Donald Trump beschimpft Ausländer und Frauen

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Donald Trump beschimpft Ausländer und Frauen
FRUCHT
DES
ZORNS
TITEL
Donald Trump beschimpft
Ausländer und Frauen,
will Islamisten in die Steinzeit
bomben – und hat gute Chancen,
der nächste US-Präsident zu
werden. Die Geschichte eines sehr
amerikanischen Phänomens
FOTO: MARK PETERSON/REDUX/LAIF
Von Norbert Höfler
38
Laut, lauter,
Trump: der
Kandidat
auf der Straße
in seiner
Heimatstadt
New York
4.2.2016
FOTOS: LANDON NORDEMAN
1
3
2
Szenen aus Trumps
Wahlkampftour in
Florida: 1. Anhänger
mit Werbebuttons.
2. Ein Elefant
mit Trumps Motto
(„Amerika wieder
groß machen“) .
3. Fans halten
eine Puppe des
Kandidaten hoch;
auf dem Plakat
dahinter steht:
„Die schweigende
Mehrheit hält zu
Trump.“ 4. Begeisterte Besucher einer
Wahlveranstaltung
4
4.2.2016
41
FOTO: TOM PENNINGTON/GETTY IMAGES
42
MACHT UND STÄRKE
FÜR AMERIKA. DAS IST
SEINE BOTSCHAFT
Groß, größer,
Amerika: Trump
vor einer riesigen
US-Flagge bei
einer Veranstaltung in Dallas
4.2.2016
Ach, Amerika! Das halbe Land spielt verrückt. Fast jeder zweite US-Bürger würde
derzeit Donald Trump zum Präsidenten
wählen. Einen Hetzer und Demagogen.
Einen Narzissten und Angstmacher. Einen
Mann, für den alle Muslime potenzielle
Terroristen sind. Der Wladimir Putin
für seine Härte bewundert und Angela
Merkel für bekloppt hält, weil sie ein Herz
für Flüchtlinge hat. Im eigenen Land will
Trump elf Millionen unregistrierte Einwanderer zusammentreiben und nach
Süd- und Mittelamerika deportieren lassen. An US-Schulen soll das Tragen von
Waffen erlaubt werden.
Bei Reden von Trump kommt es dauernd
zu Krawallen. Er blüht dann auf. Als in
Vermont ein Störer aus dem Saal gedrängt
wurde, rief er vom Rednerpult: „Behaltet
seinen Mantel. Es sind minus zehn Grad
da draußen.“ In Las Vegas wollte der
Trump-Mob einen schwarzen Protestierer
lynchen. Sie riefen: „Knallt ihn ab!“ Und:
„Sieg heil!“ Sicherheitskräfte gingen
dazwischen. Trump sagt: „Wahlkampf
ist Krieg.“
Und trifft einen Nerv. Denn Amerika
liebt es in diesem Winter radikal. Zehntau44
4.2.2016
Kontakt. Er wählt einfache Worte. Kein anderer Kandidat spricht so simpel. Seine
Masche ist erprobt: Erst schockiert er seine Zuhörer, dann richtet er sie langsam
wieder auf.
Trump sagt: „Unser Land geht zur Hölle.“ – „Ich weiß, es geht euch schlecht.“ – „Ich
kümmere mich um euch. Ich verspreche es.“
– „Ich baue Amerika wieder auf. Schöner,
besser als zuvor.“ Eine halbe Stunde geht
das so, dann ruft er: „We make America
great again!“ Mit diesem Slogan gewann
Ronald Reagan 1980 gegen Jimmy Carter.
Keiner beherrscht die Zwiesprache mit
seinen Anhängern so wie Trump. Er stellt
Fragen, die Zuschauer antworten. Es ist ein
wohliges Schunkeln.
Trump fragt: „Ein Lobbyist wollte mir
fünf Millionen Dollar spenden. Ich war so
verrückt und habe abgelehnt. Habe ich das
richtig gemacht?“
Das Publikum ruft: „Ja!“
Trump: „Oder sollte ich das Geld doch
annehmen, so wie Jeb Bush, Ted Cruz oder
Hillary?“
Das Publikum ruft: „Buuuuh!“
Trump sagt dann: „Genau. Ich brauch’
das Geld nicht. Ich bin selber reich. Richtig reich! Sehr, sehr reich.“
Das Publikum tobt.
Trump ist tatsächlich der einzige
Kandidat, der keine Wahlkampfspenden
nimmt. Damit setzt er sich von allen ab.
Vor allem von Hillary Clinton, die bisher
60 Millionen Dollar eingesammelt hat. Das
wird ihr Trump in den nächsten Monaten
noch genüsslich um die Ohren hauen. Wer
Geld von anderen nimmt, sei käuflich, eine
Marionette des Kapitals. Bei fast allen seinen Auftritten sagt Trump: „Als Geschäftsmann habe ich Politikern Geld gegeben
und von ihnen immer bekommen, was ich
wollte.“ Jetzt tritt Trump gegen „Big Money“ an. Endlich einer, der auf die Millionen der Wall Street pfeifen kann. Allein
deshalb wollen ihn viele wählen.
Er traut sich alles zu, auch Putin
Vor der Halle in Des Moines verteilt ein
junger Mann Werbezettel. Phil ist einer
von vielen unbezahlten Wahlhelfern. Der
24-Jährige war sechs Jahre bei der US-Armee, zuletzt in Afghanistan. Nun lebt er
von Gelegenheitsjobs. Er habe noch nie
für einen Politiker geworben, noch nie gewählt. Aber Trump werde er seine Stimme geben. So wie viele seiner Freunde.
Diese Neuwähler sind des Kandidaten
größter Trumpf. Kein anderer kann sie
so mobilisieren. Ausgerechnet Donald
J. Trump, ein Milliardär aus New York,
wird zur Galionsfigur der weißen Unterund Mittelschicht, die sich von der
4
FOTOS: MIKE BLAKE/REUTERS; MARK PETERSON/REDUX/LAIF
A
sende pilgern zu Trump. Ob in Florida oder
in Iowa, die Leute stehen stundenlang an.
Der Anti-Politiker Trump, der noch vor
wenigen Wochen als „Clown“ und „Psycho“
verlacht wurde, ist der neue Politik-Star.
Die ersten Wahlforscher sagen, Trump
könnte es tatsächlich ins Weiße Haus
schaffen.
Des Moines, Iowa, vor einigen Wochen.
In der Messehalle riecht es nach gegrilltem Hühnchen und Stampfkartoffeln.
Die Speisen werden in immensen Kasserollen hereingetragen. 500 Leute sitzen schon, immer zehn an einem
Tisch. Noch einmal so viele
stehen draußen vor der Halle. Fast alle tragen die guten
Sachen, wie sonst zum
Kirchgang. Jeder hat ein
paar Dollar bezahlt. Dafür
bekommen sie Essen und
Politik satt.
Als alle drin sind, wird gebetet. „Danke, lieber Gott, für die Freiheit. Danke für unsere Demokratie. Gib
uns die Weisheit, jene zu wählen, die dich
ehren. Amen.“ Es folgt die Nationalhymne.
Hand aufs Herz. Applaus. Guten Appetit.
An Tisch 86 sitzen Elizabeth und ihr
Mann Tom McChesney, sie ist Lehrerin, er
Farmer. Sie haben neun Kinder aus zwei
Ehen. Beide sind weit gereist. In Deutschland kennen sie den Main und München.
Sie sind Wechselwähler, mal Demokraten,
mal Republikaner. Nun ist Trump ihr
Mann. Warum?
Sie sagt: „Wir fühlen uns nicht mehr
sicher. Trump lässt die Terroristen erst gar
nicht ins Land.“
Er: „Trump ist nicht käuflich. Er gehört
nicht zur Politikerkaste aus Washington.“
Die McChesneys reden Trumps Text:
„Mehr Jobs, mehr Lehrer, mehr Gerechtigkeit, mehr Geld. Ein starkes Militär. Die
Welt soll Amerika wieder respektieren.“
Die Hühnerbeine auf ihren Tellern werden
kalt. Egal, es geht um ihr Land.
Schwarze Mülltonnen werden in die
Halle geschoben, halb volle Plastikteller
reingeschmissen. Es erscheint Donald
Trump.
Der Kandidat winkt, marschiert im
Sturmschritt zum Rednerpult und hält ein
dickes Buch in die Höhe. „Das ist die Bibel
meiner Mutter. Ich lese jeden Tag darin.“
Sonst sagt er gern, die Bibel sei zwar sein
Lieblingsbuch, gleich danach aber komme
„Die Kunst des Erfolges“, der Bestseller, den
er vor 30 Jahren selbst geschrieben hat. Auf
diesen Gag verzichtet er in Iowa lieber. Hier
glauben die Menschen an Gott.
Trump redet sich warm. Erst leise, so
knüpft er mit seinem Publikum schnell
Fasziniert verfolgt
das Publikum – hier
in New Hampshire –
die Auftritte von
Donald Trump
KURZE SÄTZE,
EINFACHE
WORTE – SO FÄNGT
ER DIE WÄHLER
1
4
3
6
Das Leben eines
­Milliardärs: 1. Trump
mit Ehefrau Melania
und Sohn Barron
im Penthouse in New
York. 2. Mit Vater Fred
C. Trump in den 70er
Jahren. 3. Mit den
älteren Kindern Donald ­
jr. (r.), Eric und Ivanka.
4. Sein Stern in Hollywood. 5. Das Klubhaus
seines Golfplatzes in
New Jersey. 6. Da
noch Freunde, heute
Feinde: die Trumps
und die Clintons.
7. Vor einem seiner
Hochhäuser in Chicago
5
7
FOTOS: REGINE MAHAUX/GETTY IMAGES; BARTON SILVERMAN/THE NEW YORK TIMES/LAIF; MARK VON HOLDEN/WIREIMAGE/GETTY IMAGES;
VINCE BUCCI/GETTY IMAGES; NORBERT HOEFLER (2); MARING/CONTOUR/GETTY IMAGES; CHARLES REX ARBOGAST/AP
2
Einen Politiker wie Trump haben die
Politik in Washington vergessen und
Amerikaner bisher nicht gesehen. Er saß
betrogen fühlt.
Immer mehr Amerikaner zieht Trump noch keinen einzigen Tag in einem Parlaauf seine Seite. Zu seinen Reden kommen ment, er übte noch nie ein politisches Amt
inzwischen sogar Menschen, die eigentlich aus. Von Außenpolitik hat er keine AhAnhänger Hillary Clintons sind. So wun- nung. Trump sagt, was er darüber wisse,
derte sich der populäre TV-Comedian habe er aus Fernsehsendungen gelernt.
Stephen Colbert neulich über sich selbst. Er glaubt, mit dem sogenannten IslamiEr finde nahezu alle Ideen
schen Staat könne man kurzen
Prozess machen: „Die Scheiße
von Trump abstrus, aber des‑
sen Populismus wirke auf
würde ich aus ihnen herausihn irgendwie anziehend. John
bomben.“
Waynes Tochter schrieb Trump,
Wäre dieser Trump als USihr Vater, wenn er noch lebte,
Präsident ein Risiko für die
wäre stolz auf ihn. Trump posteWelt? Wieder ein Kriegstreiber,
Elizabeth und
te den Brief sofort auf Facebook,
wie George W. Bush?
Tom McChesney
wo ihm 5,5 Millionen Fans folOhne Zweifel würde Trump
sind Anhänger
gen, mehr als doppelt so viele
die USA massiv aufrüsten. Er
von Trump. Früher
wie Hillary Clinton.
sagt: „Wir wären so stark, keiner
wählten sie auch
Tatsächlich passt Trump in
würde sich mit uns anlegen.“ Er
mal Demokraten.
kein politisches Lager. Mal steht
glaubt an die alte Doktrin der
Heute sagen
sie: „Trump ist
er weit rechts, mal klingt er wie
Abschreckung.
nicht käuflich. Er
Trump sagt, als Präsident wolein Sozialist, zumindest für USgehört nicht zur
Maßstäbe. Er ist für das Recht auf
le er total unberechenbar sein.
Politikerkaste von
Waffenbesitz und trägt bisweilen
Auf der großen Bühne kultiviert
Washington“
selbst eine Pistole. Klimawandel
er die Pose des Anarchos, absohält er für ein Märchen. Aber er macht lut angstfrei und skrupellos. In kleiner
sich für Sozialhilfe stark und für ein staat- Runde erlebt man einen nachdenklicheliches Investitionsprogramm, um marode ren Mann, wie neulich nach einer PresseBrücken und Straßen zu sanieren. Jeder konferenz im Foyer des Trump Tower
Arbeiter und jeder Rentner solle eine Kran- in New York, wo er wohnt und seine Wahlkenversicherung haben. Da klingt er fast kampfzentrale hat. Da sagte er: „Eine Fühwie Obama. Studenten aus dem Ausland, rungspersönlichkeit muss flexibel sein:
die an Eliteunis studieren, will er unbedingt einerseits seinen Standpunkt vertreten,
im Land halten. Er sagt: „Wir wären doch aber auch genug Spielraum haben, um
bescheuert, sie gehen zu lassen.“ Er sagt, mit Kompromisse zu machen.“
der Homo-Ehe habe er kein Problem, obTrump setzt wirklich auf die Macht des
wohl er sich bisweilen darüber mokiert. Die Verhandelns. Er ist zutiefst davon übereigene Industrie will er zwingen, in den USA zeugt, dass er darin ein Meister ist. Dass
zu produzieren. Dem Autohersteller Ford Weltpolitik mit Putin nach anderen Regeln
drohte er mit 35 Prozent Einfuhrzoll, falls funktioniert als ein Immobiliendeal in
der Konzern in Mexiko eine neue Auto­ Manhattan, will er nicht gelten lassen. Ein
fabrik baue. Da ist Trump Protektionist.
Trump traut sich alles zu. Für die DeutDer linksliberale Nobelpreisträger und schen, nebenbei, hat er auch einen Plan in
Starökonom Paul Krugman bescheinigte petto. Sie sollen für die stationierten
Trump, er sei der einzige Kandidat der Re- US-Truppen bezahlen. Eine Art Schutzgeld.
publikaner mit wirtschaftlichem SachverVor dem Einzug ins Weiße Haus liegt
stand. Trump will Steuerschlupflöcher für allerdings ein langer Weg. Der Kandidat
die Reichen schließen und Hedgefonds- Trump muss erst die Vorwahlen in seiner
Milliardäre zur Kasse bitten. Starke Schul- eigenen Partei gewinnen. Die Bürger in
tern könnten mehr tragen als schwache.
Iowa haben am vergangenen Montag
Ein Amerika unter Donald Trump wäre ja erst den Anfang gemacht. Es folgen
vom „Kapitalismus pur“, den sich viele Re- Abstimmungen in den anderen 49 Bunpublikaner wünschen, weit entfernt, wes- desstaaten. Trump liegt bei den Repu­b­
halb sogar lange das Gerücht kursierte, er likanern vorn, Hillary Clinton bei den
sei ein U-Boot der Clintons mit der Mis- Demokraten.
sion, die Partei von innen zu zerstören. Das
Im Sommer dann beginnt der richtige
Land würde wirtschaftspolitisch sogar Zweikampf ums Weiße Haus, und der kann
dem Amerika des Barack Obama ähneln – knapp werden. In den Umfragen steht es
allerdings ohne Klimaabkommen, ohne zurzeit 45 zu 43 Prozent für Clinton.
Atomdeal mit dem Iran. Trump ist Patriot,
Denn sie ist nicht so stark, wie Analyskein Freihändler. Sein Motto lautet: Ame- ten erwartet hatten. Auf viele Wähler wirkt
rika zuerst, China zuletzt, Mauern hoch.
sie wie al dente gekochter Brokkoli, gesund,
aber ein wenig langweilig. Trump hingegen wie ein süßer, fetter Donut.
Wenn am 8. November der neue US-Präsident gewählt wird, ist Donald Trump 70.
Fast jeder Amerikaner kennt seine Geschichte: geboren in Queens, New York,
Sohn reicher Eltern, aufgestiegen zum Immobilienkönig von Manhattan, verheiratet, fünf Kinder. Die ältesten, Donald jr., 38,
Ivanka, 34, und Eric, 32, arbeiten in Vaters
Firma. Sie sollen das Unternehmen gemeinsam führen, wenn er Amerika regiert.
Tiffany, 22, geht noch zum College. Der
Jüngste, der neunjährige Barron, überlegt,
wen er zum Spielen ins Weiße Haus einlädt.
Die Familie setzt sich in Szene
Trumps Ehefrau übt schon für die Rolle der
First Lady. Im US-Modemagazin „Harper’s
Bazaar“ posierte die vor 45 Jahren im einstigen Jugoslawien geborene Melania in
einem engen Designer-Einteiler vor einer
amerikanischen Fahne. Am Ringfinger
trägt sie einen 25-Karat-Diamanten, ein
Geschenk des Gatten zum zehnten Hochzeitstag. Auch durchaus seriöse Zeitungen
vergleichen die elegante Mrs Trump
bereits mit Jacqueline Kennedy.
Die Trumps bewohnen das riesige Penthouse im Trump Tower an der Fifth Avenue. Es ist eine der teuersten Adressen der
Welt. Der Blick geht weit über die Stadt. Im
Süden sieht man das neue One World Trade Center, im Norden den Central Park. Auf
einem Tisch neben dem weißen Klavier
steht ein Foto, das die Trumps mit den
Clintons zeigt.
Die Ehepaare waren einst locker befreundet, die Clintons Gäste bei Trumps
Hochzeit. Der Ex-Präsident lobte den Milliardär noch im Oktober als „interessantesten Charakter da draußen, der Klartext
spricht und ideologische Gräben überschreitet“. Trumps „Macho-Appeal“ wirke
auf Wähler anziehend. Bill Clinton weiß,
wovon er spricht.
Melania Trump sagt, die Kandidatur
ihres Mannes sei eine gemeinsame Entscheidung gewesen. Sie gab ihre eigene
kleine Schmuckfirma dafür auf. Bei wichtigen Reden sitzt sie nun in der ersten
4
SEIN REICHTUM
SOLL DAS
VORBILD SEIN
4.2.2016
47
ZU DEBATTEN
REISEN DIE
TRUMPS IN DER
EIGENEN
BOEING 757 AN
48
4.2.2016
megebühr und 25 000 Dollar Jahresbeitrag.
Der „Trump National Golf Club Bedminster“ gehört zu den 100 besten der Welt.
Die Zufahrt wird von Wachpersonal gesichert. Eine Privatstraße schlängelt sich
fünf Kilometer durch eine Hügellandschaft. Manager David Schutzenhofer lädt
vom Herrenhaus an zu einer Tour mit dem
Golfcaddy. Der Klub, erzählt er, war pleite,
Trump bekam ihn günstig und investierte. Nun liege der Nettogewinn bei rund
zehn Millionen Dollar im Jahr.
Vor zwei weißen Cottages hält Schut­
zenhofer an. „Rechts wohnt Mr Trump. Er
verbringt viele Wochenenden hier. Das
linke gehört seiner Tochter Ivanka. Sie
kommt oft mit ihren Kindern.“ Im heißen
New Yorker Sommer sitzt die TrumpFamilie mit den anderen Klubmitgliedern
abends am Pool, die Kinder fangen johlend
Goldfische, die extra für sie im Becken ausgesetzt wurden.
Als Chef sei Trump „sehr anspruchsvoll“,
sagt Schutzenhofer. Dazu fällt dem Manager eine Geschichte ein. „Ein Albtraum“ sei
es gewesen. Es war im Herbst vor sechs Jahren. Trumps Tochter Ivanka wollte im Klub
Hochzeit feiern. Der Brautvater erließ die
Order, alles müsse absolut perfekt sein.
Jede Ecke wurde gewienert, jedes Champagnerglas musste zweimal poliert sein.
Sogar die winzigen Risse im Asphalt auf
dem Parkplatz wurden ausgeteert. Doch
zu Trumps Schrecken fiel Laub von den
Bäumen. Er verlangte: „Alles wegfegen!“
Nach zwei Stunden hieß es: „Aufhören, alle
Blätter zurück!“, es sei schließlich Herbst,
bunte Blätter gehörten dazu. Wenig später erteilte Trump den Befehl, nur „die
schönsten Blätter dürfen liegen bleiben“.
Schutzenhofer sagt, er wäre dem Kollaps
nah gewesen. Trump ist so sehr in seine
Tochter vernarrt, dass er sie am liebsten
selbst anbaggern würde, wie er kürzlich
fantasierte.
Schutzenhofer zeigt noch die Bar im
Herrenhaus. Sie hängt voller Trump-Memorabilien, darunter ein „Playboy“-Heft
mit Trump auf dem Titel. Er war einer der
ganz wenigen Männer, die es je auf das
Cover des Herrenmagazins schafften. Eine
Kopie schmückt auch sein Büro im New
Yorker Trump Tower.
Theodor Levine kennt Donald Trump
aus gemeinsamen Schulzeiten. Am Telefon
sagt Levine, er wisse zwar noch nicht, ob er
Trump wähle, aber er könne erklären, warum der Kandidat und die Stimmung in
Amerika so gut zueinander passten.
Auf
dem Weg zu Levines Kartonagenfabrik in
Paterson, New Jersey, sind die Schlaglöcher
groß, viele Fabriken wurden vor langer Zeit
mit Brettern vernagelt, die Häuser sind
4
PRÄSIDENT GESUCHT
Vor dem Einzug ins Weiße Haus
liegt ein Marathon an Wahlen
Am 8. November 2016 wählen die
Amerikaner ihren neuen Präsidenten.
In den Monaten bis dahin wird zunächst
beim Personal gesiebt. Das geschieht
in den „Primaries“. Diese Vorwahlen
haben sich nach und nach herausgebildet.
In den ersten Jahrzehnten der USA, bis
etwa 1820, waren es die Kongressabge­
ordneten der Parteien, die den jeweiligen
Präsidentschaftskandidaten bestimmten.
1910 gab es in Oregon die ersten Vor­
wahlen. Dem Kandidaten sollte so größere
demokratische Legitimität gegeben
­werden. Das System wurde ausgedehnt,
heute werden in allen Bundesstaaten
­Primaries abgehalten.
In diesem Jahr bewerben sich 15 Kandi­
daten um den Job im Oval Office: zwölf
Republikaner, drei Demokraten. Traditio­
nell als Erste wählte am Montag das
­jeweilige Partei-Volk in Iowa – in Form
des Caucus. Dabei stimmen die Mitglie­
der der Demokraten und Republikaner
auf Parteiversammlungen ab. Meist wird
geheim abgestimmt, manchmal auch per
Handzeichen. Je mehr Stimmen ein Kan­
didat bekommt, desto mehr Delegierte
entfallen auf ihn. Auch zweite oder dritte
Plätze bringen so wichtige Punkte.
Die ersten Bewerber werden vermutlich
schon nach den Primaries in New Hamp­
shire (9. 2.) und South Carolina (20.
und 27. 2.) das Handtuch werfen – auch
weil ihnen ohne Erfolg das Spendengeld
ausgehen dürfte. Eine Vorentscheidung
fällt am „Super Tuesday“, dem ersten
Dienstag im März, wenn in 15 Staaten
gewählt wird. Dann dürfte wahrscheinlich
feststehen, ob Donald Trump tatsächlich
Spitzenkandidat der Republikaner werden
wird. Bei den Demokraten entscheidet
sich das Rennen zwischen H
­ illary Clinton
und Bernie Sanders. G
­ ekürt werden die
Kandidaten auf den Parteitagen im Juli.
Vor einigen Tagen hat Michael Bloom­
berg, der ehemalige Bürgermeister
von New York, mit einer Kandidatur als
Unabhängiger geliebäugelt. Sein Kalkül:
Um Sanders zu schlagen, rückt Clinton
nach links und gibt die Mitte preis – die
dann ihn, Bloomberg, wählen würde.
­Bislang allerdings ist noch nie ein unab­
hängiger Kandidat Präsident geworden.
FOTO: DPA/PICTURE ALLIANCE
Reihe und gibt Zeichen. Daumen hoch
bedeutet: „Weiter so, Donald!“
Sie ist Trumps dritte Ehefrau, das dritte
Model. Erst Ivana, dann Marla, jetzt Melania. Immer der gleiche Typ Frau: groß,
schlank, schön.
Melania Knauss kam 1996 mit einem
Arbeitsvisum aus Slowenien in die USA.
Starfotografen wie Helmut Newton und
Mario Testino arbeiteten mit ihr. Sie traf
Trump, der gerade mitten in seiner Scheidung steckte, auf einer Party. Sie heirateten
2005, ein Jahr später wurde sie Amerikanerin. Ihr Akzent verrät bis heute, dass sie aus
Osteuropa stammt.
Zu TV-Debatten und Wahlkampfauftritten reisen die Trumps mit der eigenen
Boeing 757 an. „TRUMP“ steht in dicken
Lettern auf dem Rumpf. Die Schnallen der
Sitzgurte sind vergoldet. Er sagt, seine
Maschine sei größer als die Air Force One
des Präsidenten, was nicht stimmt, aber
zu den „unschuldigen Übertreibungen“
(Trump) gehört, die er sich oft gönnt. Für
kürzere Strecken nimmt er seinen eigenen
Hubschrauber.
Seinen Nettoreichtum (nach Abzug aller Kredite) beziffert er auf rund neun Milliarden Dollar. Für das Jahr 2015 gibt Trump
seinen Verdienst mit über 300 Millionen
Dollar an. Ihm gehören 500 Firmen. Unter
dem Label „Trump“ verkauft er Krawatten
für 50 Dollar und Luxuswohnungen für 50
Millionen. In den 90er Jahren ging Trump
beinahe bankrott. Seine Firmen hatten 3,4
Milliarden Dollar Schulden. Trump rappelte sich wieder hoch. Ein Comeback ganz
nach amerikanischem Geschmack.
Seinen Reichtum führt der Kandidat sehr
gern vor, zum Beispiel in seinem Wochenenddomizil, einem exklusiven Golfklub
in New Jersey, der ihm selbst gehört. Von
Manhattan ist man in einer Stunde dort.
Mitglieder zahlen 150 000 Dollar Aufnah-
es geschafft hätten, die Hände von Alkohol und Drogen zu lassen. Auch er selbst
meide Wein und Bier. Sein älterer Bruder
Fred war Alkoholiker. Er starb 1981 mit nur
43 Jahren.
Ich will deine
Stimme! Trump
in seinem Helikopter bei einem
Wahlkampf­
auftritt in Florida
seit Jahren nicht mehr gestrichen worden.
Die Wintersonne scheint mild, die Gegend
wirkt trotzdem grau und abgestanden.
Levines Büro ist fensterlos, aber voller
Auszeichnungen, Pokale und Fotos aus
seiner guten Zeit. 20, 30 Jahre sind sie alt.
Levine sagt, Amerika sei schon lange nicht
mehr Nummer eins, man sei schwach
geworden. „Plopp“, schnalzt er mit den Lippen. „Weg war der amerikanische Traum.“
Levine spricht sehr ruhig, sehr gelassen.
Er sagt: „Die meisten Arbeiter in Amerika
haben seit zehn oder 20 Jahren keine echte Lohnerhöhung mehr bekommen.“ Auf
seinem Schreibtisch liegt eine Zeitung,
darin steht, dass 60 Prozent seiner Landsleute weniger als 1000 Dollar auf dem
Konto haben. Fast ein Viertel sogar so gut
wie gar keine Ersparnisse. Levine sagt,
wer das wisse, verstehe auch den Aufstieg
von Donald Trump.
Theodore Levine teilte mit ihm in den
frühen 1960er Jahren ein Zimmer in der
berühmten Militärschule „New York Military Academy“, die unter anderen auch
Filmregisseur Francis Ford Coppola und
der spätere Mafiaboss John A. „Junior“
DIE WUT DER
VERLIERER IST
SEIN PFUND
50
4.2.2016
Eine Schülerin will wissen, wie man den
Beruf findet, der zu einem passt?
Trump erzählt vom Sohn eines Geschäftsfreundes. Der Vater sei ein WallStreet-Tycoon, ein fürchterlicher Kerl.
Das Publikum lacht. Er habe den Sohn
gezwungen, Investmentbanker zu werden.
Dann hörte Jim, so der Name des Sohnes,
dass Trump einen Golfplatz neu gestalten
wolle. Jim plante und überwachte den
Umbau. Schmiss seinen Job an der Wall
Street und stieg ins Baugeschäft ein. Trump
macht eine Kunstpause und sagt dann:
„Kürzlich rief mich Jims Frau an. Sie sagte,
Donald, danke, ich habe den glücklichsten
Mann der Welt zu Hause.“
Ob wahr oder gut erfunden, die BotGotti besuchten. Trump war dort, weil er schaft kommt an.
seinen Musiklehrer geohrfeigt hatte.
Eine Schülerin will noch wissen, ob
Theodore und Donald hielten zusam- Trump auch einen Muslim in seine Regiemen. „Ohne Freunde warst du
rungsmannschaft aufnehmen
erledigt“, sagt Levine. Er holt alte
würde.
Jahrbücher aus der Schulzeit.
Trump sagt, ohne zu zögern:
„Absolut. Keine Frage.“
Darin kleben viele Fotos, auf
denen er, ein kleiner schmächtiTrump will gar nicht aufhören.
ger Teenager, mit Trump zu
Er will Fragen beantworten.
sehen ist, groß, blond, sportlich.
Mehr, mehr, mehr. Er dreht auf,
Theodor Levine
„Ich musste schlau sein und
er mag die jungen Leute um sich
mir einen starken Beschützer war auf der Militär­ herum. Er scheint so sehr in die
schule einer der
Idee verliebt, wirklich ihr Präsisuchen“, sagt Levine. Die zwei
engsten Freunde
Jungs lernten, strammzustehen, von Donald Trump. dent zu werden. Er packt mit seiGewehre zu ölen und Klos mit
nen breiten Händen rechts und
Die harten Sitten,
sagt er, prägten
Zahnbürsten zu putzen.
links das Rednerpult, als ob er es
den Mann bis
Die Hierarchie war brutal.
gleich hochheben wollte. Er ruft:
in die heutigen
„Ich verspreche euch, ich mach
Neuankömmlinge durften ein
Tage hinein
halbes Jahr lang nicht mit älteunser Land besser als jemals
ren Schülern sprechen. „So lernte man, die zuvor.“ Er knurrt jetzt ins Mikrofon wie ein
Schnauze zu halten“, sagt Levine. Konflik- hungriges Tier: „Grrrrrrr. Ich erledige das
te wurden oft mit Fäusten ausgetragen. für euch.“ Dann sagt Trump: „Ich liebe
Trump habe dort schnell eine Regel verin- euch.“ Die meisten jubeln ihm zu.
nerlicht: „Wenn du auf dem Schulhof einen
Es ist wie überall, wo Trump in diesen
Mitschüler schlägst, und er schlägt nicht Tagen auftritt: Die Menschen wollen an
zurück, gehört sein Pausengeld dir.“ Heu- ihn glauben. Wie die McChesneys beim
te sagt Trump: „Wer mich angreift, den Hühnchenessen in Des Moines. „Bush hat
schlage ich doppelt so hart.“
es nicht gebracht, Obama auch nicht. Wir
So gerüstet, zieht er nun durchs Land. haben nichts mehr zu verlieren.“ Sie wolEr teilt aus, er droht, er pöbelt. Er ist fies, len ihren amerikanischen Traum zurück.
hämisch und arrogant. Aber auch erschre- Dafür sind sie bereit, wieder einen Verführer zu wählen.
ckend gewinnend, väterlich und sanft.
Die Schüler des College der Kleinstadt
Urbandale in Iowa hatten alle Kandidaten
Norbert Höfler besuchte bei seinen
im Spätsommer angeschrieben und zur
Recherchen auch Trumps CasinoDiskussion geladen. Nur einer antworteHotel in Atlantic City. Reichtum
te: Trump.
allerdings bescherte es ihm nicht.
Nun ist er da und redet mit den jungen Beim nach dem Inhaber getauften „TrumpLeuten. Über seine eigenen Kinder, dass sie Poker“ verlor er. Mitarbeit: Anuschka Tomat
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FOTOS: LANDON NORDEMAN; NORBERT HÖFLER
Politik nach Lehren des Militärs