Menschen des Landes Die Maori

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Menschen des Landes Die Maori
Menschen des Landes
Die Maori
Ein kleines Mädchen und ein bereits älterer Mann stehen einander gegenüber. Beide haben
schwarze, glänzende Haare, im Gesicht hat der Mann verschiedene Symbole und Formen
gemalt, die beiden haben die Augen geschlossen. Stirn und Nase der beiden sind sanft aneinander gedrückt, als sie sich gegenseitig die rechte Hand reichen.
Die beiden gehören zu dem Volk der Maori.
Die Kultur der Maori
„Māori“ oder oftmals auch „Maori“, bedeutet in der Sprache des Naturvolkes aus Neuseeland „normal“ oder auch „natürlich“. In Legenden wird das Wort außerdem oft verwendet
um die – im Gegensatz zu den unsterblichen Geistern – sterblichen Menschen zu
bezeichnen. Die Maori nennen sich selbst oftmals auch „Tangata whenua“, was wörtlich
„Menschen des Landes“ heißt. Im Englischen wird „Maori“ jedoch meist mit „ursprünglich“
oder auch „eingeboren“ übersetzt, was sehr gut deutlich macht, wer die Maori eigentlich
sind – nämlich ein Naturvolk. Genauer gesagt, das indigene Volk Neuseelands. Wie bei den
meisten Ureinwohnern weltweit sind sich die Forscher auch bei den Maori nicht einig, wie
und vor allem wann genau dieses Volk Neuseeland besiedelte. Es wird jedoch vermutet, dass
sie zwischen 800 und 1300 in mehreren Einwanderungswellen mit Hilfe von so genannten
„waka“, also Kanus, aus Südostasien, genauer gesagt aus Ost-Polynesien, nach Neuseeland
übersiedelten. In der Mythologie der Maori heißt es, dass sie von der Insel Hawaiki
stammen, von der man bis heute nicht weiß, ob sie wirklich existiert und wenn ja, unter
welchem Namen sie uns heute bekannt ist.
„whanau“, „hapu“ und Kämpfe zwischen den Gruppen – So lebten die Maori
Als die Maori in Neuseeland ankamen, teilten sie sich in kleine Familiengruppen auf, den so
genannten „whanau“, und lebten in diesen zusammen, wie sie es auch schon vor ihrer
Ankunft auf Neuseeland getan hatten. Mit der Zeit wurden aus den „whanau“ jedoch immer
größere Gruppen, die „hapu“. Um sich und ihre „mana“, ihre Ehre, die für die Maori
wichtiger als alles andere war, zu verteidigen, gab es schon früh Kämpfe und
Auseinandersetzungen unter den Maori – meist ging es darin um die besten, also
fruchtbarsten, Böden. Diese Kämpfe erstreckten sich zum Teil sogar über mehrere
Jahrhunderte und wurden immer wieder durch neue Rachegedanken neu aufgenommen.
Lange Zeit prägten diese kriegerischen Handlungen das Bild der Ureinwohner, die in
Neuseeland heute übrigens einen Bevölkerungsanteil von etwa 14 Prozent ausmachen.
Mit Eintreffen der europäischen Siedler ab Mitte des 17. Jahrhunderts erreichten die Kämpfe
und Auseinandersetzungen der Maori jedoch völlig neue und beängstigende Dimensionen,
denn die Europäer brachten neue Waffen, wie Gewehre mit nach Neuseeland und
verschärften somit die kriegerischen Auseinandersetzungen. Außerdem brachten die Siedler
auch Krankheiten, wie Masern oder Grippe mit sich, gegen die die Ureinwohner keine
Abwehrstoffe hatten, weshalb immer mehr von ihnen starben. Man schätzt, dass in dieser
Zeit etwa zehn Prozent oder sogar ein noch größerer Teil der Bevölkerung der Maori starb.
„Haka“, „Hongi“, „Moko“ – Traditionelle Bräuche der Maori
Wie bei den meisten Naturvölkern ist auch die Kultur der Maori stark von rituellen Bräuchen
und Traditionen geprägt. Drei der wichtigsten Rituale stellen dabei „Haka“, „Hongi“ und
„Moko“ dar.
„Kia korero te katoa o te tinana.“ – „Der ganze Körper soll sprechen.“ So beschrieb Henare
Teowai, ein Meister des „Haka“ einmal diesen besonderen Tanz. Im Grunde heißt „Haka“ in
der Sprache der Maori nichts anderes als „Tanz“. Spricht man heute jedoch von dem „Haka“,
so ist damit meist ein spezieller Tanz der Maori gemeint, mit dem diese sich früher auf
Schlachten und Kriege vorbereiteten und den Gegner einschüchtern wollten. Dabei spielten
Bewegung, Mimik und Sprechgesang stets eine besonders wichtige Rolle. Der Tanz dient
besonders als Ausdruck von Leidenschaft, Kraft und Identität, wie es der Engländer Arthur S.
Thompson ausdrückte.
Ein weiteres bis heute sehr
A bekanntes Ritual der MaoriB Kultur stellt der „Hongi“ dar,
C der auch heute noch im
D Alltag gerne verwendet
E
wird. Bei dieser Begrüßung
F
G legen die beiden Grüßenden
H Stirn und Nase sanft
I aneinander
und
sagen
J gleichzeitig „hm, hm“ oder
atmen hörbar aus. Meist
hält man zudem die rechte
Hand des anderen. Dabei
soll sich sozusagen der
Lebensatem der beiden
Grüßenden verbinden.
Die
Verzierungen
auf
Traditionelles Begrüßungsritual
K Gesicht und Körper, die man
Zwei Maorikinder begrüßen sich mit dem „Hongi“
meist auf Bildern der Maori
sieht, bezeichnet man als „Moko“. Während früher mit Kratz- und Schabwerkzeuge die
Muster erzeugt wurden, die dann anschließend mit Farbe verziert wurden, werden die
Verzierungen heute mit Hilfe von Tätowier-Nadeln auf die Haut gebracht. Der „Moko“ war
stets ein Zeichen für Wohlstand, wer keinen trug, besaß meist einen sehr niedrigen sozialen
Status. Bei „Moko“-tragenden Maori erkannte man durch eine Art Zeichencode außerdem
sofort, welche Herkunft er hatte und auch welchen Rang er besaß.
„Kia ora“ – Die Sprache der Maori
Nicht selten wird man in Neuseeland auch heutzutage
noch – übrigens auch von Nicht-Maori – mit den
Worten „Kia ora“ – „Guten Tag!“ begrüßt. „Te Reo
Maori“ heißt die Sprache der Ureinwohner
Neuseelands, wird jedoch oft auch einfach nur „Maori“
genannt. Bis zum Eintreffen der Europäer existierte „Te
Reo Maori“ – wie die meisten Sprachen der Naturvölker
– als rein gesprochene Sprache, heute wird sie jedoch in
lateinischer Schrift geschrieben. In der Aussprache
ähnelt die Sprache sehr dem Deutschen, weshalb es für
Deutsche oftmals einfacher ist, sie zu erlernen, als zum
Beispiel für Engländer.
Wie die meisten Sprachen der Ureinwohner weltweit ist
auch die Sprache der Maori in Gefahr, denn schon etwa
Maori-Junge mit „Moko“
seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs geht das „Te Reo Maori“ immer weiter als
Alltagssprache verloren. Heute sind meist nur noch ältere Maori fähig, diese
jahrhundertealte Sprache zu sprechen, in ganz Neuseeland sind das nur etwa vier Prozent.
Denn obwohl „Te Reo Maori“ seit 1987 neben Englisch als offizielle Amtssprache in
Neuseeland eingeführt worden ist, wächst der Großteil der Jugend englischsprachig auf.
Abhilfe sollen verschiedene Aktionen und Projekte schaffen. So unterrichten seit den 70ern
zum Beispiel viele Schulen bereits die Kultur und Sprache der Maori und auch in den
Kindergärten entstanden so genannte „kōhanga reo“ („Sprachnester“), bei denen mit den
Kindern einzig in „Te Reo Maori“ gesprochen wird. Außerdem entstand beispielsweise ein
Fernsehsender „Māori Television“, der versucht seine Sendungen in erster Linie in der
Sprache der Ureinwohner zu senden.
Auch wenn der Großteil der heute etwa 565 000 in Neuseeland lebenden Maori – besonders
im Vergleich zu anderen Naturvölkern – unter meist guten Bedingungen lebt, so gibt es doch
auch immer noch Probleme unter dem Maorivolk. So verdienen sie meist viel weniger als
europäische Neuseeländer und leben deshalb meist auch in der sozialen Unterschicht der
neuseeländischen Gesellschaft. Auch der Anteil der Maori ohne Schulabschluss ist im
Vergleich zu dem Rest der Bevölkerung mit 49 Prozent deutlich höher.
Dennoch machen Erfolgsgeschichten wie beispielsweise die der Opernsängerin Kiri Te
Kanawa, Tochter eines Maori, Hoffnung auf eine Besserung der Lebenssituation der Maori.
Larissa Disch, 12d