Arbeit in Forstunternehmen

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Arbeit in Forstunternehmen
Forstunternehmer
Edgar Kastenholz
Arbeit in Forstunternehmen
In einer Studie für die Hans-Böckler-Stiftung zeigt der Autor, dass Forstunternehmer und ihre Beschäftigten
vielfach unter schlechteren Bedingungen arbeiten als Regiearbeiter in großen Forstbetrieben. Dazu kommt, dass
sie in der Regel keine formalen betrieblichen Mitbestimmungsrechte wahrnehmen. Für die Gewerkschaften, die
Unternehmerverbände und die Forstliche Arbeitsforschung sieht der Autor daher einen dringenden Handlungsbedarf.
E
rwerbsarbeit in der Forstwirtschaft
durchläuft einen tiefgreifenden
Veränderungsprozess. Motormanuelle Arbeit wird immer mehr durch
hochmechanisierte Holzerntesysteme
ersetzt. Parallel dazu sinkt die Zahl der
Beschäftigten. Möglich wurde dies neben der technischen Rationalisierung
neuerdings auch durch organisatorische
Rationalisierung. Einen weiteren tiefgreifenden Einfluss auf die Arbeitsbedingungen in der Forstwirtschaft hat die
immer mehr voranschreitende Verlagerung der Waldarbeit von Regiearbeit auf
forstliche Dienstleistungsunternehmen.
Vor allem hochmechanisierte Holzernte
wird heute bereits überwiegend von
Dienstleistungsunternehmen
ausgeführt. Diese werden damit immer wichtigere Partner der Waldbesitzer und der
Holzindustrie. Dennoch sind sie nach
wie vor mit einem Stigma behaftet, das
Peter Poschen, der Forstexperte der
Internationalen
Arbeitsorganisation
(ILO) aus Genf, so beschreibt: „Das Auftreten von Forstunternehmern wurde
von Beginn an mit gemischten Gefühlen begleitet. Für die einen sind sie ein
Wahrzeichen für Effizienz und zeitgemäße Arbeitsorganisation. Aus der Sicht
anderer sind sie die Aschenputtel, denen
es überlassen ist, die forstlichen Erbsen
aus der Asche zu sammeln, und für
wiederum andere sind sie schlicht Übeltäter, denen die Prädikate ´unsicher, unqualifiziert, schlechte Arbeitsqualität´
angeheftet werden. ...“ [9]
Ob es sich hierbei nur um Vorurteile
handelt, kann bisher nicht verlässlich
beantwortet werden. Es deutet aber
vieles darauf hin, dass die Arbeitsbedingungen in Forstunternehmen deutlich kritischer zu bewerten sind als in
den großen Forstbetrieben [7]. Auf der
Basis von Experteninterviews wird die
Situation in Forstunternehmen im fol-
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Forst & Technik 6/2003
genden diskutiert. Arbeitsbedingungen
werden am Beispiel von Arbeitssicherheit, Arbeitszeiten, Alleinarbeit und sozialer Verarmung sowie Formen betrieblicher Mitbestimmung in Forstunternehmen beschrieben.
Kriterien für die
Arbeitsbedingungen
Arbeitssicherheit. Besonderes gegenüber Kleinstunternehmen ohne dauerhaft beschäftigtes Personal bestehen
nach wie vor starke Bedenken innerhalb
der forstlichen Praxis, dass die Standards
der Arbeitssicherheit schlechter sind als
bei der Regiearbeit in großen Forstbetrieben. Auch in öffentlichen Forstbetrieben
werden nach Aussagen von Experten
immer wieder Unternehmen eingesetzt,
in denen die Mindeststandards sicherer
Arbeit nicht eingehalten werden. Da es
sich hierbei um geduldete Normverstöße
handelt, werden Informationen darüber
meist nur hinter vorgehaltener Hand
weitergegeben. Mitunter werden aber
Einzelfälle auch öffentlich wahrgenommen. So berichtet ein interviewter Gewerkschaftsvertreter von einem Fall, bei
dem die Zollbehörden die Arbeit ausländischer Unternehmerbeschäftigten eingestellt haben. Sie waren illegal und unter desolaten Sicherheitsbedingungen
tätig. Die Dunkelziffer ist wohl extrem
hoch, da es aufgrund der abgelegenen
und wechselnden Arbeitsorte für Arbeitsschutzaufsichtsorgane schwierig ist,
Unternehmen ausfindig zu machen, die
gegen geltende Normen verstoßen.
Arbeitszeiten. Arbeit in Forstunternehmen ist durch sehr lange tägliche
und wöchentliche Arbeitszeiten gekennzeichnet [5]. Dies gilt vor allem im Vergleich zu Forstbetrieben oder größeren
Serviceunternehmen, wo die Arbeits-
organisation an Tarifen oder Betriebsvereinbarungen ausrichtet ist. Besonders
bei Arbeitsspitzen erbringen Unternehmer und ihre Beschäftigten immense
Leistungen. Zum Beispiel waren bei der
Windwurfaufarbeitung im Jahr 2000
nach dem Sturm Lothar nach Aussage
eines interviewten Maschinenführers
tägliche Arbeitszeiten von 12 bis 13
Stunden die Regel, und dies – zumindest
zu Beginn – bei einer Siebentage-Woche.
Aber auch im Normalbetrieb sind Arbeitszeiten selten reguliert und richten
sich nach der Auftragslage und nicht
nach vertraglichen Vereinbarungen.
Nach Aussagen von interviewten Unternehmern aber auch von selbständigen
Maschinenführern wird dies von Mitarbeitern in der Regel als betriebliche Erfordernis mitgetragen.
Alleinarbeit und soziale Vereinsamung. Auch wenn es eine Vielzahl
von praxiserprobten Konzepten zur Erhöhung sozialer Interaktion gibt [6], ist
es nach wie vor die Regel, dass Maschinenführer ihren gesamten Arbeitstag alleine verbringen. In Gesprächen mit Maschinenführern ermittelte Lidén, dass
diese rund zwei bis drei mal pro Woche
Kontakte mit anderen Personen am Arbeitsplatz haben. Den Rest der Zeit verbringen sie alleine auf der Maschine im
Wald, und die Kontaktmöglichkeiten
zur Außenwelt sind auf das Mobiltelefon
und Radio reduziert [6].
Vor dem Hintergrund, dass Kommunikation, Interaktion und Teamarbeit sowie Partizipation zunehmend als wichtige Kriterien guter Arbeitsbedingungen
gewertet werden, sind solche Bedingungen nahezu katastrophal. Dennoch
scheinen sich Maschinenführer mit dieser Realität zu arrangieren, denn befragte
Maschinenführer machen nahezu stereotyp die Aussage: „Mir macht das nichts
aus!“ Und auch Lidén bekam bei Diskussionen mit Maschinenführern zu hören:
„Wer allein arbeitet kann sich die Arbeit
selbst einteilen. Man hat die volle Kontrolle über das Geschehen und muss
keine lästigen Kollegen aushalten. Dazu
bekommt man selbst die ganze Anerkennung – wenn die Arbeit gut läuft.“ [6]
Zudem scheinen die sozialen Bedürfnisse von Menschen, die sich bewusst für
das Tätigkeitsfeld Forstmaschinenführer
entscheiden, so zu sein, dass sie nicht
oder wenig unter Alleinarbeit leiden und
der Alleinarbeit positive Seiten abgewinnen. So beschreibt ein Interviewpartner
seine Kollegen in Forstunternehmen
mit: „Das sind alles Individualisten.“
Auch aus Eignungstests für Forstmaschinenführer ergeben sich Hinweise,
dass es sich bei den Interessenten vielfach um „introvertierte, naturverbundene Individualisten“ handelt [4]. Und
manches deutet darauf hin, dass diese
Tätigkeit in der Tat nur für Personen geeignet ist, die eine entsprechende Persönlichkeitsstruktur haben. Andererseits gibt
es wohl es eine Vielzahl von Personen,
die genau aus diesem Grund relativ rasch
die Tätigkeit als Maschinenführer wieder
aufgeben. So beschreibt ein interviewter
Maschinenführer: „Viele junge Leute, die
aus Interesse an der Technik angefangen
haben, werfen schnell das Handtuch,
weil sie nicht damit klarkommen, den
ganzen Tag alleine im Wald zu sein.“
Auch wenn sich das Thema Alleinarbeit nicht abschließend bewerten lässt,
ist dennoch festzuhalten, dass sich die
Waldarbeit mit zunehmender Bedeutung
der Maschinenarbeit drastisch verändert.
Maschinenarbeit ist von einem Tätigkeitsfeld mit hoher sozialer Integration
viel weiter entfernt ist als es die traditionelle Waldarbeit ist. Andererseits aber
bietet Maschinenarbeit ein hohes Maß
an Autonomie, Vielfältigkeit und Verantwortung für die Planung, Durchführung
und Kontrolle der eigenen Arbeit.
Mitbestimmung
im Forstunternehmen
In Forstunternehmen gibt es im Gegensatz zu großen Forstbetrieben, wo
Personal- und Betriebsräte sich intensiv
zum betrieblichen Geschehen artikulieren, wenn überhaupt, dann nur eine sehr
gering ausgeprägte Mitbestimmung.
Wie bekannt, ist der forstliche Dienstleistungssektor sehr heterogen strukturiert. Es überwiegen kleine und kleinste
Unternehmen. Vielfach handelt es sich
um Einpersonen- oder Familienbetriebe.
Die Zahl der nichtselbstständig Beschäftigten ist meist gering und schwankt zudem in Abhängigkeit von der Auftragslage. Im Durchschnitt sind in Forstunternehmen in Deutschland rund drei
bis vier Personen beschäftigt. Vielfach
wird bei temporärem höheren Auftragsvolumen mit ausländischen Saisonarbeitskräften gearbeitet, die in der Regel
als Subunternehmer eingesetzt werden.
In Kleinstbetrieben werden daher allein aufgrund der geringen Beschäftigtenzahlen keine Betriebsräte eingerichtet. Aber auch in größeren Betrieben sind
Betriebsräte zur Wahrnehmung und
Vertretung von Beschäftigteninteressen
wohl nur in Ausnahmefällen zu finden.
Selbst bei einer Rückfrage auf Bundesebene der Forstunternehmernehmerverbände konnte nur ein Unternehmen mit
Sicherheit benannt werden, bei dem ein
Betriebsrat eingerichtet ist. Dieses Unternehmen mit derzeit rund 60 Beschäftigten, ist aber sowohl hinsichtlich seiner
Größe als auch seiner Entwicklungsgeschichte – als junge Ausgründung aus
iner Landesforstverwaltung – eine Ausnahme. Aber es gibt auch in anderen
Unternehmen eine verfasste Mitbestimmung, aber dies sind nach Aussage eines
Fünf Beispiele für Mitbestimmung
in Forstunternehmen
(1) Ein großes mittelständische Unternehmen
Es handelt sich mit ca. 60 Beschäftigten um ein größeres
Unternehmen im forstlichen Dienstleistungssektor. Es wurde vor
wenigen Jahren aus einer Landesforstverwaltung ausgegründet,
mit dem Ziel, Waldarbeitern, die aus der Landesforstverwaltung
aus betrieblichen Gründen entlassen wurden, neue Arbeitsplätze
zu bieten. Das Unternehmen bietet Leistungen in der ganzen
Palette forstwirtschaftlicher Arbeiten an, von der motormanuellen
Holzernte bis hin zur Landschaftspflege und im Naturschutz.
Bereits kurz nach der Unternehmensgründung wurde ein Betriebsrat gewählt. Die Initiative hierzu ging nach Aussage des Geschäftsführers von der Betriebsleitung aus, da dies für einen Betrieb dieser
Größenordnung für selbstverständlich gehalten wurde. Der Geschäftsführer hebt die Vorteile der institutionalisierten Arbeitnehmervertretung für einen guten Betriebsablauf hervor. Vor allem
erleichtere ihm der Betriebsrat die Kommunikation mit den Beschäftigten, da diese in der Regel in kleineren Gruppen an vielen unterschiedlichen Einsatzorten arbeiten. Auch existiert ein Haustarif-
vertrag, der die Beschäftigten nach Aussage des Geschäftsführers besser stellt als
der Tarifvertrag der Landesforstverwaltung.
Vom Betriebsleiter werden die Initiativen
der Betriebsräte als willkommene Unterstützung der Unternehmensführung angenommen. Die Möglichkeiten der Beratung mit den Betriebsräten – auch über Verlohnungsfragen – erleichtern es immens, den
betrieblichen Frieden zu erhalten. Die Betriebsräte beteiligen sich
überwiegend aktiv an betrieblichen Entscheidungen.
(2) Ein weiteres mittelständisches Unternehmen
Dieses Unternehmen, das eine breite Palette an Dienstleistungen
anbietet, hat rund zwanzig Beschäftigte. Tätigkeitsschwerpunkte
liegen auf der hochmechanisierten Holzernte, aber auch forstliche
Sachverständigentätigkeiten, vor allem Betriebsinventuren,
gehören zum Leistungsangebot. Hier existiert ein Betriebsrat,
allerdings „nur auf dem Papier“. Gegründet wurde dieser, als die
Unternehmensleitung aufgrund nicht weiter ausgeführter Probleme
die Notwendigkeit hierzu sah. In der betrieblichen Praxis wird der
Betriebsrat von der Unternehmensleitung nicht konsultiert.
Vielmehr werden betriebliche Entscheidungen generell ohne weitere
Beratung mit den Personalvertretern vom Unternehmensinhaber
gemeinsam mit dem im Betrieb vorhandenen akademischen
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Forstunternehmer
Verbandsvertreters ebenfalls Ausnahmefälle.
Konservative
Führungsstrukturen
Forstunternehmen weisen in der Regel
konservative paternalistische Führungsstrukturen auf. Anhand der im Kasten
auf den Seiten 17 bis 19 vorgestellten
Unternehmen wird dies deutlich. Die
Beobachtungen legen nahe, dass die Beschäftigungsverhältnisse hier auf Treue,
Zuverlässigkeit, Fleiß und Leistungsbereitschaft basieren, sowie darauf, dass
Mitarbeiter in das Unternehmen „hineinpassen“. Potenzielle Konflikte mit
Mitarbeitern werden daher von vornherein vermieden, indem im Zweifelsfall
lieber mit Subunternehmen gearbeitet
wird, als mit Mitarbeitern, bei denen
man nicht weiß, ob „man gut miteinander auskommt“.
Angestellte in Dienstleistungsunternehmen, die den Loyalitäts-, Leistungs-,
und Qualitätsanforderungen gerecht
werden, sind sich ihrer Rolle durchaus
bewusst. Die „Einzelnen“, die sich wie
im Fallbeispiel drei, dem mittleren Holzernteunternehmen, „verkaufen“, kennen ihren Marktwert, und erwarten im
Gegenzug für ihre Leistung und Loyalität soziale Fürsorge von seiten des
Unternehmens.
Dies gilt übrigens nicht nur für die
nichtselbstständigen Beschäftigten in
den Unternehmen. Auch selbstständige
Maschinenführer sind in diese Strukturen eingebettet. Angestellte und (schein)
selbstständige Mitarbeiter identifizieren
oder arrangieren sich mit den jeweiligen
ökonomischen und auftragsbedingten
Sachzwängen. Darum sind Beschäftigte
und „freie Künstler“ bereit, die von
Unternehmern geforderte Leistung zu erbringen. Selbstverständlich wird zum
Beispiel von einem Mitarbeiter erwartet,
über seine normale Arbeitszeit hinaus bereitzustehen, wenn eine Maschine am
Abend zu einem neuen Arbeitsort umgesetzt werden muss. Solche Bedingungen
scheinen aber andererseits – neben den
bereits angesprochen Arbeitsbedingungen wie Alleinarbeit und Arbeitsbelastungen – ein wesentlicher Grund dafür zu
sein, dass manche, durchaus interessierte
und leistungsmotivierte Menschen, bereits nach kurzer Zeit „wieder das Handtuch werfen“.
Es ist daher nicht nur das Fehlen von
Betriebsräten, was der Wahrnehmung
formaler betrieblicher Mitbestimmungs-
Leitungspersonal getroffen. Allerdings werden, nach Aussage des
Interviewpartners, von der gewählten Belegschaftsvertreter auch
keinerlei Mitwirkungsrechte eingefordert.
(3) Ein mittleres Holzernteunternehmen
Insgesamt arbeiten in und mit diesem Holzernteunternehmen mit
Schwerpunkt hochmechanisierter Holzernte insgesamt 24 Personen. Hiervon sind allerdings nur rund 10 feste Angestellte. Mehrere „Mitarbeiter“ arbeiten als selbstständige Maschinenführer
„auf Umsatz“ – nach Aussage des Befragten, wird dies auf
ausdrücklichen Wunsch der Maschinenführer so praktiziert.
Eine wie auch immer geartete gewerkschaftliche Einflussnahme
gibt es nach Aussage des Betriebsleiters nicht. Er sieht es als
charakteristisch für die Branche an, dass Löhne und Arbeitsvertragsbedingungen individuell mit jedem einzelnen Beschäftigten
ausgehandelt werden. Dies sei erforderlich, da die Leistungsunterschiede zwischen den einzelnen Maschinenführern sehr groß seien.
Insgesamt sieht der Betriebsleiter in seinem Unternehmen ein
„ausgeglichenes Kräfteverhältnis“ zwischen Betriebsleitung und
Beschäftigten.
Gearbeitet wird in kleinen Gruppen. Die Arbeitsorganisation wird
als sehr informell beschrieben und „erfolgt auf Zuruf und Abstimmung.“ Keine Probleme und Konflikte werden hinsichtlich der
Arbeitsplatzgestaltung gesehen. Es sei eine Selbstverständlichkeit,
dass die Arbeitsplätze und hier vor allem die Maschinenarbeits18
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rechte entgegensteht. Vielmehr deuten
die beobachteten Strukturen auf Unternehmenskulturen hin, in denen Mitwirkung keine Tradition hat. Dennoch werden auch hier Mitarbeiter nicht selten
an Unternehmensentscheidungen beteiligt. So werden Maschinenbeschaffungen in vielen Fällen gemeinsam mit
Beschäftigten getroffen. Auch bei der
Arbeitsplanung werden Mitarbeiter eingebunden. Und wie im fünften Fallbeispiel skizziert, gilt dies auch für selbstständige Maschinenführer.
Aber es gibt auch Unternehmen, deren
Inhaber alle Entscheidungen selbst treffen oder auf einen kleinen Kreis von Betriebsangehörigen beschränken. Dort
wäre aber auch die Existenz eines Betriebsrates kein wirkungsvoller Beitrag
zur Mitarbeiterbeteiligung, wie es im
Fallbeispiel zwei deutlich wird.
Damit ist die Führungskultur das entscheidende Kriterium für eine meist informelle und personenabhängige Beteiligung von Mitarbeitern an betrieblichen
Entscheidungen und Abläufen. Vieles
deutet darauf hin, dass in forstlichen
Dienstleistungen autoritäre und patriarchalische Betriebsleiterpersönlichkeiten
das Bild bestimmen. Zusammenarbeit
zwischen Unternehmern, Beschäftigten
plätze nach dem Stand der Technik und Ergonomie ausgestattet
seien. Sonst sei es auch nicht möglich, gute Maschinenführer zu
halten. Die Auswahl und Beschaffung der technischen Ausstattung
erfolgt nach den Kriterien – und in dieser Reihenfolge – Preis,
Leistung und Ergonomie.
(4) Ein Kleinunternehmen
Hier haben wir es mit einem Unternehmen zu tun, das mit einem
Vollernter und einem Forwarder arbeitet. Unternehmensinhaber
sind zwei Verwandte, die bereits seit vielen Jahren gemeinsam mit
der jeweils modernsten Technik arbeiten. Sie selbst bedienen den
Harvester und bei Bedarf den Forwarder im Schichtbetrieb und haben einen Angestellten, der ausschließlich den Forwarder fährt.
Büroarbeiten werden von einer der Ehefrauen der Betriebsinhaber
ausgeführt.
Der Angestellte gehört dem Unternehmen bereits seit rund 20
Jahren an. Er wird in alle entscheidenden Auftrags- und Arbeitsablaufplanungen einbezogen, und bei Auftragsplanungen werden
beispielsweise seine Urlaubswünsche und persönlichen Zeitplanungen berücksichtigt. In der Regel hat dieser Angestellte einen weitgehend normalen 8- bis 9-Stunden-Tag.
In jüngster Vergangenheit hat das Unternehmen versucht einen
weiteren Mitarbeiter zu beschäftigen. Zwei Einstellungswünsche
wurden jedoch abgelehnt. In einem Fall hatte ein junger
Maschinenführer nicht die von den Unternehmern erwartete
und Subunternehmern basiert auf eingespielten sozialen Praktiken und informellen Strukturen, und somit auf einer
kleinbetrieblichen Arbeitsrealität, die
auch das Handwerk prägt [1]. Sie basiert
jedoch nicht, oder nur selten, auf einer
verfassten und davon ausgehend inhaltlich definierten Mitbestimmung.
Gestaltung von Arbeitsbedingungen
Wegen starker ökonomischer Zwänge
aber auch wegen der Gefahr einer immer stärkeren Verlagerung von Risiken
auf die Schwächsten, besteht ein drängender Handlungsbedarf zur Gestaltung
der Arbeitsbedingungen im forstlichen
Dienstleistungssektor.
Der vorhandene arbeits-, sozial- und arbeitsschutzrechtliche Gestaltungsrahmen
bietet eine hohe Regelungsdichte. Wenn
alle dort vorgeschriebenen Normen in
der Praxis umgesetzt würden, wären die
Probleme der Forstunternehmen deutlich
geringer. Allerdings ist der Rechtsrahmen
in seiner Wirksamkeit beschränkt. Aufsichtsorgane können die an wechselnden
Waldorten arbeitenden Unternehmen
kaum kontrollieren. Nur so ist es zu erklären, dass Rechtsverstöße äußerst selten
bekannt werden, fast jeder forstliche
Praktiker aber von einer Vielzahl von Regelwidrigkeiten zu berichten weiß.
Daher erscheint es erforderlich, die gesetzlichen Normen durch tarifvertragliche, privatrechtlichen und brancheninterne Vereinbarungen und Regelungen
zu unterstützen. Im folgenden wird beispielhaft skizziert, welche Gestaltungsinstrumente derzeit genutzt werden.
Tarifvertragliche Regelungen. Seit
Beginn der 1990er Jahre sind Vertreter
von Verbänden forstlicher Dienstleistungsunternehmen bemüht, Tarifverträge für den Geltungsbereich ihrer Mitglieder ins Leben zu rufen. Insbesondere
Hans-Jürgen Narjes von der AfL Niedersachsen hat immer wieder darauf hingewiesen, dass es zu der Professionalisierung einer Branche untrennbar dazugehört, als Tarifpartner Handlungsfähigkeit
zu beweisen. Bereits 1992 wurde der
erste Rahmen- und Lohntarifvertrag für
den Geltungsbereich der Arbeitsgemeinschaft forstwirtschaftlicher Lohnunternehmer in Niedersachsen vereinbart. Im
Januar 2002 wurde vom Deutschen
Forstunternehmer-Verband (DFUV) mit
der Industriegewerkschaft Bauen-AgrarUmwelt ein Rahmentarifvertrag abge-
Geschicklichkeit und Leistungsfähigkeit, in einem anderen Fall
erkannten die Unternehmensinhaber und der junge Kollege nach
einer Probephase, dass sie diesem nicht zumuten wollten, dauerhaft weit entfernt von seiner Heimat und seinem Lebensmittelpunkt
zu arbeiten. Die Unternehmensinhaber sind nicht abgeneigt, einen
geeigneten qualifizierten Maschinenführer einzustellen. Allerdings
fühlen sich die Inhaber in der Lage, die Auslastung des Gesamtmaschinensystem durch „Springen“ zwischen den beiden Maschinen annähernd zu optimieren.
Darüber hinaus bestehen keine Bestrebungen, das Unternehmen
in nennenswertem Umfang zu erweitern. Die Betriebsinhaber arbeiten beide gerne selbst als Maschinenführer, und sehen für ihr
Unternehmen keinen nennenswerten Vorteil darin, Aufträge für
mehr Maschinen zu akquirieren und einen höheren Verwaltungsund Buchführungsaufwand zu betreiben. Da im Moment ein
größeres Auftragsvolumen vorhanden ist, beschäftigt das
Unternehmen einen Subunternehmer mit eigenem Forwarder, der
wiederum diesen Auftrag „sehr gut brauchen kann, da ihm das
Wasser bis zum Hals steht.“
(5) Ein selbstständiger Maschinenführer
Der befragte Unternehmer hat neben seiner Maschinenführerarbeit in der Forstwirtschaft mehrere weitere berufliche Qualifikationen und Tätigkeitsfelder. Wenn bei einem größeren Unternehmen, das drei Harvester betreibt, Nachfrage besteht, arbeitet er als
schlossen. Dieser ersetzt den bereits im
Jahr 1998 von der Vorgängerorganisation des DFUV, der Bundesarbeitsgemeinschaft forstwirtschaftlicher Lohnunternehmer (BAfL), beschlossenen Vertrag und hat bisher Gültigkeit in acht
deutschen Bundesländern. Mit diesem
Bundesrahmentarifvertrag besteht somit
bereits seit einigen Jahren ein Gestaltungsrahmen, der den Vergleich mit den
traditionsreichen Tarifen für Waldarbeiter in großen Forstbetrieben nicht
scheuen muss.
Während der Rahmentarifvertrag in
den Mitgliedsverbänden des Deutschen
Forstunternehmerverbands
(DFUV)
mittlerweile breite Akzeptanz gefunden
hat, bestehen aber in vielen Landesverbänden noch Umsetzungsprobleme bei
Lohntarifverträgen. Lediglich in Niedersachsen und Hessen besteht derzeit ein
gültiger Lohntarifvertrag. Nach Auskunft von Vertretern einzelner Verbände
gelingt es den jeweiligen Landesvorständen in den übrigen Mitgliedsverbänden
des DFUV (noch) nicht, Verständnis für
die tarifliche Regelungen von Lohnstandards zu gewinnen.
Die Reichweite der bestehenden Tarifverträge ist allerdings sehr begrenzt, da
der Organisationsgrad der Forstunter-
Maschinenführer. Das ihn beauftragende Unternehmen hat zwei
festangestellte Mitarbeiter und einen freien Mitarbeiter, nämlich
den hier beschriebenen Unternehmer.
Er beschreibt, dass er weitgehenden Einfluss auf seine Arbeit hat.
Wenn ein Auftrag ansteht, besichtigt er den Hiebsort und entscheidet ausgehend von den Bedingungen, ob er diesen Auftrag annimmt. Faktisch arbeitet er zu einem vorab vereinbarten Stundensatz, pro forma wird allerdings der Stundenlohn, quasi im Sinne
einer Nachverakkordierung über Stückleistungen verrechnet. Damit
existiert formal ein Werkvertrag. Als Ursache dafür, dass er als freier
Mitarbeiter Aufträge erhält und auch Einfluss auf seine Arbeit
nehmen kann, vermutet er, dass es auf dem Arbeitsmarkt nach wie
vor einen Mangel an gut qualifizierten Mitarbeitern gebe, denn
viele junge Forstwirte, die sich für die Maschinenarbeit interessieren, springen nach einer kurzen Weile der Arbeit wieder ab, da
sie erkennen, dass ihnen diese Art der Arbeit nicht liegt.
Er ist mit seiner Situation sehr zufrieden und schließt aus seiner
Einschätzung der Gesamtlage, dass insgesamt wohl alle momentan ganz zufrieden seien. Vor allem spielt hierbei das hohe
Auftragsvolumen bei der Sturmwurfaufarbeitung nach dem Orkan
„Lothar“ eine Rolle: „Nach dem Sturm ging es allen sehr gut, das
wird sich aber ändern, denn es gibt zu viel altes Holz“... aber ...
„Alle haben in den letzten zwei Jahren so viel gearbeitet, dass sie
nicht unglücklich darüber sind, dass es momentan etwas ruhiger
läuft.“
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Forstunternehmer
nehmer und ihrer Beschäftigten immer
noch sehr gering ist. Auch haben die
Tarifverträge natürlich keinerlei Gestaltungswirkung für die vielen Arbeitsbeziehungen, die nicht auf Arbeitsverträgen sondern auf (Schein-)Werkverträgen basieren. Letztere scheinen auch bei
organisierten Unternehmen ein Instrument zu sein, mit dem tarifliche Verpflichtungen nicht selten unterlaufen
werden.
Ein auch von Gewerkschaftsvertretern
sehr positiv bewertetes Beispiel sozialpartnerschaftlicher Arbeit ist der auf einem Tarifvertrag mit den UnternehmerLandesverbänden in Niedersachsen und
Sachsen-Anhalt basierende Qualifizierungsfonds Forstwirtschaft QfF, der
unter anderem die Erschließung und Sicherung wettbewerbsfähiger Arbeitsplätzen in Forstunternehmen durch Qualifizierung zum Ziel hat. Der QfF finanziert
sich aus Beiträgen der Arbeitgeber und
Arbeitnehmer, ist in Niedersachsen allgemeinverbindlich erklären worden und
damit auch für nicht organisierte Unternehmen und Beschäftigte wirksam.
Kooperation. Neben den formalen tarifrechtlichen Instrumenten gibt es eine
Vielzahl informeller Strukturen, die indirekt zur Gestaltung der Arbeitsbedingungen beitragen. Vor allem sind dies Kooperationen zwischen Unternehmen.
Häufig anzutreffen ist es, dass ein Unternehmen bei einer großen Auftragslage
ein weiteres Unternehmen formal als
Subunternehmen beauftragt. Nicht in
jedem Fall handelt es sich dabei um
Abhängigkeitsbeziehungen, bei denen
ein starker Partner einen schwächeren
zu ungünstigeren Konditionen beauftragt. Vielmehr ist es weit verbreitet, dass
zwei gleich starke Unternehmen sich
wechselseitig Aufträge erteilen.
Eine etwas weitergehende Kooperationsform kann in Sachsen-Anhalt beobachtet werden, wo sich acht Unternehmen mit einer Maschinenflotte von
insgesamt 17 Harvestern und 25 Rückemaschinen zur Interessengemeinschaft
Fläming-Altmark-Holz organisiert haben.
Dies ist ein lockerer Zusammenschluss,
der primär zum Ziel hat, das in Selbstwerbung geerntete Holz gemeinsam zu
vermarkten [2]. Und auch im Sauerland
existiert mit dem Holzkontor Sauerland
(HKS) eine Kooperation zur Holzvermarktung.
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Die Entwicklung von Kooperationen
zwischen Forstunternehmen aber auch
darüber hinaus mit Waldbesitzern und
Betrieben der Holzindustrie ist in Bewegung gekommen. Darin können Chancen zur wirtschaftlichen Überlebensfähigkeit kleiner Unternehmen gesehen
werden. Es wird dabei auch deutlich,
dass die Zukunft der Branche nicht alleine auf der Holzernte – also der klassischen Dienstleistung – liegt, sondern
dass die Vermarktung als weiteres Standbein an Bedeutung gewinnt.
Zertifizierung. Die Zertifizierung von
Waldprodukten nach wirtschaftlichen,
ökologischen und sozialen Standards erscheint mittlerweile als ein hilfreiches
Mittel zur Umsetzung sozialer und gesellschaftlicher Anforderungen beim Unternehmereinsatz. Durch die Einbindung
sozial und arbeitspolitischer Themen
und Probleme in die weltweit intensiv
und teilweise kontrovers diskutierte
Waldzertifizierung ist eine Chance entstanden, die arbeits- und sozialpolitische
Dimension der Waldbewirtschaftung in
das Bewusstsein zumindest der forstfachlichen Öffentlichkeit zu bringen. Damit
gibt es jenseits gesetzlicher Normen Instrumente der Selbstverpflichtung von
Kunden forstlicher Dienstleistungen
zum Einsatz von Unternehmen, die
Sozialstandards einhalten.
Da auch Kleinstunternehmen, die von
nationaler Gesetzgebung gegebenenfalls
nicht ausreichend berücksichtigt werden, unter die Normen der Zertifizierung
fallen, bringt Waldzertifizierung neben
steigenden Anforderungen vor allem
neue Chancen für Forstunternehmen.
So werden Schwachstellen der staatlichen Aufsicht gegenüber der heterogenen und kleinstrukturierten Dienstleistungsszene durch Selbstverpflichtungen
ergänzt, die dann aber einer unabhängigen Kontrolle durch Zertifizierer unterzogen werden.
Das Söldnerphänomen
S
elbstständige Maschinenführer, die sich als „Unternehmer“ für mehr oder weniger
kurze Arbeitsperioden bei einem Unternehmer verdingen, sind ein spannendes Phänomen innerhalb der Branche. Dies sind in der Regel gut qualifizierte bzw. sehr leistungsfähige und leistungsbereite Maschinenführer, die ihre Arbeitskraft europaweit anbieten.
Es liegt der Verdacht nahe, dass es sich bei diesem Unternehmertypus um eine Ausnahmeerscheinung handelt, um einen hochqualifizierten Individualisten, der dann
Aufträge annimmt, seine Arbeitskraft, Kompetenz und Leistungsfähigkeit auf dem Markt
anbietet, wenn es in seine individuelle Arbeits- und Lebensplanung hineinpasst. Einige
solcher freien Maschinenführer stammen aus den nordischen Ländern. Sie verbringen
einige Wochen oder Monte im Jahr im Ausland und arbeiten bei wechselnden Auftraggebern. Die Motive sind ganz unterschiedlicher Art. Eines ist jedoch ganz entscheidend:
Sie werden im Vergleich zu einheimischen Maschinenführern gut bezahlt. Vor allem die
Windwurfaufarbeitung nach „Lothar“ hat eine Reihe dieser Maschinenführer nach Mittelund Westeuropa geführt. Nach Aussage eines größeren Forstunternehmers sind diese
„freien Künstler“ eine Stütze des Betriebes.
Es sind aber nicht nur die leistungsfähigen und gut oder besser bezahlten „Söldner“
unter den Maschinenführern, die auf unternehmenseigenen Maschinen als Subunternehmer fahren. Vage Schätzungen gehen davon aus, dass in manchen Regionen bis zu 50 %
der Maschinenführer formal in Werkverträgen arbeiten (Aussage eines Verbandsvertreters). In vielen Fällen wird dies nicht praktiziert, weil die Selbstständigen es so wollen,
sondern weil die Maschineneigentümer dadurch Kosten reduzieren und Auslastungsrisiken auf den Subunternehmer verlagern können. „Häufig sind das wohl Leute, die
Pleite gegangen sind, und das aus der Not heraus machen.“ „Einem Unternehmer kann
ja nichts besseres passieren, als solche Selbstständige zur Verfügung zu haben. Er spart
einen Haufen Lohnnebenkosten und hat keine Probleme damit, Arbeit für ihn zu suchen,
wenn es mal nicht so gut läuft.“
Am Beispiel für einen „(schein)selbstständigen Forwarderfahrer“, der zu untragbaren
wirtschaftlichen Konditionen für einen Unternehmer arbeitet, beschreibt HERZ [3] eine in
der Dienstleistungsszene wohl nicht unübliche Praxis der Selbstausbeutung, die mit einer
positiv zu wertenden unternehmerischen Freiheit nicht mehr viel gemein hat.
Folgerungen für
die forstliche Praxis
Die Entwicklung und der Erhalt qualifizierter und überlebensfähiger Arbeitskräfte und akzeptabler Arbeitsbedingungen können nicht alleine durch das
Kräftespiel auf freien Märkten für
Dienstleistungen und Arbeit erreicht
werden. Es gibt zahlreiche Beispiele in
der forstlichen Praxis, wo durch unregulierte Marktverhältnisse Versicherungsund Arbeitsschutznormen unterlaufen
werden, Minilöhne gezahlt werden,
Schwarzarbeit geleistet wird oder Arbeitskräfte illegal beschäftigt werden.
Nicht nur, dass dies den Wertvorstellungen und Rechtsnormen in unserer
Gesellschaft zuwider läuft. Dort wo
solche Verhältnisse von Aufsichtsorganen geduldet und von auftraggebenden
Forstbetrieben zur kostengünstigen Produktion genutzt werden, haben Dienstleistungsunternehmen, die mit gut qualifiziertem Personal, unter Einhaltung
aller Rechtsnormen und mit moderner,
umweltfreundlicher Technik arbeiten,
keine Chance zu überleben. Daher
besteht für alle Akteure und politische
Entscheidungsträger in der Forst- und
Arbeitspolitik ein dringender Handlungsbedarf zur Gestaltung der Arbeitsbedingungen im forstlichen Dienstleistungssektor.
Verbände forstlicher Dienstleistungsunternehmer.
Forstunternehmerverbände leiden heute – mit regionalen Ausnahmen – unter einem sehr
geringen Organisationsgrad. Dies erschwert es, den forstlichen Dienstleistungssektor als wichtigen Faktor für die
Waldbewirtschaftung offensiv zu repräsentieren und politisch Einfluss zu
nehmen. Neben der dringend erforderlichen Einbindung bisher nichtorganisierter Unternehmen müssen aber auch
gemeinsame Ziele innerhalb der Verbände besser vermittelt werden, damit
die Interessen der Unternehmen mit
einer Stimme gegenüber den deutlich
stärkeren und besser organisierten
Marktpartnern vertreten werden.
Industriegewerkschaft Bauen-AgrarUmwelt. Die IG BAU kann nach wie vor
als die Vertretung der Beschäftigten in
großen Forstbetrieben beschrieben werden. Die weit überwiegende Zahl der
Gewerkschaftsmitglieder ist dort zu finden, und es ist die berechtigte Erwartung der Mitglieder, dass sich ihre Vertretung für ihre Interessen einsetzt.
Dazu gehört natürlich zwangsläufig
eine Verteidigung der Arbeitsplätze gegen Outsourcing und auch gegen eine
voranschreitende Rationalisierung und
den daraus folgenden Arbeitsplatzabbau.
Aber die Arbeitswelt in der Forstwirtschaft hat sich drastisch verändert. Die
Zunahme von Dienstleistungsunternehmen und die Abnahme der Regiearbeit
werden mittlerweile von der IG BAU
sehr ernst genommen. Dies wurde bei
der Bundeskonferenz Forst und Naturschutz am 22./23. März 2001 zum Ausdruck gebracht: „Die IG BAU sowie die
frühere GGLF haben sich fast einseitig
für die Interessen der staatlichen Forstwirtschaft eingesetzt. In den Gremien
und Arbeitskreisen der Bundes- und
Landesvertretungen sind i.d.R. nur Kolleginnen und Kollegen aus der staatlichen Forstwirtschaft zu finden. Die
Bundesvertretung wird künftig, soweit
möglich, alle Besitzarten und Unternehmen der Forstwirtschaft in ihre Arbeit
integrieren. So kann zukünftig sichergestellt werden, dass die Belange der Kolleginnen und Kollegen im Privat-, Kommunal- und Bundesforst sowie in den
Forstunternehmen mit gleicher Qualität
behandelt werden.“ [8]
Bei dieser Konferenz wurden auch die
eindeutigen Veränderungen der Mitgliederentwicklung in der Forstwirtschaft
thematisiert. Es wird ein Gegensteuern
und Mobilisieren des Potenzials der Unorganisierten durch gezielte Werbemaßnahmen gefordert, insbesondere im Angestelltenbereich, bei den Forstunternehmen und im Naturschutz. In solch
deutlicher Form wurde wohl erstmalig
eine Öffnung der gewerkschaftlichen
Arbeit in Richtung der Beschäftigten bei
den privaten Forstunternehmen gefordert.
Es ist nun die Aufgabe der IG BAU,
diese Forderungen praktisch umzusetzen. Vor allem bedeutet dies einen verstärkten Dialog mit Unternehmern in
allen forstpolitischen Gestaltungsfeldern. Schließlich bestehen nicht nur bei
Gewerkschaftsmitgliedern nach wie vor
alte Feindbilder, auch ein Vertreter eines
Forstunternehmerverbands
betonte:
„Viele unserer Mitglieder sagen: Zum
Glück haben die Gewerkschaften bei
uns nichts zu sagen.“
Arbeitswissenschaftliche Forschung.
Zunehmend stellt sich auch die Arbeitsforschung den Fragen nach der Gestaltbarkeit einer deregulierten und entgrenzten Arbeitswelt, die sich von
gesetzlich und kollektivvertraglich normierbaren Arbeitsbedingungen immer
weiter entfernt. In diesem Zusammenhang stellen auch die strukturellen Umbrüche in der Forstwirtschaft neue
Ansprüche an die forstliche Arbeitswissenschaft, die sich bisher überwiegend
mit Fragen der Verfahrensgestaltung,
Arbeitssicherheit und Ergonomie beschäftigt hat.
Literatur
[1] BRÜGGEMANN, B.; RIEHLE, R. (1995): Umweltschutz durch Handwerk? Frankfurt und
New York: Campus.
[2] GABRIEL, O. (2001): Den Holzverkauf bündeln. Forst & Technik, Heft 10, S. 32–34.
[3] HERZ, I. (2000): Selbstausbeutung der freien
Forwarderfahrer. Forst & Technik, Heft 9, S.
26–27.
[4] JACKE, H. (2000): Introvertierte, naturverbundene Individualisten? Forst & Technik,
Heft 9, S. 10–13.
[5] LIDÉN, E. (1995): Forest machine contractors in Swedish industrial forstry. Sveriges
lantbruksuniversitet, Institutionen för Skogsteknik, Rapport nr 195, Garpenberg.
[6] LIDÉN, E. (2001): Der einsame Maschinenfahrer. Forst & Technik, Heft 4, S. 17–18.
[7] LIDÉN, E.; KASTENHOLZ, E. (1999): Zukünftige
Entwicklungen der Arbeitsbedingungen von
Waldarbeitern in forstlichen Dienstleistungsunternehmen in Deutschland. Hrsg.: Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt, Frankfurt/M.
[8] PANKAU, K.; DALIBOR, J.; BLÖCHER H.-U.
(2001): Geschäftsbericht zur Bundeskonferenz
Forst und Naturschutz 22./23.3.2001 in Magdeburg. Forstliche Mitteilungen 54 (4): 114–116.
[9] POSCHEN, P. (2001): Dienstleistungsunternehmer in der europäischen Forstwirtschaft.
In: KASTENHOLZ, E. (Red.): Erster Europäischer
Forstunternehmertag.
KWF-Bericht
Nr.
30/2001, Bd. 2, S. 9-11, Groß-Umstadt.
Dr. Edgar Kastenholz ist Inhaber des
Büros für Arbeitsschutz und Arbeitsgestaltung in
Sölden, Generalsekretär des ENFE (European
Network of Forest Entrepreneurs) und Lehrbeauftragter am Institut für Forstbenutzung und Forstliche Arbeitswissenschaf der Universität Freiburg.
Der vorliegende Artikel ist eine gekürzte Fassung
der Studie „Auswirkungen von Outsourcing und
Rationalisierung auf Beschäftigung, Arbeitsbedingungen und Mitbestimmung in der Forstwirtschaft“, die Dr. Kastenholz (Büro für Arbeitsschutz und Arbeitsgestaltung) im Auftrag der
Hans-Böckler-Stiftung erstellt hat.
Der Bericht kann beim IG BAU Bundesvorstand,
Vorstandsbereich V, Jörg Dalibor, Olof-PalmeStr. 19, 60439 Frankfurt/M. angefordert werden.
6/2003 Forst & Technik
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