im Warmwasser, so dass im Kaltwasser
P. aeruginosa 4 bis 12 Wochen länger nachweisbar war als im Warmwasser.
Am Wasserwerksstandort 3 war immer nur bis maximal 8 Wochen nach
Kontamination der Biofilme ein vereinzelter Nachweis von P. aeruginosa im
stagnierenden Wasser möglich. Am längsten wurde P. aeruginosa im
Stagnationswasser des Standortes 1 auf den PE-X und EPDM-Werkstoffen
nachgewiesen (bis maximal 16 Wochen nach Kontamination) (Bild 29 A bis D).
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
P. aeruginosa [KBE/mL]
P. aeruginosa [KBE/mL]
Kupfer
Warmwasser
0
10
20
Betriebszeit [w]
Bild 28:
30
40
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
Kaltwasser
0
10
20
30
40
Betriebszeit [w]
Konzentration von P. aeruginosa im 8 h stagnierenden
Wasser vom Werkstoff Kupfer in Abhängigkeit der
Wasserqualität und der Temperatur. Wasserwerk 1,
Wasserwerk 2, Wasserwerk 3
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
152
P. aeruginosa [KBE/mL]
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
P. aeruginosa [KBE/mL]
A) PE-Xc
Warmwasser
0
10
20
30
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
40
Kaltwasser
0
10
Betriebszeit [w]
20
30
40
Betriebszeit [w]
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
P. aeruginosa [KBE/mL]
P. aeruginosa [KBE/mL]
B) PE-Xb
Warmwasser
0
10
20
30
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
Kaltwasser
40
0
10
Betriebszeit [w]
20
30
40
Betriebszeit [w]
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
P. aeruginosa [KBE/mL]
P. aeruginosa [KBE/mL]
C) EPDM mit Empfehlung
Warmwasser
0
10
20
30
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
40
Kaltwasser
0
10
20
30
40
30
40
Betriebszeit [w]
Betriebszeit [w]
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
Warmwasser
0
10
20
Betriebszeit [w]
Bild 29:
P. aeruginosa [KBE/mL]
P. aeruginosa [KBE/mL]
D) EPDM ohne Empfehlung
30
40
1,0E+09
1,0E+08
1,0E+07
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
Kaltwasser
0
10
20
Betriebszeit [w]
Konzentration kultivierbarer P. aeruginosa (KBE/mL) im 8 h
stagnierenden Wasser vom Werkstoff PE-Xc (A), PE-Xb (B),
EPDM mit Empfehlung (C) und EPDM ohne Empfehlung (D) in
Abhängigkeit der Wasserbeschaffenheit und der Temperatur.
Wasserwerk 1, Wasserwerk 2, Wasserwerk 3.
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
4
153
Diskussion
Die durchgeführten praxisnahen Versuche geben die Bedingungen wieder, wie
sie in einer Trinkwasser-Installation eines Privathaushalts vorliegen können.
Einerseits wurden Werkstoffe verwendet, die in der Trinkwasser-Installation den
allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen. Andererseits wurden
Werkstoffe verwendet, die den allgemein anerkannten Regeln der Technik zwar
nicht mehr entsprechen, aber dennoch in Trinkwasser-Installationen eingebaut
wurden (z.B. EPDM ohne Empfehlung). Die Versuchsanlagen wurden mit
einem Fließ- und Stagnationsprogramm gemäß DIN 50931-1 betrieben, um
Wasserentnahmen und Stagnationszeiten zu simulieren. Wesentlich bei der
Verwendung des Fließ- und Stagnationsprogramms ist, dass das Trinkwasser
pro Tag insgesamt 23 h 31 min in der Trinkwasserleitung stagniert und diese
Stagnation von mehrfachen kurzen Fließzeiten unterbrochen wird. Die längste
Stillstandzeit beträgt 8 h. Bei dieser langen Stagnationszeit ist ein entsprechend
hoher Austrag von Krankheitserregern in das stagnierende Trinkwasser zu
erwarten. Daher wurde auch das 8 h stagnierende Trinkwasser untersucht.
Diese langen Stagnationszeiten in der Trinkwasser-Installation stellen einen
wesentlichen Unterschied zu den Bedingungen in einem Verteilungsnetz dar.
In den durchgeführten Versuchen wurde jeweils der Einfluss eines einzelnen
Werkstoffs getestet. In einer Trinkwasser-Installation befindet sich eine
Kombination aus verschiedenen Werkstoffen, u. a. Dichtungen aus Gummi. Ein
direkter Rückschluss von den ermittelten Daten aus der halbtechnischen
Versuchsanlage auf eine komplexe Trinkwasser-Installation mit verschiedenen
Werkstoffen, Temperaturen, Tot-Enden, verschiedenen Entnahmearmaturen
usw. ist daher nicht möglich. Die Ergebnisse der in dieser Arbeit untersuchten
Werkstoffe erlauben jedoch grundsätzliche Aussagen über die sich
entwickelnde Mikrobiologie auf einem Werkstoff und im umgebenden
Trinkwasser.
4.1
Entwicklung von Biofilmen
Unabhängig von Werkstoffqualität, Temperatur oder der Wasserbeschaffenheit
wurde auf allen Oberflächen nach 6 bis 8 Wochen eine gleich bleibende
Gesamtzellzahl auf den Werkstoffoberflächen erreicht. Die höchste Besiedlungsdichte, ermittelt mit der Gesamtzellzahlbestimmung und der Anzahl der
154
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
kultivierbaren Bakterien (HPC auf R2A, Koloniezahl nach TrinkwV 2001 und
1990) wurde auf dem EPDM ohne Empfehlung gemessen, gefolgt vom EPDM
mit Empfehlung, PE-Xb und Kupfer. Die geringste Biofilmbesiedlung fand sich
meistens auf PE-Xc.
Die Besiedlungsdichte war abhängig von dem Nährstoffgehalt, der sich aus der
Kombination von der Werkstoffqualität und der Wasserbeschaffenheit
zusammensetzen kann. Im Rahmen dieser Versuche war der Haupteinflussfaktor für die Besiedlungsdichte die Werkstoffqualität.
Bei annähernd konstanter Gesamtzellzahl nach 6 bis 8 Wochen nahm die
Anzahl der kultivierbaren Bakterien (HPC auf R2A, Koloniezahl gemäß TrinkwV
2001 und 1990) im weiteren Versuchsverlauf z. T. weiter ab. Die Differenz
zwischen Gesamtzellzahl und der stetig abnehmenden Anzahl kultivierbarer
Bakterien kann ein Hinweis darauf sein, dass die Bakterien im oligotrophen
Trinkwassersystem absterben oder aber, dass auch die Bakterien der normalen
Wasserflora in einen VBNC-Zustand übergehen können.
Die Anzahl der kultivierbaren Bakterien (HPC auf R2A, Koloniezahlverfahren
gemäß TrinkwV 2001 und 1990) im Biofilm war stets um mindestens eine logStufe kleiner als die Gesamtzellzahl. Zudem war die ermittelte Anzahl der
kultivierbaren Bakterien im Biofilm bzw. die Konzentration der kultivierbaren
Bakterien im 8 h stagnierenden Wasser abhängig von der Untersuchungsmethode. Die HPC-Bestimmungen auf R2A-Agar ergaben generell höhere
Anzahlen im Biofilm bzw. Konzentrationen im Trinkwasser als die Bestimmungen der Koloniezahlen gemäß TrinkwV 2001. Diese wiederum zeigten
generell höhere Ergebnisse als die Bestimmungen der Koloniezahlen gemäß
TrinkwV 1990.
Die in dieser Arbeit gefundenen Ergebnisse bezüglich der anfänglichen
Biofilm¬entwicklung und Stabilisierung des Biofilms innerhalb von 6 bis 8
Wochen (gleich bleibende Gesamtzellzahl) stimmen trotz der unterschiedlichen
Herangehensweisen und der verschiedenen Untersuchungsmethoden mit
bereits durchgeführten Untersuchungen überein (DeBeer et al., 1994; Steed
und Falkinham, 2006; Steinert et al., 1997; Stewart, 2003).
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
155
4.1.1 Werkstoffeinfluss
Die geringste Besiedlung der Oberflächen wurde auf den Werkstoffen
festgestellt, die den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen.
Am geringsten wurde das PE-Xc gefolgt vom Kupfer besiedelt. Auf dem PE-Xb
wurde eine höhere Besiedlung festgestellt. Der Befund, dass sich auf Kupfer
und PE-Xc vergleichbare Biofilmdichten ausbilden und diese Biofilme im
Vergleich zu anderen Werkstoffen (z.B. Edelstahl, PVC u.a.) dünner sind,
wurde auch in anderen Arbeiten festgestellt (Lethola et al., 2004; Niquette et al.,
2000). Im Gegensatz dazu fanden van der Kooij et al. (2005), dass im
Warmwassersystem mehr Biofilm auf HD-PE-Xa als auf Kupfer gebildet wurde.
In der vorliegenden Arbeit wurde weder im Kalt- noch im Warmwassersystem
ein signifikanter Unterschied zwischen Kupfer und PE-Xc, wohl aber zwischen
Kupfer und PE-Xb festgestellt. Auch bei Untersuchungen von Manuel et al.
(2007) wurden auf der Werkstoffoberfläche eines PE-X (Vernetzungstyp nicht
angegeben) deutliche höhere Gesamtzellzahlen und höhere Anzahlen kultivierbarer Bakterien (HPC auf R2A) als auf Kupfer gefunden. Die Wasserbeschaffenheit entsprach in etwa der Wasserbeschaffenheit vom Wasserwerksstandort 2 mit dem Unterschied, dass das Trinkwasser 0,15 mg/L Chlor enthielt.
Als Biofilmaufwuchsträger wurden Coupons eingesetzt.
In der vorliegenden Arbeit wurden zwei PE-X Sorten eingesetzt. Das
silanvernetzte PE-Xb, welches deutlich höhere Biofilmmengen zeigte als das
eingesetzte Kupfer, sowie das strahlenvernetzte PE-Xc, welches gleiche
Biofilmmengen aufwies, wie das Kupfer. Es besteht also ein Unterschied in der
Besiedlungsdichte bei verschiedenen PE-X-Arten in Abhängigkeit von der
Vernetzungsart. In dieser Arbeit wurde das PE-Xb als Verbundwerkstoff mit PEXb als Wasser berührende Innenoberfläche des Rohres verwendet. Das PE-XcRohr war kein Verbundwerkstoff. Zudem unterschieden sich die beiden PE-XWerkstoffe im Rohrdurchmesser. Das PE-Xc wurde mit einem Innendurchmesser von 13 mm und das PE-Xb mit einem Innendurchmesser von 11,5 mm
verwendet. Somit hat das PE-Xb ein größeres Oberfläche/Volumen-Verhältnis
(3,48 m²/m³) als die anderen Werkstoffe (3,08 m²/m³). Ob die Herstellung des
Verbundwerkstoffs oder der geringere Rohrdurchmesser einen Einfluss auf die
Biofilmentwicklung hatten, wurde im Rahmen dieser Arbeit nicht untersucht.
156
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
4.1.2 Wasserbeschaffenheit
Die Trinkwässer der Wasserwerke 1 und 2 wurden aus reduzierten
Grundwässern aufbereitet und sind daher sehr ähnlich zueinander. Sie
unterscheiden sich im Wesentlichen in der DOC-Konzentration (0,8 bzw. 3,1
mg/L). Das Trinkwasser vom dritten Wasserwerk unterscheidet sich erheblich
durch seinen Stickstoff- und ortho-Phosphat-Gehalt. Der Stickstoff-Gehalt in
Form von Nitrat ist mit ca. 10 mg/L ca. zehnmal höher als in den Trinkwässern
der ersten beiden Wasserwerke mit einer Konzentration von ca. 1 mg/L Nitrat.
Auch die ortho-Phosphat-Konzentration ist mit ca. 1 mg/L ortho-Phosphat um
den Faktor 10 höher als an den Wasserwerks¬standorten 1 und 2. Die DOCKonzentration im Trinkwasser vom Wasserwerk 3 ist mit 0,3 mg/L DOC
niedriger als an den Wasserwerksstandorten 1 und 2.
Bei vergleichbaren Trinkwässern der Wasserwerke 1 und 2 mit unterschiedlicher DOC-Konzentration lässt sich folgende Beobachtung machen:
Mehr DOC führt tendenziell zu einer höheren Gesamtzellzahl und einer höheren
Anzahl kultivierbarer Bakterien (HPC auf R2A) im Biofilm und im stagnierenden
Wasser. Das „Ranking“ der Biofilmbesiedlung der Werkstoffe bleibt bei
verschiedenen Wasser¬beschaffenheiten erhalten. Am meisten Biofilm bildet
sich auf dem EPDM ohne Empfehlung, gefolgt vom EPDM mit Empfehlung, PEXb, Kupfer und PE-Xc. Für die Biofilmbesiedlung auf dem EPDM ohne
Empfehlung spielt der DOC-Gehalt des Trinkwassers kaum eine Rolle. Auf
diesem Werkstoff wurde am zweiten Wasserwerksstandort nicht mehr Biofilm
(GZZ, HPC) festgestellt als am ersten Wasserwerksstandort. Von diesem
Werkstoff wird soviel DOC abgegeben oder ist soviel organischer Kohlenstoff
an der Werkstoffoberfläche verfügbar, dass der im Wasser vorhandene DOC
kaum eine Rolle spielt.
Am Wasserwerksstandort 3 wurde erwartet, dass die Besiedlungsdichten der
Biofilme ähnlich den Besiedlungsdichten vom Wasserwerksstandort 1 sind.
Grund zu der Annahme waren die vergleichbar geringen DOC-Konzentrationen
von 0,3 und 0,8 mg/L. Entgegen der Erwartung wurden jedoch am Wasserwerksstandort 3 z. T. deutlich höhere Besiedlungsdichten in den Biofilmen als
am Wasserwerksstandort 2 ermittelt. Dies ist vermutlich auf die Wasserinhaltsstoffe Nitrat und ortho-Phosphat zurückzuführen. An den Wasserwerksstandorten 1 und 2 waren diese Nährstoffe vermutlich limitierend, so dass auch
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
157
bei höheren DOC-Konzentrationen im Trinkwasser oder bei mehr verwertbarem
organischen Kohlenstoff aus dem Werkstoff kein weiteres Biofilm-Wachstum
stattfand. Am deutlichsten zeigte sich dies bei dem Werkstoff EPDM ohne
Empfehlung. Im Kaltwasser wurden am Wasserwerksstandort 3 die höchste
Gesamtzellzahl und die höchste Anzahl kultivierbarer Bakterien auf der
Werkstoffinnen¬oberfläche ermittelt.
In der Literatur wurde beschrieben, dass die ortho-Phosphat-Konzentration im
Trinkwasser einen entscheidenden Einfluss auf das mikrobielle Wachstum hat,
wenn genügend Kohlenstoffquelle vorhanden ist. Lehtola et al. (1999)
berichten, dass die Konzentration kultivierbarer Bakterien (HPC auf R2A) bei
Anwesenheit von 1 µg/L ortho-Phosphat im Wasser 180fach höher ist, als bei
1 µg/L Acetat-Kohlenstoff (AOC). Mikrobiologisches Wachstum nimmt bei
Zudosierung bzw. Anwesenheit von bis zu 10 µg/L ortho-Phosphat im
Trinkwasser (Miettinen et al., 1997) und im Biofilm erheblich zu (Lethola et al.,
2002). Auch bei etablierten Biofilmen, die sich in Anwesenheit von orthoPhosphat entwickelt hatten, war die Gesamtzellzahl und die Anzahl der
kultivierbaren Bakterien (HPC auf R2A) auf der Werkstoffoberfläche höher als
bei vergleichbaren Systemen ohne ortho-Phosphat-Zugabe (Lethola et al.,
2002).
Diese Auswirkungen des Phosphats auf das mikrobiologische Wachstum
sollten bei der Dosierung von ortho-Phosphat oder Polyphosphaten als
Korrosionsinhibitoren berücksichtigt werden.
4.1.3 Einfluss der Temperatur
Die Temperatur hatte in den durchgeführten Langzeitversuchen in den
halbtechnischen Versuchsanlagen nur einen geringen Einfluss auf die
Besiedlungsdichte auf den Werkstoffoberflächen. Beim Anteil kultivierbarer
Bakterien an der Gesamtzellzahl in den Biofilmen auf Kupfer konnte ein Effekt
der Temperatur beobachtet werden (siehe Kap 4.2.6).
4.1.4 Zusammenfassung Einflussfaktoren
Der Werkstoff ist mit Abstand (mindestens 1 log Stufe Unterschied zu den
anderen beiden Einflussfaktoren) die wesentliche Einflussgröße auf die Biofilm-
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
158
besiedlungsdichte. Im Vergleich zu den Einflussfaktoren Wasserbeschaffenheit
und Temperatur, ist die über alle untersuchten Werkstoffe gemittelte Differenz
zwischen dem EPDM ohne Empfehlung und den anderen Werkstoffen am
höchsten (Bild 30). Aus dem Untersuchungszeitraum ab der 8. bis zur 36.
Betriebswoche wurden die ermittelten Werte der Gesamtzellzahl, HPC auf R2A
und Koloniezahlen gemäß TrinkwV 2001 verwendet. Angegeben wurde jeweils
der Betrag des Mittelwerts der Abweichungen mit zugehöriger Standardabweichung.
Innerhalb der Werkstoffe, die den aaRdT entsprechen (PE-Xc, PE-Xb und
Kupfer) waren die Schwankungsbreiten aller Parameter mit Ausnahme der
HPC-Ergebnisse geringer, d. h. der Einfluss des Werkstoffs wurde kleiner und
entsprach bei dem Parameter Gesamtzellzahl dem Einfluss der Wasserbeschaffenheit.
MW der Abweichnungen
[log10]
6
5
Werkstoff (Referenz EPDM o.E.)
Wasserbeschaffenheit (Referenz WW3)
Temperatur (Referenz 15°C)
4
3
2
1
0
GZZ
HPC
KBE 22°C
KBE 36°C
Untersuchungsparameter
Bild 30:
Einfluss der verschiedenen untersuchten Werkstoffqualitäten,
Wasserbeschaffen¬heiten und Temperaturen auf die Gesamtzellzahl und Konzentrationen kultivierbarer Bakterien (HPC
auf R2A und Koloniezahl 22°C und 36°C gemäß TrinkwV
2001). Dargestellt sind die Mittelwerte (MW) der Abweichungen der jeweiligen Parameter mit den zugehörigen
Standardabweichungen.
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
4.2
159
Einnistung und Austrag von Krankheitserregern
Derart hohe Konzentrationen an fakultativ pathogenen Bakterien, wie sie zur
Kontamination der halbtechnischen Versuchsanlagen verwendet wurden,
kommen im Wasserverteilungssystem normalerweise nicht vor. Die fakultativ
Pathogenen wurden zuvor in einem nährstoffreichen Medium angezogen, um
die für die Kontamination benötigten hohen Zellzahlen zu erreichen. Zur
Anpassung an die oligotrophen Bedingungen im Trinkwasser und um zu
verhindern, dass die zugesetzten Bakterien in den Versuchsanlagen mit
Speicherstoffen weiterleben und sich ggf. auch vermehren, wurden die
angezüchteten, fakultativ pathogenen Bakterien ausgehungert. Hierzu wurden
sie den Bedingungen (Temperatur, Wasserbeschaffen¬heit) ausgesetzt, die sie
in der Versuchsanlage antreffen würden. Die anfängliche Wachstumsrate hat
einen erheblichen Einfluss auf die Persistenz im Biofilm, da sich die
Organismen am längsten halten können, die eine geringe Wachstumsrate
aufweisen (Camper et al., 1996).
Die Einflüsse von Werkstoff, Wasserbeschaffenheit und Temperatur auf die
Vermehrung im Biofilm und den Austrag ins stagnierende Trinkwasser ließen
sich nur bei L. pneumophila (Warmwasser) quantifizieren. Die genannten
Einflüsse ließen sich bei P. aeruginosa, C. freundii, E. nimipressuralis und L.
pneumophila (Kaltwasser) nicht quantifizieren, da sich diese Bakterien im
Biofilm nicht vermehrten.
L. pneumophila und P. aeruginosa nisteten sich unabhängig von Werkstoff,
Wasserbeschaffenheit und Temperatur in alle Biofilme ein. Die beiden Organismen ließen sich zwar nicht zu jeder Zeit mit den kulturellen Standarduntersuchungsmethoden (DIN EN 12780; ISO 11731) nachweisen, waren jedoch jederzeit mit der kulturunabhängigen FISH-Methode in den Biofilmen qualitativ nachweisbar.
4.2.1 L. pneumophila im Warmwasser
L. pneumophila konnte sich in den Warmwasserbiofilmen nicht nur einnisten,
sondern vermehrte sich in allen Warmwasserbiofilmen bei jeder Werkstoffqualität und Wasserbeschaffenheit. Die Anzahl von L. pneumophila in den
Biofilmen war abhängig von der Besiedlungsdichte der Werkstoffoberflächen
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
160
(Gesamtzellzahl (r² = 0,619) und kultivierbaren Bakterien (Ergebnisse nicht
gezeigt)) und somit von der Werkstoffqualität und Wasserbeschaffenheit
(Bild 31). Auf den Werkstoffen mit den höchsten Besiedlungsdichten (EPDMWerkstoffe) wurden die höchsten Legionellen-Anzahlen im Biofilm und auf den
Werkstoffen mit den geringsten Besiedlungsdichten (Kupfer, PE-Xb und PE-Xc)
die niedrigsten Legionellen-Anzahlen im Biofilm ermittelt.
Bei näherer Betrachtung des Bereichs gleicher Gesamtzellzahlen auf den
Oberflächen der Werkstoffe Kupfer, PE-Xb und PE-Xc (ungefähr zwischen 105
und 106 Zellen/cm²) war der Werkstoff PE-Xc im Vergleich zu Kupfer und PE-Xb
am geringsten mit L. pneumophila besiedelt.
In der Literatur wurden in Biofilmen in Modell-Trinkwasser-Verteilungssystemen
ähnlich hohe Anzahlen von Legionellen auf EPDM- und PE-Werkstoffen
gefunden (Rogers et al., 1994b) und eine Abhängigkeit von der Besiedlungsdichte des Biofilms beschrieben (Langmark et al., 2005). Die Ansiedlung von L.
pneumophila in Biofilmen in Trinkwassersystemen ist vermutlich generell
abhängig von der Besiedlungsdichte der Biofilme auf den Werkstoffen.
1,0E+09
L. pneumophila [KBE/cm²]
1,0E+08
1,0E+07
Kupfer
PEXc
EPDM m.E.
EPDM o.E.
PEXb
1,0E+06
R² = 0,619
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E+03
1,0E+04
1,0E+05
1,0E+06
1,0E+07
1,0E+08
1,0E+09
Gesamtzellzahl [Zellen/cm²]
Bild 31:
Zusammenhang zwischen Warmwasser-Biofilm-Besiedlungsdichte (GZZ) und der Anzahl an kultivierbaren L. pneumophila
im Warmwasser-Biofilm. Darstellung der Werte der fünf
Werkstoffe an den drei Standorten jeweils im Zeitraum von
der 16. bis zur 36. Betriebswoche. Die schwarze Linie ist die
Regressionsgerade.
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
161
Ein langfristiger negativer Einfluss von Kupfer auf das Legionellen-Wachstum
konnte nicht festgestellt werden. Oft war die Anzahl von L. pneumophila in
Kupferbiofilmen höher als in PE-Xc-Biofilmen. Diese Ergebnisse widersprechen
Untersuchungen, in denen ein oligodynamischer Effekt des Kupfers auf die
Anzahl der Legionellen im Biofilm gefunden wurde (Rogers et al., 1994a).
Der Austrag von L. pneumophila aus dem Biofilm in das stagnierende
Warmwasser bei einem Wasserwerksstandort war abhängig von der Anzahl an
L. pneumophila im Biofilm auf einem Werkstoff. Mit zunehmender Anzahl an
Legionellen im Biofilm nahm der Austrag der Legionellen ins stagnierende
Wasser zu. Auch bei Betrachtung der Ergebnisse für alle fünf Werkstoffe und
drei Wasserbeschaffenheiten gibt es eine geringe Korrelation (r²=0,397)
zwischen der Legionellen-Anzahl im Biofilm und dem Austrag von
L. pneumophila in das stagnierende Wasser (Bild 32). In allen Warmwasserproben lagen die ermittelten Konzentrationen an L. pneumophila über
dem Maßnahmeschwellenwert von 100 KBE/100 mL. Da die LegionellenAnzahl im Biofilm im Wesentlichen vom Werkstoff abhängig war, war der
Austrag von L. pneumophila auch vom Werkstoff abhängig.
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
162
1,0E+09
L. pneumophila [KBE/mL]
1,0E+08
1,0E+07
Kupfer
EPDM m.E.
PEXb
PEXc
EPDM o.E.
1,0E+06
1,0E+05
1,0E+04
1,0E+03
R² = 0,397
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
1,0E-01
1,0E-02
1,0E+00 1,0E+01 1,0E+02 1,0E+03 1,0E+04 1,0E+05 1,0E+06 1,0E+07 1,0E+08 1,0E+09
L. pneumophila [KBE/cm²]
Bild 32:
Zusammenhang zwischen der Anzahl an kultivierbaren
L. pneumophila im Warmwasser-Biofilm und dem Austrag
von kultivierbaren L. pneumophila in das 8 h stagnierende
Warmwasser. Darstellung der Werte der fünf Werkstoffe an
den drei Standorten jeweils im Zeitraum von der 16. bis zur
36. Betriebswoche. Die schwarze Linie ist die Regressionsgerade. Die gepunktete Linie markiert den Maßnahmeschwellenwert von 100 KBE/ 100 mL.
Bei genauerer Betrachtung des Bereichs gleicher Legionellen-Anzahlen in den
Biofilmen auf den gering besiedelten Werkstoffen Kupfer, PE-Xb und PE-Xc
(ungefähr 10² bis 10³ KBE/cm²) wurden aus dem PE-Xb-Biofilm höhere
Legionellen-Konzentrationen an das stagnierende Wasser abgegeben als vom
Kupfer und vom PE-Xc.
Als Werkstoff mit der geringsten Besiedlung und mit dem geringsten Austrag
von L. pneumophila in Abhängigkeit von der Wasserbeschaffenheit ging nach
Auswertung aller Versuche eindeutig das PE-Xc hervor.
In dem Versuchszeitraum zwischen der Kontamination und der Reinigung und
Desinfektion (insgesamt 7 Monate) wurde der Wasserkörper in den jeweiligen
Versuchsstrecken ca. 22.000 mal ausgetauscht. Angenommen L. pneumophila
hätte sich in den Warmwasser-Biofilmen nicht vermehrt und angenommen, es
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
163
wäre zu einem Austrag von L. pneumophila aus dem Biofilm in das
stagnierende Trinkwasser nur während der 8 h Stagnation erfolgt, wären
spätestens 5 Monate nach der Kontamination keine Legionellen im Biofilm mehr
nachgewiesen worden. Um diese gemessenen Anzahlen aufrecht erhalten zu
können, musste sich L. pneumophila auch bei scheinbar gleich bleibender
Legionellen-Anzahl im Biofilm vermehrt haben. Diese Berechnung erfolgte unter
der Annahme, dass 1 mL Wasser von ca. 3,08 cm² Biofilm mit Legionellen
umgeben ist und ca. 10% der im Biofilm vorhandenen Legionellen in das
stagnierende Trinkwasser abgegeben werden.
4.2.2 L. pneumophila im Kaltwasser
L. pneumophila ließ sich sporadisch auch im Kaltwasserbiofilm kulturell
nachweisen. Mit der kulturunabhängigen FISH-Methode war L. pneumophila
unabhängig von Werkstoffqualität und Wasserbeschaffenheit sogar jederzeit im
Kaltwasserbiofilm nachweisbar. Eine Vermehrung von L. pneumophila, wie sie
im Warmwasserbiofilm festgestellt wurde, wurde im Kaltwasserbiofilm jedoch
nicht beobachtet. Auch ein Austrag von L. pneumophila aus den
Kaltwasserbiofilmen in das stagnierende Kaltwasser konnte nicht beobachtet
werden (Ausnahme Wasserwerk 2: EPDM ohne Empfehlung und Kupfer). Im
stagnierenden Kaltwasser war die Konzentration von L. pneumophila
immer < 1 KBE/100 mL).
Die Temperaturen im Kaltwasser-System mit ca. 12 bis 15°C lagen unter den
optimalen Wachstumstemperaturen (25 bis 37°C) von L. pneumophila
(Wadowsky et al., 1985). Auch eine Erwärmung des stagnierenden Kaltwassers
auf 25°C bzw. eine längere Stagnationszeit des erwä rmten Kaltwassers (ca.
25°C) bis zu 4 Wochen führte nicht zu einer Zunahme von L. pneumophila im
Biofilm und im stagnierenden Wasser. Dennoch war L. pneumophila auch noch
Monate nach der Kontamination im Kaltwasserbiofilm sowohl mit den kulturellen
Standardmethoden als auch mit der kulturunabhängigen FISH-Methode
nachweisbar.
Amöben und andere Protozoen sind für die Vermehrung von L. pneumophila
von zentraler Bedeutung (Fields et al., 1984; Fields, 1996). Daher sollten bei
der Risikoabschätzung der Legionellenprophylaxe auch die Amöben mit
berücksichtigt werden. L. pneumophila kann sich ebenfalls in den Dauerformen
164
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
der Amöben, den Zysten, aufhalten. Darin ist L. pneumophila auch vor Desinfektionsmaßnahmen geschützt.
4.2.3 P. aeruginosa
P. aeruginosa war nur sporadisch mit den kulturellen Standardmethoden im
Biofilm und im 8 h stagnierenden Wasser nachweisbar. Mit der kulturunabhängigen FISH-Methode war P. aeruginosa in den Biofilmen jedoch zu jeder
Zeit und in nahezu gleich hoher Anzahl unabhängig von Werkstoffqualität,
Wasserbeschaffenheit und Temperatur nachweisbar. Besonders erwähnenswert ist der Umstand, dass P. aeruginosa z. T. innerhalb von 24 bis 48 h nach
der Kontamination der Versuchsanlagen im Biofilm nicht mehr kulturell nachweisbar war und vermutlich in den VBNC-Zustand übergegangen war. Zu den
Zeitpunkten, bei denen P. aeruginosa länger im stagnierenden Wasser als im
korrespondierenden Biofilm nachgewiesen wurde, ist anzunehmen, dass von
den VBNC-Zellen im Biofilm kultivierbare Zellen in das Trinkwasser abgegeben
wurden. Für P. aeruginosa und L. pneumophila ist bekannt, dass sie in einen
VBNC-Zustand übergehen können (Oliver, 2005).
4.2.4 C. freundii und E. nimipressuralis
C. freundii ließ sich bis zu max. 4 Wochen nach der Kontamination kulturell
nachweisen. C. freundii war teilweise im 8 h stagnierenden Wasser länger
kulturell nachweisbar als im korrespondierenden Biofilm. Dies deutet daraufhin,
dass auch C. freundii im Biofilm in einen VBNC-Zustand übergegangen sein
könnte. Dies konnte jedoch nicht bestätigt werden, da keine FISH-Untersuchungen auf C. freundii durchgeführt werden konnten. Das fehlende Aufkeimen von C. freundii lässt sich vermutlich durch die kurze Aufenthaltszeit des
Wassers in den Leitungen (max. 8 h) und den niedrigen AOC-Gehalt der
eingesetzten Trinkwässer erklären. So wurde beschrieben, dass das Wiederaufkeimen von coliformen Bakterien nur möglich ist, wenn der
AOC > 50-100 µg/L ist (LeChevallier et al., 1991).
E. nimipressuralis konnte an keinem Wasserwerksstandort zu keinem Zeitpunkt
nach der Kontamination kulturell nachgewiesen werden. Ob E. nimipressuralis
in einem VBNC-Zustand im Biofilm vorliegt, wurde nicht untersucht. Es wird
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
165
angenommen, dass sich der verwendete Stamm von E. nimipressuralis nicht im
Biofilm etablieren konnte.
4.2.5 Viable but nonculturable (VBNC)-Zellen
Das Vorliegen von Krankheitserregern im VBNC-Zustand stellt für ein
Trinkwasser-Verteilungssystem und eine Trinkwasser-Installation bislang eine
unbeachtete Gefahr dar. Die ursprüngliche Kontaminationsquelle kann mit den
kulturellen Standard¬methoden (DIN EN 12780; ISO 11731; ISO 11731-2) nicht
entdeckt werden, solange der Krankheitserreger im VBNC-Zustand vorliegt.
Von diesen VBNC-Organismen können hygienische Risiken ausgehen, da sie
von einer unerkannten Kontaminationsquelle aus weite Teile der TrinkwasserInstallation kontaminieren können. Finden sich dann für den Krankheitserreger
optimale Bedingungen (Temperatur, Nährstoffe, etc.) kann es in diesem Teil der
Trinkwasser-Installation zu einer Massenvermehrung kommen. Deren
Beseitigung durch eine Desinfektion löst zwar kurz- bis mittelfristig das
Problem, bleibt die ursprüngliche Kontaminationsquelle aber unentdeckt, kann
es zu einer erneuten Massenvermehrung kommen. Im Hinblick auf L.
pneumophila muss daher bei Sanierungen des Warmwassersystems auch das
Kaltwassersystem mit untersucht werden. Die Untersuchungen im Rahmen
dieser Arbeit haben deutlich gezeigt, dass L. pneumophila auch über lange
Zeiträume in Kaltwasserbiofilmen persistieren kann.
Von Zellen fakultativ pathogener Bakterien im VBNC-Zustand kann vermutlich
auch ein gesundheitliches Risiko ausgehen. Es ist bekannt, dass z.B. Zellen
von Vibrio spp. aus dem VBNC-Zustand erweckt werden können und dann
infektiös sind (Colwell et al., 1985; Colwell et al., 1996; Oliver und Bockian,
1995). Von keinem der in dieser Arbeit untersuchten Krankheitserreger wurde
bisher in der Literatur beschrieben, dass von Zellen im VBNC-Zustand eine
Infektionsgefahr ausgeht. Für L. pneumophila lässt sich jedoch vermuten, dass
dieser Krankheitser¬reger auch im VBNC-Zustand eine Gefahr für die
menschliche Gesundheit darstellen kann. L. pneumophila kann nach Passage
durch Amöben aus dem VBNC-Zustand erweckt werden (Steinert et al., 1997).
Die Vermehrungsmechanismen von Legionellen in den menschlichen
Makrophagen sind identisch mit den Vermehrungsmechanismen in den
Amöben (Molmeret et al., 2005). Daher ist zu vermuten, dass nach Eindringen
von L. pneumophila im VBNC-Zustand in die Lunge auch die Passage durch
166
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
Makrophagen die Legionellen aus dem VBNC-Zustand erweckt und somit eine
Infektion der Lunge hervorgerufen werden kann.
Die Faktoren, die zu einer Erweckung von P. aeruginosa aus dem VBNCZustand führen, sind noch wenig bekannt. Reinkulturen von P. aeruginosa
können bei Anwesenheit von Kupfer in einen VBNC-Zustand übergehen und
wieder erweckt werden, wenn die Kupferionenkonzentration durch Chelatbildner
wieder verringert wird (siehe Teilprojekt 4b). In den Versuchen mit der
halbtechnischen Versuchsanlage wurde dennoch P. aeruginosa in Trinkwasser
und Biofilm¬suspensionen mit Konzentrationen von bis zu 8 mg/L Kupfer
kulturell nachgewiesen. Kupfer scheint in einem komplexeren System wie der
Trinkwasser-Installation für P. aeruginosa nicht das ausschließliche Kriterium
für den Übergang in den VBNC-Zustand zu sein.
4.2.6 Anteil kultivierbarer Bakterien an der Gesamtzellzahl
Für die Quantifizierung von Biofilmen hatte sich auf den unterschiedlichen
Werkstoffen die Bestimmung der Gesamtzellzahl und der kultivierbaren
Bakterien (HPC auf R2A-Agar) bewährt. Über den Anteil der kultivierbaren
Bakterien (z.B. HPC auf R2A) an der Gesamtzellzahl im Biofilm kann eine
Aussage über den physiologischen Zustand und die Nährstoffversorgung der
Zellen gemacht werden.
Der Anteil der kultivierbaren Bakterien (HPC auf R2A) im Biofilm zeigte auf den
verschiedenen Werkstoffen im Warm- und Kaltwasser mit 0,03 bis 20 % eine
weite Spanne, die von verschieden Faktoren wie Werkstoffqualität, Wasserbeschaffenheit und Temperatur abhing (Bild 33 und Bild 34). Im Kaltwasser war
der Anteil der kultivierbaren Bakterien auf den EPDM-Werkstoffen deutlich
höher als auf den aaRdT-Werkstoffen (PE-Xc, PE-Xb, Cu) (Bild 34). Im
Warmwasser war dieser Unterschied weniger stark ausgeprägt (Bild 33). Im
Warmwasser herrschen vermutlich günstigere Bedingungen für die Verwertung
der verfügbaren Inhaltsstoffe in den PE-X-Werkstoffen. Möglicherweise
diffundieren bei höheren Temperaturen mehr verfügbare Verbindungen ins
Wasser und verbessern die Nährstoffversorgung der Zellen.
In den phosphatarmen (< 0,1 mg/L ortho-Phosphat) Warmwässern (WW 1 und
WW 2) war auf Kupfer der Anteil der kultivierbaren Bakterien (HPC auf R2A) im
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
167
Biofilm deutlich geringer als in den phosphatarmen Kaltwässern. Dieser
hemmende Effekt war in dem phosphathaltigen (1 mg/L ortho-Phosphat)
Warmwasser (WW 3) nicht zu beobachten (Bild 33 und Bild 34). Vermutlich war
die Kupfer-Konzentration in den Warmwässern der WW 1 und WW 2 höher als
in den entsprechenden Kaltwässern und hemmte die Kultivierbarkeit der
Bakterien. Das Phosphat im Wasser des WW 3 verminderte vermutlich die
Flächenkorrosion des Kupfers und führt daher zu einer geringeren
Kupferkonzentration im Wasser. Dadurch könnten die Bakterien physiologisch
aktiver sein.
Kupfer
PEXc
EPDM m.E.
EPDM o.E.
PEXb
HPC (R2A)
/ Gesamtzellzahl [%]
100,000
10,000
1,000
0,100
0,010
0,001
WW 1
pH 8,0
DOC: 0,8 mg/L
Nitrat: <0,5 mg/L
Phosphat: 0,09 mg/L
WW 2
pH 7,3
DOC: 3,1 mg/L
Nitrat: 1,2 mg/L
Phosphat: 0,06 mg/L
WW 3
pH 7,5
DOC: 0,3 mg/L
Nitrat: 12,6 mg/L
Phosphat: 1,06 mg/L
Wasserwerksstandorte
Bild 33:
Anteil der kultivierbaren Bakterien (HPC auf R2A) an der
Gesamtzellzahl im Warmwasserbiofilm. Dargestellt sind die
Mittelwerte und die Standardabweichung über den Zeitraum
12. bis 36. Betriebswoche
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
168
Kupfer
PEXc
EPDM m.E.
EPDM o.E.
PEXb
HPC (R2A)
/ Gesamtzellzahl [%]
100,000
10,000
1,000
0,100
0,010
0,001
WW 1
pH 8,0
DOC: 0,8 mg/L
Nitrat: <0,5 mg/L
Phosphat: 0,09 mg/L
WW 2
pH 7,3
DOC: 3,1 mg/L
Nitrat: 1,2 mg/L
Phosphat: 0,06 mg/L
WW 3
pH 7,5
DOC: 0,3 mg/L
Nitrat: 12,6 mg/L
Phosphat: 1,06 mg/L
Wasserwerksstandorte
Bild 34:
Anteil der kultivierbaren Bakterien (HPC auf R2A) an der
Gesamtzellzahl im Kaltwasserbiofilm. Dargestellt sind die
Mittelwerte und Standardabweichungen über den Zeitraum
12. bis 36. Betriebswoche.
4.3
Reinigung und chemische Anlagen-Desinfektion
Wenn die eingetragenen Krankheitserreger in den Versuchsanlagen eine
Desinfektion im Biofilm überlebten, konnten sie 3 bis 4 Wochen nach der
Desinfektion wieder zu hohen Anzahlen im Biofilm anwachsen und zu einer
Kontamination des 8 h stagnierenden Wassers führen. Eine Neubesiedlung der
gereinigten und desinfizierten Biofilme mit Krankheitserregern durch FremdEintrag konnte ausgeschlossen werden. Auch bei einer in Anlehnung an das
DVGW-Arbeitsblatt W 291 durchgeführten Anlagendesinfektion (z.B. Wasserwerksstandort 3) ließen sich die Krankheitserreger nicht vollständig aus den
Biofilmen entfernen. Dies war selbst dann nicht der Fall, wenn nach Ablauf der
Desinfektionszeit von 24 h noch deutlich hohe Konzentrationen an Desinfektionsmittel nachweisbar waren. Nur vom Werkstoff PE-Xc ließ sich
L. pneumophila vollständig aus dem Biofilm entfernen. Sowohl direkt als auch 3
bis 4 Wochen nach der durchgeführten Reinigung und Desinfektion war
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
169
L. pneumophila nicht mit den kulturellen Standardmethoden und auch nicht mit
der kulturunabhängigen FISH-Methode im Biofilm auf PE-Xc nachweisbar.
P. aeruginosa ließ sich aus keinem der Biofilme vollständig entfernen.
P. aeruginosa war direkt nach der Reinigung und Desinfektion sowie 3 bis 4
Wochen nach der Desinfektion mit der kulturunabhängigen FISH-Methode
unabhängig von Werkstoffqualität, Wasserbeschaffenheit und Temperatur in
allen Biofilmen nachweisbar. Am Wasserwerksstandort 1 sowie am Wasserwerksstandort 3 war P. aeruginosa sogar direkt nach der Reinigung und Desinfektion in einigen Biofilm- und Wasserproben mit der kulturellen Standardmethode nachweisbar, obwohl P. aeruginosa bis zu 7 Monate zuvor kulturell
nicht nachweisbar gewesen war. Auffällig war, dass P. aeruginosa nach der
Desinfektion meist in der Wasserprobe und nicht im Biofilm wieder kulturell
nachweisbar war.
Für dieses Phänomen gibt es zwei Erklärungsmöglichkeiten:
(i) P. aeruginosa wurde durch die Reinigung und Desinfektion mit Chlordioxid
aus seinem VBNC-Zustand erweckt. Grund für dieses „Aufwachen“ aus dem
VBNC-Zustand kann die erhöhte Verfügbarkeit von Nährstoffen sein, die von
P. aeruginosa verwertet werden können. Durch die Desinfektion werden
aufgrund der oxidativen Wirkung des Desinfektionsmittels auf die organischen
Moleküle im Biofilm leicht verfügbare organische Verbindungen gebildet.
(ii) P. aeruginosa hatte im kultivierbaren Zustand im Biofilm in Zellzahlen
überlebt, die unterhalb der Nachweisgrenzen der kulturellen Verfahren lagen.
Aufgrund seiner schnellen Wachstumsrate und breiten Substratspektrums
konnte P. aeruginosa nach der Desinfektion die leicht verwertbaren
organischen Verbindungen für eine schnelle Vermehrung nutzen.
4.3.1 Schutz gegenüber Desinfektionsmitteln
Im Rahmen dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass auf den Werkstoffen, auf
denen sich besonders viel Biofilm entwickelte, selbst eine Desinfektion mit so
hohen Chlordioxid-Konzentrationen (bis zu 28 mg/L), dass nach 24 h eine Restkonzen¬tration von Chlordioxid nachweisbar war, nicht zu einer vollständigen
Abtötung der eingesetzten fakultativ pathogenen Bakterien (P. aeruginosa und
170
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
L. pneumophila) führte. Dieses Überleben kann darauf zurückgeführt werden,
dass sich das Desinfektionsmittel an der Biofilmoberfläche abreagiert, den
Biofilm nicht vollständig durchdringen kann und somit nur die Bakterien an der
Oberfläche, nicht aber in der Tiefe des Biofilms abgetötet werden (Costerton et
al., 1999; DeBeer et al., 1994). Selbst wenn das Desinfektionsmittel die
Bakterien erreicht, können im Trinkwasser lebende Bakterien eine geringere
Empfindlichkeit gegenüber Desinfektionsmittel haben, weil infolge der geringen
Nährstoffkonzentration die Bakterien langsam wachsen (Steed und Falkinham,
2006). Werden an Trinkwasserbedingungen angepasste Organismen auf
Nährböden angezogen, werden die Zellen wieder empfindlicher gegenüber den
Desinfektionsmitteln. Dies konnte am Beispiel von L. pneumophila gezeigt
werden (Kuchta et al., 1985). Zusätzlich sind Biofilm-Organismen um ein
Vielfaches unempfindlicher gegenüber Desinfektionsmitteln als planktonische
Organismen (LeChevallier et al., 1988a; LeChevallier et al., 1988b; Teitzel und
Parsek, 2003; Schulte et al., 2005).
L. pneumophila ist in der freien Natur auf Wirtszellen, z.B. Amöben,
angewiesen. Vermehrt sich L. pneumophila in einer Amöbe, führt dies im
Gegensatz zu Legionellen, die sich nicht in Amöben vermehrt haben, zu einer
deutlich höheren Resistenz gegenüber Desinfektionsmitteln (Barker et al.,
1992) und einer deutlich erhöhten Toleranz gegenüber rauen umweltbedingten
Veränderungen wie z.B. Temperaturschwankungen, hohe Osmolarität, extreme
pH-Werte und der Anwesenheit oxidierender Stoffe (Wadowsky et al., 1985).
Innerhalb einer Amöbe bzw. deren Dauerform (Zyste) kann L. pneumophila
hohe Temperaturen und hohe Desinfektionsmittel-Konzentrationen überstehen
(Kilvington und Proce, 1990; Storey et al., 2004) und daher auch nach einer
chemischen Desinfektion mit hohen Desinfektionsmittel-Konzentrationen das
Trinkwassersystem wieder besiedeln und vom Biofilm ausgehend das
Trinkwasser kontaminieren. Es ist bekannt, dass L. pneumophila in den VBNCZustand übergehen kann und in diesem VBNC-Zustand auch nach einer
Desinfektion lange im Biofilm überleben kann (Alleron et al., 2008).
L. pneumophila kann nach Vermehrung in Amöben aus dem VBNC-Zustand
wiederbelebt werden (Steinert et al., 1997). Überlebenden Krankheits¬erregern
stehen nach einer Desinfektion mehr Nährstoffe zur Verfügung. Diese
Nährstoffe können z.B. abgestorbene Zellen sein. L. pneumophila ist in der
Lage, auf durch Hitze abgetöteten Zellen zu wachsen (nekrotroph). Dieser
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
171
Umstand gibt L. pneumophila einen zusätzlichen Vorteil für das Überleben nach
einer Desinfektion in Biofilmen (Temmerman et al., 2006).
Eine Desinfektion soll Krankheitserreger und unspezifische (nicht pathogene)
Mikroorganismen abtöten oder inaktivieren, so dass von ihnen keine Gefahr für
die menschliche Gesundheit mehr ausgeht (DVGW-Arbeitsblatt W 290). Von
einer ausreichenden Desinfektion wird gesprochen, wenn die Anzahl der
Krankheitserreger (KBE) um 99,99% (4 log-Stufen) reduziert wurde. Im
Rahmen dieser Arbeit wurde eine Reduktion der Krankheitserreger in den
Biofilmen um bis zu 99,9999% (6 log-Stufen) erreicht. Die verbliebenen
wenigen Legionellen vermehrten sich jedoch innerhalb weniger Wochen wieder
so stark, dass das Trinkwasser 3 Wochen nach der Desinfektion wieder mit
Krankheitserregern kontaminiert wurde. Verbleiben also wenige Krankheitserreger im Biofilm führt dies unweigerlich unabhängig von Werkstoffqualität und
Wasserbeschaffenheit zu einem erneuten Aufkeimen dieser Krankheitserreger.
Ziel einer Anlagen-Desinfektion muss daher sein, die Krankheitserreger im
Biofilm vollständig zu entfernen. Dies war im Rahmen dieser Arbeit nur für
L. pneumophila auf PE-Xc am dritten Wasserwerksstandort möglich.
P. aeruginosa überstand jedoch diese Desinfektion im VBNC-Zustand.
Bei der Desinfektion werden Bakterien abgetötet. Diese abgetöteten Bakterien
werden im Verlauf einer Desinfektion jedoch nicht entfernt und können so
anderen Bakterien nach Abschluss der Desinfektion als Nahrungsquelle dienen
(Temmerman et al., 2006). Bei einer Sanierung muss daher zusätzlich zu einer
Desinfektion auch eine Reinigung durchgeführt werden, die vor der Desinfektion
alle störenden Einflüsse (z.B. dicke Biofilme) entfernt. Im Idealfall sollten nach
der Desinfektion durch eine zweite Reinigung abgetötete Bakterien beseitigt
werden.
4.4
Ableitung von Maßnahmen für die Praxis
Die Anzahl von vermehrungsfähigen Krankheitserregern in den Biofilmen und
im stagnierenden Wasser ist größtenteils abhängig von dem verwendeten
Werkstoff und der Besiedlungsdichte des auf dem Werkstoff vorhandenen
Biofilms. Daher muss der natürliche Biofilm auf einem Werkstoff in der
Trinkwasser-Installation so gering wie möglich sein. Dies kann dadurch erreicht
werden, dass alle in der Trinkwasser-Installation verwendeten Werkstoffe
172
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
möglichst wenig mikrobiologisch verwertbare Nährstoffe an die BiofilmBakterien abgeben. Als Bewertungskriterien stehen die KTW-Leitlinie und das
DVGW-Arbeitsblatt W 270 zur Verfügung. Mit der Kombination dieser Untersuchungsmethoden werden sowohl wasserlösliche als auch schwer wasserlösliche, mikrobiologisch verwertbare Stoffe erfasst. Für die hygienebewusste
Planung, Ausführung, den Betrieb und die Instandhaltung von Trinkwasseranlagen sind die technischen Regelwerke zu beachten (DIN EN 806; DIN 1988;
VDI 6023). Zudem sollte auch das Trinkwasser sehr nährstoffarm sein. Eine
Zudosierung von ortho-Phosphat als Korrosionsinhibitor sollte daher aus
mikrobiologischer Sicht kritisch geprüft werden.
Die Temperatur spielt vor allem für die Vermehrung von L. pneumophila eine
entscheidende Rolle. Daher ist darauf zu achten, dass Warmwasseranlagen
dem Stand des DVGW-Arbeitsblattes W 551 entsprechen. Kaltwasseranlagen
können ebenso mit L. pneumophila kontaminiert sein und müssen bei Sanierungen von Kontaminationsfällen mit L. pneumophila mit untersucht werden.
Eine langfristige Erwärmung der Kaltwasser-Trinkwasser-Installationen auf über
25°C sollte vermieden werden. Trinkwasser, welches länger als 8 h stagniert,
sollte in jedem Fall verworfen werden.
Die Untersuchungen haben zudem gezeigt, dass die eingesetzten Krankheitserreger mit den kulturellen Standardmethoden nicht immer nachweisbar
sind, da sie im VBNC-Zustand vorliegen können. Daher muss bei vereinzelten
Nachweisen von fakultativ pathogenen Bakterien auch mit kulturunabhängigen
Methoden (z.B. FISH) auf diese Krankheitserreger hin untersucht werden. Auch
bei Sanierungsverfahren, die keine langfristige Wirkung zeigen, sollten kulturunabhängige Verfahren eingesetzt werden, um die eigentliche Kontaminationsquelle lokalisieren zu können. Da der Biofilm die Kontaminationsquelle sein
kann, muss zudem nicht nur das Trinkwasser, sondern auch der Biofilm auf
Krankheitserreger untersucht werden.
Die Untersuchungen führten zu der Schlussfolgerung, dass Werkstoffe, die den
allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen (KTW-A bzw. KTWLeitlinie, DVGW W 270), zwar keine Kontamination der Biofilme mit fakultativ
Pathogenen verhindern können – sie bieten jedoch im Fall einer Kontamination
die beste Voraussetzung für eine erfolgreiche Reinigung und Desinfektion einer
Trinkwasser-Installation.
Ergebnisse aus halbtechnischen Anlagen
173
Danksagung
Wir danken den Wasserversorgungsunternehmen Stadtwerke Norderstedt,
Gemeinde Rellingen und Stadtwerke Düsseldorf AG, die uns das Betreiben der
Versuchsanlagen in ihren Wasserwerken ermöglicht haben und uns bei den
Versuchen unterstützt haben. Wir danken der Fa. Viega für die Unterstützung
beim Bau der Versuchsanlagen.
5
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Desinfektion von Biofilmen
182
Überprüfung der Wirksamkeit von Desinfektionsmaßnahmen
und Erarbeitung von Handlungsanweisungen in Schadensfällen
Martin Exner*, Jürgen Gebel, Johannes Lenz
Universität Bonn
Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit
Abt. Desinfektionsmitteltestung
Sigmund-Freud-Str. 25, 53105 Bonn, Tel.: 0228-287-19487, Fax: 0228-287-19488
* [email protected]
Zusammenfassung
Die Einhaltung einer für den menschlichen Gebrauch hygienisch sicheren
Wasserqualität wird durch die Vorgaben der Trinkwasserverordnung geregelt.
Dazu gehören auch Vorschriften zur korrekten Desinfektion des Trinkwassers.
Viele Mikroorganismen können sich in Biofilmen organisieren. Dadurch sind sie
verstärkt vor äußeren Einflüssen wie Bioziden geschützt. Hygienisch relevante
Bakterien wie Pseudomonas aeruginosa oder Legionella pneumophila können
in Biofilmen existieren und somit ein Gesundheitsrisiko speziell für immunsupprimierte Menschen darstellen.
Im Rahmen dieses Projektes wurde die Wirkung von derzeit verfügbaren
chemischen Desinfektionsverfahren gegenüber Biofilmen im Silikonschlauchmodell untersucht. Dabei konnte festgestellt werden, dass die laut Trinkwasserverordnung geforderte Bestimmung der koloniebildenden Einheiten (KBE) nicht
ausreicht, um eine uneingeschränkte Beurteilung über den Zustand einer
Trinkwasserinstallation abzugeben. Auch nach vollständiger Reduktion der KBE
wurden mittels Bestimmung der Gesamtzellzahl (GZZ) in nahezu allen Fällen
noch Mikroorganismen im System nachgewiesen. Zudem zeigten rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen der behandelten Schlauchoberflächen, dass die
Biofilmmatrix durch eine Desinfektion nur bedingt entfernt werden kann.
Zudem konnte gezeigt werden, dass bereits 14 Tage nach einer erfolgreichen
Desinfektion, d.h. vollständige Inaktivierung der KBE, ein verstärktes Wiederaufkeimen in den behandelten Schläuchen zu beobachten war. Regelmäßige
Nachkontrollen und eventuelle Nachbehandlungen sind somit notwendig, um
Berichte aus dem IWW Rheinisch-Westfälisches Institut für Wasserforschung gemeinnützige GmbH
Band 54, Mülheim an der Ruhr, 2010, ISSN 0941 - 0961
Desinfektion von Biofilmen
183
ein wasserführendes System dauerhaft in einem hygienisch sicheren Zustand
zu halten.
Untersuchungen mit dem Impulsspülverfahren zeigten, dass mit dieser Art einer
hydraulisch- mechanischen Reinigung große Teile des Biofilms entfernt werden
können und sogar eine leichte Reduktion der KBE und der GZZ erreicht werden
kann. Ein nachfolgender Einsatz von Reinigungsmitteln führte zu einer
verstärkten Reduktion.
Bisher gibt es keine Richtlinien zur Überprüfung der Wirksamkeit von Desinfektionsverfahren oder Rezepturen zur Inaktivierung von Mikroorganismen in
Biofilmen im Trinkwasserinstallationsbereich. Die Untersuchungen zeigten,
dass es erforderlich ist, ein einheitliches und reproduzierbares Prüfverfahren zu
etablieren. Deshalb wird in Anlehnung an die europäische Normierung im CEN
ein Untersuchungsmodell in 3 Phasen empfohlen:
1. Phase: Test des Prüfprodukts im quantitativen Suspensionsversuch (in
Anlehnung an EN 13623)
2. Phase: Test des Prüfprodukts im quantitativen Keimträgertest: Silikonschlauchmodell, je nach Anwendungsmöglichkeit in den entsprechenden
Varianten: Behandlung nach TrinkwV, Anlagendesinfektion
3. Phase: Test des Prüfprodukts im Feldversuch, Begleitung
Desinfektions- bzw. Sanierungsmaßnahme mit dem Hygiene-Monitor
1
einer
Einleitung
Im Teilprojekt 3 des Verbundprojekts „Biofilme in der Hausinstallation“ sollten
verschiedene zur Verfügung stehende Verfahren zur Kontrolle von Trinkwasserbiofilmen erprobt werden, die sich aufgrund der werkstoffbedingten Wachstumsförderung entwickelt haben. Die Untersuchungen konzentrierten sich in erster
Linie auf den Einsatz von chemischen Desinfektionsverfahren zur Desinfektion
von mit Biofilm kontaminierten wasserführenden Systemen. Es war das Ziel, die
Untersuchungen unter möglichst praxisnahen Bedingungen durchzuführen.
Daher wurde das schon im BMBF-Projekt „Erfassung des Wachstums und des
Desinfektion von Biofilmen
184
Kontaminationspotentials von Biofilmen in der Verteilung von Trinkwasser“
eingesetzte Silikonschlauchmodell weiterentwickelt, durch das die Bildung von
Biofilmen mit autochthoner Wasserflora ermöglicht wird. Das Verfahren stellt ein
geeignetes und praxisnahes Modell dar, um die Wirkungsweise von Desinfektionsverfahren im Keimträgertest zu überprüfen.
1.1
Problemdarstellung und Stand der Kenntnisse
Mit der am 1.1.2003 in Kraft getretenen Trinkwasserverordnung wurde im
Gegensatz zur bis dahin gültigen Trinkwasserverordnung auch die Haus/Trinkwasserinstallation mit in den Regelungsbereich der Trinkwasserverordnung einbezogen, so dass diesen Bereichen die dem aktuellen Erkenntnisstand
angepasste notwendige Beachtung zur Prävention und Kontrolle relevanter
Infektionsquellen für wasserbedingte Erreger zukommt. Darüber hinaus gilt in
der neuen Trinkwasserverordnung der Grundsatz, dass auch an der
Übergabestelle des Wassers an den Verbraucher – also am Zapfhahn – die
Anforderungen an die Trinkwasserqualität erfüllt sein müssen. Diese
Anforderungen können im Falle des Vorkommens von mikrobiellen Schleimen
bzw. Biofilmen derzeit nicht sicher erfüllt werden, da bislang entsprechende
Untersuchungen fehlen.
Derzeit gibt es keine nationalen oder internationalen Empfehlungen oder
Richtlinien von den in Deutschland federführenden nationalen Institutionen
Robert Koch-Institut (RKI), Umweltbundesamt (UBA), Deutsche Vereinigung
des Gas- und Wasserfaches (DVGW) oder der Trinkwasserkommission des
Bundesumweltamtes, die den Verantwortlichen in der Wasserversorgung oder
für die Haus-/Trinkwasserinstallation konkrete Hilfestellungen zur Prävention
und Kontrolle von Biofilmen in Wasserversorgungssystemen geben.
Auch international wird das Problem der Biofilmbildung und dessen
Beherrschung in zunehmendem Maße wahrgenommen. So weist z.B. die WHO
als Ergebnis einer Tagung im November 2001 in Kopenhagen in ihrer
„Consultation on Prevention and Management of Substance Terrorism against
Water Services“ (WHO, 2002) darauf hin, dass der Einfluss und die Kontrolle
des Biofilms zukünftig besondere Berücksichtigung finden muss (Exner et al.,
2002; Exner und Kistemann, 2004).
Desinfektion von Biofilmen
185
Trotz der Verfügbarkeit und der Anwendung eines breiten Spektrums von
Bioziden werden Biofilme und mikrobielle Schleime meistens nicht vollständig
eliminiert und können fortlaufende Probleme im medizinischen, hygienischen
und technischen Bereich hervorrufen.
Das Besondere an Biofilmen ist, dass sich die darin enthaltenen Mikroorganismen durch die Produktion großer Mengen an extrazellulären polymeren
Substanzen (EPS) vor den letalen Auswirkungen von Bioziden schützen
können. Dies liegt nicht nur an der durch die EPS stark verminderten Diffusionsgeschwindigkeit der Biozide, sondern auch an den im Vergleich zu planktonischen Zellen derselben Spezies stark veränderten Wachstumsraten und
Nährstoffansprüchen der sessilen Zellen im Biofilm (Strathmann et al., 2003).
Bestandteile der EPS, die an die Wasserphase grenzen, können außerdem
oxidierende Biozide durch chemische Reaktion oder Sorption direkt abschwächen. So werden Biguanide und quaternäre Ammoniumverbindungen
durch die EPS absorbiert und so aus der wässrigen Phase, in der sie aktiv sind,
entfernt. Die Schleime enthalten außerdem extrazelluläre Enzyme, von denen
einige in der Lage sind, Biozide abzubauen oder zu transformieren. Des
Weiteren beeinflusst auch das durchschnittlich höhere Alter von Zellen im
Biofilm die Resistenz gegenüber Bioziden, da jüngere Zellen die höchste
Sensitivität gegenüber bestimmten Bioziden aufweisen (Hoff et al., 1986;
Costerton et al., 1995; Cochran et al., 2000; Morton und Gaylarde, 2001;
Donlan und Costerton, 2002; Exner et al., 2002).
Ein weiteres Problem ist, dass beim Abreißen von Biofilmfragmenten in wasserführenden Systemen Mikroorganismen in hoher Zahl durch Verschleppung in
normalerweise sterile Körperbereiche des Menschen, wie z. B. durch Verschlucken in die Lunge, eingetragen werden können. Dabei sind sie aufgrund
ihres Daseins im Biofilmaggregat auch vor Antibiotika geschützt (Lasa et al.,
2005).
Es ist offensichtlich, dass die Biozidresistenz ein multifaktorielles Phänomen ist,
wobei nicht nur der EPS, sondern auch der Morphologie und der Physiologie
von Zellen darin eine wichtige Bedeutung zukommt (Schulte et al., 2005). Auch
diese Tatsachen müssen bei der Verwendung und Entwicklung von
Desinfektionsverfahren berücksichtigt werden.
Desinfektion von Biofilmen
186
1.2
Biofilme
Biofilme sind mikrobielle Schleime, die aus polymeren Substanzen bestehen,
die durch eine Vielzahl von Mikroorganismen gebildet werden. Dabei handelt es
sich hauptsächlich um Bakterien, Pilze und Algen. Es handelt sich bei Biofilmen
um strukturelle mikrobielle Lebensgemeinschaften, die sich sowohl an
abiotische als auch biologische Oberflächen anheften und in einer selbst
produzierten extrazellulären Matrix existieren (Flemming und Wingender, 2001,
2002, 2010). Biofilme können auf nahezu allen feuchten Oberflächen gebildet
werden, wie z. B. Trinkwasserleitungen, Rückkühlwerken, Wärmetauschern
oder Filtern. Dies kann im Einzelfall zu erheblichen technischen Problemen
führen, wie z.B. Druckabfall aufgrund erhöhter Reibungsverluste in Leitungen
oder Verminderung der Wärmeaustauschkapazitäten (Morton und Gaylarde,
2001; Flemming, 2002).
Ein weiteres Problem aus hygienisch-medizinischer Sicht ist, dass Biofilme zum
Bioreaktor für fakultativ-pathogene Mikroorganismen werden können. Hierbei
stehen besonders Bakterien wie Pseudomonas aeruginosa (Trautmann et al.,
2001) oder Legionella pneumophila im Fokus, die speziell bei immunsupprimierten Menschen zu schweren Erkrankungen führen können (Exner et
al., 2005; Hall-Stoodley und Stoodley, 2005). Speziell in medizinischen
Einrichtungen wie Krankenhäusern können sie Auslöser für nosokomiale
Infektionen sein (Exner et al., 2007).
Obwohl Bakterien Einzeller sind, ist mittlerweile geklärt, dass unter bestimmten
Umständen diese Organismen mit anderen Mikroorganismen kommunizieren
und interagieren müssen, um bestimmte Aktivitäten ausüben zu können. Hierfür
werden z.B. in Biofilmen sog. Signalmoleküle von Mikroorganismen freigesetzt.
Die Regulation von EPS-Produkten bei Bakterien konnte auf extrazelluläre
Signalverbindungen zurückgeführt werden, die von einzelnen Stämmen produziert werden. Darüber hinaus kann davon ausgegangen werden, dass in
Biofilmen befindliche Mikroorganismen durch Konjugation genetisches Material
durch die EPS-Matrix austauschen können. In einem Biofilm liegen die Zellen
deutlich enger zusammen, wodurch auch der Transport von Plasmiden
erleichtert werden könnte (Donlan, 2002; Pasmore and Costerton, 2003).
Desinfektion von Biofilmen
1.3
187
Bildung und Vorkommen von Biofilmen
Die Bildung von Biofilmen in aquatischen Systemen geschieht in immer
gleichen aufeinander folgenden Schritten. Es beginnt mit dem Anhaften von
organischen Molekülen an den Oberflächen (Konditionierung), an denen sich
Mikroorganismen anheften können. Diese sessilen Mikroorganismen beginnen
mit der Produktion von extrapolymeren Substanzen (EPS) und anderen Metaboliten. Einige Zellen sterben ab, und andere Mikroorganismen replizieren sich
kontinuierlich, bis sich irgendwann ein Gleichgewicht eingestellt hat. Teile des
Biofilms werden abgeschwemmt und geben Mikroorganismen an die Wasserphase ab, die an anderer Stelle neue Biofilme aufbauen können (Costerton et
al., 1999).
Extrapolymere Substanzen (EPS) haben eine wichtige Funktion bei der Bildung
von Biofilmen, indem sie die mikrobielle Adhäsion an Oberflächen fördern.
Biofilme sind in der Regel nicht homogen aufgebaut. Untersuchungen an
„lebenden“ Biofilmen zeigten, dass Biofilme in ihrer Struktur sehr heterogen sein
können. Die Gemeinschaft der sessilen Mikroorganismen variiert sehr stark und
kann in Abhängigkeit vom z.B. pH-Wert oder Sauerstoffgehalt unterschiedliche
physiologische und metabolische Eigenschaften in der EPS-Matrix vereinen.
Hierdurch wird eine hohe Koexistenz innerhalb des Biofilms von Mikroorganismen ermöglicht, wodurch Mikroorganismen mit unterschiedlichen
Wachstumsbedingungen, z. B. anaerobe oder aerobe Populationen, innerhalb
des gleichen Biofilms vorkommen können (Costerton et al., 1995).
Biofilme können sich jedoch nicht nur in wasserdurchströmten Systemen
entwickeln, sondern auch in Beatmungstuben sowie in Harnwegskathetersystemen von Patienten, die mit gleichen Stämmen kolonisiert waren. Zudem
lassen sich Besiedlungen unter anderem in medizinisch-technischen Geräten
wie Inhalationsgeräten bei unzureichender Wartung, Kühlwassersystemen,
zahnärztlichen Einheiten, Inhalatoren oder Kunststoffleitungen zur Wasserführung wieder finden.
Desinfektion von Biofilmen
188
1.4
Maßnahmen zur Prävention und Kontrolle von Biofilmen in
wasserführenden Systemen
Grundsätzlich muss unterschieden werden zwischen Maßnahmen, die einer
Biofilmbildung vorbeugen und denen, die zur Kontrolle vorhandener Biofilme
eingesetzt werden.
Zur Verhinderung einer Biofilmbildung kann u. a. ein möglicher Eintrag von
Nährstoffen minimiert werden Dabei kann sowohl das Medium (Wasser) behandelt als auch ein geeigneter Werkstoff gewählt werden, der weniger Nährstoffe
an die Umwelt abgibt. Beim Einsatz kunststoffhaltiger Materialien muss sowohl
auf die KTW-Empfehlungen als auch auf die Prüfung entsprechend dem
DVGW-Arbeitsblatt W270 (DVGW 1990) geachtet werden.
Außerdem kann ein Eintrag von Mikroorganismen in das System verhindert
werden. Dafür können sowohl physikalische Verfahren, z.B. UV-Desinfektion,
Membranfiltration oder Hitzebehandlung, als auch chemische Verfahren, z.B.
die Chlor-, Chlordioxid- oder Ozonbehandlung, eingesetzt werden.
Zur Kontrolle schon bestehender Biofilme in wasserführenden Systemen gibt es
verschiedene Möglichkeiten. Es können ebenfalls chemische Verfahren (z.B.
Chlor-, Chlordioxid-, H2O2- oder Ozonbehandlung) eingesetzt werden. Eine
andere Möglichkeit ist die mechanische Entfernung der Biofilmmatrix.
Exner et al. konnten schon 1987 in Studien belegen, dass durch mechanische
Verfahren wie manuelles Bürsten von „kontaminierten“ Systemen im Vergleich
zu chemischen Verfahren (z.B. H2O2) eine deutlich höhere Reduktion der
Biomasse möglich wird (Exner et al. 1987). Zudem gibt es die Möglichkeit,
Leitungen mit flexiblen Schwämmen oder Pfropfen zu reinigen.
1.5
Ziele
Die derzeit zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Prävention und
Kontrolle von Biofilmen sollen erprobt werden, wobei auch die Wachstumsunterstützung durch Werkstoff-Bestandteile berücksichtigt wird. Für die
Untersuchungen werden Biofilme mit autochthoner Wasserflora generiert.
Kurzfristige und langfristige Effektivität von Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen werden geprüft und die Veränderung der Bakterien-Population
Desinfektion von Biofilmen
189
wird untersucht. In diesem Zusammenhang sollte mit dem Silikonschlauchmodell auch ein Indikatorsystem weiterentwickelt werden, das sich in der
Vergangenheit für Wirksamkeitsprüfungen von Desinfektionsverfahren unter
Praxisbedingungen bewährt hat.
2
Material und Methoden
2.1
Wasserqualität
Für die Generierung der Biofilme wurde das Trinkwasser aus dem Verteilungssystem des Institutes für Hygiene und Öffentliche Gesundheit (IHPH) verwendet. Bei diesem Wasser handelt es sich um ein Mischwasser aus Grund- und
Oberflächenwasser. Die in dem Wasser gelösten Inhaltsstoffe und Mikroorganismen dienten zum einen als Nährstoffquelle und zum anderen zur Induktion
des Biofilmwachstums. Dabei wurde die Wasserqualität nicht zusätzlich
korrigiert. Während der Versuchsdauer konnte kein freies Chlor im Testwasser
festgestellt werden. In Tabelle 1 sind einige chemische Spezifikationen des
Testwassers zusammengefasst.
Das Wasser wies eine Leitfähigkeit von 356 µS/cm, einen pH-Wert von 7,7,
eine Karbonathärte von 3,9 °dH und eine Nichtkarbon athärte von 3,1°dH auf.
Tabelle 1:
Physikalische Kenngrößen des Wassers
Parameter
Wert
Temperatur
11,4 ± 1,3 °C
elektrische Leitfähigkeit (bei 25 °C)
29 ± 3,0 mS/m
pH-Wert (bei 10 °C)
8,3 ± 0,1
Desinfektion von Biofilmen
190
Tabelle 2:
Chemische Kenngrößen des Wassers (Stadtwerke Bonn, MaiDezember, 2009)
Parameter
Kenngröße
Wert
Anionen
Chlorid
25 ± 2 mg/l
Fluorid
Nitrat
Nitrit
< 0,1 mg/l
14 ± 3 mg/l
< 0,01 mg/l
Phosphat
< 0,01 mg/l
Sulfat
29 ± 3 mg/l
Ammonium
< 0,02 mg/l
Natrium
Kalium
Calcium
13,4 ± 1,5 mg/l
2,6 ± 0,3 mg/l
31,9 ± 3,5 mg/l
Magnesium
6,5 ± 0,7 mg/l
Kationen
Ein System, in dem alle Variablen eingestellt bzw. kontrolliert werden können,
existiert wahrscheinlich nicht. Dennoch sollten sie messbar sein, damit eine
Reproduzierbarkeit der Verhältnisse gewährleistet ist. Durch Veränderungen an
den einzelnen Variablen wird es ermöglicht, deren Einfluss auf Biofilme zu
bestimmen. Im Hinblick auf Desinfektionsmittel können dadurch Untersuchungen durchgeführt werden, bei denen die einzige veränderte Variable das eingesetzte Mittel ist. Dadurch ist ein Vergleich ihrer Wirksamkeit unter definierten
Bedingungen möglich. Werden homogene Biofilme generiert, so können
spezielle Desinfektionsmethoden in Bezug auf z.B. medizinisch-relevante
Mikroorganismen getestet werden.
Bei den Untersuchungen an Biofilmen können offene und geschlossene
Systeme benutzt werden. Ein offenes System wird durch einen Massenund/oder Energiefluss gekennzeichnet. Demgegenüber besitzt ein geschlossenes System keinen solchen Fluss. In der Regel herrschen in Natur und
Technik offene Systeme vor, so dass diese Modelle eine höhere Praxisrelevanz
aufweisen und damit aussagekräftigere Ergebnisse liefern.
Desinfektion von Biofilmen
2.2
191
Silikonschlauchmodell
Die Generierung der für die Untersuchungen verwendeten Biofilme erfolgte im
Silikonschlauchmodell, das am IHPH Bonn, entwickelt wurde (Gebel et al.,
2009, Lenz et al., 2010). Das Modell diente als Simulation von wasserführenden
Systemen. In Silikonschläuchen (Fa. Deutsch & Neumann), die einen Innendurchmesser von 4 mm, eine Wandstärke von 1 mm haben und bis zu 100 m
lang sind, wurde durch einen ständigen Durchfluss von Trinkwasser (30 L/h) auf
der Schlauchoberfläche ein Trinkwasserbiofilm gebildet. Der Silikonschlauch
diente als Nährstoffquelle für Trinkwasser-assoziierte Mikroorganismen und
förderte somit die Biofilmbildung. Für die Generierung von Biofilmen wurden die
Schläuche auf beweglichen Führungsrollen (siehe Bild 1) aufgewickelt, die in
regelmäßigen zeitlichen Abständen gedreht wurden, um eine gleichmäßige
Sedimentation von organischen und anorganischen Substanzen zu gewährleisten. Da es sich um einen farblosen, durchsichtigen Schlauch handelte,
konnte die Entstehung des Biofilms makroskopisch gut verfolgt werden. Die
gesamte Anlage wurde im Dunkeln betrieben, um möglichen Algenbewuchs zu
verhindern.
Zu Beginn der Untersuchung waren die Silikonschläuche neu und steril. Für die
Untersuchungen der Reduktionsleistung der eingesetzten Verfahren wurden nur
Schläuche mit einem mindestens 1 Jahr alten Biofilm verwendet. Somit wurde
sichergestellt, dass in dem Biofilm eine Besiedlung mit > 106 koloniebildenden
Einheiten (KBE) pro cm2 und einer Gesamtzellzahl (GZZ) von > 107 Zellen pro
cm2 vorlag.
Das verwendete Wasser war Leitungswasser aus dem Hausinstallationssystem
des Instituts für Hygiene und Öffentliche Gesundheit Bonn. Dieses setzte sich
zu 1/3 aus aufbereitetem Oberflächenwasser der Wahnbach-Talsperre und zu
2/3 aus Grundwasser zusammen. Die physikalischen und chemischen Kenngrößen des Trinkwassers können Tabelle 13 und 14 entnommen werden. Die
Trinkwasseruntersuchung wurde von den Laboratorien des Wahnbachtalsperrenverbands und der chemischen Abteilung Wasserhygiene am IHPH
durchgeführt.
Desinfektion von Biofilmen
192
Der Wasserzulauf erfolgte über Glasadapter mit vier Zuläufen für die
verschiedenen Schläuche und einem Probehahn für Kontrollproben. Die
Kontroll wurden genommen, bevor das Trinkwasser die Schläuche durchfloss
(siehe Bild 2).
a)
b)
Bild 1:
Silikonschlauchmodell zur Generierung von Biofilmen. a) Die
beweglichen Führungsrollen für die Generierung von Biofilmen. b)
Die Führungssysteme für Langzeitversuche
Bild 2:
Glasadapter des Silikonschlauchmodells mit 4 Zuläufen für
die Silikonschläuche (rote Pfeile), einem Probehahn (grüner
Pfeil) und dem Wasserzulauf (blauer Pfeil)
Desinfektion von Biofilmen
2.2.1 Varianten des
Praxisfällen
193
Silikonschlauchmodells
zur
Simulation
von
2.2.1.1 Dosieranlage zur Simulation einer kontinuierlichen Behandlung
Über ein speziell angefertigtes Dosiersystem der Fa. Prominent konnte ein
Desinfektionsmittel in einer vorher festgelegten Konzentration dem Trinkwasser
zudosiert werden. Das System bestand aus einem 250 L fassenden Vorratsbehälter, in dem das Trinkwasser mit der gewünschten Desinfektionsmittelkonzentration versetzt wurde. Die Einstellung der Konzentration erfolgte über
eine mengenproportionale Zudosierung mit einer Dosierpumpe aus einem
Vorlagebehälter mit entsprechendem Desinfektionsmittel. Zudem wurde die
Konzentration im Vorratsbehälter mittels einer ständig durchströmten Messzelle
(passend zum Wirkstoff) exakt eingestellt.
Aus dem Vorratsbehälter wurde das mit Desinfektionsmittel versetzte Wasser
über Glasverteiler (Bild 3) mit konstanter Fließgeschwindigkeit (30 L/h) durch
Silikonschläuche geleitet. Diese waren entweder mit Biofilm bewachsen, um
den Effekt der Desinfektion auf den Biofilm zu untersuchen, oder steril, um zu
untersuchen, ob eine Biofilmbildung durch die Behandlung unterdrückt wird.
Bild 3:
Dosiersystem zur praxisnahen Simulation einer kontinuierlichen Behandlung
194
Desinfektion von Biofilmen
2.2.1.2 Kreislaufsystem als Simulation einer Stoßbehandlung
In einem Kreislaufsystem, bestehend aus einem Behältnis, einer Tauchpumpe
(Fa. Seliger) und - wenn erforderlich - einem Wasserbad (Fa. Fried Electrics),
wurde Trinkwasser mit einer bestimmten Desinfektionsmittelkonzentration
versetzt und mittels einer Tauchpumpe über einen definierten Zeitraum durch
einen mit Biofilm bewachsenen Silikonschlauch geleitet (Bild 4). Die
Untersuchung wurde begleitet durch regelmäßige Bestimmung der
Wirkstoffkonzentration, des pH–Wertes und ggf. der Temperatur. Hierbei sollte
der Effekt der Desinfektion auf den Biofilm untersucht werden.
Bild 4:
Kreislaufsystem zur Simulation von kurzfristigen Behandlungen
2.2.1.3 Hygiene-Monitor zur Begleitung von Desinfektionsmaßnahmen
Mit dem Hygiene-Monitor wurden Sanierungsmaßnahmen der Projektpartner
begleitet. Dabei war der Hygiene-Monitor mit einem biofilmkontaminierten
Silikonschlauch ausgestattet (Bild 5). Anhand abschließender Untersuchungen
konnte protokolliert werden, ob die Maßnahme erfolgreich war. Bei der
Überprüfung des Biofilmbildungspotentials wird der Hygiene-Monitor mit einem
sterilen Silikonschlauch ausgestattet. In regelmäßigen Untersuchungen des
Silikonschlauchs kann festgestellt werden, ob eine Verkeimung des Systems
stattfand. Der Hygiene-Monitor wurde endständig an das zu desinfizierende
System angeschlossen, um eine Verkeimung des Systems durch den
kontaminierten Silikonschlauch zu vermeiden.
Desinfektion von Biofilmen
Bild 5:
2.3
195
Hygiene-Monitor mit Silikonschlauch zur Überprüfung des
Biofilmbildungspotentials (links). Integration des HygieneMonitors in ein Wasserleitungssystem (rechts).
Bestimmung der Bakterienkonzentration im Biofilm
Die im Silikonschlauchmodell generierten Biofilme dienten als Ausgangsmaterial für molekularbiologische und mikrobiologische Nachweise. Für den
mikrobiologischen Nachweis wurden jeweils 5 cm Silikonschlauch mit einem
sterilen Skalpell abgeschnitten und weiterverarbeitet. Die Länge der
verwendeten Biofilmschläuche wurde an die Dauer des entsprechenden
Versuchs und die Häufigkeit der Probenahme angepasst.
Zur Bestimmung der Lebendzellzahl im Biofilm wurde der gesamte Biofilm aus
dem 5 cm langen Silikonschlauch-Stück herausgeschabt und in 10 ml TryptonNaCl-Lösung (0,9 %ig) mittels eines Glashomogenisators in Suspension
gebracht. Ausgehend von dieser Suspension wurden Verdünnungsreihen bis
10-6 hergestellt. Von jeder Verdünnung wurden 100 µl in Doppelbestimmung auf
R2A-Agar ausplattiert und für 7 Tage bei 20 °C inku biert. Nach der
Inkubationszeit wurde durch Auszählung der koloniebildenden Einheiten (KBE)
die Bakterienkonzentration im Biofilm bestimmt.
2.4
Bestimmung der Gesamtzellzahl im Biofilm
Die Bestimmung der Gesamtzellzahl (GZZ) erfolgte mittels DAPI-Färbung
(Bredholt, 1999). Vom kontaminierten Silikonschlauch wurden 5 cm Stücke
Desinfektion von Biofilmen
196
abgeschnitten, ausgeschabt und in 1ml Trypton-NaCl-Lösung (0,9 %ig)
homogenisiert. Dann wurde DAPI-Lösung (10µg/ml) zugegeben, das Gemisch
für 20 Minuten im Dunkeln inkubiert und über einen schwarzen Polycarbonatfilter (0.2 µm) filtriert. Die Zellen wurden unter blauer Fluoreszenz am Mikroskop
(Zeiss Axioplan, AxioCam MRc digital camera system) ausgezählt.
2.5
Rasterelektronenmikroskopie
Als Probe für die Untersuchungen am REM dienten Silikonschläuche von ca.
1 cm Länge. Diese Schlauchstücke wurden zunächst für 2 h in Glutardialdehyd
(25%), dann für 5 h in Osmiumtetraoxid (0,2%) und abschließend für 30 min in
Cacodylat-Puffer fixiert. Dann wurden die Proben in partikelfreiem Wasser (2 x
5 min) gewaschen und in einer aufsteigenden Alkoholreihe von 10 - 100%
Ethanol (partikelfrei) für je 10 min entwässert, wobei die Alkoholkonzentration in
Zehner-Schritten erhöht wurde. Nach dieser Präparation wurden die Proben mit
beidseitigem Klebeband auf Träger befestigt und mittels Sputter mit Gold
bedampft.
2.6
Der quantitative Suspensionsversuch
Zur Herstellung der Prüflösungen wurde ausschließlich steriles Wasser
standardisierter Härte (WSH) benutzt, welches mit Natriumhypochlorit-Lösung
(ca. 12%, Hedinger; 231-668-3) versetzt wurde. Die verwendeten Lösungen
wurden durch Verdünnungsreihen aus einer Stammlösung hergestellt.
Die Bakteriensuspensionen wurden in 4,5 mL physiologischer (0,9%) Natriumchlorid-Lösung (NaCl) aufgenommen (Prüfsuspension). Die Proben wurden mit
dem Potter S (B. Braun Biotech Melsungen) bei 700 Umdrehungen pro Minute
für 10 min mit einem Teflonstab unter Kühlung im Eisbad homogenisiert.
Der quantitative Suspensionstest wurde in Anlehnung an die europäischen
Richtlinien (EN 13623) durchgeführt. In je 10 mL der Produktprüflösungen mit
definierten Chlor-Konzentrationen (0,1; 0,2 und 0,5 mg/L) wurden je 100 µL
Prüfsuspension eingebracht (Prüfgemisch) und gemischt. Nach der entsprechenden Einwirkzeit wurde die Desinfektionswirkung durch Überführung
von 0,5 mL des Prüfgemisches neutralisiert (Prüfneutralisationsgemisch).
Desinfektion von Biofilmen
197
Im Anschluss an die Neutralisation wurden Verdünnungen bis 10-4 hergestellt.
Parallel wurde ein Kontrollversuch (KO1) mit WSH statt der Produktprüflösung
durchgeführt.
Darüber hinaus wurden noch eine Neutralisationskontrolle (KO2) und eine
Toxizitätskontrolle (KO3) durchgeführt. Bei der KO2 wurden 9 mL des Neutralisationsmittels mit 1,0 mL Produktprüflösung (der höchsten eingesetzten
Konzentration) gemischt. Nach einer Neutralisationszeit von 5 min wurden
100 µL Prüfsuspension zugeführt und solange wie die längste Einwirkzeit
inkubiert. Danach wurden Verdünnungen bis 104 hergestellt. Die KO3 wurde
parallel zur KO2 durchgeführt, enthielt jedoch anstelle der Produktprüflösung 1,0
mL WSH.
2.7
Mechanische Reinigung mit dem Impulsspülverfahren
Das Impulsspülverfahren basiert auf kontrollierter, impulsartiger Zugabe
komprimierter, technisch reiner Luft innerhalb eines definierten, druckreduzierten Spülabschnitts. Basierend auf den Parametern Nennweite der
Rohrleitung, Länge und Verlauf des Spülabschnittes, Rohrnetzruhedruck und
abgesenkter Rohrnetzdruck wird computergestützt vierfach gefilterte Luft in das
fließende Wasser dosiert. Dabei bilden sich Luftblasen mit definierten Längen.
Sie füllen den gesamten Rohrquerschnitt aus und bewegen sich als Luftblöcke
im Wechsel mit Wasser durch den Spülabschnitt (Bild 6).
Bild 6:
Das Impulsspülverfahren. Ein Gemisch aus Wasser und
Luftblasen wird in der Leitung verwirbelt und löst somit
Ablagerungen von den Wänden ab.
Desinfektion von Biofilmen
198
Das Gemisch aus Wasser und Luftblasen wird verwirbelt und fließt mit einer
Fließgeschwindigkeit von 10 m/s bis 15 m/s. Durch lokale Kavitationserscheinungen wurden mobilisierbare Ablagerungen von den Rohrwänden
abgelöst. Die Luftblöcke im Wasserstrom stellen den Austrag der abgelösten
Stoffe sicher. Festsitzende Ablagerungen werden nicht angegriffen und
verbleiben wie auch die schützenden Deckschichten im Rohr. Das
Impulsspülverfahren hält den Impulsdruck unterhalb des Rohrnetzruhedrucks,
um das Rohrsystem keinen höheren Druckbelastungen als im normalen Betrieb
auszusetzen. Bild 7 zeigt den Versuchsstand.
Bild 7:
Versuchsstand zur Simulation des Impulsspülverfahrens in
Kombination mit Reinigern
Nach den ersten Untersuchungen wurden am Versuchsstand einige Optimierungen vorgenommen. Es wurden Plexiglasschalen angefertigt, in denen der
Biofilmschlauch fixiert werden kann (Bild 8), verbesserte Rückschlagventile
wurden eingebaut und eine Messanzeige für den Impulsverlauf wurde integriert.
a)
Bild 8:
b)
Eingespannte Silikonschläuche ohne Plexiglasschalen in der
1. Versuchsreihe (a), mit Plexiglasschalen ab der
2. Versuchsreihe (b)
Desinfektion von Biofilmen
2.8
199
Quantitative real-time Polymerase-Kettenreaktion (qrt-PCR)
Basierend auf dem Prinzip der konventionellen PCR erhält man durch die quantitative real-time PCR die Möglichkeit einer schnelleren Vervielfältigung von
Nukleinsäuren bei einer gleichzeitigen Quantifizierung. Die quantitative realtime PCR ist schneller als die konventionelle PCR, da die verwendete
Polymerase bereits bei niedrigeren Temperaturen arbeitet und Annealing und
Elongation in einem Schritt ablaufen können. Die Quantifizierung erfolgt durch
eine Fluoreszenzmessung während der real-time PCR, am Ende eines jeden
PCR-Zyklus (daher der Begriff „real-time“). Die gemessene Menge an
Fluoreszenz steigt proportional zur Menge des Amplifikates. Somit fällt die gelelektrophoretische Auftrennung der Fragmente weg und man erhält sofort ein
Ergebnis.
In dieser Arbeit wurde die real-time PCR mit Fluoreszenz-Sonden durchgeführt,
die aus einem Fluorophor und einem Quencher bestehen (FAM und TAMRA).
Diese Sonden lagern sich an das zu vervielfältigende Stück DNA an und
werden erst bei der Hybridisierung des Komplementärstranges durch die TaqPolymerase entfernt. Solange der Quencher am Fluorophor gebunden bleibt,
wird dessen Fluoreszenz unterdrückt. Mit dem Trennen von Fluorophor und
Quencher, wird auch die Fluoreszenz des Fluorophors sichtbar bzw. messbar.
Die real-time PCR lässt sich in ihrem Verlauf in drei Phasen einteilen. In der
ersten Phase findet aufgrund der verhältnismäßig geringen Menge an
Nukleinsäuren noch keine exponentielle Vermehrung der Template-DNA statt,.
Die zweite Phase ist die des exponentiellen Anstiegs an DNA. In der dritten
Phase verhindern der Verbrauch der Substrate, Hitzedenaturierung und Fehlpaarungen einen weiteren exponentiellen Anstieg. Die verwendete Software
(LightCycler Software v. 3.5) ermittelt automatisch den Schwellenwert (auch cpWert oder crossing point), an dem die exponentielle Phase beginnt.
Die exponentielle Phase ist Grundlage für die Berechnung der Effizienz der
PCR, die aussagt, ob in jedem Zyklus eine Verdoppelung der Template-DNA
stattfindet. Sie kann über die Formel „E = 10-1/m -1“ anhand der Steigung
berechnet werden. Eine Effizienz von 100 % läge demnach bei einer Steigung
von 3,32 vor.
Desinfektion von Biofilmen
200
Der Logarithmus der eingesetzten Menge Template-DNA und der cp-Wert sind
zueinander umgekehrt proportional. Wenn also die Menge der verwendeten
Template-DNA bekannt ist, kann man anhand einer zuvor erstellten
Standardgerade aus Proben einer bekannten Menge DNA für jede unbekannte
Probe den Logarithmus der Kopienzahl mit Hilfe der Geradengleichung (x = (cp
– b)/m) ermitteln.
Die Durchführung der real-time PCR entspricht dem Herstellerprotokoll (Roche).
Die Konzentrationen der einzelnen Komponenten und die Dauer der
Zyklusschritte wurden optimiert. Das Protokoll für den real-time PCR-Ansatz
sowie das verwendete Temperatur- und Zyklusprofil des real-time
Thermocyclers können den Tabellen 3 und 4 entnommen werden.
Tabelle 3:
Protokoll für den real-time PCR-Ansatz
Komponente
Verwendete
Konzentration
Verwendete
Menge (pro Ansatz á 20µl)
Primer (forward)
0,625 µM
0,5 µl
Primer (reverse)
0,625 µM
0,5 µl
Sonde
0,250 µM
1,0 µl
Roche MasterMix:
Taq-Polymerase
dNTPs
MgCl
Reaktions-Puffer
Template-DNA
k.A.
4,0 µl
variabel
1,0 µl
Ad H2O (nukleasefrei)
-
13,0 µl
Tabelle 4:
Temperatur- und Zyklusprofil der real-time PCR
Zyklus-Abschnitt
Temperatur des
Zyklus [°C]
Dauer des
Zyklus [Sek.]
Anzahl der
Wiederholungen
1) Initilale Denaturierung
95 °C
900
1
2.1) Denaturierung
95 °C
15
2.2) Annealing +
Elongation
4) Kühlung
60 °C
60
40x
40 °C
60
-
Desinfektion von Biofilmen
2.9
201
Primer- und Sonden Design
Die verwendeten Primer und Sonden entstammen aktuellen Forschungsberichten (Aviles-Jimenez et al., 2004). Die Zielsequenz liegt auf dem ureA-Gen
von Helicobacter pylori. Das ureA-Gen codiert für eine von zwei Untereinheiten
des Urease-Enzyms. Primer und Sonden wurden speziell angefertigt (Fa. TIB
MolBiol). Mittels sequenzvergleichender Analyse durch das Programm BlastN
(http://www.ncbi.nlm.nih.gov/BLAST) wurde die Spezifität der Primer und
Sonden überprüft. Zusätzlich wurde die Spezifität durch Verwendung von
Testorganismen überprüft. Dabei handelte es sich um Proben eines
Ringversuchs der Uni Regensburg. Die Ringversuchproben wurden zur
Überprüfung der Spezifität und Sensitivität der laboreigenen PCR bzw. real-time
PCR-Protokolle eingesetzt. Zu den Proben gehört eine Positiv-Probe mit H.
pylori, eine H. pylori - Mutante mit einer Clarithromycin-Resistenz, eine Probe
mit Helicobacter salomonis, und eine Probe mit E. coli K12.
3
Ergebnisse
3.1
Analyse der Biofilmzusammensetzung
Um zu gewährleisten, dass sich die im Hygiene-Institut generierten Biofilme in
ihrer Zusammensetzung nicht grundsätzlich unterscheiden, wurden die
anorganischen Bestandteile von Biofilmen unterschiedlichen Alters qualitativ
und quantitativ analysiert (Bild 9).
Die Ergebnisse zeigen, dass in jüngeren Biofilmen (4 Monate) der prozentuale
Gehalt an Sulfaten und Phosphaten deutlich höher ist als in älteren Biofilmen
(10 – 39 Monate) (Tab. 5). Dies ist darauf zurückzuführen, dass sich der Biofilm
zunächst aus Bestandteilen des Silikonschlauchs aufbaut. Mit zunehmendem
Alter steigt der Anteil an Eisen und Kupfer im Biofilm, bedingt durch
Freisetzungen von Ionen aus dem wasserführenden System, deutlich an.
Desinfektion von Biofilmen
202
3500
3000
2500
2000
1500
1000
500
0
Si
O
2
Pb
C
r
C
u
4
PO
Zn
4
SO
Al
Fe
M
n
4 Monate
10 Monate
39 Monate
C
a
M
g
Konz. [mg/kg]
Anorganische Bestandteile im Biofilm (absolut)
Element
Bild 9:
Absolute Menge der anorganischen Bestandteile im Biofilm
Tabelle 5:
Vergleich der prozentualen Anteile der anorganischen
Bestandteile in Trinkwasserbiofilmen verschiedenen Alters (4,
10, 39 Monate)
Anteil[%]
Mg
Ca
Mn
Fe
Al
SO4
Zn
PO4
Cr
Cu
Pb
SiO2
4 Monate 10 Monate 39 Monate
3,3
1,6
0,2
11,9
9,0
10,0
1,1
8,1
9,4
6,7
44,5
44,3
0,1
1,8
2,4
27,6
7,4
7,7
4,2
1,4
1,3
26,9
15,7
12,5
0,1
0,1
0,1
2,5
6,9
7,4
1,4
0,8
0,7
14,2
2,8
3,0
Desinfektion von Biofilmen
3.2
203
Wirksamkeitsprüfung von chemischen Desinfektionsmitteln gegenüber Biofilmen
Eine Auswahl der derzeit verfügbaren chemischen Desinfektionsverfahren
wurde auf deren Wirksamkeit gegenüber Biofilmbakterien untersucht. Die
Biofilme wurden im Silikonschlauchmodell am IHPH generiert.
3.2.1 Prüfprodukt 1: Chlor aus elektrochemischem Anolyt Verfahren (pH
2,5-4,0)
Bei diesem Prüfprodukt sollte untersucht werden, bei welchem pH-Wert die
höchste Wirksamkeit vorliegt. Die Prüfung erfolgte im quantitativen
Suspensionsversuch (in Anlehnung an EN 13623). Getestet wurden Prüfprodukte mit den pH-Werten im sauren Bereich (2,5; 3,0; 4,0). Als Testorganismus wurde mit Pseudomonas aeruginosa ein hygienisch relevantes
Bakterium gewählt. Die Ausgangsbelastung lag bei 106 KBE/ml und die Tests
wurden ohne organische Belastung durchgeführt. Die Wirkstoffkonzentration
der Prüfprodukte lag bei 25 mg freies Chlor/l und wurde entsprechend mit WSH
verdünnt. Die Prüfkonzentrationen lagen bei 0,25 mg/l; 0,5 mg/l; 24,5 mg/l.
Bei einer Kontaktzeit von 5 Minuten konnte gezeigt werden, dass die höchste
Wirksamkeit beim Prüfprodukt mit pH 3 vorhanden ist. Bei einem Wirkstoffgehalt von 24,5 mg/l konnte mit allen Prüfprodukten eine vollständige Reduktion
der Testorganismen erreicht werden. Bei einem Wirkstoffgehalt von 0,5 mg/l
konnte die höchste Reduktion mit dem Prüfprodukt mit pH 3 erzielt werden (Bild
10). Die Prüfprodukte wurden anschließend bei weiteren Kontaktzeiten
untersucht (15, 30 Minuten). Dabei konnte festgestellt werden, dass bei 5 und
15 Minuten erneut das Prüfprodukt mit pH 3 die höchste Reduktion erzielte. Bei
einer Kontaktzeit von 30 Minuten konnte mit allen Prüfprodukten eine
vollständige Reduktion erzielt werden.
Desinfektion von Biofilmen
204
pH 3,0
pH 4,0
pH 2,5
6
6
5
5
Reduktionsfaktor (log10)
Reduktionsfaktor (log10)
pH 2,5
4
3
2
1
pH 4,0
4
3
2
1
0
0
98
2
1
5
Konz (%)
Bild 10a: Testung eines ECAVerfahrens mit verschiedenen pHWerten (pH: 2,5; 3,0; 4,0) zur
Bestimmung der höchsten Wirksamkeit gegenüber P. aeruginosa
bei einer Kontaktzeit von 5
Minuten. Die Ausgangsbelastung
lag bei 106 KBE/ml und die
Ergebnisse sind in Reduktion in
log10-Stufen dargestellt.
Bild 10:
pH 3,0
15
30
Einwirkzeit(min)
Bild 10b: Testung eines ECAVerfahrens mit pH-Werten 2,5; 3,0;
4,0 zur Bestimmung der höchsten
Wirksamkeit gegenüber P. aeruginosa bei verschiedenen Kontaktzeiten (5; 15; 30 Minuten). Die Ausgangsbelastung lag bei 106 KBE/ml
und die Ergebnisse sind in Reduktion in log10-Stufen dargestellt.
Prüfung eines ECA-Verfahrens
3.2.2 Prüfprodukt 1: Chlor aus elektrochemischem Anolyt Verfahren
(pH7)
Die Behandlung der Biofilme mit im elektrochemischen Anolyt Verfahren
erzeugten Chlor zeigte, dass eine kontinuierliche Behandlung mit 0,3 mg/l
freiem Chlor (gemäß TrinkwV, 2001) innerhalb von 70 Tagen zu einer
Reduktion der KBE/cm2 bis zur Nachweisgrenze (0 KBE/cm2) führt. Die
GZZ/cm2 konnte im gleichen Behandlungszeitraum um 1 log10-Stufe reduziert
Desinfektion von Biofilmen
205
werden (Tab. 6). Bei einer Anlagendesinfektion über einen Zeitraum von sechs
Stunden war zur vollständigen Reduktion der KBE/cm2 eine Konzentration von
25mg/l freiem Chlor notwendig. Hierbei konnten ebenfalls die GZZ/cm2 bis zur
Nachweisgrenze reduziert werden (3,65x103 GZZ/cm2).
Tabelle 6:
Höhe der KBE/cm2 und der GZZ/cm2 bei der Wirksamkeitsprüfung eines ECA-Verfahrens (pH 7) im Silikonschlauchmodell. Das Prüfprodukt wurde in den praxisnahen
Simulationen zur kontinuierlichen Behandlung und zur
Anlagendesinfektion getestet.
2
Typ
Ausgangswerte
Kontinuierlich
Anlagendesinfektion
Konz [mg/l]
Behandlungsdauer
0,3
1
10
25
70 Tage
6 Stunden
6 Stunden
6 Stunden
KBE/cm
(nach
Behandlung)
6
> 10
u.N.
4
2,5 x 10
1
5,2 x 10
u.N.
2
GZZ/cm
(nach
Behandlung)
7
> 10
5
4,0 x 10
6
5,3 x 10
4
6,1x10
u.N.
3.2.3 Prüfprodukt 2: Chlordioxid (pH 2)
Die Behandlung der Biofilme mit vor Ort erzeugtem Chlordioxid zeigte, dass
eine kontinuierliche Behandlung mit 0,2 mg/l Chlordioxid (gemäß TrinkwV,
2001) innerhalb von 70 Tagen zu einer Reduktion der KBE/cm2 bis zur
Nachweisgrenze (0 KBE/cm2) führt. Die GZZ/cm2 konnte im gleichen
Behandlungszeitraum um 4 log10-Stufen reduziert werden (Tab.7)
Bei einer Anlagendesinfektion über einen Zeitraum von sechs Stunden war zur
vollständigen Reduktion der KBE/cm2 eine Konzentration von 10 mg/l
notwendig. Diese Konzentration reichte aus, um die GZZ/cm2 um 2 log10-Stufen
zu reduzieren.
Desinfektion von Biofilmen
206
Tabelle 7:
Höhe der KBE/cm2 und der GZZ/cm2 bei der Wirksamkeitsprüfung von Chlordioxid (pH 2) im Silikonschlauchmodell. Das Prüfprodukt wurde in den praxisnahen
Simulationen zur kontinuierlichen Behandlung und zur
Anlagendesinfektion getestet.
2
Typ
Ausgangswerte
Kontinuierlich
Anlagendesinfektion
Konz [mg/l]
Behandlungsdauer
0,2
1
2
5
10
70 Tage
6 Stunden
6 Stunden
6 Stunden
6 Stunden
KBE/cm
(nach
Behandlung)
6
> 10
u.N.
5
3,3 x 10
5
2,3 x 10
2
2,1 x 10
u.N.
2
GZZ/cm
(nach
Behandlung)
7
> 10
4
2,4 x 10
7
1,4 x 10
7
2,1 x 10
6
6,8 x 10
6
4,8 x 10
3.2.4 Prüfprodukt 3: Wasserstoffperoxid (aus Vorlage)
H2O2 kann laut TrinkwV zur Anlagendesinfektion verwendet werden. Im
Rahmen des Projekts wurde H2O2 sowohl als Reinsubstanz als auch in
Kombination mit Silber oder Fruchtsäuren getestet.
3.2.4.1 Reinsubstanz (~pH 2)
Bei einer Anlagendesinfektion über einen Zeitraum von 4 Stunden war zur
vollständigen Reduktion der KBE/cm2 eine Konzentration von 10.000mg/l H2O2
notwendig. Diese Konzentration reichte aus, um die GZZ/cm2 um 1 log10-Stufe
zu reduzieren. Eine Erhöhung der Konzentration auf 30.000 mg/l H2O2 führte
ebenfalls zur vollständigen Reduktion der KBE/cm2. Die Reduktion der GZZ/cm2
konnte durch die Wirkstofferhöhung nur um 0,1 log10-Stufen erhöht werden
(Tab. 8).
Desinfektion von Biofilmen
Tabelle 8:
207
Höhe der KBE/cm2 und der GZZ/cm2 bei der Wirksamkeitsprüfung von Wasserstoffperoxid als Reinsubstanz
(pH 2) im Silikonschlauchmodell. Das Prüfprodukt wurde in
der praxisnahen Simulation zur Anlagendesinfektion getestet.
Typ
Konz [mg/l]
Behandlungsdauer
10.000
30.000
4 Stunden
4 Stunden
Ausgangswerte
Anlagendesinfektion
KBE/cm2
(nach
Behandlung)
6
> 10
u.N.
u.N.
GZZ/cm2
(nach
Behandlung)
7
> 10
2,3 x 106
2,1 x 106
3.2.4.2 H2O2 + Silber (~pH 2)
Bei einer Anlagendesinfektion über einen Zeitraum von 4 Stunden war zur
vollständigen Reduktion der KBE/cm2 eine Konzentration von 10.000 mg/l H2O2
notwendig. Diese Konzentration reichte aus, um die GZZ/cm2 um 1 log10-Stufe
zu reduzieren. Eine Modifikation des Prüfprodukts mit Peressigsäure führte bei
Konzentrationen von 1.000 und 5.000 mg/l zu einer erhöhten Reduktion der
KBE/cm2 um 2 log10-Stufen. Die Reduktion der GZZ/cm2 konnten bei allen getesteten Konzentrationen um ca. eine halbe log10-Stufe erhöht werden (Tab. 9)
Tabelle 9:
Höhe der KBE/cm2 und der GZZ/cm2 bei der Wirksamkeitsprüfung von Wasserstoffperoxid in Kombination mit
Silber und der Modifikation mit Peressigsäure (PES, pH 2) im
Silikonschlauchmodell. Das Prüfprodukt wurde in der praxisnahen Simulation zur Anlagendesinfektion getestet.
Typ
GZZ/cm
(nach
Behandlung)
7
> 10
6
3,9 x 10
6
3,6 x 10
5
7,0 x 10
2
Konz [mg/l]
Behandlungsdauer
1.000
5.000
10.000
1.000 +
PES
5.000 +
PES
10.000 +
PES
4 Stunden
4 Stunden
4 Stunden
4 Stunden
9,2 x 10
3
7,6 x 10
5
4 Stunden
5,0 x 10
1
6,9 x 10
5
4 Stunden
u.N.
2,0 x 10
5
Ausgangswerte
Anlagendesinfektion
2
KBE/cm
(nach
Behandlung)
6
> 10
5
9,2 x 10
3
1,5 x 10
u.N.
Desinfektion von Biofilmen
208
3.2.4.3 H2O2 + Fruchtsäuren (~pH 2)
Bei einer Anlagendesinfektion über einen Zeitraum von 4 Stunden konnten die
KBE/cm2 bei einer Konzentration von 10.000mg/l H2O2 vollständig reduziert
werden. Diese Konzentration reichte aus, um die GZZ/cm2 um 2 log10-Stufen zu
reduzieren. Mit einer Konzentration von 100.000 mg/l konnte die GZZ/cm2 im
gleichen Behandlungszeitraum auf maximal 3 log10-Stufen erhöht werden. Eine
Modifikation des Prüfprodukts mit Tensiden führte bei den KBE/cm2 ebenfalls
zu einer vollständigen Reduktion. Die Reduktion der GZZ/cm2 wurde durch den
Zusatz von Tensiden bei allen getesteten Konzentrationen auf 1 log10-Stufe
minimiert (Tab. 10)
Tabelle 10: Höhe der KBE/cm2 und der GZZ/cm2 bei der Wirksamkeitsprüfung von Wasserstoffperoxid in Kombination mit
Fruchtsäuren und der Modifikation mit Tensiden im Silikonschlauchmodell. Das Prüfprodukt wurde in der praxisnahen
Simulation zur Anlagendesinfektion getestet.
2
Typ
Konz [mg/l]
Behandlungsdauer
10.000
30.000
100.000
10.000 +
Tenside
30.000 +
Tenside
100.000 +
Tenside
4 Stunden
4 Stunden
4 Stunden
4 Stunden
u.N.
3,9 x 10
6
4 Stunden
u.N.
3,1 x 10
6
4 Stunden
u.N.
2,5 x 10
5
Ausgangswerte
Anlagendesinfektion
3.3
2
KBE/cm
(nach
Behandlung)
6
> 10
u.N.
u.N.
u.N.
GZZ/cm
(nach
Behandlung)
7
> 10
5
4,0 x 10
4
3,0 x 10
6
2,3 x 10
Ozon (vor Ort erzeugt)
Bei einer diskontinuierlichen Ozonbehandlung wurde der Hygiene-Monitor mit
einem mit Biofilm kontaminierten Silikonschlauch eingesetzt um zu sehen,
inwieweit eine Reduktion der im Biofilm vorhandenen Mikroorganismen und der
Biofilmmatrix erreicht werden kann.
Dabei wurde ein Biofilm an fünf Tagen in der Woche für 8 Stunden mit 100 µg/l
Ozon behandelt. Die Ausgangskeimbelastung lag bei 3,18x106 KBE/cm2 bzw.
1,2x107 GZZ/cm2. Nach einem Behandlungszeitraum von 14 Tagen konnten
Desinfektion von Biofilmen
209
sowohl bei Untersuchungen der KBE als auch der GZZ keine mikrobiologisch
positiven Befunde festgestellt werden (Tab. 11). Auch die rasterelektronenmikroskopischen Aufnahmen der Schlauchoberfläche zeigten, dass nach der
Ozonbehandlung keine Rückstände der Biofilmmatrix mehr sichtbar waren (Bild
10)
Tabelle 11: Höhe der KBE/cm2 und der GZZ/cm2 bei der Wirksamkeitsprüfung von Ozon im Silikonschlauchmodell. Das Prüfprodukt wurde mit dem Hygiene-Monitor in der praxisnahen
Simulation einer diskontinuierlichen Behandlung über 14
Tage für 8 h am Tag getestet.
2
Typ
Konz [mg/l]
Behandlungsdauer
Ausgangswerte
Diskontinuierlich
Kontrollbiofilm
0,1
-
14 Tage
14 Tage
Steriler
Silikonschlauc
h
Biofilm nach
kontinuierlicher
Behandlung
mit 0,3 mg/l
freiem Chlor
(ECA, pH 7) für
70 Tage
Biofilm nach
Behandlung
mit 100.000
mg/l H2O2 +
Fruchtsäuren
für 4 Stunden
Bild 11:
KBE/cm
(nach
Behandlung)
6
> 10
u.N.
5
2,8 x 10
2
GZZ/cm
(nach
Behandlung)
7
> 10
u.N.
6
9,5 x 10
2 Jahre alter
Biofilm
Biofilm nach
Behandlung
mit 10.000 mg/l
H2O2 + Silber
für 4 Stunden
Biofilm nach
Behandlung
mit 0,1 mg/l
Ozon für 14
Tage, 8
Stunden/Tag
Rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen von Silikonschlauch-Oberflächen (Vergrößerung 1.000-fach)
Desinfektion von Biofilmen
210
3.4
Zusammenfassung der Ergebnisse der chemischen Desinfektionsverfahren
Mit allen getesteten Prüfprodukten ist bei korrekter Handhabung eine Reduktion
der KBE/cm2 bis zur Nachweisgrenze möglich. Die GZZ/cm2 konnte jedoch bei
den getesteten Konzentrationen in den meisten Fällen nur minimal reduziert
werden. Nur mit Chlor aus dem ECA-Verfahren bei einer Konzentration von
25 mg/l und bei einer diskontinuierlichen Behandlung mit 100µg/l Ozon konnte
eine Reduktion der GZZ/cm2 bis zur Nachweisgrenze erreicht werden (Tab. 12).
Tabelle 12: Zusammenfassung
der
untersuchten
Desinfektionsmaß-
nahmen im Silikonschlauchmodell
Wirkstoff
Zudosierung
Konzentration Behandlung Reduktion
[mg/l]
[KBE/cm2]
0,3
70 Tage
6 lg
Reduktion
[GZZ/cm2]
1 lg
Cl2 (ECA)
Kontinuierlich
Cl2 (ECA)
Anlagendesinfektion
25
6 Stunden
6 lg
6 lg
ClO2
Kontinuierlich
0,2
70 Tage
6 lg
4 lg
ClO2
Anlagendesinfektion
10
6 Stunden
6 lg
1 lg
H2O2+Ag
Anlagendesinfektion
10.000
4 Stunden
6 lg
1 lg
H2O2+Fruchtsäure Anlagendesinfektion
10.000
4 Stunden
6 lg
1 lg
0,1
14 Tage
6 lg
6 lg
O3 (Hygiene-Monitor) Diskontinuierlich
3.5
Wiederverkeimung nach vollständiger Reduktion der KBE
Anschließende Untersuchungen sollten zeigen, wie sich Mikroorganismen im
Biofilm nach einer erfolgreichen Desinfektion im Silikonschlauch verhalten.
Nach der jeweiligen Behandlung wurden die desinfizierten Silikonschläuche wie
vor der Behandlung an das Trinkwasserinstallationssystem angeschlossen.
Nach 14 Tagen wurden die KBE/cm2 untersucht. Bei allen untersuchten
Schläuchen war unabhängig von der Desinfektionsart ein Wiederanstieg der
KBE zu beobachten (Tab. 13).
Desinfektion von Biofilmen
211
Tabelle 13: KBE/cm2 vor, unmittelbar nach und 14 Tage nach Behandlung
mit unterschiedlichen Desinfektionsverfahren
2
Wirkstoff
Konz
(mg/l)
KBE/cm
(vor Behandlung)
ECA-Verfahren (pH 7)
Chlordioxid (pH 2)
H2O2 (pH 2)
H2O2 + Silber (pH 2)
H2O2 + Silber + PES (pH 2)
H2O2 + Fruchtsäuren (pH 2)
Ozon
0,3
10
30.000
10.000
10.000
30.000
0,1
3,5 x 10
6
2,8 x 10
6
2,0 x 10
6
3,2 x 10
6
3,2 x 10
6
1,8 x 10
6
2,8 x 10
3.6
6
2
KBE/cm
(nach
Behandlung)
u.N.
u.N.
u.N.
u.N.
u.N.
u.N.
u.N.
2
KBE/cm
(14 Tage nach
Behandlung)
6
1,2 x 10
6
2,5 x 10
3
5,1 x 10
5
1,8 x 10
5
7,0 x 10
6
3,5 x 10
6
2,6 x 10
Biofilmwachstum im EPDM-Schlauch
Es sollte untersucht werden, ob in Schläuchen aus Ethylen-Propylen-DienKautschuk (EPDM) ein vergleichbares Biofilmwachstum zum Silikonschlauch zu
beobachten ist. Die verwendeten EPDM-Schläuche hatten einen Innendurchmesser von 12 mm und wurden mit dem gleichen Wasser durchströmt wie die
Silikonschläuche.
Bei den Untersuchungen der Ausgangsmaterialien zeigte sich, dass im
vergleichbaren Zeitraum von 2 Jahren die Besiedlung auf dem Silikonschlauch
mit 106 KBE/cm2 und 107 GZZ/cm2 um eine log10- Stufe höher war als auf dem
Vergleichsmaterial EPDM (Tab. 14).
Desinfektion von Biofilmen
212
Tabelle 14: Ausgangswerte Prüfmaterialien, Vergleich EPDM mit Silikon
Material
Silikon
EPDM
geprüft
nein
KTW-C, W270
Innendurchmesser
4 mm
12 mm
Biofilmalter
~ 2 Jahre
~ 2 Jahre
KBE/cm
2
> 10
6
> 10
5
GZZ/cm
2
> 10
7
> 10
6
REM Oberfläche
ohne Biofilm
REM Biofilm
Die Untersuchungen zeigten, dass sich auf dem EPDM-Schlauch ein Biofilm
bildet (Bild 12). Im Maximum wurden 105 KBE/cm2 und 106 GZZ/cm2
nachgewiesen. Die Besiedlungsdichte liegt damit ca. 1 log10-Stufe niedriger als
im Silikonschlauch.
Desinfektion von Biofilmen
213
EPDM-Schlauch
KBE/cm2
Silikonschlauch
10000000
1000000
100000
10000
1000
100
10
1
6
7
8
9
10
Zeitraum seit Anschluss (Wochen)
Bild 12:
Vergleichende Darstellung der KBE/cm2 in einem Schlauch
aus Silikon bzw. EPDM zu unterschiedlichen Zeitpunkten
nach Anschluss an das Trinkwasserleitungssystem.
3.6.1 Überprüfung der Wirksamkeit von chemischen Desinfektionsmaßnahmen auf Biofilme im EPDM-Schlauch im Vergleich zum
Silikonschlauch
Die in Abschnitt 3 aufgezählten Wirkstoffe wurden in den in 2.2.1 beschriebenen Varianten des Silikonschlauchmodells getestet. Zum Vergleich wurden
Untersuchungen mit EPDM als Trägermaterial durchgeführt, um mögliche
Unterschiede im Wirkungsverhalten der getesteten Produkte in Abhängigkeit
vom Werkstoff aufzuzeigen. Alle Versuche mit EPDM wurden als Stoßbehandlung äquivalent zu vorherigen Untersuchungen mit Silikon durchgeführt.
Die Untersuchungen wurden mit den Wirkstoffen Chlor (ECA), Chlordioxid und
Wasserstoffperoxid in Kombination mit Fruchtsäuren durchgeführt.
Stoßbehandlungen mit Chlor (ECA) führten bei beiden Materialien zu einer
Reduktion der KBE/cm2 und der GZZ/cm2. Mit steigender Wirkstoffkonzentration wurden höhere Reduktionen erreicht. Bei Konzentrationen > 10 mg/l
konnten die KBE/cm2 und GZZ/cm2 bis zur Nachweisgrenze reduziert werden
(Tab. 14). Hierbei ist allerdings zu beachten, dass die Nachweisgrenze der
214
Desinfektion von Biofilmen
Gesamtzellzahl mit 7,65x103 Zellen/cm2 relativ hoch ist. Generell wird deutlich,
dass auf EPDM nach der jeweiligen Behandlung bis zu 1log10-Stufe geringe
Konzentrationen an Mikroorganismen nachweisbar waren. Weil die Ausgangsbelastung auf EPDM eine log10-Stufe niedriger war, sind die Ergebnisse jedoch
insgesamt vergleichbar. REM–Aufnahmen der Schlauchoberflächen zeigen
nach der Behandlung in allen Fällen deutliche Biofilmrückstände (Bild 12). Auch
in den Behandlungen, bei denen sowohl die KBE/cm2 als auch die GZZ/cm2 bis
zur Nachweisgrenze reduziert werden konnten, war noch Biofilmmatrix sichtbar.
Stoßbehandlungen mit Chlordioxid zeigten ebenfalls deutliche Reduktionen auf
den beiden Vergleichsmaterialien (Tab. 14). Auf EPDM waren bei einer
Konzentration von 5 mg/l Chlordioxid nach der Behandlung bei den KBE/cm2,
als auch bei der GZZ/cm2 2 log10-Stufen weniger nachweisbar als auf Silikon.
Bei einer Konzentration von 10 mg/l konnten nur die KBE/cm2 auf Silikon bis zur
Nachweisgrenze reduziert werden, bzgl. der GZZ/cm2 gab es nur leicht
verbesserte Resultate. Auf EPDM waren ebenfalls nur leicht erhöhte
Reduktionen sichtbar. REM-Aufnahmen der Materialoberflächen zeigen auch
hier deutliche Rückstände der Biofilmmatrix (Bild 13).
Stoßbehandlungen mit H2O2 + Fruchtsäuren führten sowohl auf Silikon als auch
auf EPDM zur Reduktion der KBE/cm2 bis zur Nachweisgrenze. Die GZZ/cm2
konnte auf beiden Materialien mit maximal 2 log10-Stufen nur leicht reduziert
werden (Tab. 15). REM–Aufnahmen der Schlauchoberflächen zeigen auch hier,
dass diese Behandlungen nicht ausreichten, um auch die Biofilmmatrix
vollständig zu entfernen (Bild 13).
Desinfektion von Biofilmen
215
Tabelle 15: KBE/cm2 und GZZ/cm2 nach Stoßbehandlung mit verschiedenen Konzentrationen unterschiedlicher Desinfektionsverfahren wie Chlor (ECA), Chlordioxid und H2O2 +
Fruchtsäuren
Silikon
Wirkstoff
Konzentr
ation
Ausgangswert
ECA-Verfahren
(pH7)
EPDM
KBE/cm
Zeit (h)
> 10
(mg/l)
6
2
GZZ/cm
> 10
2
7
KBE/cm
>10
5
2
GZZ/cm
> 10
6
1
6
2,5x10
4
2,3x10
5
1,6x10
3
7,1x10
10
6
5,2x10
1
6,1x10
4
1,5x10
1
u.N.
25
6
u.N.
5
6
2,1x10
10
6
1.000
10.000
u.N.
3
1.000 +
Fruchtsäuren (pH2)
Tenside
10.000 +
Tenside
u.N.
6,8x10
6
8,0x10
1
5,2x10
4
u.N.
4,8x10
6
1,0x10
1
1,3x10
4
4
u.N.
4,0 x10
u.N.
4,4x10
5
4
u.N.
2,3x10
6
u.N.
4,1x10
5
4
u.N.
3,9x10
6
u.N.
6,3x10
4
4
u.N.
2,5x10
5
u.N.
6,5x10
4
Chlordioxid (pH2)
H2O2 +
u.N.
4
5
u.N.= unter Nachweisgrenze (0 KBE/cm2; 7,65 x 103 GZZ/cm2)
2
Desinfektion von Biofilmen
216
Wirkstoff
Konzentration
Silikon
EPDM
(mg/l)
ECA-Verfahren
25
(pH 7)
Chlordioxid (pH 2)
10
Wasserstoffperoxid
+ Fruchtsäuren
100.000
(pH 2)
Bild 13:
REM – Aufnahmen der Schlauchoberflächen der getesteten
Materialien Silikon und EPDM nach der Behandlung mit Chlor
(ECA), Chlordioxid, und H2O2 + Fruchtsäuren in versch.
Konzentrationen bei 1000x Vergrößerung.
3.7
Untersuchung der Biofilmbildung an verschiedenen Standorten mit
dem Hygiene Monitor
Es wurde jeweils ein Hygiene-Monitor an die Hausinstallation bei den
Forschungspartnern an unterschiedlichen Standorten in Deutschland angeschlossen. Diese Hygiene-Monitore waren mit sterilen Silikonschläuchen
ausgestattet, um das Biofilmbildungspotential an verschiedenen Standorten zu
vergleichen. Dabei zeigte sich, dass sich an allen bisher untersuchten
Standorten innerhalb von 4 Wochen ein Biofilm im Silikonschlauch mit
Desinfektion von Biofilmen
217
> 103 KBE/cm2 und > 105 GZZ/cm2 gebildet hatte (Tab.15) Die rasterelektronenmikroskopischen Aufnahmen der Schlauchoberfläche zeigten an allen Standorten die Ansiedlung erster Kolonien (Tab. 16)
Tabelle 16: Besiedlung im Silikonschlauch des an die Hausinstallation
der Forschungspartner angeschlossenen Hygiene-Monitors
nach 4 Wochen
Bestimmung vor Anschluss
Bonn
Berlin
Mülheim
KBE/cm2
0
3,33x103
6,79x103
2,22x105
GZZ/cm2
0
1,02x105
5,20x105
1,19x106
REM
3.8
Biofilmbehandlung mittels mechanischer Reinigung
Das Impulsspülverfahren wurde in Kombination mit Reinigungsmitteln getestet.
Zuerst wurden die mit Biofilm kontaminierten Silikonschläuche mit 2000
Impulsen gespült, dann mit den entsprechenden Prüfprodukten befüllt, die für
12 h in den Schläuchen unter Stagnationsbedingungen einwirkten, und zum
Schluss mit 500 Impulsen erneut gespült wurden.
Es wurden Prüfprodukte mit verschiedenen Wirkstoffen eingesetzt (NaOH +
Tenside, H2O2 + Tenside, KOH + NaOCl + Na2SiO3 + Phosphate).
Desinfektion von Biofilmen
218
Die Untersuchungen zeigten, dass allein die Impulsspülung die KBE/cm2 und
den Proteingehalt des Biofilms reduziert (Bild 14). Die Kombination der
Impulsspülung mit Reinigern hat einen weiteren positiven Effekt auf die
Reduktion der KBE/cm2, der GZZ/cm2 und den Proteinanteil. Mit allen
getesteten Prüfprodukten konnten die Reduktionen deutlich erhöht werden
(Tab. 17). Die KBE/cm2 (Ausgangskonzentration: 1,0x107 KBE/cm2) konnten mit
NaOH bzw. H2O2 + Tensiden bis zur Nachweisgrenze (0 KBE/cm2) reduziert
werden. Der Einsatz von NaOH in Kombination mit Tensiden führte bei der
Betrachtung der GZZ/cm2 (Ausgangskonzentration: 5,2x107 GZZ/cm2) mit einer
Reduktion von 0,8 log10-Stufen zum besten Resultat. Die Proteine konnten am
effektivsten (98%) mit einem Gemisch aus KOH + NaOCl + Na2SiO3 +
Phosphaten reduziert werden. Bei der Betrachtung aller drei Faktoren konnte
mit NaOH das beste Resultat erzielt werden.
2,0
100%
1,8
90%
1,6
80%
1,4
70%
1,2
60%
1,0
50%
0,8
40%
0,6
30%
0,4
20%
0,2
10%
0,0
Proteinegehalt nach
Behandlung
Reduktionsfaktor (log 10)
Spülen versus Impulse
0%
0
500
1000
2000
4000
Impulse
Reduktionsfaktor KBE/cm²
Bild 14:
Proteine nach Behandlung
Einfluss der Anzahl der Impulse auf die KBE/cm2 und den
Proteingehalt im Biofilm
Desinfektion von Biofilmen
219
Tabelle 17: Reduktionen der KBE/cm2, GZZ/cm2 als Reduktionsfaktor (Rf)
in log10-Stufen und der Proteine/cm2 in Prozent nach der
Behandlung mit Impulsspülung in Kombination mit verschiedenen Reinigern für 12 h. Fettdruck entspricht einer
Reduktion bis zur Nachweisgrenze.
Wirkstoff
Konz.
Rf (log10)
Rf (log10)
Rf (log10)
Rf (log10)
KBE/cm²
KBE/cm²
GZZ/cm²
GZZ/cm²
ohne Impulse mit Impulse ohne Impulse mit Impulse
1,0x107
Ausgangswert
ohne
5,2x107
Reduktion der
Reduktion der
2
Protein [µg/cm ] Protein [µg/cm 2]
ohne Impulse
mit Impulse
600
-
0,02
0,68
0,02
0,10
5%
27%
Bleichmittel
+Tenside
+Enzyme
0,6%
2,03
2,06
0,08
0,11
50%
75%
NaOH
15%
7,00
7,00
0,40
0,50
84%
96%
NaOH+Tenside
15%
5,80
6,10
0,70
0,80
64%
74%
KOH + NaOCl
+ Na2SiO3
+ Phosphate
0,9%
2,97
3,54
0,22
0,27
85%
98%
H2O2+Tenside
30%
7,00
7,00
0,36
0,44
40%
47%
2
3
2
2
u.N. = unter Nachweisgrenze (0 KBE/cm , 3,65x10 GZZ/cm , Proteine: 0,5 µ/cm )
3.9
Molekularbiologischer Nachweis von relevanten Mikroorganismen
im Biofilm
Des Weiteren wurde intensiv an der Etablierung von molekularbiologischen
Nachweisverfahren mittels Real-Time-PCR gearbeitet. Es wurden Untersuchungen zum quantitativen Nachweis von Helicobacter pylori im Biofilm
durchgeführt.
Desinfektion von Biofilmen
220
3.9.1 Nachweis von Helicobacter pylori mittels real - time - PCR
Der Nachweis von Helicobacter pylori mittels real-time-PCR wurde etabliert und
für die Anwendung auf Biofilme abgestimmt. Eine sichere Nachweisgrenze ist
ab einer Menge von 10 KBE gewährleistet. Neben der Quantifizierung wurden
ebenfalls Verlustraten bei der Aufreinigung von Biofilmproben ermittelt, bedingt
durch das Alter der Biofilme und den damit vorhandenen Protein- und
Kohlenhydratgehalt. Um den Einfluss des Biofilmalters zu verifizieren, wurden
Biofilme unterschiedlichen Alters für den Sensitivitätsnachweis verwendet. Für
einen zehn Monate alten Biofilm betrug der durchschnittliche Verlust ca. 11-12
Prozent der ursprünglich hinzu gegebenen Menge Zellen H. pylori. Setzt man
den zehn Monate alten Biofilm in Relation zu einem 30 Monate alten Biofilm, so
wird das Ergebnis deutlicher. Von den ursprünglich ca. 2.000 Zellen H. pylori
konnten nur noch ca. 20 Zellen nachgewiesen werden - dies entspricht einem
Verlust von 99 Prozent. Zur Zeit wird daran gearbeitet, die Untersuchungen von
Helicobacter pylori in Trinkwasserbiofilmen deutschlandweit auszuweiten.
4
Diskussion
4.1
Überprüfung der Wirksamkeit von Desinfektionsmaßnahmen
Es wurden derzeit verfügbare Verfahren zur Kontrolle von Biofilmen untersucht.
Dabei lag der Fokus auf der chemischen Desinfektion (freies Chlor, Chlordioxid,
Wasserstoffperoxid (H2O2), Silber, Fruchtsäuren, Ozon) und der mechanischen
Reinigung mittels Impulsspülverfahren. Die Verfahren der chemischen Desinfektion wurden in drei Varianten vom Silikonschlauchmodell (Lenz et al.,
2010) untersucht. Die Desinfektionsmittel wurden jeweils in den Modellen
untersucht, die den Anwendungsempfehlungen des Herstellers entsprechen.
Die Untersuchungen zeigten, dass es mit allen Verfahren möglich ist, die
koloniebildenden Einheiten (KBE) im Biofilm bis zur Nachweisgrenze zu
reduzieren.
Untersuchungen mit sterilen Silikonschläuchen zeigten, dass eine der Trinkwasserverordnung (§11) entsprechende initiale Behandlung mit chemischen
Verfahren eine Biofilmbildung verhindern kann (Chlordioxid, freies Chlor).
Desinfektion von Biofilmen
221
Nach der TrinkwV gilt das Minimierungsgebot (§ 6, Abs.3). Dieses schreibt vor,
dass „Konzentrationen von chemischen Stoffen, die das Wasser für den
menschlichen Gebrauch verunreinigen und nachteilig beeinflussen können, so
niedrig gehalten werden (sollen), wie dies nach den allgemein anerkannten
Regeln der Technik (DGVW, 2008) mit vertretbarem Aufwand unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles möglich ist.“
Zudem muss beachtet werden, dass ein Einsatz von Desinfektionsmitteln wie
Chlorderivaten zur Bildung von unvermeidbaren Reaktions- und Nebenprodukten (z. B. THM) führen kann (Ulyak et al., 2007).
Die prophylaktische Behandlung der Trinkwasserinstallation muss vor dem
Hintergrund dieser Ergebnisse neu thematisiert werden
Behandlungen von im Silikonschlauchmodell generierten Biofilmen mit den
gleichen nach TrinkwV zugelassen Wirkstoffen in der fließenden Welle führten
nach einem Behandlungszeitraum von mindestens 70 Tagen zu einer
Reduktion der KBE bis zur Nachweisgrenze (Abschn. 3.2.1; 3.2.2). Die
Erfassung der GZZ zeigte in allen untersuchten Fällen im selben Zeitraum eine
Reduktion um maximal 3 log10-Stufen.
Anlagendesinfektionen, wie sie in Schadenfällen durchgeführt werden, mit nach
TVO(§11) zugelassenen (freies Chlor, Chlordioxid) (Abschn. 3.2.1; 3.2.2) und
anderen Wirkstoffen (Wasserstoffperoxid in Kombination mit Silber oder
Fruchtsäuren) (Abschn.3.3.3) führten ebenfalls zur Reduktion der KBE bis zur
Nachweisgrenze. Die Reduktion der GZZ bis zur Nachweisgrenze konnte
jedoch nur vereinzelt (z. B. freies Chlor aus ECA-Verfahren) erreicht werden.
Die Betrachtung der Gesamtzellzahl erfordert demnach höhere Ansprüche an
die untersuchten Wirkstoffe. REM–Aufnahmen zeigten, dass in vielen Fällen
auch nach einer bzgl. der KBE/cm2 erfolgreichen Behandlung immer noch
Rückstände der Biofilmmatrix auf der Schlauchoberfläche zu sehen sind. Dies
verdeutlicht, dass eine Desinfektion nicht per se eine Reinigung mit einschließt
oder diese ersetzen kann.
Deshalb wird empfohlen, vor einer Desinfektionsmaßnahme das System zu
reinigen. Dadurch werden stärkere Verunreinigungen schon vorher aus dem
222
Desinfektion von Biofilmen
System entfernt und Mikroorganismen, die in einen Biofilm eingebettet sind und
somit vor Bioziden geschützt sind, werden frei gelegt.
Das hier getestete Impulsspülverfahren stellt eine Möglichkeit zur Vorreinigung
dar. Die Untersuchungen in Kombination mit Reinigungsmitteln zeigten durch
vorherige Spülungen höhere Reduktionen der KBE, der GZZ und der
Biofilmmatrix.
Eine effektive Behandlung sollte demnach in einem Zwei-Stufen-Verfahren
erfolgen. Beginnend mit einer Vorreinigung (z.B. mechanische Reinigung) zum
An- bzw. Ablösen der Biofilmmatrix von der Oberfläche, gefolgt von einer
Desinfektion zur Abtötung bzw. Inaktivierung noch vorhandener Mikroorganismen im System.
4.2
Eine Wiederverkeimung der Systeme ist nach Desinfektionsmaßnahmen unabhängig vom Wirkstoff zu beobachten
In verschiedenen Ansätzen wurde die nachhaltige Wirkung von
Desinfektionsmitteln auf Biofilme untersucht. Es zeigte sich, dass wenige Tage
nach Absetzen des Desinfektionsmittels unabhängig vom eingesetzten
Wirkstoff eine Regeneration des Biofilms erfolgt: 14 Tage nach einer
erfolgreichen Behandlung (vollständige Reduktion der KBE/cm2) waren in der
Regel nahezu gleiche Ausgangskonzentrationen der KBE wieder zu
beobachten. Dies ist entweder durch eine Erholung und erneutes Wachstum
der noch vorhandenen Bakterien oder durch eine Neubesiedlung aus der
Wasserphase möglich. Wenn noch Biofilmmatrix oder tote Zellen im System
vorhanden sind, können neue Mikroorganismen diese als Nährstoffquelle
nutzen und möglicherweise einen Biofilm bilden, der sich vom vorherigen
vollständig unterscheidet. Somit besteht die Möglichkeit, dass sich Bakterien im
Biofilm ansiedeln, die aufgrund bestimmter Eigenschaften oder eines
bestehenden Selektionsdrucks vorher nicht etablieren konnten. Damit steigt
auch das Risiko, dass sich als Folge einer Desinfektion schnellwüchsige und
ggf. hygienisch relevante Bakterien entwickeln.
Manche Mikroorganismen sind zudem in der Lage, unter Stressbedingungen in
einen sogenannten „viable-but-non-culturable“-Zustand (VBNC) überzugehen.
Sie sind somit nicht mehr kulturell nachweisbar, können jedoch noch infektiös
Desinfektion von Biofilmen
223
sein. Dieser Zustand ist u. a. bei P. aeruginosa nachgewiesen worden (Oliver et
al., 2005). Ein negativer kultureller Nachweis von Bakterien kann folglich zu
einer falschen Beurteilung der Kontaminations-Situation des Installationssystems führen.
Deshalb sind auch nach einer erfolgreichen Desinfektion regelmäßige
Kontrollen und ggf. Nachbehandlungen unerlässlich.
4.3
Bestimmung der KBE nach der Trinkwasserverordnung ist nicht
uneingeschränkt für die Beurteilung von Desinfektionsmaßnahmen
anwendbar
Generell machen die Untersuchungen deutlich, dass die Bestimmung der KBE
keine uneingeschränkte Beurteilung von Desinfektionsmaßnahmen zulässt. Es
sind wahrscheinlich nur maximal 1% aller Bakterien überhaupt kulturell
nachweisbar (Ultee et al., 2004). Die Bestimmung der Gesamtzellzahl zeigte in
den Untersuchungen, dass auch nach vollständiger Reduktion der KBE noch
Mikroorganismen im System vorhanden sein können. Jedoch liefert diese
Nachweis-Methode keine Aussage darüber, in welchem Zustand sich die noch
vorhandenen Zellen befinden, d.h. zwischen inaktivierten und noch aktiven
Zellen kann nicht unterschieden werden. Mit molekularbiologischen Methoden,
wie der Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR) (Labrenz et al., 2004) oder der
Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) (Pernthaler et al., 2004) können
innerhalb von wenigen Stunden Ergebnisse erzielt werden, die eine schnelle
Aussage über die Aktivität von Mikroorganismen zulassen. Kulturelle Verfahren
sollten jedoch nicht dadurch ersetzt, sondern ergänzt werden.
Molekularbiologische Verfahren sind meistens sehr spezifisch und erfassen
möglicherweise nicht alle Mikroorganismen. Zudem konnte am Beispiel
Helicobacter pylori gezeigt werden, dass hygienisch relevante Mikroorganismen, die im Biofilm existieren können, mittels qPCR quantitativ
nachweisbar sind (Linke et al., 2010). Bei H. pylori handelt es sich um ein
Bakterium, das in der Lage ist, in den VBNC-Zustand überzugehen (Dunn et al.,
1997). Ein kultureller Nachweis wäre in dem Zustand nicht möglich.
224
4.4
Desinfektion von Biofilmen
Biofilm-Modell und Hygiene-Monitor als praktikable Testmodelle zur
Validierung von chemischen Desinfektionsverfahren im Trinkwasser
Die
im
Rahmen
dieses
Projektes
entwickelten
Varianten
des
Silikonschlauchmodells stellen ein Modell dar, um die Wirksamkeit von
chemischen Desinfektionsverfahren gegenüber Trinkwasserbiofilmen zu testen.
Durch das verwendete Silikon als Trägermaterial wird ein mikrobiologisches
„worst case“-Szenario erzeugt. Das Silikon dient als Nährstoffquelle für
Mikroorganismen. Durch diese Vorlage von genügend Nährstoffen und den
ständigen Durchfluss mit Frischwasser kann sich ein natürlicher Biofilm
schneller bilden als auf den in der Trinkwasser-Installation verwendeten
Werkstoffen, wie z.B. Kupfer.
Durch die praxisnahen Varianten des Silikonschlauchmodells können sowohl
Langzeitbehandlungen mit niedrigen Konzentrationen als auch kurzfristige
Anlagendesinfektionen simuliert werden.
Mit dem Hygiene-Monitor konnte zudem ein Modell etabliert werden, das
erlaubt, Desinfektionsmaßnahmen vor Ort zu begleiten und auf deren
Effektivität zu überprüfen. Wenn ein System, welches mit einem bestimmten
Desinfektionsverfahren behandelt wird, gewährleistet, dass auch bei Einsatz
eines Hygiene-Monitors eine Biofilmbildung ausbleibt, ist dies der Hinweis, dass
eine entsprechende Biofilmbildung unter Kontrolle gehalten werden kann. In
einem Dialysezentrum konnte bei einer regelmäßigen Ozonierung der Erfolg
der Maßnahme durch die Installation eines Hygiene-Monitors gezeigt werden
(Brensing et al., 2009). Diese Aspekte sind ein wichtiger Maßstab und eine
wichtige Information bei Sanierungsverfahren, weshalb sich der Einsatz des
Hygiene-Monitors in Praxisfällen aufgrund der Erfahrung der Autoren bewährt
hat.
Desinfektion von Biofilmen
4.5
225
Empfehlung für Überprüfung der Wirksamkeit von Desinfektionsverfahren zur Entfernung von Biofilmen im Trinkwasserbereich in 3
Phasen (in Anlehnung an EN 14885)
Für die zukünftige Überprüfung der Wirksamkeit von neuen Desinfektionsverfahren oder Rezepturen zur Inaktivierung von Mikroorganismen in Biofilmen
im Trinkwasserbereich wird in Anlehnung an die europäische Normierung im
CEN ein Untersuchungsmodell in 3 Phasen empfohlen. Dieser Untersuchung
sollten sowohl Wirkstoffe unterzogen werden, die in den §11 der TrinkwV
aufgenommen werden sollen, als auch Wirkstoffe, die nur zur Anlagendesinfektion verwendet werden dürfen.
1. Phase: Test des Prüfprodukts im quantitativen Suspensionsversuch (in
Anlehnung an EN 13623, CEN 2005)
In der Desinfektionsmittelprüfung gilt generell, dass ein neues Desinfektionsverfahren zunächst im quantitativen Suspensionsversuch geprüft werden muss.
Ziel einer derartigen Untersuchung ist es, unter standardisierten Bedingungen
wie Temperatur, Wasserqualität, Einwirkzeit und Wirkstoffkonzentration eine
Aussage über desinfizierende Eigenschaften eines Desinfektionsverfahrens zu
gewinnen. Gleichzeitig sind solche Untersuchungen wichtig, um das Wirkspektrum eines Verfahrens definieren zu können. Nur so können Wirkungslücken gegenüber spezifischen Mikroorganismen validiert herausgearbeitet werden. Die Kenntnis dieser Wirksamkeitslücken ist notwendig um sicherzustellen,
dass es bei einer späteren praktischen Anwendung aufgrund der Wirksamkeitslücken nicht zu einer Selektion von Mikroorganismen bei hiermit desinfizierten Systemen kommt. Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der grundsätzlichen Anforderungen an die Prüfung von Desinfektionsmitteln ist eine entsprechende quantitative Prüfung in vitro unverzichtbar.
Diese Untersuchungen sind Voraussetzung, um unwirksame Desinfektionsverfahren nicht in die aufwändige praxisnahe Prüfung aufnehmen zu müssen.
Diese Vorgehensweise ist Grundlage jeder Desinfektionsmittelprüfung.
Desinfektion von Biofilmen
226
2. Phase: Test des Prüfprodukts im quantitativen Keimträgertest mittels
Silikonschlauchmodell
Die Untersuchung im praxisnahen Keimträgertest ist ebenfalls Grundlage jeder
Desinfektionsmittelprüfung. Im Silikonschlauchmodell kann der Einsatz von
Desinfektionsverfahren je nach Anwendungsbereich (Behandlung nach
TrinkwV, Anlagendesinfektion) simuliert werden. Diese Untersuchung ist
unerlässlich, um die Wirksamkeit gegenüber Trinkwasserbiofilmen unter
praxisnahen Bedingungen überprüfen zu können.
3. Phase: Test des Prüfprodukts im Feldversuch
Zur Erfolgskontrolle von Sanierungen und zur Überprüfung der Wirksamkeit von
Desinfektionsmitteln eignet sich der Hygiene-Monitor, der im Projekt eingesetzt
wurde. Nach Bedarf wird dieser entweder mit einem sterilen Silikonschlauch
bestückt, um zu dokumentieren, ob durch eine Desinfektionsmaßnahme eine
Ansiedlung von Mikroorganismen verhindert werden kann oder mit einem mit
Biofilm bewachsenen Silikonschlauch, um die Wirkung der Maßnahme zu
überprüfen.
In Phase 2 und 3 werden jeweils vor und nach der Behandlung folgende
Parameter bestimmt:
KBE/cm2 mittels Kultivierung auf R2A-Agar
GZZ/cm2 mittels DAPI-Färbung
Rasterelektronenmikroskopische Untersuchung der Schlauchoberfläche
5
Fazit
Die vorgeschriebenen Nachweismethoden der Trinkwasserverordnung zur
Beurteilung der mikrobiologischen Belastung des Trinkwassers bilden eine
Grundlage, um die Qualität der fließenden Welle ausreichend beurteilen zu
können. Um eine generelle Aussage über den Zustand einer Trinkwasserinstallation zu machen, reichen sie jedoch nicht aus. Mikroorganismen,
die in Biofilmen eingebettet sind, werden mit Untersuchungen der Wasserphase
Desinfektion von Biofilmen
227
nicht erfasst. Zudem sind sie durch die Biofilmmatrix vor äußeren Einflüssen,
wie z.B. Bioziden, zusätzlich geschützt. Desinfektionsmaßnahmen führen nur
selten auch zu einer vollständigen Entfernung der Biofilmmatrix aus der
Trinkwasserinstallation. Es ist daher empfehlenswert, ein kontaminiertes
Wasserinstallationssystem zunächst zu reinigen. Diese Maßnahme sollte
jedoch nicht anstelle, sondern zusätzlich zu einer Desinfektion durchgeführt
werden. Durch die Reinigungsmaßnahme werden die im Biofilm vorhandenen
Mikroorganismen freigelegt, jedoch in der Regel nicht inaktiviert bzw. abgetötet.
Deshalb ist eine abschließende Desinfektion unerlässlich. Die derzeit
verfügbaren Desinfektionsmittel, speziell die in diesem Projekt getesteten,
haben sich bei der Inaktivierung von Mikroorganismen in der Wasserphase als
zuverlässig wirksam erwiesen.
Die Sanierung einer Trinkwasserinstallation ist keine Garantie, dass es nicht
erneut zu einer Biofilmbildung bzw. Ansiedlung von Mikroorganismen im
System kommen kann. Regelmäßige Kontrollen sind unabdingbar und, wenn
erforderlich, müssen Nachbehandlungen durchgeführt werden.
Zudem gibt es derzeit keine Vorschriften bzgl. Biofilmmikroorganismen und
folglich auch keine Standardverfahren zur Überprüfung der Wirksamkeit von
chemischen Desinfektionsverfahren gegenüber Biofilmbakterien. Es ist daher
notwendig, ein einheitliches und reproduzierbares Verfahren zu haben. Deshalb
wurde im Rahmen dieses Projektes ein Modell in 3 Phasen zur Testung von
chemischen Desinfektionsverfahren entwickelt.
6
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Wasser für den menschlichen Gebrauch. Trinkwasserverordnung vom 21. Mai
2001 (BGBl. I S. 959), die durch Artikel 363 der Verordnung vom 31. Oktober
2006 (BGBl. I S. 2407) geändert worden ist.
Oliver, J.D. (2005) The Viable but Nonculturable State in Bacteria. The Journal
of Microbiology, February 2005, p. 93-100
Ultee, A., Souvatzi, N., Maniadi, K., König, H. (2004) Identification of the
culturable and unculturable bacteria population in ground water of a municipal
water supply in Germany. Journal of Applied Microbiology 2004, 96, 560-568.
Wingender J., Grobe S., Fiedler S., Flemming H.-C. 1999. The Effect of
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D.M. Holt & C.S. Dow (ed.) Biofilms in the Aquatic Environment, Royal Society
of Chemistry, Cambridge.
WHO (2002) Consultation on Prevention and Management of Substance
Terrorism against Water Services. Meeting of the WHO Euro Collaborating
Centres in Water and Sanitation, Rome 2002
Desinfektion von Biofilmen
232
Untersuchung der Langzeitwirkung von Reinigungs- und
Desinfektionsmaßnahmen auf Werkstoffe hinsichtlich erneuter
Biofilmbildung
Gabriela Schaule*, Simone Schulte, Susanne Grobe und Hans-Curt Flemming
IWW Rheinisch-Westfälisches Institut
für Wasserforschung gGmbH
Bereich Angewandte Mikrobiologie
Moritzstr. 26, 45476 Mülheim an der Ruhr
Tel.: 0208 40303411, Fax: 0208 4030384
* Email: [email protected]
Zusammenfassung
Zu einer mikrobiellen Beeinträchtigung des Trinkwassers kann es durch
Vermehrung von planktonischen wie sessilen Mikroorganismen kommen. Um
dies zu vermeiden, sind Faktoren, die eine Vermehrung begünstigen, zu
minimieren. So dürfen im Trinkwasserbereich nur solche Werkstoffe eingesetzt
werden, die bei Kontakt mit Trinkwasser nicht zu einer Vermehrung führen. Es
ist bekannt, dass Mikroorganismen alle wasserbenetzten Oberflächen jeglicher
Werkstoffe besiedeln, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. Geprüft wird
dies entsprechend der Technischen Regel, Arbeitsblatt W 270 „Vermehrung
von Mikroorganismen auf Werkstoffen für den Trinkwasserbereich – Prüfung
und Bewertung“. Parameter ist die Oberflächenbesiedlung. „Besiedlung“ ist die
Bezeichnung für einen dünnen Biofilm, der toleriert werden kann. Er ist aber die
Grundlage für einen „Bewuchs“, also einen Biofilm, der nicht mehr akzeptiert
werden kann und dann entsteht, wenn Faktoren aus dem Werkstoff oder dem
Wasser die weitere Vermehrung begünstigen. Inwieweit es bei neuen PolymerWerkstoffen durch die Abgabe mikrobiell verwertbarer Substanzen zu einem
mikrobiologischen Wachstum kommt, wird geprüft und bewertet.
Berichte aus dem IWW Rheinisch-Westfälisches Institut für Wasserforschung gemeinnützige GmbH
Band 54, Mülheim an der Ruhr, 2010, ISSN 0941 - 0961
Desinfektion und Werkstoffe
233
Im Rahmen des vorliegenden Projektes galt es zu klären, ob durch wiederholte
Desinfektions- und Sanierungsmaßnahmen ein Werkstoff sich so verändert
(als „Alterung“ bezeichnet), dass sich dies auf die Biofilmbildung auswirkt. Die
durchgeführten Untersuchungen zeigten, dass die Alterung von PE-Xb und
EPDM, die exemplarisch eingesetzt wurden, tatsächlich einen Einfluss auf die
Biofilmbildung hat. Es ist bekannt, dass Faktoren wie Nährstoff-Abgabe des
Werkstoffes, Nährstoffgehalt des Wassers, Temperatur, Wasser¬härte und
DOC-Gehalt einen Einfluss auf die Biofilm-Bildung haben. Neu war die
Erkenntnis, dass auch das Alter des Werk¬stoffes (Bauteils), also das Maß der
durch oxidative Reaktion bedingten Veränderung, ebenfalls eine Rolle spielt.
Die Auswertung eines Multifaktorenansatzes zur Biofilmbildung zeigte, dass im
Sinne der obigen Definition „altes“ und damit an niedermolekularen Additiven
verarmtes EPDM und PE-Xb tendenziell ein geringeres Biofilmbildungspotential
aufwies. Es ist an¬zu¬neh¬men, dass vom gealterten Werkstoff geringere
Mengen an biologisch abbaubaren Nährstoffen den Mikroorganismen an der
Werkstoffoberfläche abgegeben werden. Die Folge für die Praxis ist dann ein
geringeres Potential der Bio¬film-Bildung auf älteren Kunststoffen und folglich
geringerer Desinfektionsaufwand, was sich nicht zuletzt auch auf den Werkstoff
schonend auswirken würde.
Ein weiterer Aspekt im Projekt galt dem Auftreten von Legionellen in
Praxisfällen. Kontaminationen von Trinkwasser-Installationen mit Legionellen
werden durch die Vorgaben in der Trinkwasserverordnung berücksichtigt. Hier
erfolgt sowohl die Festlegung der regelmäßigen Überwachung von
Warmwassersystemen in öffentlichen Gebäuden mit zentralen Erwärmungsanlagen. Sowohl die zur Überwachung verwendeten kulturellen Nachweisverfahren als auch die Forderung nach der Einhaltung der allgemein anerkannten
Regeln der Technik sind in den DVGW-Arbeitsblättern W 551 und W 553
genannt.
Bei den untersuchten Praxisfällen zeigten sich durchweg Mängel in der
Installation bzw. im Betrieb der Trinkwassererwärmungs¬anlagen. Sowohl zu
niedrige Temperaturen in Trinkwassererwärmern und Warmwasser¬leitungen
als auch nicht abgetrennte Totleitungen, weitverzweigte, über¬dimensionierte
Leitungsnetze und dadurch bedingte lange Stagnationszeiten begünstigten die
Vermehrung der Legionellen.
Desinfektion und Werkstoffe
234
Der Einsatz kultureller Methoden nach Trinkwasserverordnung zur Detektion
der jeweiligen Kontaminationsquelle wurde durch molekularbiologische
Methoden ergänzt. Dabei wurde nicht nur die Wasserphase, sondern auch der
Biofilm beprobt. Darauf basierend konnten wirksamere Sanierungsmaßnahmen
durchgeführt und sowohl mit konventionellen als auch mit molekularbiologischen Methoden überprüft werden. Es zeigte sich, dass bei den
Praxisfällen, bei denen bauliche Maßnahmen unter Einhaltung der allgemein
anerkannten Regeln durchgeführt wurden, zu einer tatsächlichen Sanierung
führten, da das Problem beseitigt wurde. Der Einsatz von kontinuierlichen
Desinfektions¬verfahren mit Chlor bzw. Chlordioxid sowie die Anwendung der
thermischen Desinfektion zur Minimierung von Legionellen¬konzentrationen
stellte eine kurz- bzw. mittelfristige und schnell einsetzbare Lösung dar. Dies
entspricht jedoch keiner Sanierung, sondern bewirkt nur eine Minimierung der
Symptome. Der Einsatz von Chlor bzw. Chlordioxid bewirkte einen Rückgang
der Legionellenkonzentration, jedoch wurde festgestellt, dass eine nachhaltige
und dauerhafte Verringerung ihrer Konzentration im Warmwassersystem auf
weniger als 100 KBE/100 mL durch die eingesetzten kontinuierlichen
Desinfektionsmittel nicht durchweg bei allen Praxisfällen erreicht wurde.
Zusätzlich waren Überschreitungen der nach Trinkwasserverordnung
zugelassenen Desinfektionsmittelkonzentrationen nicht vollständig auszuschließen.
1
Einleitung
Die langfristige Auswirkung von Desinfektions- und Reinigungsmaßnahmen auf
Werkstoffe in der Hausinstallation hinsichtlich erneuter Biofilm-Bildung wurde
untersucht. Der Stand der Technik für Desinfektions- und Reinigungsmaßnahmen ist in Merkblättern recht detailliert und genau festgelegt (Merkblatt für
Installateure, 2004). Darin wird das Vorgehen für den Einzelfall beschrieben
und es ist davon auszugehen, dass vielfach thermische wie oxidative
Maßnahmen aus hygienischen Gründen durchgeführt werden. Dadurch
verändern sich die Werkstoffe und stellen ein potentiell verändertes
Besiedlungspotential dar. Die Veränderung ist strukturell, chemisch und bedingt
eine potentiell höhere Abgabe an Komponenten, welche als Nahrung dienen
Desinfektion und Werkstoffe
235
könnten. Arbeitshypothese war, dass es zu einer erhöhten Freisetzung von
Additiven, erleichterter Diffusion aus dem Inneren des Kunststoffs, Bildung von
Rissen und damit einem erhöhten Hygienerisiko kommen könnte.
Der Einsatz oxidativer Desinfektionsmittel ist in der Praxis entweder präventiv
oder im Schadensfall notwendig. Dadurch kommt es innerhalb kürzester Zeit zu
chemischen Reaktionen der eingesetzten Desinfektionsmittel und inneren
Wandungen, z. B. der Rohrleitungen. Generell bedingen mehrere Faktoren wie
Oxidation z. B. durch Sauerstoff, Natriumhypochlorit oder Chlordioxid
Veränderungen an Werkstoffen und werden als „Werkstoff¬alterung“
bezeichnet. Bekannt ist seit geraumer Zeit, wie der Mechanismus bei der
Alterung bedingt durch oxidative Desinfektionsmittel erfolgt. Es handelt sich um
einen so genannten thermo-oxidativen „Angriff“ durch das Desinfektionsmittel
z. B. durch Natriumhypochlorit oder Chlordioxid. Dieser Typ Reaktion findet bei
allen Polymeren-Werkstoffen (PE, PP, PVC, EPDM usw.) statt. Allerdings
reagieren die Desinfektionsmittel zunächst bevorzugt mit den Additiven
(Stabilisatoren), da die Aktivierungsenergie für diese Oxidationsreaktionen
niedriger ist, als die für die Abbaureaktion der Polymere. Wenn die Additive an
der Oberfläche oxidiert und damit „verbraucht“ sind, beschleunigt sich die
Oxidation des Polymers, was zum Abbau der Polymerketten führt. Folge des
„Verbrauches“ der Additive ist eine mehr oder weniger ausgeprägte Änderung
der physikalischen und chemischen Eigenschaften des Materials (pers. Mitt. Dr.
Vogt).
In der Praxis der Hauswasserinstallation kann es immer wieder sporadisch oder
dauerhaft zum Auftreten von hygienisch relevanten Mikroorganismen wie z. B.
coliforme Bakterien (Kilb et al., 2003), Pseudomonas aeruginosa (Wingender et
al., 2009) und vor allen Dingen im Warmwasserbereich Legionella pneumophila
(Müller, 2007) kommen. Die nach der Feststellung einer mikrobiologischen
Kontamination durchgeführten Maßnahmen sind vielfältig und erstrecken sich
von baulichen Veränderungen bis zu diskontinuierlichen und kontinuierlichen
chemisch und/oder physikalischen Desinfektionsmaßnahmen. Es bleibt allerdings offen, unter welchen Bedingungen dieses Vorgehen auch langfristig
Erfolg versprechend ist.
Desinfektion und Werkstoffe
236
2
Material und Methoden
2.1
Material
2.1.1 Werkstoffe
Die Werkstoffe wurden in Abstimmung mit den Projektpartnern ausgewählt. Es
handelt sich um die folgenden Werkstoffe: Kupfer (DN 15 gem. DIN 50931-1),
Edelstahl (1.4401), PE-Xc (mit KTW A + W 270) und PE-Xb (mit KTW A + W
270) und Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk (EPDM) mit KTW C + W 270
Prüfung).
2.1.2 Werkstoffalterung
Die künstliche Alterung von ausgewählten Kunststoffen PE-Xb und PE-Xc
sowie EPDM wurde in Kooperation mit der Arbeits¬gruppe von Prof.
Castagnetti (Castagnette et al. 2006) der Universität von Modena (Italien) und
der Firma Bodycote in Schweden durchgeführt. In Deutschland gab es im
Projektzeitraum keinen entsprechenden Versuchsstand, um eine beschleunigte
Alterung mit Hypochloritlösung oder Chlordioxid durchzuführen. Die
Arbeitsgruppe um Prof. Castagnetti hatte den Versuchsstand für die Firma
ENíA, Reggio Emilia entwickelt und diese hat der Benutzung im Rahmen dieses
Forschungsprojektes zugestimmt. Die Alterung erfolgte in Anlehnung an die
Norm ASTM F2263-03 „Standard Test Method for Evaluating the Oxidative
Resistance of Polyethylene (PE) Pipe to Chlorinated Water“ (ASTM, 2008).
Werkstoffe
•
PE-Xb
•
PE-Xc
•
EPDM mit W 270 Prüfung und KTW C-Zulassung („mit Empfehlung“)
•
EPDM ohne W 270 Prüfung und KTW C-Zulassung („ohne Empehlung“)
Desinfektion und Werkstoffe
237
Alterungs-Bedingungen
2 Wochen Exposition bei 5 ppm Natriumhypochlorit unter 3 bar und bei 40°C
4 Wochen Inkubation bei 3 ppm ClO2 unter 4 bar und bei 40°C
2.1.3 Charakterisierung der gealterten Kunststoffwerkstoffe
2.1.3.1 Hydrophobizität
Die Hydrophobizität wurde mittels Kontaktwinkelmessung ermittelt. Sie wurde
durchgeführt im Fachbereich Chemie, Arbeitsgruppe „Technische Chemie II“ an
der Universität Duisburg Essen.
2.1.3.2 Bestimmung der Oberflächenstruktur
Die Werkstoffe wurden bei 16-facher Vergrößerung im Binokular beurteilt.
Außerdem wurde die Oberflächenstruktur mittels der WeißlichtinterferenzMikroskopie an der Bundesanstalt für Materialprüfung (BAM, Berlin) in der
Arbeitsgruppe von Dr. Beck gemessen.
Weitere Untersuchungen fanden am Max Planck Institut für Materialforschung
in Stuttgart statt. Dort wurde mittels Rasterkraftmikroskopie die Oberflächenstruktur analysiert.
2.1.3.3 Chemische Veränderung der Werkstoffe
Die Veränderung der Entzündungstemperatur (Oxidation induction time, OIT
Test) ist ein anerkannter und oft benutzter Parameter, um Materialveränderungen, bedingt z. B. durch Oxidation, feststellen zu können. Der OIT
Test wurde bei neuen und unterschiedlich gealterten Kunststoffen durchgeführt.
Bei diesem Verfahren handelt es sich um einen Test, der eine vergleichende
Aussage über die Stabilität von Werkstoffen gegenüber thermo-oxidativen
Angriffen zulässt. Die Messungen wurden an der Universität Duisburg-Essen in
der Arbeitsgruppe von Prof. Ch. Mayer durchgeführt. Mit dem OIT Test wurden
im Onset Modus die Werkstoffe PE-Xb, PE-Xc und EPDM analysiert. Damit
konnte auch die Veränderung der thermo-oxidativ bedingten Induktionszeit
ermittelt werden.
Desinfektion und Werkstoffe
238
FT-IR-mikroskopische Untersuchungen wurden an PE-Xb und EPDM (neu und
alt) bei der Firma Basell Polyolefine GmbH, Lyondellbasell im Bereich Polymer
Physics und Charakterisierung zusammen mit Dr. Heinz Vogt, (pers. Mitteilung)
durchgeführt. Dazu wurden Schnitte mit einer Dicke von 30 µm hergestellt,
eingebettet und mittels FT-IR Mikroskopie vermessen.
2.2
Methoden
2.2.1 Biofilmbildung
In Anlehnung an den Versuchsaufbau des Prüfverfahrens nach DVGW
Arbeitsblatt W 270 (Vermehrung von Mikroorganismen auf Werkstoffen für den
Trinkwasserbereich – Prüfung und Bewertung, 2007) wurde im Wasserwerk von
RWW Styrum Ost ein Versuchsstand errichtet. Er wurde wie gefordert mit
aufbereitetem, nicht desinfiziertem, nährstoffarmem Trinkwasser betrieben. Der
Behälter fasst ein Volumen von 200 l. Der Durchfluss wurde auf 20 l/h
eingestellt. Für die unterschiedlichen zu beprobenden Werkstoffe wurden
Aufhängungen hergestellt und in den Versuchsaufbau eingebracht.
Bild 1:
Versuchsaufbau im Wasserwerk entsprechend den Angaben
des DVGW Arbeitsblattes W 270 zur Exposition der unterschiedlichen Werkstoffe und Biofilmbildung
Desinfektion und Werkstoffe
239
2.2.2 Einfluss der Temperatur auf die Primäradhäsion pathogener
Bakterien
Die Primäradhäsion von Reinkulturen der Bakterienstämme Pseudomonas
aeruginosa AdS, Legionella pneumophila AdS (beide aus Schadensfällen, die
am IWW untersucht wurden) und Enterobacter amnigenus Klon A (zur
Verfügung gestellt vom Projektpartner Bonn) wurde bei 12°C, 20°C und 36°C
untersucht.
Vorkulturen der Zielorganismen wurden auf NB ausgestrichen (P. aeruginosa,
E. amnigenus; 36°C, 24h) bzw. BCYE α (L. pneumophila; 36°C, 72h); 10 x eine
Kolonie in 20 mL LB Lenox Medium (P. aeruginosa, E. amnigenus) bzw. Yeast
Extract Broth (L. pneumophila) suspendieren. Bebrütung erfolgte im
Schüttelwasserbad (180 rpm, 24 h), (P. aeruginosa 20°C; E. amnigenus und L.
pneumophila 36°C). Die Zellen wurden durch Zentrifugation (15 min, 3100 g)
geerntet. Sie wurden zweimal gewaschen in steril filtriertem Trinkwasser,
zentrifugiert für 15 min bei 3100 g und in 1 l steril filtriertem Trinkwasser
aufgenommen. Da die Organismen in ausgehungertem Zustand eingesetzt
werden sollten, erfolgte dies bei 12°C, 20°C und 36 °C für 20-24 h. Eine
Bakterienkonzentration von 107 Zellen/ml wurde in steril filtriertem Trinkwasser
eingestellt. Im Becherglasreaktor wurde bei 12°C, 2 0°C und 36°C für 24
Stunden inkubiert.
Dann wurden 3 Prüfkörper pro neuem Material und 1 Prüfkörper pro gealtertem
Material (Größe 2,5 cm x 7 cm) entnommen.
Der Biofilm wurde von einer Seite des Prüfkörpers mit einem Teflonschaber
entfernt und die Suspension in 5 ml sterilem partikelfreien Trinkwasser
aufgefangen.
Die Bestimmung der Koloniezahl für P.aeruginosa wurde mit CN-Agar, 24h,
36°C durchgeführt. Bei L. pneumophila geschah dies mit BCYEα-Agar für 24h
bei 36°C, bei E. amnigenus mit NB für 24h bei 36°C.
Die Bestimmung der Gesamtzellzahl auf den Oberflächen wurde nach
Anfärbung mit Fluoreszenzfarbstoff DAPI mit dem Fluoreszenzmikroskop
vorgenommen.
Desinfektion und Werkstoffe
240
2.2.3 Statistische Versuchsplanung - Biofilmbildung
Die Versuche zum Einfluss des Werkstoffalters wurden auf der Basis der
statis¬tischen Versuchsplanung als Multifaktorenexperimente angelegt.
Folgende Faktoren wurden dabei einbezogen:
Werkstoffalter, Werkstofftyp, Werkstoffeigenschaften, Temperatur, Nährstoffgehalt des Wassers, Wasserhärte, Huminstoffgehalt und pH-Wert. Diese
Faktoren wurden in zwei unterschiedlich „extremen“ Bedingungen eingesetzt (s.
Tabelle 1).
Versuchsbedingungen waren: Wasseraustausch 1x pro Tag, Besiedlungszeit 7
Tage unter Einsatz der Werkstoffe PE-Xb und EPDM „mit Empfehlung“, d. h.
nach DVGW W 270 zugelassen
Folgende Parameter wurden eingestellt:
Biologisch verfügbarer Nährstoffgehalt: 6µg/L AOC (-) und 150 µg/L AOC (+),
Temperatur: 15 °C (-) und 40 °C (+),
Wasserhärte: 1,6 mmol Erdalkalien (-) und 3 mmol Erdalkalien (+),
Huminstoffgehalt: 0,1 mg/L DOC (-) und 12 mg/L DOC (+) und
Werkstoffalter: neu (-) und alt (+).
Tabelle 1:
Schema der Versuchsplanung
Versuch
1
2
3
4
5
6
7
8
Alterung
-
-
-
-
+
+
+
+
AOC
-
-
+
+
-
-
+
+
Temperatur
-
+
-
+
-
+
-
+
Härte
+
+
-
-
-
-
+
+
Huminstoffe
+
-
+
-
-
+
-
+
pH-Wert
+
-
-
+
+
-
-
+
Eisengehalt
-
+
+
-
+
-
-
+
Desinfektion und Werkstoffe
2.3
241
Auswahl der Praxisfälle
Es wurden Praxisfälle aus Hausinstallationen (Tabelle 2) in die Untersuchungen
einbezogen, bei denen es zu Beanstandungen der Trinkwasserqualität durch
Befunde von P. aeruginosa bzw. Legionellen kam. Dabei wurden im Vorfeld im
Rahmen von orientierenden Untersuchungen Legionellen in hygienisch
relevanten Konzentrationen (> 100 KBE/100 mL) und P. aeruginosa (positive
Befunde in 100 mL) nachgewiesen. Nach der jeweils durchgeführten
Bestandsaufnahme des Systems wurden die vom Betreiber durchgeführten
Maßnahmen analytisch begleitet. Eine technische Lösung der Legionellenproblematik durch Rückbau bzw. Optimierung der Hausinstallation entsprechend DVGW-Arbeitsblatt W 551 und W 553 war nur in der untersuchten
Kindertagesstätte sowie bei einem weiteren öffentlichen Gebäude möglich.
Daher wurde in den anderen Fällen auf verfahrenstechnische Maßnahmen
durch den Einsatz marktüblicher Desinfektionslösungen zurückgegriffen. Ziel
dieser Maßnahmen sollte eine Verringerung der Legionellenkonzentration in der
Wasserphase auf < 100 KBE/100 mL und bezogen auf den Parameter P.aeruginosa das Erreichen von 0 KBE/100 mL sein. Die Wirkung der jeweiligen
Maßnahmen wurde über ein Jahr hinweg geprüft. Dazu wurden sowohl Wasserals auch Oberflächenproben (Biofilm) entnommen. Die jeweiligen Bakterienspezies wurden mittels kultureller Methoden nach TrinkwV sowie mittels
Fluoreszenz- in-situ-Hybridisierung (FISH) untersucht.
Desinfektion und Werkstoffe
242
Tabelle 2:
Zusammenfassung der untersuchten Praxisfälle
Praxisfall
Installation
Maßnahmen
Kontamination mit L. pneumophila
Öffentliches
Rückbau der Warmwasserinstallation,
Gebäude
Warmwasser Versorgung nur noch mit Kaltwasser
Optimierung der Hausinstallation nach W
551/W553 und zusätzlich thermische
Kindertagesstätte Warmwasser Desinfektion
Kontinuierliche Chlordioxidzugabe im Kaltund Warmwasser entsprechend den
maximal zulässigen Konzentrationen nach
Sportstätte
Warmwasser TrinkwV
Kontinuierliche Chlorzugabe im Kaltwasser
entsprechend den maximal zulässigen
Schule 1
Warmwasser Konzentrationen nach TrinkwV
Kontinuierliche Chlorzugabe im Kaltwasser
entsprechend den maximal zulässigen
Schule 2
Warmwasser Konzentrationen nach TrinkwV
Kontamination mit P. aeruginosa
Diskontinuierliche Zugabe von
Wasserstoffperoxid, Chlorbleichlauge sowie
teilweise Erneuerung der Anlage,
Krankenhaus
Kaltwasser
Hitzesterilisation
3
Ergebnisse
3.1
Werkstoffe
Zur Charakterisierung der gealterten PE-Xb und EPDM Prüfstücke wurden
mehrere Untersuchungen durchgeführt.
Desinfektion und Werkstoffe
243
Messung der Hydrophobizität
Mittels Kontaktwinkelmessung mit einer Gasblase unter Wasser konnte an
einzelnen Proben nachgewiesen werden, dass die gealterten Kunststoffe
hydrophiler sind, als die neuen Materialien.
Der Kontaktwinkel von PE-X b betrug ca. 75° bei neu em Material und ca. 45°
bei altem PE-X b. Bei neuem EPDM betrug er ca. 85° und bei altem zwischen
45° und 60°.
Bild 2:
Kontaktwinkelmessung mit Gasblase unter Wasser an der zu
analysierenden Oberfläche
(http://www.kruss.de/theorie/messungen/kontaktwinkel/einfuehrung.html)
Wie sich zeigte, führten die gewählten Alterungsbedingungen mit dem
Desinfektionsmittel Chlordioxid zu einer stärkeren Änderung der Materialien als
mit Natriumhypochlorit unter denselben Bedingungen. Nach Aussage von Dr.
Vogt spielen Art und Konzentration des Desinfektionsmittels eine Rolle bei der
Oxidation und damit beim Verbrauch der Additive. Je höher die Konzentration
desto rascher erfolgt die Oxidation, gemäß folgender Reaktionsgleichung:
d[Additiv-oxidiert] / dt = - kox [Oxidationsmittel] [Additiv]
Oberflächenstruktur, OIT Test und FT-IR Mikroskopie
Mittels Binokular, Mikroskopie und AFM konnte gezeigt werden, dass es zu
strukturellen Veränderungen im Verlauf der Alterung kommt. Der OIT-Test wies
auf eine oberflächennahe chemische Veränderung hin. Dies konnte auch
mittels FTIR-Mikroskopie am Beispiel des Werkstoffes PE-Xb nachgewiesen
werden. Wie in den nachfolgenden mikroskopischen Aufnahmen bzw. den 3D
244
Desinfektion und Werkstoffe
Graphiken dargestellt, kommt es zu strukturellen und chemischen
Veränderungen, hier aufgezeigt am Beispiel des PE-Xb im Verlauf der Alterung.
Bei neuem PE-Xb ist die Oberfläche glatt und der Werkstoff homogen wie im
rechten kleinen Bild zu erkennen (Bild 3). Auf den rechts gezeigten Bildern
wurde Falschfarbentechnik verwendet. Die durchgehend violette Farbe zeigt
einen materialtechnisch chemisch homogenen Werkstoff an. Eine Veränderung
der Farbe, wie dies in Bild 3 bis Bild 5 zu sehen ist, weist auf chemische
Änderung hin. Bild 6 zeigt einen Mikrotomschnitt des EPDM-Materials.
Desinfektion und Werkstoffe
245
Bild 3:
FT-IR mikroskop. Analyse eines neuen PEX-b Prüfkörpers
Bild 4:
FT-IR mikroskop. Analyse mittelalter PEX-b Prüfkörper
Bild 5:
FT-IR mikroskopische Analyse eines alten PEX-b Prüfkörpers
Desinfektion und Werkstoffe
246
Beim Schnitt durch den Werkstoff, hier am Beispiel des EPDM, ist dann auch
die Rauheit der Oberfläche erkennbar
Bild 6:
3.2
Mikrotomschnitt an EPDM
Faktoren mit Einfluss auf Biofilmbildung
Die Ausbildung von Biofilmen ist von mehreren Faktoren beeinflusst (s. Bild 7).
Dazu gehören die Temperatur und der Nährstoffgehalt des Wassers. Potentiell
gehören auch die Wasserhärte und der Huminstoffgehalt, der pH-Wert bzw.
Eisengehalt dazu. Unbekannt ist der Einfluss des Werkstoffalters. Untersucht
wurden Effekte einzelner Faktoren wie auch aller wichtigen Faktoren
zusammen in einem Multifaktorenansatz.
Bild 7:
Faktoren, die die Bildung von Biofilmen beeinflussen
Desinfektion und Werkstoffe
247
Dazu wurden Versuchsansätze erstellt, welche diese Faktoren kombinieren.
Simuliert wird damit Trinkwasser, wie es in den unterschiedlichsten Variationen
vorkommen kann, aber immer im Rahmen der Trinkwasserverordnung als nicht
zu beanstanden gilt.
3.3
Biofilmbildung auf unterschiedlichen Werkstoffen
Die Primäradhäsion und Biofilmbildung wurde auf folgenden Werkstoffen
untersucht: Edelstahl, Kupfer, PE-Xb, EPDM „ohne Empfehlung“, EPDM „mit
Empfehlung" und PE-Xc im Kontakt mit fließendem Trinkwasser. Die Werkstoffe
wurden als flache Materialstücke (2,5 cm x 7 cm) exponiert (siehe 3.2.1). Nach
einer Expositionszeit von 4, 8, 12 und 16 Wochen wurden jeweils 5 Prüfkörper
entnommen und hinsichtlich Gesamtzellzahl, ATP-Gehalt und nach 12 Wochen
auch einmalig hinsichtlich der Gesamtkoloniezahl untersucht.
Die Untersuchungen führten zu folgenden Ergebnissen (Bild 8 und 9):
Die Kupferoberflächen wurden am wenigsten besiedelt.
EPDM-Materialien wurden am stärksten besiedelt, EPDM ohne Empfehlung
noch deutlich stärker als mit Empfehlung.
Bei den Metall- und den EPDM-Materialien fielen die Bakterienkonzentrationen zwischen der vierten und achten Woche ab und nahmen dann
wieder innerhalb der nächsten 8 Wochen zu.
Die PE-X-Materialien hatten ihre größte Besiedlungsdichte nach 8 Wochen
erreicht (Ausnahme PE-Xb-Prüfkörper).
Der ATP-Gehalt auf den Oberflächen spiegelte die Ergebnisse der Gesamtzellzahl¬bestimmung auf den Prüfkörpern wieder.
Die auf den Oberflächen bestimmten ATP-Gehalte waren von der
Größenordnung vergleichbar mit den bei der KIWA bestimmten.
Desinfektion und Werkstoffe
248
Die Kultivierbarkeit auf den Metalloberflächen liegt unter 1 %, die der
Kunststoffoberflächen über 1% (Ausnahme PE-X-Rohr) und die auf dem
EPDM-Material ohne Empfehlung sogar über 10% (Bild 8).
1,0E+08
EPDM ohne W 270
EPDM mit W 270
PEX-B-Coupon
Gesamtzellzahl [Bakterien/cm²]
1,0E+07
PEX-C-Coupon
1,0E+06
Edelstahl
PEX-C-Rohr
1,0E+05
Kupfer
1,0E+04
1,0E+03
1,0E+02
1,0E+01
1,0E+00
0
4
8
12
16
Zeit [Wochen]
Bild 8:
Besiedlung (Gesamtzellzahl) verschiedener Werkstoffe entsprechend der Prüfung nach DVGW Arbeitsblatt W 270
Anteil kultivierbarer Bakterien (%)
100
10
1
0
Ed elstahl
K upfe r
PE X-B
EP DM ohne W
2 70
E PD M m it W
270
P EX -C-R ohr
P E X-CCou pon
M aterial
Bild 9:
Prozentualer Anteil der kultivierbaren Biofilmbakterien in
Abhängigkeit vom Werkstoff
Desinfektion und Werkstoffe
249
Hier ist anzumerken, dass ein hoher Prozentsatz kultivierbarer Zellen auf eine
gute Nährstoff-Versorgung hindeutet. Beim EPDM „ohne Empfehlung“ dürfte
dies in besonderer Weise der Fall sein, weil dieses Material biologisch
abbaubare Stoffe abgibt und dadurch das Biofilm-Wachstum unterstützt.
3.4
Primäradhäsion hygienisch relevanter Bakterienspezies
Um die Fragestellung zu beantworten, ob es zu einer Primärbesiedlung durch
pathogene Organismen auf unbesiedelten Werkstoffoberflächen kommt,
wurden Bakterien der Arten Pseudomonas aeruginosa, Legionella pneumophila
und Enterobacter amnigenus eingesetzt. Bei den Aufwuchsmaterialien handelte
es sich um neues und künstlich gealtertes EPDM (s. Material und Methoden)
„mit Empfehlung“ und neues und künstlich gealtertes PE-Xb. Für den
Primäradhäsionsversuch wurden die Bakterien angezüchtet, dann bei 20°C für
20-24 Stunden ausgehungert. Die Experimente wurden in Becherglasreaktoren
durchgeführt. Die Ausgangs¬konzen¬tration der Bakterien betrug jeweils
107 Zellen/ml. Es wurden jeweils drei Prüfkörper pro Material entnommen und
Gesamtzellzahl und der Koloniezahl bestimmt.
Die Ergebnisse zeigten, dass es auch ohne Trinkwasserbegleitflora zu einer
Besiedlung der Werkstoffe durch Reinkulturen der einzelnen Bakterien-Spezies
kam; die Begleitflora ist also nicht essentiell für die Besiedlung. Die neuen
Werkstoffe scheinen tendenziell stärker besiedelt zu werden als die gealterten.
Deutlich war, dass der prozentuale Anteil kultivierbarer Bakterien auf den neuen
Materialien höher ist als auf den gealterten. Dies deutet auf eine anfängliche
Abgabe biologisch verwertbarer Stoffe hin.
3.4.1 Einfluss der Temperatur auf die Primäradhäsion hygienisch
relevanter Bakterien
Die Primäradhäsion von Reinkulturen der Bakterienstämme Pseudomonas
aeruginosa AdS, Legionella pneumophila AdS und Enterobacter amnigenus
Klon A wurde bei 12°C, 20°C und 36°C untersucht. Es zeigte sich ein geringer
und auch speziesabhängiger Temperatureinfluss, der sich im Bereich einer
Log-Stufe abspielte (Bild 10). Bei geringem Nahrungsangebot war die
Ausbildung von Biofilmen (Primäradhäsion) nicht temperaturabhängig, jedoch
war die Kultivierbarkeit von Pseudomonas aeruginosa und Enterobacter
Desinfektion und Werkstoffe
250
amnigenus deutlich betroffen. Je niedriger die Temperatur desto geringer ist der
Anteil kultivierbarer Organismen. Dies heißt natürlich nicht, dass diese
Organismen tot sind oder nicht trotzdem in situ wachsen können – es dürfte nur
ein größerer Anteil von ihnen in einen nicht-kultivierbaren Zustand übergegangen sein.
Die Ergebnisse zeigten deutlich, dass der Werkstoff und die Wassertemperatur
einen Einfluss auf die Biofilmbildung hatten. Bei höherer Temperatur findet die
Biofilmbildung schneller statt als bei niedrigerer Temperatur, was allerdings
wenig überraschend ist.
P. aeruginosa
1,00E+07
L. pneumophila
n=4
E. amnigenus
Gesamtzellzahl (Bakterien/cm²)
1,00E+06
1,00E+05
1,00E+04
1,00E+03
1,00E+02
1,00E+01
1,00E+00
12°C
20°C
36°C
Temperatur
Bild 10:
Primäradhäsion von Pseudomonas aeruginosa, Legionella
pneumophila und Enterobacter amnigenus Klon A bei 3
Temperaturen
3.5
Einfluss der Alterung von Werkstoffen auf Biofilmbildung
Das Ausmaß der Biofilmbildung ist von mehreren Faktoren abhängig. Bekannt
ist, dass Umgebungsfaktoren einen Einfluss auf das Ausmaß der Primäradhäsion und der Biofilmbildung von Bakterien haben. Dazu gehört der Nährstoffgehalt des Wassers wie auch die Abgabe von Nährstoffen aus den Werkstoffen.
Desinfektion und Werkstoffe
251
Exemplarisch ist der Effekt des Werkstoffalters und der Temperatur in Bild 11
aufgezeigt. Die Besiedlungsdichte betrug ca. 2,5 x 107 Bakterien/cm2 bei neuem
PE-Xb bei 36°C. Bei altem PE-Xb und 36°C betrug die se weniger als 106
Bakterien/cm2.
Frisches und gealtertes PE-Xb und EPDM wurde auf die Biofilmbildung
während der ersten sieben Tage untersucht. (Bild 12). Durch Anwendung eines
statistischen Versuchsansatzes (Multifaktorenversuche) war es möglich, zu
erfassen, ob einer oder mehrere der Faktoren einen eindeutigen Einfluss auf
die Biofilmbildung haben.
Besiedlungsdichte
2.5E+07
2.0E+07
1.5E+07
-1
1.0E+07
0
5.0E+06
"Temperatur"
[ 36°C --> 15°C]
0.0E+00
1
Bild 11:
0
"Alter"
[neu -> alt]
1
-1
Einfluss des Werkstoffalters und der Temperatur auf die
Besiedlung nach Bearbeitung der Ergebnisse mit einem
statistischen Auswerteprogramm (Multifaktorenauswertung)
Desinfektion und Werkstoffe
252
EPDM
neu, 37°C
3,81E+07
neu, 8°C
6,07E+05
2,63E+07
7,43E+04
alt, 37°C
6,36E+06
alt, 8°C
6,65E+04
6,82E+06
2,77E+04
PEX-b
Bild 12:
Mikroskopisches Bild der bakteriellen Besiedlung von neuem
und altem EPDM und PE-Xb.
Die Ergebnisse lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:
Der zur Verfügung stehende biologisch verfügbare Nährstoffgehalt stellt den
wesentlichen Faktor bei der Besiedlung der Werkstoffe dar.
Die Biofilmbildung ist von der Temperatur, dem biologisch verfügbaren
Nährstoffgehalt des Wassers und dem Werkstoffalter stark, jedoch nur
gering von Wasserhärte und Huminstoffgehalt abhängig.
Die durchführten Untersuchungen mittels Multifaktorenansatz zeigten
deutlich auf, dass die Alterung von PE-Xb und EPDM, die exemplarisch für
viele Kunststoff¬materialien gewertet werden kann, einen Einfluss auf die
Biofilmbildung hat. Damit sind Untersuchungen zur Biofilmbildung mit
unterschiedlich altem Werkstoff nicht unbedingt vergleichbar.
Die gealterten Werkstoffe stellen den Mikroorganismen weniger biologisch
verfügbare Stoffe als neue Werkstoffe zur Verfügung. Daraus ergibt sich
auch bei weniger Biofilm ein geringer Einsatz von Desinfektionsmittel.
Desinfektion und Werkstoffe
253
Wenn der Werkstoff wenig Nahrungsstoffe zur Verfügung stellt, kommt der
Nährstoffgehalt des Wassers weit mehr zum Tragen.
Die Temperatur hat dann einen Einfluss auf die Biofilmbildung, wenn
Nährstoffe entweder aus dem Wasser oder dem Werkstoff zur Verfügung
stehen. Eine höhere Temperatur führt dann zu einer stärkeren Besiedlung.
Die Wahl des Werkstoffes wirkt sich bei Wässern mit niedrigem Nährstoffgehalt stärker aus als bei einem Wasser mit hohem Nährstoffgehalt.
Veränderungen des Werkstoffs aufgrund thermo-oxidativer Behandlung
wirken sich tendenziell in Abhängigkeit von dem Ausmaß der Veränderung
(Alter) stark und zwar vermindernd auf die Biofilmbildung aus. Es verringert
sich deren Potenzial zur Biofilmbildung.
3.6
Ein indirektes hygienisches Risiko stellt die Rissbildung dar.
Praxisfälle
Das Auswahlverfahren bezüglich der hier untersuchten Praxisfälle beinhaltete
folgende Kriterien:
Dauerhaftes bzw. sporadisches Auftreten von P. aeruginosa oder
Legionella spp. im Kalt- und/oder im Warmwasser in hygienisch relevanten
Konzentrationen
Hausinstallationen, die von unterschiedlichen Nutzungsgruppen frequentiert
werden (z. B. sensible Personenkreise wie Kleinkinder, Kranke etc.)
Hausinstallationen mit unterschiedlichen Installationsmateralien (z. B.
Kupfer, Edelstahl, EPDM). Die Werkstoffe, die in den untersuchten
Leitungen vorhanden waren, sind in Tabelle 3 aufgeführt.
Absicht von Sanierungs- bzw. Minimierungsmaßnahmen aus den Bereichen
a.
bauliche/technische Maßnahmen
b.
kontinuierliche
bzw.
diskontinuierliche
physikalische Desinfektionsmaßnahmen
chemische
bzw.
Desinfektion und Werkstoffe
254
Tabelle 3:
Folgende Werkstoffe waren in den Leitungen verarbeitet
Praxisfall
Installation
Kontamination mit L. pneumophila
Öffentliches
Warmwasser
Gebäude
Kindertagesstätte Warmwasser
Material
Maßnahmen
Kupfer,
Edelstahl
Kupfer
Sportstätte
Warmwasser
Kupfer
Schule 1
Warmwasser
Kupfer
Schule 2
Warmwasser
Kupfer
Rückbau der Warmwasserinstallation,
Versorgung nur noch mit Kaltwasser
Optimierung der Hausinstallation nach W
551/W553 und zusätzlich thermische
Desinfektion
Kontinuierliche Chlordioxidzugabe im Kaltund Warmwasser entsprechend den
maximal zulässigen Konzentrationen nach
TrinkwV
Kontinuierliche Chlorzugabe im Kaltwasser
entsprechend den maximal zulässigen
Konzentrationen nach TrinkwV
Kontinuierliche Chlorzugabe im Kaltwasser
entsprechend den maximal zulässigen
Konzentrationen nach TrinkwV
Kontamination mit P. aeruginosa
Krankenhaus
Kaltwasser
Kupfer,
Edelstahl,
EPDM
Diskontinuierliche Zugabe von
Wasserstoffperoxid, Chlorbleichlauge sowie
teilweise Erneuerung der Anlage,
Hitzesterilisation
In Tabelle 4 und 5 sind die verwendeten biologischen und chemischen
Methoden aufgeführt:
Tabelle 4:
Verwendete mikrobiologische
Untersuchungsmethoden
bzw.
molekularbiologische
Parameter
Methodik/Verfahren
Gesamtzellzahl
epifluoreszenzmikroskopisch mittels 4`6-Diamidin-2phenylindol (Endkonz. 5 µg/ml in 0,4 % Formaldehyd)
TrinkwV a.F. (1990)
Koloniezahl 20°C, 36°C
Pseudomonas aeruginosa
kulturell: DIN EN 16266 (2008)
mittels FISH: Psae 16S-182 (Wellinghausen et al., 2005)
Legionella spp.
kulturell: DIN EN ISO 11731 (1998)
mittels FISH: LEGPNE1 (Grimm et al., 1998)
Desinfektion und Werkstoffe
Tabelle 5:
255
Verwendete chemische Untersuchungsmethoden
Parameter
Methodik/Verfahren
Freies Chlor
DIN EN ISO 7393-2 (2000)
Chlordioxid
DIN EN ISO 7393-2 (2000)
Chlorit
DIN EN ISO 10304-4 (1999)
Öffentliches Gebäude
In dem hier untersuchten Praxisfall handelte es sich um ein mehrstöckiges
Hochhausgebäude mit zentraler Warmwasserversorgung, bei dem seit einigen
Jahren erhöhte Befunde an Legionellen im Warmwasser auftraten. Zu Beginn
der Begleitung durch IWW war bereits die Entscheidung des Betreibers
getroffen worden, die Warmwasserinstallation fast vollständig rückzubauen und
in den meisten Geschossen des Bürogebäudes nur noch Kaltwasser
anzubieten. Im Rahmen der Begleitung erfolgte ein Jahr lang zweimal die
Beprobung des Wassersystems sowie ausgewählter Trinkwasserrohre. Bei den
in jedem Probenahmezyklus entnommenen neun Wasserproben wurde der
Legionellennachweis mittels kultureller Methode nach Trinkwasserverordnung
sowie zusätzlich mittels der molekularbiologischen Methode FISH durchgeführt
(Tabelle 6).
Desinfektion und Werkstoffe
256
Tabelle 6:
Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse in den
Wasserproben im September 2008
Probenahmestellen
A
ehemaliger
Warmwasserauslass
Handwaschbecken
UG
B
ehemaliger
Warmwasserauslass
Handwaschbecken
19. OG
C
ehemaliger
Warmwasserauslass
Handwaschbecken
19. OG
D
ehemaliger
Warmwasserauslass
Handwaschbecken
16. OG
E
ehemaliger
Warmwasserauslass
Handwaschbecken
13. OG
F
ehemaliger
Warmwasserauslass
Handwaschbecken
10. OG
G
ehemaliger
Warmwasserauslass
Handwaschbecken
9. OG
H
ehemaliger
Warmwasserauslass
Handwaschbecken
6. OG
I
ehemaliger
Warmwasserauslass
Handwaschbecken
3. OG
Analysen
Koloniezahl 20°C nach TVO
Koloniezahl 36°C nach TVO
P. aeruginosa nach DIN
Legionella spec. nach UBA-Empf.
Legionella spec. + L. pneumophila FISH
Gesamtzellzahl
Koloniezahl 20°C nach TVO
Koloniezahl 36°C nach TVO
P. aeruginosa nach DIN
Legionella spec. nach UBA-Empf.
Legionella spec. + L. pneumophila FISH
Gesamtzellzahl
Koloniezahl 20°C nach TVO
Koloniezahl 36°C nach TVO
P. aeruginosa nach DIN
Legionella spec. nach UBA-Empf.
Legionella spec. + L. pneumophila FISH
Gesamtzellzahl
Koloniezahl 20°C nach TVO
Koloniezahl 36°C nach TVO
P. aeruginosa nach DIN
Legionella spec. nach UBA-Empf.
Legionella spec. + L. pneumophila FISH
Gesamtzellzahl
Koloniezahl 20°C nach TVO
Koloniezahl 36°C nach TVO
P. aeruginosa nach DIN
Legionella spec. nach UBA-Empf.
Legionella spec. + L. pneumophila FISH
Gesamtzellzahl
Koloniezahl 20°C nach TVO
Koloniezahl 36°C nach TVO
P. aeruginosa nach DIN
Legionella spec. nach UBA-Empf.
Legionella spec. + L. pneumophila FISH
Gesamtzellzahl
Koloniezahl 20°C nach TVO
Koloniezahl 36°C nach TVO
P. aeruginosa nach DIN
Legionella spec. nach UBA-Empf.
Legionella spec. + L. pneumophila FISH
Gesamtzellzahl
Koloniezahl 20°C nach TVO
Koloniezahl 36°C nach TVO
P. aeruginosa nach DIN
Legionella spec. nach UBA-Empf.
Legionella spec. + L. pneumophila FISH
Gesamtzellzahl
Koloniezahl 20°C nach TVO
Koloniezahl 36°C nach TVO
P. aeruginosa nach DIN
Legionella spec. nach UBA-Empf.
Legionella spec. + L. pneumophila FISH
Ergebnis
0
0
0
<5
0
237000
0
0
0
100
5750
115000
0
0
0
10
0
249000
0
0
0
5
8000
160000
1
0
0
10
8200
164000
1
2
0
5
0
96000
0
0
0
5
0
147000
0
0
0
<5
6000
120000
2
0
0
<5
0
Einheit
KBE/ml
KBE/ml
KBE/100 mL
KBE/100 mL
Zellen/100 ml
Zellen/ml
KBE/ml
KBE/ml
KBE/100 mL
KBE/100 mL
Zellen/100 ml
Zellen/ml
KBE/ml
KBE/ml
KBE/100 mL
KBE/100 mL
Zellen/100 ml
Zellen/ml
KBE/ml
KBE/ml
KBE/100 mL
KBE/100 mL
Zellen/100 ml
Zellen/ml
KBE/ml
KBE/ml
KBE/100 mL
KBE/100 mL
Zellen/100 ml
Zellen/ml
KBE/ml
KBE/ml
KBE/100 mL
KBE/100 mL
Zellen/100 ml
Zellen/ml
KBE/ml
KBE/ml
KBE/100 mL
KBE/100 mL
Zellen/100 ml
Zellen/ml
KBE/ml
KBE/ml
KBE/100 mL
KBE/100 mL
Zellen/100 ml
Zellen/ml
KBE/ml
KBE/ml
KBE/100 mL
KBE/100 mL
Zellen/100 ml
Desinfektion und Werkstoffe
257
In acht von neun Fällen wurde an den Probenahmestellen nach den
Rückbaumaßnahmen mit der Kulturmethode keine Legionellen bzw. nur
einstellige Zahlen gefunden. Auffällig ist jedoch die in vier von neun Fällen
deutlich erhöhte Legionellenkonzentration, die mit FISH ermittelt wurde. Dies
weist daraufhin, dass sich im System immer noch Legionellen befinden, die
allerdings mit der kulturellen Nachweismethode nicht erfasst werden.
Praxisfall Kindertagesstätte
In dem hier untersuchten Praxisfall lagen seit mindestens zwei Jahren vor
Beginn der Sanierung deutlich erhöhte Legionellenkonzentrationen im bis zu
vierstelligen Bereich vor. Nach bereits mehrfach erfolgter thermischer
Desinfektion, die vorübergehend eine deutliche Verminderung der Legionellenkonzentrationen bewirkte, wurde im Jahr 2008 eine gesicherte Legionellose
einer Mitarbeiterin festgestellt, so dass kurzfristiger Handlungsbedarf bestand.
Im Vorfeld der daraufhin durchgeführten baulichen Sanierungen entsprechend
DVGW-Arbeitsblatt W 551 und W 553 erfolgte die Beprobung der Wasserphase
sowie eines ausgewählten Kupferrohres aus dem Rücklauf der Warmwasserinstallation. Während in den Wasserproben erhöhte vierstellige Legionellenkonzentrationen (> 5000 KBE/100 mL) nachweisbar waren, konnten auf den
Oberflächen der beprobten Kupferrohre keine Legionellen kulturell
nachgewiesen werden, obwohl Kontakt mit Legionellen-haltigem Warmwasser
bestand. Nach den erfolgten Umbaumaßnahmen, die unter anderem den
Rückbau einer Totstrecke, den Einbau eines dezentralen Warmwassermischers
sowie die Erhöhung der Warmwassertemperatur im Warmwasserbereiter auf
> 60°C bestand, erfolgte abschließend eine thermisc he Desinfektion des
gesamten Warmwassersystems. Die danach erfolgten Beprobungen des
Wassers über ein Jahr führten immer zu negativen oder nur einstelligen
Legionellenbefunden mittels kultureller Nachweisverfahren. Die zusätzlich
entnommenen Kupferrohre aus der Zirkulation, dem Mischwasser- und
Kaltwasserbereich wurden ebenfalls auf Legionellen untersucht. Legionellen
waren weder kulturell noch mit FISH mehr nachzuweisen.
Praxisfall Sportstätte
Die hier untersuchte Sportstätte hatte im Vorfeld bereits seit mehreren Jahren
Probleme mit erhöhten Legionellenkonzentrationen im Warmwasserbereich, die
Desinfektion und Werkstoffe
258
Werte bis zu 10.000 KBE/100 mL erreichten. Da bauliche Veränderungen kurzbis mittelfristig nicht möglich waren, erfolgte hier die kontinuierliche Zugabe von
Chlordioxid in das Kaltwasser direkt nach dem Wasserzähler. Es wurden dabei
über den gesamten Untersuchungszeitraum nur in einem Fall eine
Überschreitung des Grenzwertes für Chlordioxid von 0,2 mg/L nachgewiesen.
Im Rahmen der neun Probenahmezyklen wurden jedoch in 53 % der Fälle in
den untersuchten Proben kein Chlordioxid mehr nachgewiesen. In den
untersuchten Probenahmezyklen wurden in 40 % der Fälle keine Legionellen, in
25 % der Fälle ein- bis zweistellige Legionellenkonzentrationen, in 18 % der
Fälle dreistellige Konzentrationen (mittlere Kontamination) und in weiteren 17 %
vierstellige Konzentrationen (hohe Kontamination) detektiert. Drei- und vierstellige Legionellenkonzentrationen wurden mit einer Ausnahme nur in den
Proben nachgewiesen, bei denen die Chlordioxidkonzentration unter der
Nachweisgrenze des Verfahrens war. Zum Nachweis des durch Chlordioxidbehandlung möglicherweise entstehenden Chlorites wurde an zwei Probenahmetagen ebenfalls dieser Parameter bestimmt. Dabei wurde in einem Fall
ein Wert ermittelt, der mit 0,54 mg/L über dem Grenzwert der
Trinkwasserverordnung lag. Am Beispiel der Probenahmestelle „Zirkulationsrücklauf“ (Bild 13) sind die Ergebnisse der Legionellen- und Chlordioxidbestimmung zusammengefasst.
0,30
0,25
Chlordioxid (mg/L)
0,20
0,15
0,10
0,05
0,00
0
500
1000
1500
2000
2500
3000
3500
4000
4500
5000
Legionella pneumophila (KBE/100 mL)
Bild 13:
Legionellenkonzentration (kulturell bestimmt) in Abhängigkeit
der gemessenen Chlordioxidkonzentration
Desinfektion und Werkstoffe
259
Auf der Kupferoberfläche ließ sich zum Zeitpunkt der Aufnahme der
Statussituation ein gut ausgebildeter Biofilm mit einer Bakterienkonzentration
um 107 Zellen/cm2 nachweisen. Nach ca. 7 Monaten Chlordioxidbehandlung
war eine deutliche Reduktion der Bakterienkonzentration auf den Oberflächen
auf 104 Zellen/cm2 feststellbar. Ein kultureller Nachweis von Legionellen auf
Kupferoberflächen erfolgte nur bei den ersten Probenahmen vor Beginn der
kontinuierlichen Desinfektion. Im Weiteren wurden keine Legionellen mehr
kultiviert, obwohl auch im Rücklauf teilweise erhöhte Legionellenkonzentrationen nachweisbar waren.
Praxisfall Schule 1
Trotz deutlich erhöhter Legionellenkonzentrationen im Warmwasser im bis zu
vierstelligen Bereich waren bauliche Veränderungen kurz- bis mittelfristig nicht
möglich. Daher erfolgte hier die kontinuierliche Zugabe von Chlor in Form von
handelsüblicher Chlorbleichlauge in das Kaltwasser direkt nach dem
Wasserzähler. Es wurden dabei maximale freie Chlorkonzentrationen von 0,15
mg/L gemessen. Nach Beginn der Chlorung wurden noch über einen
Versuchszeitraum von einem Jahr in 47 % der Proben Legionellen nachgewiesen. Dabei wurden in 15 % ein- bis zweistellige Legionellenkonzentrationen,
sowie in 37 % drei¬stellige Konzentrationen detektiert. Legionellenkonzentrationen im Bereich > 1000 KBE/100 mL waren nach der ersten
Probenahme bei keiner weiteren Probenahme mehr nachweisbar. Aufgrund der
nicht zufrieden stellenden Werte wurde die Wassertemperatur im
Warmwassersystem auf > 60°C erhöht. Daraufhin konnt en keine Legionellen
mehr nachgewiesen werden (Bild 14).
Desinfektion und Werkstoffe
260
80,0
70,0
Temperatur (°C)
60,0
50,0
40,0
30,0
20,0
10,0
0,0
0
1000
2000
3000
4000
5000
6000
7000
8000
Legionella pneumophila (KBE/100 mL)
Bild 14:
Legionellenkonzentration (kulturell bestimmt) in Abhängigkeit
von der Wassertemperatur
Die Untersuchungen auf den Oberflächen der Warmwasser-führenden
Kupferrohre zeigten, dass die Bakterienkonzentration im Biofilm unabhängig
von den durchgeführten Maßnahmen um 105 Zellen/cm2 lag. Eine deutliche
Veränderung der Bakterienkonzentration auf den Oberflächen wurde über den
gesamten Untersuchungszeitraum nicht festgestellt. Ein kultureller Nachweis
von Legionellen auf Kupferoberflächen war bei keiner der Probenahmen
möglich. Durch FISH konnte in einer von vier untersuchten Proben der
Nachweis von Legionellen erbracht werden. Dies könnte auf das Vorhandensein von Legionellen im VBNC-Stadium im Warmwassersystem hinweisen.
Eine nachhaltige und sichere Verringerung der Legionellenkonzentration auf
dauerhaft weniger als 100 KBE/100 mL wurde durch den Einsatz von Chlor als
Zudosierung im Kaltwasser in Konzentrationen von maximal 0,1 mg/L freiem
Chlor nicht erreicht. Allerdings führte eine erhöhte Wassertemperatur deutlich
über 60 °C zum Rückgang der Legionellenkonzentratio n auf Werte
< 100 KBE/100 mL. Dies wurde sowohl mittels der kulturellen Methode nach
Trinkwasserverordnung als auch mittels FISH nachgewiesen.
Desinfektion und Werkstoffe
261
Praxisfall Schule 2
Das Warmwassersystem der hier untersuchten Schule wies seit einigen Jahren
erhöhte
Legionellenkonzentrationen
im
vierstelligen
Bereich
auf
(> 1000 KBE/100 mL). Da bauliche Veränderungen kurz- bis mittelfristig nicht
möglich waren, erfolgte hier ebenfalls die kontinuierliche Zugabe von Chlor
durch Einsatz eines Diaphragma-Dialyse-Verfahrens in das Kaltwasser direkt
nach dem Wasserzähler. Zusätzlich erfolgte wöchentlich die erzwungene
Spülung von Endsträngen, um Stagnations¬bedingungen entgegen zu wirken.
Im Rahmen der Desinfektionsmittelmessung bei den Beprobungen wurden
dauerhaft freie Chlorkonzentrationen von 0,3 mg/L bis zu 0,6 mg/l freiem Chlor
gemessen. Nach Beginn der kontinuierlichen Desinfektion wurden im Rahmen
von zehn Probenahmen in 50 % der Fälle keine Legionellen, in 24 % der Fälle
ein- bis zweistellige Legionellenkonzentrationen, in 6 % der Fälle dreistellige
Konzentrationen (mittlere Kontamination) und in weiteren 20 % vier- bzw.
fünfstellige Konzentrationen (hohe bzw. extrem hohe Kontamination) detektiert.
Erhöhte Legionellenkonzentrationen (> 1000 KBE/100 mL) wurden auch in
Proben nachgewiesen, in denen freies Chlor bis zu einer Konzentration von
0,14 bzw. 0,41 mg/L nachweisbar war (Bild 15).
0,60
freies Chlor (mg/L)
0,50
0,40
0,30
0,20
0,10
0,00
0
2000
4000
6000
8000
10000
12000
Legionellenkonzentration (KBE/100 mL)
Bild 15:
Legionellenkonzentration (kulturell ermittelt) in Abhängigkeit
von der Konzentration an freiem Chlor
262
Desinfektion und Werkstoffe
Auf der Kupferoberfläche ließ sich zu Beginn der Versuchsreihe ein schwach
ausgebildeter Biofilm mit einer Bakterienkonzentration um 105 Zellen/cm2
nachweisen. Auch nach Aufnahme der kontinuierlichen Desinfektion war keine
deutliche Veränderung der Bakterienkonzentration auf den Oberflächen
feststellbar. Wie bereits im Praxisfall Schule 1 beschrieben, konnten
Legionellen auf den untersuchten Kupferoberflächen kulturell nur bei der ersten
Probenahme vor Beginn der Desinfektion nachgewiesen werden. Später war
der kulturelle Nachweis negativ, obwohl auch im Rücklauf teilweise erhöhte
Legionellenkonzentrationen gefunden wurden. Auch mit FISH wurden keine
Legionellen nachgewiesen. Eine nachhaltige und sichere Reduktion der
Legionellenkonzentration auf weniger als 100 KBE/100 mL wurde nicht erreicht,
obwohl Chlorkonzentrationen oberhalb des in der TrinkwV vorgesehenen
Grenzwertes von 0,3 mg/L freiem Chlor zur Anwendung kamen.
Praxisfall Krankenhaus
Bei diesem Praxisfall wurde in einem Krankenhaus ein positiver Befund an
Pseudomonas aeruginosa nach einer Druckerhöhungsanlage (DEA) festgestellt. Dabei wurde im Netzstrang, welcher mit dem Trinkwasser aus der
Druckerhöhungsanlage gespeist wurde, im Rahmen einer Routineuntersuchung
ein P. aeruginosa-Befall festgestellt. Durch Untersuchungen von Wasserproben
aus dem betroffenen Netzstrang sowie des Zu- und Ablaufs der Druckerhöhung
wurde die DEA als Quelle der P. aeruginosa-Kontamination lokalisiert. Zur
näheren Lokalisation der Kontamination wurde die DEA demontiert und die
Oberflächen der Wasser berührenden Bauteile beprobt.
Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass es in allen Teilen der DEA zu einer
Biofilmbildung kam. Auf den Edelstahlteilen der Pumpen und der Verrohrung
war dieser Oberflächenbelag aber nur sehr gering ausgeprägt. Eine bedenklich
hohe Biofilmbildung fand nur auf den Bauteilen statt, die nicht aus Edelstahl bestehen (Membranausgleichsblase, Gleitringdichtungen, Kompensator-Gummimuffen). In verschiedenen Teilen der DEA sowie in den Pumpen wurde
P. aeruginosa in den Belagsproben kulturell und mit FISH nachgewiesen.
Aufgrund der Befundlage wurde eine neue DEA in das Trinkwassersystem
eingebaut. In Bild 16 ist das weitere Vorgehen zusammengefasst.
Desinfektion und Werkstoffe
263
Einbau einer werksneuen Druckerhöhungsanlage:
1. Desinfektion vor Inbetriebnahme mit H2O2
2. Rückbau und Sterilisation der Anlage und Wiederinbetriebnahme
3. Hintereinander geschaltete Desinfektion mit H2O2 und Chlorbleichlauge
Analytik
Matrix:
Methode:
P. aeruginosa
positiv
Analytik
Matrix:
Methode:
Wasserproben
kulturelles Nachweisverfahren (DIN EN ISO 16266)
Wasser- und Belagsproben
kulturelles Nachweisverfahren (DIN EN ISO 16266 )
kultivierungsunabhängiges Nachweisverfahren (FISH)
Dauerhafter Betrieb der Anlage ohne weiteres Auftreten von P. aeruginosa
Bild 16:
Vorgehen bei der Sanierung der kontaminierten Druckerhöhungsanlage
Die DEA wurde mit 5%iger Wasserstoffperoxid-Lösung über Nacht desinfiziert.
Danach konnte P. aeruginosa allerdings immer noch kulturell nachgewiesen
werden. Nach einem Rückbau und anschließender Hitzesterilisation aller
thermisch belastbaren Anlagenteile sowie nach einer weiteren chemischen
Desinfektion mit 5 %iger Wasserstoffperoxid-Lösung über Nacht konnte
P. aeruginosa kulturell nicht mehr nachgewiesen werden, wurde aber mit FISH
immer noch in der Wasserphase gefunden. Daher erfolgte nachträglich eine
zweistufige Desinfektion, zuerst mit 5 %iger Wasserstoffperoxid-Lösung und
anschließend mit Chlorbleichlauge entsprechend den Vorgaben des VDI. Dies
führte dauerhaft zu einem hygienisch einwandfreien Betrieb der Anlage, was
sowohl durch kulturelle als auch durch molekularbiologische Methoden bestätigt
werden konnte.
Desinfektion und Werkstoffe
264
4
Literatur
Castagnetti, D., Dragoni, E., Mammono, G. Scirè, Nuccini, F. N., I., Sartori, V.
(2006). Effect of chlorinated water on the oxidative resistance and the
mechanical strength of polyethylene pipes. Conference proceedings: XIII Plastic
pipes, Washington
DVGW-Arbeitsblatt
W
270
(Ausgabe
2007-11).
Vermehrung
von
Mikroorganismen auf Werkstoffen für den Trinkwasserbereich – Prüfung und
Bewertung, DVGW, Bonn.
DVGW-Arbeitsblatt W 551. Trinkwassererwärmungs- und Trinkwasserleitungsanlagen; Technische Maßnahmen zur Verminderung des Legionellenwachstums; Planung, Errichtung, Betrieb und Sanierung von TrinkwasserInstallationen - Technische Regel Arbeitsblatt W 551, Deutscher Verein des
Gas- und Wasserfaches e. V. (DVGW), Bonn April 2004.
DVGW-Arbeitsblatt W 553. Bemessung von Zirkulationssystemen in zentralen
Trinkwassererwärmungsanlagen – Technische Regel Arbeitsblatt W 553,
Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW), Bonn Dezember
1998
Kilb, B., Lange, B., Schaule, G., Wingender, J., Flemming, H.-C. (2003).
Contamination of drinking water by coliforms from biofilms grown on rubbercoated valves. Int. J. Hyg. Envir. Health, 206, 563-573
Merkblatt für Installateure (2004): Trinkwasser-Installationen. Zentralverband
Sanitär, Heizung, Klima. www.wasserwaermeluft.de
Müller, H. E. (2007): Legionellen – Ein aktuelles Problem der Sanitärhygiene:
Infektion und Bekämpfung. 3. Auflage, Expert-Verlag
Wingender, J., Hambsch, B., Schneider, S. (2009): Mikrobiologisch-hygienische
Aspekte des Vorkommens von Pseudomonas aeruginosa im Trinkwasser.
Energie Wasser-Praxis 60 (3), 60 – 66
Desinfektion und Werkstoffe
265
,
Zusätzliche Literatur:
Merkblatt für Installateure (2004): Trinkwasser-Installationen. Zentralverband
Sanitär, Heizung, Klima. www.wasserwaermeluft.de
ASTM F2263 03 „Standard test method for evaluating the oxidative resistance
of polyethylene (PE) pipe to chlorinated water“: ASTM International, West
Conshohocken, PA (2008)
Pers. Mitt. Dr. Heinz Vogt, Basel Polyolefin GmbH (Lyondellbasell, Department
Physics and Characterization)
Einnistung von Pathogenen
266
Einnistung hygienisch relevanter Bakterien in Biofilme
aufgrund von Materialveränderungen
Miriam M. Moritz, Hans-Curt Flemming, Jost Wingender *
Universität Duisburg-Essen
Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit
Aquatische Mikrobiologie
Biofilm Centre
Universitätsstraße 5, 45141 Essen, Tel.: 0228-287-19487, Fax: 0228-287-19488
* Email: [email protected]
Zusammenfassung
Biofilme in Trinkwasser-Installationen können ein Reservoir für hygienisch
relevante Bakterien wie Pseudomonas aeruginosa und Legionella pneumophila
darstellen. Die Auswahl der in der Trinkwasser-Installation eingesetzten
Werkstoffe sowie ihre Beanspruchung durch Desinfektionsmaßnahmen
(„Alterung“) können möglicherweise die Einnistung hygienisch relevanter
Bakterien in Biofilme beeinflussen. In dieser Arbeit wurde die Einnistung von
P. aeruginosa und L. pneumophila in Trinkwasserbiofilme auf unbehandelten
und gealterten Werkstoffen der Trinkwasser-Installation untersucht. Es handelte
sich um Ethylen-Propylen-Dien-Monomer-Kautschuk (EPDM), silanvernetztes
Polyethylen (PE-Xb), strahlenvernetztes PE (PE-Xc) und Kupfer. Die Alterung
von EPDM, PE-Xb und PE-Xc bestand aus einer Behandlung mit
Natriumhypochlorit bzw. Chlordioxid oder im Fall des Kupfers aus der
Exposition in einem realen Trinkwasserverteilungssystem für mindestens 6
Monate. In Edelstahlreaktoren wurden Trinkwasserbiofilme auf Coupons dieser
Werkstoffe angezüchtet und nach 14 Tagen mit P. aeruginosa und
L. pneumophila (je 106 Zellen/mL) angeimpft. Nach Stagnation für 24 h wurden
die Reaktoren für 4 Wochen mit Trinkwasser durchströmt. Die Gesamtzellzahl
und Koloniezahl der Biofilme wurden bestimmt; die Zielorganismen wurden mit
kulturellen Standardverfahren sowie mit der kultivierungsunabhängigen
Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) quantifiziert.
Berichte aus dem IWW Rheinisch-Westfälisches Institut für Wasserforschung gemeinnützige GmbH
Band 54, Mülheim an der Ruhr, 2010, ISSN 0941 - 0961
Einnistung von Pathogenen
267
Nach 14 Tagen hatten sich Biofilme mit unterschiedlicher Zelldichte gebildet.
P. aeruginosa persistierte für bis zu 28 Tage in Biofilmen auf EPDM und PE-Xb
und c, konnte aber in Biofilmen auf Kupfer nicht nachgewiesen werden.
L. pneumophila kolonisierte Biofilme auf allen Materialien und wurde noch 28
Tage nach Animpfen detektiert. Mit der FISH-Methode wurden in vielen Fällen
höhere Konzentrationen von P. aeruginosa und L. pneumophila nachgewiesen
als mit kulturellen Verfahren. Die desinfektionsmittelbehandelten Materialien
zeigten in Bezug auf die Biofilmbildung und die Einnistung von P. aeruginosa
und L. pneumophila keine deutlichen Unterschiede zu den unbehandelten
Materialien.
Die Ergebnisse zeigen, dass sich P. aeruginosa und L. pneumophila in
Trinkwasserbiofilme auf Materialien der Trinkwasser-Installation einnisten und
dort persistieren können. Eine Alterung der Werkstoffe durch die chemische
Desinfektion (Behandlung mit Natriumhypochlorit oder Chlordioxid) oder
Trinkwasser-Exposition hat keinen wesentlichen Einfluss auf die Einnistung der
untersuchten hygienisch relevanten Bakterien. Ein Teil der Zielorganismen geht
im Biofilm in einen nicht kultivierbaren ("viable but non-culturable") Zustand
über, in dem sie mit kulturellen Standardmethoden nicht nachgewiesen werden,
aber dennoch vorhanden sind und von hygienischer Bedeutung sein können.
1
Einleitung
In öffentlichen Trinkwasserverteilungssystemen, aber auch in TrinkwasserInstallationen (Hausinstallationen) von Gebäuden sind nahezu alle mit Wasser
in Berührung kommenden Oberflächen mit Mikroorganismen in Form von
Biofilmen besiedelt. Trinkwasserbiofilme werden überwiegend von natürlich vorkommenden autochthonen Umweltbakterien gebildet, die keine gesundheitliche
Bedeutung für den Menschen haben. Praxisbeobachtungen und Laboruntersuchungen haben aber gezeigt, dass solche Biofilme unter Umständen ein
Reservoir für hygienisch relevante Mikroorganismen darstellen können
(Szewzyk et al., 2000; Keevil, 2002; Eboigbodin et al., 2008). Diese
Organismen sind in der Lage, sich in bestehende Trinkwasserbiofilme
einzunisten und dort über Wochen bis Monate zu persistieren. Zu einer
Kontamination des Trinkwassers kommt es dann, wenn hygienisch relevante
268
Einnistung von Pathogenen
Mikroorganismen durch Einwirkung von Scherkräften oder durch das aktive
Ablösen von Zellen aus dem Biofilm freigesetzt werden.
Zu fakultativ pathogenen Bakterien, die an biofilmassoziierten Kontaminationen
von Trinkwassersystemen beteiligt sein können, gehören unter anderem
P. aeruginosa und Legionellen, insbesondere die medizinisch bedeutsamste
Legionellen-Spezies L. pneumophila sowie einige Vertreter der coliformen
Bakterien (Flemming et al., 2002). In Wasser und Biofilmen öffentlicher
Trinkwasserverteilungsnetze wurde P. aeruginosa nur sporadisch nachgewiesen (Kilb et al., 2003; Lee and Kim, 2003; Wingender und Flemming, 2004;
Emtiazi et al., 2004; September et al., 2007); im Vergleich dazu treten in
Trinkwasser-Installationen von öffentlichen und privaten Gebäuden häufiger
Kontami¬nationen mit P. aeruginosa auf, sowohl systemisch als auch lokalisiert
im Bereich der Wasserauslässe (Wasserhähne, Duschen) (Hambsch et al.,
2004; Leoni et al., 2005; Wricke et al., 2007; Mena und Gerba, 2009;
Wingender et al., 2009). Die Kontamination kann sowohl in bestehenden
Trinkwasser-Installationen auftreten als auch in Installationen bei Neu- oder
Umbaumaßnahmen vor oder kurz nach der Inbetriebnahme dieser Anlagen
(Michel et al., 1995).
Kontaminationen mit L. pneumophila kommen ebenfalls mit erhöhter Häufigkeit
in Trinkwasser-Installationen vor und wurden dort in zahlreichen Untersuchungen in Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen, Hotels, Schulen und
öffentlichen Sporteinrichtungen sowie in privaten Wohngebäuden beschrieben
(Dennis et al., 1982; Leoni et al., 2005; Kusnetsov et al., 2003; Wricke et al.,
2007; Heudorf und Hentschel, 2008; Mathys et al., 2008; Bonadonna et al.,
2009). In Trinkwasser-Installationen tritt L. pneumophila bevorzugt in
Warmwassersystemen auf, welche für die Vermehrung von Legionellen
günstige Tem¬peraturen von 25 °C bis 45 °C aufweise n; mit geringerer
Häufigkeit wurden diese Bakterien aber auch im Kaltwasser nachgewiesen
(Dennis et al., 1982). Es wird davon ausgegangen, dass im Warmwasserbereich die Vermehrung von L. pneumophila überwiegend in Biofilmen
stattfindet. Die Persistenz von L. pneumo¬phila in Trinkwasserbiofilmen über
mehrere Wochen wurde aber auch bei niedrigeren Temperaturen von 5,0 °C bis
8,5 °C (Långmark et al., 2005) oder 15 °C bis 20 °C (Gião et al., 2009a, b;
Lehtola et al., 2007; Rogers et al., 1994a) beobachtet, ohne dass dabei eine
Vermehrung stattfand. Das Vorkommen von coliformen Bakterien, darunter
Einnistung von Pathogenen
269
auch fakultativ pathogene Spezies der Gattungen Enterobacter, Citrobacter und
Klebsiella, in Wasser und Biofilmen von öffentlichen Trinkwas¬serverteilungssystemen wurde beschrieben (LeChevallier et al., 1996; Zacheus et al., 2001;
Kilb et al., 2003; September et al., 2007; Korth et al., 2008), während ihr
Nachweis in Wasser aus Trinkwasser-Installationen von Gebäuden nur in
wenigen Untersuchungen berücksichtigt und berichtet wurde (Völker et al.,
2010). Mehrere Laboruntersuchungen zeigten, dass coliforme Bakterien sich
ebenfalls in bestehende Biofilme einnisten können; ein dauerhaftes Vorkommen
in Trinkwasserbiofilmen wurde jedoch in den meisten Fällen nicht
nachgewiesen (McMath et al., 1999; Szabo et al., 2006; Korth et al., 2008).
Das Überleben hygienisch relevanter Bakterien in Biofilmen wird dadurch
begünstigt, dass im Vergleich zu planktonischen Zellen die Organismen im
Biofilm eine deutlich er¬höhte Toleranz gegenüber Desinfektionsmitteln in
praxisrelevanten Konzentrationen aufweisen (Schulte et al., 2005). Biofilme
können somit ein geschütztes Habitat, ein potenzielles Reservoir und eine
Kontaminationsquelle von hygienisch relevanten Bakterien darstellen.
Im Vergleich zum öffentlichen Trinkwasserverteilungsnetz herrschen in der
Trinkwas¬ser-Installation besondere Bedingungen vor, wie z. B. erhöhte
Temperaturen, ein größeres Oberfläche-zu-Volumen-Verhältnis sowie verlängerte Stagnationszeiten. Diese Faktoren können das Biofilmwachstum
begünstigen. Vor allem das breite Spektrum an Werkstoffen, die in TrinkwasserInstallationen verbaut werden, birgt ein hohes Potential zu vermehrter
Biofilmbildung. Die Ergebnisse vieler Studien weisen darauf hin, dass einige
Materialien wie z.B. bestimmte Kunststoffe und Elastomere das Wachstum von
Biofilmen begünstigen (Ro¬gers et al., 1994b, Lehtola et al., 2004; van der
Kooij et al., 2005). Dies ist dann der Fall, wenn Werkstoffe mikrobiell
verwertbare Substanzen freisetzen, die als Nährstoffe für die Vermehrung von
Bakterien an der Grenzfläche des Materials zur Wasserphase dienen können.
Bisher wurden je¬doch hauptsächlich Werkstoffe der Trinkwasserverteilung, die
sich zum Teil von denjenigen in der Trinkwasser-Installation verwendeten
Werkstoffen unterscheiden, untersucht worden (Eboigbodin et al., 2009). Hinzu
kommt, dass die Beschaffenheit der Werkstoffe, ins¬besondere die von
Kunststoffen und Elastomeren, durch den Einsatz von chemischen
Desinfektions¬mitteln (z. B. Chlordioxid, Natriumhypochlorit) im Rahmen von
Sanierungsmaßnahmen verändert werden kann (Schaule et al., 2010, dieser
270
Einnistung von Pathogenen
Band). Welchen Einfluss diese Verände¬rungen der Oberflächen auf das
Biofilmwachstum und die Zusammensetzung der Biofilmpopulationen sowie auf
die Einnistung fakultativ pathogener Krankheitserreger in diese Biofilme haben,
ist bisher unklar.
Der Nachweis fakultativ pathogener Bakterien in Trinkwasser erfolgt üblicherweise mit kulturellen Verfahren. Bakterien können jedoch durch den Einfluss
äußerer Stressfaktoren wie z. B. niedrige Temperaturen, Nährstoffmangel oder
die Anwesenheit von Desinfektionsmitteln und toxischen Metallionen in einen
Zustand übergehen, in dem sie noch lebend, aber nicht mehr kultivierbar sind.
In diesem sogenannten „viable but non culturable“ (VBNC)-Zustand bilden die
Bakterien auf konventionellen Agar-Nährmedien keine Kolonien, sind aber
dennoch lebensfähig und weisen noch einen Erhaltungsstoffwechsel auf.
VBNC-Bakterien lassen sich mit einer Reihe von kultivierungsunabhängigen,
häufig biochemischen und molekularbiologischen Verfahren nachweisen. So
kann die molekularbiologische Methode der Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung
(FISH) zum kultivierungsunabhängigen Nachweis von Bakterienzellen genutzt
werden, die zumindest teilweise noch vital sind und ein gewisses Maß an
Stoffwechselaktivität aufweisen. Dabei erfolgt der Nachweis über fluoreszenzmarkierte Oligonucleotide („Gensonden“), die spezifisch an die ribosomale RNA
der Zielzelle binden; die markierten Zellen werden dann mit einem
Fluoreszenzmikroskop sichtbar gemacht. Bislang wurde ein möglicher
Übergang in den VBNC-Zu¬stand für über 60 Bakterienspezies beschrieben,
darunter auch für trinkwasserrelevante Organismen wie P. aeruginosa,
L. pneumophila und coliforme Bakterien (Oliver, 2005, 2010). Der VBNCZustand ist reversibel. Unter günstigen Umweltbedingungen können VBNCBakterien wieder kultivierbar werden und im Fall von Krankheitserregeren
potenziell infektiös werden, wie es z. B. für L. pneumophila bereits gezeigt
wurde (Steinert et al., 1997). Da bisherige Studien zum VBNC-Zustand in der
Regel an planktonischen Bakterien durchgeführt wurden, ist nicht klar, ob der
Übergang von Bakterien in den VBNC-Zustand auch im Biofilm möglich ist.
Amöben kommen verbreitet in Trinkwasserbiofilmen vor. Die Bedeutung von
Amöben für das Überleben und die Vermehrung von hygienisch relevanten
Bakterien ist besonders im Falle von L. pneumophila und anderen Legionellen
eingehend untersucht worden. Legionellen können durch intrazelluläre
Vermehrung in Amöben hohe Kon¬zentrationen erreichen und sind besonders
Einnistung von Pathogenen
271
in Amöben-Zysten extrem resistent gegen Desinfektionsmittel und Hitze (Loret
et al., 2005, 2008). Außerdem erhöht eine Passage von L. pneu¬mophila durch
Amöben die Virulenz und Invasivität der Bakterien gegenüber Säugerzellen.
Amöben bewirken außerdem eine Revitalisierung von Legionellen, die sich im
VBNC-Zustand befinden. Es wurde gezeigt, dass die Interaktion von
L. pneumophila mit Amöben wie Acanthamoeba polyphaga und Acanthamoeba
castellanii den Übergang der Bakterien von einem VBNC-Stadium in den
kultivierbaren Zustand bewirkt (Steinert et al., 1997; Hwang et al., 2006;
Dusserre et al., 2008). Wechselwirkungen zwischen P. aeruginosa und Amöben
sind weniger gut dokumentiert. Unter bestimmten Bedin¬gungen zeigt
P. aeruginosa amöbizide Wirkung (Wang and Ahearn, 1997; Abd et al., 2008),
aber auch eine Begünstigung des Amöbenwachstums durch P. aeruginosa ist
möglich (Cengiz et al., 2000).
2
Ziele des Vorhabens
Hauptziel war die Untersuchung der Ansiedlung und Persistenz hygie¬nisch
relevanter Bakterien in Trinkwasserbiofilmen auf Werkstoffen der TrinkwasserInstallation unter Laborbedingungen sowie die Abschätzung des möglichen
Einflus¬ses einer Alterung dieser Werkstoffe auf die Einnistung und Persistenz
hygienisch relevanter Bakterien in Trinkwasserbiofilmen. Der Nachweis der
Zielorganismen er¬folgte vergleichend mit kulturellen Verfahren sowie mit der
kultivierungsunabhängi¬gen Methode der FISH. Außerdem sollte untersucht
werden, ob es einen Übergang von P. aeruginosa in den VBNC-Zustand sowie
eine Revitalisierung dieser Bakterien in planktonischer Phase und im Biofilm
gibt. Auch sollte der Einfluss einer Werkstoff-Alterung auf die Zusammensetzung der Biofilm-Populationen ermittelt werden, wobei die Denaturierende
Gradientengelelektropho¬rese (DGGE) zur Populationsanalyse herangezogen
wurde. Schließlich sollte ein möglicher Zusammenhang zwischen der
Anwesenheit von Amöben und der Per¬sistenz hygienisch relevanter Bakterien
in Trinkwasserbiofilmen betrachtet werden.
Einnistung von Pathogenen
272
3
Material und Methoden
3.1
Teststämme
Beim Stamm P. aeruginosa AdS handelte es sich um ein Isolat aus dem
Wasser einer Selbst¬schlussarmatur von einer kontaminierten TrinkwasserInstallation in einer Schule. Die Identifizierung erfolgte mit dem API 20 NESystem (bioMérieux) und dem Biolog-System unter Verwendung von GN2Mikrotiterplatten (AES Chemunex). L. pneu¬mophila AdS mit der Serogruppe 1
wurde aus einem Biofilm in derselben Selbstschlussarmatur isoliert. Die
Identifizierung und Serotypisierung wurden mit einem kommerziellen LatexAgglutinationstest (Oxoid) durchgeführt. Die Bestätigung der Identität der
beiden Isolate erfolgte nach Isolierung der DNA aus Reinkulturen mit dem
DNeasy Blood & Tissue-Kit (Qiagen) durch eine 16S rDNA-Sequenzanalyse
(Seqlab). Enterobacter nimipressuralis 9827 Klon A wurde aus dem Sediment
im Hochbehäl¬ter eines Trinkwasserverteilungssystems isoliert und
freundlicherweise vom Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit in Bonn
(Prof. Exner) zur Verfügung gestellt.
3.2
Einnistung von hygienisch relevanten Bakterien in Trinkwasserbiofilme
3.2.1 Werkstoffe der Trinkwasser-Installation
Für die Untersuchungen wurden 4 verschiedene Werkstoffe der TrinkwasserInstallation verwendet (Tab. 1, siehe auch Benölken et al., 2010, und Schaule et
al., 2010, dieser Band) angezüchtet. Nach Angaben der Hersteller erfüllten die
Werkstoffe PE-Xb, PE-Xc und EPDM die chemischen Anforderungen der KTWEmpfehlungen (Anonym, 1985, 2008) und die mikrobiologischen Anforderungen
des Arbeitsblattes W 270 des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches
(Anonym, 2007). Das im Rahmen dieses Verbundprojekts von Benölken et al.
(2010, dieser Band) zusätzlich getestete EPDM ohne Empfehlung, das weder
den KTW-Empfehlungen noch den Empfehlungen des DVGW-Arbeitsblatts W
270 entsprach (EPDM ohne Empfehlung), wurde in der vorliegenden Arbeit
nicht verwendet. Die im Weiteren verwendete Bezeichnung EPDM bezieht sich
immer auf EPDM mit Empfehlung (Benölken et al., 2010, dieser Band). Die
Materialien wurden neu und künstlich gealtert verwendet. Die Alterung für
EPDM und PE-Xb und c bestand aus einer Exposition in 5 ppm
Einnistung von Pathogenen
273
Natriumhypochlorit (NaOCl) bei 3 bar und 40 °C für 2 Wochen bzw. in 3 ppm
Chlordioxid (ClO2) bei 4 bar und 40 °C für 4 Wochen (für weitergehende
Angaben siehe Schaule et al., 2010, dieser Band). Die Alterung des Kupfers
bestand aus einer Exposition von Coupons in einem ungechlorten
Trinkwassersystem eines Grundwasserwerks für mindestens 6 Monate
(Wingender et al., 2002).
Tabelle 1:
Übersicht der neuen und gealterten Werkstoffe zur Anzucht
von Trinkwasserbiofilmen
Werkstoff
Neu
Alterung durch
NaOCl
ClO2
Exposition in
Trinkwasser ≥ 6
Monate
EPDM (Ethylen-Propylen-
+
+
+
-
+
+
+
-
+
+
-
-
+
-
-
+
Dien-Kautschuk)
PE-Xb (Silanvernetztes
Polyethylen)
PE-Xc
(Elektronenstrahlvernetztes
Polyethylen)
Kupfer
3.2.2 Anzucht von Trinkwasserbiofilmen
Trinkwasserbiofilme wurden auf Coupons (26 mm x 76 mm) der verschiedenen
Werkstoffe angezüchtet. Die Cou¬pons wurden vorher für 10 min mit 70 % (v/v)
Ethanol behandelt, mit sterilem, deionisiertem Wasser gespült und 24 h an der
Luft getrocknet. Die Anzucht der Bio¬filme erfolgte in einem 200-L
Edelstahltank, der an die Kaltwasserleitung eines La¬bors am IWW Zentrum
Wasser (Mülheim an der Ruhr) angeschlossen war und kontinuierlich mit
Trinkwasser des Ruhrwasserwerks Styrum-Ost/Styrum-West (RheinischWestfälische Wasserwerksgesellschaft) mit einem Durch¬fluss von 20 L/h
274
Einnistung von Pathogenen
durchströmt wurde. Dabei kam es zu einem kompletten Austausch des
Wasservolumens innerhalb von 10 h. Die Konzentration des assimilierbaren
organischen Kohlenstoffs (AOC) im Trinkwasser betrug ca. 6 µg C/L.
Alternativ dazu wurden Trinkwasserbiofilme in 100-mL Edelstahlkleinreaktoren
angezüchtet, die an dieselbe Trinkwasserleitung angeschlossen waren und mit
ei¬nem Durchfluss von 3 L/h betrieben wurden. Das Wasservolumen in einem
Kleinre¬aktor tauschte sich innerhalb von 100 s aus. Für den Anschluss von
Edelstahltank und Kleinreaktoren an die Trinkwasserleitung wurden autoklavierte Tygon®-Schläuche verwendet.
3.2.3 Vorbereitung der Teststämme
Vorkulturen von P. aeruginosa oder E. nimipressuralis wurden auf Nähragar
(Merck) angelegt und für 24 h bei 36 °C bebrütet. V orkulturen von
L. pneumophila wurden auf BCYEα-Agar (Oxoid) angelegt und 72 h bei 36 °C
bebrütet. Flüssigkulturen der Test¬bakterien wurden in LB-Medium (LenoxBouillon; 10 g/L Trypton, 5 g/L NaCl, 5 g/L He¬feextrakt, pH 7,0) für
P. aeruginosa und E. nimipressuralis und in Hefeextrakt-Bouil¬lon (10 g/L
Hefeextrakt, 0,40 g/L L-Cysteinhydrochlorid-Monohydrat, 0,25 g/L Ei¬sen(III)pyrophosphat, pH 6,9; Ristroph et al., 1980) für L. pneumophila angelegt. Die
Bebrütung erfolgte in 20 mL Nährmedium in 100-mL Erlenmeyerkolben im
Schüttelwasserbad bei Raumtemperatur (ca. 23 °C) fü r P. aeruginosa und
E. nimipressuralis bzw. 36 °C für L. pneumophila und 180 rpm für 24 h. Die
Bakterien wurden durch Zentrifugation (15 min, 1912 x g, 10 °C) der Kulturen
geerntet, zweimal in sterilfitriertem Trinkwasser gewaschen und dann als
Standkultur mit einer Zell¬dichte von 3 x 106 Zellen/mL für 24 h bei 20°C für
P. aeruginosa und E. nimipressuralis bzw. 30°C für L. pneumophila in
sterilfiltriertem Trinkwasser inkubiert. Um Biofilme mit einem Gemisch aller drei
Organismen gleichzeitig anzuimpfen, wurden die Bakteri¬ensuspensionen nach
der Inkubation so gemischt, dass sich ein Inokulum mit einer jeweiligen
Konzentration von 106 Zellen/mL für P. aeruginosa, L. pneumophila und
E. nimipressuralis ergab.
Einnistung von Pathogenen
275
3.2.4 Animpfen der Trinkwasserbiofilme
Das Animpfen von 14 Tage alten Trinkwasserbiofilmen erfolgte in vom
Durchfluss abgetrennten und verschlossenen 100-mL Edelstahlkleinreaktoren.
100 mL des Inokulums wurden in die Reaktoren gegeben. Nach einer
statischen Inkubation bei Raumtemperatur für 24 h wur¬den die Reaktoren
wieder an eine Trinkwasserleitung angeschlossen und für 4 Wo¬chen
kontinuierlich mit Trinkwasser durchströmt (3 L/h). Während des gesamten
Versuchszeitraums wurde die Wassertemperatur im Edelstahltank und in den
Kleinreaktoren gemessen. Zusätzlich wurde der pH-Wert des Zulaufwassers
regelmäßig bestimmt.
3.2.5 Beprobung von Biofilmen und Wasserphase
Die Materialcoupons und die Wasserphase wurden vor Animpfen der Biofilme
sowie 1, 14 und 28 Tage nach Animpfen der Biofilme beprobt. Die Entnahme
von Trinkwasser erfolgte aus dem Reaktorablauf in sterile 250-mL
Glasflaschen. Zur Gewinnung der Biofilme wurde die Biomasse von beiden
Seiten zweier Coupons mit einem sterilen Gummischaber abgeschabt, in 20 mL
deionisiertem Wasser suspen¬diert und für 2 min auf einem Reagenzglasschüttler homogenisiert. Es wurden dezimale Verdünnungen der
Biofilmsuspension und der Wasserphase in sterilem Deionat hergestellt. In den
Biofilmsuspensionen und im Trinkwasser bzw. in deren Verdünnungen wurden
mikroskopisch die Gesamtzellzahl sowie die Koloniezahl (heterotrophic plate
count, HPC) und die Konzentration der Zielorganismen (P. aeruginosa,
L. pneumophila und E. nimipressuralis) mit Kulturverfahren und mit der
kultivierungsunabhängigen FISH wie unten beschrieben bestimmt.
3.2.6 Revitalisierung
von
kupfergestressten
P.
aeruginosa
aus
Trinkwasserbiofil¬men
Trinkwasserbiofilme wurden auf EPDM angezüchtet und mit P. aeru¬ginosa,
L. pneumophila und E. nimipressuralis wie oben beschrieben angeimpft. Sieben
Tage nach Animpfen wurde die Biomasse von den Coupons abgeschabt, in
deionisiertem Wasser suspendiert und 2 min auf einem Reagenzglasmischer
homogenisiert. 10 mL Biofilmsuspension wurden mit 10 mL einer Lösung des
Kupferchelators Natriumdiethyldithiocarbamat (NDDC; Endkonzentration:
Einnistung von Pathogenen
276
100 µM) versetzt und der Ansatz wurde statisch bei 20 °C inkubiert. Nach 7
Tagen wurden die Gesamtzellzahl und Koloniezahl (HPC) der Biofilmsuspensionen bestimmt. P. aeruginosa wurde kulturell auf CN-Agar und mit der
FISH quantifiziert. Als Kontrollen wurden ein beimpfter Biofilm ohne NDDC
(Deionat anstelle des Chelators) sowie ein unbeimpfter Biofilm mit und ohne
NDDC ebenfalls bei 20 °C für 7 Tage statisch inkubi ert und untersucht.
3.3
Mikrobiologische Methoden
3.3.1 Bestimmung der Gesamtzellzahl
4 mL der unverdünnten bzw. verdünnten Biofilmsuspension, Bakteriensuspension oder Trinkwasserprobe wurden mit 1 mL DAPI (4’,6-Diamidino-2phenylindoldihydrochlorid; Sigma)-Lösung (25 µg/mL) in 2 % (v/v) Formaldehyd
gemischt. Nach einer Inkubation für 20 min im Dunkeln wurden die Ansätze
über einen schwarzen Polycarbonat-Membranfilter (0.2 µm Porengöße;
Millipore) filtriert. Die angefärbten Zellen wurden unter dem Epifluoreszenzmikroskop bei 1000facher Vergrößerung in 20 zufällig ausgewählten Gesichtsfeldern mit Hilfe eines Zählgitters gezählt.
3.3.2 Bestimmung der Koloniezahl (Heterotrophic Plate Count)
Die Bestimmung der Koloniezahlen heterotropher Bakterien erfolgte mit dem
Spatelplattenverfahren auf R2A-Medium (Difco) nach Bebrütung für 7 d bei
20 °C (Reasoner und Geldreich, 1985).
3.3.3 Nachweis von P. aeruginosa
In Biofilmsuspensionen wurden die Koloniezahlen von P. aeruginosa mit dem
Spatelplattenverfahren auf CN-Agar (Oxoid) nach Bebrütung für 48 h bei 36 °C
gemäß DIN EN ISO 16266 (2008) bestimmt. Die Detektion von P. aeruginosa in
Reaktorabläufen erfolgte durch Filtration von bis zu 100 mL Probe über einen
Cellulose-Mischester-Membranfilter (47 mm Durchmesser, 0,45 µm Porengröße; Pall). Die Filter wurden auf CN-Agar aufgelegt und für 48 h bei 36 °C
bebrütet. Repräsentative Kolonien wurden auf Nähragar subkultiviert (36 °C, 24
h) und über die typische Pigmentbildung sowie eine positive CytochromOxidase-Reaktion (Bactident-Oxidase, Merck) identifiziert. Die Bestätigung der
Identität und Charakterisierung der Isolate über das biochemische
Einnistung von Pathogenen
277
Verwertungsprofil erfolgte mit Hilfe des API 20 NE-Systems (bioMérieux) nach
Anleitung des Herstellers.
3.3.4 Nachweis von L. pneumophila
Die Quantifizierung von L. pneumophila erfolgte nach ISO 11731 (1998).
Biofilmsus¬pensionen wurden nach Säurebehandlung auf GVPC-Agar (Oxoid)
ausgespatelt und die Platten wurden bei 36 °C für 1 0 d bebrütet. Bis zu 100 mL
der Reaktorab¬läufe wurden über einen schwarzen Cellulose-Mischester
Membranfilter (50 mm Durchmesser, 0,45 µm Porengröße; Whatman) filtriert.
Die Filter wurden auf GVPC-Agar aufgelegt und für 48 h bei 36 °C bebrütet. Zur
Bestätigung von L. pneumophila wurden repräsentative Kolonien auf Nähragar
und auf BCYEα-Agar subkultiviert und für mindestens 3 Tage bei 36 °C
bebrütet. Isolate, die Kolonien auf BCYEα-Agar, nicht aber auf Nähragar bilden
konnten, wurden als L. pneumophila gezählt. Die weitere Bestätigung der
Identität sowie die Bestimmung der Serogruppe erfolgten mit Hilfe eines
kommerziellen Latex-Agglutinationstests (Oxoid) nach Angaben des Herstellers.
3.3.5 Nachweis von Enterobacter nimipressuralis
Die Bestimmung von E. nimipressuralis erfolgte mit Hilfe des Colilert-18 QuantiTray®/2000 Systems (IDEXX). Das Colilert 18-Reagenz wurde in 100 mL der
ver¬dünnten Biofilmsuspension bzw. des verdünnten oder unverdünnten
Reaktorablaufs gelöst. Nach Bebrütung für 19 ± 1 h bei 36 °C wurden die
positiven (gelb gefärbten) Vertiefungen ausgezählt.
3.4
Molekularbiologische Methoden
3.4.1 Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH)
Für die Quantifizierung von P. aeruginosa und L. pneumophila mit der FISH
wurden die Cy3-markierten Sonden Psae 16S-182 (Wellinghausen et al., 2005)
bzw. LEGPNE1 (Grimm et al., 1998) verwendet. Biofilm¬suspensionen wurden
mit 4 % (v/v) Paraformaldehyd in phosphatgepufferter Saline (PBS; pH 7,2) bei
4 °C für 1 h fixiert, in PBS gewaschen (5 min Zentr ifugation bei 6000 x g und
4 °C) und in einer Mischung aus gleichen Volumina v on PBS und absolutem
Ethanol resuspendiert. 10 µL der fixierten Biofilmsuspension wurden auf
Epoxid-beschichtete Objektträger mit 8 Vertiefungen (Thermo Scientific)
278
Einnistung von Pathogenen
pipettiert und luftgetrocknet. Anschließend wurden die Objektträger zur
Entwässerung nacheinander in 50 %, 80 % und 96 % Ethanol für je 3 min
eingetaucht. Nach erneutem Trocknen wurden 10 µL Hybridisierungspuffer (0,9
M NaCl, 20 mM Tris [pH 8,0], 0,01 % SDS, 40 % (v/v) Formamid und 5 ng/µL
Oligonucleotidsonde Psae16S-182 bzw. 0,9 M NaCl, 20 mM Tris [pH 7,6], 0,01
% SDS, 25 % (v/v) Formamid und 5 ng/µL Oligonucleotidsonde LEGPNE1) in
die entsprechenden Vertiefungen pipettiert und die Ansätze wurden in einer
feuch¬ten Kammer bei 46 °C für 90 min hybridisiert. Um ungebundene Sonden
zu entfernen wurden die Objektträger anschließend bei 46 °C für 15 min in 25
mL Waschpuffer (56 mM NaCl, 20 mM Tris [pH 8,0], 0,01 % SDS und 5 mM
EDTA für die Sonde Psae16S-182 und 160 mM NaCl, 20 mM Tris [pH 7,6], 0,01
% SDS und 5 mM EDTA für die Sonde LEGPNE1) gewaschen. Die Proben
wurden mit DAPI (1 µg/mL) für 20 min ge¬gengefärbt, mit deionisiertem Wasser
gewaschen und bis zur Auswertung bei 4 °C im Dunkel n aufbewahrt.
Zur Quantifizierung von Eukaryoten und speziell der Amöben Hartmannella spp.
und Acanthamoeba spp. mit der FISH wurden die Cy3-markierten Sonden
EUK516 (Amann et al., 1990), HART498 (Grimm et al., 2001) bzw. GSP
(Stothard et al., 1999) verwen¬det. Zellen aus den Biofilmsuspensionen wurden
durch Zentrifugation geerntet (500 x g, 8 min, 20 °C), in Prescott & JamesSa¬line (0,0433 mg/L CaCl2 x 2 H2O, 0,0162 mg/L KCl, 0,0512 mg/L KH2PO4,
0,028 mg/L MgSO4 x 7 H2O) gewaschen und in 0,05 % Agarose (Certified™
low melt; Bio-Rad) aufgenommen. 20 µL der Suspensionen wurden auf Epoxidbeschichtete Objektträger mit 8 Vertiefungen (Thermo Scientific) pipettiert und
getrocknet. Die Fixierung erfolgte direkt auf dem Objektträger in einer feuchten
Kammer mit jeweils 20 µL 2 % (v/v) Paraformalde¬hyd in PBS (pH 7,2) bei
Raumtemperatur für 1 h. Die Objektträger wurden mit PBS gespült, getrocknet
und für 10 s in 80 % Ethanol eingetaucht. Nach erneutem Trock¬nen wurden 20
µL Hybridisierungspuffer (0,9 M NaCl, 20 mM Tris [pH 7,6], 0,01 % SDS, 25 %
(v/v) Formamid und 5 ng/µL Oligonucleotidsonde EUK 516 bzw. 0,9 M NaCl, 20
mM Tris [pH 7,6], 0,01 % SDS, 40 % (v/v) Formamid und 5 ng/µL
Oligonucleotidsonde HART498 bzw. 0,9 M NaCl, 20 mM Tris [pH 7,6], 0,01 %
SDS, 5 mM EDTA und 5 ng/µL Oligonucleotidsonde GSP) aufpipettiert und die
Ansätze wur¬den in einer feuchten Kammer bei 46 °C für 120 min hybridisiert.
Um ungebundene Sonden zu entfernen wurden die Objektträger anschließend
bei 46 °C für 15 min in 25 mL Waschpuffer (160 mM N aCl, 20 mM Tris [pH 7,6],
0,01 % SDS und 5 mM EDTA für die Sonde EUK516, 56 mM NaCl, 20 mM Tris
Einnistung von Pathogenen
279
[pH 7,6], 0,01 % SDS und 5 mM EDTA für die Sonde HART498 und 30 mM
NaCl, 4 mM Tris [pH 7,6], 0,01 % SDS und 1 mM EDTA für die Sonde GSP)
gewaschen. Die Proben wurden mit DAPI (1 µg/mL) gegengefärbt und bis zur
Auswertung bei 4 °C im Dunkeln aufbewahrt.
Die mit den Gensonden markierten und DAPI-gefärbten Bakterien- bzw.
Amöbenzellen wurden unter dem Fluoreszenzmikroskop bei 1000facher
Vergrößerung mit Hilfe eines Zählgitters gezählt. Es wurden 40 zufällig
ausgewählte Gesichts¬felder bzw. mindestens 200 Zellen ausgezählt. Der
prozentuale Anteil der FISH-positiven Zellen an den DAPI-gefärbten Zellen
wurde berechnet und die Konzentra¬tion FISH-positiver Bakterien bzw.
Amöben in den Biofilmen wurde anhand dieses Prozentsatzes und der mit der
DAPI-Methode (3.3.1.) be¬stimmten Gesamtzellzahl errechnet.
3.4.2 Pulsfeldgelelektrophorese (PFGE)
Für eine Genotypisierung der P. aeruginosa-Isolate wurde die PFGE im
Wesentlichen nach Head und Yu (2004) durchgeführt. Der DNA-Verdau erfolgte
mit der Endonuclease SpeI bei 37 °C über Nacht. Die PFGE zur genotypischen
Charakterisierung der L. pneumophila-Isolate wurde nach dem Protokoll von
Chang et al. (2009) durchgeführt. Der DNA-Verdau erfolgte mit der
Endonuclease SfiI (20 Units pro Agaroseblock) bei 50 °C für 18 h.
3.4.3 Polymerasekettenreaktion - Denaturierende Gradientengelelektrophorese (PCR-DGGE)
Die Analyse der Biofilmpopulationen von Trinkwasserbiofilmen auf
unbehandelten und gealterten Werkstoffen der Trinkwasser-Installation erfolgte
mit der PCR-DGGE nach Bressler et al. (2009). Zellen aus Biofilmsuspensionen
wurden durch Zentrifugation (20012 x g, 20 min, 4 °C) geerntet, einmal in
DEPC-behandeltem Wasser gewaschen und für 30 min bei 16000 x g
zentrifugiert. Die DNA aus den Zellpellets wurde mit dem DNeasy Plant Mini-Kit
(Qiagen) isoliert. Die anschließende PCR-DGGE wurde nach Bressler et al.
(2009) durchgeführt. Die Ähnlichkeit der DGGE-Bandenmuster zweier Proben
wurde mit dem Sørensen-Index (Cs; Sørensen, 1948) ermittelt.
Einnistung von Pathogenen
280
4
Ergebnisse
4.1
Biofilmbildung
auf
neuen
und
gealterten
Werkstoffen
der
Trink¬wasser-Installation
Zunächst sollte untersucht werden, ob und inwieweit sich die Alterung des
Werkstoffs auf die Besiedlungsdichte und Populationszusammensetzung der
darauf entstandenen Biofilme auswirkt. Die Alterung der Werkstoffe EPDM, PEXb, PE-Xc erfolgte durch eine Behandlung mit den Desinfektionsmitteln
Natriumhypochlorit bzw. Chlordioxid und im Fall des Kupfers aus der Exposition
in einem realen Trinkwasserverteilungssystem für mindestens 6 Monate (Tab.
1). Um die Besiedlung von neuen und gealterten Werkstoffen der TrinkwasserInstallation durch autochthone Trinkwasser-Mikroorganismen zu untersuchen,
wurden Coupons der Werkstoffe EPDM, PE-Xb, PE-Xc und Kupfer über einen
Zeitraum von 43 Tagen unter Durchflussbedingungen in Trinkwasser exponiert.
Die zeitliche Entwicklung der Biofilme wurde anhand der Gesamtzellzahlen und
Koloniezahlen heterotropher Bakterien (HPC) verfolgt. Die Entwicklung der
Gesamtzellzahlen und Koloniezahlen der Biofilme auf allen neuen und
gealterten Werkstoffen über einen Zeitraum von 14 bis 43 Tagen sind in Bild
1 - 4 dargestellt.
Einnistung von Pathogenen
281
EPDM NaOCl-Behandlung
neu
1,00E+08
gea l tert
1,00E+07
1,00E+07
1,00E+06
1,00E+06
HPC (KBE/cm²)
Gesamtzellzahl (Zellen/cm²)
1,00E+08
1,00E+05
1,00E+04
1,00E+03
1,00E+02
1,00E+04
1,00E+03
1,00E+02
1,00E+01
1,00E+00
1,00E+00
14
16
29
43
14
Experiment 1
16
29
43
14
b)
Experiment 2
gea l tert
1,00E+05
1,00E+01
a)
neu
16
29
43
14
Experiment 1
Bi ofi l ma l ter (d)
16
29
43
Experiment 2
Bi ofi l ma l ter (d)
EPDM ClO2-Behandlung
neu
1,00E+08
gea l tert
1,00E+07
1,00E+07
1,00E+06
1,00E+06
HPC (KBE/cm²)
Gesamtzellzahl (Zellen/cm²)
1,00E+08
1,00E+05
1,00E+04
1,00E+03
1,00E+02
1,00E+04
1,00E+03
1,00E+02
1,00E+01
1,00E+00
1,00E+00
c)
16
29
43
Experiment 1
14
16
Experiment 2
Bi ofi l ma l ter (d)
Bild 1:
29
gea l tert
1,00E+05
1,00E+01
14
neu
43
14
d)
16
29
43
Experiment 1
14
16
29
43
Experiment 2
Bi ofi l ma l ter (d)
Gesamtzellzahlen (a, c) und Koloniezahlen (HPC; b, d) der
Biofilme auf neuem und gealtertem EPDM über einen Zeitraum
von 14 bis 43 Tagen. Zur Alterung wurde EPDM mit NaOCl (a, b)
oder ClO2 (c, d) behandelt. Es sind die Ergebnisse zweier
unabhängiger Experimente dargestellt.
Einnistung von Pathogenen
282
PE-Xb NaOCl-Behandlung
neu
1,00E+08
gea l tert
1,00E+07
1,00E+07
1,00E+06
1,00E+06
HPC (KBE/cm²)
Gesamtzellzahl (Zellen/cm²)
1,00E+08
1,00E+05
1,00E+04
1,00E+03
1,00E+02
1,00E+04
1,00E+03
1,00E+02
1,00E+01
1,00E+00
1,00E+00
14
16
29
43
14
Experiment 1
16
29
14
43
b)
Experiment 2
gea l tert
1,00E+05
1,00E+01
a)
neu
16
29
43
14
Experiment 1
16
29
43
Experiment 2
Bi ofi l ma l ter (d)
Bi ofi l ma l ter (d)
PE-Xb ClO2-Behandlung
neu
1,00E+08
gea l tert
1,00E+07
1,00E+07
1,00E+06
1,00E+06
HPC (KBE/cm²)
Gesamtzellzahl (Zellen/cm²)
1,00E+08
1,00E+05
1,00E+04
1,00E+03
1,00E+02
1,00E+04
1,00E+03
1,00E+02
1,00E+01
1,00E+00
1,00E+00
14
16
29
43
Experiment 1
14
16
Bi ofi l ma l ter (d)
Bild 2:
29
Experiment 2
gea l tert
1,00E+05
1,00E+01
c)
neu
43
14
d)
16
29
43
Experiment 1
14
16
29
43
Experiment 2
Bi ofi l ma l ter (d)
Gesamtzellzahlen (a, c) und Koloniezahlen (HPC; b, d) der
Biofilme auf neuem und gealtertem PE-Xb über einen
Zeitraum von 14 bis 43 Tagen. Zur Alterung wurde PE-Xb mit
NaOCl (a, b) oder ClO2 (c, d) behandelt. Es sind die
Ergebnisse zweier unabhängiger Experimente dargestellt.
Einnistung von Pathogenen
283
PE-Xc NaOCl-Behandlung
neu
1,00E+08
gea l tert
1,00E+07
1,00E+07
1,00E+06
1,00E+06
HPC (KBE/cm²)
Gesamtzellzahl (Zellen/cm²)
1,00E+08
1,00E+05
1,00E+04
1,00E+03
1,00E+02
1,00E+04
1,00E+03
1,00E+02
1,00E+01
1,00E+00
1,00E+00
14
16
29
43
14
Experiment 1
16
29
43
14
b)
Experiment 2
16
29
43
14
Experiment 1
Bi ofi l ma l ter (d)
Bild 3:
gea l tert
1,00E+05
1,00E+01
a)
neu
16
29
43
Experiment 2
Bi ofi l ma l ter (d)
Gesamtzellzahlen (a, c) und Koloniezahlen (HPC; b, d) der
Biofilme auf neuem und gealtertem PE-Xc über einen
Zeitraum von 14 bis 43 Tagen. Zur Alterung wurde PE-Xc mit
NaOCl behandelt. Es sind die
unabhängiger Experimente dargestellt.
Ergebnisse
zweier
Kupfer Trinkwasser-Exposition
neu
1,00E+08
gea l tert
1,00E+07
1,00E+07
1,00E+06
1,00E+06
HPC (KBE/cm²)
Gesamtzellzahl (Zellen/cm²)
1,00E+08
1,00E+05
1,00E+04
1,00E+03
1,00E+02
1,00E+01
1,00E+05
1,00E+04
1,00E+03
1,00E+02
1,00E+00
14
16
29
43
Experiment 1
14
16
29
Experiment 2
Bi ofi l ma l ter (d)
Bild 4:
gea l tert
1,00E+01
1,00E+00
a)
neu
43
14
b)
16
29
43
Experiment 1
14
16
29
43
Experiment 2
Bi ofi l ma l ter (d)
Gesamtzellzahlen (a, c) und Koloniezahlen (HPC; b, d) der
Biofilme auf neuem und gealtertem Kupfer über einen
Zeitraum von 14 bis 43 Tagen. Zur Alterung wurde Kupfer für
≥ 6 Monate in einem Trinkwasserverteilungsnetz exponiert. Es
sind die Ergebnisse zweier unabhängiger Experimente
dargestellt.
Während der Anzucht der Biofilme betrug die Wassertemperatur in den
Biofilmreaktoren 19,0 °C ± 3,0 °C (n = 197) und de r pH-Wert des eingespeisten
284
Einnistung von Pathogenen
Trinkwassers 7,9 ± 0,1 (n = 15). Es zeigte sich, dass alle Werkstoffe in neuem
oder gealtertem Zustand deutlich besiedelt wurden (Bild 1 bis 4). Dabei wurden
im Mittel die höchsten Gesamtzellzahlen auf mit ClO2 gealtertem EPDM (Bild
1c) und die niedrigsten auf neuem PE-Xc gemessen (Bild 3a). Die höchsten
Koloniezahlen fanden sich ebenfalls auf mit ClO2 gealtertem EPDM (Bild 1d),
am niedrigsten waren die Koloniezahlen jedoch auf neuem Kupfer (Bild 4b). In
den Biofilmen auf EPDM, PE-Xb und PE-Xc (Bild 1 bis 3) waren die
Koloniezahlen jeweils ca. 1 Zehnerpotenz niedriger als die entsprechenden
Gesamtzellzahlen. Im Falle von Kupfer betrug der Unterschied zwischen
Gesamtzellzahl und Koloniezahl meist 2 Zehnerpotenzen (Bild 4).
4.2
Biofilmpopulationen auf neuen und gealterten Werkstoffen der
Trinkwasser-Installation
Um den Einfluss des Werkstoff-Typs und der Werkstoff-Alterung auf die
Zusammensetzung und Diversität von Trinkwasser-Biofilmen zu untersuchen,
wurden Biofilme für 14 Tage unter Durchflussbedingungen in Trinkwasser
angezüchtet. Die Anzucht der Biofilme erfolgte parallel auf allen neuen und
gealterten Werkstoffen im gleichen Zeitraum, um identische Bedingungen der
Trinkwasserbeschaffenheit zu gewährleisten. Die DNA der Biofilmorganismen
wurde isoliert, die 16S rDNA amplifiziert und die PCR-Produkte wurden mit Hilfe
der DGGE auf einem Acrylamidgel aufgetrennt. Für jeden Biofilm ergab sich ein
spezifisches Bandenmuster (Bild 5).
Bild 5:
Kupfer Trinkwasser-exponiert
Kupfer unbehandelt
PE-X c NaOCl behandelt
PE-X c unbehandelt
PE-X b ClO2 behandelt
PE-X b NaOCl behandelt
PE-X b unbehandelt
285
EPDM ClO2 behandelt
EPDM NaOCl behandelt
EPDM unbehandelt
Einnistung von Pathogenen
DGGE-Bandenmuster von Trinkwasser-Biofilmen auf neuen
und gealterten Werkstoffen der Trinkwasser-Installation. Die
Elektrophorese erfolgte auf einem 7,5 %igem (w/v)
Acrylamidgel mit einem denaturierenden Gradienten von 40
bis 60 % (100 % entsprachen einer Konzentration von 7 M
Harnstoff und 40% Formamid).
Einnistung von Pathogenen
286
Die Anzahl der Banden wurde bestimmt (Tab. 2) und die Ähnlichkeit zwischen
den auf den verschiedenen Werkstoffen gewachsenen Biofilmen in Form des
Sørensen-Indexes (Sørensen, 1948) berechnet (Tab. 2). Die Anzahl der
Banden variierte zwischen 11 und 31. Im Falle von EPDM, PE-Xb und Kupfer
war die Diversität der Biofilmpopulationen (Anzahl der Banden) auf gealtertem
Werkstoff jeweils größer als auf neuem. Generell war die Diversität der Biofilme
auf EPDM und den Kunststoffen mit Ausnahme von NaOCl-behandeltem PE-Xc
höher als in Biofilmen auf Kupfer (Tab. 2).
Tabelle 2:
Diversität (Anzahl der DGGE-Banden) der Biofilme auf neuen
und gealterten Werkstoffen der Trinkwasser-Installation (14
Tage alte Biofilme)
Werkstoff
EPDM unbehandelt
EPDM NaOCl-behandelt
EPDM ClO2-behandelt
PE-X b unbehandelt
PE-X b NaOCl-behandelt
PE-X b ClO2-behandelt
PE-X c unbehandelt
PE-X c NaOCl-behandelt
Kupfer unbehandelt
Kupfer Trinkwasser-exponiert
Anzahl Banden
25
29
31
24
28
27
26
11
14
18
Zwischen Biofilmen auf den jeweils neuen und gealterten Materialien bestanden
größere Unterschiede als zwischen denen auf verschiedenen Materialien.
NaOCl-behandeltes und ClO2-behandeltes EPDM unterschieden sich in
gleichem Maße von unbehandeltem EPDM (66,7 bzw. 67,9 %), die Ähnlichkeit
zwischen NaOCl-behandeltem und ClO2-behandeltem EPDM war sehr hoch
(93,3 %). Analog dazu unterschieden sich NaOCl-behandeltes und ClO2behandeltes PE-Xb in gleichem Maße von unbehandeltem PE-Xb (61,5 bzw.
62,8 %), die Ähnlichkeit zwischen NaOCl-behandeltem und ClO2-behandeltem
PE-Xb war etwas höher (69,1 %). Die Ähnlichkeit zwischen unbehandeltem und
Trinkwasser-exponiertem Kupfer war relativ hoch (75,0 %). Im Fall von jeweils
neuen und gealterten Werkstoffen wurde eine Ähnlichkeit zwischen 54,1 % und
Einnistung von Pathogenen
287
75,0 % berechnet, bei einem Vergleich der Werkstoff-Typen untereinander war
die Ähnlichkeit geringer (35,9 % bis 49,0 %). Der Werkstoff-Typ hatte somit
einen größeren Einfluss auf die Zusammensetzung der Biofilmpopulationen als
das Werkstoff-Alter. Außerdem wurde festgestellt, dass die Umweltbedingungen (physiko-chemische Beschaffenheit des Trinkwassers) einen
größeren Einfluss auf die Biofilmpopulationen zu haben schien als eine Alterung
des Werkstoffs. So konnte zwischen zwei gleichzeitig angezüchteten Biofilmen
auf EPDM eine Ähnlichkeit von 92,7 % festgestellt werden, während zwei
Biofilme auf EPDM, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten angezüchtet wurden,
sich nur zu 42,6 % ähnelten (Daten nicht dargestellt). Verglichen damit war die
Ähnlichkeit der Biofilme auf neuem und gealtertem (NaOCl- oder ClO2behandelt), wenn sie im gleichen Zeitraum angezüchtet wurden, höher (Tab. 3).
Tabelle 3:
Vergleich der Biofilmpopulationen auf neuen und gealterten
Werkstoffen der Trinkwasser-Installation (14 Tage alte
Biofilme). Die Ähnlichkeit zweier Bandenmuster wurde mit
Hilfe des Sørensen-Indexes berechnet.
Vergleich zwischen den Werkstoffen
EPDM unbehandelt
EPDM unbehandelt
EPDM unbehandelt
PE-X b unbehandelt
PE-X b unbehandelt
PE-X c unbehandelt
EPDM unbehandelt
EPDM unbehandelt
EPDM NaOCl-behandelt
PE-X b unbehandelt
PE-X b unbehandelt
PE-X b NaOCl-ehandelt
PE-X c unbehandelt
Kupfer unbehandelt
PE-X b unbehandelt
PE-X c unbehandelt
Kupfer unbehandelt
PE-X c unbehandelt
Kupfer unbehandelt
Kupfer unbehandelt
EPDM NaOCl-behandelt
EPDM E 113 ClO2-behandelt
EPDM E 113 ClO2-behandelt
PE-X b NaOCl-behandelt
PE-X b ClO2-behandelt
PE-X b ClO2- behandelt
PE-X c NaOCl-behandelt
Kupfer Trinkwasser-exponiert
Ähnlichkeit (%)
49,0
43,1
35,9
36,0
36,8
45,0
66,7
67,9
93,3
61,5
62,8
69,1
54,1
75,0
288
4.3
Einnistung von Pathogenen
Einfluss von Werkstoffveränderungen auf die Einnistung von
hygienisch rele¬vanten Bakterien in Trinkwasserbiofilme
Um die Einnistung und Persistenz von P. aeruginosa, L. pneumophila und
E. nimipressuralis zu untersuchen, wurden 14 Tage alte Trinkwasserbiofilme
auf neuen und gealterten Werkstoffen der Trinkwasser-Installation mit einer
Suspension dieser drei Bakterienspezies (jeweils 106 Zellen/mL) angeimpft.
Danach wurde der Verbleib der Bakterien mit Hilfe von kulturellen Methoden
sowie der kultivierungsunabhängigen FISH (für P. aeruginosa und
L. pneumophila) über einen Zeitraum von 4 Wochen untersucht. Vor dem
Animpfen wurden die Zielorganismen weder in den Trinkwasserbiofilmen noch
in 100 mL-Volumina des eingespeisten Trinkwassers nachgewiesen.
In den Trinkwasserbiofilmen auf neuem und NaOCl- bzw. ClO2-gealtertem
EPDM PE-Xb und PE-Xc wurde P. aeruginosa sowohl mittels Kultivierung auf
CN-Agar als auch mittels FISH über den gesamten Versuchszeitraum von 28
Tagen nachgewiesen (Bild 6 bis 8, Tab. 4). Eine Ausnahme stellten Biofilme auf
NaOCl-behandeltem EPDM dar, in denen P. aeruginosa mit der FISH-Methode
nur bis zu 14 Tagen gefunden wurde. In Biofilmen auf Kupfer wurde
P. aeruginosa weder kulturell noch mit FISH nachgewiesen (Tab. 4). Die
Konzentrationen kultivierbarer P. aeruginosa waren relativ gering (in 52 % der
Proben < 1 KBE/cm², in 82 % der Proben < 10 KBE/cm²) und variierten in
Abhängigkeit von Werkstoff-Typ und -Alterung, aber auch zwischen
Einzelexperimenten mit demselben Werkstoff. Es konnte kein deutlicher
Einfluss der Werkstoff-Alterung mit NaOCl oder ClO2 auf die Persistenz von
P. aeruginosa in den Trinkwasserbiofilmen beobachtet werden. Im Vergleich
zum kulturellen Nachweis konnten mit der FISH-Methode deutlich höhere
Konzentrationen von P. aeruginosa nachgewiesen werden. Der Anteil
kultivierbarer P. aeruginosa an FISH-positiven P. aeruginosa betrug in vielen
Fällen nur 0,01 %; in 58 % der Proben war der Anteil kultivierbarer
P. aeruginosa < 0,1 %, in 82 % der Proben < 1 % (Bild 3).
P. aeruginosa (KBE bzw. Zellen/cm²)
Einnistung von Pathogenen
1,00E+05
289
kulturell
EPDM NaOCl-Behandlung
FISH
1,00E+04
1,00E+03
1,00E+02
1,00E+01
1,00E+00
1,00E-01
1
14
28
1
neu
a)
14
28
1
gea l tert
14
28
1
neu
Experi ment 1
14
28
gea l tert
Experi ment 2
1,00E+05
kulturell
EPDM ClO2 -Behandlung
FISH
1,00E+04
1,00E+03
1,00E+02
n.n.
n.n.
1,00E+00
n.n.
1,00E+01
n.n.
P. aeruginosa (KBE bzw. Zellen/cm²)
Tage nach Animpfen
1,00E-01
1
b)
14
28
1
neu
14
28
1
gea l tert
Experi ment 1
14
28
1
neu
14
28
gea l tert
Experi ment 2
Tage nach Animpfen
Bild 6:
Persistenz von P. aeruginosa in Trinkwasser-Biofilmen auf
neuem und gealtertem EPDM über einen Zeitraum von 14 bis
43 Tagen. Zur Alterung wurde EPDM mit NaOCl (a) oder
ClO2 (b) behandelt. P. aeruginosa in Biofilmen wurde mittels
Kultivierung auf CN-Agar sowie mit Hilfe der FISH (Sonde
Psae16S-182) quantifiziert. Es sind die Ergebnisse zweier
unabhängiger Experimente dargestellt. n.n., nicht nachgewiesen (Nachweisgrenze der Kultivierungsmethode 0,34
KBE/cm²).
Einnistung von Pathogenen
kulturell
1,00E+03
1,00E+02
1,00E+01
1,00E+00
1,00E-01
1
14
28
1
neu
a)
14
28
FISH
n.n.
n.n. (< 1,57 x 102 Zellen/cm²)
1,00E+04
n.n.
n.n. (< 1,89 x 103 Zellen/cm²)
PE-Xb NaOCl-Behandlung
n.n. (< 5,12 x 103 Zellen/cm²)
1,00E+05
n.n.
n.n. (< 6,03 x 102 Zellen/cm²)
P. aeruginosa (KBE bzw. Zellen/cm²)
290
1
14
gea l tert
28
1
neu
Experi ment 1
14
28
gea l tert
Experi ment 2
1,00E+05
kulturell
PE-Xb ClO2 -Behandlung
FISH
1,00E+04
1,00E+03
1,00E+02
1,00E+01
1
b)
14
28
1
neu
14
28
gea l tert
1
14
28
1
neu
Experi ment 1
14
n.n.
n.n.
n.n.
1,00E-01
n.n.
1,00E+00
n.n.
P. aeruginosa (KBE bzw. Zellen/cm²)
Tage nach Animpfen
28
gea l tert
Experi ment 2
Tage nach Animpfen
Bild 7:
Persistenz von P. aeruginosa in Trinkwasser-Biofilmen auf
neuem und gealtertem PE-Xb über einen Zeitraum von 14 bis
43 Tagen. Zur Alterung wurde PE-Xb mit NaOCl (a) oder
ClO2 (b) behandelt. P. aeruginosa in Biofilmen wurde mittels
Kultivierung auf CN-Agar sowie mit Hilfe der FISH (Sonde
Psae16S-182) quantifiziert. Es sind die Ergebnisse zweier
unabhängiger Experimente dargestellt. n.n., nicht nachgewiesen (Nachweisgrenze der Kultivierungsmethode 0,34
KBE/cm²; die Nachweisgrenze der FISH wurde für jede Probe
individuell berechnet und ist im Diagramm angegeben).
1,00E+05
291
kulturell
PE-Xc NaOCl-Behandlung
FISH
1,00E+04
1,00E+03
1,00E+02
1,00E+01
1
14
28
1
neu
14
28
gea l tert
1
14
28
1
neu
Experi ment 1
14
n.n.
n.n.
n.n.
n.n.
1,00E-01
n.n.
1,00E+00
n.n.
P. aeruginosa (KBE bzw. Zellen/cm²)
Einnistung von Pathogenen
28
gea l tert
Experi ment 2
Tage nach Animpfen
Bild 8:
Persistenz von P. aeruginosa in Trinkwasser-Biofilmen auf
neuem und gealtertem PE-Xc über einen Zeitraum von 14 bis
43 Tagen. Zur Alterung wurde PE-Xc mit NaOCl behandelt.
P. aeruginosa in Biofilmen wurde mittels Kultivierung auf
CN-Agar sowie mit Hilfe der FISH (Sonde Psae16S-182)
quantifiziert. Es sind Ergebnisse zweier unabhängiger
Experimente
dargestellt.
n.n.,
nicht
nachgewiesen
(Nachweisgrenze der Kultivierungsmethode 0,34 KBE/cm²).
L. pneumophila wurde in Biofilmen auf allen neuen und gealterten Werkstoffen
wiedergefunden und persistierte dort über den gesamten Versuchszeitraum von
28 Tagen (Bild 9 bis 12, Tab. 4). In den meisten Fällen (Ausnahme:
ClO2-gealtertes EPDM und PE-Xb sowie NaOCl-gealtertes PE-Xc) nahm die
Konzentration kultivierbarer L. pneumophila mit der Zeit ab. Besonders
ausgeprägt war diese Abnahme in Biofilmen auf neuem und gealtertem Kupfer
(Bild 12). Die Konzentrationen kultivierbarer L. pneumophila lagen meist höher
als die von P. aeruginosa (< 1 KBE/cm2 in 7 % der Proben, > 100 KBE/cm2 in
44 % der Proben). Der Unterschied zwischen kultivierbaren und FISH-positiven
L. pneumophila war dementsprechend nicht so hoch wie im Falle von
P. aeruginosa. Dennoch wurden in manchen Fällen bis zu 3 Zehnerpotenzen
höhere Konzentrationen mit der FISH-Methode als mit dem Kulturverfahren
detektiert und in 85 % der Proben war der Anteil kultivierbarer L. pneumophila
an FISH-positiven L. pneumophila kleiner als 25 % (in 42 % der Proben < 1 %).
Einnistung von Pathogenen
L pneumophila (KBE bzw. Zellen/cm²)
292
1,00E+05
kulturell
EPDM NaOCl-Behandlung
FISH
1,00E+04
1,00E+03
1,00E+02
1,00E+01
1,00E+00
1,00E-01
1
14
28
1
neu
a)
14
28
1
gea l tert
14
28
1
14
neu
Experi ment 1
28
gea l tert
Experi ment 2
L pneumophila (KBE bzw. Zellen/cm²)
Tage nach Animpfen
1,00E+05
kulturell
EPDM ClO2 -Behandlung
FISH
1,00E+04
1,00E+03
1,00E+02
1,00E+01
1,00E+00
1,00E-01
1
b)
14
28
1
neu
14
28
1
gea l tert
14
28
1
neu
Experi ment 1
14
28
gea l tert
Experi ment 2
Tage nach Animpfen
Bild 9:
Persistenz von L. pneumophila in Trinkwasser-Biofilmen auf
neuem und gealtertem EPDM über einen Zeitraum von 14 bis
43 Tagen. Zur Alterung wurde EPDM mit NaOCl (a) oder
ClO2 (b) behandelt. L. pneumophila in Biofilmen wurde
mittels Kultivierung auf GVPC-Agar sowie mit Hilfe der FISH
(Sonde LEGPNE1) quantifiziert. Es sind die Ergebnisse zweier
unabhängiger Experimente dargestellt.
1,00E+05
293
kulturell
PE-Xb NaOCl-Behandlung
FISH
1,00E+02
1,00E+01
1,00E+00
1,00E-01
1
a)
14
28
1
neu
14
n.n. (< 6,03 x 102 Zellen/cm²)
1,00E+03
n.n. (< 6,03 x 102 Zellen/cm²)
1,00E+04
n.n. (< 6,03 x 102 Zellen/cm²)
L pneumophila (KBE bzw. Zellen/cm²)
Einnistung von Pathogenen
28
1
gea l tert
14
28
1
14
neu
Experi ment 1
28
gea l tert
Experi ment 2
L pneumophila (KBE bzw. Zellen/cm²)
Tage nach Animpfen
1,00E+05
kulturell
PE-Xb ClO2 -Behandlung
FISH
1,00E+04
1,00E+03
1,00E+02
1,00E+01
1,00E+00
1,00E-01
1
b)
14
28
1
neu
14
28
1
gea l tert
Experi ment 1
14
28
1
neu
14
28
gea l tert
Experi ment 2
Tage nach Animpfen
Bild 10:
Persistenz von L. pneumophila in Trinkwasser-Biofilmen auf
neuem und gealtertem PE-Xb über einen Zeitraum von 14 bis
43 Tagen. Zur Alterung wurde PE-Xb mit NaOCl (a) oder
ClO2 (b) behandelt. L. pneumophila in Biofilmen wurde
mittels Kultivierung auf GVPC Agar sowie mit Hilfe der FISH
(Sonde LEGPNE1) quantifiziert. Es sind die Ergebnisse zweier
unabhängiger Experimente dargestellt. n.n., nicht nachgewiesen
(Nachweisgrenze
Kultivierungsmethode
0,34 KBE/cm²; die Nachweisgrenze der FISH wurde für jede
Probe individuell berechnet und ist im Diagramm angegeben).
Einnistung von Pathogenen
1,00E+05
kulturell
PE-Xc NaOCl-Behandlung
FISH
1,00E+04
n.n. (< 1,18 x 10 Zellen/cm²)
1,00E+03
1,00E+02
3
L pneumophila (KBE bzw. Zellen/cm²)
294
1,00E+01
1,00E+00
1,00E-01
1
14
28
1
neu
14
28
1
geal tert
Experi ment 1
14
28
1
neu
14
28
gea ltert
Experi ment 2
Tage nach Animpfen
Bild 11:
Persistenz von L. pneumophila in Trinkwasser-Biofilmen auf
neuem und gealtertem PE-Xc über einen Zeitraum von 14 bis
43 Tagen. Zur Alterung wurde PE-Xc mit NaOCl behandelt.
L. pneumophila in Biofilmen wurde mittels Kultivierung auf
GVPC Agar sowie mit Hilfe der FISH (Sonde LEGPNE1)
quantifiziert. Es sind die Ergebnisse zweier unabhängiger
Experimente dargestellt. n.n., nicht nachgewiesen (die
Nachweisgrenze der FISH wurde für jede Probe individuell
berechnet und ist im Diagramm angegeben).
1,00E+05
295
kulturell
Kupfer Trinkwasser-Exposition
FISH
1,00E+04
n.n. (< 2,92 x 10 Zellen/cm²)
1,00E+03
1,00E+02
1
14
28
1
neu
14
28
1
gea ltert
Experi ment 1
14
28
1
neu
14
n.n.
n.n.
1,00E-01
n.n.
1,00E+00
n.n.
1,00E+01
n.n.
3
L pneumophila (KBE bzw. Zellen/cm²)
Einnistung von Pathogenen
28
geal tert
Experi ment 2
Tage nach Animpfen
Bild 12:
Persistenz von L. pneumophila in Trinkwasser-Biofilmen auf
neuem und gealtertem Kupfer über einen Zeitraum von 14 bis
43 Tagen. Zur Alterung wurde Kupfer für ≥ 6 Monate in einem
Trinkwasserverteilungsnetz exponiert. L. pneumophila in
Biofilmen wurde mittels Kultivierung auf GVPC Agar sowie
mit Hilfe der FISH (Sonde LEGPNE1) quantifiziert. Es sind die
Ergebnisse zweier unabhängiger Experimente dargestellt.
n.n., nicht nachgewiesen (Nachweisgrenze Kultivierungsmethode 0,34 KBE/cm²; die Nachweisgrenze der FISH wurde
für jede Probe individuell berechnet und ist im Diagramm
angegeben).
Tabelle 4 fasst die Ergebnisse der Einnistung von P. aeruginosa und
L. pneumophila in Trinkwasser-Biofilme auf EPDM, PE-Xb, PE-Xc und Kupfer
zusammen.
Einnistung von Pathogenen
296
Tabelle 4:
Dauer der maximalen Nachweisbarkeit von P. aeruginosa und
L. pneumophila in Trinkwasserbiofilmen. Die Werte in
Klammern zeigen die Konzentrationen von P. aeruginosa und
L. pneumophila zum Zeitpunkt der maximalen Persistenz.
Maximale Werte aus 2 (EPDM NaOCl-behandelt, EPDM ClO2behandelt, PE-Xb NaOCl-behandelt, PE-Xb ClO2-behandelt,
PE-Xc neu, PE-Xc NaOCl-behandelt, Kupfer neu, Kupfer
Trinkwasser-exponiert) oder 4 (EPDM neu, PE-Xb neu)
unabhängigen Experimenten. Die Dauer der Experimente
betrug 28 Tage.
Werkstoff
Maximale Nachweisbarkeit im Biofilm in Tagen
(Konzentration in KBE bzw. Zellen/cm²)
P. aeruginosa
L. pneumophila
Kulturell
FISH
Kulturell
FISH
28
(1,06)
28
(7,28 x 102)
28
(1,55 x 102)
28
(1,84 x 104)
28
(1,16 x 101)
14
(3,47 x 102)
28
(7,38 x 102)
28
(1,10 x 104)
EPDM ClO2-behandelt
28
(0,70)
28
(4,21 x 104)
28
(4,55 x 103)
28
(1,46 x 105)
PE-Xb neu
28
(0,69)
28
(5,21 x 103)
28
(7,27 x 101)
28
(4,44 x 103)
PE-Xb NaOCl-behandelt
28
(2,78)
28
(4,99 x 101)
28
(2,14 101)
28
(1,54 x 102)
PE-Xb ClO2-behandelt
28
(0,69)
28
(1,17 x 103)
28
(2,73 x 103)
28
(4,51 x 103)
PE-Xc neu
28
(0,69)
28
(3,09 x 103)
28
(1,81 x 102)
28
(4,11 x 102)
PE-Xc NaOCl-behandelt
28
(1,02)
28
(2,73 x 102)
28
(3,80 x 102)
28
(1,46 x 103)
Kupfer neu
0
(< 0,34)
0
(< 103)
28
(5,62)
28
(9,70 x 102)
Kupfer Trinkwasser-exponiert
0
(< 0,34)
0
(< 103)
28
(4,89)
28
(6,61 x 103)
EPDM neu
EPDM NaOCl-behandelt
Einnistung von Pathogenen
297
In den Reaktorabläufen wurden P. aeruginosa und L. pneumophila in
100 mL-Volumina mindestens genauso lange nachgewiesen wie in den
entsprechenden Biofilmen.
Das coliforme Bakterium E. nimipressuralis wurde kulturell in keinem der
Biofilme oder Reaktorabläufe nachgewiesen. Ein Nachweis möglicher nichtkultivierbarer E. nimipressuralis mit der FISH-Methode war in Ermangelung
einer geeigneten Oligonukleotidsonde nicht möglich.
Die Genotypisierung der P. aeruginosa- und L. pneumophila-Isolate aus
Biofilmen und Wasserphase mit der PFGE zeigte, dass die Bandenmuster der
Isolate aus Biofilmen auf allen neuen und gealterten Werkstoffen und aus der
Wasserphase immer denen aus dem Inokulum glichen und es sich somit um
identische Klone handelte; in den Bildern 13 und 14 sind beispielhaft die
Bandenmuster von Isolaten aus Reaktorversuchen mit neuem und
NaOCl-gealtertem EPDM und PE-Xb gezeigt. Dieser Befund bestätigte, dass
die ursprünglich zum Animpfen verwendeten P. aeruginosa- und
L. pneumophila-Stämme in den Biofilmen persistiert haben und es nicht zu
Sekundärkontaminationen mit anderen Klonen von P. aeruginosa bzw.
L. pneumophila aus dem Trinkwasser kam.
Einnistung von Pathogenen
298
Bild 13:
M
A 28 d
B1d
A 28 d
A 28 d
B 28 d
B1d
NaOCl
A 28 d
B 28 d
B1d
I
I
M
neu
B1d
PE-Xb
neu
NaOCl
EPDM
PFGE von P. aeruginosa-Isolaten des Inokulums (I), aus den
Biofilmen (B) auf neuem und NaOCl-behandeltem EPDM und
PE-Xb sowie aus den entsprechenden Reaktorabläufen (A). M,
Marker
Einnistung von Pathogenen
299
M
A 28 d
B 28 d
NaOCl
B1d
A 28 d
B 28 d
A 28 d
B1d
B 28 d
A1d
A 28 d
B1d
A 28 d
B 14 d
B1d
A1d
I
M
Bild 14:
NaOCl
A1d
PE-Xb
neu
EPDM
neu
PFGE von L. pneumophila-Isolaten des Inokulums (I), aus den
Biofilmen (B) auf neuem und NaOCl-behandeltem EPDM und
PE-Xb sowie aus den entsprechenden Reaktorabläufen (A). M,
Marker.
4.4
Amöben in Trinkwasserbiofilmen auf Werkstoffen der TrinkwasserInstallation
Da Amöben eine wichtige Rolle in der Vermehrung und Persistenz von
Bakterien, insbesondere Legionellen, in Biofilmen spielen können, wurde die
Anwesenheit von Amöben in Trinkwasserbiofilmen auf den in dieser Arbeit
verwendeten Werkstoffen der Trinkwasser-Installation untersucht. Biofilme
wurden auf neuem EPDM, PE-Xb, PE-Xc und Kupfer angezüchtet und nach 14
Tagen mit P. aeruginosa, L. pneumophila und E. nimipressuralis beimpft. Die
Anwesenheit von Amöben in den Biofilmen wurde vor Animpfen und 24 h nach
Animpfen mit der FISH überprüft. Dazu wurden spezifische Sonden für die
300
Einnistung von Pathogenen
Detektion von Eukaryoten sowie für die Amöben Hartmannella spp. und
Acanthamoeba spp. verwendet.
In Biofilmen auf allen Werkstoffen konnten sowohl vor als auch nach Animpfen
eukaryotische Zellen sowie Hartmannella spp. und Acanthamoeba spp.
nachgewiesen werden. Bei den eukaryotischen Zellen handelte es sich
ausschließlich um Protozoen. Die Konzentration von eukaryotischen Protozoen
sowie von Acanthamoeba spp. war sowohl vor als auch nach Animpfen in
Biofilmen auf EPDM am höchsten und auf Kupfer am geringsten. Im Fall von
Hartmannella spp. war die Konzentration vor Animpfen ebenfalls am höchsten
in Biofilmen auf EPDM und am geringsten auf Kupfer, nach dem Animpfen war
sie jedoch am geringsten auf PE-Xb (Bild 15). Generell konnte eine Korrelation
zwischen der Gesamtzellzahl, welche im Wesentlichen die Gesamtheit der
Bakterienzellen repräsentiert, und der Konzentration von eukaryotischen
Protozoen (R² = 0,95) sowie Hartmannella spp. (R² = 0,89) und Acanthamoeba
spp. (R² = 0,84) festgestellt werden. Tendenziell war die Konzentration der
FISH-positiven Acanthamoba spp. nach dem Animpfen in Biofilmen auf allen
Werkstoffen geringfügig höher als in unbeimpften Biofilmen. Für eukaryotische
Protozoen und Hartmannella spp. wurde ein derartiger Zusammenhang nicht
beobachtet. Der relativ hohe Anteil (≥ 27 %) von Hartmannella spp. und
Acanthamoeba spp. an den gesamten eukaryotischen Protozoen deutet darauf
hin, dass es sich um dominante Gattungen in den Trinkwasser-Biofilmen
handelte.
Einnistung von Pathogenen
Bild 15:
301
Gesamtzellzahl und Konzentration von eukaryotischen
Protozoen, Hartmannella spp. und Acanthamoeba spp. in
Trinkwasserbiofilmen auf Werkstoffen
Installation vor und nach Animpfen
L. pneumophila und E. nimipressuralis.
wurde mit der DAPI-Methode und die
der Trinkwassermit P. aeruginosa,
Die Gesamtzellzahl
Konzentration der
Eukaryoten sowie von Hartmannella spp. und Acanthamoeba
spp. mit der FISH bestimmt. Die Ergebnisse sind Mittelwerte
aus
zwei
voneinander
unabhängig
durchgeführten
Experimenten.
4.5
Revitalisierung von kupfergestressten P. aeruginosa aus Trinkwasserbiofil¬men
Bei der Vorbereitung der Zielorganismen zum Animpfen der Trinkwasserbiofilme (3.2.3.) wurde festgestellt, dass die Kultivierbarkeit von P. aeruginosa
nach 24 h statischer Inkubation in sterilem Trinkwasser um bis zu 3
Zehnerpotenzen abnahm. Außerdem fiel wie oben dargestellt auf, dass die
Konzentrationen der kultivierbaren P. aeruginosa in Trinkwasserbiofilmen
302
Einnistung von Pathogenen
deutlich geringer war als die Anzahl der mit FISH nachweisbaren P. aeruginosa
(Bild 6 - 8). Da es sich bei dem für die Vorbereitung des Inokulums und für die
Anzucht von Biofilmen verwendeten Trinkwasser um Wasser aus einer
Kupferleitung handelte, das Kupferkonzentrationen von durchschnittlich 0,017
mg/L (27 µM) enthielt, wurde die Hypothese aufgestellt, dass P. aeruginosa in
Anwesenheit von Kupferionen im Trinkwasser in einen nicht kultivierbaren, aber
vitalen Zustand übergeht. In einer begleitenden Untersuchung mit
kupferhaltigem Trinkwasser und mit deionisiertem Wasser, das mit Kupfersulfat
versetzt wurde, wurde diese Hypothese bestätigt (Dwidjosiswojo et al., 2010).
Desweiteren konnte gezeigt werden, dass der durch Kupferionen
hervorgerufene nicht kultivierbare Zustand reversibel war. P. aeruginosa konnte
durch Aufhebung des Kupferstresses mit Hilfe eines Chelators (NDDC), der
Kupferionen bindet, wieder in einen kultivierbaren Zustand überführt werden
(Dwidjosiswojo et al., 2010). Diese Untersuchungen wiesen darauf hin, dass
Kupferionen bei P. aeruginosa einen VBNC-Zustand induzierten, in dem die
Bakterien nicht mehr kultivierbar, aber noch lebensfähig waren. Um
herauszufinden, ob diese Prozesse auch in Biofilmen möglich sind, wurde ein
mit P. aeruginosa, L. pneumophila und E. nimipressuralis beimpfter Biofilm
abgeschabt und in Suspension mit dem Kupferchelator NDDC
(Endkonzentration 100 µM) inkubiert. Wie bereits oben beschrieben war auch in
diesen Versuchen die Konzentration kultivierbarer P. aeruginosa deutlich
geringer als die der mit FISH nachweisbaren P. aeruginosa (Anteil 0,07 %).
Nach 7tägiger Inkubation der Biofilmsuspension ohne den Kupferchelator war
die Konzentration kultivierbarer P. aeruginosa nur geringfügig höher (Bild 15).
Es kam zu keiner wesentlichen Änderung der Konzentration des kultivierbaren
Anteils; der Unterschied zur Konzentration der FISH-positiven P. aeruginosa
betrug immer noch 3 Zehnerpotenzen (Anteil 0,08 %). Wurde jedoch die
Biofilmsuspension in Anwesenheit des Chelators NDDC inkubiert, stiegen
sowohl die Anzahl der kultivierbaren als auch die der FISH-positiven
P. aeruginosa auf 4,45 x 104 KBE/cm² bzw. 5,45 x 105 Zellen/cm² an. Der Anteil
kultivierbarer P. aeruginosa an mit FISH nachweisbaren P. aeruginosa erhöhte
sich auf 8,2 % (Bild 16). Die Gesamtzellzahl und der HPC änderten sich nicht.
Einnistung von Pathogenen
303
0,60
freies Chlor (mg/L)
0,50
0,40
0,30
0,20
0,10
0,00
0
2000
4000
6000
8000
10000
12000
Legionellenkonzentration (KBE/100 mL)
Bild 16:
Kultivierbare und FISH-positive P. aeruginosa sowie
Gesamtzellzahl und Koloniezahl (HPC) in Trinkwasserbiofilmen auf EPDM vor und nach 7 d Inkubation (statisch,
20 °C) ohne bzw. mit dem Kupferchelator NDDC (100 µ M). Die
Ergebnisse sind Mittelwerte aus drei parallelen Experimenten
5
Diskussion
5.1
Biofilmbildung auf neuen und gealterten Werkstoffen der Trinkwasser-Installation
Es ist davon auszugehen, dass alle Trinkwasser-exponierten Oberflächen mit
Biofilmen besiedelt werden. Es wurde geschätzt, dass 95 % der gesamten
Biomasse in Trinkwasserverteilungssystemen sich in Form von Biofilmen auf
den Rohrinnenseiten und anderen benetzten Flächen befinden (Flemming et
al., 2002). In dem Warmwassersystem einer Trinkwasser-Installation wurden
ebenfalls die meisten kultivierbaren Bakterien (72 %) an Oberflächen gefunden
(Bagh et al., 2004). Es handelt sich meist um eine relativ dünne, unregelmäßige
Besiedlung in Form einzelner Zellen und Mikrokolonien (Ridgway und Olson,
304
Einnistung von Pathogenen
1981; Pedersen, 1990; Servais et al., 1995); es können unter bestimmten
Umständen aber auch flächendeckende Biofilme vorliegen (Kilb et al., 2003).
Schon früh wurde festgestellt, dass Art und Eigenschaften der verwendeten
Werkstoffe die Biofilmbildung in Trinkwassersystemen und die Persistenz von
hygienisch relevanten Mikroorganismen in diesen Biofilmen beeinflussen
(Colbourne, 1985; Schönen, 1986; Rogers et al., 1994a, b). Dabei beziehen
sich die meisten Studien auf Werkstoffe der Trinkwasserverteilung. Werkstoffe,
die in der Trinkwasser-Installation von Privathäusern und öffentlichen
Gebäuden eingesetzt werden, wurden weniger oft untersucht (Eboigbodin et al.,
2008). Es gibt Hinweise darauf, dass die Koloniezahl heterotropher Bakterien
(HPC) im Trinkwasser während der Verteilung auf dem Weg vom Wasserwerk
zur Entnahmestelle beim Konsumenten zunimmt und dass der größte Teil
dieser Bakterien, die sich zum Zeitpunkt der Entnahme im Trinkwasser
befinden, aus der Trinkwasser-Installation stammt und nicht aus dem
Rohwasser oder der öffentlichen Wasserverteilung (Pepper et al., 2004).
Um die Bereitstellung von hygienisch einwandfreiem Trinkwasser an der
Entnahmestelle zu gewährleisten, sollten die Auswahl von Werkstoffen für die
Trinkwasser-Installation sowie die möglichen Einflüsse von Desinfektionsmaßnahmen auf die Besiedelbarkeit von Werkstoffen in Betracht gezogen
werden. Werkstoffe im Kontakt mit Trinkwasser können mit zunehmendem Alter
Änderungen ihrer Beschaffenheit, z. B. durch die Anwesenheit von
Desinfektionsmitteln oder bei Metallen in Form von Deckschichtbildung
erfahren. Der Einfluss chemischer Desinfektion mit oxidativen Desinfektionsmitteln wie Chlor, Natriumhypochlorit oder Chlordioxid wurde vor allem für PE-X
Materialien untersucht. Bisher wurden jedoch nur die physikalischen und
chemischen und strukturellen Veränderungen des Werkstoffs analysiert
(Hassinnen et al., 2004; Castagnetti et al., 2008). Die Induktion entsprechender
chemischer und struktureller Veränderungen durch Natriumhypochlorit und
Chlordioxid wurden ebenfalls für die in der vorliegenden Arbeit verwendeten
Werkstoffe EPDM und PE-Xb nachgewiesen (Schaule et al., 2010; dieser
Band). Der Effekt von Materialveränderungen auf die Besiedlung durch
Mikroorganismen, speziell durch hygienisch relevante Bakterien, wurde bislang
nicht untersucht. Studien weisen darauf hin, dass Eigenschaften von
Oberflächen wie z. B. Hydrophobizität oder Rauheit, aber auch die Auslaugung
mikrobiell verwertbarer Substanzen die Anheftung und Biofilmbildung von
Mikroorganismen beeinflussen (Pedersen et al., 1990; Rogers et al., 1994a, b;
Einnistung von Pathogenen
305
Melo und Bott, 1997; Shin et al., 2007). Mögliche Materialveränderungen, die
durch den Einsatz oxidativer Desinfektionsmittel im Rahmen von
Sanierungsmaßnahmen bedingt sind oder aber auch Deckschichtbildungen auf
metallischen Werkstoffen, könnten somit die Biofilmbildung mit heterotrophen
Wasserbakterien, aber auch die Ansiedlung hygienisch relevanter Bakterien auf
den Werkstoffoberfläche in Trinkwassersystemen beeinflussen.
In der vorliegenden Arbeit wurde die Biofilmbildung auf den für TrinkwasserInstallationen relevanten Werkstoffen EPDM, PE-Xb, PE-Xc und Kupfer
quantitativ anhand der Gesamtzellzahl und der Koloniezahl heterotropher
Bakterien (HPC) über 43 Tage verfolgt. Es wurde festgestellt, dass unter den
Bedingungen des Kleinreaktorsystems mit kontinuierlichem Durchfluss von
Trinkwasser alle Werkstoffe mit Mikroorganismen besiedelt wurden,
unabhängig davon, ob es sich um neue oder durch Natriumhypochlorit- oder
Chlordioxidbehandlung (EPDM, PE-Xb und c) bzw. durch Trinkwasserexposition (Kupfer) gealterte Werkstoffe handelte. Es bestand dabei die
Tendenz höherer Gesamtzellzahlen der Biofilme auf EPDM (im Bereich von ca.
1 Zehnerpotenz) als auf PE-Xb, PE-Xc und Kupfer, deren Biofilme ähnliche
Gesamtzellzahlen aufwiesen. Die Konzentration der kultivierbaren HPCBakterien waren ebenfalls geringfügig höher auf EPDM als auf PE-Xb und c.
Auffällig war die um zwei bis drei Zehnerpotenzen niedrigere Koloniezahl auf
Kupfer im Vergleich zu PE-X b und c, obwohl die Gesamtzellen der Biofilme auf
diesen Werkstoffen ähnlich war. In den meisten Experimenten waren nur
geringfügige Unterschiede in den Gesamtzellzahlen und Koloniezahlen der
Biofilme über den Versuchszeitraum von 43 Tagen zwischen jeweils neuen und
gealterten Werkstoffen zu beobachten.
Ein direkter Vergleich der vier in dieser Arbeit verwendeten Werkstoffe der
Trinkwasser-Installation sowie ihrer Alterung hinsichtlich der Biofilmbildung ist
bisher nicht beschrieben worden. Aus einigen anderen Praxisbeobachtungen
und Laboruntersuchungen geht aber auch hervor, dass EPDM und andere
elastomere Materialien im Trinkwasser eine ausgeprägte Bildung von Biofilmen
aufwiesen (Rogers et al., 1994b; Kilb et al., 2003; Bressler et al., 2009) und
höhere Gesamtzellzahlen bzw. Koloniezahlen auftraten als in Biofilmen auf
Kunststoffen oder metallischen Werkstoffen. Die erhöhte Biofilmbildung wurde
auf die Auslaugung mikrobiell verwertbarer organischer Substanzen aus
elastomeren Werkstoffen und die damit verbundene Schaffung günstiger
306
Einnistung von Pathogenen
Nährstoffbedingungen für die Vermehrung von Biofilmorganismen zurückgeführt
(Rogers et al., 1994b; Keevil, 2002; Kilb et al., 2003). Allerdings hängt das
Ausmaß der Biofilmbildung von der Qualität des EPDM ab. Das in dieser Arbeit
verwendete EPDM, welches den Anforderungen der KTW-Empfehlung und dem
DVGW-Arbeitsblatt W 270 entsprach und somit die Empfehlung für den Einsatz
im Trinkwasserbereich besaß, wies deutlich geringere Gesamtzellzahlen und
Koloniezahlen auf als EPDM ohne Empfehlung für den Trinkwasserbereich
(Bressler et al., 2009; Schaule et al., 2010, dieser Band).
Eine Biofilmbildung auf Kupfer wurde auch in einigen anderen Untersuchungen
beschrieben. Kupfercoupons, die für 12 bis 15 Tage in einem Trinkwasserverteilungssystem exponiert waren, wiesen Biofilme auf, jedoch mit niedrigeren
Gesamtzellzahlen und Koloniezahlen (HPC) im Vergleich zu Biofilmen auf
PE-HD (Schwartz et al., 1998). Wie auch in den eigenen Untersuchungen
festgestellt wurde, war der Anteil der kultivierbaren Bakterien an der
Gesamtzellzahl auf Kupfer deutlich niedriger als auf dem Kunststoff. Basierend
auf Gesamtzellzahlbestimmungen fanden Lehtola et al. (2004) eine langsamere
Bildung von Trinkwasserbiofilmen in Kupferrohren als in Rohren aus PE, aber
nach 200 Tagen wurde kein Unterschied in den Zelldichten auf Kupfer und PE
mehr gefunden. Wingender und Flemming (2004) beschrieben gleiche oder
sogar geringfügig höhere Gesamtzellzahlen in Biofilmen auf Kupfercoupons als
auf PE-Coupons, die für 18 Monate in einem Trinkwasserverteilungssystem
exponiert worden waren. Van der Kooij et al. (2005) berichteten, dass
Koloniezahlen (HPC) und ATP-Gehalte von Biofilmen auf PE-X höher waren als
in Biofilmen auf Kupfer in einem Warmwassersystem über einen
Beobachtunsgzeitraum von 2 Jahren. In statischen Experimenten wurde
festgestellt, dass die Bildung von Trinkwasserbiofilmen, erfasst über ATPMessungen, auf Kupfer am geringsten war im Vergleich zu PE-X und PE sowie
anderen Kunststoffen nach einer Exposition bei 30 °C für 112 Tage
(Tsvetanova und Hoekstra, 2009) oder bei 25 °C für 90 Tage (Yu et al., 2010).
Diese Befunde weisen darauf hin, dass sich auf Kupfer Trinkwasserbiofilme mit
ähnlichen Gesamtzellzahlen wie auf Kunststoffen über längere Zeiträume von
Wochen bis Monaten bilden können. Die zeitliche Entwicklung des Anteils der
kultivierbaren und stoffwechselaktiven Bakterien, gemessen anhand von
Koloniezahl- und ATP-Bestimmungen, verlief jedoch auf Kupfer häufig in
geringerem Ausmaß und verzögert im Vergleich zu anderen Werkstoffen. Der
geringere Anteil kultivierbarer oder stoffwechselaktiver Bakterien an der
Einnistung von Pathogenen
307
Gesamtzellzahl in Trinkwasserbiofilmen auf Kupfer kann erklärt werden durch
die inhibitorische Wirkung von gelösten Kupferionen, welche die Stoffwechselaktivität stören, Zellschädigungen verursachen oder den Übergang der
Biofilmzellen in den VBNC-Zustand induzieren.
5.2
Biofilmpopulationen auf neuen und gealterten Werkstoffen
Die Zusammensetzung der Biofilmpopulationen auf neuen und gealterten
Werkstoffen der Trinkwasser-Installation wurde mit Hilfe der PCR-DGGE
untersucht. Es ergaben sich unterschiedliche Bandenmuster für alle neuen und
gealterten Werkstoffe. Die Diversität der Biofilmpopulationen war in 14 Tage
alten Biofilmen auf den Werkstoffen EPDM, PE-Xb und PE-Xc höher als in
Biofilmen auf Kupfer. Bisher wurde die Methode der PCR-DGGE gelegentlich
zur Analyse von Biofilmpopulationen im Trinkwasser eingesetzt (Emtiazi et al.,
2004; Lee et al., 2005; Bressler et al., 2009; Bai et al., 2010; Deines et al.,
2010); Vergleiche von Biofilmpopulationen auf unterschiedlichen Werkstoffen
wurden dabei jedoch nicht angestellt. Eine Ausnahme stellt die Arbeit von Yu et
al. (2010) dar, in der 90 Tage alte Biofilme auf statisch in Trinkwasser bei 25 °C
inkubierten Werkstoffen untersucht wurden. Dabei wurde ebenfalls eine höhere
Diversität der Biofilme auf Kunststoffmaterialien wie PE, PVC und Polybutylen
im Vergleich zu Kupfer festgestellt.
Ein Vergleich der neuen und auf unterschiedliche Art gealterten Werkstoffe
zeigte, dass die Ähnlichkeit der Biofilmpopulationen untereinander auf den vier
verschiedenen Werkstoff-Typen zwischen 36 % bis 49 % betrug, während
höhere Ähnlichkeiten von 54 % bis 75 % der Biofilmpopulationen auf jeweils
einem neuen und gealterten Werkstoff auftraten. Die Unterschiede in den Biofilmpopulationen auf den Werkstoffen EPDM und PE-Xb und c können
möglicherweise durch unterschiedliche Nährstoffverhältnisse an der Werkstoffoberfläche aufgrund der Auslaugung werkstoffspezifischer, mikrobiell verwertbarer Substanzen verursacht worden sein. Auf Kupfer könnten sich spezifisch
Biofilme aus Populationen bilden, die tolerant gegenüber antimikrobiell wirkenden Kupferionen an der Werkstoffoberfläche sind. Insgesamt weisen diese
Ergebnisse darauf hin, dass die Zusammensetzung von Bakterienpopulationen
in Trinkwasserbiofilmen zwar durch alterungsbedingte Veränderungen eines
Werkstoffes beeinflusst werden kann; jedoch scheinen andere Faktoren wie
hier gezeigt der Werkstoff-Typ, aber auch die Wassertemperatur, das Biofilm-
Einnistung von Pathogenen
308
alter, die chemische Beschaffenheit des Trinkwassers und die Anwendung von
Desinfektionsmitteln zur Biofilmbekämpfung (Lee et al., 2005; Deines et al.,
2010; Roeder et al., 2010) ebenfalls einen deutlichen Einfluss auf die Zusammensetzung von Bakterienpopulationen in Trinkwasserbiofilmen zu haben.
5.3
Einfluss von Werkstoffveränderungen auf die Einnistung und
Persistenz von hygienisch rele¬vanten Bakterien in Trinkwasserbiofilmen
In der vorliegenden Arbeit wurden die trinkwasserrelevanten, fakultativ
pathogenen Bakterienspezies P. aeruginosa und L. pneumophila sowie das
coliforme Bakterium E. nimipressuralis ausgewählt, um deren Einnistung und
Persistenz in Trinkwasserbiofilmen auf den vier Werkstoffen EPDM, PE-Xb, PEXc und Kupfer in Abhängigkeit von deren Alterung zu untersuchen. Bei allen
Bakterienstämmen handelte es sich um Isolate aus Kontaminationsfällen von
Trinkwassersystemen. Es wurden 14 Tage alte Biofilme mit den Organismen
angeimpft und deren Konzentration in den Biofilmen kulturell und mit der
kultivierungsunabhängigen FISH-Methode über 28 Tage verfolgt. Dabei traten
deutlich spezies- und werkstoffabhängige Unterschiede in der Konzentration
und der Dauer des Nachweises der Zielorganismen in den Trinkwasserbiofilmen auf. L. pneumophila wurde in Biofilmen auf allen neuen und gealterten
Werkstoffen über den gesamten Zeitraum von 28 Tagen mit der kulturellen
Methode und der FISH nachgewiesen. P. aeruginosa nistete sich ebenfalls in
Biofilme sowohl auf neuem als auch auf gealtertem EPDM, PE-Xb und PE-Xc
ein und wurde kulturell sowie mit der FISH für 28 Tage nachgewiesen; eine
Ausnahme bestand darin, dass P. aeruginosa in Biofilmen auf Natriumhypochlorit-behandeltem EPDM mit der FISH nur über 14 Tage nachweisbar war. Im
Gegensatz zu L. pneumophila wurde P. aeruginosa zu keinem Zeitpunkt weder
kulturell noch mit der FISH auf Kupfer gefunden. Dieser hemmende Effekt auf
die Ansiedlung von P. aeruginosa war sowohl auf neuem als auch gealtertem
(Trinkwasser-exponiertem) Kupfer zu beobachten. Allerdings wurden mit der
HPC-Methode heterotrophe Biofilmbakterien kulturell nachgewiesen. Dies weist
darauf hin, dass der verwendete Stamm P. aeruginosa AdS eine höhere
Empfindlichkeit gegenüber Kupferionen aufwies als andere heterotrophe
Biofilmbakterien sowie der verwendete L. pneumophila-Stamm. Im Unterschied
zu P. aeruginosa und L. pneumophila wurde für das coliforme Bakterium
E. nimipressuralis keine Einnistung in Trinkwasserbiofilme auf den
Einnistung von Pathogenen
309
verschiedenen Werkstoffen nachgewiesen. Die zusätzliche Anwesenheit von P.
aeruginosa und L. pneumophila in der Wasserphase während des Zeitraums
ihres Nachweises in den Biofilmen deutete darauf hin, dass diese Bakterien aus
dem Biofilm ausgetragen wurden und die Wasserphase kontaminierten. Die
Genotypisierung von P. aeruginosa- und L. pneumophila-Isolaten aus den
Biofilmen und der Wasserphase mit der PFGE zeigte jeweils identische Klone
der beiden Spezies. Dies wies darauf hin, dass es sich über den gesamten
Untersuchungszeitraum bei den Zielorganismen um den ursprünglichen Klon
handelte, mit dem die Biofilme angeimpft worden waren und nicht um andere
Klone, die durch sekundäre Kontaminationen aus der Trinkwasser-Installation
oder von außen in die Biofilme eingetragen wurden. Außerdem wurde damit
bestätigt, dass die Organismen im Trinkwasser aus den Biofilmen stammten.
Somit haben die Versuche gezeigt, dass sich die fakultativ pathogenen
Bakterien P. aeruginosa und L. pneumophila in bestehende Trinkwasserbiofilme
auf EPDM, PE-X und im Fall von L. pneumophila auch auf Kupfer einnisten und
dort über längere Zeiträume persistieren können. Dies geschieht unabhängig
davon, ob es sich um Trinkwasserbiofilme auf neuen oder gealterten
Werkstoffen handelt. Die Organismen lagen sowohl in kultivierbarer Form und
zu einem besonders hohen Anteil im Fall von P. aeruginosa in einem nichtkultivierbaren Zustand vor, in welchem die Zellen nur mit der FISH erfasst
wurden.
Mehrere Studien haben sich bereits mit der Einnistung von L. pneumophila in
Biofilme beschäftigt, während für die Einnistung von P. aeruginosa noch relativ
wenig bekannt ist. Sowohl im Warmwasserbereich als auch im Kaltwasserbereich wurde die Ansiedlung und Persistenz von natürlicherweise im
Trinkwasser vorhandenen L. pneumophila in sich bildenden Biofilmen der
autochthonen Trinkwasser-Mikroflora auf verschiedenen Werkstoffen wie
Ethylen-Propylen, PE-X, PVC und Kupfer beobachtet (Keevil, 2002; Rogers et
al., 1994a, b; van der Kooij et al., 2002, 2005; Gião et al., 2009a). Aber auch die
experimentelle Beimpfung von bestehenden Trinkwasserbiofilmen mit
L. pneumophila und die nachfolgende Einnistung, Persistenz oder Vermehrung
in Abhängigkeit von den Umweltbedingungen wurden verschiedentlich
beschrieben (Armon et al., 1997; Långmark et al., 2005; Lehtola et al., 2007),
allerdings meist auf anderen Werkstoffen als den für die TrinkwasserInstallation relevanten Werkstoffen, die in der vorliegenden Arbeit verwendet
wurden. Erhöhte Konzentrationen von L. pneumophila werden häufig in
310
Einnistung von Pathogenen
Warmwassersystemen gefunden mit Wassertemperaturen, die günstig für die
Vermehrung dieser Bakterien sind (25 °C bis 45 °C). Die vorliegende Arbeit
zeigt aber, dass auch bei Wassertemperaturen unter 25 °C eine Einnistung und
mehrwöchige Persistenz von L. pneumophila in Trinkwasserbiofilmen möglich
ist. Diese Beobachtung an Biofilmen auf Werkstoffen der TrinkwasserInstallation stimmt mit Befunden aus anderen Versuchssystemen überein.
Armon et al. (1997) berichteten, dass L. pneumophila in heterotrophen
Trinkwasserbiofilmen auf Glas und PVC bei 24 °C für mehr als 40 Tage
überlebte. Lehtola et al. (2007) fanden, dass nach Animpfung von einem Monat
alten Trinkwasserbiofilmen auf PVC mit L. pneumophila diese Bakterien in den
Biofilmen bei einer Temperatur von 15 °C unter hohe n Scherkräften und
turbulenter Strömung für mindestens 4 Wochen persistierte und während dieses
Zeitraums auch in der Wasserphase nachweisbar war. Långmark et al. (2005)
berichteten, dass bei niedrigeren Temperaturen von 5,0 °C bis 8,5 °C die
Animpfung von 8 Wochen alten Biofilmen auf Glas zu einer Anreicherung und
Persistenz von L. pneumophila unter Durchfluss mit gechlortem und UVbehandeltem Wasser über den gesamten Versuchszeitraum von 38 Tagen
führte. Diese Beobachtungen und die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit
zeigen, dass Biofilme im Kaltwasserbereich ein Reservoir für L. pneumophila
darstellen. L. pneumophila kann somit auch außerhalb seines optimalen
Temperaturbereichs der Vermehrung (25 °C - 45 °C) i n Biofilmen überdauern
und sich bei einer Temperaturerhöhung möglicherweise vermehren.
Die Konzentrationen kulturell nachweisbarer L. pneumophila variierten in dieser
Studie in Abhängigkeit der verschiedenen neuen und gealterten Werkstoffe,
aber auch zwischen mehreren Einzelexperimenten mit demselben Werkstoff.
Dies weist darauf hin, dass nicht allein die Eigenschaften der Oberfläche, auf
der ein Biofilm wächst, sondern auch andere Parameter wie die Beschaffenheit
des Wassers, Temperatur und die Begleitflora die Persistenz und Anreicherung
von L. pneumophila in Trinkwasserbiofilmen beeinflussen. Auffällig war die
starke Konzentrationsabnahme kultivierbarer L. pneumophila in Biofilmen auf
Kupfer im Vergleich zu EPDM und PE-X. Eine hemmende Wirkung von Kupfer
auf L. pneumophila wurde bereits in anderen Studien beschrieben. So führte
Kupfer im Vergleich zu PE-X zu eingeschränktem Wachstum von
L. pneumophila in Trinkwasserbiofilmen eines Modell-Warmwassersystems
(van der Kooij et al., 2005). Dieser Effekt war jedoch nur während der ersten
250 Tage zu beobachten; nach 2 Jahren waren die Konzentrationen auf beiden
Einnistung von Pathogenen
311
Werkstoffen gleich. Keevil (2002) berichtete, dass L. pneumophila zwar
etablierte Biofilme auf gealterten Kupferoberflächen besiedelte, jedoch nur in
geringer Anzahl kultivierbar war.
Bei einem Vergleich der neuen und gealterten Werkstoffe fiel auf, dass die
Konzentrationen kultivierbarer L. pneumophila in Biofilmen auf ClO2-gealterten
Werkstoffen (EPDM und PE-Xb) am Ende des Versuchszeitraums (28 d)
deutlich höher waren als in Biofilmen auf den entsprechenden neuen und
NaOCl-behandelten Werkstoffen. Ein Zusammenhang zwischen der Konzentration der Biofilmorganismen (Gesamtzellzahl und Koloniezahl) und der
Anwesenheit und Konzentration von L. pneumophila konnte nicht festgestellt
werden. Diese Beobachtung stimmt mit den Ergebnissen von Rogers et al.
(1994b) überein. Andere Studien dagegen berichten, dass erhöhte
Konzentrationen an gesamter Biomasse des Biofilms mit einer höheren Anzahl
von L. pneumophila im Biofilm assoziiert waren (van der Kooij et al., 2002;
Kuiper et al., 2004).
Das Vorkommen von P. aeruginosa in Biofilmen auf Werkstoffen der
Trinkwasser-Installation wurde in der Literatur selten beschrieben. In der
öffentlichen Trinkwasserverteilung wurde P. aeruginosa nur sporadisch in
Biofilmen auf verzinktem Eisen (Lee and Kim, 2003), auf Stahlcoupons (Emtiazi
et al., 2004) und in einem von 13 Biofilmen auf EPDM-beschichteten Schiebern
(Kilb et al., 2003) gefunden. In dem Chemostat-Modellsystem einer
Trinkwasser-Installation wurden natürlicherweise mit dem Wasser eingetragene
P. aeruginosa-Bakterien kulturell in Biofilmen der autochthonen Trinkwassermikroflora nachgewiesen, die auf Polybutylen bei 20 °C, 40 °C oder 50 °C
gewachsen waren (Rogers et al., 1994a). Im gleichen Versuchssystem
enthielten bei 30 °C gebildete Biofilme auf Polypro pylen und PE bereits nach
24 h 1,9 KBE/cm² bzw. 260 KBE/cm² P. aeruginosa. Auch auf Stahl wurde
P. aeruginosa (30 KBE/cm²) nach einer Versuchsdauer von 21 Tagen
nachgewiesen (Rogers et al., 1994b). In Einnistungsversuchen mit DurchflussReaktoren wurde die Persistenz von P. aeruginosa in Konzentrationen von ca.
1 x 102 bis 3 x 102 KBE/cm² in Trinkwasserbiofilmen auf EPDM-Coupons über
28 Tage festgestellt (Bressler et al., 2009). Auch Colbourne (1985) zeigte einen
wachstumsfördernden Einfluss von EPDM auf P. aeruginosa.
312
Einnistung von Pathogenen
P. aeruginosa konnte in Biofilmen auf neuem und gealtertem Kupfer weder
kulturell noch mit der FISH-Methode nachgewiesen werden. Eine Erklärung
könnte sein, dass die Bakterien keine Mechanismen besitzen, um sich direkt an
die Kupferoberflächen anzuheften oder aber durch die Konkurrenz mit den
vorhandenen Biofilmbakterien keine Ansiedlung ermöglicht wird. Es kann aber
auch vermutet werden, dass eine Schädigung bzw. Abtötung von P. aeruginosa
stattfindet, die durch von der Werkstoffoberfläche an den Biofilm und das
umgebende Wasser abgegebene Kupferionen verursacht wurde. Diese
Hypothese wird gestützt durch die Beobachtung von Elguindi et al. (2009), dass
kurz nach Kontakt von P. aeruginosa mit der Oberfläche verschiedener
Kupferlegierungen ein rasches Absterben der kulturell nachweisbaren Bakterien
erfolgte. In anderen Studien wurde aber gezeigt, dass P. aeruginosa in
Biofilmen auf Kupferrohren von wasserführenden Systemen vorkommt (Wagner
et al., 1992; Wallace et al., 1994). Weitere Untersuchungen sind erforderlich,
um Bedingungen für die Einnistung von P. aeruginosa in Biofilme auf
Kupferoberflächen aufzuklären.
5.4
Nicht-kultivierbarer Zustand von P. aeruginosa und L. pneumophila
in Trinkwasserbiofilmen auf Werkstoffen der TrinkwasserInstalla¬tion
In den Trinkwasserbiofilmen auf EPDM, PE-Xc und b war die Konzentration von
kultivierbaren L. pneumophila durchgehend höher als die Konzentration
kultivierbarer P. aeruginosa. Wurden P. aeruginosa und L. pneumophila mit der
kultivierungsunabhängigen FISH-Methode nachgewiesen, lagen die Konzentrationen für beide Organismen in der gleichen Größenordnung. Generell waren
die Konzentrationen von P. aeruginosa und L. pneumophila, die mit der FISHMethode bestimmt wurden, oft um mehrere Zehnerpotenzen höher als die
kulturell bestimmten Konzentrationen. Für L. pneumophila stimmt diese
Beobachtung mit anderen Untersuchungen überein, in denen mit der FISH
deutlich höhere Konzentrationen von Legionellen in Trinkwasserbiofilmen
unterschiedlicher experimenteller Systeme gefunden wurden als mit kulturellen
Nachweisverfahren (Långmark et al., 2005; Lehtola et al., 2007; Gião et al.,
2009a, b). Für P. aeruginosa wurde dieses Phänomen bisher nicht beschrieben.
Die FISH-Methode beruht auf einer spezifischen Bindung von fluoreszenzmarkierten Oligonukleotidsonden an die ribosomale RNA. Es ist aber nicht klar,
ob alle Bakterienzellen, die mit Hilfe der Sonden detektiert werden, auch
Einnistung von Pathogenen
313
tatsächlich leben. Geht man jedoch davon aus, dass der Nachweis intakter
rRNA mit fluoreszenzmarkierten Gensonden ein Hinweis auf vitale Bakterien ist,
deutet der geringe Anteil kultivierbarer P. aeruginosa und L. pneumophila an
den entsprechenden FISH-positiven Zellen darauf hin, dass ein beträchtlicher
Anteil der P. aeruginosa- bzw. L. pneumophila-Populationen in den Trinkwasserbiofilmen auf den verschiedenen Werkstoffen in einem nicht-kultivierbaren, aber vitalen Zustand (VBNC-Zustand) vorlagen. Es bleibt zu klären,
inwieweit Bakterien im VBNC-Zustand von hygienischer Relevanz sind. Für
einige Bakterien wie z. B. Shigella dysenteriae wurde gezeigt, dass sie auch im
VBNC-Zustand etliche Virulenzfaktoren aufweisen (Rahman et al., 1996).
Außerdem können Änderungen der Umweltbedingungen wie z. B. Temperaturerhöhung, verstärktes Nähstoffangebot oder die Aufhebung von Stressfaktoren
zu einer Revitalisierung, d. h. Übergang zurück in einen kultivierbaren Zustand,
und zur Wiedererlangung der Infektiosität führen (Oliver, 2010). Untersuchungen zum VBNC-Zustand und der Revitalisierung von Bakterien wurden
meist an planktonischen Zellen durchgeführt (Steinert et al., 1997; Whiteside
und Oliver, 1997). Für planktonische Zellen von L. pneumophila ist der
Übergang in den VBNC-Zustand beschrieben worden; auslösende Faktoren
waren z. B. die Inkubation in stagnierendem Trinkwasser über mehrere Tage
bis Wochen (Hussong et al., 1987; Steinert et al., 1997; Hwang et al., 2006), die
Behandlung mit Chlor (0,5 mg/L, 24 h) oder die Erhitzung der Bakterien (70 °C,
30 min) (Dusserre et al., 2008; Allegra et al., 2008). Im Fall von P. aeruginosa
ist über den VBNC-Zustand bisher wenig bekannt. In eigenen Untersuchungen
wurde festgestellt, dass Kupferionen den VBNC-Zustand von planktonischen
P. aeruginosa-Bakterien induzieren und durch Aufhebung des Kupferstresses
die Zellen wieder kultivierbar werden sowie ihre Cytotoxizität gegenüber
Säugerzellen wiedererlangen (Dwidjosiswojo et al., 2010). Über den VBNCZustand von L. pneumophila und P. aeruginosa in Biofilmen ist bisher wenig
bekannt. Die vorliegenden Untersuchungen geben jedoch erste Hinweise, dass
diese Bakterien möglicherweise in einem VBNC-Zustand in Trinkwasserbiofilmen auf neuen und gealterten Werkstoffen der Trinkwasser-Installationen
persistieren können.
5.5
Revitalisierung von kupfergestressten P. aeruginosa
Es ist ungeklärt, welche Faktoren in Biofilmen den Übergang in den VBNCZustand, seine Aufrechterhaltung sowie die Revitalisierung zurück in den
314
Einnistung von Pathogenen
kultivierbaren Zustand kontrollieren. Die Beobachtungen, dass die Kultivierbarkeit von P. aeruginosa nach Inkubation in kupferhaltigem Trinkwasser um
mehrere Zehnerpotenzen abnahm (Dwidjosiswojo et al., 2010) und der in dieser
Arbeit beobachtete geringe Anteil kultivierbarer P. aeruginosa bezogen auf die
Anzahl FISH-positiver P. aeruginosa in den Trinkwasserbiofilmen, führte zu der
Annahme, dass P. aeruginosa in den untersuchten Trinkwasserbiofilmen
teilweise in einem durch Kupferionen induzierten VBNC-Zustand vorliegen
könnte. Außerdem wurde in Trinkwasserbiofilmen außer auf Kupfer auch auf
EPDM und PE-Xb und c die Anwesenheit von Kupferionen festgestellt (Daten
nicht gezeigt), die mit hoher Wahrscheinlichkeit aus der Trinkwasser-Installation
aus Kupfer stammten, an die das Reaktorsystem angeschlossen war. Um zu
überprüfen, ob eine Revitalisierung von P. aeruginosa aus dem VBNC-Zustand
zurück in einen kultivierbaren Zustand bei Aufhebung des Kupferstresses
möglich ist, wurden P. aeruginosa-haltige Biofilmsuspensionen mit dem
Kupferchelator NDDC versetzt und für 7 Tage statisch bei 20 °C inkubiert. Die
Anwesenheit des Kupferchelators führte zu einer Erhöhung der Konzentration
kultivierbarer P. aeruginosa um 4 Zehnerpotenzen. Dadurch wurde gezeigt,
dass ein Übergang von P. aeruginosa aus einem nicht-kultivierbaren Zustand in
einen kultivierbaren Zustand in Trinkwasserbiofilmen möglich ist. Außerdem
bestätigte dieser Befund, dass P. aeruginosa in den Trinkwasserbiofilmen
offensichtlich in einem VBNC-Zustand vorlag. Ein solcher Prozess wurde
bereits für planktonische Zellen von L. pneumophila (Steinert et al., 1997) und
Vibrio vulnificus (Whiteside und Oliver, 1997) gezeigt, im Biofilm wurde ein
solches Phänomen bisher nicht beschrieben. Wie in vielen Versuchen zur
Revitalisierung von Bakterien ist auch hier nicht ganz klar, ob die Detektion
erhöhter Konzentrationen von kultivierbaren P. aeruginosa tatsächlich auf eine
Revitalisierung oder nur auf eine Wiedervermehrung der übriggebliebenen
kultivierbaren Zellen zurück zu führen ist (Kell et al., 1998; Oliver et al., 2010).
Einen Hinweis auf eine tatsächliche Revitalisierung ohne eine Vermehrung
zumindest eines Teils von P. aeruginosa lieferte die Beobachtung, dass die
Konzentration der Gesamtzellzahlen und Koloniezahlen (HPC) in den NDDCbehandelten Biofilmen nahezu konstant blieben.
Einnistung von Pathogenen
5.6
315
Amöben in Trinkwasserbiofilmen auf Werkstoffen der TrinkwasserInstalla¬tion
Amöben wurden in vielen künstlichen Wassersystemen, darunter auch in
Trinkwasseraufbereitungsanlagen, Trinkwasserverteilungssystemen (Corsaro et
al., 2010; Loret und Greub, 2010) und Trinkwasser-Installationen von
Krankenhäusern (Michel et al., 1995; Thomas et al., 2006) gefunden. Die
Bedeutung von Amöben für das Überleben und die Vermehrung von hygienisch
relevanten Bakterien ist besonders im Falle von L. pneumophila und
Legionellen bekannt (Lau und Ashbolt, 2009). In Biofilmen findet eine
Vermehrung von L. pneumophila hauptsächlich, wenn nicht ausschließlich in
Amöben statt.
In der vorliegenden Arbeit wurden die Trinkwasserbiofilme auf den vier
Werkstoffen mit Hilfe der FISH unter Einsatz von Gensonden, die an die rRNA
von Eukaryoten bzw. Amöben der Gattung Hartmannella oder Acanthamoeba
binden, untersucht. In Biofilmen auf neuem EPDM, PE-Xb, PE-Xc und Kupfer
wurden in 14 Tage alten Trinkwasserbiofilmen sowohl vor als auch nach
Animpfen mit P. aeruginosa, L. pneumophila und E. nimipressuralis FISHpositive eukaryotische Einzeller, Hartmannella spp. und Acanthamoeba spp.
detektiert. Bei Hartmannella und Acanthamoeba handelt es sich um
Amöbengattungen, die weit verbreitet in Trinkwasserverteilungssystemen und
Trinkwasser-Installationen von Gebäuden vorkommen (Loret und Greub, 2010).
Die Konzentrationen der Eukaryoten bzw. Amöben erwies sich als abhängig
vom Werkstoff und korrelierten mit der Konzentration der Gesamtzellzahl und
der kultivierbaren Bakterien (HPC). Es ist allgemein bekannt, dass Protozoen
sich von Biofilmen auf Oberflächen ernähren können und somit einen wichtigen
Faktor in der Regulierung des Biofilmwachstums darstellen (Barker und Brown,
1994). Daher ist bei stärkerem Biofilmwachstum (also einem größeren
Nahrungsangebot für Protozoen) eine höhere Protozoenkonzentration zu
erwarten.
Diese ersten Ergebnisse zeigen, dass P. aeruginosa, L. pneumophila und
Amöben wie Acanthamoeba spp. und Hartmannella spp. zusammen in
Trinkwasserbiofilmen vorkommen und Interaktionen zwischen diesen
Organismen möglich sind. In Biofilmen findet eine Vermehrung von
L. pneumophila hauptsächlich, wenn nicht ausschließlich intrazellulär in
316
Einnistung von Pathogenen
Amöben statt. In vielen Studien wurde gezeigt, dass eine Vermehrung von
Legionellen in aquatischen Biofilmen unter statischen oder DurchflussBedingungen nur in Anwesenheit von Amöben stattfindet (Murga et al., 2001;
Kuiper et al., 2004; Valster et al., 2010). In Biofilmen künstlicher
Wassersysteme ist vor allem Hartmannella vermiformis als wichtiger
Wirtsorganismus für L. pneumophila beschrieben worden (Kuiper et al., 2004;
Valster et al., 2010), aber auch Acanthamoeba spp. sind als geeignete Wirte für
L. pneumophila bekannt (Lau und Ashbolt, 2009). Somit wurden in den
Trinkwasserbiofilmen dieser Arbeit Amöben identifiziert, die als potenzielle
Wirte für die Vermehrung von L. pneumophila in Frage kommen. Die in dieser
Arbeit festgestellte Korrelation zwischen der Konzentration von FISH-positiven
L. pneumophila und den Konzentrationen FISH-positiver eukaryotischer
Einzeller, Hartmannella spp. und Acanthamoeba spp. weist auf eine Assoziation
zwischen L. pneumophila und Amöben im Trinkwasserbiofilm hin. Eine
deutliche Korrelation zwischen Legionella spp. und freilebenden Amöben wurde
ebenfalls in Trinkwasserverteilungssystemen gefunden und als Hinweis auf die
Rolle der Amöben als Reservoir für Legionellen angesehen (Thomas et al.,
2006; Corsaro et al., 2010).
P. aeruginosa gilt allgemein als extrazelluläres Bakterium, das aber dennoch in
Wechselwirkung mit Amöben in gemeinsamen Habitaten tritt. Je nach den
Umgebungsbedingungen wird das Amöbenwachstum durch P. aeruginosa
gehemmt (Wang and Ahearn, 1997; Abd et al., 2008) oder begünstigt (Cengiz
et al., 2000). Die intrazelluläre Infektion von Amöben durch P. aeruginosa
wurden nur selten berichtet (Michel et al., 1995). Es ist unklar, ob eine
intrazelluläre Vermehrung von P. aeruginosa möglich ist. Welche Mechanismen
der Wechselwirkungen zwischen L. pneumophila, P. aeruginosa und Amöben in
Trinkwasserbiofilmen auf Werkstoffen der Trinkwasser-Installation existieren
und welche Umweltfaktoren diese Wechselwirkungen bestimmen, bleibt
Gegenstand weiterer Forschung.
Danksagung
Dieses Projekt wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung
finanziell unterstützt (02WT0836). Die Autoren danken Frau S. Eppmann und
Frau Z. Dwidjosiswojo für die technische Unterstützung sowie Frau Dr. H. Petry-
Einnistung von Pathogenen
317
Hansen und Frau A. Dannehl für die Unterstützung bei der Etablierung bzw.
Durchführung der Pulsfeldgelelektrophorese.
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Populationsanalysen
329
Populationsanalysen
330
Untersuchung der Auswirkung von Desinfektionsmaßnahmen
auf die Biofilm-Population unter besonderer Berücksichtigung
der Ansiedlung und Vermehrung hygienisch relevanter
Mikroorganismen
Ulrich Szewzyk *, Rosemarie Röder
Technische Universität Berlin,
Fachgebiet Umweltmikrobiologie,
Franklinstr. 29, 10587 Berlin
* Email: [email protected]
Zusammenfassung
Im Rahmen dieses Forschungsvorhabens wurden Biofilmpopulationen auf
verschiedenen Werkstoffen der Trinkwasser-Installation (Kupfer, PE-Xb, PE-Xc,
EPDM mit/ohne Empfehlung nach W270) hinsichtlich ihrer bakteriellen und
eukaryotischen Zusammensetzung mit molekularbiologischen Methoden
untersucht und verglichen. Des Weiteren wurde der längerfristige Einfluss von
Desinfektionsverfahren auf die mikrobielle Biofilmzusammensetzung ermittelt
und die Anwendbarkeit der molekularbiologischen Techniken als Standardnachweismethoden evaluiert.
Im Trinkwasser als oligotrophem Habitat findet sich abhängig vom Werkstoff als
Aufwuchsträger eine relativ geringe Diversität im Vergleich zu anderen
Habitaten (z.B. Gewässer). Dies zeigte sich bei den Biofilmen auf Glas, PE-HD,
PE-Xb und PE-Xc. Bei Werkstoffen, die organische Substanzen an ihre
Umgebung abgeben, traten eine vermehrte Biofilmbildung und eine
Veränderung der bakteriellen Biofilmzusammensetzung und Diversität auf. Die
abgegebenen Substanzen können von den Biofilmorganismen als Nährstoff
genutzt werden, so dass sich copiotrophe Mikroorganismen ansiedeln können.
Auf den EPDM-Materialien wurden vermehrt Vertreter der Familie der
Sphingomonadaceae und Flavobakterien nachgewiesen, die für ihr breites
Abbaupotential bekannt sind. Diese Vertreter könnten als Indikatororganismen
für wachstumsfördernde Werkstoffe herangezogen werden, wenn sie nicht
Berichte aus dem IWW Rheinisch-Westfälisches Institut für Wasserforschung gemeinnützige GmbH
Band 54, Mülheim an der Ruhr, 2010, ISSN 0941 - 0961
Populationsanalysen
331
schon selbst als autochthone Mikroorganismen das untersuchte Trinkwassersystem dominieren. Beim Nachweis von Protozoen an verschiedenen Standorten wurden mit den neu kombinierten Primern Amöben erfasst, die noch nicht
in kultivierter Form vorliegen, so dass die nächsten Verwandten nur ein Indiz für
die Art darstellten. Dies zeigt, dass möglicherweise noch eine hohe Anzahl nicht
bekannter Protozoen in der Biofilmgemeinschaft im Trinkwasser existiert.
Neben den Eigenschaften des Werkstoffs als Aufwuchsträger und ggf. Nährstofflieferant ist auch die Herkunft und die Beschaffenheit des Wassers, das
Alter des Biofilms und die Wassertemperatur von Bedeutung für die Zusammensetzung der Biofilmgesellschaft im Trinkwasserbereich.
Desinfektionsmaßnahmen haben einen bedeutenden Einfluss auf die
nachfolgende Zusammensetzung der Biofilmpopulation. Abhängig vom eingesetzten Trinkwassermaterial konnten allerdings Unterschiede beim längerfristigen Einfluss festgestellt werden. Werkstoffe, die schon zuvor das
Biofilmwachstum förderten, wurden relativ rasch von einer sehr ähnlichen
Population wieder besiedelt. Bei diesen Werkstoffen ist eine Desinfektion keine
Lösung, um das hygienische Risiko langfristig zu minimieren. Auf Werkstoffen,
die kein massives Biofilmwachstum fördern, können durch eine Desinfektion
möglicherweise Persister und Mikroorganismen selektiert werden, die sich
aufgrund von toten Biofilmzellen besser ansiedeln und diese als Nährstoffquelle
nutzen. Für die Evaluierung der Wirksamkeit von Desinfektionsverfahren ist es
notwendig, nicht wie bisher nur die Reduktion der Gesamtzellzahl oder die Zahl
der Indikatororganismen zu berücksichtigen. Es sollte in Zukunft insbesondere
die Zusammensetzung der Biofilmpopulationen und das Auftreten von VBNCStadien hygienisch relevanter Bakterien berücksichtigt werden. Des Weiteren
kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine Desinfektion eine Reinigung
ersetzt, da Biofilmreste als Substrat für die neue Besiedlung von
Mikroorganismen verwendet werden können. Generell ist es vorzuziehen die
Ursachen einer Kontamination oder die fördernden Lebensbedingungen zu
eliminieren, bevor eine Biofilmpopulation mit einer Desinfektion mit ungewissen
Folgen behandelt wird.
Populationsanalysen
332
1
Einleitung
Die Beeinflussung des Wachstums von Biofilmen in Trinkwasser durch das
besiedelte Material, insbesondere die Förderung des Wachstums durch
freigesetzte organische Nährstoffe, wurde bereits in mehreren Studien
beschrieben. Die Art des verwendeten Materials spielt bei der Biofilmbildung
und seiner Zusammensetzung eine entscheidende Rolle (Kilb et al., 2003).
Allerdings gibt es bisher kaum Informationen über den Einfluss der
verschiedenen TrinkwasserWerkstoffen und Desinfektionsverfahren auf die
Zusammensetzung der Biofilmpopulation. Da nicht zu erwarten ist, dass nur
hygienisch relevante und kultivierbare Organismen beeinflusst und gegebenenfalls gefördert werden, sondern dass viele heterotrophe Wasserbakterien
ebenfalls begünstigt werden können, ist offensichtlich, dass noch wesentliche
Informationen zur Ökologie der Trinkwasserbiofilme fehlen. Die Kenntnis des
Verhaltens auch von nicht kultivierbaren Wasserbakterien in Gegenwart
verschiedener Werkstoffe ist vor allem deshalb wichtig, weil sich viele
hygienisch relevante Bakterien und Protozoen in Abhängigkeit von Begleitpopulationen entwickeln. Besonders bekannt ist die Förderung des Wachstums
von Amöben in Biofilmen als Folge des starken bakteriellen Wachstums und
folglich die Entwicklung von Legionellen, die die Amöben als Wirtszellen
benötigen. Die bisherigen Methoden zum Nachweis von biofilmfördernden
Eigenschaften von Werkstoffen sind zeitaufwendig und nicht immer
aussagekräftig. Die Biofilmbildung wird hier über indirekte Methoden wie der
Messung der Biofilmdicke (DVGW, 2007), der Atmungsaktivität von
Mikroorganismen (Van der Kooij et al., 1995, 2005) und des Sauerstoffverbrauchs (Simões et al., 2005) erfasst. Klassische Kultivierungsmethoden
sind hingegen selektiv und repräsentieren nicht die gesamte mikrobiologische
Gemeinschaft (Amann et al., 1995). Ungefähr 99,9% der Bakterienzellen im
Biofilm und im Trinkwasser sind nicht auf Standardmedien kultivierbar (Szewzyk
et al., 2000). Kalmbach et al. (1997b) berichteten, dass sich ca. zwei Drittel der
Trinkwasserpopulation in einem viable but nonculturalbe (VBNC) Zustand
befinden. Auch pathogene Mikroorganismen wie L. pneumophila und
P. aeruginosa können in diesen VBNC Zustand übergehen und in Biofilmen
persistieren (Cooper et al., 2008; García et al., 2007; Oliver, 2005; Steinert et
al., 1997). Es existieren eine Vielzahl an chemischen Faktoren und
Umweltbedingungen, die den VBNC-Zustand auslösen können, wie
Temperatur, osmotischer Druck, Sauerstoffkonzentration, Schwermetalle,
Populationsanalysen
333
Limitierung der Nährstoffe und Konservierungsmittel (Oliver, 2010). Erste
publizierte Untersuchungen zeigten, dass eine Desinfektion womöglich einen
VBNC-Zustand als bakteriellen Schutzmechanismus auslösen kann (Chang et
al., 2007; Oliver, 2005).
Für die Untersuchung der Zusammensetzung der Biofilmgemeinschaft und
deren Diversität ist es daher notwendig, kultivierungsunabhängige molekularbiologische Methoden anzuwenden. Molekularbiologische Techniken wie FISH
(Fluoreszenz in situ Hybridisierung) (Wellinghausen et al., 2005; Schwartz et
al., 2003; Manz et al., 1993, 1995), der Aufbau von 16S rDNA Klonbibliotheken
von nativen Biofilmen (Feazel et al., 2009) und der Vergleich von 16S rDNA
Fingerprints (Eichler et al., 2006; Hoefel et al., 2005; Emtiazi et al., 2004) sind
kulturunabhängige Ansätze für die Untersuchung von Biofilmgesellschaften und
wurden bereits in diversen Untersuchungen eingesetzt.
Durch Einsatz moderner molekularbiologischer Methoden können schnell
spezifische Daten über die Struktur und Zusammensetzung von Biofilmpopulationen ermittelt werden. Diese Daten können dann zur Entwicklung von
Testsystemen genutzt werden, die besonders relevante Biofilmorganismen und
deren Vermehrung frühzeitig anzeigen. Damit können zum einen potenzielle
Krankheitserreger direkt erfasst werden. Zum anderen kann aber auch eine
Begleitflora mit positiven Effekten auf die Krankheitserreger als Indikator für
Probleme mit Werkstoffen nachgewiesen werden. Diese Methoden können
dann sowohl zur Prüfung von Werkstoffen hinsichtlich ihrer hygienischen
Unbedenklichkeit als auch zur Überwachung existierender Systeme eingesetzt
werden.
In dem Vorhaben sollte geklärt werden, ob sich mit molekularbiologischen
Methoden zwischen im Trinkwasser eingesetzten Werkstoffen und den sich
entwickelnden Biofilmpopulationen reproduzierbare Korrelationen ergeben.
Hauptziel war es, Indikator-Biofilmpopulationen zu finden, die auf einen
kritischen Einfluss von Werkstoffen – und damit das mögliche Vorkommen von
Krankheitserregern – hindeuten.
Im Rahmen dieses Teilprojekts sollten folgende Ziele und Fragestellungen
verfolgt werden:
334
Populationsanalysen
Erfassung der Populationsstruktur von Biofilmen auf nicht wachstumsfördernden Werkstoffen
Untersuchung von Biofilmen auf Werkstoffen, die das Wachstum von
Mikroorganismen fördern und Dokumentation der Veränderungen im Vergleich
zu unbeeinflussten Biofilmen
Welche weiteren Einflussfaktoren beeinflussen die Zusammensetzung der
Biofilmpopulation?
Identifikation von Indikatorarten oder –gruppen für materialbedingtes
verstärktes Wachstum von Biofilmen
Längerfristige Wirkung von Desinfektionsmitteln und –verfahren auf die
bakterielle Zusammensetzung im Biofilm
Anwendbarkeit der molekularbiologischen Methoden / Entwicklung von
Nachweismethoden
Im Rahmen des am Fachgebiet Umweltmikrobiologie der Technischen
Universität Berlin durchgeführten BMBF-Projektes (Teilprojekt 5, Förderkennzeichen 02WT0837) wurden Biofilmpopulationen auf verschiedenen TrinkwasserWerkstoffen (PE-Xb, PE-Xc, Kupfer, EPDM mit und ohne Empfehlung
der DVGW W270) untersucht und der Einfluss von Kontamination und
Desinfektion auf die Zusammensetzung der Biofilmpopulation ermittelt. Dazu
wurden Biofilme auf den TrinkwasserWerkstoffen vom Fachgebiet
Umweltmikrobiologie, IWW (TP 4) und der DVGW-Forschungsstelle Technische
Universität Hamburg-Harburg (TP2) verschiedener Standorte mit molekularbiologischen Methoden (Fingerprinting, Erstellung von Klonbibliotheken)
verglichen. Für die Erfassung der längerfristigen Wirkung verschiedener
Desinfektionsmittel und –verfahren, wurden zunächst Biofilme des Instituts für
Hygiene und Öffentliche Gesundheit, Universität Bonn, welche im Silikonschlauchmodell angezogen wurden, mittels dem Fingerprinting-Verfahren
DGGE (Denaturierende Gradientengelelektrophorese) verglichen (Roeder et al.,
2010). Der längerfristige Einfluss einer mechanischen Reinigung mit einer
anschließenden Chlordioxid-Desinfektion auf Trinkwasserbiofilme wurde
anhand der verschiedenen Biofilme der halbtechnischen Versuchsanlage des
Teilprojekts 2 untersucht. Des Weiteren wurde die Taqman real-time PCR für
L. pneumophila, P. aeruginosa und Bacteria universell etabliert und die
Anwendbarkeit mit Hilfe der kontaminierten EPDM-Biofilme der halbtechnischen
Versuchsanlage des Teilprojekts 2 getestet.
Populationsanalysen
335
Durch Aufklärung der Zusammenhänge zwischen bestimmen Werkstoffen im
Trinkwasser und der nachfolgenden Entwicklung bestimmter Bakterienpopulationen und der sekundären Förderung von hygienisch relevanten
Organismen sollte eine schnellere und zuverlässige Abschätzung des
Risikopotenzials verschiedener Werkstoffe ermöglicht werden.
2
Methoden
2.1
Aufbau, Betrieb und Beprobung der Biofilm-Reaktoren
Die am Fachgebiet Umweltmikrobiologie erzeugten Biofilme wurden mit Hilfe
der modifizierten Robbins Device angezogen (Manz et al., 1993) (siehe Bild 1).
Der Biofilmreaktor wurde mit Coupons mit der Breite von 1,3 cm und einer
Länge von 4,5 bis 5 cm je nach Material bestückt und im Gegenstrom mit 30 bis
40 l/h kontinuierlich durchflossen. Neben den im Gesamtprojekt verwendeten
Werkstoffen (Kupfer, PE-Xb, PE-Xc, EPDM mit / ohne Empfehlung nach W270
(DVGW, 2007)) wurden zunächst für die Etablierung der verwendeten
Methoden (DNA-Extraktion, PCR, DGGE, FISH, Card-FISH) Biofilme auf
Coupons aus Glas und PE-HD in der Trinkwasserinstallation am Fachgebiet an
verschiedenen Standorten (FR- und OE-Gebäude) angezogen.
Die Schwierigkeit bestand darin, dass sich auf Glas und PE-HD relativ wenig
Biofilm bildet, so dass die DNA-Konzentration limitierend für die Vervielfältigung
der 16S rDNA mittels PCR (Polymerase chain reaction) war. Die PCRs für die
verschiedenen Untersuchungen wurden entsprechend optimiert.
336
Bild 1:
Populationsanalysen
Modifizierte Robbins Device (Technische Zeichnung: Julia
Pillen)
Es wurden neben den am FG Umweltmikrobiologie angezogenen Biofilmen
auch Biofilme von den Forschungspartnern hinzugezogen (siehe Tabelle 1). Die
Biofilme wurden an den unterschiedlichen Standorten mit unterschiedlichen
Biofilmreaktoren erzeugt (siehe auch Abschnitt Werkstoffe Teilprojekte 2, 3
und 4). Es sollte u. a. nach Indikatorbakterien, die verschiedene Werkstoffe der
Trinkwasser-Installation repräsentieren, gesucht werden. Diese sollten
unabhängig von Reaktorart und Standort vorgefunden werden. Dadurch wird
eine Übertragbarkeit auf reale Trinkwassersysteme gewährleistet, und es
werden nicht irrtümlich Bakterien als Indikatoren identifiziert, die sich aufgrund
von bestimmten Strömungsverhältnissen eines Reaktors angesiedelt haben.
Populationsanalysen
Tabelle 1:
337
Untersuchte Biofilmproben
Abkürzung
Rohwasserherkunft / Qualität
Biofilmreaktor
B1
mit Uferfiltrat angereichertes, reduziertes
Grundwasser (Berlin, Standort
Trinkwasserinstallation OE-Gebäude 2.
Stock)
Modifizierte Robbins
Device
Verantwortlich für
Biofilmanzucht
TU Berlin, Fachgebiet
Umweltmikrobiologie
B2
mit Uferfiltrat angereichertes, reduziertes
Grundwasser (Berlin, Standort
Wassereinspeisung Franklingebäude)
Modifizierte Robbins
Device
TU Berlin, Fachgebiet
Umweltmikrobiologie
H1
Reduziertes Grundwasser
Standort 1: DOC 0,8 mg/l
Halbtechnische
Versuchsanlage
DVGW Forschungsstelle
TU Hamburg-Harburg
H2
Reduziertes Grundwasser
Standort 2: DOC 3,1 mg/l
Halbtechnische
Versuchsanlage
DVGW Forschungsstelle
TU Hamburg-Harburg
H3
Uferfiltrat mit ClO2
Standort 3: DOC 0,3 mg/l
Phosphatzudosierung: 1 mg/l
Halbtechnische
Versuchsanlage
DVGW Forschungsstelle
TU Hamburg-Harburg
M1
mit Oberflächenwasser angereichertes
Grundwasser (Mülheim, Standort 1:
Trinkwasserinstallation)
mit
Oberflächenwasser
angereichertes
Grundwasser (Mülheim, Standort 2: nach
Wasseraufbereitung, im Wasserwerk)
W270 Behälter
IWW Zentrum Wasser
W270 Behälter
IWW Zentrum Wasser
Trinkwasserinstallation
Universität Bonn
Silikonbiofilmreaktor
Institut für Hygiene und
Öffentliche Gesundheit
M2
Die Biofilmproben aus den Rohren und Silikonschläuchen wurden vor Ort von
den Forschungspartnern abgelöst und im gefrorenen Zustand zugeschickt. Die
Biofilmproben aus der halbtechnischen Versuchsanlage (1 – 50 ml) wurden
nach dem Auftauen mit mehreren Zentrifugationsschritten (13000 x G, 20 min)
von der Flüssigphase abgetrennt und komplett eingeengt. Außer für EPDM
ohne Empfehlung nach DVGW W270 mussten die Parallelen zusammengeführt
werden, damit eine ausreichende Biofilmmenge für die DNA-Extraktion zur
Verfügung stand. Es wurde Biofilm von ca. 2 bis 90 cm2 Oberfläche für die
DNA-Extraktion eingesetzt.
Die Proben auf den Coupons des IWW wurden vor der Versendung nicht
abgelöst. Biofilme auf Coupons wurden mit einem Skalpell beidseitig
abgeschabt, die Coupons und das Skalpell mehrmals mit sterilem 1x PBS
gespült und der Biofilm in 1x PBS resuspendiert. Der DNA-Extraktion wurde
Biofilm von mindestens 70 cm2 (für EPDM) bis 214 cm2 (für PE-Xb)
abgekratzter Couponfläche vom Standort M1 bzw. M2 zugeführt.
Populationsanalysen
338
2.2
Untersuchungsumfang
2.2.1 Klonierung und Sequenzierung
Für die Untersuchung der Biofilmpopulationen verschiedener TrinkwasserWerkstoffe (Kupfer, PE-Xb, PE-Xc, EPDM mit/ohne Empfehlung nach
W270) wurden Klonbibliotheken (16S rDNA) von 6 Wochen alten Biofilmen an
insgesamt 7 Standorten in Nord-, Ost und Westdeutschland mit unterschiedlichen Trinkwasserparametern angelegt (Standorte B1, B2, H1-H3, M1
und M2; siehe Tabelle 1).
Des Weiteren wurde für das Material ”EPDM mit Empfehlung nach W270“ der
Standorte die 18S rDNA mit universellen Eukaryoten-Primern vervielfältigt,
kloniert und sequenziert. Das verwendete Primer-Set für Eukaroten wurde in
einer Diplomarbeit (Höschel, 2008) anhand einer erstellten arb-Datenbank für
Süßwasseramöben überprüft und optimiert, so dass nun auch erstmals ein
großes Spektrum an Süßwasser-Amöben universell miterfasst werden konnte.
2.2.2 Fingerprinting (DGGE)
Es wurden verschiedene Biofilmproben mit dem genetischen FingerprintingVerfahren DGGE (Denaturierende Gradientengelelektrophorese) verglichen:
Kontrollbiofilme auf PE-HD und Glas
6 Wochen alte Biofilme von verschiedenen Werkstoffen der TrinkwasserInstallation an einem Standort (Standorte B1, H1 und H2)
Veränderung der Population innerhalb von 4 Monaten für Kupfer im Kaltwasser
und EDPM ohne Empfehlung im Kalt- und Warmwasser (Standort H1)
Kaltwasserbiofilme von EPDM mit/ohne Empfehlung an verschiedenen
Standorten (B1, H1 und M1)
Kalt- und Warmwasserbiofilme auf verschiedenen Werkstoffen der TrinkwasserInstallation vor und nach Kontamination mit L. pneumophila, P. aeruginosa und
Enterobacter amnigenus für Standort H2
Biofilme vor und 2 Wochen nach Abschluss einer Desinfektion mit
verschiedenen Desinfektionsmitteln
Populationsanalysen
339
Das Teilprojekt 3 stellte uns Biofilmproben aus Silikonschläuchen vor und nach
der Desinfektion zur Verfügung. Die Biofilme hatten nach der Desinfektion 2
Wochen Zeit, sich wieder zu etablieren. Teilweise wurden Desinfektionen an
Silikonschläuchen ohne etablierten Biofilm (steril vor Beginn) durchgeführt.
Populationsanalysen mit Fingerprinting wurden für folgende Desinfektionsverfahren mit unterschiedlichen Konzentrationen durchgeführt:
Chlordioxid (0,2 ppm, 4 Wochen kontinuierlich)
Wasserstoffperoxid + Fruchtsäure (4 h im Kreislauf, verschiedene
Konzentration von H2O2)
Ozon (7 Tage, ca. 100 ppb, im Hygienemonitor bei Fa. Prominent)
freies Chlor (0,3 ppm, 6 Wochen kontinuierlich)
Wasserstoffperoxid + Silber (4 h im Kreislauf, verschiedene Konzentrationen an
H2O2)
Wasserstoffperoxid + Silber + Peressigsäure (4 h im Kreislauf, verschiedene
Konzentrationen an H2O2 und Peressigsäure)
Kalt- und Warmwasserbiofilme auf verschiedenen Werkstoffen der TrinkwasserInstallation vor und 3 bzw. 4 Wochen nach Abschluss einer mechanischen
Behandlung (Impulsdruckspülung) und Chlordioxid-Desinfektion (0,2 mg/l bzw.
2 mg/l, 24 h) am Standort H1 bzw. H2.
2.2.3 qPCR
Die Quantifizierung der mit L. pneumophila und P. aeruginosa kontaminierten
und desinfizierten Biofilme des halbtechnischen Versuchstandes sollten molekularbiologisch mittels spezifischer quantifizierender real-time PCR exemplarisch für den Standort H2 erfolgen. Es wurden dabei spezifische Gene für
L. pneumophila und P. aeruginosa mit einer PCR vervielfältigt und die emittierte
Fluoreszenz einer Sonde mit einer Kalibriergeraden quantifiziert.
2.3
Molekularbiologische Methoden
2.3.1 DNA-Extraktion
Für die DNA-Extraktion der Reinkulturen L. pneumophila Ads und P. aeruginosa
Ads wurden Kolonien in 1x PBS überführt, gewaschen und anschließend in 20
µl Lysepuffer (0,25 % SDS, 50 mM NaOH) resuspendiert. Zum Aufschluss der
Zellen wurde dies für 15 min bei 95 °C inkubiert. D ie festen Zellbestandteile
Populationsanalysen
340
wurden durch Zentrifugation abgetrennt und der Überstand in verdünnter Form
für die PCR eingesetzt.
Die DNA der Biofilmproben wurde mit dem FastDNA® SPIN Kit for Soil und
dem FastPrep® Instrument (MP Biomedicals, Santa Ana, CA, USA) nach den
Anweisungen des Herstellers extrahiert. Die Dauer des ersten Zentrifugationschritts, in dem die Zellbestandteile abgetrennt werden, wurde auf 10
min verlängert. Die DNA wurde in 50 µl des beigefügten DES-Wassers eluiert
und bei −20 °C gelagert. Die Konzentration der DNA wurde mit der TrayCell (1
mm, Hellma Germany) in Kombination mit dem BioPhotometer (Eppendorf,
Germany) oder mit dem Quant-iTTM PicoGreen® dsDNA Assay Kit (Invitrogen,
Karlsruhe) nach Herstellerangaben ermittelt.
2.3.2 PCR für Klonierung und Sequenzierung von Bakterien (16S rRNA
Gene)
Für die Erstellung der Klonbibliotheken für Bakterien wurden ungefähr 1300 bp
des 16S rRNA Gens mit dem von Marchesi et al. (1998) publizierten VorwärtsPrimer 63f und Rückwärts-Primer 1387r mittels PCR amplifiziert. Die PCRAnsätze (50 µl Endvolumen) enthielten 1x PCR Puffer, 200 µM jedes
Desoxynukleotids (dNTPs), 2,5 mM MgCl2, 120 nM je Primer und 0,5 U
OptiTaq DNA Polymerase (Roboklon GmbH, Berlin). Es wurden nach einem
1-minütigen initialen Denaturierungsschritt bei 98 °C 25 - 36 Zyklen bei 96 °C
für 45 s (Denaturierung), 55 °C für 1 min (Annealin g), 72 °C bei 3 min
(Elongation) durchgeführt. Die PCR wurde mit einer finalen Extension 10 min
bei 72 °C abgeschlossen. Die Zyklenzahl und Templat emenge wurde an die
DNA-Ausgangskonzentration angepasst. Es wurden Verdünnungen bis
1:10.000 (EPDM ohne Empfehlung) und unverdünnte DNA bis zu 4 µl (Kupfer,
PE-Xc) eingesetzt, um scharfe Banden mit optimaler Ausbeute zu erzielen. Bei
jeder PCR wurde ein Ansatz ohne DNA (PCR-Wasser, Fluka) als
Negativkontrolle mitgeführt.
2.3.3 PCR für Klonierung und Sequenzierung von Amöben (18S rRNA
Gene)
Für die Klonierung wurden ungefähr 670 bis 900 bp des 18S rRNA Gens mittels
PCR amplifiziert. Es wurden die Primer EukF3 und EukR3 verwendet, die in der
Populationsanalysen
341
Diplomarbeit von Höschel (2008) neu miteinander kombiniert wurden (siehe
Tabelle 2). Die PCR wurde etabliert. Die PCR-Ansätze (50 µl) enthielten 1x
PCR Puffer, 200 µM jedes Desoxynukleotids (dNTPs), 1,5 mM MgCl2, 100 nM
je Primer, 10 µl Template und 0,5 U OptiTaq DNA Polymerase (Roboklon
GmbH, Berlin). Für die PCR wurde der Thermocyclers TGradient (Fa. Biometra,
Göttingen) verwendet. Es wurden nach einem 1-minütigen initialen
Denaturierungsschritt bei 98 °C 36 Zyklen bei 96 °C für 45 s, 60 °C ür 75 s, 72
°C bei 2 min durchgeführt. Die PCR wurde mit einer finalen Extension 10 min
bei 72 °C abgeschlossen. Bei jeder PCR wurde ein An satz ohne DNA (PCRWasser, Fluka) als Negativkontrolle mitgeführt. Die PCR-Produkte wurden vor
der Klonierung mit dem peqGOLD Cycle-Pure Kit (PEQLAB Biotechnologie
GMBH, Erlangen) aufgereinigt (siehe Abschnitt 2.3.4).
Tabelle 2:
Primer
EukF3
EukR3
Verwendete Primer für die Klonierung der 18S rDNA
Sequenz (5’ → 3’)
GAT YAG ATA CCG TCG TAG TC
ACG GGC GGT GTG TAC
Originalname
s12.2
Uni1392r
Referenz
Fahrni et al. (2003)
Díez et al. (2001)
2.3.4 Klonierung und Sequenzierung der 16S und 18S rRNA Gene
Die PCR-Produkte wurden vor der Klonierung mit dem peqGOLD Cycle-Pure
Kit (PEQLAB Biotechnologie GMBH, Erlangen) aufgereinigt und die Produkte
nochmals auf einem Agarose-Gel überprüft. Die aufgereinigten PCR-Produkte
der 16S rRNA und 18S rRNA Gene wurde mit Hilfe des TOPO TA Cloning® Kit
for Sequencing (Invitrogen, USA) mit chemisch kompetenten E. coli (One Shot
TOP10 cells) nach Anweisungen des Herstellers durchgeführt. Der Transformationsansatz wurde auf LB-Medium mit Ampicillin (100 µg/ml) ausplattiert
und bei 37 °C inkubiert und die Klonkolonien auf de m gleichen Medium
vereinzelt.
Die Sequenzierung wurde mit Hilfe der Kapillarelektrophorese und dem BigDye
Terminator Cycle Kit (Applied Biosystems Inc., USA) von den Firmen SMB
(Services in Molecular Biology GmbH, Berlin, Deutschland) oder Macrogen Inc.
(Seoul, Korea) durchgeführt. Dazu wurden die Primer 610r (5'-ACC GCG GCT
GCT GGC AC-3') (SMB GmbH) oder 63f (Macrogen Inc) verwendet. Die
342
Populationsanalysen
verwendbare Sequenzlänge betrug ca. 530 bp (SMB GmbH) bzw. ca. 715 bp
(Macrogen Inc).
Für die Sequenzierung bei der Firma Macrogen mussten die Plasmide aus den
E. coli-Zellen selbst extrahiert werden. Für die Plasmid-Isolation wurden LBFlüssigmedium (100 µg/ml Ampicillin) angeimpft und über Nacht bei 37 °C
geschüttelt. Die Plasmid-DNA wurde nach Herstellerangaben mit dem Plasmid
Mini Prep Kit EasyPrep® Pro (Biozym) extrahiert, aufgereinigt und in 100 µl
Elutionspuffer eluiert. Per Restriktionsanalyse (EcoRI bzw. FastDigest® EcoRI,
Fermentas) wurde überprüft, ob das gewünschte PCR-Produkt in den
Plasmiden eingebaut wurde.
Abhängig von der beobachteten Diversität auf den DGGE-Gelen wurden für
EPDM 40-69, für PE-Xc 11-26, PE-Xb 20-25 und Kupfer bis zu 2-22 Klone
ansequenziert. Für die Kupferbiofilme war die Amplifikation der DNA sehr
schwierig, da nicht genügend DNA vorhanden war, so dass nicht ausreichend
Klone für dieses Material und für alle Standorte analysiert werden konnten.
Nach Ansequenzierung wurden die Klone phylogenetisch mit dem Internet-Tool
BLAST (http://blast.ncbi.nlm.nih.gov/Blast.cgi) oder ergänzend mit der EMBL EBI Nukleotid – Datenbank (http://www.ebi.ac.uk/Tools/blast2/nucleotide.html)
eingeordnet und anhand der nächsten kultivierten Verwandten gruppiert. Jede
Klonsequenz und der nächste kultivierbare Verwandte wurden in die ARBDatenbank importiert. Die Sequenzen wurden automatisch mit dem FastAligner
des ARB Software Pakets (http://www.arb-home.de/) aneinander ausgerichtet
und zusätzlich manuell überprüft. Die Topologie der berechneten Bäume
basierte auf Neighbor-Joining mit Jukes-Cantor Korrektur. Bootstrapping unter
dem Parsimony Kriterium wurde mit 1000 Replikaten durchgeführt. Die kurzen
Klonsequenzen wurden mit der “Quick add Parsimony”-Funktion in den Baum
integriert. Als Wurzel der Bäume (16S rDNA) wurde Deinococcus radiodurans
als Außengruppe verwendet.
2.3.5 Fingerprinting der Bakterienpopulationen
Für die Biofilmpopulationsanalyse mit dem genetischen FingerprintingVerfahren DGGE (Denaturierende Gradientengelelektrophorese) wurde die V3bzw. die V3-V5-Region des 16S rRNA Gens mittels PCR amplifiziert. Als Primer
Populationsanalysen
343
wurden die in Muyzer et al. (1993, 1998) publizierten Primer 341f-GC und 518r
bzw. 314f-GC und 907r verwendet. Die PCR der V3-Region erfolgte in einem
üblichen 3-Schritt-Programm (Roeder et al., 2010). Die V3-V5-Region wurde in
Anlehnung von Muyzer et al. (1998) mit Hilfe einer Touch-Down PCR
vervielfältigt. Die 50 µl PCR-Ansätze enthielten 1x PCR Puffer, 200 µM jedes
Desoxynukleotids (dNTPs), 2 mM MgCl2, 300 nM je Primer, 1 µl Template und
1U Perpetual OptiTaq DNA Polymerase (Roboklon GmbH, Berlin). Mit dem
Thermocycler peqSTAR 96 Universal Gradient (PeqLab, Erlangen) wurde eine
TouchDown- PCR mit folgenden Schritten gefahren: (i) Aktivierung der HotStart Polymerase für 5 min bei 96 °C, (ii) 20 Zykle n mit 1 min bei 94 °C, 1 min
bei 65 °C −0,5 °C pro Zyklus und 1 min bei 72 °C, ( iii) 15 Zyklen mit 1 min bei
94 °C, 1 min bei 55 °C und 1 min bei 72 °C. Abschli eßend wurde ein
Elongationschritt von 30 min bei 72 °C eingefü ̈gt, um artifizielle Doppelbanden
im DGGE-Gel zu vermeiden (Janse et al., 2004). Jeder PCR wurde eine
Negativkontrolle mitgefü̈hrt. Als Template wurden dezimale Verdünnungen der
Biofilm-DNA ausgetestet und nur Amplifikate mit einer diskreten Bande bei ca.
600 bp und optimaler Ausbeute wurden fü̈r die DGGE verwendet. Ansä̈tze mit
optimaler Template-Menge wurden mehrfach amplifiziert und vereinigt.
Die Analyse der Biofilmpopulationen mit Hilfe der DGGE wurde mit dem
INGENY phorU (Ingeny International BV, Niederlande) durchgeführt. Dazu
wurde die V3-Region bzw. V3-V5-Region der 16S rDNA mit einem 8%igen (V3Region) bzw. 6%igen (V3-V5-Region) Polyacrylamidgel (Acrylamide/bis
(37.5:1)) in 1× TAE) mit linearen chemisch denaturierenden Gradienten nach
Schmelztemperatur aufgetrennt. Der Gradient wurde jeweils dem Lauf der
jeweiligen Proben angepasst (V3-Region: 40 - 65% oder 45 - 80%; V3-V5Region: 45%-60%). 100 % Denaturierungsmittel ist als 7 M Harnstoff mit 40%
deionisiertem Formamid definiert. Circa 30 - 40 µl des PCR-Produkts wurden
mit 6x Ladepuffer versetzt und auf das Gel aufgetragen. Die Auftrennung
erfolgte bei 120 V für 18 h.
Das Polyacrylamidgel wurde für 20 min in Ethdiumbromidbad (0,5 µg/l in 1x
TAE) gefärbt und mit der Geldokumentation unter UV-Licht detektiert und
fotografiert. Um Banden im DGGE-Gel besser ausschneiden zu können, wurde
im späteren Verlauf mit SybrGold gefärbt. Vorteil dieser Färbemethode ist, dass
die Banden auch mit UV-Transilluminatoren bei 300 nm detektiert werden
können und die Färbung sensitiver ist (Tuma et al., 1999). Die Färbung wurde
344
Populationsanalysen
in einer Dokumentenfolie für 10 min mit einer Lösung von 20 µl SybrGold
(10.000x, Invitrogen) in 20 ml 1x TAE mit dem pH 7,5−8 durchgeführt.
Die DGGE-Bandenmuster wurden mit der Software BioNumerics (Applied
Maths, Sint-Martens-Latem, Belgium) ausgewertet. Nach der Entfernung des
Hintergrundes wurde das Gel gegen einen Referenz-Marker normalisiert. Eine
Ähnlichkeitsmatrix wurde mit Hilfe des Dice-Koeffizienten mit einer Positionstoleranz von 1 % ermittelt. Dice Koefficient: Si,j= 2ni,j /(2ni,j + ni + nj )
zwischen den Banden der Proben i and j, wobei ni die Anzahl der Banden ist,
die nur in der Probe i gefunden werden, nj die Anzahl der Banden ist, die nur in
der Probe j existieren und ni,j die Anzahl der Banden ist, die beide Proben
gemeinsam haben. Die Cluster-Bildung für die Ähnlichkeitsbäume wurde mit
der UPGMA-Methode (unweighted pair group method with arithmetic mean)
durchgeführt.
2.3.6 Ausschneiden und Elution der DGGE-Banden
Die Banden im Gel wurden mit einem Plastik-Gelausschneider (5Prime,
Hamburg), die zuvor mit 10%igen H2O2 bzw. 12%igen Natriumhypochlorit von
DNA befreit und mit PCR-Wasser gespült wurden, unter UV-Anregung (low
voltage) ausgeschnitten. Die ausgeschnittenen Banden wurden in 200-500 µl
PCR-Wasser bei Raumtemperatur für 1,5 bis 2 Stunden inkubiert. Der
Überstand wurde verworfen und die Bande mit 50 µl PCR-Wasser komplett
überschichtet. Die Elution erfolgte entsprechend der eluierenden Amplifikatlängen auf zwei Weisen. (i) Beim relativ kurzen DNA- Fragment der V3-Region
wurde die Bande über Nacht bei 4 °C eluiert (Schäfe r and Muyzer, 2001). (ii)
Bei längeren DNA-Fragment der V3-V5-Region (ca. 600 bp) wurde die Bande
durch einen dreimaligen Zyklus durch Einfrieren (−20 °C) und Auftauen (37 °C)
eluiert (Lyautey et al., 2005). Die Überstände wurden für die erneute
Amplifizierung mit den unter Abschnitt 3.3.5 beschriebenen PCRs verwendet
und zur Überprüfung gegenüber der Originalprobe erneut auf ein DGGE-Gel
aufgetragen.
2.3.7 Quantifizierung mittels Real-time PCR
Die Quantifizierung von L. pneumophila und P. aeruginosa im Biofilm (Standort
H2) erfolgte mit den von Shannon et al. (2007) entwickelten Primer- und
Populationsanalysen
345
Sondensets für eine Taqman quantifizierende real-time PCR (Tabelle 3). Die
Detektion von L. pneumophila erfolgt dabei über den Nachweis des mip-Gens
(macrophage infectivity potentiator gene) und von P. aeruginosa über den
Nachweis des regA-Gens (regulating toxin A synthesis gene). Des Weiteren
wurden mit dem von Yu et al. (2005) publizierten Set für die real-time PCR die
Bakteriengesamtzahl ermittelt.
Die Taqman-Sonden waren gelabelt mit dem Reporter-Fluoreszenzfarbstoff
FAM und dem Blackberry quencher (BBQ). Für die Quantifizierung der Proben
wurden jeweils 5 Standards des entsprechenden Gens in dezimaler
Verdünnung mitgeführt. Jede Probe und Standard wurde in Duplikaten
gemessen. Die Quantifizierung erfolgte anhand der Amplifikationsprofile der
bekannten Konzentrationen der mitgeführten Standards.
Die ausgewählten Sets an Primer und Taqman-Sonde von Shannon et al.
(2007) wurden zunächst theoretisch anhand der Sequenzdaten unserer
Reinkulturen von L. pneumophila Ads und P. aeruginosa Ads und dann
praktisch überprüft. Die Primer- und Sondenkonzentration wurde optimiert und
die Methode etabliert. Mit Hilfe unserer Reinkulturen wurden Standards für die
Kalibriergerade hergestellt.
Tabelle 3:
Primer und Sonden für die real-time quantifizierende PCR
Die Standards wurden mit den Reinkulturen von L. pneumophila Ads und
P. aeruginosa Ads hergestellt. Dazu wurden mit dem online-Progamm Primer3
(http://frodo.wi.mit.edu/primer3/) für die Zielregion des Gens Primer gerechnet,
Populationsanalysen
346
die die spätere Zielsequenz einschließen. Für die universelle Bakterien-qPCR
wurde dafür die Sequenz von P. aeruginosa Ads verwendet (siehe Tabelle 4).
Tabelle 4:
Verwendete Primer für die Standardherstellung für die realtime quantifizierende PCR
Die Standards wurden mit TE-Puffer verdünnt, so dass eine Kalibriergerade mit
mindestens 5 Messpunkten im Bereich 108 bis 101 Genkopien pro µl bei jedem
qPCR-Ansatz erstellt werden konnte. Es wurden Aliquots à 30 µl bei −20 °C
eingefroren, damit für jeden qPCR-Ansatz ein frischer Standard zur Verfügung
stand.
Die Quantifizierung von L. pneumophila, P. aeruginosa und Bakterien erfolgte
durch eine TaqMan-qPCR mit dem Corbett Rotor-Gene 6000 real-time DNA
Cycler (LTF Labortechnik, Wasserburg) in einem Reaktionsvolumen von 15 µl.
Es wurde der qPCR MasterMix Plus No ROX (Art.-Nr. RT-QP2X-03NR,
Eurogentec Deutschland GmbH, Köln, Deutschland) verwendet.
Die Mastermixe und die Ansätze wurden mit dem Corbett Roboter (Modell CAS1200, LTF Labortechnik, Wasserburg) und konduktiven Filterspitzen (Biozym)
im Doppelansatz mit PCR-Wasser als Negativkontrolle hergestellt. Die Ansätze
fü̈r das mip- und regA-Gen enthielten 1x qPCR Mastermix, 1000 nM je Primer,
250 nM der Sonde und 2,4 µl des Templates bzw. des Standards. Die Ansätze
der Bakterien real-time-PCR bestanden aus 1x qPCR Mastermix, 900 nM je
Primer, 200 nM der Sonde und 2,4 µl des Templates bzw. des Standards.
Die real-time PCR für das mip-Gen (L. pneumophila) und das regA-Gen (P.
aeruginosa) wurde mit dem folgenden drei-stufigen PCR-Programm gefahren:
Populationsanalysen
347
(i) einen UNG-Schritt (Uracil-DNA Glycosylase) bei 50 °C für 2 min, um eine
Kontamination durch PCR-Produkte zu elimieren, (ii) einer initialen
Denaturierung und Polymerase-Aktivierungsschritt bei 95 °C für 10 min und (iii)
50 Zyklen von 95 °C für 15 s und 60 °C für 1 min (A nnealing und Elongation).
Die real-time PCR für die gesamten Bakterien wurde in einem modifizierten
PCR-Progamm gefahren, da die Amplifikatlänge für eine real-time PCR sehr
lang ist. Nach dem 2-minütigen UNG-Schritt bei 50 °C für 2 min und der initialen
Denaturierung bei 95 °C fü ̈r 10 min folgten 50 Zyklen bei 95 °C für 15 s, 57°C
für 1,5 min und einer zusätzlichen Elongation von 30 s bei 72 °C.
3
Ergebnisse
Außer bei den EPDM-Materialien wurden immer nur geringe Mengen an DNA
extrahiert, was sich an der notwendigen Einsatzmenge der DNA bei der PCR,
den geringen Produktkonzentrationen und einer notwendigen hohen Zyklenzahl
bemerkbar machte. Die Optimierung der PCR-Protokolle erfolgte mit Kontrollbiofilmen, so dass im späteren Verlauf auch mit geringen DNA-Konzentrationen
bei vielen Biofilmproben Produkte erzielt werden konnten. Insbesondere bei
PE-X war die erhaltende Biofilmmenge für die PCR limitierend, da teilweise
nicht genügend Material zur Verfügung stand. Bei den Kupferbiofilmen trat
neben der Limitierung der Biomasse noch die Inhibierung der PCR durch
erhöhte Konzentrationen an Kupfer-Ionen auf. Daher konnten wir bei der
Klonierung der 6 Wochen alten Kupferbiofilme nur eingeschränkt Ergebnisse
erzielen.
3.1
Vergleich verschiedener Biofilmpopulationen mittels Fingerprinting
3.1.1 Kontrollbiofilme
Für das genetische Fingerprinting-Verfahren DGGE (denaturierende Gradientengelelektrophorese) wurden universelle Primer eingesetzt (Muyzer et al.,
1993). Um die Anwendbarkeit und die Reproduzierbarkeit des FingerprintingVerfahrens auf Trinkwasserbiofilme zu untersuchen, wurden Kontrollbiofilmpopulationen der verschiedenen Standorte am Institut in mehreren Wiederholungen verglichen. Es zeigte sich, dass das Primerset für den Vergleich der
Trinkwasserbiofilme geeignet ist. Die Ergebnisse waren gut reproduzierbar.
Populationsanalysen
348
In Bild 2 sind die Ähnlichkeiten und die Muster der Kontrollbiofilme auf Glas und
PE-HD an verschiedenen Standorten der TU Berlin dargestellt. Unabhängig
vom gewählten Standort war die mikrobielle Gemeinschaft i. A. auf Glas gleich.
Die gleiche Bande wurde auch auf dem PE-HD detektiert. Auf den PE-HD
Coupons fanden sich zwischen den verschiedenen Versuchsansätzen relativ
hohe Ähnlichkeiten der Population wieder. Es konnten hier max. 5-6 Banden
detektiert werden. Es traten aber auch standortabhängige Banden auf (Standort
B2, Wassereinspeisung).
Bild 2:
Ähnlichkeiten zwischen den Biofilmproben auf Glas und PEHD (Kontrollbiofilme) an den Standorten der TU Berlin
3.1.2 Biofilme verschiedener Werkstoffe
In Bild 3 sind die Ähnlichkeiten der Biofilme, der im Projekt zu untersuchenden
Werkstoffe an den Standorten des FG Umweltmikrobiologie dargestellt.
Abhängig vom verwendeten Material konnten bis zu 14 Banden detektiert
werden. Die EPDM-Coupons erzeugten einen dicken Biofilm und wiesen auch
eine relativ hohe Diversität auf. Die eher inerten Werkstoffe, wie Kupfer, PE-Xb
und PE-Xc zeichneten sich durch eine im Vergleich viel geringere Diversität
aus. Eine Erhöhung der eingesetzten Probenmenge beim Fingerprinting führte
nicht zu mehr Banden. Ob die Biofilme mit einem Skalpell oder mit einem
Schaber von den Werkstoffen abgelöst wurden, hat keinen Einfluss auf die
Ergebnisse (Pb11a, Pb11b; K9a, K9b). In einzelnen Fällen konnten Banden
identifiziert werden, die nur bei diesen Werkstoffen auftraten (z.B. EDPM ohne
Populationsanalysen
349
Empfehlung). Einige Banden - wie z.B. bei den Kupferbiofilmen und PEXc-Biofilmen - traten nur bei diesen beiden Werkstoffen auf. Für PE-Xb konnten
keine materialabhängigen Banden identifiziert werden, da sich alle Banden bei
den EPDM-Materialien wieder finden ließen.
Bild 3:
Ähnlichkeiten zwischen den Biofilmproben auf den verschiedenen Materialien
Um Indikatoren für die verschiedenen Werkstoffe zu finden, wurden aus den
DGGE-Gelen Banden (für Glas, Kupfer, PE-Xc, EPDM ohne Empfehlung)
ausgeschnitten, kloniert und sequenziert, die für das Material signifikant waren.
In der Tabelle 4 sind die Blast-Ergebnisse mit den dazugehörigen Identitäten
dargestellt. Da das Produkt, welches auf dem DGGE-Gel aufgetragen wurde,
200 bp lang war, erhielt man meist nur erste Anhaltspunkte über die zugehörige
Ordnung (im Fall von Biofilmen auf Glas) oder die Gattung. Es ist zu
beobachten, dass sich wie vermutet hinter einer Bande auch mehrere
Organismen verbergen können.
Tabelle 5:
Material
Ergebnisse der Klonierung der Banden vom Standort B1
BandenNr.
1
Anzahl
Klone
3
EPDM ohne
Empfehlung
2
2
4
1
PE-Xb
3
4
PE-Xc
Kupfer
4
5
1
5
5
Glas
Nächster Verwandter
Identität [%]
Uncultured alpha
proteobacterium clone
Rhizobiales
Flavobacterium sp.
Uncultured beta
proteobacterium
Uncultured bacterium clone
Pseudomonas sp.
Uncultured bacterium clone
Uncultured bacterium clone
Identität [%]
100
Nächster kultivierbarer
Verwandter
Rhizobiales
100
96-100
100
Aquabacterium sp.
100
100
Beta proteobacterium
98
100
98
98-100
Azonexus caeni
-
98
-
100
Populationsanalysen
350
3.1.3 Kalt- und Warmwasserbiofilme
In Bild 4 und 5 sind die Ähnlichkeiten zwischen den 6 Wochen alten Biofilmen
von der halbtechnischen Versuchsanlage des Teilprojekts 2 dargestellt.
Abhängig vom Material und von der Wassertemperatur bildeten sich
unterschiedliche Biofilmpopulationen auf den Werkstoffen aus. Besonders
deutlich zeigten sich diese Unterschiede an Standort H1 (Bild 4). Der
Kupferbiofilm im Kaltwasser zeichnete sich durch eine einzige Bande im DGGEGel aus. Auch am Standort H2 haben die Kupferbiofilme nach 6 Wochen nur
eine geringe Diversität. Hier sind die EPDM-Biofilme, ob sie die Anforderungen
des DVGW Arebitsblatts W270 einhalten oder nicht, sich im Warmwasser bzw.
Kaltwasser sehr ähnlich (> 80%).
Bild 4:
Ähnlichkeiten zwischen den 6 Wochen alten Biofilmen der
verschiedenen Materialien aus der halbtechnischen Versuchsanlage Standort H1
Populationsanalysen
Bild 5:
351
Ähnlichkeiten zwischen den 6 Wochen alten Biofilmen der
verschiedenen Materialien aus der halbtechnischen Versuchsanlage Standort H2
3.1.4 Änderung der Population zwischen 4 und 16 Wochen
In den Bildern 6 bis 8 sind die Ergebnisse zu den Ähnlichkeiten der Biofilme für
Kupfer (12 °C) und EPDM ohne Empfehlung zu verschie denen Zeitpunkten vom
Standort H1 dargestellt. Die Biofilme wurden vom TP2 mit einem Gemisch aus
P. aeruginosa, L. pneumophila und Enterobacter amnigenus in der 8. Woche
kontaminiert. Die Biofilme auf Kupfer waren sich vor (4w, 6w) und nach der
Kontamination (9w, 12w, 16w) sehr unähnlich, obwohl die Muster von
P. aeruginosa und L. pneumophila sich bei den Biofilmen nicht wieder finden
ließen.
Probenbezeichnung
Bild 6:
Material
Alter
Temp.
Ähnlichkeiten zwischen den verschieden alten KupferBiofilmen (12°C) am Standort H1
Bei den EPDM-Biofilmen ohne Empfehlung im Warmwasser (37 °C) wurden
sich die Biofilmpopulationen mit der Zeit immer unähnlicher (Bild 7). Das
Bandenmuster von L. pneumophila ließ sich wieder finden. Auch im
Kaltwasserbiofilm änderten sich die Bandenmuster im zeitlichen Verlauf (Bild 8).
Populationsanalysen
352
Probenbezeichnung
Bild 7:
Ähnlichkeiten zwischen den verschieden
Biofilmen (ohne Empfehlung, 37°C, H1)
Probenbezeichnung
Bild 8:
Material
Alter
alten
Material
Ähnlichkeiten zwischen den verschieden
Biofilmen (ohne Empfehlung, 12°C, H1)
EPDM-
Alter
alten
Temp.
Temp.
EPDM-
3.1.5 Biofilme verschiedener Standorte / Wasserqualitäten
In Bild 9 werden die 6 Wochen alten Biofilme auf EPDM von drei Standorten
(B1, H1 und M1) verglichen. Diese Standorte liegen über Deutschland verteilt
und bezogen daher unterschiedliches Trinkwasser. Es ist zu erkennen, dass
sich an den unterschiedlichen Standorten sehr unterschiedliche Biofilmpopulationen ausbildeten. Auf den verschiedenen EPDM-Qualitäten konnte kein
einheitliches Muster festgestellt werden. Die EPDM-Biofilme am Standort H1
(Norddeutschland) waren sich mit ca. 80 % sehr viel ähnlicher als mit den
Biofilmen, die in Ostdeutschland (B1) und Westdeutschland (M1) angezogen
wurden. Der Unterschied zwischen den beiden EPDM – Qualitäten war an den
Standorten M1 und B1 sehr viel ausgeprägter. Es sind mehrere Banden im Gel
zu erkennen, die an mehreren Standorten in unterschiedlicher Ausprägung
auftraten.
Populationsanalysen
Bild 9:
353
Vergleich der Standorte B1, M1 und H1 anhand der
EPDM-Biofilme (6 Wochen) für die Standorte B1, H1 und M1
3.1.6 Einfluss einer Kontamination auf die Biofilmgesellschaft
In Bild 10 sind die Ähnlichkeiten und die Diversität (Anzahl der Banden) der
Biofilmpopulationen am Standort H2 vor und nach Kontamination mit
Pseudomonas aeruginosa, Legionella pneumophila, Enterobacter amnigenus
und Citrobacter freundii der Kalt- und Warmwasserbiofilme dargestellt. Wie in
der Bild zu sehen ist, waren sich die Warmwasser- und die Kaltwasserbiofilme
untereinander ähnlicher. Kupfer- und PE-Xc-Biofilme bildeten teilweise eine
Ausnahme, da sie nicht so eine hohe Diversität aufwiesen. Im Allgemeinen
nahm die Diversität von den EPDM-Biofilmen hin zu Kupfer- und PE-XBiofilmen ab. Bei den Warmwasserbiofilmen war eine höhere Diversität auf
PE-X und Kupfer zu finden als bei den Kaltwasserbiofilmen. Nach
Kontamination der 8 Wochen alten Biofilme nahm die Diversität von den Kupferund PE-X- Kaltwasserbiofilmen sehr stark zu. Bei den Warmwasserbiofilmen
blieb die Diversität vor und nach Kontamination in der Regel ungefähr gleich.
Bei den Kupferbiofilmen (37 °C) traten Banden auf, die einen Hinweis darauf
geben, dass sich P. aeruginosa und L. pneumophila angesiedelt haben. Die
Populationen auf den Biofilmen der verschiedenen Werkstoffe waren sich sehr
unähnlich. Eine Ausnahme bildete EPDM mit und ohne Empfehlung (6 Wochen)
und Kupfer und PE-Xc (nach Kontamination) im Kaltwasser. Diese Biofilme
ähnelten sich mit ca. 80% sehr. Gerade bei Kupfer und PE-Xc im Kaltwasser
hatte die Kontamination einen ähnlich starken Einfluss auf die Population, da
sich ähnliche Biofilme auf den eher inerten Werkstoffen ausgebildet haben. Die
Kontamination beeinflusste die Population relativ stark, so dass gleiche
Werkstoffe sich nicht mehr ähnlich (< 80 %) sind.
Populationsanalysen
354
Bild 10:
Ähnlichkeiten der Biofilme am Standort H2 vor (6w) und nach
Kontamination (8w) mit L. pneumophila, P. aeruginosa, E.
amnigenus und C. freundii (Banden zur besseren Darstellung
hervorgehoben)
3.1.7 Langfristiger Einfluss von Desinfektionsverfahren auf die Biofilmgemeinschaft
3.1.7.1 Vergleich verschiedener Desinfektionsmittel und –verfahren mit
dem Silikonschlauchmodell
In Bild 11 sind die Ähnlichkeiten und die Diversität der Silikonbiofilme vor und 2
Wochen nach verschiedenen Desinfektionsbehandlungen (siehe auch TP3)
dargestellt. Für die Behandlungen mit Chlor und Chlordioxid wurden zusätzlich
zu den mit Biofilm bewachsenen Silikonschläuchen auch sterile Schläuche
eingesetzt. Nach Absetzung der Desinfektionsmaßnahme wurden diese auch
weitere 2 Wochen mit Trinkwasser durchflossen, um die Zusammensetzung der
Biofilmpopulation vergleichen zu können.
Zunächst war zu beobachten, dass bei den Fingerprints vor den Desinfektionen
(Kontrollen) die Banden gleichmäßig über das Gel verteilt sind. Bei den
Biofilmen 2 Wochen nach der Desinfektion war dies nicht mehr der Fall.
Stattdessen fanden sich viele neue Banden im linken Bereich des Gels wieder.
Populationsanalysen
Bild 11:
355
Ähnlichkeiten der Silikonbiofilme aus Bonn vor (Kontrolle)
und 2 Wochen nach der Behandlung mit verschiedenen
Desinfektionsmitteln (Banden zur besseren Darstellung hervorgehoben)
Am Beispiel der Chlordioxid-Desinfektion ist zu sehen, dass sich im Vergleich
zum 10 Monate alten Biofilm auf einem zuvor sterilen Schlauch eine relativ
ähnliche Biofilmpopulation 2 Wochen nach Desinfektion ausbildete (70 %). Die
Diversität des zuvor sterilen Schlauches ist aber nur fast halb so hoch wie die
des 10 Monate alten Biofilmes. Im Vergleich dazu hatte die Diversität des 38
Monate alten Schlauches (Nr. 1) nach Desinfektion stark abgenommen. Die drei
dominanten Banden des 38 Monate alten und desinfizierten Biofilms konnten
bei den anderen beiden mit Chlordioxid desinfizierten Proben wieder gefunden
werden (Nr. 2 und 3).
Bei der Desinfektion mit Chlor fand sich eine 70%ige Ähnlichkeit zwischen dem
zuvor sterilen Schlauch und dem 10monatigen Biofilm wieder. Die Diversität
war auf dem zuvor etablierten und dann desinfizierten Biofilm doppelt so hoch
wie auf dem zuvor sterilen Schlauch. In dieser Hinsicht schienen Chlor und
Chlordioxid auf die Biofilmpopulation ähnlich zu wirken. Eine Desinfektion mit
Fruchtsäure und Wasserstoffperoxid hatte einen starken Einfluss auf die
folgende Biofilmgemeinschaft (Ähnlichkeit 10m: ca. 45%, 14m/15m ca. 55%).
356
Populationsanalysen
Eine geringe Änderung der Konzentration hatte keinen Einfluss auf die folgende
Gemeinschaft (10 Monate: H2O2 0,28% (Nr. 7) und 0,35% (Nr. 8); 95%
Ähnlichkeit). Bei den Kombinationen mit Peressigsäure und/oder Silber war der
Einfluss auf die Biofilmgesellschaft auch zu beobachten.
3.1.7.2 Einfluss von mechanischer Reinigung und Desinfektion mit
Chlordioxid auf Trinkwasserbiofilme
Die Trinkwasserbiofilme des Teilprojekts 2 wurden nach einer 9-monatigen
Aufwuchszeit in einer Kombination aus einer mechanischen Reinigung und
einer Desinfektion mit Chlordioxid behandelt. Anschließend wurde den
Biofilmen Zeit für eine erneute Etablierung gelassen.
In Bild 12 sind die genetischen Fingerprints der Biofilme vom Standort H1 vor
und 3 Wochen nach Reinigung (Impulsspülverfahren, 30 min) und Desinfektion
(Chlordioxid 0,2 mg/l, 24 h) dargestellt. Es bildeten sich drei verschiedene
Cluster aus: PE-X-Biofilme (grün eingrahmt), Kaltwasserbiofilme (blau
eingerahmt) und Warmwasserbiofilme (rot eingerahmt), wobei PE-Xb (37°C)
nach Behandlung eine Ausnahme bildete. Bei den EPDM-Biofilmen hatte sich
eine ähnlich hohe Diversität vor und nach der Desinfektion eingestellt
(Ausnahme EPDM ohne Empfehlung 37°C). Die Populatio nen vor und nach
Desinfektion waren sich mit > 70% im Vergleich zu den anderen Werkstoffen
relativ ähnlich.
Populationsanalysen
357
Material
Bild 12:
Alter Temp. Behandlung
Ähnlichkeiten der Biofilme am Standort H1 vor und 3 Wochen
nach Behandlung mit Impulsspülverfahren (30 min) und
anschließender Chlordioxid-Behandlung (0,2 mg/l, 24 h) mit
Ethidiumbromid detektiert (Banden zur besseren Darstellung
hervorgehoben)
Es handelte sich hier um lang etablierte Biofilme (9 Monate vor der Reinigungsund Desinfektionsmaßnahme). Es war zu beobachten, dass sich langfristig
beim Kupfer-Kaltwasserbiofilm eine hohe Diversität im Vergleich zum Anfang
(6. Woche = 1 Bande) eingestellt hatte. Die Diversität des Kupfer-Warmwasserbiofilms (36w) war im Vergleich zum Kaltwasserbiofilm viel geringer. Bei den
Kaltwasserbiofilmen hat nach der mechanischen Behandlung der anschließenden Desinfektion wieder eine Population mit geringer Diversität (ca. ¼ Rest) auf
Kupfer etabliert. Bei den Warmwasserbiofilmen hatte die Behandlung des
Kupferbiofilms die umgekehrte Wirkung, so dass eine Population mit einer
doppelt so hohen Diversität zu finden war. Bei den PE-Xc-Biofilmen im
Kaltwasser fand sich 3 Wochen nach der Behandlung eine ungefähr gleich
hohe Diversität wie zuvor wieder, wobei die Ähnlichkeit der Biofilme sehr gering
(<40%) war. Verschiedene Banden verschwanden und neue Banden traten
nach der Behandlung auf. Im Warmwasser waren sich die PE-Xc-Biofilme auch
sehr unähnlich, die Diversität nahm stark ab und hier traten nach der
Behandlung keine neuen Banden im Fingerprint auf.
Die PE-Xb-Biofilme im Warmwasser bildeten eine Ausnahme. Die Behandlungsmaßnahme erhöhte die Diversität, so dass doppelt so viele Banden
gefunden wurden. Für den Standort H2 wurden mit dem zweiten Primerpaar
(V3-V5-Region) vergleichbare Ergebnisse erzielt.
358
Bild 13:
Populationsanalysen
Warmwasserbiofilme (37 °C) EPDM mit (Em) b zw. ohne
Empfehlung (Eo) vor (36 w) und 3 Wochen nach (39 w)
Behandlung mit Impulsspülverfahren (30 min) und
anschließender Chlordioxid-Desinfektion (0,2 mg/l, 24 h) am
Standort H1 mit SybrGold gefärbt; M: Referenzmarker
Für EPDM-Biofilme aus dem Warmwasser konnten einige Banden, die durch
die Desinfektionsmaßnahme beeinflusst wurden, identifiziert, ausgeschnitten,
kloniert und sequenziert werden (siehe Bild 14, Tabelle 6). Da nun die
Möglichkeit, das DGGE-Gel mit SybrGold anzufärben, bestand, war durch die
Populationsanalysen
359
höhere Sensitivität eine verbesserte Detektion und einfacheres Ausschneiden
möglich. Es war allerdings nicht genügend DNA vorhanden, um die DGGE für
alle Biofilme zu wiederholen.
Die Banden, die 3 Wochen nach Abschluss der Desinfektion hinzugekommen
sind,
gehörten
zum
Bacteroidetes
Phylum
(Flavobakterium sp.,
Sphingobakterium sp.), der Familie der Bradyrhizobiaceae (Afipia sp.,
Bosea sp.) und Sphingomonadaceae (Sphingobium sp.).
Aquabakterium, Leptospira und ein sehr ferner Verwandter des Ignavibakteriums wurden aus dem Warmwasserbiofilm von EPDM ohne Empfehlung
verdrängt.
Tabelle 6:
Material
EPDM mit
Empfehlung
Ergebnisse der Klonierung der Banden EPDM 37 °C vom
Standort H1
BandenNr.
1
2
EPDM ohne
Empfehlung
3 Wochen nach
Desinfektion
Anzahl
Klone
4
1
Nächster kultivierbarer
Verwandter
Flavobacteria bacterium
Curvibacter lanceolatus
Identität [%]
5
Sphingobium sp.
98-99 %
5
Ignavibacterium album
88-90 %
93-95 %
100 %
3
3 Wochen nach
Desinfektion
nein
4
nein
2
2
1
Leptospira licerasiae
Aquabacterium sp.
Aquabacterium sp. Aqua 3
99-100 %
99 %
100 %
5
3 Wochen nach
Desinfektion
3 Wochen nach
Desinfektion
5
Sphingobacterium sp.
Bosea sp.
Bosea sp. / Afipia sp.
97-98 %
99 %
100 %
6
3.2
Behandlung
5
Biofilmzusammensetzung
3.2.1 Zusammensetzung der Bakteriengemeinschaften auf verschiedenen
Werkstoffen an verschiedenen Standorten
In Bild 14 - 17 sind die Sequenzierungs-Ergebnisse der 16S rDNA auf
Klassenebene für die verschiedenen 6 Wochen alten Biofilme dargestellt. Auf
gleichen Werkstoffen entwickelten sich an den verschiedenen Standorten
unterschiedliche Populationen. An den verschiedenen Standorten scheinen
standort- und wasserspezifische Bakteriengruppen den Biofilm auf PE-Xc zu
Populationsanalysen
360
dominieren. Da verschiedene Reaktoren zur Biofilmanzucht eingesetzt wurden,
kann auch von einer Beeinflussung der Population durch die Reaktorbauform
und der Fließgeschwindigkeit des Wassers ausgegangen werden. Bei der
Analyse der 6 Wochen alten Biofilme an den verschiedenen Standorten der
TUHH (H1-H3), des IWWs (M1 und M2) und der TUB (B1 und B2) wurde
jeweils die gleiche Reaktorart eingesetzt, so dass beim Vergleich dieser
Biofilme untereinander eine Beeinflussung durch die Reaktorart und die Fließgeschwindigkeit ausgeschlossen werden kann.
Auf dem Material PE-Xc lassen sich trotz unterschiedlicher Anzuchtbedingungen Tendenzen erkennen (Bild 15). Biofilme, die mit Oberflächenwasser
beeinflusstem Grundwasser angezogen wurden (H3, M1 und M2), zeigten eine
Dominanz an Alphaproteobakterien. An den Standorten B1 und H1 und H2
hingegen dominierten Betaproteobakterien auf PE-Xc.
Bild 14:
Sequenzierungsergebnisse der 16S rDNA der 6 Wochen alten
PE-Xc-Biofilme im Kaltwasser
Eine Ausnahme bildete hier der Standort B2, wo u. a. Alpha-, Gamma- und
Deltaproteobakterien und Flavobakterien die Betaproteobakterien verdrängten.
Im Vergleich zu den anderen PE-Xc-Biofilmen herrschte eine relativ hohe
Diversität. Es trat keine Spezies besonders dominant in diesem Biofilm wie an
Populationsanalysen
361
den anderen Standorten auf (siehe Tabelle 7). Unter den Gammaproteobakterien fanden sich auf PE-Xc am Standort B2 Vertreter der Ordnung
Legionellales, Pseudomonadales und Xanthomonadales wieder.
n. b.
Bild 15:
n. b.
Sequenzierungsergebnisse der 16S rDNA der 6 Wochen alten
PE-Xb-Biofilme im Kaltwasser
Auf PE-Xb sehen die bakteriellen Biofilmgemeinschaften verglichen zu PE-Xc
etwas anders aus, aber eine Dominanz von Proteobakterien ist auch hier zu
verzeichnen (Bild 16). Auch wenn hauptsächlich Proteobakterien in den
PE-X-Biofilmen zu finden sind, sind es ganz verschiedene Arten, die die
Biofilme an den verschiedenen Standorten dominieren (siehe Tabelle 7).
Tabelle 7:
Dominierende Arten in den PE-X – Biofilmen
Standort
B1
Dominierend im PE-Xc-Biofilm
Dechloromonas sp.
B2
H1
H2
Acidovorax sp
Herbaspirillum sp./ Undibacterium
sp.
Sphingomonas sp.
Candidatus Reyranella massiliensis
Phenylobacterium composti
H3
M1
M2
Dominierend im PE-Xb-Biofilm
Acidimicrobium ferrooxidans (85%) /
Hyphomicrobium sp.
n.b.
Undibacterium sp.
Herbaspirillum sp. / Janthinobacterium sp.
Methylibium sp. / Acidovorax sp.
n.b.
Aquabacterium parvum
Populationsanalysen
362
Wenn die Klonierungs- und Sequenzierungsergebnisse der Biofilme an den
verschiedenen Standorten auf den substratabgebenden Werkstoffen betrachtet
werden, kann auch hier keine einheitliche Biofilmpopulations-Zusammensetzung gefunden werden (siehe Bild 16 und 17). Es traten werkstoffabhängige
Änderungen der Populationszusammensetzung auf. Für Biofilme, die mit
Oberflächenwasser beeinflusstem Grundwasser auf den beiden EPDMQualitäten angezogen wurden (H3, M1 und M2), zeigte sich eine drastische
Abnahme an Alphaproteobakterien zugunsten von Betaproteobakterien im
Vergleich zu PE-Xc. Am Standorten B1, H1 und H2 hingegen nahmen die
Anteile an Betaproteobakterien ab und die Alphaproteobakterien hingegen zu.
Bei EPDM ohne Empfehlung sind die Unterschiede zu PE-Xc am deutlichsten.
Bild 16:
Sequenzierungsergebnisse der 16S rDNA der 6 Wochen alten
EPDM-Biofilme (ohne Empfehlung) im Kaltwasser
An den Standorten H3 und M1 wurde ein relativ hoher Anteil an
Gammaproteobakterien im Vergleich zu den anderen Standorten beobachtet
(siehe Bild 17). Pseudoxanthomonas sp., der auf EPDM ohne Empfehlung am
Standort M1 und H3 dominierend war, gehört zu den Gammaproteobakterien
und ist für den Abbau von polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffen
(PAKs) bekannt. Am Standort H3 war auch eine neue noch nicht isolierte
Spezies dominant, welche mit nur 88% als nächsten Verwandten
Verrucomicrobia bacterium hat (siehe Tabelle 8).
Populationsanalysen
363
Dominierende Arten in den Biofilmen auf EPDM ohne Empfehlung
Standort
B1
B2
H1
H2
H3
M1
M2
Bild 17:
Dominierend im Biofilm: EPDM ohne Empfehlung
Flavobacterium sp./
Rhizomonas sp.
Aquabacterium sp.
Flavobacterium
Aqua1a
kamogawaensis (94%)
Aquabacterium commune
Flavobacterium sp.
Azospirillum sp.
Sphingomonas sp.
Rhodobacter sp.
Nocardia sp.
Aquabacterium
Pseudoxanthomonas
Verrucomicrobia
Lysobacter
fontiphilum
sp.
bacterium
brunescens
Pseudoxanthomonas sp.
Aquabacterium commune
Flavobacterium sp.
Acidovorax sp.
Sphingomonas sp.
Flavobacterium sp.
Sequenzierungsergebnisse der 16S rDNA der 6 Wochen alten
EPDM-Biofilme (mit Empfehlung) im Kaltwasser
Auf EPDM mit Empfehlung trat am Standort H3 auch vermehrt Legionella sp. im
nicht kontaminierten 6 Wochen alten Biofilm auf. Nocardia sp., dessen
pathogener Verwandter in der Lunge eine Nocardiose auslöst, trat auf EPDM
mit und ohne Empfehlung vermehrt am Standort H2 auf. Am Standort B2
wurden auf EPDM ohne Empfehlung Nocardia sp. ebenfalls mehrmals
nachgewiesen (siehe Tabelle 9).
Populationsanalysen
364
Tabelle 8:
Standort
B1
B2
H1
H2
H3
M1
M2
Dominierende
Empfehlung
Arten
in
den
Dominierend im Biofilm: EPDM mit Empfehlung
Sphingomonas sp.
Aquabacterium sp.
Aquabacterium commune
Acidovorax sp.
Nocardia sp.
Afipia sp.
Rhodobacter sp
Legionella sp.
Aquabacterium sp.
Aquabacterium commune
Acidovorax sp.
Biofilmen
auf
EPDM
mit
Pseudoxanthomonas sp.
Pseudomonas sp.
Sphingomonas sp.
Sphingomonas sp.
Sphingomonas sp.
Ideonella sp.
Flavobacterium sp.
Da die Unterschiede der Bakterienpopulationen zwischen den verschiedenen
Standorten sehr groß sind, konnten keine spezifischen Indikatorbakterien für die
verschiedenen Werkstoffe festgelegt werden. Auffallend war, dass auf beiden
EPDM-Materialien vermehrt Vertreter der Familie Sphingomonadaceae und der
Gruppe Flavobacteria gefunden wurden (Tabellen 7 und 8). Als potentielle
Indikatoren für hygienisch bedenkliche Werkstoffe könnten daher Vertreter der
Familie der Sphingomonadaceae und der Flavobakterien herangezogen
werden, da sie bekannt dafür sind, verschiedenste organische Substanzen
abzubauen. Dies kann allerdings nur unter zusätzlicher Berücksichtigung des
Trinkwassers als Quelle der Mikroorganismen und Nährstoffe geschehen. Der
Standort H3 stellte eine Ausnahme hinsichtlich der oben genannten Indikatoren
dar. Hier wurde der PE-Xc-Biofilm von Sphingomonas sp., der zur Familie der
Sphingomonadaceae gehört, dominiert und es wurde auch Flavobacterium sp.
gefunden. Im 6 Wochen alten Kupfer-Biofilm am Standort H3 dominierte neben
Methylomonas sp. auch Sphingomonas sp.. Das Wasser an diesem Standort
zeichnete sich durch eine hohe Phosphat-Konzentration aus, die durch zusätzliche Dosierung von Phosphat zum Korrosionsschutz bedingt war.
3.2.2 Quantifizierung mittels qPCR
Mit der real-time PCR wurden L. pneumophila, P. aeruginosa und die
Gesamtzellzahl der Bakterien am Standort H2 für EPDM ohne Empfehlung
nach W270 quantifiziert. In Bild 19 sind die Ergebnisse für L. pneumophila und
Bakterien im Warmwasserbiofilm dargestellt. Die Anzahl der Bakterien lag
zwischen 107 und 108 Genkopien/cm2 und blieb ab der 24. Woche konstant. 4
Wochen nach erfolgter Desinfektion war die gleiche Menge an Bakterien im
Biofilm wieder zu finden. Die Anzahl an L. pneumophila lag bis einschließlich
der 24. Woche um 105 Genkopien/cm2, in der 36. Woche bei 3,5·105
Populationsanalysen
365
Genkopien/cm2. Vier Wochen nach erfolgter mechanischer Reinigung und
Desinfektion mit Chlordioxid wurden wieder über 104 Genkopien/cm2 an
L. pneumophila nachgewiesen. Im Kaltwasserbiofilm lag die Anzahl von
Bakterien im Biofilm auch bei ca. 107 Genkopien/cm2. Es konnte nur vereinzelt
P. aeruginosa auf EPDM ohne Empfehlung im Kaltwasser nachgewiesen
werden (ca. 6 Genkopien/cm2, 8. und 24. Woche).
Bild 18:
Quantifizierte Bakterien und L. pneumophila auf EPDM ohne
Empfehlung im Warmwasser (37 °C) mit der real-time PCR
3.2.3 Zusammensetzung der Eukaryoten-Population
Bereits nach 3 Tagen waren Amöben mikroskopisch im Biofilm auf EPDM ohne
Empfehlung zu beobachten. Auf EPDM mit Empfehlung und Glas zeigten sich
Amöben nach 7 Tagen. Durch die vermehrte Biofilmbildung auf den EPDMWerkstoffen bildete sich im Verlauf ein dichter Amöbenbewuchs nach 7 bzw. 12
Tagen aus.
Bei den in Bild 20 dargestellten Amöben, die an unserem Institut angezogen
wurden, handelte es sich um Hartmannella vermiformis (a-e) und um einen
Verwandten von Platyamoeba sp. bzw. Vannella sp. (f).
Populationsanalysen
366
Bild 19:
Amöben aus Trinkwasserbiofilmen angezogen am FG
Umweltmikrobiologie (a: EPDM ohne Empfehlung, 7d; b –d; :
EPDM ohne Empfehlung, 10d; e: EPDM mit Empfehlung, 17d;
f: Duschschlauch, 74d), Maßstab 20 µM
Populationsanalysen
367
Unsere Literaturrecherche zeigte, dass es keinen universellen Amöbenprimer
gibt und dass immer einige Arten nicht miterfasst werden. Um die relevanten
Trinkwasseramöben erfassen zu können, wurde eine 18S und 23S Datenbank
in ARB aufgebaut und Primer und Sonden für diese Amöben gerechnet. Als
Trinkwasser relevante Amöben wurden diejenigen ausgewählt, die bei
Hoffmann & Michel (2002) gefunden wurden. 50 in der Literatur beschriebene
universelle Primer und Sonden wurden mit unserer erstellten SSU rDNA
Datenbank (ARB) für Trinkwasser- und Süßwasseramöben getestet. Für die
Erstellung der Klonbibliothek wurden zwei Primer verwendet, die in ihrer
Kombination einen hohen Anteil der Amöben (96%) erfassen können (siehe
Tabellen 10 und 11). Dieses Primerset wurde erfolgreich etabliert und die
Produkte für die Klonierung eingesetzt.
Tabelle 9:
Abdeckungsbereich des Primerpaars EukF3/EukR3 für die
Klonierung der 18S rDNA
Primer
EukF3
EukR3
Literaturquelle
s12.2
(Fahrni et al., 2003)
Uni1392r
(Diez et al. , 2001)
Abdeckungsbereich in
Datenbank*
Treffer im
Abdeckungsbereich*
81 %
97 %
66 %
96 %
Länge der
Amplicons
652 – 888 bp
* ARB-Datenbank enthält SSU rRNA Sequenzen der Acanthamoebidae, Lobosea und Heterolobosea
Populationsanalysen
368
Tabelle 10: Erfassbare Amöbenarten
Primerpaar EukF3/R3
im
Trinkwasser
Acanthamoeba sp.
+
Anzahl Sequenzen
in Arb-Datenbank
430
Echinamoeba sp.
+
15
Filamoeba sp.
+
5
Hartmannella sp.
+
162
Mayorella sp.
+
1
Naegleria sp.
+
65
Platyamoeba sp.
+
22
Saccamoeba sp.
+
2
Vahlkampfia sp.
+
4
Vannella sp.
+
46
Willaertia sp.
kA
4
EukF3/R3
durch
das
+: Art wird vom Primerpaar verfasst; -: Art wird vom Primerpaar nicht erfasst
kA: keine Aussage möglich, da keine Sequenzen des entsprechenden Sequenzabschnittes verfügbar
In Tabelle 12 sind die Klonierungsergebnisse der 6 Wochen alten Biofilme auf
EPDM mit Empfehlung nach W270 für 6 Standorte dargestellt. Neben den
Amöben (Hartmanella, Naegleria, Vannella, Paravahlkampfia, Thecamoeba)
wurden auch Pilze (Uncultured fungus, Rozella sp.) und Ciliaten (Hartmannula,
Chilodonella clone) gefunden. An den grundwasserbeeinflussten Standorten
B1, H1 und H2 wurden bei Klonierung nur Amöben ermittelt. Die Spezies
Acanthamoeba, welche auch im Trinkwasser anzufinden ist, wurde nicht
nachgewiesen. Die gefundenen Identitäten sind sehr unterschiedlich hoch und
zum Teil weit unter 97%. Dies weißt darauf hin, dass auch im Trinkwasser noch
viele bisher nicht bekannte und beschriebene Protozoen zu finden sind.
Populationsanalysen
369
Tabelle 11: Ergebnisse der 18S rDNA-Sequenzierung der 6 Wochen alten
Biofilme auf EPDM mit Empfehlung nach W270
Standort
B1
H1
H2
H3
Anzahl Klone
6
2
12
4
6
6
3
3
1
1
1
M1
6
M2
3
Nächster Verwandter
Hartmannella vermiformis
Vannella sp.
Platyamoeba sp.
Vannella simplex
Hartmannella vermiformis
Hartmannella sp.
Uncultured Amoebozoa clone
Rozella sp.
Paravahlkampfia sp.
Thecamoeba sp.
Naegleria gruberi
Naegleria sp.
Naegleria clarki
Uncultured marine eukaryote
Hartmannula derouxi
Uncultured fungus clone
Clavicipitaceae sp.
Nomuraea rileyi
...
Uncultured ciliate clone
Chilodonella uncinata clone
Identität (%)
99%
93%
93%
98-99%
99-100%
99-100%
80-89%
89%
81%
80%
100%
100%
100%
95%
94%
100%
100%
100%
100%
100%
Bild 21 und 22 zeigen die im Projekt gefundenen und Naegerlia sp. und
Hartmannellen im Stammbaum unserer SSU rDNA Amöben-Datenbank.
Populationsanalysen
370
Bild 20:
Gefundene Naegerlia sp. im Trinkwasserbiofilm am Standort
M1
Populationsanalysen
Bild 21:
371
Gefundene Hartmannella vermiformis in den Trinkwasserbiofilmen an den Standorten H2 und B1
4
Diskussion und Bewertung
4.1
Einflussfaktoren auf die Biofilmgemeinschaften
In diesem Projekt wurden die Biofilmgemeinschaften mit zwei verschiedenen
Methoden untersucht. Zum einen sollten Biofilmpopulationen auf verschiedenen
Werkstoffen und der Einfluss einer Kontamination bzw. einer Desinfektion mit
dem Fingerprinting-Verfahren DGGE verglichen werden. Zum anderen sollte
durch die Erstellung von Klonbibliotheken die genaue Zusammensetzung der
Populationen in den verschiedenen Biofilmen und mögliche Indikatorbakterien,
die Hinweise auf problematische Trinkwasserbiofilme liefern, ermittelt werden.
372
Populationsanalysen
Die Etablierung der DGGE mit den Kontrollbiofilmen auf Glas und PE-HD
demonstrierte, dass sich innerhalb eines Gebäudes relativ ähnliche Biofilme auf
den Glas-Trägern entwickelten und dass diese Methode reproduzierbare
Ergebnisse liefert. Beim Vergleich der Populationszusammensetzung auf
verschiedenen Werkstoffen zeigten sich Unterschiede in der Diversität und der
Ausprägung des Bandenmusters. Auf jedem Material entwickelte sich eine
spezifische Biofilmpopulation. Auch andere Studien über verschiedene Rohrmaterialien weisen auf den Materialeinfluss auf die mikrobielle Diversität in
Biofilmen hin (Yu et al., 2010).
Der Vergleich sechs Wochen alter Biofilme der gleichen Werkstoffe an den
verschiedenen Standorten mit DGGE und Klonierung ergab allerdings, dass die
Biofilmpopulationen auch standortspezifisch unterschiedlich sind. Daher kann
davon ausgegangen werden, dass die Zusammensetzung einer Biofilmpopulation in der Hausinstallation nicht nur vom eingesetzten Material, sondern auch
von mehreren anderen Faktoren abhängig ist.
Auf dem PE-Xc zeigte sich, wenn der Standort B2 zunächst nicht mit betrachtet
wird, eine unterschiedliche Zusammensetzung der Biofilmpopulation auf
Klassenebene bezüglich der Herkunft des Rohwassers. Standorte die als Rohwasser für die Trinkwassergewinnung einen hohen Anteil an Grundwasser
verwendeten (B1, H1 und H2), hatten hier eine Dominanz an Betaproteobakterien. Die Standorte, die durch Bodenpassage angereichertes
Grundwasser mit hohem Anteil an Flusswasser verwendeten, zeigten hier eine
Dominanz an Alphaproteobakterien.
PE-X Materialien können auch organische Substanzen (Mix aus Phenolen,
Chinone, Antioxidantien) in geringen Konzentrationen abgeben (Denberg et al.,
2007). Die untersuchten Biofilme auf den PE-X Materialien hatten eine relativ
geringe Diversität und Ähnlichkeit zueinander im Vergleich zu den EPDMMaterialien. Dies deutet darauf hin, dass unterschiedliche organische
Substanzen in geringen Konzentrationen abhängig vom Produktionsprozess
von den untersuchten PE-X abgegeben werden und diese nicht leicht abbaubar
sind. Da PE-Xc kaum abbaubare Stoffe abgibt und nicht das Biofilmwachstum
fördert, kann davon ausgegangen werden, dass sich hier abhängig von der
gegebenen Oberflächeneigenschaft des Materials eine autochthone Biofilmgemeinschaft ansiedelt, die sich von den Nährstoffen im Trinkwasser ernährt
Populationsanalysen
373
und die für das Habitat repräsentativ ist. Eine ähnliche Dominanz an
Betaproteobakterien im Biofilm wurde bereits von Kalmbach et al. (1997a,
1997b) mittels FISH und auf den in der selben Installation in Berlin exponierten
PE-HD beobachtet.
Eine Ausnahme bildete der Standort B2, welcher eine eigene Hausinstallation
im Nebengebäude des Standorts B1 darstellt, aber vom gleichen Trinkwasserverteilungsnetz gespeist wird. Hier wurden die Betaproteobakterien auf
PE-Xc von anderen Proteobakterien und Flavobakterien verdrängt. Die erhöhte
Diversität auf PE-Xc bzw. PE-Xb und der relativ hohe Anteil an
Gammaproteobakterien im Vergleich zu den anderen Standorten, weist auf eine
hygienische Problematik dieser Hausinstallation hin. Dass die Hausinstallation
in diesem Gebäude für die derzeitige Nutzung nicht optimal ausgelegt ist
(Totstrecken, Stagnation, Endstränge, Erwärmung des Kaltwassers), war
bereits im Vorfeld bekannt. Frühere Untersuchungen am Fachgebiet Umweltmikrobiologie zeigten Unterschiede zu den Untersuchungen von Kalmbach et
al. (1997a, 1997b) auf. Daher wurde ein Standort nahe der Wassereinspeisung
des Gebäudes als Standort für die Untersuchungen gewählt. Trotz alledem
traten Unterschiede bei den Klonierungsergebnissen der PE-Xc Biofilme an den
Standorten B1 und B2 auf. Entweder haben sich am Standort B2
Sekundärbiofilme gebildet, indem sich woanders im System die Biofilme von
hygienisch relevanten Werkstoffen (z.B. Filter, Dichtungen) abgelöst haben.
Oder es wurden Substrate, zum Beispiel aus Dichtungsmaterialien, abgegeben,
die zu einer erhöhten Nährstoffkonzentration im Trinkwasser führten.
Wenn die Zusammensetzung der Biofilmpopulationen der verschiedenen
Werkstoffe am gleichen Standort untereinander verglichen wird, wird der
Einfluss der Substrat abgebenden Materialien auf die Biofilmgesellschaft
deutlich. Die Anteile der verschiedenen Proteobakterien änderten sich und es
traten vermehrt Flavobakterien auf. Die Bakterien die sich auf den EPDMMaterialien angesiedelt haben, werden vorwiegend die organischen Substanzen, die vom Material abgegeben werden, als Substrat nutzen. Daher prägte
sich hier eine höhere Diversität und eine andere Biofilmgesellschaft als auf
PE-Xc aus.
Bei Betrachtung der dominierenden Spezies der verschiedenen Biofilme
werden die Unterschiede der verschiedenen Standorte noch deutlicher. Es
374
Populationsanalysen
konnten weder auf PE–X noch auf EPDM eindeutig Indikatoren für die
Werkstoffe gefunden werden. Neben den bereits von Kalmbach et al. (1999)
beschriebenen Aquabakterien wurden auf den EPDM- Materialien copiotrophe
Mikroorganismen gefunden. Unter anderem Flavobakterien und verschiedene
Vertreter der Familie der Sphingomonadaceae (Sphingomonas
Sphingopyxis sp., Sphingobium sp., Novosphingobium sp.) entwickelten
vermehrt auf den EPDM-Materialien. Sphingomonaden, welche bereits
verschiedenen Boden-, Wasser- und klinischen Habitaten isoliert wurden,
sp.,
sich
von
sind
dafür bekannt, diverse organische Verbindungen abzubauen (White et al.,
1996; Leys et al., 2004). Sie wurden bereits in Biofilmen auf Duschvorhängen
und in Duschköpfen nachgewiesen (Kelley et al., 2004; Feazel et al., 2009) und
spielen eine entscheidende Rolle in Biofilmen aus der Umkehrosmose
(Bereschenko et al, 2010). Auch Flavobakterien besitzen ein ausgesprochen
großes Abbaupotential (Bissett et al., 2008). Die Gattung Acidovorax wurde
bereits aus Wasser, Belebtschlamm, Böden und in klinischen Bereichen isoliert
(Willems et al., 1990). Nocardien sind ebenfalls für ihre Abbauleistung
(Biodegradation) von Öl, Treibstoffen und Gummi bekannt (Rose et al. 2005,
Gomes et al. 2009). Azospirillum sp., welches nur am Standort H1 auf EPDM
ohne Empfehlung gefunden wurde, ist eine freilebende stickstofffixierende
Spezies, welche häufig in der Rhizophäre anzutreffen ist. Sie besitzen eine
positive Chemotaxis hin zu einer Vielzahl von organischen Substanzen
(Steenhoudt & Vanderleyden, 2000).
Da verschiedene Reaktoren zur Biofilmanzucht eingesetzt wurden, kann
grundsätzlich auch von einer Beeinflussung der Population durch die
Reaktorbauform und die Fließgeschwindigkeit des Wassers ausgegangen
werden. Bei der Analyse der 6 Wochen alten Biofilme der Standorte H1, H2 und
H3 wurde dieselbe halbtechnische Versuchsanlage (Teilprojekt 2) eingesetzt,
so dass bei diesen Biofilmen von einer Beeinflussung durch die Reaktorart und
die Fließgeschwindigkeit nicht ausgegangen werden kann. Trotzdem entstand
eine andere Biofilmgemeinschaft auf den gleichen Werkstoffen. Dies kann auf
die Beschaffenheit des verwendeten Wassers zurückgeführt werden. Bei den
beiden Standorten H1 und H2 handelte es sich um aufbereitetes reduziertes
Grundwasser. Am Standort H1 wurde ein geringerer DOC-Gehalt (0,8 mg/l) des
Trinkwassers festgestellt als am Standort H2 (ca. 3,1 mg/l). Der Standort H3
verwendete aufbereitetes Uferfiltrat als Trinkwasser, wobei darauf geachtet
wurde, dass keine Chlordioxid-Restkonzentration vor der Verwendung enthalten
Populationsanalysen
375
war. Am Standort H3 war der DOC-Gehalt mit 0,3 mg/l am geringsten, der
Nitratgehalt war 10fach höher als an den anderen beiden Standorten. Zudem
wurden Phosphat (1 mg/l) und Silikat zum Korrosionsschutz am Standort H3
zudosiert.
Werden die Biofilmpopulationen des Standorts H3 mit denen der Standorte M1
und M2 verglichen, wo Grundwasser mit Flusswasser künstlich angereichert
und ein ähnlich hoher Nitratgehalt wie am Standort H3 erreicht wird, sind
trotzdem Unterschiede in der Biofilmzusammensetzung erkennbar. Auf den
PE-X-Materialien waren zwischen diesen drei Standorten auf Klassenebene
ähnliche Muster in den Klonbibliotheken zu finden. Auf den EPDM-Materialien
ist die Biofilmpopulations-Zusammensetzung auf Klassenebene jedoch unterschiedlich. Durch die zusätzliche Dosierung von Phosphat als Korrosionsschutz
am Standort H3 wurde eine mögliche Phosphatlimitierung im Trinkwasser
aufgehoben, so dass sich hier die Biofilmpopulation insgesamt entsprechend
änderte. Diese Ergebnisse passen gut zu den Beobachtungen des Teilprojekts
2, wo ein ähnlich hohes Biofilmwachstum auf PE-Xc für Standort H2 und H3
beobachtet wurde, obwohl der DOC von H3 nur 1/10 so hoch war wie von
Standort H2.
Nicht nur die Beschaffenheit des Trinkwassers und das verwendete Material
haben einen Einfluss auf die Biofilmgemeinschaft, sondern auch die
Temperatur des Wassers, was die Fingerprints der Standorte der halbtechnischen Versuchsanlage (H1 und H2) zeigten. Unabhängig vom Material
ähnelten sich die Warmwasserbiofilme bzw. die Kaltwasserbiofilme, so dass
sich Cluster bildeten.
Die erfolgte künstliche Kontamination mit den Zielorganismen hatte auch eine
Wirkung auf die Populationsstruktur des Biofilms. Wie stark sich die Wirkung
bemerkbar machte, war bei den PE-X- und Kupfer-Biofilmen temperaturabhängig. Die Diversität der Kaltwasserbiofilme nahm bei PE-X und Kupfer im
Vergleich zu den Warmwasserbiofilmen stark zu. Dass die Populationsänderung im Biofilm durch die Kontamination bedingt ist, zeigte sich besonders
stark durch die relativ ähnliche Population von PE-Xc und Kupfer nach der
Kontamination im Kaltwasser. Da eine mikrobielle Gemeinschaft im Biofilm in
seinem Zusammenspiel sehr komplex ist, kann ein Eingriff eine starke
Populationsänderung zur Folge haben.
Populationsanalysen
376
Aus den Ergebnissen ableitend kann geschlussfolgert werden, dass neben den
Eigenschaften des Materials als Aufwuchsträger und ggf. Nährstofflieferant
auch die Herkunft und die Beschaffenheit des Wassers nach der Aufbereitung,
das Alter des Biofilms und die Wassertemperatur eine entscheidende Rolle für
die Zusammensetzung der Biofilmgesellschaft im Trinkwasserbereich spielen.
4.2
Potentielle Indikatoren
Als potentielle Indikatoren für hygienisch bedenkliche Werkstoffe könnten
Vertreter der Familie der Sphingomonadaceae und Flavobakterien herangezogen werden, da diese überwiegend und dominierend auf den EPDMMaterialien anzutreffen waren. Dies kann allerdings nur unter zusätzlicher
Berücksichtigung des Trinkwassers als Quelle der Mikroorganismen und
Nährstoffen geschehen (siehe Abschnitt 4.2). Der Standort H3 stellte eine
Ausnahme hinsichtlich der oben genannten Indikatoren dar. Die
Phosphatdosierung zum Korrosionsschutz hob die Phosphatlimitierung im
Trinkwasser auf, sodass sich eine andere autochthone Biofilmgesellschaft
bilden konnte. Hier wurde der PE-Xc-Biofilm von Sphingomonas sp., der zur
Familie der Sphingomonadaceae gehört, dominiert und es wurde auch
Flavobacterium sp. gefunden. Im 6 Wochen alten Kupfer-Biofilm am Standort
H3 dominierte neben Methylomonas sp. auch Sphingomonas sp.. Critchley et
al. (2004) wiesen den Einfluss von Biofilmorganismen bei der Kupferkorrosion
nach und isolierten aus den korrodierten Kupferrohren u. a. Sphingomonaden.
Für Sphingomonaden (Neef et al., 1999), Sphingomonadaceaen (Demanèche
et al., 2008; Sanguin et al., 2006), Flavobakterien (Weller et al, 2000) und das
Cytophaga-Flavobacter-Bacteroides-Phylum (CFB-Phylum) (Weller et al, 2000;
Manz et al, 1996), existieren diverse Sonden für die FISH und die MicroarrayAnalyse, die für einen Nachweis herangezogen werden können. Für den
Nachweis von Sphingomonaden im Trinkwasserbiofilm und die Untersuchung
der Diversität, könnten die von Leys et al. (2004) entwickelten spezifischen
Primer für die DGGE eingesetzt werden.
Populationsanalysen
4.3
377
Einfluss von Desinfektionsmitteln und -verfahren auf Biofilmpopulationen
In diesem Projekt wurden die Langzeitwirkungen verschiedener Desinfektionsmaßnahmen auf die Zusammensetzung der Biofilmgemeinschaft mittels
Fingerprinting ermittelt. Veränderungen, insbesondere das Wiederaufkeimen
von hygienisch relevanten Mikroorganismen, können kritisch für die
Trinkwasserqualität sein. Mithilfe des Silikonschlauchmodells des Teilprojekts 3
wurde verschiedene Desinfektionsmittel und –verfahren getestet und mittels
des Fingerprintings-Verfahrens DGGE verglichen. Der Vergleich der
behandelten und wieder aufgewachsenen Biofilmpopulationen (2 Wochen) mit
den unbehandelten Biofilmpopulationen zeigten eine durch die Desinfektionen
verursachte Populationsveränderung (Roeder et al., 2010). Die Desinfektionen
induzierten einen Selektionsdruck abhängig von Behandlungsmethode und
eingesetzter Konzentration. Die Ähnlichkeiten zwischen den behandelten und
unbehandelten Biofilmen waren meist gering.
Mit der halbtechnischen Versuchsanlage, die einerseits mit typischen
Stagnationszeiten eines 4 Personenhaushalts und andererseits trinkwasserrelevanten Materialien arbeitete, konnten realitätsnähere Untersuchungen
bezüglich des Einflusses einer mechanischen Reinigung und einer
anschließenden Chlordioxid-Desinfektion durchgeführt werden. Es wurden 9
Monate alte Biofilme vor und 3 Wochen (Standort H1) bzw. 4 Wochen (Standort
H2) nach erfolgter Desinfektion mit dem Fingerprintingverfahren verglichen.
Auffällig war, dass die Biofilme aus dem Warm- bzw. Kaltwasser Cluster
bildeten, unabhängig davon, ob sie desinfiziert wurden oder nicht.
Die EPDM Materialien erzeugten i.A. bereits 3 Wochen nach der Desinfektion
einen relativ ähnlichen Biofilm (> 70 %) im Vergleich zu den anderen
Werkstoffen. Da der Werkstoff selbst das Substrat für das Bakterienwachstum
lieferte, konnte sich der Biofilm rasch erholen und sich eine ähnliche
Biofilmpopulation wieder einstellen. Dies zeugt von einer starken Beeinflussung
durch das Material selbst. Die hohen Ähnlichkeiten zeigten sich auch bei den
Biofilmen am Standort H2, wo nach 4 Wochen kaum noch Unterschiede auf
dem EPDM-Material vor und nach Desinfektion erkennbar waren. Die
durchgeführte Desinfektion der EPDM-Biofilme im Warmwasser begünstigte
das Wachstum von Vertreter des Bacteroidetes Phylum (Flavobakterium sp.,
378
Populationsanalysen
Sphingobakterium sp.), der Familie der Bradyrhizobiaceae (Afipia sp., Bosea
sp.) und Sphingomonadaceae (Sphingobium sp.). Dies entsprach einer
Selektion und Förderung der Mikroorganismen, deren Wachstum schon an sich
durch das Material stark gefördert wurde. Auf den PE-X Materialien waren die
Ähnlichkeiten nach drei Wochen Aufwuchs nach abgeschlossener Desinfektion
mit ≤ 40% geringer als bei Kupfer (ca. 45 %). Da diese Werkstoffe selbst nicht
das Substrat zu übermäßigem Wachstum liefern, muss davon ausgegangen
werden, dass hier die Desinfektion einen starken Einfluss hatte. Teilweise
wurde die Diversität im Biofilm erhöht und teilweise nahm sie ab. Auf PE-Xc im
Kaltwasserbiofilm blieb die Diversität relativ konstant und trotzdem entwickelte
sich eine andere, neue Biofilmgesellschaft. Mikroorganismen in einem Biofilm
sind besser vor Desinfektionsmaßnahmen geschützt, da die Mittel oberflächlich
wirken und oft nicht so weit eindringen können (LeChevallier et al., 1988). In
dünnen Biofilmen ist dieser Schutzmechanismus weniger gut ausgeprägt. Die
Entwicklung einer neuen Biofilmgemeinschaft wird von der toten Biomasse,
welche anfangs als leicht abbaubare Kohlenstoffquelle genutzt werden kann,
unterstützt und beeinflusst. Das heißt, es können sich nun andere Mikroorganismen ansiedeln, die sich zuvor wahrscheinlich wegen des Nährstoffangebots nicht ansiedeln konnten. Bei den Kupferbiofilmen am Standort H1
entwickelten sich im Warm- und Kaltwasser sehr unterschiedliche Biofilmpopulationen in Bezug auf die Diversität. Die höhere Diversität im KaltwasserKupfer-Biofilm gibt Hinweise darauf, dass die Bakterien besser vor den
Kupferionen geschützt sind, wenn die Oberfläche mit Kupfercarbonat statt mit
Kupferoxid überzogen ist. Während der mechanischen Behandlung wurde die
Kupfercarbonatschicht möglicherweise so weit partiell entfernt, dass sich nach
drei Wochen nur eine gering diverse Biofilmgesellschaft entwickeln konnte. Die
Verdopplung der Diversität im Warmwasserbiofilm 3 Wochen nach Abschluss
der Desinfektion könnte eine Folge der nicht entfernten toten Zellen sein, da
diese von einer Vielzahl von Bakterien als Kohlenstoffquelle genutzt werden
können. Einzelne Banden im DGGE-Gel am Standort H2 gaben erste Hinweise
darauf, dass L. pneumophila nach der Desinfektion der Biofilme auf PE-Xb (im
Kaltwasser) und EPDM ohne Empfehlung (im Warmwasser) sich so stark
vermehrt haben, dass sie nun mit der DGGE detektiert werden konnten. Es ist
aber zu berücksichtigen, dass bei einem Fingerprint eine Bande nicht einer
einzigen Spezies zuzuordnen ist. Nur eine Klonierung und eine anschließende
Sequenzierung der Bande kann eine Identifikation der Organismen, die sich
Populationsanalysen
379
hinter einer Bande verstecken, ermöglichen. So ermöglicht der Vergleich einer
Reinkultur mit einer Bande nur ein Indiz.
Der nachhaltige Einfluss von Desinfektionsmaßnahmen auf Biofilmpopulationen
wurde bisher nur wenig untersucht. Es existieren einige Untersuchungen zum
Einfluss einer Chlorung auf die bakterielle Zusammensetzung im Trinkwasser
(Eichler et al., 2006; Poitelon et al., 2010) und im Trinkwasserbiofilm (Williams
et al., 2005; Mathieu et al., 2009). Eine Desinfektion mit Chlordioxid könnte eine
ähnliche Populationsänderung in den Proteobakterien-Unterklassen hervorrufen, wie von Mathieu et al. (2009) für PVC und Chlor berichtete. Sie
beobachteten einen reversiblen Shift zu Beta- und Gammaproteobakterien,
wenn eine hohe Chlorrestkonzentration im Wasser enthalten war. Jedoch hat
das Material auch einen starken Einfluss auf die Biofilmpopulation und die
Veränderung könnte durch beides, das Material und die Desinfektionsmaßnahme, beeinflusst werden. Auch die Herkunft des Rohwassers hat neben
der Art der Desinfektionsmaßnahmen einen signifikanten Einfluss auf die
bakterielle Zusammensetzung der mikrobiellen Populationen im Trinkwasser
und im Biofilm (Emtiazi et al., 2004; Eichler et al., 2006). Emtiazi et al. (2004)
berichteten von einem starken Einfluss verschiedener Aufbereitungsschritte in
der Trinkwasseraufbereitung auf die Biofilmpopulation, wie der UV-Bestrahlung.
Trotz der UV-Bestrahlung detektierten sie hygienisch relevante Bakterien wie
Legionella spp. und teilweise P. aeruginosa in den Trinkwasserbiofilmen. Die
Untersuchungen des Einflusses der UV-Strahlung auf Trinkwasserbiofilmgemeinschaften in einem Modell-Verteilungssystem mit einem alternativen
Fingerprintingverfahren (intergenic transcribed spacer (ITS)) zeigte allerdings
keinen reproduzierbaren Einfluss auf die Biofilmpopulation (Pozos et al., 2004).
Die Ursache der unterschiedlichen Ergebnisse könnte im Vergleich eines realen
und eines Modell-Verteilungssystems oder an den unterschiedlichen
verwendeten Fingerprinttechniken liegen. Eine starke Auswirkung auf die
Zusammensetzung der Mikroorganismen im Trinkwasser durch eine Chlorung
wurde mit RNA basierten Fingerprintverfahren von Eichler et al. (2006)
beobachtet. Rückstände von Monochloramin und Chlor im Trinkwasser haben
die bakterielle Biofilmzusammensetzung in einem Modell-Wasserverteilungssystem beeinflusst (Williams et al., 2005).
Aus den ermittelten Ergebnissen kann geschlussfolgert werden, dass
Desinfektionsmittel einen bedeutenden Einfluss auf die Zusammensetzung der
Populationsanalysen
380
Biofilmpopulation haben. Die Eingriffe können möglicherweise Persister und
Mikroorganismen selektieren, welche von den Resten toter Biofilmzellen leben.
Für die Evaluierung der Wirksamkeit von Desinfektionsverfahren in
Trinkwasserinstallationen ist es notwendig nicht nur die Reduktionen zu
berücksichtigen, sondern auch einen Augenmerk auf die Zusammensetzung
der Biofilmpopulationen zu haben. Des Weiteren kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine Desinfektion eine Reinigung ersetzt.
4.4
Protozoen
Auf EPDM ohne Empfehlung (nach DVGW W270) waren Amöben bereits nach
3 Tagen nachweisbar, was auf die schnelle Biomassezunahme der Bakterien in
den Biofilmen zurückzuführen ist. Auf Glas und EPDM mit Empfehlung wurden
wie bei Kalmbach et al. (1997a) die ersten Protozoen nach 7 Tagen gefunden.
Die mikroskopischen Bilder veranschaulichen, wie die Amöben in den dicken
Biofilm eindringen. Eine Abtrennung oder Entfernung der Amöben für eine ATPMessung ist somit nicht möglich.
Das verwendete Primerset für die Erstellung der Klonbibliotheken für
Eukaryoten erfasste in dieser neuen Kombination 96% der erstellten
arb-Datenbank für Süßwasseramöben. Die neue Kombination der Primer
ermöglichte, dass auch die Excavata zum großen Teil miterfasst werden
können (Höschel, 2008), was der Nachweis von Naegleria sp. am Standort M1
zeigte. Auch beim Nachweis der Protozoen an den verschiedenen Standorten
auf EPDM mit Empfehlung zeigte sich ein deutlicher Einfluß der Herkunft des
Trinkwassers. Pilze und Ciliaten waren nur an den Oberflächenwasser
beeinflussten Standorten im Trinkwasserbiofilm nachweisbar. Die teilweise
geringen Ähnlichkeiten der erfassten Protozoen zu bekannten Arten deuten
darauf hin, dass diese Protozoen noch nicht in kultivierter Form vorliegen und
dass die nächsten Verwandten nur ein Indiz für die Art darstellen.
4.5
Anwendbarkeit der molekularbiologischen Methoden
Wegen der geringen Kultivierbarkeit von Trinkwasserorganismen ist es
notwendig, Biofilmpopulationsanalysen mit molekularbiologischen Methoden
durchzuführen, um einen größeren Anteil an Mikroorganismen erfassen zu
können. Die hier im Projekt angewendeten Methoden eigneten sich hierfür gut.
Populationsanalysen
381
Mit dem Fingerprinting-Verfahren DGGE konnten die verschiedenen Biofilmpopulationen und die Auswirkungen von Desinfektionen auf die Biofilmgesellschaft verglichen und zum Teil die Banden im Gel identifiziert werden. Für
jede Probe musste allerdings die für die PCR eingesetzte Menge sorgfältig
optimiert werden, damit vergleichbare Ergebnisse bei den verschiedenen
Biofilmen erzielt werden konnten. Aber auch die Menge an PCR-Produkt,
welches auf das DGGE-Gel aufgetragen wurde, musste je nach Diversität in der
Probe angepasst werden. Daher waren immer mehrere Durchläufe notwendig,
um reproduzierbare und verlässliche Ergebnisse beim Fingerprinting zu
erzielen.
Die kostenaufwendigere Methode der Erstellung der Klonbibliotheken lieferte
genauere Angaben zur Biofilmzusammensetzungen, aber die Auswertung der
Ergebnisse war relativ zeitintensiv, da eine große Menge an Daten erhalten
werden.
Limitierend für diese Untersuchungsmethoden waren die PCR und die damit
verbundene Menge an eingesetzter DNA. Bei Biofilmen, die nur eine geringe
Biomasse aufwiesen wie bei PE und Glas, ist es notwendig, eine ausreichend
große Fläche zu beproben, um genügend DNA zu erhalten. Bei den
Kupferbiofilmen zeigte sich das Problem, dass sich beim Ablösen des Biofilms
auch Kupferoxide bzw. Kupfercarbonte von den Oberflächen mit ablösten.
Diese Verunreinigungen störten dann später bei der Amplifizierung der DNA.
Es handelte sich bei den untersuchten Biofilmen um relativ junge Biofilme,
wenn die Aufwuchszeiten mit der Nutzungsdauer einer Trinkwasserinstallation
verglichen werden. Es traten daher noch keine Eiseninkrustierungen auf. Wenn
man die Methodik auf reale Trinkwasserinstallationen überträgt, könnte es
durchaus vorkommen, dass keine Ergebnisse erzielt werden können, da durch
mögliche Störionen kaum DNA amplifiziert werden kann.
Eine Alternative zur Bestimmung der gesamten Biofilmgesellschaft stellt der
spezifische und quantitative Nachweis von Zielorganismen (z. B.
L. pneumophila, P. aeruginosa) mit der real-time PCR dar. Die hier verwendete
Taqman real-time PCR zielte auf das mip-Gen (L. pneumophila) und das regAGen (P. aeruginosa) ab und konnten mit einem ca. zweistündigen
standardisierten real-time PCR-Programm gefahren werden (Shannon et al.,
Populationsanalysen
382
2007), so dass die Schnelligkeit der Nachweismethode zum Tragen kommen
konnte. Das Primer- und Sondenset von Yu et al. (2005) für den universellen
Nachweis von Bakterien hält nicht die empfohlene Produktlänge für die realtime PCR ein, so dass das standardisierte real-time PCR-Programm nicht
verwendet werden kann. Es konnten allerdings durch Anpassung des
Programms zufriedenstellende Ergebnisse erzielt werden. Die Laufzeit
verlängert sich allerdings um 1 Stunde. Das universelle Primer- und Sondenset
wurde von einer Vielzahl von publizierten Sets ausgewählt, da es nach
derzeitigem Stand die meisten Bakterien erfasst und auch unsere Zielorganismen mit einschloss, was nicht bei allen Sets der Fall gewesen ist. Die
hier ermittelten Werte, ausgehend von den Warm- und Kaltwasserbiofilmen auf
EPDM ohne Empfehlung für Bakterien und L. pneumopila, zeigten, dass die
Taqman real-time PCR eine gute und zeitsparende Alternative zur
Gesamtzellzahl- und KBE-Bestimmung darstellt. Aber auch hier gilt, dass die
Menge an extrahierter DNA den limitierenden Faktor darstellt.
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