Filmmuseum München - Münchner Stadtmuseum

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Filmmuseum München - Münchner Stadtmuseum
2016 | Heft 30
münchen
Bücherschau junior
Deutsche Filme 2015
Ozu Yasujirō
Jim Jarmusch
Film und Psychoanalyse
Münchner Hörfilmtage
Zarah Leander
Les Misérables
Slawische Metropolen
Architekturfilmtage
Andres Veiel
Bele Bachem
Parviz Kimiavi
Zuschauerkino
Reisen im Film
Eintrittspreise
4 € (3 € für MFZ-Mitglieder). Ab 120 Minuten Filmlänge oder mit Gästen: 1 € Aufschlag. Ab 180 Minuten,
mit Live-Musik oder bei 3D: 2 € Aufschlag. Die Kasse
öffnet jeweils 60 Minuten vor und schließt 30 Minuten
nach Beginn der Vorstellung. Bei allen öffentlichen
Veranstaltungen verbleibt ein Kartenkontingent für den
freien Verkauf an der Abendkasse.
Kartenreservierung
Kartenreservierungen sind bis zu vier Wochen im voraus möglich und können unter der Telefonnummer
089 / 233 96450 auf Band gesprochen werden. Vorbestellte Karten müssen bis 20 Minuten vor Vorstellungsbeginn an der Kasse abgeholt worden sein, ansonsten
verfällt die Reservierung.
Kartenvorverkauf
Karten können bis zu vier Wochen im voraus gekauft
werden. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass unmittelbar vor Vorstellungsbeginn bei starkem Besucherandrang kein Kartenvorverkauf erfolgt. Karten behalten
ihre Gültigkeit nur bis Vorstellungsbeginn. An der
Abendkasse können vorverkaufte Karten bis 20 Minuten
vor Vorstellungsbeginn gegen Kostenerstattung wieder
zurückgegeben werden.
Programmabonnement
Das Kinoprogrammheft und unseren Newsletter können Sie unter www.muenchner-stadtmuseum.de/film
kostenlos abonnieren. Das Programmheft wird an
Mitglieder des MFZ auf Wunsch kostenlos versandt.
Ansonsten bitten wir um die Zusendung eines adres-
sierten und mit 1,45 € frankierten DIN A5-Briefumschlages an die Adresse des Filmmuseums. Den
täglich aktualisierten Spielplan finden Sie auch auf
Twitter: @filmmuseummuc.
Mitgliedschaft
Wer sich für die Arbeit des Filmmuseums interessiert,
kann Mitglied im Verein der Freunde des Filmmuseums
München, dem Münchner Filmzentrum e.V. (MFZ) werden. Mitgliedsanträge sind an der Kinokasse erhältlich.
Der Jahresbeitrag beträgt 20 € und berechtigt zum
ermäßigten Eintritt ins Filmmuseum sowie zur Teilnahme an den Mitgliederversammlungen des MFZ, in
denen die Programmplanungen des Filmmuseums diskutiert und Projekte entwickelt werden. Weitere
Informationen erhalten Sie unter Tel. 089 / 271 33 54
und www.muenchner-filmzentrum.de.
Rollstuhlfahrer / Hörgeschädigte
Der Kinosaal im Untergeschoss ist über einen Aufzug
für Rollstuhlfahrer zugänglich. Die Behindertentoilette
befindet sich im Untergeschoss neben dem Kinoeingang. Das Kino ist mit einer Induktionsschleife für Hörgerätebesitzer ausgestattet.
Saalmikrofon
Das Kino verfügt über ein Saalmikrofon zur Kontrolle
des Kinotons durch die Filmvorführer.
Verkehrsverbindung
Sie erreichen das Filmmuseum in 5 Gehminuten vom
U/S-Bahnhof Marienplatz oder in 7 Gehminuten vom
U-Bahnhof und der Trambahnhaltestelle Sendlinger Tor.
MitgliederversammlungendesMünchnerFilmzentrumse.V.(MFZ)
Die für alle Interessierten öffentlichen Mitgliederversammlungen des Fördervereins des Filmmuseums finden
einmal im Monat montags um 19 Uhr im Gotischen Zimmer des Ignaz-Günther-Hauses (St.-Jakobs-Platz 20,
80331 München, 1. Stock) statt. Termine: 21. März 2016, 18. April 2016, 9. Mai 2016, 13. Juni 2016 und 11. Juli
2016. Informationen: [email protected].
»OpenScene«amDonnerstag
Die Termine am Donnerstag sind teilweise für aktuelle Sonderveranstaltungen reserviert. Das Programm wird etwa acht Tage vorher festgelegt und in den Schaukästen an der Kinokasse, im E-Mail-Newsletter, unter
www.muenchner-stadtmuseum.de/film/open-scene.html, auf Facebook, auf Twitter und durch Ankündigungen in
der Tagespresse bekannt gegeben.
Impressum
Landeshauptstadt München. Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum, St.-Jakobs-Platz 1, 80331 München,
089/233 20538, E-Mail: [email protected] · Redaktion: Stefan Drößler, Claudia Engelhardt, Christoph
Michel, Klaus Volkmer · Gestaltung: Heiner Gassen, München · Druck: BluePrint AG, München
Kinopreis, MoMA, Benshi, Filmerzähler, Hörfilmtage
Zum wiederholten Male ist das Filmmuseum für sein Jahresprogramm mit
dem Kinopreis des Deutschen Kinematheksverbundes ausgezeichnet worden, für die Vermittlung von Filmgeschichte. Dabei wurde in der Begründung
der Jury explizit die »qualitätsvolle Präsentation der Kinoarbeit im Programmheft« erwähnt. Das freut uns natürlich, da wir immer sehr viel Mühe und
Sorgfalt auf die Erstellung unserer Programmhefte verwenden und allen
AutorInnen, die uns dabei helfen, an dieser Stelle ausdrücklich danken. Besondere Erwähnung fand aber auch die Tatsache, dass sich die Programme
im Filmmuseum »sehr guter Besucherzahlen« erfreuen, ein Kompliment, das
wir gerne an unser Publikum weiterreichen.
Im November 2015 war das Filmmuseum München mit fünf Beiträgen beim
Film Preservation Festival des Museum of Modern Art in New York vertreten.
Alle Vorstellungen waren ausverkauft, die Rekonstruktion des Stummfilms
HOMUNCULUS wurde sogar auf der Titelseite des Kulturteils der New York
Times rezensiert. David Bordwell schrieb in seinem Blog ebenfalls seitenlang
über den Film und stellte die jahrelange Arbeit an dem Film in eine Reihe mit
Stummfilmlegenden wie NAPOLEON und METROPOLIS. Die Rekonstruktion
von Orson Welles’ THE MERCHANT OF VENICE, die bereits das Filmfestival in
Venedig eröffnet hatte, fand auch in New York ein sehr positives Echo und
wurde nach Tokyo, Amsterdam und Hongkong eingeladen.
Im Mittelpunkt des neuen Programms steht eine Retrospektive mit allen
Filmen des japanischen Meisterregisseurs Ozu Yasujirō. Sie umfasst auch
einige in den letzten Jahren wieder aufgefundene Stummfilme, die in deutscher Erstaufführung laufen, und neue digitale Restaurierungen. Zum ersten
Mal im Filmmuseum können wir einen Benshi erleben, einen »Filmerzähler«,
der auf ganz eigene Weise im Zusammenspiel mit dem Begleitmusiker
Stummfilme »vertont«. Diese Form der Filmbegleitung war in Japan so populär, dass diese Tradition von Generation zu Generation weiter gepflegt wurde.
Mit Kataoka Ichirō wird einer der profiliertesten Benshi zusammen mit Günter Buchwald am Flügel auftreten. Ebenfalls direkt aus Japan kommt eine
der besten Filmpianistinnen, Yanashita Mie, die im Filmmuseum eine Woche
lang zu Gast sein wird.
Auch in Deutschland gab es Filmerzähler, und zwar Anfang der 1910er
Jahre, als die Filme noch wenige Zwischentitel besaßen. Im Rahmen der
2. Münchner Hörfilmtage wird der vom Filmmuseum restaurierte Klassiker
DER STUDENT VON PRAG mit einer Audiodeskription vorgeführt, die Elemente der Filmerzähler-Tradition aufgreift und somit für Sehende und Sehbehinderte gleichermaßen interessant ist. Auch die anderen ausgewählten
Beispiele, die während der Hörfilmtage präsentiert werden, zeigen die künstlerische Dimension einer neuen Vermittlungsform. An dieser Stelle sei noch
einmal darauf hingewiesen, dass das Filmmuseum für Rollstuhlfahrer zugänglich ist, über eine Behindertentoilette verfügt und mit einer Induktionsschleife für Hörgerätebesitzer ausgestattet ist.
Ansonsten bietet das Programm des Filmmuseums die gewohnte Mischung
aus Altem und Neuem, Bekanntem und Unbekanntem, Populärem und Experimentellem. Wir wünschen Ihnen anregende und spannende Kinoabende.
Ihr Filmmuseum
2 Rückblick . . .
3 Bücherschau junior . . .
4 Deutsche Filme 2015 . . .
9 Ozu Yasujirō . . .
19 Jim Jarmusch . . .
25 Film und Psychoanalyse . .
27 Münchner Hörfilmtage . . .
30 Zarah Leander . . .
37 Les Misérables . . .
39 Slawische Metropolen . . .
45 Architekturfilmtage . . .
49 Andres Veiel . . .
50 Bele Bachem . . .
52 Parviz Kimiavi . . .
56 Zuschauerkino . . .
57 Reisen im Film . . .
70 Edition Filmmuseum . . .
76 Kalenderübersicht . . .
R = Regie · B = Drehbuch · K = Kamera · M = Musik · S = Schnitt · T =
Ton · D = Darsteller · P = Produktion ·
OF = Originalfassung · OmU = Originalfassung mit deutschen Untertiteln
· OmeU = Originalfassung mit englischen Untertiteln · OmfU = Originalfassung mit französischen Untertiteln ·
OmÜ = Originalfassung mit deutscher
Übersetzung · dtF = deutsche Synchronfassung · \ = Live-Musikbegleitung · 2 = Einführung · / = Zu Gast
Rückblick
15. September 2015: Jean-Paul Gaultier und Stefan Drößler sprechen über Gaultiers Erfahrungen mit Jacques Beckers Film FALBALAS (1945) und sein Verhältnis zum Kino.
13. November 2015: Wolf-Eckart Bühler diskutiert im Rahmen seiner Werkschau mit dem Publikum seine Dokumentarfilme über
Leo T. Hurwitz, Abraham Polonsky und Vietnam.
26. November 2015: Dr. Heiner Köster, Werner Herzog, Simon
Herzog, Dr. Rainer Rother, Rudolph Herzog und Stefan Drößler bei
der Gründung der Werner Herzog Stiftung mit Sitz im Filmmuseum.
28. November 2015: Der Regisseur Nae Caranfil erhält aus den
Händen von Brigitte Drodtloff beim 10. Rumänischen Filmfestival
den Preis für sein Lebenswerk.
1. Dezember 2015: Andrea Kirchhartz dolmetscht für den senegalesischen Autor Abasse N’dione beim Gespräch über den Film LA
PIROGUE (2012), der nach seinem Roman entstand.
21. Januar 2016: Claudia Engelhardt, Bundesministerin Andrea
Nahles, Bayerns Staatsministerin Emilia Müller und Kulturreferent
Dr. Hans-Georg Küppers beim Festival FilmWeltWirtschaft.
Münchner Bücherschau junior
Bücherschau junior
Im Rahmen der 10. Münchner Bücherschau junior stellen die Autorin Annette Mierswa und der Autor Andreas
Steinhöfel im Filmmuseum zwei Filme vor, die nach
ihren Kinderbüchern entstanden sind.
Lola auf der Erbse | Deutschland 2014 | R+B: Thomas Heinemann, nach dem Roman von Annette
Mierswa | K: Tobias Jall | M: Frankie Chinasky | D:
Tabea Hanstein, Christiane Paul, Tobias Oertel, Antoine
Monot Jr., Arturo Perea Bigwood, Olaf Krätke | 90 min |
Lola wohnt mit ihrer Mutter auf einem Hausboot, der
»Erbse«. Ihr Vater hat sich vor drei Jahren in Luft aufgelöst und seitdem tut sie alles, um ihm trotzdem weiter
nah sein zu können. Da kann der neue Freund ihrer
Mutter noch so nett sein – in ihrer Welt hat er keinen
Platz. Zum Glück gibt es noch den alten Fischer Solmsen und den geheimnisvollen Rêbin. Annette Mierswa,
die Autorin des erfolgreichen Buches, nach dem der
Film entstanden ist, stellt sich den Fragen der Kinder.
Sie erzählt, wie ihr Roman entstanden ist, was den Film
vom Buch unterscheidet und wie sie selbst das Filmprojekt erlebt hat.
Anton Petzold, Andreas Steinhöfel, Juri Winkler
▶ Freitag, 4. März 2016, 10.00 Uhr (nur für Schulklassen nach Voranmeldung unter www.muenchnerbuecherschau-junior.de) | Zu Gast: Annette Mierswa
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Rico, Oskar und die Tieferschatten | Deutschland
2014 | R: Neele Leana Vollmar | B: Christian Lerch,
Andreas Bradler, Klaus Döring, nach dem Roman von
Andreas Steinhöfel | K: Torsten Breuer | M: Oliver
Thiede | D: Anton Petzold, Juri Winkler, Karoline Herfurth, Axel Prahl, Ronald Zehrfeld, Ursela Monn, Anke
Engelke, Katharina Thalbach | 96 min | »Wortwitz und
Skurril-Charme von Andreas Steinhöfels preisgekröntem Kinderbuch kann Neele Leana Vollmar kongenial
auf die Leinwand übersetzen. Rico: der ›tiefbegabte‹
Zehnjährige, der etwas langsam denkt, aber die Welt
ungemein intensiv wahrnimmt. Oskar mit Helm: der
hochbegabte und überängstliche Achtjährige, der nicht
nur die ersten 110 Primzahlen auswendig aufsagen
kann, sondern auch sämtliche Unfallstatistiken parat
hat. Die beiden Außenseiter-Jungs entdecken, dass
Freundschaft eine prima Sache ist, und dass sie gemeinsam auch den mysteriösen ›Mister 2000‹, dessen
Kindesentführungen Berlin in Atem halten, zur Strecke
bringen können. Krimi, philosophischer Diskurs, Milieustudie Berlin-Kreuzberg, grandioser Abenteuerfilm.
Auch für Erwachsene äußerst empfehlenswert.« (Rainer Gansera)
▶ Sonntag, 6. März 2016, 11.00 Uhr | Zu Gast: Andreas
Steinhöfel
Deutsche Filme 2015
Deutsche Filme 2015
VICTORIA
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Schaut man auf die Besucherstatistik, dann waren die
acht erfolgreichsten deutschen Filme 2015, die über
eine Million Besucher erreichten, FACK JU GÖHTE 2,
HONIG IM KOPF, ER IST WIEDER DA, DER NANNY,
TRAUMFRAUEN, OSTWIND 2, FRAU MÜLLER MUSS
WEG und FÜNF FREUNDE 4. Allesamt Komödien, einige
davon Fortsetzungen von Erfolgsfilmen oder Verfilmungen von erfolgreichen (Jugend-)Büchern. Doch sind
diese Filme repräsentativ für das deutsche Kino, prägen sie den Diskurs in der deutschen Filmkritik, reflektieren sie die Wahrnehmung des deutschen Films im
Ausland? Keiner der Filme lief auf einem relevanten internationalen Filmfestival oder hat gar einen Preis gewonnen, der von einer unabhängigen Jury vergeben
wurde. Wir haben deshalb wieder drei FilmkritikerInnen
– Margret Köhler aus München sowie Christiane Peitz
und Ralf Schenk aus Berlin – gebeten, ihre persönlichen Bestenlisten der deutschen Filme des Jahres
2015 zu erstellen. Drei Filme wurden von allen dreien
genannt: DER STAAT GEGEN FRITZ BAUER, DIE LÜGEN
DER SIEGER und VICTORIA.
Margret Köhler
Der Staat gegen Fritz Bauer
Freistatt
Victoria
Das Zimmermädchen Lynn
4 Könige
Die Lügen der Sieger
Familienfest
Coconut Hero
Ich und Kaminski
Every Thing Will Be Fine
Christiane Peitz
Striche ziehen
Als wir träumten
Härte
Victoria
Die Lügen der Sieger
Der Staat gegen Fritz Bauer
Staatsdiener
She’s Lost Control
Wir sind jung, wir sind stark
Ralf Schenk
Die Lügen der Sieger
Der Staat gegen Fritz Bauer
Alles andere zeigt die Zeit
Als wir träumten
Overgames
Hedi Schneider steckt fest
Heil
Härte
Victoria
Wir sind jung, wir sind stark
Freistatt | Deutschland 2015 | R: Marc Brummund | B:
Nicole Armbruster, Marc Brummund | K: Judith Kaufmann | M: Anne Nikitin | D: Louis Hofmann, Alexander
Held, Stephan Grossmann, Katharina Lorenz, Max Riemelt, Uwe Bohm | 104 min | OmeU | 1968 landet ein
Vierzehnjähriger als schwer erziehbar in einer der berüchtigtsten »Fürsorgeanstalten« der Diakonie und erlebt bei härtester Arbeit und Drill die Hölle auf Erden.
Gewalt beherrscht den Alltag, nicht nur zwischen den
Jungs, sondern auch durch die Verantwortlichen, die
▶ Freitag, 4. März 2016, 18.30 Uhr
Die Lügen der Sieger | Deutschland 2014 | R: Christoph Hochhäusler | B: Ulrich Peltzer, Christoph Hochhäusler | K: Reinhold Vorschneider | M: Benedikt Schiefer | D: Florian David Fitz, Lilith Stangenberger, Horst
Kotterba, Ursina Lardi, Arved Birnbaum | 112 min | Ein
Politthriller, spannend, klug, atmosphärisch. Hauptfigur:
ein renommierter, aber auch eitler und moralisch labiler
Journalist, der in der Hauptstadtredaktion eines Nachrichtenmagazins arbeitet und über zweifelhafte Praktiken der Bundeswehr recherchiert. Dabei taucht er in
eine Welt gelenkter Informationen ab, die er auf ihren
Realitätsgehalt prüfen muss, und tappt in gefährliche
Fallen. Tatsächlich geht es bald um Leib und Leben –
für ihn und seine junge Praktikantin, in die er sich natürlich verliebt. Hochhäusler inszenierte einen Genrefilm
über die Verflechtungen von Politik, Bundeswehr, Industrie und Medien, über existentielle Verunsicherung, Manipulation und permanente Überwachung. Deutsches
Kino, das mit seinen mysteriösen, dunklen Stadtlandschaften endlich einmal über den Tellerrand familiärer
Kleinverstrickungen hinaus reicht. (Ralf Schenk)
▶ Samstag, 5. März 2016, 18.30 Uhr
8. März 2016, 21.00 Uhr
▶▶ Dienstag,
Härte | Deutschland 2015 | R: Rosa von Praunheim |
B: Nico Woche, Rosa von Praunheim, Jürgen Lemke,
Andreas Marquardt, nach dem Buch von Andreas Marquardt und Jürgen Lemke | K: Nicolai Zörn, Elfi Mikesch
| M: Andreas Wolter | D: Hanno Koffler, Andreas Marquardt, Marion Erdmann, Luise Heyer, Katy Karrenbauer | 89 min | OmeU | Wie Eltern ihrem Kind die Hölle
bereiten, wie das Opfer wieder zum Täter wird, diesen
Teufelskreis der Gewalt zeichnet Rosa von Praunheims
Dokufiction HÄRTE. Der Ex-Karatechampion und ExZuhälter Andreas Marquardt erzählt sein Leben, die
Rückblenden sind nachinszeniert, in Schwarzweiß, das
ermöglicht Distanz. Vom Vater misshandelt, von der
Mutter missbraucht, wird Marquardt zum Schläger und
Gangster, der im Gefängnis den Ausstieg schafft und
sich heute um benachteiligte Kinder kümmert. Praunheims Film charakterisiert Marquardt als einen, der die
Gewalt überwindet, ohne seine Traumata und seine
Taten zu leugnen. (Christiane Peitz)
▶ Sonntag, 6. März 2016, 18.30 Uhr
Striche ziehen | Deutschland 2014 | R+B: Gerd
Kroske | K: Anne Misselwitz | Mit: Grit Angermann,
Frank Willmann, Anne Hahn, Jürgen Onißeit, Thomas
Onißeit, Frank Schuster | 96 min | OmeU | Eine nur vermeintlich alte Geschichte über die Berliner Mauer,
Schuld und Scham, Freundes- und Bruderverrat. Eine
in den Westen abgeschobene Gruppe von Weimarer
Punks zieht 1986 in Berlin-Kreuzberg eine weiße Linie
über den antifaschistischen Schutzwall, um die Wessis
daran zu erinnern, dass sie nicht bloß Bildfläche für
Graffitis ist, sondern eine Grenze, an der Menschen erschossen werden. Einer der Strichkünstler wird in die
DDR zurückverschleppt, landet erneut im Gefängnis.
Jahre später stellt sich heraus: Der Initiator der Aktion
Deutsche Filme 2015
ihre Anvertrauten quälen, physisch und psychisch demütigen und brechen wollen. Das schonungslose
Drama über Verrohung und Grausamkeit in »Freistatt«
bis in die 1970er Jahre hinein bezieht sich auf das
Schicksal des ehemaligen »Heimkindes« Wolfgang Rosenkötter und trifft vor allem durch Louis Hofmanns
subtile Darstellung mitten ins Herz. Trotz allem bleibt
ein bisschen Hoffnung, wenn unter den Opfern so
etwas wie Solidarität keimt, der Wunsch nach Freiheit
und Selbstbestimmung triumphiert. (Margret Köhler)
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Deutsche Filme 2015
6
hatte zuvor in Weimar die Freunde an die Stasi verraten, auch der eigene Bruder kam hinter Gitter. Der Dokumentarfilm STRICHE ZIEHEN lässt alle Beteiligten zu
Wort kommen, auch den Verräter. Noch eine TäterOpfer-Tragödie: Die Wiederbegegnung der Brüder
endet unversöhnlich. (Christiane Peitz)
▶ Freitag, 11. März 2016, 18.30 Uhr
Der Staat gegen Fritz Bauer | Deutschland 2015 | R:
Lars Kraume | B: Lars Kraume, Olivier Guez | K: Jens
Harant | M: Julian Maas, Christoph M. Kaiser | D: Burghart Klaußner, Ronald Zehrfeld, Lilith Stangenberg,
Jörg Schüttauf, Sebastian Blomberg, Michael Schenk |
105 min | OmeU | Die junge Bundesrepublik hat keine
Lust auf Vergangenheitsbewältigung, will Konsum und
Neuanfang. Der hessische Generalstaatsanwalt Fritz
Bauer will dagegen die Täter der NS-Zeit vor Gericht
stellen und als er den Hinweis auf SS-Obersturmbannführer Adolf Eichmann in Argentinien erhält, setzt er
sich auf dessen Spur. Gegen den Widerstand der eigenen Behörde, gegen Sabotage durch Ministerien und
Justiz bringt er die ersten Auschwitzprozesse ins Rollen. Kein Rachegott, sondern ein Humanist, eine gebrochene Figur und ein einsamer Held, der nicht aufgibt
und den Finger in die Wunde legt. Im Kampf um Wahrheit und gegen das Vergessen brillieren Burghart Klaußner und Ronald Zehrfeld in einem emotional packenden
Zeitporträt. (Margret Köhler)
▶ Samstag, 12. März 2016, 18.30 Uhr ▶▶ Dienstag,
15. März 2016, 21.00 Uhr
4 Könige | Deutschland 2015 | R: Theresa von Eltz | B:
Esther Bernstorff | K: Kristian Leschner | M: André Feldhaus | D: Paula Beer, Jella Haase, Jannis Niewöhner,
Moritz Leu, Clemens Schick | 99 min | OmeU | Vier
junge Leute verbringen die Weihnachtstage in der Jugendpsychiatrie. Sie müssen mit ihren Aggressionen
und seelischen Verletzungen umgehen, sind mit ihren
Sehnsüchten und Enttäuschungen konfrontiert. In der
auf Freiwilligkeit beruhenden Zwangsgemeinschaft brechen Konflikte auf, nur langsam beginnt das Quartett
aus zwei Jungen und zwei Mädchen unter der Aufsicht
eines unorthodoxen und idealistischen Arztes eine
Gemeinschaft zu bilden und versucht, die unterschiedlichen Traumata zu überwinden. Der die dramatischen
Ereignisse der etwas anderen Coming-of-Age-Geschichte immer wieder durchbrechende Humor lässt
Zeit, vor der nächsten Katastrophe durchzuatmen. Ein
Trumpf sind die Darsteller Jella Haase, Jannis Niewöhner, Paula Beer und Moritz Leu. (Margret Köhler)
▶ Dienstag, 22. März 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Freitag,
25. März 2016, 18.30 Uhr
Victoria | Deutschland 2015 | R: Sebastian Schipper |
B: Sebastian Schipper, Olivia Neergaardt-Holm, Eike
Frederik Schultz | K: Sturla Brandth Grøvlen | M: Nils
Frahm | D: Laia Costa, Frederick Lau, Franz Rogowski,
Burak Yigit, Max Mauff, André M. Hennicke | 138 min |
OmeU | Berlin bei Nacht in einer einzigen Einstellung.
Schippers Echtzeitthriller mit Laia Costa und Frederick
Lau in den Hauptrollen hat im Sommer gleich sechs
Lolas abgeräumt, darunter die Gold-Lola für den besten
Film. Vier Berliner Jungs tanzen und trinken in einer
Kellerdisco, mit einer jungen Spanierin ziehen sie durch
die Straßen, einer verliebt sich – bis sie sich in einem
mörderischen Krimi wiederfinden, mit Geldraub und
Waffengewalt. Alles oder nichts, das raue, zarte, schlingernde Leben, dazu die Feier des Augenblicks – im
Morgengrauen ist nichts mehr, wie es war. Auch wenn
das One-Take-Experiment etwas zu sehr wegen seines
▶ Samstag, 26. März 2016, 18.30 Uhr ▶▶ Dienstag,
29. März 2016, 21.00 Uhr
Hedi Schneider steckt fest | Deutschland 2015 | R:
Sonja Heiß | K: Nikolai von Graevenitz | M: Lambert | D:
Laura Tonke, Hans Löw, Leander Nitsche, Melanie
Straub, Simon Schwarz, Margarita Broich | 92 min |
Eine friedliche, fröhliche Kleinfamilie: Hedi, Uli und ihr
Sohn Finn. Doch dann wird Hedi aus der Bahn geworfen – oder besser: Sie steckt im Fahrstuhl fest. Und in
ihrem Leben. Eine Reise nach Norwegen soll helfen,
um die plötzlichen Panikattacken zu überwinden und
einen Weg zurück zum Glück zu finden. Nach ihrem
ersten, international erfolgreichen Spielfilm HOTEL
VERY WELCOME wagt sich Sonia Heiß an eine Komödie
über Depressionen und andere Untiefen der Seele. Kein
schwermütiges Drama und erst recht keine bleierne
Krankheitsstudie, sondern ein leiser, behutsamer, trauriger und doch auch lebensfroher, ebenso schräger wie
dezenter Liebes- und Familienfilm. Eine Kostbarkeit im
deutschen Kino, mit Laura Tonke in einer Charakterstudie, die jeden Darstellerpreis der Welt verdient hätte.
(Ralf Schenk)
▶ Sonntag, 27. März 2016, 18.30 Uhr
Als wir träumten | Deutschland 2015 | R: Andreas
Dresen | B: Wolfgang Kohlhaase, nach dem Roman
von Clemens Meyer | K: Michael Hammon | D: Merlin
Rose, Julius Nitschkoff, Joel Basman, Marcel Heuperman, Frederic Haselon, Ruby O. Fee, Ronald Kukulies |
117 min | OmeU | Die Anarchie der Wende-Jugend:
Dresen hat Clemens Meyers Leipzig-Roman verfilmt
(Drehbuch: Wolfgang Kohlhaase), die DDR ist weg, die
Bundesrepublik noch nicht da. Alles scheint möglich,
der Traum vom Technoclub, vom Profiboxen, von Drogen und Bier bis zum Abwinken – und nachts mit
einem geklauten Auto durch die Stadt zu rasen. Dresen
versammelt Fragmente einer Zwischenzeit und bringt
einem das Lebensgefühl einer verlorenen Generation
nahe, die in der plötzlich gewonnenen Freiheit sich
selbst überlassen bleibt. Man prügelt sich mit den Neonazis, der Sex ist etwas Befremdliches, dem Punk folgt
der Blues. Mit Haut und Haar: Dresen ist immer dann
am besten, wenn er nah dran ist an den Körpern, der
Physis seiner Helden. (Christiane Peitz)
▶ Montag, 28. März 2016, 18.30 Uhr
Alles andere zeigt die Zeit | Deutschland 2015 | R+B:
Andreas Voigt | K: Sebastian Richter | 94 min | OmeU |
Seit 1986 begleitet Regisseur Andreas Voigt Leipziger
Bürger durch Zeiten des politischen Umbruchs und der
persönlichen Neuorientierung. Nach international preisgekrönten Filmen wie LEIPZIG IM HERBST (1989),
LETZTES JAHR TITANIC (1990) und GLAUBE LIEBE
HOFFNUNG (1993) kehrt er wieder zu einigen seiner
Hauptfiguren zurück und skizziert deren Biografien zwischen Absturz, Ankunft und neuem Aufbruch. Der ehemalige Skinhead Sven, der noch immer seinen Platz im
Leben sucht. Die Ex-Punkerin Isabel, die eine bürgerliche Existenz in Stuttgart aufgebaut hat und jetzt als
taffe Anwältin Westfirmen abwickelt. Oder die Leipziger
Journalistin Renate, die sich umbrachte, weil sie nicht
mehr mit ihrer Vergangenheit als Informantin der
Staatssicherheit leben konnte. Ein differenziertes, sensibles Zeitgemälde, Dokumentarfilmkunst mit langem
Atem, in bester Defa-Tradition. (Ralf Schenk)
▶ Freitag, 1. April 2016, 18.30 Uhr
Deutsche Filme 2015
technischen Wagemuts gefeiert wurde: Der deutsche
Film braucht mehr solcher Verwegenheiten. (Christiane
Peitz)
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Deutsche Filme 2015
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Das Zimmermädchen Lynn | Deutschland 2014 |
R+B: Ingo Haeb, nach dem Roman »Das Zimmermädchen« von Markus Orths | K: Sophie Maintigneux | M:
Jakob Ilja | D: Vicky Krieps, Lena Lauzemis, Steffen
Münster, Christian Aumer, Christine Schorn | 90 min |
OmeU | Die von Neurosen geplagte Lynn betrachtet
gerne von »unten« das Leben der Hotelgäste, putzt
zwanghaft, schlüpft in fremde Kleider oder wühlt in privaten Notizen. Als die einsame junge Frau unter dem
Bett versteckt den SM-Sex einer Prostituierten und
eines Familienvaters verfolgt, knüpft sie sehnsuchtsvoll
Kontakt zur Domina, lässt sich die Beziehung, die keine
ist, etwas kosten. Ein intimes und minimalistisches
Kammerspiel im Wechsel von Distanz und Nähe, in
dem die schüchterne Hauptfigur wieder ins Leben findet, auch wenn sie dafür einen emotionalen Preis zahlt.
Obgleich wenig geschieht, herrscht keine Langeweile,
Vicky Krieps glaubt man jegliche Gefühls-Volten. Sie
zeigt ihr Gesicht wie eine offene Wunde und lässt
selbst unspektakuläres Nichtstun noch spannend
scheinen. (Margret Köhler)
▶ Samstag, 2. April 2016, 18.30 Uhr
▶▶ Dienstag,
5. April 2016, 21.00 Uhr
Heil | Deutschland 2015 | R+B: Dietrich Brüggemann |
K: Alexander Sass | D: Benno Fürmann, Liv Lisa Fries,
Jerry Hoffmann, Jacob Matschenz, Daniel Zillmann, Oliver Bröcker | 104 min | Wer glaubt, Regisseur Dietrich
Brüggemann hätte mit KREUZWEG (2014) und dessen
langen, teils kontemplativen Einstellungen seinen filmischen Stil gefunden, wird von HEIL mehr als nur überrascht sein: Denn zu sehen ist eine flotte, freche, nach
allen Richtungen um sich schlagende, partiell hysterische, auf jeden Fall politisch hochgradig unkorrekte
Posse über Neonazis und wie deutsche Politiker, Me-
dien, gehobene Bürger und niedere Kleinbürger darauf
reagieren. Ein Film zwischen versuchter Subversion
und schrillem Klamauk, der sich gar nicht erst anstrengt, geschmackssicher zu sein. Hauptfigur ist ein
afrodeutscher Schriftsteller, der von durchgeknallten
Nazis in einem ostdeutschen Provinznest einen Schlag
auf den Kopf bekommt und fortan nachplappert, was
diese ihm eintrichtern: zur Verwirrung seines staunenden Publikums. (Ralf Schenk)
▶ Sonntag, 3. April 2016, 18.30 Uhr
Overgames | Deutschland 2015 | R+B: Lutz Dammbeck | K: Eberhard Geick, Volker Tittel, Börres Weiffenbach, Istvan Imreh | M: J. U. Lensing | 163 min | Eine
assoziative Filmcollage über die Verbindung von Gameshows und Psychiatrie, über Spielanordnungen im
Fernsehen, deren Lehrcharakter und was das alles mit
großer Politik und Medizin zu tun hat. Lutz Dammbeck
wagt eine Gedanken- und Zeitreise in gesamtgesellschaftliche Paranoia und Re-Education-Programme,
denkt über die Korrespondenz zwischen psychologischer Kriegsführung und Medien nach, mäandert mit
viel Lust am überraschenden Detail durch Geschichten
und Geschichte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Ein spielerischer Film, der Psychiater, Anthropologen, Soziologen, aber auch eingefleischte Paranoiker
selbst zu Wort kommen lässt – und dabei zugleich das
Woher und Wohin psychisch schwer gestörter Nationen
hinterfragt: Was ist Vernunft, was Normalität? Was hat
es wirklich mit dem weltumspannenden Glücksversprechen und Sendungsbewusstsein US-amerikanischer
Provenienz auf sich? (Ralf Schenk)
▶ Donnerstag, 28. April 2016, 19.00 Uhr | Zu Gast: Lutz
Dammbeck | Einführung: Georg Seeßlen
Ozu Yasujirō
Retrospektive Ozu Yasujirō
9
Ein kleiner Vorspann zu Ozu, den Ozu-Filmen, der OzuRetrospektive, von Frieda Grafe, der auch nach mehr
als vierzig Jahren nichts verloren hat von seinem Drive.
Ozu auf den Punkt gebracht, Ozu in nuce.
Ozus Realismus liegt nicht nur in präzisen Detailbeschreibungen kleinbürgerlichen, japanischen Lebens.
Er nimmt ihn so ernst, dass er sich und seinem Medium nicht erlaubt, Illusionen von bewegtem Leben zu
erschaffen. Kino bleibt bei ihm, was es ist, eine Abfolge
diskontinuierlicher Aufnahmen. Man spürt, wie das Individuelle wimmelt unter der Neutralität und Allgemeinheit seiner emblemhaften Bilder, aber direkter Ausdruck wird ihm nicht gestattet. Ozus Filme sind erbarmungslos. Die Wiederholungen auf allen Ebenen in
allen seinen Filmen sind fast unerträglich. Sie beschreiben die Hoffnungslosigkeit einer Klasse, die nie etwas
anderes geschafft hat, als das Bürgerliche eine Etage
tiefer nachzumachen. Man fragt sich, was die Poesie
mancher der Titel mit der Kargheit der Filme zu tun hat.
WEIzENHERBST, EINE GEScHIcHTE vON ScHWANKENDEN GRäSERN, EIN GEScHMAcK vON MAKRELEN-
HEcHT. Das ist die poetische Aura der Banalität. Ozus
Filme sind faszinierend.
Aus einem von Frieda Grafes »Filmtips« in der Süddeutschen zeitung, Juni 1973, ein Teaser, würde man
heute sagen, für die erste Ozu-Reihe im Filmmuseum.
Viele der gezeigten Filme waren damals ohne Untertitel,
Ozu war, bis auf wenige Filme, unbekannt im Westen,
man schrieb über Kurosawa – in den britischen Magazinen – und Mizoguchi – in den cahiers du cinéma.
Ozu war, damals wie heute, ein Filmemacher der Filmemacher, verehrt von Paul Schrader oder Wim Wenders,
Hou Hsiao-hsien, Chantal Akerman, Pedro Costa.
Die alten Geschichten
Seit diesem Sommer ’73 ist Ozu präsent in München,
regelmäßig hat es Retros gegeben, komplett oder in
Auswahl, man konnte immer wieder zurückkehren zu
ihm, seine Vorstellungen vom Kino in diesen Filmen
herausbilden, heimisch werden in diesem so stoisch
unnahbaren Werk. Der japanischste aller Filmregisseure wurde er immer wieder genannt, inzwischen hat
Wie Dysfunktion funktioniert
Wim Wenders über Ozus Zeit: »Man hat sich inzwischen so sehr daran gewöhnt und hält es für selbstverständlich, dass das Kino und das Leben so weit auseinanderklaffen, dass einem der Atem stockt und man
zusammenzuckt, wenn man auf einer Leinwand plötzlich etwas Wahres oder Wirkliches entdeckt. Das war
das Ungeheuerliche an den Filmen von Ozu, und vor
allem seinen späten: sie waren solche Augenblicke der
Wahrheit, nein nicht nur Augenblicke, sie waren langgezogene Wahrheit, die vom ersten bis zum letzten Bild
andauerte. So eine Darstellung von Wirklichkeit, so eine
Kunst gibt es im Kino nicht mehr.«
Ozu erzählt immer wieder die gleichen Geschichten von
– so heißt es heute – dysfunktionalen Familien, Väter,
die das nicht zusammenbringen, die Arbeit und die
Familie, und Kinder, die nicht die Karriere machen, die
erwartet wird, Frauen, die sich sperren, wenn man
ihnen, traditionsgemäß, einen Mann aussucht, und alte
Eltern, die abgeschoben wirken oder sich selbst abzuschieben bereit sind. Liebe ist wenig dabei, Sex ein
bisschen.
Ozu zeigt immer wieder die gleichen Szenen. Männer
im reifen oder überreifen Alter, die sich in Bars treffen
und trinken und altklug und anzüglich daherreden.
Männer im Büro, mit abgezirkelten Bewegungen, sie
machen sich Notizen oder geben der Sekretärin Bescheid, nur arbeiten sieht man sie nicht. Frauen, die
Gatten oder Väter zu Hause empfangen und ihnen beim
Sich-Akkomodieren helfen, die Hosen und Hemden hin-
Hara Setsuko, Ozu Yasujirō, Higashiyama Chieko
Ozu Yasujirō
10
er Kurosawa und Mizoguchi hinter sich gelassen und
sein Werk ist beispielhaft geworden fürs Kino, seine
Möglichkeiten und seine Modernität. Ein Glücksfall.
Ozu Yasujirō wurde am 12. Dezember 1903 geboren,
gestorben ist er am 12. Dezember 1963. Er kam in den
Zwanzigern zum Kino, hat sich in diversen Genres versucht, viele Studentenklamotten und Gesellschaftskomödien gedreht, coming of age, dem Slapstick nicht
abgeneigt und in Verehrung für Lubitsch und Harold
Lloyd. Dann, in den Dreißigern, hat er sich aufs shomingeki spezialisiert, jene japanische Variante des melodramatischen Kammerspiels, die er, in westlicher Wahrnehmung zumindest, so perfekt verkörpert mit seinen
Filmen und der er systematisch alle melodramatischen
Effekte ausgetrieben hat. Sein treuer Drehbuchmitschreiber Noda Kōgo hat ihm dabei geholfen, von vielen
Flaschen Sake unterstützt. Melodramatisch sind diese
Filme nur noch durch ihren Willen zum Innehalten, zum
Verstummen, zur Retardation. Zu Trinksprüchen. Das
Werk läuft aus, in aller Ruhe und Gelassenheit.
ter ihnen vom Boden klaubend, wenn sie ins Bad eilen.
Frauen, die zusammen in Bars oder Cafés sitzen und
von anderen Frauen reden oder für andere Männer
Frauen aussuchen. Und, immer wieder, Kinder, die furzen oder anzügliche Gesten machen, den Aufstand proben. Das Ganze ist sehr komisch. Manchmal, in den Filmen ab 1940, geht es auch um den Krieg. Alles ist aufs
Natürlichste verbunden durch ein ruckelndes Netz von
Trams und Vorstadtzügen.
Im Lauf der Zeit
Im Film TOKYO-GA, in dem Wim Wenders auf den Spuren von Ozu nach Japan reiste, hat Atsuta Yūharu, der
Jahrzehnte für Ozu die Kamera machte, von der Arbeit
erzählt: »Ein Erinnerungsstück, das ich von Ozu habe,
ist seine Stoppuhr, die möchte ich Ihnen gleich zeigen.
Es ist das einzige Erinnerungsstück, das ich an ihn
habe. Zu Beginn jeder Einstellung startete Ozu seine
Uhr und das Scriptgirl startete die ihre gleich. Das möglichst exakte Zeitmessen war Ozu wichtig, und jeder
Take wurde gestoppt, und wenn wir die Muster ansahen, wurden noch einmal die Zeiten genommen. Die
rote Linie gibt die Meterzahl für das Standard-35mmFormat an, die mittlere Linie zeigt die Sekunden an,
und die dritte hier gibt die Filmlänge für das 16mmFormat an. Diese Stoppuhr war wichtig für Ozu, um die
Zeit exakt messen zu können, in Sekunden und in einzelnen Bildern.«
Ozu, der Mann mit der Stoppuhr, von dem wir alle lernten, dass Emotionen Präzisionsarbeit sind. In den Dreißigern begann Ozu seine Filme ganz von unten zu drehen, aus einer Perspektive, für die die Kamera knapp
über dem Erdboden platziert wurde. Die cadrage bestimmte er metikulös selber, keiner durfte danach
einen Millimeter ändern. Den Schauspielern gab er
exakte Angaben zu Haltung und Bewegung, und seine
bevorzugten, von Film zu Film mitgenommenen Akteure
Ryū Chishū und Hara Setsuko haben fröhlich Beispiele
Springtime
»Er macht alles falsch«, hat mit bewundernder Ironie
der Filmemacher Thom Andersen von Ozu gesagt. Ozu
filmt fast immer frontal, selbst die Schuss-Gegenschuss-Dialoge, gern ignoriert er dabei die unsichtbare
Achse, die im klassischen Kino die Blicke der Sprechenden regelt. Die Architektur dieser Filme ist rechtwinklig, der des japanischen Hauses folgend und den
abgezirkelten Ritualen des japanischen Lebens. Leere
Straßen, leere Korridore, leere Einstellungen. »Es ist
eine Art Zeit, die mehr besteht als sie vergeht«, schreibt
Helmut Färber. »In Ozus Weise zu erzählen ist etwas
mitenthalten und sie ist mitbestimmt von einer Zeitform, einer Art von Sein in der Zeit, wie sie dem Ornament eigen ist, und so entsteht das Gleichmaß, der
Gleichmut dieser Erzählungen, und sie entstehen,
indem die Zeitform des Ornaments sich verwirklicht
aus dem Funken des kinematographischen Augenblicks.«
Der japanischste Regisseur … Aber keiner hat so wie
Ozu die Sprünge, die Verwerfungen in der japanischen
Gesellschaft aufgezeichnet. WO SIND DIE TRÄUME DER
JUGEND GEBLIEBEN? heißt einer seiner frühen Filme.
Widerstand der Poetik
Sein Werk ist seismografisch, japanische Wirklichkeit,
ins Bild gesetzt durch den typischen Ozu-Suspense. Er
zeichnet die Depression der Dreißiger auf und die Tristesse der Fünfziger, und wie beide miteinander zusammenhängen. Er reagiert auf die merkwürdige Chemie
zwischen dem Alten – die Häuser, die Kimonos, der Sake – und dem Neuen, viel amerikanische Technik und
Neonfarben. Der Auflösungsprozess der Gesellschaft
war radikaler in Japan als in Europa und im Nachkriegsdeutschland. »Ozus filmische Logik des Zerfalls«, schreibt
Peter Buchka, »die Adornos Philosophie und Becketts
Dichtung ebenbürtig ist, reagiert darauf mit formaler
Strenge und Rigorosität. Das ist nicht eine Methode der
Transzendierung, der stilistischen Überhöhung des Alltags, sondern vielmehr ein Akt von Widerstand. Je dramatischer die Zeitläufte, desto undramatischer Ozu.«
»The Poetics of Resistance« hat Richard Combs seinen
Text über Ozu im Film comment genannt, und der Widerstand hat in diesen Filmen etwas Spielerisches, Nai-
ves, Infantiles. Er ist nie hoffnungslos. Wie schön, in
meines toten Sohnes Bett zu liegen, murmelt die Mutter in TŌKYŌ MONOGATARI, dem berühmtesten Ozufilm. Erbarmungslos. Faszinierend. Wie aus der Genauigkeit und der Liebe beim Filmemachen, der Hingabe
an Figuren und Orte eine Genauigkeit und Liebe beim
Zuschauer entsteht, das ist das Geheimnis dieser
Filme.
Fritz Göttler
Ein Programm in zusammenarbeit mit der Japan Foundation
Tokyo, dem Japanischen Kulturinstitut Köln und dem National
Film center / Museum of Modern Art Tokyo.
Wakaki hi (Tage der Jugend) | Japan 1929 | R: Ozu
Yasujirō | B: Fushimi Akira, Ozu Yasujirō | K: Mohara
Hideo | D: Yuki Ichirō, Saitō Tatsuo, Matsui Junko, Iida
Chōko, Sakamoto Takeshi | 103 min | OmeU | Studenten im Wettstreit um die Liebe eines Mädchens. Harold
Lloyd stand Pate. »Fushimi und ich haben viele Geschichten dieser Art geschrieben«, erinnert sich Ozu an
die Arbeit mit seinem Autor. »Abends gingen wir nach
Ginza, aßen, tranken und unterhielten uns. Bei mir zuhause unterhielten wir uns, hörten Schallplatten und
tranken Tee bis Mitternacht. Und am Morgen hatten wir
immer unsere Geschichte. Ich frage mich immer noch,
wie wir das eigentlich machten.«
▶ Freitag, 4. März 2016, 21.00 Uhr | Live-Musik: Günter
A. Buchwald
Daigaku wa deta keredo … (Ich habe promoviert,
aber …) | Japan 1929 | R: Ozu Yasujirō | B: Shimizu
Hiroshi, Aramaki Yoshio | K: Mohara Hideo | D: Takada
Minoru, Tanaka Kinuyo, Oyama Kenji, Sakamoto Takeshi | 12 min (Fragment) | OmeU – Rakudai wa shita
keredo … (Ich bin durchgefallen, aber …) | Japan
1930 | R: Ozu Yasujirō | B: Fushimi Akira, Ozu Yasujirō |
K: Mohara Hideo | D: Saitō Tatsuo, Futaba Kaoru, Aoki
Tomio, Tanaka Kinuyo, Ryū Chishū | 64 min | OmeU –
Revisionsfilme, Revision der fröhlichen Studentenzeit,
wenn nach dem Examen kaum einer der Jungen eine
Stelle findet, die ihn befriedigt. Immer noch die Tradition der dynamischen Harold-Lloyd-Filme, ihre Alltagsdesaster. Einer der Studenten hat fürs Examen seine
Manschetten in Spickzettel umfunktioniert, aber die
übereifrige Tochter seiner Zimmerwirtin wäscht ihm
das Hemd.
▶ Samstag, 5. März 2016, 21.00 Uhr | Live-Musik: Gün-
ter A. Buchwald
Hogaraka ni ayume (Schreite heiter) | Japan 1930 |
R: Ozu Yasujirō | B: Ikeda Tadao, Shimizu Hiroshi | K:
Mohara Hideo | D: Takada Minoru, Kawasaki Hiroko,
Ozu Yasujirō
dafür erzählt. »Ich war wohl ein ziemlich mittelmäßiger
Schauspieler«, grinst Ryū, wenn er die endlosen Wiederholungen beschwört, zu denen Ozu ihn nötigte. Hara
erinnert an Ozu beim Film BANSHUN: »Nein, zwei weitere Zentimeter nach links. Nein, bisschen mehr. Nein,
nein. Links, hab ich gesagt.«
11
Ozu Yasujirō
Matsuzono Nobuko, Suzuki Utako, Sakamoto Takeshi |
96 min | OmeU | Ein junger Dieb, Ken, »das Messer«
genannt, wird geläutert durch die Liebe einer jungen
Frau. Sternbergs UNDERWORLD ist ein großes Vorbild,
der auch mehr Melodrama ist als reiner Krimi. »Walk
cheerfully«, sagt die Frau, als der Junge geschnappt
wird und ins Gefängnis muss. »Schreite heiter, ich
werde auf dich warten.«
um sein krankes Kind zu retten, aber der Inspektor
ist ihm auf den Fersen, taucht in der Wohnung auf,
sieht die Misere. Ozu kann auch film noir, als Kammerund Schattenspiel.
▶ Sonntag, 6. März 2016, 21.00 Uhr | Live-Musik: Gün-
Wasei kenka tomodachi (Streitende Freunde – Japanischer Stil) | Japan 1929 | R: Ozu Yasujirō | B:
Noda Kōgo | K: Mohara Hideo | D: Watanabe Atsushi,
Yoshitani Hisao, Takamatsu Eiko | 14 min (Fragment) |
OmeU – Shukujo to hige (Die Dame und der Bart) |
Japan 1931 | R: Ozu Yasujirō | B: Kitamura Komatsu,
Ozu Yasujirō | K: Mohara Hideo | D: Okada Tokihiko, Kawasaki Hiroko, Iida Chōko, Date Satoko, Sakamoto Takeshi | 74 min | OmeU – Zwei Lastwagenfahrer, Rivalen
um ein Mädchen, aber ein Dritter erobert sie für sich –
ein kleines buddy movie von Ozu. Dazu eine Traditionsbruch-Geschichte: Ein konservativer Junge hat Probleme mit Frauen und bei der Suche nach einem Job,
also rasiert er sich seinen edlen Bart ab.
ter A. Buchwald
Tokkan Kozō (Ein aufrichtiger Junge) | Japan 1929 |
R: Ozu Yasujirō | B: Ikeda Tadao, Okubo Tadamoto, Noda
Kōgo, Ozu Yasujirō | K: Nomura Ko | D: Saitō Tatsuo,
Aoki Tomio, Sakamoto Takeshi | 18 min (Fragment) |
OmeU – Sono yo no tsuma (Die Frau jener Nacht) |
Japan 1930 | R: Ozu Yasujirō | B: Noda Kōgo | K: Mohara Hideo | D: Okada Tokihiko, Yagumo Emiko, Ichimura Mitsuko, Yamamoto Tōgō, Saitō Tatsuo | 65 min |
OmeU – Ein Kidnapper-Divertimento: Der entführte
Junge stellt souverän die Situation auf den Kopf, wie
in der berühmten Geschichte »The Ransom of Red
Chief« von O. Henry. Der Kinderdarsteller Aoki Tomio
nannte sich fortan Tokkan Kozō. Als Spiegelgeschichte
dazu der zweite Film: Ein Mann begeht einen Einbruch,
UMARETE WA MITA KEREDO …– ICH WURDE GEBOREN, ABER …: Tokkan Kozō (rechts)
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▶ Dienstag, 8. März 2016, 18.30 Uhr ▶▶ Freitag,
11. März 2016, 21.00 Uhr | Live-Musik: Günter A. Buchwald
▶ Mittwoch, 9. März 2016, 18.30 Uhr ▶▶ Samstag,
12. März 2016, 21.00 Uhr | Live-Musik: Günter A. Buchwald, Kataoka Ichirō (Benshi)
▶ Sonntag, 13. März 2016, 21.00 Uhr | Live-Musik: Günter A. Buchwald, Kataoka Ichirō (Benshi) ▶▶ Dienstag,
15. März 2016, 18.30 Uhr
Umarete wa mita keredo … (Ich wurde geboren,
aber …) | Japan 1932 | R: Ozu Yasujirō | B: Fushimi
Akira, Ibushiya Geibei | K: Mohara Hideo | D: Saitō Tatsuo, Yoshikawa Mitsuko, Sugawara Hideo, Tokkan Kozō,
Sakamoto Takeshi | 90 min | OmU | »Ich wollte einen
Film über Kinder drehen, entstanden ist ein Film über
Erwachsene.« Einer der favorites der Ozu-Gemeinde,
über die Macht der Kinder. Sie halten die Mitschüler
unter Kontrolle durch ihren magischen Bann und setzen dem Vater heftig zu, weil der sich zum Affen machen lässt von seinem Chef. Den Film sollte man mit
seinen Kindern sehen, hat Frieda Grafe empfohlen.
▶ Mittwoch, 16. März 2016, 18.30 Uhr
▶▶ Freitag,
25. März 2016, 21.00 Uhr | Live-Musik: Richard Siedhoff
Seishun no yume ima izuko (Wo sind die Träume
der Jugend geblieben?) | Japan 1932 | R: Ozu Yasujirō | B: Noda Kōgo | K: Mohara Hideo | D: Egawa Ureo,
Tanaka Kinuyo, Saitō Tatsuo, Sakamoto Takeshi, Ryū
Chishū | 86 min | OmeU | Eine Dreiecksgeschichte, die
ihre Dynamik durch soziale Ungleichheit erhält. Ein
Junge will auf die geliebte Frau verzichten, weil auch
sein Chef, ein einstiger Studienfreund, sie liebt. Der reagiert traurig empört, auf diese Feigheit vor dem Chef.
»Es gibt Pathos, aber auch Schmerz«, schreibt David
Bordwell. »Mit diesem Film findet eine Form der Gewalt
Eingang in Ozus Welt, die weit über die Schläge von
TŌKYŌ NO GASSHO und UMARETE WA MITA KEREDO
hinausgeht.«
▶ Dienstag, 22. März 2016, 18.30 Uhr ▶▶ Samstag,
spielt vielfach in die kriminellen Aktivitäten hinein. Sehr
weit geht eine Frau, um den geliebten Mann endlich
dazu zu bewegen, sich der Polizei zu stellen. Sehr groß
ist der Einfluss von Sternbergs Filmen, in den geschminkten Lippen der Frauen, den exakt angepassten
Fedoras der Männer.
▶ Mittwoch, 23. März 2016, 18.30 Uhr ▶▶ Sonntag,
27. März 2016, 21.00 Uhr | Live-Musik: Yanashita Mie
Tōkyō no onna (Eine Frau aus Tokyo) | Japan 1933 |
R: Ozu Yasujirō | B: Noda Kōgo, Ikeda Tadao | K: Mohara
Hideo | D: Okada Yoshiko, Egawa Ureo, Tanaka Kinuyo,
Nara Shin’yō, Ryū Chishū | 47 min | OmeU – Haha o
kowazuya (Die Mutter muss man lieben) | Japan
1934 | R: Ozu Yasujirō | B: Noda Kōgo, Ikeda Tadao,
nach einer Erzählung von Komiya Shūtaro | K: Aoki
Isamu | D: Yūkichi Iwata, Yoshikawa Mitsuko, Katō
Seiichi, Mitsui Hideo, Ryū Chishū | 72 min | OmeU –
Zwei komplizierte Familien-Dilemmata. Ein Bruder
kommt nicht klar damit, dass seine Schwester nachts
in einer Bar arbeitet. »Wir fabrizierten die Geschichte,
während wir den Barmädchen beim Tanzen zuschauten«, erzählt Ozu. »Der Film war schließlich sehr präzise
und dicht. Die Komposition der Szenen begann mein
Markenzeichen zu tragen.« Danach der Niedergang eines geordneten Hauses, der Vater stirbt und einer der
Söhne erfährt, dass die Mutter seine Mutter gar nicht ist.
▶ Montag, 28. März 2016, 21.00 Uhr | Live-Musik:
Yanashita Mie ▶▶ Dienstag, 29. März 2016, 18.30 Uhr
Dekigokoro (Eine Laune) | Japan 1933 | R: Ozu Yasujirō | B: Ikeda Tadao | K: Sugimoto Shōjirō | D: Sakamoto
Takeshi, Tokkan Kozō, Ohinata Den, Fushimi Nobuko,
Iida Chōko | 102 min | OmeU | Eine klassische Geschichte: Ein Tagelöhner, der unverwüstliche Sakamoto
Takeshi, zieht seinen Sohn, den robusten Tokkan Kozō,
allein auf. Eine japanische Version der Geschichte
von THE KID. Es geht ruppig zu, ein Schlagabtausch
zwischen Vater und Sohn. Der Sohn überisst sich an
Süßigkeiten und wird elend krank. Eine Frau zeigt sich
bereit, um die Arztkosten zu tilgen, sich zu verkaufen.
Der erste von Ozus Filmen mit dem einsamen Kihachi,
damals der prototypische Proll.
26. März 2016, 21.00 Uhr | Live-Musik: Yanashita Mie
▶ Mittwoch, 30. März 2016, 18.30 Uhr ▶▶ Freitag,
1. April 2016, 21.00 Uhr | Live-Musik: Yanashita Mie
Hijōsen no onna (Eine Frau in der Gefahrenzone) |
Japan 1933 | R: Ozu Yasujirō | B: Ikeda Tadao | K:
Mohara Hideo | D: Tanaka Kinuyo, Oka Jōji, Mizukubo
Sumiko, Mitsui Hideo, Ryū Chishū | 100 min | OmeU |
Ein kleiner Gangsterfilm aus Yokohama, und Liebe
Ukigusa monogatari (Eine Geschichte von schwankenden Gräsern) | Japan 1934 | R: Ozu Yasujirō | B:
Ikeda Tadao | K: Mohara Hideo | D: Sakamoto Takeshi,
Iida Chōko, Mitsui Hideo, Yagumo Rieko, Tokkan Kozō |
86 min | OmeU | Sakamoto wieder als Kihachi, diesmal
Ozu Yasujirō
Tōkyō no gassho (Der Chor von Tokyo) | Japan 1931
| R: Ozu Yasujirō | B: Noda Kōgo | K: Mohara Hideo | D:
Okada Tokihiko, Yagumo Emiko, Sugawara Hideo, Takamine Hideko, Sakamoto Takeshi | 90 min | OmeU | Ein
erster Angestelltenfilm, aus Japans Depressionszeit.
Ein Familienvater wird entlassen, weil er sich für einen
Kollegen eingesetzt hat. Unsicherheit und Misstrauen
regieren das Betriebsleben, damit die anderen nicht
sehen, wie hoch der Bonus ausgefallen ist, guckt jeder
am verborgenen Ort in seinen Umschlag – auf dem Klo.
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Ozu Yasujirō
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ist er Chef einer Wanderschauspielertruppe. In einer
kleinen Stadt hat er eine Frau, die er liebt und die einen
Sohn von ihm hat. Ozus schönste Parallelaktion, die er
mehrmals durchspielte: Vater und Sohn stehen zusammen im Fluss und werfen taktgleich die Leinen ihrer
Angeln aus. »Es ist das erste Universum auf acht Filmrollen«, schrieb Donald Richie, »in dem alles eine Konsistenz annimmt, die größer ist als das Leben: kurz ein
Kunstwerk.« Ozu hat selbst ein Remake gemacht, 1959.
▶ Samstag, 2. April 2016, 21.00 Uhr | Live-Musik:
Yanashita Mie ▶▶ Dienstag, 5. April 2016, 18.30 Uhr
Tōkyō no yado (Eine Herberge in Tokyo) | Japan
1935 | R: Ozu Yasujirō | B: Ikeda Tadao, Arata Masao |
K: Mohara Hideo | M: Horiuchi Keizō | D: Sakamoto Takeshi, Tokkan Kozō, Suematsu Takayuki, Okada Yoshiko,
Ryū Chishū | 80 min | OmeU | Kihachi zum dritten. Mit
seinen zwei Söhnen zieht er durch die Randgebiete von
Tokyo. Nirgends Arbeit. Eine Frau, die er von früher
kennt, hilft ihm, und als sie dann selber Hilfe braucht,
hilft er ihr mit einem Einbruch. Der letzte erhaltene
Stummfilm Ozus, mit Originalmusik und Toneffekten;
von den Filmhistorikern in Zusammenhang mit dem italienischen Neorealismus gebracht.
▶ Sonntag, 3. April 2016, 21.00 Uhr
▶▶ Mittwoch,
6. April 2016, 18.30 Uhr
Hitori musuko (Der einzige Sohn) | Japan 1936 | R:
Ozu Yasujirō | B: Ikeda Tadao, Arata Masao | K: Sugimoto Shōjirō | M: Itō Senji | D: Iida Chōko, Himori
Shin’ichi, Hayama Masao, Tsubouchi Yoshiko, Ryū
Chishū | 83 min | OmeU | Ozus erster Tonfilm, lange
hat er sich gesträubt. Ein Film zwischen den Zeiten,
den Zwanzigern und den Dreißigern, und zwischen
Land und Stadt. Eine Mutter schuftet sich ab, um dem
Sohn eine gute Ausbildung zu verschaffen. Als sie ihn
dann nach langen Jahren in Tokyo besucht, sieht sie,
dass er es nur zum Abendschullehrer gebracht hat.
Und auch das Kino ist so toll nicht, in das er sie führt,
sie schläft ein bei Willi Forsts LEISE FLEHEN MEINE
LIEDER.
▶ Freitag, 8. April 2016, 21.00 Uhr
▶▶ Mittwoch,
13. April 2016, 18.30 Uhr
Kagami jishi (Der Löwentanz) | Japan 1936 | R+B:
Ozu Yasujirō | K: Mohara Hideo | 25 min | OmeU | Ozus
einziger Dokumentarfilm, über den Kabuki-Star Kikugoro VI. und seine Löwentanz-Performance. – Shukujo
wa nani o wasureta ka (Was hat die Dame vergessen?) | Japan 1937 | R: Ozu Yasujirō | B: Fushimi Akira,
Ozu Yasujirō | K: Mohara Hideo, Atsuta Yūharu | M: Itō
Senji | D: Saitō Tatsuo, Kurishima Sumiko, Kuwano
Kayoko, Sakamoto Takeshi, Uehara Ken | 71 min |
OmeU | Ozu goes Lubitsch. Mit dieser eleganten comedy erweist er dem Meister in Hollywood seine Reverenz. Ein Spießbürger schiebt für seine amourösen
Ginza-Abenteuer die Teilnahme am wöchentlichen Golfspiel vor, und das will seine Frau dann doch einmal genauer wissen. Die Jugend muss es wieder richten.
▶ Freitag, 15. April 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Dienstag,
19. April 2016, 18.30 Uhr
Toda-ke no kyōdai (Die Geschwister Toda) | Japan
1941 | R: Ozu Yasujirō | B: Ozu Yasujirō, Ikeda Tadao | K:
Atsuta Yūharu | M: Itō Senji | D: Fujino Hideo, Katsuragi
Ayako, Yoshikawa Mitsuko, Saitō Tatsuo, Saburi Shin |
105 min | OmeU | Der Tod des Vaters wirbelt eine Familie durcheinander, die Mutter und die jüngste Tochter
werden zu eher lästigen Mitbewohnern, das Mädchen
ist störrisch, lehnt eine vorgeschlagene Heirat ab. Der
erste Film Ozus nach seiner Rückkehr aus dem Kriegsdienst, aus dem besetzten China. Dort arbeitet auch
der junge Held des Films, der jüngste Bruder. Er nimmt
schließlich Mutter und Schwester bei sich auf und
kriegt prompt von der Schwester eine ihrer Freundinnen zur Heirat vorgeschlagen.
▶ Samstag, 16. April 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Mittwoch,
20. April 2016, 18.30 Uhr
Chichi ariki (Es war einmal ein Vater) | Japan 1942 |
R: Ozu Yasujirō | B: Ozu Yasujirō, Ikeda Tadao, Yanai
Takao | K: Atsuta Yūharu | M: Saiki Kyōichi | D: Ryū
Chishū, Sano Shūji, Tsuda Haruhiko, Saburi Shin, Sakamoto Takeshi | 88 min | OmeU | Eine kleine intime
Vater-Sohn-Geschichte, aber vom Krieg durch und
durch geprägt, seinen hohlen Idealen, seiner Zerrissenheit. Ein erstes Skript wurde 1937 geschrieben, dann
wurde Ozu eingezogen, nach seiner Rückkehr wurde
die Story neu geschrieben. Ein Über-Vater – er ist auch
noch Lehrer –, der gezwungen ist, seinen Sohn getrennt aufwachsen zu lassen. Ryū Chishū ist unglaublich, streng, traurig, aber im Innern mit jener Lässigkeit,
die Ozu bei ihm entdeckte, als er ihn für seinen allerersten Film bereits zu sich holte. Einmal macht der Vater
mit seinem Kumpel Sakamoto richtig einen drauf, einmal geht er, wie viele Ozu-Väter, mit dem Sohn angeln.
▶ Sonntag, 17. April 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Dienstag,
26. April 2016, 18.30 Uhr
Nagaya shinshi-roku (Erzählungen eines Nachbarn) | Japan 1947 | R: Ozu Yasujirō | B: Ozu Yasujirō,
Ikeda Tadao | K: Atsuta Yūharu | M: Saitō Ichirō | D: Iida
Ozu Yasujirō
BANSHUN – SPäTER FRüHLING
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Chōko, Aoki Hōhi, Ozawa Eitarō, Sakamoto Takeshi, Ryū
Chishū | 72 min | OmeU | Verlierer-Einsamkeit: »Die
wahren Dokumentationen von Japans Nachkriegsleben«, sagt der Filmemacher Pedro Costa, »sind Ozus
Filme.« Ein Junge, den keiner will, eine Frau, die sich
eher unwillig um ihn zu kümmern beginnt. Dann nimmt
sein Vater ihn zurück und es bleibt eine Leerstelle bei
der Frau. Nach dem Krieg werden die Überlebensstrategien bei Ozu radikaler. Um die größten Themen werden coole Deals ausgehandelt – in diesem
Film um das Bettnässen.
▶ Mittwoch, 27. April 2016, 18.30 Uhr ▶▶ Freitag,
29. April 2016, 21.00 Uhr
Kaze no naka no mendori (Ein Huhn im Wind) |
Japan 1948 | R: Ozu Yasujirō | B: Ozu Yasujirō, Saitō
Ryōsuke | K: Atsuta Yūharu | M: Itō Senji | D: Sano Shūji,
Tanaka Kinuyo, Ryū Chishū, Sakamoto Takeshi | 84 min
| OmeU | Häusliche Gewalt, ganz offen. Der Film wurde
berühmt durch den Treppensturz, den Tanaka Kinuyo
erleiden muss. Sie hat sich prostituiert, um das kranke
Kind zu retten, als der Mann weg war. »Der Film orientiert sich am amerikanischen Melodram, aber er behandelt eine sehr japanische Frage«, sagt der Filmhistori-
ker Sato Tadao: »Wie Japan damit fertig wird, dass es
Würde und Selbstwert verloren hat im Krieg.«
▶ Samstag, 30. April 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Dienstag,
3. Mai 2016, 18.30 Uhr
Banshun (Später Frühling) | Japan 1949 | R: Ozu Yasujirō | B: Noda Kōgo, Ozu Yasujirō, nach einem Roman
von Hirotsu Kazuo | K: Atsuta Yūharu | M: Itō Senji | D:
Hara Setsuko, Ryū Chishū, Tsukioka Yumeji, Sugimura
Haruko, Aoki Hōhi | 108 min | OmeU | Ozu par excellence. Noriko Nr. 1, verkörpert von Hara Setsuko. Sie
lebt allein mit ihrem Vater, Ryū Chishū als Professor. Sie
demonstriert Unabhängigkeit, sammelt Katharine-Hepburn-Bilder. Alles strahlt. Aber dann will Ryū die Tochter
unbedingt verheiraten. Gibt dafür sogar vor, auch sich
wieder verheiraten zu wollen. »Das ist nicht sauber«,
sagt die Tochter von solchem Verhalten, »das ist ungehörig.« Das ist die Produktivkraft der modernen Gesellschaft – dass die Mädchen sich vom Vater lösen und in
ein eigenes Leben hinaus müssen, zu einem anderen
Mann.
▶ Sonntag, 1. Mai 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Mittwoch, 4. Mai
2016, 18.30 Uhr (Vorfilm: Drei Minuten in einem Film
von Ozu | BRD 1988 | R+B: Helmut Färber | 15 min)
Ozu Yasujirō
TōKYō MONOGATARI – DIE REISE NACH TOKYO
16
Munekata shimai (Die Schwestern Munekata) |
Japan 1950 | R: Ozu Yasujirō | B: Noda Kōgo, Ozu Yasujirō, nach einem Roman von Osaragi Jirō | K: Ohara Jōji
| M: Saitō Ichirō | D: Tanaka Kinuyo, Takamine Hideko,
Uehara Ken, Takasugi Sanae, Ryū Chishū | 112 min |
OmeU | Generationenkonflikt diesmal nicht zwischen Eltern und Kindern, sondern zwischen zwei Schwestern,
verschieden alt, und die jüngere arbeitet in einer Bar.
Sie kommen, was Männer angeht, über Kreuz, und es
scheppert gewaltig: Die junge haut, blasphemisch, auf
die verehrte Rüstung der Vorfahren in der Eingangshalle des Familienhauses.
▶ Dienstag, 17. Mai 2016, 18.30 Uhr
20. Mai 2016, 21.00 Uhr
▶▶ Freitag,
Bakushū (Weizenherbst) | Japan 1951 | R: Ozu Yasujirō | B: Noda Kōgo, Ozu Yasujirō | K: Atsuta Yūharu | M:
Itō Senji | D: Hara Setsuko, Ryū Chishū, Awashima Chikage, Miyake Kuniko, Sugai Ichirō | 124 min | OmeU |
Ein hübsches Gegenstück zu BANSHUN, wie vertrackt
und komisch es sein kann, eine Frau aus einem Familienheim hinaus zu verheiraten. Hara Setsuko als Noriko
Nr. 2. Die Ozu-Wundertüte ist diesmal gespickt mit kleinen Besonderheiten, verblüffend und frech. Der Song
»Home, Sweet Home« klingt kurz an, die aufsässigen
Jungs kicken das Brot herum, das der Vater bringt, und
es gibt, am Strand, tatsächlich eine Kranfahrt in einem
Ozu-Film.
▶ Mittwoch, 18. Mai 2016, 18.30 Uhr ▶▶ Samstag,
21. Mai 2016, 21.00 Uhr
Ochazuke no aji (Der Geschmack von grünem Tee
über Reis) | Japan 1952 | R: Ozu Yasujirō | B: Noda
Kōgo, Ozu Yasujirō | K: Atsuta Yūharu | M: Saitō Ichirō |
D: Saburi Shin, Kogure Michiyo, Tsuruta Kōji, Ryū
Chishū, Awashima Chikage | 116 min | OmeU | Rückkehr zu den einfachen Dingen, nach einem Skript, dessen erste Fassung von 1939 stammt und von der Zensur nicht genehmigt worden war. Eine überheblich gutbürgerliche Frau verachtet ihren Mann. Kogure Michiyo
spielt sie, die leidenschaftliche Heldin in drei der
schönsten Mizoguchi-Filme. Am Ende setzt sie dem
Mann eine seiner Lieblingsspeisen vor, ganz einfach,
Reis mit grünem Tee. Ryū Chishū als Spielautomatenbesitzer, der an seinem erfolgreichen Business verzweifelt: Es bringt unseren nationalen Geist runter!
▶ Sonntag, 22. Mai 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Dienstag,
24. Mai 2016, 18.30 Uhr
▶ Freitag, 27. Mai 2016, 21.00 Uhr
Tōkyō monogatari (Die Reise nach Tokyo) | Japan
1953 | R: Ozu Yasujirō | B: Noda Kōgo, Ozu Yasujirō | K:
Atsuta Yūharu | M: Saitō Kōjun | D: Ryū Chishū, Higashiyama Chieko, Hara Setsuko, Sugimura Haruko, Nakamura Nobuo | 135 min | OmU | Noch einmal Ozu par
excellence. »Sein wildester Film«, schreibt Thom Andersen, »und sein elegantester.« Die Reise nach Tokyo
führt die Eltern noch einmal aus der Provinz zu den Kindern, ihren Hoffnungen und Träumen, der Stagnation,
zu denen die Nachkriegstristesse sie verdammt. Nur
Noriko strahlt, die Frau des gefallenen Sohnes, Noriko
Nr. 3, wieder verkörpert von Hara Setsuko.
▶ Mittwoch, 25. Mai 2016, 18.30 Uhr ▶▶ Samstag,
28. Mai 2016, 21.00 Uhr
Tōkyō kazoku (Eine Familie in Tokyo) | Japan 2013 |
R: Yamada Yōji | B: Yamada Yōji, Hiramatsu Emiko | K:
Chikamori Masashi | M: Joe Hisaishi | D: Hashizume
Isao, Yoshiyuki Kazuko, Nishimura Masahiko, Natsukawa Yui | 146 min | OmU | Zum 60. Jahrestag von
TŌKYŌ MONOGATARI drehte Yamada Yōji, in den Sechzigern Ozus Assistent und später bekannt hauptsächlich für die 48 Filme der TORA-SAN-Serie, dieses Remake. Tatsächlich ist es eher eine Huldigung. Yamada
hat die Geschichte ins Tokyo der heutigen Zeit versetzt,
der Tsunami und die Fukushima-Katastrophe 2011 bilden den Hintergrund. Vieles hat sich geändert, aber
alles bleibt gleich – die Familie, das Eltern- und das
Kindsein, das Kommen und Gehen im Fließen der Zeit.
▶ Sonntag, 29. Mai 2016, 21.00 Uhr
Sōshun (Früher Frühling) | Japan 1956 | R: Ozu Yasujirō | B: Noda Kōgo, Ozu Yasujirō | K: Atsuta Yūharu | M:
Saitō Kōjun | D: Awashima Chikage, Ikebe Ryō, Kishi
Keiko, Takahashi Teiji, Ryū Chishū | 144 min | OmeU |
Aus dem Leben der Pendler, der mittleren Angestellten,
die Tag für Tag mit dem Zug von ihren Vororten in die
Stadt zur Arbeit fahren und mit den verschiedenen
Rhythmen des Lebens nicht mehr zurechtkommen. Parallel-Leben, Untreue, Verdrängen und Vergessen. »Ich
versuchte allem aus dem Weg zu gehen, was dramatisch sein könnte«, sagte Ozu, und »man sieht«,
schreibt Helmut Färber, »wie insgesamt in diesen Filmen, in dieser Erzählung von Ozu das Tragende, das
Konstante nicht die Personen und Geschehnisse, sondern die Formen sind.«
▶ Mittwoch, 1. Juni 2016, 19.00 Uhr ▶▶ Freitag, 3. Juni
2016, 21.00 Uhr
Tōkyō boshoku (Tokyo in der Dämmerung) | Japan
1957 | R: Ozu Yasujirō | B: Noda Kōgo, Ozu Yasujirō | K:
Atsuta Yūharu | M: Saitō Kōjun | D: Ryū Chishū, Arima
Ineko, Kinzō Shin, Hara Setsuko, Yamada Isuzu |
140 min | OmeU | Ein »East of Eden« in Tokyo. Zwei
Schwestern erfahren erst zufällig, dass ihre Mutter eine
Bar führt, die ältere reagiert mit strengem Hass. Ungewöhnlich für Ozu, wie die Menschen sich weigern, miteinander zu sprechen. Die Momente des Schweigens
sind wie psychische Sackgassen. »Bei Ozu«, schreibt
Serge Daney, »sind die Individuen nicht immer auf der
Höhe dessen, was sie sich aufrecht halten lässt.«
▶ Dienstag, 31. Mai 2016, 18.30 Uhr ▶▶ Samstag,
4. Juni 2016, 21.00 Uhr
Ikite wa mita keredo – Ozu Yasujirō den (Ich habe
gelebt, aber …) | Japan 1983 | R: Inoue Kazuo | B:
Inoue Kazuo, Takaoka Kōki | K: Atsuta Yūharu | M: Saitō
Kōjun | Mit Ryū Chishū, Okada Mariko, Tsukasa Yōko,
Imamura Shōhei, Donald Richie, Sato Tadao | 124 min |
OmeU | Eine Huldigung der Produktionsfirma Shōchiku
zum 20. Todestag Ozus. Inoue Kazuo, Ozus Assistent
in den Sechzigern, webt einen Gedächtnisteppich mit
Filmausschnitten und Gesprächen mit Schauspielern
und Mitarbeitern.
▶ Sonntag, 5. Juni 2016, 21.00 Uhr
Higanbana (Sommerblüten) | Japan 1958 | R: Ozu
Yasujirō | B: Noda Kōgo, Ozu Yasujirō, nach einer Erzählung von Satomi Ton | K: Atsuta Yūharu | M: Saitō Kōjun
| D: Saburi Shin, Tanaka Kinuyo, Arima Ineko, Yamamoto Fujiko, Ryū Chishū | 118 min | OmeU | Der erste
Farbfilm Ozus. Ein Familienvater, der wie ein Chamäleon reagiert, wenn es um das Beste für seine Familie
geht und um seine Prinzipien. Liebesheirat ist ihm
suspekt. Saburi Shin spielt ihn, der junge Sohn aus der
Toda-Familie. Ozu hat mächtig Spaß mit einem roten
Teekessel, der durch die Einstellungen im Familienhaus
Ozu Yasujirō
Tokyo-Ga | BRD 1985 | R+B: Wim Wenders | K: Ed
Lachman | M: Dick Tracy | Mit Ryū Chishū, Atsuta
Yūharu, Werner Herzog | 92 min | »Wenn es in unserem
Jahrhundert noch Heiligtümer gäbe, wenn es so etwas
gäbe wie das Heiligtum des Kinos, müsste das für mich
das Werk des japanischen Regisseurs Yasujiro Ozu
sein. So japanisch diese Filme auch sind, so allgemeingültig sind sie zur gleichen Zeit. Für mich war das Kino
nie vorher und nie mehr seitdem so nahe an seiner Bestimmung: Ein Bild des Menschen des 20. Jahrhunderts zu geben, ein wahres und gültiges Bild, in dem er
sich nicht nur wiedererkennen, sondern von dem er vor
allem über sich selbst lernen könnte.« (Wim Wenders)
17
mäandert. »Farbe nimmt Ozu nie als dramaturgisches
Mittel, und selten hat sie symbolische Bedeutung. Sie
ist ein Element zur Definition von Raum, von dem aus
er japanisches Leben begreift. Durch Farbe beurteilt er
den Raum.« (Frieda Grafe)
Ozu Yasujirō
▶ Dienstag, 7. Juni 2016, 18.30 Uhr
18
▶▶ Freitag,
10. Juni 2016, 21.00 Uhr
Ohayō (Guten Morgen!) | Japan 1959 | R: Ozu Yasujirō | B: Noda Kōgo, Ozu Yasujirō | K: Atsuta Yūharu | M:
Mayuzumi Toshirō | D: Sada Keiji, Kuga Yoshiko, Ryū
Chishū, Miyake Kuniko, Sugimura Haruko | 94 min |
OmeU | »›Das Leben ist ein leerer Traum‹, heißt es in
diesem Film. Eine Ozu-Maxime«, schreibt Richard
Combs. »Hier begegnen wir ihr in einem grausam monotonen Vorort Tokyos, wo das Leben gestanzt ist wie in
einem Film von Tati.« Der Stubenterror der Kids erreicht
die Intensität aus UMARETE WA MITA KEREDO, die
Jungs regen sich über die Gute-Morgen-Floskelei auf
und wollen unbedingt einen Fernseher. Ein Redestreik!
Nochmal Combs: »Die Erwachsenen merken, dass man
über wirklich wichtige Themen nur schwer reden kann
und halten sich dann an das wichtigste aller unwichtigen Ozu-Themen, das Wetter.«
▶ Mittwoch, 8. Juni 2016, 18.30 Uhr
▶▶ Samstag,
11. Juni 2016, 21.00 Uhr
Ukigusa (Abschied in der Dämmerung) | Japan
1959 | R: Ozu Yasujirō | B: Noda Kōgo, Ozu Yasujirō | K:
Miyagawa Kazuo | M: Saitō Kōjun | D: Nakamura Ganjirō, Kyō Machiko, Sugimura Haruko, Kawaguchi Hiroshi, Ryū Chishū | 119 min | OmeU | Der Film mit dem
Leuchtturm und der Flasche im Sand, eins der magischen Ozu-Eröffnungsbilder. Die Geschichte von UKIGUSA MONOGATARI über den Wanderschauspieler und
die Frau, die er in einem Dorf hat, und ihren Sohn, noch
einmal erzählt, in heiteren Farben. Miterzählt: die Differenz, die Zeit, die vergangen ist, seit der ersten Version
1934, ein Vierteljahrhundert früher. Ozus visuell
schönster Film. Die Kamera macht Miyagawa Kazuo,
der oft für Kurosawa und Mizoguchi arbeitete.
▶ Sonntag, 12. Juni 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Dienstag,
14. Juni 2016, 18.30 Uhr
Akibiyori (Spätherbst) | Japan 1960 | R: Ozu Yasujirō
| B: Noda Kōgo, Ozu Yasujirō, nach einer Erzählung von
Satomi Ton | K: Atsuta Yūharu | M: Saitō Kōjun | D: Hara
Setsuko, Tsukasa Yōko, Ryū Chishū, Okada Mariko, Saburi Shin | 128 min | OmU | »Schöne junge Frauen
schöne Sachen machen lassen«, das Motto der Nouvelle vague, die sich in Europa gerade auf den Weg
macht. Ozu geht weiter, bei ihm machen auch ältere
Frauen schöne Sachen. Eine Mutter will ihre Tochter
verheiraten, aber die will erst gehen, als sie denkt, auch
die Mutter will eine neue Ehe. Eine späte Variation von
BANSHUN, mit Rollenwechsel: Hara Setsuko, damals
die Tochter, spielt hier die Mutter. »Das sind Leute, beschreibt Ozu die Personen seines Films, die das Leben
unnötig kompliziert machen, indem sie sich in andere
hineinzudenken versuchen.« (Frieda Grafe)
▶ Mittwoch, 15. Juni 2016, 18.30 Uhr ▶▶ Freitag,
17. Juni 2016, 21.00 Uhr
Kohayagawa-ke no aki (Der Herbst der Familie Kohayagawa) | Japan 1961 | R: Ozu Yasujirō | B: Noda
Kōgo, Ozu Yasujirō | K: Nakai Asakazu | M: Mayuzumi
Toshirō | D: Nakamura Ganjirō, Hara Setsuko, Aratama
Michiyo, Tsukasa Yōko, Ryū Chishū | 103 min | OmeU |
Ein unwürdiger Greis, Familienvater und Patriarch einer
Sake-Fabrik, es zieht ihn zu einer Geliebten und bei der
stirbt er. Die Familie ist indigniert. »Das Fehlen jeglicher
Abschiedsstimmung zeigt an, wie wenig wir noch spüren von dem, was wir nicht mehr sind«, schrieb Botho
Strauß 2000 und führte zum Beleg Szenen aus diesem
Film an. Die Qualität seiner Drehbucharbeit mit Noda
Kōgo hat Ozu immer nach der Reihe der leeren SakeFlaschen bemessen, die danach übrigblieben. Selbst
die Krähen ums Krematorium scheinen vom Meister
persönlich platziert, effizienter als die bei Hitchcock,
der gerade an seinem Film THE BIRDS bastelte.
▶ Samstag, 18. Juni 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Dienstag,
21. Juni 2016, 18.30 Uhr
Samma no aji (Ein Herbstnachmittag) | Japan 1962
| R: Ozu Yasujirō | B: Noda Kōgo, Ozu Yasujirō | K: Atsuta
Yūharu | M: Saitō Kōjun | D: Ryū Chishū, Iwashita
Shima, Sada Keiji, Okada Mariko, Mikami Shin’ichirō |
112 min | OmeU | Botho Strauß: »Man wird sich nicht
mehr auf die Suche nach der verlorenen Zeit begeben,
sondern auf die Suche nach dem verlorenen Sinn für
die verlorene Zeit.« Ein Abschiedsfilm, phantomhafter
als alle anderen von Ozu. Ein Vater, Ryū Chishū, muss
die Tochter aus dem Haus geben. Der Krieg spielt noch
einmal herein, bei einem Umtrunk mit alten Kameraden. Die Wirtin einer Bar hat eine magische Ähnlichkeit
mit seiner toten Frau. Die Nacht strahlt, »so dass dies
für leer erkannte Leben weiterbesteht und fortbesteht
als das zu lebende Leben.« (Helmut Färber)
▶ Sonntag, 19. Juni 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Mittwoch,
22. Juni 2016, 18.30 Uhr
Jim Jarmusch
Jim Jarmusch: Filmische Resonanzkörper
Jim Jarmusch, Neil Young
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Jack White setzt eine Schutzbrille auf, zieht dicke
Arbeitshandschuhe an und betätigt einen Schalter –
Funken sprühen, das Lachen eines verrückten Professors zuckt über sein Gesicht. Er führt seiner Bandkollegin Meg bei einer Tasse Kaffee eine selbst gebaute
Tesla-Spule vor. Im Gespräch preist er den Erfinder und
Physiker Nikola Tesla als Pionier der Elektrotechnik,
aber auch als popkulturelle Ikone: »Nikola Tesla perceived the earth as a conductor of acoustical resonance.«
Im Hintergrund läuft »Down on the Street« von Iggy
Pops Band The Stooges, über dem Kaffeehaustisch
hängt ein großes Porträt von Lee Marvin.
Jim Jarmusch benennt in dieser Episode aus COFFEE
AND CIGARETTES ein Thema, das sich durch sein gesamtes Werk zieht: die Resonanz. Nicht nur legt er der
Band The White Stripes dieses Statement in den Mund,
die gesamte Episode löst popkulturelle Schwingungen
in alle Richtungen aus. Denn jedes noch so kleine Detail verweist über die Grenzen des Films hinaus auf
eine Vielzahl von kulturellen Phänomenen: sowohl die
musikalischen Referenzen an die White Stripes, an Iggy
Pop, der selbst gemeinsam mit Tom Waits in einer der
Episoden des Films auftritt, als auch die Hommage an
Lee Marvin, dessen Rolle in John Boormans POINT
BLANK Jarmusch später mit THE LIMITS OF CONTROL
aufgreifen wird.
Jim Jarmuschs Filme sind dichte popkulturelle Resonanzkörper, groß angelegte eklektizistische Remix- und
Sampling-Projekte. Nicht nur schöpft Jarmusch aus
einem nahezu unbegrenzten Vorrat an Zitaten und Referenzen, er ist auch ein feinfühliger Filmemacher, der
mit viel Gespür aus vermeintlich alltäglichen und oft gesehenen Situationen poetische und visuell überwältigende Filme zaubert. Verwunderlich ist dies nicht, denn
Jarmusch, 1953 in Akron, Ohio geboren, wuchs in und
mit Popkultur auf: Die Mutter, eine Filmkritikerin,
steckte ihn als Kind regelmäßig ins Kino, um ein wenig
Zeit für sich zu haben. Jarmusch spielt seit jeher als
Keyboarder in Bands – seine erste Band The Del-Byzanteens steuerte zwei Songs zu Wim Wenders’ DER
STAND DER DINGE bei; mit der Band SQÜRL spielte er
den Soundtrack zu ONLY LOVERS LEFT ALIVE ein – der
Bandname stammt von der fiktiven Combo aus COFFEE
AND CIGARETTES. Vor seiner Filmkarriere studierte er
Jim Jarmusch
Literatur an der NYU. Nach einem Auslandsjahr in Paris,
wo er die meiste Zeit statt im Vorlesungssaal in der cinémathèque Française verbrachte, bewarb er sich an
der Tisch School of the Arts in New York. Er hatte zu
jenem Zeitpunkt noch keinen Film gedreht, reichte
daher kurzerhand einige seiner Texte ein – und wurde
prompt angenommen.
Als Assistent des großen Nicholas Ray, der an der Filmhochschule lehrte, half er 1980 auch bei Wim Wenders’
Film über Ray mit, LIGHTNING OVER WATER. Als Wenders 1981 DER STAND DER DINGE abgedreht hatte,
überließ er das übrige unbelichtete Filmmaterial dem
jungen Jarmusch, der aus etwa 60 Minuten Film einen
Kurzfilm von 30 Minuten machte: STRANGER THAN
PARADISE verwendet aufgrund des Materialmangels
extrem wenige, dafür sehr lange Einstellungen; diese
verleihen dem fertigen Film aber erst den lakonischen
Erzählstil und die morbide Film-Noir-Attitüde, die seitdem allen Filmen von Jarmusch zu eigen sind und
ihren Charme ausmachen. Die Langversion des Filmes
gewann 1984 die caméra d’Or in Cannes.
Dabei passiert nie besonders viel in Jarmuschs Filmen
– »You come to someplace new and everything looks
just the same« stellt Eddie in STRANGER THAN PARADISE fest. Denn Jarmusch zeigt lieber die Momente
zwischen der Handlung, die banalen Momente: Übergangsorte und Übergangsmomente, Warten, Langeweile. In INT. TRAILER. NIGHT, seinem Beitrag zur Kurzfilmsammlung TEN MINUTES OLDER: THE TRUMPET,
zeigt er eine Schauspielerin, die in einer kurzen Drehpause auf ihren nächsten Einsatz wartet. Jarmusch
STRANGER THAN PARADISE
20
selbst wird Teil dieser Wiederholungsschleifen, wenn er
in Wayne Wangs BLUE IN THE FACE mit Harvey Keitel
seine letzte Zigarette raucht und über die Großartigkeit
von Kaffee und Zigaretten sinniert.
So sitzen dann eben die Damen und Herren bei Jarmusch im Café, im Taxi wie in NIGHT ON EARTH oder
im Hotelzimmer wie in MYSTERY TRAIN und sprechen
über Sinn und Unsinn des Lebens, tauchen für einen
kurzen Moment aus der Realität ab, um zu sich selbst
zu finden. Allie stromert in PERMANENT VACATION als
Prototyp der Slacker durch New York. Auch ihn treibt
die innere Unruhe weiter, vorbei an Straßenmusikern
und Kinos, auf den Spuren von Nicholas Ray und Charlie Parker. Er schlendert am Jazzmusiker John Lurie
vorbei, der in einem Echo an den Zauberer von Oz
»Somewhere over the Rainbow« auf dem Saxophon
spielt und scheinbar direkt aus STRANGER THAN PARADISE und seiner Rolle als Willie herübergestiegen ist.
Luries dritte Zusammenarbeit mit Jarmusch soll seine
berühmteste werden: Als Jack in DOWN BY LAW – an
der Seite von Tom Waits als Zack, seinem Quasi-Doppelgänger. Das Komikerduo wird von Roberto Benigni
verstärkt, die improvisierte »I scream for ice cream«Szene ist wohl eine der berühmtesten des Independentkinos. Die drei treten ein Road Movie der anderen Art
an, kämpfen sich durch die Sümpfe im MississippiDelta wie durch einen Märchenwald. Währenddessen
kommentiert Roberto die eigene Situation immer wieder in Zitaten von Walt Whitman, stellt aber auch nach
der Flucht aus dem Gefängnis freudestrahlend fest:
»We escaped like in American movies.«
einen nach Nikola Tesla umgerüsteten Jaguar XJ-S
fährt – an der Verrohung der Menschen verzweifelt. Ihr
Lebenselixir: eine popkulturelle Parallelwelt, ein aus Referenzen und Hommagen gesponnenes Sicherheitsnetz. Und wen wunderts? Die Ahnengalerie in der heruntergekommenen Vampirvilla ist beinahe deckungsgleich mit Jarmuschs Filmfamilie, seinen Idolen, seinen
Hausheiligen.
Sofia Glasl
Permanent Vacation (Dauernd Ferien) | USA 1980 |
R+B: Jim Jarmusch | K: Tom DiCillo, Jim Jarmusch | M:
Jim Jarmusch, John Lurie | D: Chris Parker, Leila Gastil,
John Lurie, Richard Boes, Sara Driver, Eric Mitchell | 75
min | OmU | »Allie ist ungefähr 16, streift durch die verfallenen Straßen der Lower East Side Ende der 70er
Jahre, sprüht in gelber Farbe auf eine Hauswand ›Allie,
total blam blam‹ und wohnt bei einer schönen jungen
Frau, die das Alleinsein satt hat: Leila. Leila sitzt am
Fenster einer dieser seit langem unrenovierten Wohnungen, die Beine auf der Fensterbank, den Blick hinaus zum Fenster und wartet. Allie tanzt zu Parkers
Musik. Die Beziehung zwischen beiden ist eine vorübergehende – wie alles im Leben Allies vorübergehend ist.
Schon in PERMANENT VACATION präsentiert Jarmusch
eine dieser Figuren, die ständig auf Reisen sind, ständig neue Wege beschreiten und nie irgendwo ankommen.« (Ulrich Behrens)
▶ Mittwoch, 9. März 2016, 21.00 Uhr
Stranger Than Paradise | USA 1984 | R+B: Jim Jarmusch | K: Tom DiCillo | M: John Lurie | D: John Lurie,
Eszter Balint, Richard Edson, Cecilia Stark, Danny
Rosen, Tom DiCillo | 89 min | OmU | »Ein Road-Movie,
eine Komödie, ein schwarz-weißes, wunderschönes
Gedicht über Amerika, das ist STRANGER THAN PARADISE. Oder auch: JULES ET JIM in Amerika der 80er,
oder aber auch PARIS, TEXAS aus amerikanischer Sicht
– also: TEXAS, PARIS. Eine Liebeserklärung an das
Leben, das Herumhängen und eine ganz individuelle
Art von Genießen, an den ganz normalen Alltag, der so
viel Spaß bereiten kann. Ein Film mit drei hervorragenden Schauspielern und Bildern, die in ihrer Kargheit
und Schlichtheit mehr Gefühl rüberbringen, als ein
Bunt-Stoff je auszudrücken vermag. STRANGER THAN
PARADISE ist für mich der beste Film des Jahres
1984.« (Hans-Ulrich Pönack)
▶ Mittwoch, 16. März 2016, 21.00 Uhr
Down by Law (Alles im Griff) | USA 1986 | R+B: Jim
Jarmusch | K: Robby Müller | M: John Lurie | D: Tom
Waits, John Lurie, Roberto Benigni, Nicoletta Braschi,
Jim Jarmusch
Jarmuschs Figuren reflektieren also die eigene Rolle in
und als popkulturelle Phänomene immer wieder mit,
lassen sich auf das Spiel mit mehreren Bedeutungsschichten ein. Ähnlich ergeht es auch Bill Murray in
BROKEN FLOWERS. Als abgehalfterter Don Juan
scheint er seine Rolle aus Sofia Coppolas LOST IN
TRANSLATION einfach in einem neuen Film weiterzuleben und bekommt es mit einer Reihe von literarischen
Frauenfiguren zu tun: Laura, Lolita, Carmen und Dora,
die ihre berühmten Rollen an Don abarbeiten. Doch
sind es gerade die Frauen mit Namen aus der Musik,
die ihm letztendlich die Augen öffnen: Penny (Lane?)
und die Floristin Sun Green – in Anlehnung an Neil
Youngs gleichnamigen Song. Bereits einige Jahre zuvor
hatte Jarmusch seinem Idol Young die Dokumentation
YEAR OF THE HORSE gewidmet. Youngs eindringlicher
Soundtrack zu DEAD MAN hatte einen bedeutenden Anteil an der mythisch-morbiden Stimmung des aus Western, Road Movie und indigenem Ritus zusammengesetzten Films. Dass gerade die westerntypischste aller
Szenen, der Showdown, hier geradezu en passant abgehandelt wird, ist bezeichnend, denn Jarmusch fokussiert die mythologische Sinnsuche seines Antihelden
Bill Blake, der seine berühmte Doppelidentität als Poet
William Blake erst anerkennen lernen muss.
Den nachgereichten Shootout liefern sich in GHOST
DOG der titelgebende Samurai-Auftragskiller und sein
Mafiakontakt, wieder selbstreflexiv kommentierend,
wenn Ghost Dog fragt: »What’s this, Louie? High
Noon?« Hier treffen asiatische Kriegskunst auf Mafiastrukturen, Frankenstein auf Comic und Western auf
Gangsta-Rap. Kurz vor seinem Duell übergibt Ghost
Dog seinen Anzug an Raymond, gespielt von Isaach de
Bankolé, der ebendiesen Anzug in THE LIMITS OF CONTROL trägt und Ghost Dogs Mission als Auftragskiller
fortführt. Hier verdichtet Jarmusch seinen cineastischen Minimalismus nochmals auf das Wesentliche, reduziert die Handlung bis fast zum Stillstand, um jedoch
Metaebene um Metaebene aufeinanderzutürmen und
in den an COFFEE AND CIGARETTES erinnernden Episoden sowohl Film- und Musik- als auch Kunstgeschichte noch enger miteinander zu verweben. Hier
wird Nicholas Rays Film IN A LONELY PLACE zu einem
fiktiven Werk mit dem spanischen Titel UN LUGAR SOLITARIO, Tilda Swinton tritt als archetypische HitchcockBlondine auf, um diese stilisierte Rolle gleich im nächsten Film wieder zu brechen.
Denn in ONLY LOVERS LEFT ALIVE ist Swinton als zottelige Vampir-Blondine zu sehen, die mit ihrem misanthropischen Lebensgefährten – selbstredend ein Musiker, der Jack White zum Verwechseln ähnlich sieht und
21
Jim Jarmusch
DOWN BY LAW
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Ellen Barkin | 106 min | OmU | »John Lurie ist als Filmkomponist und Darsteller seit Jarmuschs erstem Film
dabei; jetzt stößt Tom Waits mit seinen Songs hinzu und
spielt einen arbeitslosen Radio-Diskjockey. Zwei Multitalente, wie Jarmusch selbst. Die Obsessionen dieser
drei Musketiere des hip feeling, bereichert um den singulären Witz eines entgleisten italienischen Touristen
(Roberto Benigni), das Ganze verrührt zu einer Häftlingsgeschichte, die aus einer Gefängniszelle in New
Orleans in die schwülen Sümpfe des Mississippi-Deltas
und von dort direkt ins Märchen führt: Das ist DOWN
BY LAW, ein filmisches Amalgam, das als Kultobjekt für
Exzentriker, aber genialerweise auch als pures Kino
funktioniert.« (Klaus Kreimeier)
▶ Mittwoch, 23. März 2016, 21.00 Uhr
Mystery Train | USA 1989 | R+B: Jim Jarmusch | K:
Robby Müller | M: John Lurie | D: Masatoshi Nagase,
Yūki Kudō, Screamin’ Jay Hawkins, Nicoletta Braschi,
Joe Strummer, Steve Buscemi | 110 min | OmU | »Die
kargen Erlebnisse eines matten japanischen TeeniePärchens an den Überresten der Kultstätten des Rock
’n’Roll in Memphis, Tennessee. Zwei fremde Frauen teilen sich in demselben Hotel für eine Nacht ein Zimmer.
Einige arbeitslose Kumpels besaufen sich, schießen
sich in einem Laden neuen Whisky frei und landen
schließlich auch in dem Hotel, wo alles zusammenläuft.
Die Uhrzeit 2.17 Uhr spielt ebenso eine Rolle wie der
Geist von Elvis Presley und eine unerwünschte Pistole.
MYSTERY TRAIN von Jim Jarmusch, das sind Gesten,
kleine, eckige Bewegungen, stumme Blicke, die vielen
Anspielungen über die Musik von John Lurie und Elvis,
die heruntergekommenen Gebäude, die schmutzigen
Straßen, die lädierte Sprache.« (Hans-Ulrich Pönack)
▶ Mittwoch, 30. März 2016, 21.00 Uhr
Night on Earth | USA 1991 | R+B: Jim Jarmusch | K:
Frederick Elmes | M: Tom Waits | D: Gena Rowlands, Winona Ryder, Armin Mueller-Stahl, Giancarlo Esposito,
Béatrice Dalle, Roberto Benigni, Matti Pellonpää |
129 min | OmU | »Jeder der von Jim Jarmusch aufgesuchten Orte bietet uns eine spezifische, wie man so
schön sagt: landesübliche Atmosphäre. Heimat zentriert sich in den fünf Episoden dieses Nachtfilms in
fünf Taxen, aber nur flüchtig. Sie sind kurzzeitiger Treffpunkt ganz verschiedener Menschen – vor dem Steuer
und auf dem Rücksitz. Und doch verbindet alle eine Tragikomik des Geschehens auf engstem Raum. Das Taxi
wird zum Brennpunkt unausgesprochener, wenn auch
angesprochener menschlicher Konflikte. Fremde treffen aufeinander, mehr oder weniger zufällig. Es bleibt
der Phantasie des Betrachters überlassen, die Geschichten weiter zu erzählen.« (Ulrich Behrens)
▶ Mittwoch, 6. April 2016, 21.00 Uhr
Blue in the Face (Alles blauer Dunst) | USA 1995 |
R+B: Wayne Wang, Paul Auster | K: Adam Holender | D:
Lou Reed, Michael J. Fox, Roseanne Barr, Jim Jarmusch,
Lily Tomlin, Madonna, Harvey Keitel | 83 min | OmU | In
einem kleinen Tabakladen »treffen sich die Bewohner
Brooklyns, um über Alltägliches zu reden, um zu streiten und zu philosophieren. Viele sind zornig und unzu-
▶ Mittwoch, 13. April 2016, 21.00 Uhr
Dead Man | USA 1995 | R+B: Jim Jarmusch | K:
Robby Müller | M: Neil Young | D: Johnny Depp, Gary
Farmer, Crispin Glover, John Hurt, Robert Mitchum, Iggy
Pop, Gabriel Byrne | 121 min | OmU | »Die Geschichte
des ›toten Mannes‹ beginnt mit William Blakes Zugfahrt
in den Ort Machine, wo er die Stelle eines Buchhalters
antreten will. In dem Abteil, das er mit wilden Gesellen
des Weste(r)ns teilt, wirkt der junge, feminine Mann im
großkarierten Anzug genauso verloren wie die Landschaften, die man am Fenster vorüberziehen sieht. Mit
dem Zug verlassen wir die klassischen Wirkungsstätten
von John Ford und John Wayne und begeben uns auf
ein neues Terrain: Jim Jarmuschs Western. Jarmusch
bleibt trotz des ungewohnten Genres seinem wunderbar lakonischem Stil und der Idee der interkulturellen
Konfrontation treu.« (Max Herrmann) ▶ Mittwoch, 20. April 2016, 21.00 Uhr
Year of the Horse | USA 1997 | R+B: Jim Jarmusch |
K: Jim Jarmusch, L.A. Johnson, Steve Onuska, Arthur
Rosato | M: Neil Young | Mit: Neil Young, Ralph Molina,
Frank Sampedro, Billy Talbot, Larry Cragg, Jim Jarmusch | 106 min | OmU | »Ein Rock’n’Roll Movie über
die Menschen und die Musik der Band Neil Young and
crazy Horse. Die Live-Auftritte wurden in Europa und
den USA während der Tournee 1996 aufgenommen. Interviews und das Footage-Material stammen auch aus
dieser Zeit, mit Ausnahme einiger Szenen, die aus dem
Jahre 1976 bzw. 1986 kommen. Neil Young and crazy
Horse war schon immer meine absolute Lieblingsband.
Im Grunde ist es genauso, wie Scott Young (Neils Vater)
im Film sagt: Ihre Musik scheint immer besser, besser
und besser zu werden.« (Jim Jarmusch)
▶ Mittwoch, 27. April 2016, 21.00 Uhr
Ghost Dog (Der Weg des Samurai) | USA 1999 |
R+B: Jim Jarmusch | K: Robby Müller | M: The RZA |
D: Forest Whitaker, John Tormey, Cliff Gorman, Frank
Minucci, Richard Portnow | 116 min | OmU | »GHOST
DOG ist ein höchst gelungener Film und er ergänzt Jarmuschs bisheriges Œuvre hervorragend: geht es doch
vor allem um die Gegenüberstellung zweier Ehrenkodexe, also hochaufgeladener kultureller Muster. Da
ist zum einen der adaptierte Kodex des schwarzen Samurai, den dieser bis zum Ende konsequent durchhält,
und zum anderen der von vielen amerikanischen Filmen stilisierte Ehrenkodex der Mafia, über den sich Jarmusch lustig macht, ja nur noch lustig machen kann,
nachdem ein Scorsese ihn bereits in GOODFELLAS und
CASINO dekonstruiert hat. Bei den Mafiosi handelt es
sich tatsächlich um Comicfiguren!« (Max Herrmann)
▶ Mittwoch, 4. Mai 2016, 21.00 Uhr
Ten Minutes Older: The Trumpet | USA 2002 | R+B:
Aki Kaurismäki, Victor Erice, Werner Herzog, Jim Jarmusch, Wim Wenders, Spike Lee, Chen Kaige | K: Timo
Salminen, Olli Varja, Ángel Luis Fernández, Vincente
Ríos, Frederick Elmes, Phedon Papamichael, Chris Norr,
Shu Yang | 92 min | OmU | »Sich mit dem Thema Zeit
auseinander zu setzen, war die einzige Vorgabe, die
den Regisseuren gemacht wurde. THE TRUMPET versammelt einige bemerkenswerte Beiträge, die in ihrem
Stilbewusstsein meist wie Visitenkarten des jeweiligen
Regisseurs wirken. Jim Jarmusch erzählt einfühlsam
von den zehn Minuten Drehpause einer Schauspielerin
in ihrem Wohnwagen, von dem zum Scheitern verurteilten Versuch, sich auch nur ein wenig Privatsphäre zu
schaffen. Zehn Minuten, die willkürlich aus dem Leben
einer Person gegriffen wirken und dennoch einen Einblick zulassen in das Leben, den Charakter der dargestellten Schauspielerin.« (Benjamin Happel)
▶ Mittwoch, 18. Mai 2016, 21.00 Uhr
Coffee and Cigarettes | USA 2003 | R+B: Jim Jarmusch | K: Tom DiCillo, Frederick Elmes, Ellen Kuras,
Robby Müller | D: Roberto Benigni, Steve Buscemi, Iggy
Pop, Tom Waits, Alex Descas, Cate Blanchett, Bill Murray | 95 min | OmU | Elf Kurzfilme, die jeweils Gespräche bei Kaffee und Zigaretten dokumentieren. »Ein 96
Minuten langer Kinoblues: Jim Jarmuschs coolster, zartester, melancholischster Film. Skurrile Begebenheiten,
verpasste Gelegenheiten: COFFEE AND CIGARETTES ist
auch ein Film über die schier unmögliche Kunst, sich
zu verstehen. Einer wartet, einer kommt zu spät, man
ist ungeduldig, verlegen, höflich, streckt die Fühler aus,
streitet sich über Elvis oder den Schlagzeuger, Kummer,
Krankheiten und den Erfolg. Jeder Schluck eine Kontaktanzeige, jeder Zug eine Annäherung. Es ist die
Geste, die zählt. Wenn zwei zusammen sitzen bei Kaf-
Jim Jarmusch
frieden, werfen sich gegenseitig Beleidigungen an den
Kopf und schreien sich an, sie sind gereizt und kampfbereit. Trotzdem sind sie Freunde, sie mögen und brauchen einander. Ein Beispiel ist der Stammkunde Bob
(Jim Jarmusch), er möchte mit dem Rauchen aufhören
und zelebriert seine letzte Zigarette in der Brooklyn
cigar company mit Auggie (Harvey Keitel), dem Boss
des Ladens. Aber auch andere Leute kommen und mit
ihnen andere Geschichten. So entsteht peu à peu ein
Stimmungs- und Charakterbild von Brooklyn selber, gezeichnet durch den Alltag seiner Bewohner.« (Björn May)
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fee und Zigaretten, bilden sie eine verschworene Gemeinschaft. Wenigstens für Minuten.« (Christiane Peitz)
▶ Mittwoch, 25. Mai 2016, 21.00 Uhr
Jim Jarmusch
Broken Flowers (Blumen für die Ex) | USA 2005 |
R+B: Jim Jarmusch | K: Frederick Elmes | M: Mulatu
Astatke | D: Bill Murray, Julie Delpy, Jeffrey Wright, Sharon Stone, Jessica Lange, Tilda Swinton | 106 min |
OmU | »In BROKEN FLOWERS erzählt Jim Jarmusch
von einem amerikanischen Don Juan namens Don
Johnston, der im Begriff ist, vom Blaubart zum Graubart zu werden. Einsam sitzt er stundenlang auf dem
Sofa und starrt in die Ferne. Da bekommt er eines
Tages einen rosafarbenen Brief ohne Absender zugeschickt: Eine angebliche frühere Geliebte behauptet,
einen Sohn von ihm zu haben. Um herauszufinden, ob
an der Geschichte etwas Wahres dran ist, klappert Don
seine früheren Flammen ab. Auf die seltsamen Veränderungen seiner früheren Freundinnen, ihre zum Teil
grotesken Lebensverhältnisse, gibt es wohl keine angemessenere Reaktion als den Blick eines Mannes, der
kaum fassen kann, was er sieht.« (Lars-Olav Beier)
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▶ Mittwoch, 8. Juni 2016, 21.00 Uhr
ONLY LOVERS LEFT ALIVE
The Limits of Control (Der geheimnisvolle Killer) |
USA 2009 | R+B: Jim Jarmusch | K: Christopher Doyle
| D: Isaach De Bankolé, Alex Descas, Jean-François
Stévenin, Tilda Swinton, John Hurt, Bill Murray | 116
min | OmU | »Es beginnt in der Toilette eines europäischen Flughafens, wo sich Isaach de Bankolé als Mann
ohne Namen elegant einkleidet und dann in der Warte-
halle von zwei Männern auf eine Reise schicken lässt.
Man kann diesen Film als Thriller im Gewand eines
Roadmovies begreifen, als Stilübung über das Genre
des Thrillers, ja das Kino an sich. Jarmusch bedient
sich traditioneller Erzählweisen, aber sein Anliegen ist
es nicht, eine Geschichte mit psychologisch motiviertem Handlungsverlauf zu erzählen. THE LIMITS OF
CONTROL folgt den irrationalen Strukturen eines
Traums, der an immer neuen Stationen immer gleiche
Rituale zelebriert.« (Uwe Mies)
▶ Mittwoch, 15. Juni 2016, 21.00 Uhr
Only Lovers Left Alive | USA 2013 | R+B: Jim Jarmusch | K: Yorick Le Saux | M: Jozef van Wissem | D:
Tilda Swinton, Tom Hiddleston, Mia Wasikowska, Anton
Yelchin, John Hurt, Jeffrey Wright | 123 min | OmU |
»Lässigere Vampire hat dieses in jüngster Zeit überstrapazierte Genre noch nicht gesehen, Adam ist die Inkarnation des Slacker-Rock’n’Rollers, der einst schon mit
Byron herumhing, Swinton gibt die belesene Muse mit
strähnig-struppiger Blondmähne. Kunst- und Kultfiguren aller Epochen werden in den beiden ewig jungen,
aber allmählich lebensmüden Vampiren subsumiert.
Das Blut wird aus Angst vor Infektion ausschließlich im
Krankenhaus besorgt, Bisse auf offener Straße gelten
als verpönt (›Wir sind doch nicht mehr im 17. Jahrhundert!‹). Und in Adams eigenhändig aufgemotztem Jaguar XJ-S cruisen die beiden Untoten aristokratisch,
aber einsam durch verlassene, heruntergekommene
Straßen und Fabrikgelände.« (Andreas Borcholte)
▶ Mittwoch, 22. Juni 2016, 21.00 Uhr
YIN SHí NáN Nü – EAT DRINK MAN WOMAN
Film und Psychoanalyse
Film und Psychoanalyse: FReMDe essen
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Essen – etwas Fremdes in den eigenen Körper aufnehmen. Hunger, orale Lust, Gier, Appetit, Kauen, Schlucken, Verdauen – der Akt des Essens wird zur zentralen
Seinsgegebenheit in unserem alltäglichen Dasein.
Was und wie wir essen ist geprägt von Kultur, von technischen Fortschritten, von religiösen Ritualen, vom Kontext der lokalen, regionalen und globalen Lebenswelt.
Fremdes und Vertrautes vermischen sich. Es ist allemal
auch ein kommunikatives Geschehen mit der Speise,
ob wir alleine, mit bekannten oder fremden Personen,
zuhause oder an öffentlichen Orten, mit Stäbchen, Besteck oder den Händen essen.
Die Vielfalt durchdringt uns – im Einverleiben machen
wir uns das Fremde sinnlich vertraut. Der Mensch
braucht bestimmte Nahrungsmittel, um zu überleben.
Dies erfahren alle und jeder schmerzhaft, wenn Hunger
herrscht, wenn Marktökonomie, Klima und politische
Macht über Leben und Tod entscheiden.
Wie viel Macht im Essen steckt und wie Eros und Thanatos auch im Essen zur Darstellung kommen, zeigt
der Kontrast von haute cuisine und vergiftetem Essen.
Ängste, Falsches oder Gesundheitsschädliches zu
essen, begegnen uns in all den Debatten über das »perfekte Essen«. Unbewusste Phantasien prägen unser
Geschmackserleben sowie unsere Essens-Lust oder
-Unlust.
FREMDE ESSEN – ein vielfältiges sprachliches, filmisches und sinnliches Menü, das wir gemeinsam verkosten wollen.
Heidi Spanl
Yin Shí Nán Nü (Eat Drink Man Woman) | Taiwan
1994 | R: Ang Lee | B: Wang Hui-Ling, Ang Lee, James
Schamus | K: Jong Lin | M: Mader | D: Sihung Lung,
Kuei-Mei Yang, Chien-Lien Wu, Yu-Wen Wang, Winston
Chao | 124 min | OmU | Der taiwanesische Witwer und
Meisterkoch Chu ist der »Matriarch« in seiner Familie,
versorgend und dominant. Am Anfang des Films wohnen seine drei erwachsenen Töchter Jia-Jen, Jia-Chen
und Jia-Ning alle noch zuhause, in einem kleinen Haus
mitten in Taipeh, wo Chu für ein riesiges Hotel arbeitet.
Jeden Sonntag bekocht der Vater die Töchter mit einem
opulenten Festessen. Die dampfende Sinnlichkeit des
geteilten »Eat Drink« ist faszinierend fotografiert. Allerdings ist die perfekte Kochkunst gefährdet, denn Chu
verliert allmählich seinen Geschmackssinn. Eher im
Verborgenen wird der Bereich »Man Woman« abgehandelt. Alle Protagonisten suchen irgendwie nach der richtigen Partnerschaft – ohne dass sie selbst recht verstehen, was genau abläuft. In Bildsprache und Handlungsabläufen thematisiert der Film damit das Schwanken
zwischen traditionellen und modernen, westlichen und
östlichen Kulturanteilen und Lebensentwürfen.
▶ Sonntag, 13. März 2016, 17.30 Uhr | Einführung: Mat-
thias Baumgart, Katharina Leube-Sonnleitner
Politiki kouzina (Zimt und Koriander) | Griechenland
2003 | R+B: Tassos Boulmetis | K: Takis Zervoulakos |
M: Evanthia Reboutsika | D: Georges Corraface, Ieroklis
Michaelidis, Renia Louizidou, Kamer Karadagli, Basak
Film und Psychoanalyse
men norwegischen Dorfpastors, Martine und Philippa,
kommt Babette, die nach der Niederschlagung der
Commune aus Paris fliehen musste. Sie verdingt sich
als Magd und Köchin. Das Dorf ist geprägt vom puritanischen, genuss- und körperfeindlichen Geist des Gemeindegründers. So sind auch dessen Töchter zu alten
Jungfern geworden. Als Babette eine beachtliche
Summe im Lotto gewinnt, will sie zum 100. Geburtstag
des verstorbenen Pastors ein Gastmahl im französischen Stil ausrichten. Die Dorfbewohner, von den festlichen Vorbereitungen beunruhigt, beschließen kein
Zeichen des Genusses zu zeigen. Wird ihnen das gelingen? Der Film nach der unter dem Pseudonym Isak
Dinesen erschienenen gleichnamigen Novelle von
Karen Blixen behandelt die Dialektik von Verzicht und
Verführung in einer kulinarischen Metapher; unterschwellig inszeniert er das Wiederaufleben einer unterdrückten Weiblichkeit.
▶ Sonntag, 29. Mai 2016, 17.30 Uhr | Einführung: Vivian
Pramataroff-Hamburger, Andreas Hamburger
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Köklükaya | 108 min | OmU | In allen Esskulturen spiegelt sich eine kulinarische Leidenschaft wider. In ZIMT
UND KORIANDER finden wir sie in Form der Gewürzkunst, die das alltägliche aber auch politische und Liebes-Leben wesentlich beeinflusst. Türkische und griechische Kochgerichte existierten im ehemaligen Konstantinopel (später Istanbul) friedlich nebeneinander,
ebenso wie die islamische und die griechisch-orthodoxe Religion. 1964 fand dies ein Ende, und sehr viele
Griechen mussten die Stadt verlassen. Die eigene Identität in der Fremde sowie ein Heimatgefühl zu wahren,
gelang vor allem durch das Beibehalten von traditionellen Gerichten und Zubereitungsmethoden. Mit Fanis,
einem Jungen, der von seinem Großvater die Gewürzkunst lernte, können wir miterleben, wie sich seine
Kochleidenschaft in der Fremde auswirkt und die Gastronomie mit der Astronomie verknüpft wird.
▶ Sonntag, 17. April 2016, 17.30 Uhr | Einführung: Eva
Friedrich, Heidi Spanl
Babettes Gæstebud (Babettes Fest) | Dänemark
1987 | R+B: Gabriel Axel, nach dem Roman von Isak
Dinesen | K: Henning Kristiansen | M: Per Nørgård | D:
Stéphane Audran, Birgitte Federspiel, Bodil Kjer, Jarl
Kulle, Bibi Andersson | 102 min | OmU | Zu den beiden
einst schönen und umworbenen Töchtern eines from-
Vatel (Ein Festmahl für den König) | Frankreich 2000
| R: Roland Joffé | B: Jeanne Labrune, Tom Stoppard |
K: Robert Fraisse | M: Ennio Morricone | D: Gérard Depardieu, Uma Thurman, Tim Roth, Timothy Spall, Julian
Sands | 103 min | engl. OmU | François Vatel, eine historische Figur, war der berühmteste Koch und Zeremonienmeister in der Zeit Ludwigs des XIV. Der Film zeigt
die überwältigende Choreographie der Vorbereitungen
zu einem luxuriösen dreitägigen Fest, mit dem der Prinz
von Condé seinen Monarchen »gnädig« stimmen will.
Während des Festes selbst kulminieren intrigante Verwicklungen, Liebeshändel und höfische Machtspiele,
die schließlich zum Eklat der Selbsttötung Vatels führen. Und in dieser Welt des alles entscheidenden, überbordenden Banketts, des drohenden Bankrotts und der
ungehemmten Vergnügungssucht spielen die Speisen
und ihre aufwändige Beschaffung und Zubereitung als
Metapher der politischen Spannungen und Klassengegensätze eine bildmächtige Rolle.
▶ Sonntag, 19. Juni 2016, 17.30 Uhr | Einführung:
Mathias Lohmer, Corinna Wernz
TATORT: FÜNF MINUTEN HIMMEL
Münchner Hörfilmtage
2. Münchner Hörfilmtage
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Auch wenn 1989, vor 27 Jahren, im Filmmuseum München zum ersten Mal in Deutschland eine Hörfilmfassung eines abendfüllenden Spielfilms (SEE NO EVIL,
HEAR NO EVIL – DIE GLÜCKSJÄGER, 1989) präsentiert
wurde, ist die Audiodeskription von Filmen außer bei
Blinden und Sehbehinderten immer noch wenig bekannt, geschweige denn als eigenständige Kunstform
etabliert. Dabei entstehen für Sendungen im öffentlichrechtlichen Fernsehen und für geförderten Kinofilme
immer mehr Audiodeskriptionen, die als zusätzliche
Tonspuren über neue technische Lösungen wie
Smartphone-Apps zugeschaltet werden können. Es gilt,
dieses junge Medium wahrzunehmen, zu erleben und
sich mit ihm auseinanderzusetzen. Ein gut gemachter
Hörfilm bietet auch für Sehende künstlerisch, rhythmisch und ästhetisch besondere Reize, wenn sich die
Beschreibung elegant in die Tonspur ›einfädelt‹. Zugleich erschließt er als weiterer Schritt zu barrierefreiem Kulturgenuss Blinden und Sehbehinderten die
Möglichkeit, sich den Film in der eigenen Vorstellungswelt neu zu erschaffen.
Nach dem kleinen Programm mit Audiodeskriptionen
im April 2015, das das Filmmuseum zusammen mit der
Deutschen Hörfilm organisiert hat, wird nun das Angebot erweitert. Die 2. Münchner Hörfilmtage bieten
ein breites Spektrum beispielhafter Hörfilme, die die
vielfältigen Möglichkeiten des Mediums aufzeigen. Die
Auswahl, die nach qualitativen Gesichtspunkten und
spezifischen Lösungsansätzen vorgenommen wurde,
umfasst zwei neue deutsche Kinofilme von Doris Dörrie
(GRÜSSE AUS FUKUSHIMA) und Isabella Gresser (MÜDIGKEITSGESELLSCHAFT – BYUNG-CHUL HAN IN
SEOUL/BERLIN), zwei ungewöhnliche Fernsehproduktionen von BR und ORF (LUIS TRENKER – DER
SCHMALE GRAT DER WAHRHEIT) sowie von MDR, NDR
und ARTE (NIGHT WILL FALL), die im letzten Jahr für
Diskussionen sorgten, die Vorpremiere des ersten ökologisch produzierten TATORTS vom SWR (FÜNF MINUTEN HIMMEL) und einen vom Filmmuseum München
rekonstruierten Klassiker aus der frühen Stummfilmzeit
(DER STUDENT VON PRAG), als noch »Filmerzähler« die
Filmhandlung kommentierten.
Münchner Hörfilmtage
Alle diese Filme werden von den Regisseuren bzw. Redakteuren der Hörfilm-Fassungen präsentiert. Zusätzlich bietet eine Podiumsdiskussion nach der Vorführung
von GRÜSSE AUS FUKUSHIMA Gelegenheit, mit den erfahrenen Hörfilm-Machern Dr. Bernd Benecke und
Elmar Dosch (Bayerisches Fernsehen), Georg Schmolz
(Mitteldeutscher Rundfunk), Martina Wiemers (Deutsche Hörfilm) und weiteren Gästen die Chancen, Problematiken und Perspektiven des Mediums Hörfilm zu
erörtern.
Alexander Schwarz
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Die Filmreihe ist eine zusammenarbeit des Filmmuseums
München mit der Tolle Idee! Projektagentur und der Deutschen Hörfilm gGmbH im Rahmen der Initiative »Projekt Inklusion im Kulturreferat«.
Müdigkeitsgesellschaft – Byung-Chul Han in
Seoul/Berlin | Deutschland 2015 | R+B+K+S: Isabella
Gresser | Mit: Byung-Chul Han | 61 min | Audiodeskription: Evelyn Sallam, Holger Stiesy, Martina Wiemers |
Wie kaum ein anderer mischt sich der in Deutschland
lebende, kaum in der Öffentlichkeit auftretende koreanische Philosoph Byung-Chul Han in die gesellschaftliche Debatte ein. Seine gesellschaftskritischen Thesen
zur »Müdigkeitsgesellschaft« und »Transparenzgesellschaft« tragen heute ganz wesentlich zum Verständnis
unserer Gesellschaft im Zeitalter von Selbstausbeutung, Neoliberalismus und Überwachung bei. Als 2011
sein Buch »Müdigkeitsgesellschaft« erschien, traf es
den Nerv der Zeit, und noch vor Edward Snowdens Enthüllungen und dem NSA-Skandal verwies Han auf das
»digitale Panoptikum«, die digitale Kontroll- und Transparenzgesellschaft, in der wir leben. Die Künstlerin Isabella Gresser begleitete Byung-Chul Han in seine Heimatstadt Seoul und an persönliche Orte in Berlin. Das
Motiv des Wanderers durchzieht ihre essayistische visuelle Collage aus filmischen, fotografischen und gezeichneten Beobachtungen.
▶ Freitag, 18. März 2016, 18.30 Uhr | Zu Gast: Isabella
Gresser
Tatort: Fünf Minuten Himmel | Deutschland 2016 | R:
Katrin Gebbe | B: Thomas Wendrich | K: Matthias Bolliger | D: Heike Makatsch, Angela Winkler, Max Thommes, Christian Kuchenbuch, Holger Kunkel, Julika Jenkins | 89 min | Audiodeskription: Philip Klenk | Der Beitrag des SWR zur Reihe TATORT, in dem erstmals Heike
Makatsch als Kommissarin auftritt, ist auch die erste
Fernseharbeit von Regie-Newcomerin Katrin Gebbe
nach ihrem 2013 nach Cannes eingeladenen Debütfilm
TORE TANZT. Hauptkommissarin Ellen Berlinger kehrt
nach 14 Jahren Abwesenheit in ihre Heimatstadt Frei-
burg zurück. Dort trifft sie auf ihre Mutter, die den Beruf
der Tochter seit jeher verachtet. Ellen begegnet auch
erstmals der fünfzehnjährigen Nina, ihrer eigenen Tochter, die sie nach der Geburt in die Obhut der Großmutter
gegeben hatte. Als ein Mitarbeiter des Jobcenters tot
an seinem Schreibtisch aufgefunden wird, erdrosselt
mit einem Kabelbinder, hat Ellen ihren ersten Fall im
Freiburger Morddezernat. »Ein mystisches Drama mit
Thriller-Sequenzen«, nennt Katrin Gebbe das »Special«,
das die ARD an Ostern ausstrahlen wird.
▶ Freitag, 18. März 2016, 21.00 Uhr | Einführung: Philip
Klenk
Night Will Fall (Hitchcocks Lehrfilm für die Deutschen) | GB 2014 | R: André Singer | B: Lynette Singer
| K: Richard Blanshard | M: Nicholas Singer | 73 min |
Audiodeskription: Detlef Tomschke, Alexander Fichert,
Anke Nikolai | Bei der Befreiung der ersten Konzentrationslager 1945 sind Kameramänner der Alliierten angehalten, die Vorgänge systematisch zu dokumentieren
– das Unfassbare festzuhalten. Dabei entstehen bestürzende Bilder, die alles in den Schatten stellen, was man
bisher gesehen hat. Namhafte Filmemacher wie Sidney
Bernstein, Alfred Hitchcock, Billy Wilder und Stewart
McAllister versuchen, die Bilder in einem Film zu verarbeiten. Doch politische Bestrebungen zum Wiederaufbau Deutschlands verhindern die Fertigstellung und die
Veröffentlichung der Aufnahmen. »Ein beeindruckender,
bewegender, schmerzlicher und oft erschütternder Dokumentarfilm, der originales Archivmaterial mit Statements von Zeitzeugen elegant zusammenfügt. Manchmal hält man es kaum aus, doch der Film ist immer fesselnd und kraftvoll.« (Mark Adams) Die Audiodeskription des MDR stand vor der schwierigen Aufgabe, Bilder von unbeschreiblichem Grauen in Worte zu fassen.
▶ Samstag, 19. März 2016, 18.30 Uhr | Einführung:
Georg Schmolz
Weekend | Deutschland 1930 | R+B: Walther Ruttmann | 12 min | Der erste »Tonfilm ohne Bild« war ein
einzigartiges Medienexperiment: Töne eines Tagesablaufs, aufgenommen und geschnitten auf der Tonspur
eines 35mm-Films ohne Bild, rekonstruiert vom Filmmuseum München. – Der Student von Prag |
Deutschland 1913 | R+B: Hanns Heinz Ewers | K:
Guido Seeber | M: Josef Weiss | D: Paul Wegener, Grete
Berger, Lyda Salmonova, John Gottowt, Lothar Körner,
Fritz Weidemann | 75 min | viragiert | Audiodeskription:
Uta Borchert, Silja Korn, Evelyn Sallam | Im Prag von
1820 verkauft der Student Balduin sein Spiegelbild an
einen geheimnisvollen Wucherer, der ihn dafür in die
Grüße aus Fukushima | Deutschland 2016 | R+B:
Doris Dörrie | K: Hanno Lentz | M: Ulrike Haage | D:
Rosalie Thomass, Kaori Momoi, Moshe Cohen, Nami
Kamata, Aya Irizuki, Honsho Hayasaka | 102 min |
Audiodeskription: Marion Hollerung, Sabine Ziehm,
Aribert Mog | Marie, die von Albträumen über ihre gescheiterte Hochzeit geplagt wird, reist für die Organisation clowns4Help nach Japan zu den Überlebenden der
Katastrophe von Fukushima. Bei einem Auftritt in den
Temporary Housing communities trifft sie auf die störrische Satomi, die auf eigene Faust in ihr zerstörtes
Haus in der Sperrzone zurückziehen will. »Die junge
Frau lernt von dieser alten Frau etwas sehr Japanisches, und das ist Haltung, Haltung seinem eigenen
Schmerz gegenüber. Und zugleich dreht sich die Geschichte darum, dass diese alte Frau, die durchaus
auch sehr hart ist, auch etwas von der jungen Deutschen bekommt, und das ist so etwas wie eine Auffor-
▶ Sonntag, 20. März 2016, 17.30 Uhr | Anschließend
Podiumsdiskussion über das Medium Hörfilm mit Hörfilmredakteuren und Filmemachern
Luis Trenker – Der schmale Grat der Wahrheit |
Deutschland 2015 | R: Wolfgang Murnberger | B: Peter
Probst | K: Peter von Haller | M: Levan Basharuli, Gerd
Baumann | D: Tobias Moretti, Brigitte Hobmeier, André
Jung, Anatole Taubman, Arndt Schwering-Sohnrey |
89 min | Audiodeskription: Elisabeth Regenhard, Helmut Schmid, Sascha Schulze | »Tatsächlich gelingt
dem österreichischen Regisseur Wolfgang Murnberger
in der dramatischen Wechselwirkung von Voyeurismus
und individuellem Geltungsdrang, im Spiel von Wahrheit und Lüge nicht nur eine filmische Hommage, sondern auch ein aufschlussreiches Sittenbild menschlicher Verstrickung auf allen möglichen Ebenen. Trenkers
kurze und heftige Affäre mit Leni Riefenstahl Mitte der
1920er Jahre bildet den Ausgangspunkt der Erzählung.
Gleich bei den Dreharbeiten zu Arnold Fancks DER HEILIGE BERG schlägt der Liebesfunke zwischen den beiden um in einen Flächenbrand von vernichtender Konkurrenz. Dass sie sich fortan beruflich mit allen Mitteln
zu übertrumpfen suchen in ihrer Geltungssucht, so
macht dieser Film plausibel, hat ihren jeweiligen
politischen Opportunismus unter Hitler zumindest nicht
gebremst.« (Claudia Schwartz)
Münchner Hörfilmtage
▶ Samstag, 19. März 2016, 21.00 Uhr | Einführung:
Stefan Drößler, Martina Wiemers
derung zur Regelverletzung, ein bisschen ein Aufweichen sich selbst gegenüber.« (Doris Dörrie)
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▶ Sonntag, 20. März 2016, 21.00 Uhr | Einführung:
Bernd Benecke
GRüSSE AUS FUKUSHIMA
feine Gesellschaft einführt. Der Schriftsteller Hanns
Heinz Ewers inszenierte in Zusammenarbeit mit seinem
Assistenten Stellan Rye und Hauptdarsteller Paul Wegener den ersten deutschen »Kunstfilm«, der in die Filmgeschichte eingegangen ist. Liszt-Schüler Joseph
Weiss komponierte die erste originale Filmmusik zu
einem deutschen Stummfilm, die von Mark Pogolski
am Flügel eingespielt wurde. Die Audiodeskription
greift die Tradition des »Filmerzählers« auf, der damals
im Kino den Film kommentierte.
Zarah Leander
Retrospektive Zarah Leander
PREMIERE
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Die 1930er Jahre waren geprägt von der Weltwirtschaftskrise, von Arbeitslosigkeit und großen Einschränkungen. In der Traumwelt des Kinos konnten die
Menschen einige Stunden ihrem Alltag entfliehen. Die
Frauen bestaunten die unerreichbar glamourösen Kostüme der Leinwandstars und träumten sich in ein sorgenfreies Leben. Die Mode der Zeit wurde maßgeblich
von der amerikanischen Filmindustrie geprägt, die Unsummen für die Garderobe ihrer Stars wie Greta Garbo,
Mae West, Joan Crawford und Marlene Dietrich ausgab. Mit dem Siegeszug des Tonfilms entstand das Genre Musikfilm, mit aufwändiger Ausstattung, einem Heer
von Tänzerinnen und Tänzern in fantasievollen Kostümen und einem elegant gekleideten weiblichen Star.
Die deutsche Filmindustrie setzte auf Schauspielerinnen wie Lilian Harvey, Marika Rökk oder Ilse Werner, die
singen und tanzen konnten. Doch erst mit Zarah Leander fand sich die Diva, die es mit den amerikanischen
Filmgrößen aufnehmen konnte. Zarah Leander, eine
hoch gewachsene Frau mit leuchtend roten Haaren
und glamouröser Ausstrahlung, ausgestattet mit einer
ungewöhnlichen Kontraalt-Stimme, großer Musikalität
und Bühnenpräsenz, war wie geschaffen dafür, das
Filmidol und eine Mode-Ikone der 1930er Jahre zu werden. Ihre dunkle Stimme, mit leichtem schwedischen
Akzent, das stark gerollte »R« und ihr geheimnisvoll
schräg nach oben gerichteter Blick aus schönen ausdrucksvollen Augen waren ihre Markenzeichen.
Als Ersatz für Marlene Dietrich, die 1930 nach Amerika
gegangen war, wurde Zarah Leander von der Ufa als Kinostar aufgebaut. Sehr geschickt wollte sich die Filmindustrie diese »Fremde« aus dem hohen Norden mit
ihrem mondänen Auftritt und ihrer sinnlichen Ausstrahlung zunutze machen. Sie verkörperte die moderne,
selbstbewusste Frau, sehr elegant und auch sportlich.
Durch ihre schwedische Herkunft (sie wurde 1907 in
Karlstad geboren) stand Zarah Leander für Internationalität und Weltoffenheit – etwas, das es im vom NS-Regime geprägten Deutschland nicht mehr gab. Das deutsche Publikum sah in ihr eine Mischung aus Greta
Garbo und Marlene Dietrich.
Mit einem groß angelegten Werbefeldzug wurde Zarah
Leander zur Kunstfigur gestylt. Ein perfektes Make-up
unterstrich ihre ausdrucksstarken Augen, dazu kamen
Zarah Leander bezeichnete sich stets als »unpolitische
Künstlerin«. Sie lehnte es ab, zur »deutschen Staatsschauspielerin« ernannt zu werden und blieb schwedische Staatsbürgerin. Im November 1942 verließ sie
Deutschland und kehrte zurück nach Schweden. Doch
dort war sie wegen ihrer guten Beziehungen zum NaziRegime lange geächtet. Erst in den 1950er Jahren gelang ihr ein Comeback als Sängerin und Schauspielerin.
Mit den Filmen GABRIELA (1950), CUBA CABANA
(1952) und AVE MARIA (1953) versuchte sie, an ihre
Ufa-Erfolge anzuknüpfen. Doch die Filme reproduzierten nur dieselben Geschichten im alten Stil, ohne die
neue Zeit aufzugreifen. In Deutschland hatte sie auch
nach dem Zweiten Weltkrieg noch viele Verehrer, so
dass sie bis ins hohe Alter als Sängerin in Musicals,
Bühnenshows und gelegentlich im Fernsehen auftreten
konnte. Sie starb am 23. Juni 1981 in Stockholm. Eine
Stil-Ikone war sie wohl nicht mehr.
Margot Staffa
Die Ausstellung »Gretchen mag’s mondän – Damenmode der
1930er Jahre« ist noch bis zum 29. Mai 2016 im Münchner
Stadtmuseum zu sehen.
Dante’s mysterier (Dantes Zauberei) | Schweden
1931 | R+B: Paul Merzbach | K: Åke Dahlqvist | M:
Jules Sylvain | D: Harry Jansen, Zarah Leander | 3 min
(Ausschnitt) | OF | Zarah Leanders erster Filmauftritt:
Als Hexe schwebt sie auf einem Besen reitend ins Bild
und singt »Jag vet vad ingen annan kvinna vet (Ich weiß
was keine andere Frau weiß)«. | Falska millionären
(Der falsche Millionär) | Schweden 1931 | R: Paul
Merzbach | B: Oscar Rydqvist, Paul Merzbach, nach
Zarah Leander
haben waren, konnte man in den Filmen mit Zarah Leander wenigstens davon träumen oder sich mit dem entsprechenden Geschick selbst etwas nachschneidern.
Detlef Sierck und Zarah Leander
dramatisch geschminkte Lippen, kunstvolle Frisuren
und grandiose Roben. Man schrieb ihr vor, welche Kleider und Schuhe, welche Hüte und Frisuren, sogar welchen Schmuck sie bei öffentlichen Auftritten zu tragen
hatte, um dem gewünschten Bild einer Leinwandgöttin
zu entsprechen. Ihre Größe von 1,72 Metern, Schuhgröße 41 und ihre üppige Figur entsprachen nicht unbedingt dem Schönheitsideal der 1930er Jahre, doch
in gut geschnittenen Kostümen sah sie tatsächlich hinreißend aus. Der kongeniale Kameramann Franz Weihmayer, mit dem sie alle ihre zehn Ufa-Filme drehte, verstand es hervorragend, ihr flächiges Gesicht zum
Leuchten zu bringen und ihre weniger vorteilhaften Seiten optisch zu kaschieren. Ufa-Werbechef Carl Opitz
kontrollierte sorgfältig jedes Foto und jedes Plakat.
In ihren Filmen spielte Zarah Leander fast immer einen
großen Revuestar, eine Opernsängerin, eine Schauspielerin oder eine verruchte Chansonsängerin, was ihr die
Möglichkeit gab, das zu tun, was sie am besten konnte:
singend ihr Talent als Musikerin und Entertainerin unter
Beweis zu stellen. Sie selbst fand die meisten ihrer
Filme schwach und hielt sich nie für eine große Schauspielerin: »Ich sehe meine Filme vor allem als einen
Vorwand für meine Lieder, ich hoffe, dass es die Musik
und die Lieder waren, die das Publikum in meine Filme
lockten.«
Anfangs wurde »die Schwedin« von Propagandaminister Joseph Goebbels abgelehnt, doch auch er änderte
angesichts ihres großen Erfolges seine Meinung. Die
Filmindustrie war für die Nationalsozialisten ein wichtiger Wirtschaftsfaktor und brachte Devisen. Außerdem
war man bemüht, eine »deutsche« Filmdiva aufzubauen – die modischen Vorbilder der Hollywoodstars
sollten für die deutschen Frauen keine Bedeutung
mehr haben. So war sie nicht nur die verführerische,
glamouröse Geliebte, deren Filme oft an exotischen
Schauplätzen spielten, sondern verkörperte auch die
sich aufopfernde Frau und entsprach somit dem weiblichen Klischee, das die Nationalsozialisten propagierten.
Wie kein anderer deutscher Filmstar der 1930er und
1940er Jahre wirkte Zarah Leander als eine Stil-Ikone,
an der man sich sehnsuchtsvoll orientieren konnte. Die
besten Kostümbildner der Ufa wie Annemarie Heise,
Manon Hahn und Herbert Ploberger schufen für sie
Kleider mit tiefem Dekolleté und enger Taille, aus
schimmerndem Satin und Lamé. Zarah Leander wurde
oft nachgesagt, dass sie in ihren Filmen eigentlich nie
verschiedene Rollen gespielt, sondern verschiedene
Garderoben getragen habe. Da schon ab Mitte der
1930er Jahre kostbare Stoffe und elegante Garderobe
nur noch für Damen der »besseren Gesellschaft« zu
31
Zarah Leander
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dem Stück »Le jeu de l’humour et du hasard« von Henri
Verdun | K: Heinrich Balasch, Martin Bodin | M: Jules
Sylvain | D: Fridolf Rhudin, Zarah Leander, Ingert
Bjuggren, Håkan Westergren, Erik Berglund | 90 min |
OmU | Verwechslungskomödie, in der Zarah Leander in
der weiblichen Hauptrolle neben dem Komiker und
Sänger Fridolf Rhudin auftritt. Die Filmkritik lobte ihre
Darstellung und Leinwandpräsenz und spekulierte,
dass sie fähig sei, in einer bedeutenderen Rolle nachhaltigeren Eindruck zu hinterlassen. Zarah Leander
singt »Ögon som ljuga och le (Augen, die lügen und
lächeln)«.
Scholle« modelliert und für diese Arbeit diverse männliche Modelle Akt stehen lässt. Das Stück, auf dem der
Film basiert, wurde von Karl-Gerhard geschrieben, der
im Film auch Toras Scheidungsanwalt spielt. Entstanden ist dabei eine elegante Komödie mit spritzigen Dialogen, exquisiter Ausstattung und großzügigen Kostümen. Zarah Leander singt »Verklighet och drömmer
(Liebe ist ein Glück, das darf man nicht versäumen)«
und »Henne du älskar (Sag’ kein Wort mir mehr von der
Liebe).«
▶ Freitag, 8. April 2016, 18.30 Uhr
Premiere | Österreich 1937 | R: Géza von Bolvary | B:
Max Wallner, F. D. Andam | K: Franz Planer | M: Dénes
Buday, Szabolcs Fényes | D: Zarah Leander, Karl Martell, Attila Hörbiger, Johanna Terwin, Theo Lingen |
77 min | »Da ist sie nun, die Landsmännin der Garbo,
von der man schon so viel gehört hat: Zarah Leander,
die Schwedin mit ihrem von Tizian-rotem Haar umrahmten Gesicht. Geschmeidig sind ihre Bewegungen,
und sie versteht gut zu schreiten. Deshalb muss sie
sehr viel und sehr nachhaltig wandeln über Treppen,
durch Gänge und auf spiegelglatten Parketten. Mit der
Haltung der Dame, gemessen, fast kühl, zuweilen den
Äktenskapsleken (Skandal) | Schweden 1935 | R+B:
Ragnar Hyltén-Cavallius, nach dem Stück von Karl-Gerhard | K: Åke Dahlqvist | M: Jules Sylvain | D: Zarah Leander, Gösta Cederlund, Harry Roeck Hansen, Ragnar
Widestedt, Einar Axelsson, Karl-Gerhard | 83 min |
OmeU | Tora Didikeen (Zarah Leander), eine berühmte
Bildhauerin, ist mit Gunnar Grahn verheiratet. Er ist
ebenfalls Bildhauer und eifersüchtig auf den Erfolg seiner Frau. Die Lage spitzt sich zu, als sie für einen Wettbewerb eine Skulptur mit dem Titel »Genius der
▶ Freitag, 15. April 2016, 18.30 Uhr
▶ Samstag, 16. April 2016, 18.30 Uhr
Zu neuen Ufern | Deutschland 1937 | R: Detlef Sierck
| B: Detlef Sierck, Kurt Heuser, nach dem Roman von
Lovis Hans Lorenz | K: Franz Weihmayr | M: Ralph Benatzky | D: Zarah Leander, Willy Birgel, Viktor Staal, Erich
Ziegel, Carola Höhn | 102 min | »In ZU NEUEN UFERN
geht es um die Selbstbefreiung einer Sängerin, die
einem Karriereoffizier (Willy Birgel, noch kein deutscher
Herrenreiter, sondern in abgründiger Rolle schmachtend und feige) verfällt. Aus der Strafkolonie in Australien befreit sie ein deutscher Siedler (Viktor Staal).
Sierck lässt keinen Zweifel, dass die emotionale Energie in dem unerfüllten Sehnen liegt. Mit dem Song ›Ich
steh’ im Regen und warte auf Dich‹ ist nicht der deutsche Anwärter gemeint, sondern der unglückliche Offizier, der sich erschießen wird. Für die Abschiedsszene
teilt Sierck das Bild. Links ist Leander hinter einem Ga-
tell, Julia Serda, Paul Bildt | 98 min | »Schweden, der
Norden, die Wissenschaft, die Mutterliebe, der blonde
Knabe in den Fängen des düsteren Vaters …. andererseits imponiert die List, mit der Sierck diese Geschichte
gegen den Strich bürstet und einem die ganze Heimatsehnsucht doch wieder vermiest, wie vorher schon das
Eheglück, das hier die Freuden eines Schraubstocks
hat. Aber auch aus der Story zwischen Marian und
Leander macht er etwas sehr Ambivalentes, so dass
man zwischendurch immer wieder die Wut auf diese
singende Spinatwachtel kriegt, die dauernd nach dem
Schnee jammert, der in den Tropen nicht zu haben ist.
Und wie Sierck auch das Spinatwachtelige an Zarah –
ja, und verdammt, das hat sie! – wieder gegen den
Strich bürstet, so dass aus ihr etwas wird, das auf ganz
ähnliche Weise rührt wie Garbo.« (Helma SandersBrahms)
▶ Samstag, 30. April 2016, 18.30 Uhr
Heimat | Deutschland 1938 | R: Carl Froelich | B: Harald Braun, nach dem Stück von Hermann Sudermann |
K: Franz Weihmayr | M: Theo Mackeben | D: Zarah Leander, Heinrich George, Ruth Hellberg, Lina Carstens,
Paul Hörbiger, Georg Alexander | 99 min | »Tatsächlich
hält sich HEIMAT auf Abstand zur Heimat-Sentimentalität, zum Folkloristischen und Vaterländisch-Nostalgischen. Heimat ist hier negativ besetzt: Sie wird mit den
Sozialbeziehungen in einem Provinznest gleichgesetzt.
Die hier geltenden Spielregeln sind patriarchalische
Unterdrückungsmechanismen. Alles andere als selbstverständlich ist die Tatsache, dass Froelichs Film Ambivalenzen aufweist, die als Projektionsfläche für verborgene Sehnsüchte in einer sich zum Krieg rüstenden
Diktatur interpretiert werden können.« (Christoph Henzel) »Mit einer Fußnote in der Geschichte des Films
wäre ich mehr als zufrieden, sofern diese Fußnote HEIMAT betrifft. Nie zuvor war ich der Schauspielkunst so
nahe gekommen wie in einigen dichten Szenen mit
Heinrich George.« (Zarah Leander)
▶ Sonntag, 1. Mai 2016, 18.30 Uhr
zeschleier zu sehen, rechts steht Birgel. Das Requisit
ist sprechender als jeder Dialogsatz. Sierck nutzt alle
Möglichkeiten, die konventionelle Verteilung von Hell
und Dunkel in die Zwischenräume zu verweisen.«
(Karsten Witte)
▶ Freitag, 29. April 2016, 18.30 Uhr
La Habanera | Deutschland 1937 | R: Detlef Sierck | B:
Gerhard Menzel | K: Franz Weihmayr | M: Lothar
Brühne | D: Zarah Leander, Ferdinand Marian, Karl Mar-
Der Blaufuchs | Deutschland 1938 | R: Viktor Tourjansky | B: Karl Georg Külb, nach dem Bühnenstück von
Ferenc Herczeg | K: Franz Weihmayr | M: Lothar Brühne
| D: Zarah Leander, Willy Birgel, Paul Hörbiger, Jane Tilden, Karl Schönböck, Rudolf Platte | 100 min | »Eine
schöne Frau quittiert eine Ehe (die keine ist) mit einem
Ehebruch (der deshalb auch keiner sein soll) aus Kummer über die Passivität ihres Hausfreundes (der sich
nicht traut, einer zu sein). An diesem Film wird einem
erst besonders klar, was für ein bedeutendes Funda-
Zarah Leander
Fluss der Melodie mit langen Schritten begleitend, trägt
sie ihre Lieder vor. ›Merci, mon ami, es war wunderschön‹ hat Hanns Schachner gedichtet; ihre dunkle
Stimme mit dem weichen schwedischen Akzent lässt
die Worte weniger belanglos erscheinen. KriminalRevue-Film nennt sich das Ganze. Natürlich wird der
harte Gegensatz zwischen der flimmernden Scheinwelt
der Revue und einer dunklen Mordhandlung gehörig
ausgenutzt.« (Werner Fiedler)
33
ment für eine große schauspielerische Leistung die
Sudermann-Gestalt in HEIMAT gewesen ist gegen
diese psychologisch flüchtige, unscharf gezeichnete
Figur. Kein Wunder, dass selbst eine so erfahrene Darstellerin wie Frau Leander in ihren schauspielerischen
Mitteln auch etwas unsicher wirkt. Doch wird sie sogar
mit einem Chanson wie ›Liebe kann nicht Sünde sein /
doch wenn sie es wär’ / dann wär’s mir egal / lieber will
ich sündigen mal / als ohne Liebe sein!‹ mit einer gewissen Überlegenheit fertig.« (Werner Fiedler)
Zarah Leander
▶ Freitag, 20. Mai 2016, 18.30 Uhr
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Es war eine rauschende Ballnacht | Deutschland
1939 | R: Carl Froelich | B: Géza von Cziffra, nach seinem Roman | K: Franz Weihmayr | M: Theo Mackeben |
D: Zarah Leander, Hans Stüwe, Aribert Wäscher, Marika
Rökk, Fritz Rasp, Paul Dahlke | 93 min | »ES WAR EINE
RAUSCHENDE BALLNACHT, ein Film, in dem unter anderem Tschaikowskij eine frei erfundene Liebesgeschichte angedichtet wird, ist einer jener leichten, mehr
oder minder überzuckerten, Frou-Frou-durchraschelten
den sorgen für die Emotionalität der Geschichte, und
ihre Rivalität sorgt für die unvergessliche Spannung.«
(Marcin Kukuczka)
▶ Samstag, 21. Mai 2016, 18.30 Uhr
Das Lied der Wüste | Deutschland 1939 | R: Paul Martin | B: Walther von Hollander, Paul Martin, nach dem
Roman von Hans Testrup | K: Franz Weihmayr | M: Nico
Dostal | D: Zarah Leander, Friedrich Domin, Herbert
Wilk, Gustav Knuth, Ernst Karchow | 82 min | »Der Film
führt vor, wie eine britische Finanzgruppe (die entsprechenden deutschen Gruppen nannten sie die ›Plutokraten‹) ein Kupfervorkommen in Nordafrika um des eigenen schnöden Gewinns willen ausbeuten will. Der
Konflikt entsteht dadurch, dass ein edler Ingenieur aus
Schweden (!) die einheimische Bevölkerung, die Beduinen, in den Genuss dieses in der Erde der Vorväter ruhenden Bodenschatzes zu bringen versucht. Mit Sand
zwischen den Zähnen tauche ich völlig unmotiviert als
›die gefeierte Sängerin Grace Collins‹ in der Handlung
auf. DAS LIED DER WÜSTE wurde ein vollständiger
Reinfall. Die Kritiker konnten nicht begreifen, was ich in
der Wüste und der Film in den Kinos zu suchen hatte.«
(Zarah Leander)
▶ Sonntag, 22. Mai 2016, 18.30 Uhr
Tanz- und Musikfilme, in denen Abendkleider und Uniformen dominieren, Herzen gebrochen, verschenkt und
gestohlen werden – und die Geigen schluchzen dazu.«
(Francis Courtade / Pierre Cadars) »Marika Rökk als Natassja Petrowna und Zarah Leander als Katharina verkörpern die Frauen in Tschaikowskijs Leben – und niemanden interessiert es, ob dies nun erfunden oder
wahr ist und auf authentischen Fakten beruht. Die bei-
Das Herz der Königin | Deutschland 1940 | R: Carl
Froelich | B: Harald Braun, Jacob Geis | K: Franz Weihmayr | M: Theo Mackeben | D: Zarah Leander, Willy Birgel, Maria Koppenhöfer, Lotte Koch, Axel von Ambesser,
Will Quadflieg | 109 min | »Nach dem Misserfolg des
Filmes DAS LIED DER WÜSTE gaben sich die Ufa-Dramaturgen besondere Mühe, einen schwergewichtigen,
dramatischen, durchschlagenden Stoff für mich zu finden. Es handelte sich um Maria Stuart und ihr tragisches Schicksal. Um eine singende Maria Stuart, ganz
im Gegensatz zu Schiller. Auch sonst hatte man verschiedene historische Tatsachen etwas anders aufgefasst als Schiller, und vielleicht lag es daran, dass das
Publikum später mit dem HERZ DER KÖNIGIN nicht viel
anfangen konnte.« (Zarah Leander) »Wie alle Nazifilme
über historische Themen, profitierte auch dieser von
einem großzügigen Budget und einer sorgfätigen Regie.
Aber hinter einer harmlosen Fassade verbergen sich
antibritische Absichten, ganz im Sinne der Nazi-Ideologie und tagespolitischen Erfordernisse.« (Francis Courtade / Pierre Cadars)
▶ Freitag, 27. Mai 2016, 18.30 Uhr
Der Weg ins Freie | Deutschland 1941 | R: Rolf Hansen | B: Rolf Hansen, Jacob Geis, nach dem Roman von
▶ Samstag, 28. Mai 2016, 18.30 Uhr
▶ Freitag, 3. Juni 2016, 18.30 Uhr
Die große Liebe | Deutschland 1942 | R: Rolf Hansen |
B: Peter Groll, Rolf Hansen, nach dem Roman von Hans
Flemming | K: Franz Weihmayr | M: Michael Jary | D:
Damals | Deutschland 1943 | R: Rolf Hansen | B: Peter
Groll, Rolf Hansen | K: Franz Weihmayr | M: Lothar
Brühne, Ralph Benatzky | D: Zarah Leander, Hans
Zarah Leander
Zarah Leander, Viktor Staal, Paul Hörbiger, Grethe Weiser, Wolfgang Preiss | 98 min | »Dieser ist der meistgesehene deutsche Film, den bis 1943 rund 27 Millionen
Zuschauerinnen und Zuschauer besucht hatten. Der
Publikumserfolg ist auch dem Star Zarah Leander zuzuschreiben. Hier ist sie strahlend, passioniert und
sphinxhaft, zur Ersatz-Marlene-Dietrich hergerichtet.
Sie opfert sich aus Leidenschaft. Im dunklen Tremolo
bietet sie Hingabe und Ergebenheit. DIE GROSSE LIEBE
folgt dem Revueprinzip des Krieges, der außerhalb des
Kinos geführt wird: die permanente Unterbrechung, der
ständige Aufschub, Bombenalarm, Entwarnung, Aufatmen, Warten auf die nächste Angriffswelle. Der Mann
steht im Krieg. Jede Minute kann die Pflicht ihn abberufen. Da muss die Liebe groß, da darf sie nicht kleinmütig sein. Die Sängerin versteht und fügt sich. Vor verwundeten Soldaten singt sie in einem geplünderten
Schloss: ›Davon geht die Welt nicht unter, sie wird ja
noch gebraucht!‹« (Karsten Witte)
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DIE GROSSE LIEBE
Harald Braun | K: Franz Weihmayr | M: Theo Mackeben
| D: Zarah Leander, Hans Stüwe, Siegfried Breuer, Eva
Immermann, Agnes Windeck | 110 min | »Neben der
Verherrlichung des gesunden Landlebens, das allen
eine vorbildliche Eheführung nach nationalsozialistischen Vorstellungen ermöglicht, dämonisiert der Film
das Großstadttreiben. Wien symbolisiert das Sündenbabel einer Epoche, in der Juden die Börsen beherrschen und mit Polen Geschäfte machen. Dass die
schöne, erfolgshungrige Sängerin in diesem Milieu
ohne den Schutz ihres redlichen, einfach denkenden
Mannes zugrunde gehen muss, deutet der Film schon
in den ersten Szenen an. Wie es scheint, ging diese
Tendenz des Films allerdings in der dramatischen Ausgestaltung privater Schicksale, im Prunk der Kostüme
und im Bilderbogen der ständig wechselnden Schauplätze unter. Das Publikum kam gewiss hauptsächlich
aus dem einen Grund ins Kino, seinen Liebling Zarah
Leander zu sehen.« (Dorothea Hollstein)
Zarah Leander
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Stüwe, Rossano Brazzi, Jutta von Alpen, Hilde Körber,
Hans Brausewetter | 98 min | »Sie ist Ärztin und bleibt
es auch nach unverdientem Berufsverbot. Sie ist Gattin
und Mutter und bleibt es durch alle Schicksalsschläge.
Sie singt im zweifelhaften Tingeltangel und bleibt unantastbar und stolz. Diese faszinierende Frau, an der sich
das Schicksal so schwer vergriff, ist Zarah Leander.
Und vielleicht ist das von allen ihren großen Rollen die
menschlichste. Sie erfüllt in stolzer Haltung, mit starker
Erlebnis- und Wandlungsfähigkeit die ergreifenden
Momente ihres ständigen Verfolgtseins. Filmisch bemerkenswert ist der fieberhafte Rhythmus, der die Ereignisse von einem Schauplatz zum anderen trägt,
ohne den Faden der Folgerichtigkeit zu verlieren. Und
nicht minder das sinnvolle Verweilen bei flüchtigen Einzelheiten, denen sinnbildhafte Kraft innewohnt.« (Rainer Prevot)
gen Reporter (O.W. Fischer), dem sie Schutz vor der Polizei gewährt. Was die Filmbilder hierüber verschweigen, wird wiederum – als wenn wir es so genau wissen
wollten! – im Chanson ausgesagt: ›Und wenn’s auch
▶ Samstag, 4. Juni 2016, 18.30 Uhr
Gabriela | BRD 1950 | R: Géza von Cziffra | B: Géza von
Cziffra, Kurt Schwabach | K: Willy Winterstein | M: Michael Jary | D: Zarah Leander, Carl Raddatz, Vera Molnar, Grethe Weiser, Gunnar Möller, Siegfried Breuer |
95 min | »Am Schluss sitzt der engste Kreis im Hinterraum der Bar und feiert Weihnachten. Zarah Leander
singt: ›Wenn der Herrgott will, leuchten alle Sterne /
Leuchten durch die Nacht aus weiter Ferne / Wie ein
Diadem am Himmelszelt / Und schaun auf unsere
kleine Welt!‹ In der ›kleinen Welt‹ da draußen war es
nicht möglich, Gabrielas Familienverhältnisse zu regeln.
Die Ehe blieb zerrüttet. Die Tochter wird nicht bei der
Mutter bleiben. So bleiben nur die Kollegen aus dem
Show-Geschäft, das unstete Leben auf den Brettern.
Zarah Leander drehte noch CUBA CUBANA und AVE
MARIA, aber die kontinuierliche Filmkarriere der Schauspielerin war 1953 beendet. Zarah Leander hat in fast
allen ihren Filmen berufstätige Frauen, meist Sängerinnen, gespielt. Ungebundene ältere Entertainerinnen
waren in einer Zeit, in der das Wort ›Leitbild‹ aufkam,
nicht mehr gefragt.« (Ulrich Kurowski)
▶ Sonntag, 5. Juni 2016, 18.30 Uhr
Cuba Cabana | BRD 1952 | R+B: Fritz Peter Buch,
nach dem Roman von Tibor Yost | K: Richard Angst | M:
Franz Grothe | D: Zarah Leander, O. W. Fischer, Paul
Hartmann, Hans Richter, Eduard Linkers, Karl Meixner,
Nikolaj Kolin, Werner Lieven | 94 min | »Da ist also die
Leander wieder. In ihrem neuen Film tritt sie als Besitzerin eines Nachtlokals auf. Stark verblüht, aber wie sie
singend behauptet, in der Liebe sehr erfahren. Trotzdem oder eben deshalb überlässt sie sich einem jun-
Sünde war, heut’ nacht war’s wunderbar; ich hab’ mich
nicht gewehrt, ich hab’ dir nichts verwehrt, und hab’ dir
ganz gehört – heut’ nacht …‹ Originalaufnahmen aus
Spanien, ein konturloser Ölkonflikt, Kriminaleinlagen,
das Happyend unklar motivierter Selbstlosigkeit auf seiten der verzichtenden Frau – das ist sorgfältig auf eine
Handlung verteilt, deren Unterhaltungswert in umgekehrtem Verhältnis zur Qualität der Kameraarbeit
steht.« (Klaus Brüne)
▶ Freitag, 17. Juni 2016, 18.30 Uhr
Ave Maria | BRD 1953 | R: Alfred Braun | B: Wolf Neumeister, Hans Wendel, Harald Braun | K: Werner Krien |
M: Franz Grothe | D: Zarah Leander, Hans Stüwe,
Marianne Hold, Hilde Körber, Carl Wery, Ingrid Pan |
92 min | »Brünstig verklärt bringt die Leander als liebende Mutter das Klosterkirchen-Ave-Maria kontra-alt
dar und mit neckisch aufhellenden Stimmnuancen und
vieldeutig ausholenden Gesten ihre Nachtklubsongs.
Ihr Spiel als gestürzte Größe, zielbewusste Animierdame und goldenes Mutterherz ist von tränenerstickter,
zuweilen wütender Dramatik.« (Filmblätter) »Dieser
Film bringt in einigen Szenen die dramatische Intensität
der Leander voll zur Geltung, zum Beispiel, wenn sie
vor einem Gesangsauftritt mit der Zigarettenverkäuferin
in einen Disput gerät. Einem Regisseur von Welt wäre
es sicher gelungen, hier anzusetzen und den Vulkan
Leander, die mich in dieser Szene an die wunderbare
italienische Schauspielerin Anna Magnani erinnert
(auch die Leander bewunderte sie sehr), zu neuen
Ufern zu führen.« (Paul Seiler)
▶ Samstag, 18. Juni 2016, 18.30 Uhr
von der Filmlänge und vom Aufwand her ohne zweifel
die spektakulärste Restaurierung des Jahres 2015, beeindruckend durch die Perfektion des Resultats und die
Schönheit der in ihrer ursprünglichen Farbigkeit wiedererstandenen Bilder. Eine breite Farbpalette mit »tinting«
und »toning« verstärkte den epischen Rahmen dieser
äusserst packenden version von victor Hugos Roman
mit der herausragenden schauspielerischen Leistung
von Gabriel Gabrio als valjean.
Brian Robinson, Sight & Sound 12/2015
Fünf Bände mit 48 Büchern, 365 Kapitel auf rund 2000
Seiten, immer wieder unerbittlich in historische, philosophische, selbst architekturkritische Exkurse abschweifend – Victor Hugos 1862 veröffentlichtes Meisterwerk ist der wohl weitläufigste Roman der Weltliteratur. Paradoxerweise ist er auch der am häufigsten
adaptierte mit über 50 Verfilmungen seit 1909, zahllosen Bühnenbearbeitungen, Animationsfilmen, Videospielen, Hörfunkfassungen (darunter Orson Welles' siebenteilige Version von 1937, in der der 22-Jährige selber den Jean Valjean gab). Henri Fescourts ciné-roman
von 1925/26 kann man auf allen Ebenen als die werkgetreueste unter all diesen Adaptionen bezeichnen: hinsichtlich des Handlungsgefüges, der Weltanschauung,
der Menschlichkeit und der moralischen Haltung. Das
ist Victor Hugo.
Fescourt (1880–1956) zählt zu den am meisten unterschätzten Regisseuren Frankreichs, nicht zuletzt deshalb, weil sein Name vor allem mit dem seriellen cinéroman verbunden ist, einem populären Genre, das
seine intellektuellen Zeitgenossen wie beispielsweise
sein Freund Louis Delluc zutiefst verachteten. Trotzdem
war Fescourt einer der wenigen Regisseure alter
Schule, die von der nouvelle vague geschätzt wurden.
François Truffaut schrieb an Fescourt kurz vor dessen
Tod: »Ich hoffe, dass ich mir so wie Sie den Glauben bewahren kann und diese immense Neugier behalte auf
alles, was geschrieben, gefilmt, gespielt wird«. Bestenfalls kennt man ihn noch als den Verfasser einer persönlich gehaltenen Geschichte des französischen Kinos
in der Stumm- und der frühen Tonfilmzeit: »La Foi et les
montagnes« (1959).
Fescourt brachte dem Kino eine reiche und vielfältige
Kultur. Er unterteilte Hugos fünf Romane in vier Episoden, eine Struktur, die fast alle späteren Bearbeitungen
übernahmen: Jean valjean, Fantine, Marius, L’Épopée
de la rue Saint-Denis. Nur eine bedeutsame Episode
lässt er aus – Valjeans Wiederverhaftung, seine Einkerkerung in Toulon und seine Flucht zu Beginn von
Hugos zweitem Band, cosette. Ja, Fescourt leistet sich
Auslassungen, bei denen er auf die Vertrautheit seines
Publikums mit dem Stück Nationalliteratur zählt: Man-
Les Misérables
Wiederentdeckt: Les Misérables
37
Les Misérables
38
che Beziehungen werden nicht erklärt – so dürften weniger geschulte heutige Leser Gavroche und seine Geschwister nicht automatisch als die Nachkommen der
üblen Thénardiers identifizieren. Das steht der Erzählung aber nicht im Weg. Wie Hugo gelingt es auch Fescourt, die detailversessene dokumentarische Schilderung mit der epischen Struktur, mit aufgesetzten
Schicksalsfügungen und Beziehungen ex machina (wie
der mystischen Allgegenwart Javerts) unter einen Hut
zu bringen.
Fescourt drehte einen Großteil vor Ort in Südfrankreich
und in Montreuil-sur-Mer, der mittelalterlichen ummauerten Stadt am Ärmelkanal, die sich nicht verändert
hatte, seit Hugo 1837 auf Schauplatzsuche für den
Roman erstmals vorbeigekommen war. Atelieraufnahmen erfolgten in Paris, bei Cinéromans-Joinville-lePont und Pathé-Vincennes, wo der dortige Filmausstatter Georges Quénu trotz einiger befremdlicher gemalter
Hintergründe eine Reihe schauriger nächtlicher Stadtansichten und Sackgassen gestaltete. Die aufwändige
Nachschöpfung der Welt Hugos folgte den 200 Illustrationen Gustave Brions für die Erstausgabe von »Les
Misérables« und den darauf folgenden Werken Émile
Bayards, dessen Portrait der Cosette spätestens seit
1985 als Plakatmotiv und Logo des endlos laufenden
Bühnenmusicals weltberühmt ist.
Für Fescourt stand die Erzählung stets im Mittelpunkt,
doch die Geschichte teilt sich über die Bilder und die
Darsteller mit, und sein LES MISÉRABLES verfügt hier
über eine unvergleichliche Galerie. Jean Valjeans spirituelle Odyssee bildet stets das Zentrum des gewaltigen
Panoramas.
Lenny Borger & David Robinson,
Le Giornate del cinema Muto
Er mag das Kino nicht neu erfinden, doch in einem Qualitätsfilm wie diesem liegt letztlich die Definition des
Kinos: Jede Einzelheit der Charakterzeichnung wird
sorgfältig beachtet, ebenso wie jeder Zentimeter der
mise en scène aufs genaueste vorbereitet ist. Die kurze
Szene nach der Schlacht von Waterloo beispielsweise
ist so kunstvoll komponiert, beleuchtet, getont und gefärbt wie ein Ölgemälde, das man stundenlang betrachten könnte, doch zugleich trifft uns das Blutvergießen
und das abstoßende Grauen der Szene in der Magengrube. Was den Film davor bewahrt, zum bloßen Großfilm und Historienschinken zu verkommen, ist sein
Thema: Die explosive Romanvorlage handelt von den
grausamen Ungleichheiten, auf denen unsere Gesellschaft (heute wie damals) aufbaut, und vom labilen
Gleichgewicht der Seele. Daher ist LES MISÉRABLES
malerisch anzuschauen, aber nicht gänzlich geschönt,
zum Glück. Der Anblick der niedlichen kleinen Cosette
in Lumpen ist unmittelbar anrührend, nicht herzig-süß;
die Kanalisation ist finster und verkotet; Valjeans Brandwunden nässen.
In dieser Restaurierung, die die Begriffe sorgfältig und
mühselig neu definiert, wirkt LES MISÉRABLES wie
neugeboren und sollte so oft wie nur möglich gezeigt
werden. Neil Brand übernahm die herkulische Aufgabe,
den gesamten Film zu begleiten. Er spielte und spielte
und spielte derart empfindsam und opulent – ich
glaubte kaum, dass das alles nur ein Musiker an nur
einem einzigen Klavier war. Brands Musik, die die Gewaltigkeit und die Eigenheiten dieses Films Note für
Note trafen, war ein triumphales Ereignis, wie es diesem Film zusteht.
Pamela Hutchinson, www.silentlondon.co.uk
Les Misérables (Mensch unter Menschen) | Frankreich 1925 | R+B: Henri Fescourt | K: Georges Lafont,
Karénine Mérobian, Raoul Aubourdier, Léon Donot | D:
Gabriel Gabrio, Sandra Milowanoff, Jean Toulot, George
Saillard, Renée Carl, Paul Jorge, François Rozet,
Andrée Rolane, Henri Maillard | Teil 1: 118 min, Teil 2:
97 min, Teil 3: 97 min, Teil 4: 85 min | OmeU |
▶ Samstag, 9. April 2016, 18.30 Uhr (Teil 1 & 2) | LiveMusik: Neil Brand ▶▶ Sonntag, 10. April 2016, 18.30
Uhr (Teil 3 & 4) | Live-Musik: Neil Brand
NOVAJA MOSKVA – DAS NEUE MOSKAU
Slawische Metropolen
slawische Metropolen
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Vernetzte Räume – Verletzte Träume. Eine imaginäre Geschichte osteuropäischer Metropolen
Es ist mehr als Architektur, was das urbane Leben
prägt – und das gilt auch für sozialistische und erst
recht für postsozialistische Städte. Dennoch ist es zunächst die in den späten 1920er Jahren forcierte Leitidee des Aufbaus, die sich als wohl prägnanteste Verschränkung von Arbeitsethos und neuer Lebensführung vom ideologischen Zentrum Moskau über die
sowjetische Kernzone bis weit hinein in noch die westlichsten Ballungsräume des so genannten Ostblocks
zog und dem Kommunismus, wenn man so will, ein Gesicht gab. Das Funktionieren, Nicht-Funktionieren und
der Zusammenbruch des Systems schlägt sich nirgends so deutlich nieder wie in den kulturellen und sozialen Landschaften der osteuropäischen Städte. Aus
ikonischen Monumenten wird brüchiger Beton, aus vernetzten Räumen werden verletzte Träume. Auch sie verbinden.
Elf Hauptstädten Mittel-, Süd- und Osteuropas widmet
sich dieses Programm. Der Fokus liegt dabei auf Ländern, in denen slawische Sprachen gesprochen wer-
den, weshalb zwei wesentliche »Ost-Filmstädte«, nämlich Budapest und Bukarest, nicht berücksichtigt wurden. Die Programme ziehen dabei gleich zwei Linien:
Über den geografischen Streifzug vom Westen bzw.
Süden in den Osten der Region legen sich die spezifischen historischen Schichtungen Europas nach dem
Zweiten Weltkrieg. Entstehen soll dabei die imaginäre
Geschichte osteuropäischer Hauptstädte, für die die
Spuren der urbanen Moderne ebenso konstitutiv sind
wie die Zerstörungsorgien des Nationalsozialismus, die
Texturen der vom Sozialismus geprägten Architektur
oder die Topographien jener Lebensräume und Landschaften, die mittlerweile zwischen spätsozialistischer
Nostalgie und postsozialistischem Neokapitalismus entstanden sind.
Am Anfang dieser Geschichte stehen Aufbau und
Umbau. Konstruktion und Destruktion gehen stets
Hand in Hand: Das Alte muss dem Neuen weichen. Vielleicht hat – mit Blick auf die (neue Haupt-)Stadt – kein
anderer Film diese conditio sovietica so parodistisch
und doch voll Aufbruchs-Enthusiasmus ausbuchstabiert wie Aleksandr Medvedkins NOVAJA MOSKVA
Slawische Metropolen
(DAS NEUE MOSKAU, 1938), der (auszugsweise) diese
Reihe anführt, genauer: den Ausklang des langen Eröffnungsabends bildet.
Denn den eigentlichen Auftakt macht eine der poetischsten Studien aus der Leningrader DokumentarfilmSchule der 1960er und 1970er Jahre, TRAMVAJ IDËT
PO GORODU (DIE STRASSENBAHN FÄHRT DURCH DIE
STADT, 1973) von Ljudmila Stanukinas. Behutsam beobachtend tastet sich die Kamera gemeinsam mit der
Straßenbahn melancholisch durch die Straßen und
Orte jener Stadt, die die wichtigsten Sowjet-Mythologien mitgeprägt hat: vom Untergang des zaristischen
Sankt Petersburg über die Revolutionsstadt Petrograd
bis hin zur ersten offiziellen (der faschistischen Blockade »standhaltenden«) »Heldenstadt« (Gorod-Geroj)
Leningrad. Aber Stanukinas lässt diese Etappen der
Stadtgeschichte links liegen und schlüpft in den Wahrnehmungshorizont ihrer Protagonistin, einer einfachen
Straßenbahnfahrerin. Alltagslyrik vom Feinsten ist das
Ergebnis, mit Spiegelungen in der Neva, Parks, Brücken, aus der Metro stürmenden Menschenmengen
und Fragmenten aus der Autobiographie einer werktätigen Frau.
Die subjektive Perspektive auf das urbane Leben ist
auch das herausragende Stilmerkmal der zu Unrecht in
den tiefen Schichten der Filmgeschichte versunkenen
Regiearbeit von Lev Kulešovs Lebens- und Arbeits-Partnerin Aleksandra Chochlova, SAšA (SASCHA, 1930),
von der wir ebenfalls einen Ausschnitt präsentieren.
Wie Alice im Wunderland bewegt sich dieses naive
Bauernmädchen durch die riesige, neue Hauptstadt,
VALTER BRANI SARAJEVO – WALTER VERTEIDIGT SARAJEVO
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die bereits durchzogen ist von den leuchtenden Innovationen eines industrialisierten und urbanisierten Daseins. Nichts als Staunen suggeriert Saschas Blick; sie
kann sich (noch) keinen Reim machen auf das, was
wenig später (wie bei Medvedkin) als große Errungenschaft der stalinistischen Kultur nicht nur gefeiert, sondern kanonisiert wird: Das »Neue Moskau« als Ikone
und Symbol, als Ursprungstopos der neuen Lebensform, als Vorbild des sozialistischen Städtebaus – und
damit auch als Kulisse für die wohl organisierten, glücklichen Massen.
Wie es um die »Hauptstadt des Vaterlandes der Werktätigen« bestellt war, zeigt Peter Schamonis Kurzfilm
MOSKAU RUFT! (1959), der anlässlich der vI. Weltjugendfestspiele 1957 entstand. Bescheiden würde der
Mensch im Schatten der Giganten wirken, so der OffKommentar, der an der Oberfläche die Demonstrationen von »Wehrhaftigkeit und Friedensliebe« ebenso
mitfeiert wie die »Pracht der Kolossalbauten«, die »Gewalt dieser steinernen Wunder«. Doch dringt die Kamera auch hinter die Fassaden und Kulissen, erspäht
Zäune, errichtet mitten in der Stadt, und lenkt so die Blicke auf Zonen der Gleichgültigkeit, »Ghettos der Armut«
und Menschen, deren Gefühle von den alles beherrschenden Lautsprecheranlagen ungewollt in offizielle
Bahnen gelenkt werden.
Überhaupt erweist sich die dokumentarische Perspektive als scharfe Waffe der Kritik, auch der systeminternen, die jedoch (wenig überraschend) da am stärksten
und explizitesten war, wo der Abstand zum ideologischen Zentrum Moskau am größten war. Im Zuge des
nerationen und Geschlechter gleichermaßen von jenen
Sandbergen verschlungen werden, die vor den neugebauten (aber leider ewig unfertigen) Plattensiedlungen
liegen.
Die nächsten drei Programme stehen ganz im Zeichen
von (Ex-)Jugoslawien. Hajrudin Krvavacs Kultfilm VALTER BRANI SARAJEVO (WALTER VERTEIDIGT SARAJEVO, 1972) gehört dem Genre des für die jugoslawische Kinematografie zentralen Partisanenfilms an.
Neben internationalen Großproduktionen wie etwa
BITVA NA NERETVI (DIE SCHLACHT AN DER NERETVA,
1968) ist er darin einer der populärsten Filme überhaupt: Den berühmten Decknamen der widerständigen
Stadt (»Valter«) trägt beispielsweise heute noch eine
chinesische Biermarke, verziert mit dem Gesicht von
Hauptdarsteller Bata Živojinović.
Sarajevo im Zweiten Weltkrieg wird mit Goran Rebićs
THE PUNISHMENT (2000) Belgrad im Krieg mit der
NATO gegenübergestellt. Die Bombardierungen zerstörten nicht nur die Infrastruktur und die Ökologie einer
Stadt, sondern damit auch sämtliche psychischen, sozialen und kulturellen Sicherheiten. Vom schon während des Sozialismus bestehenden sozialen Gefälle
erzählt Petar Kreljas Zagreb-Kurzfilm SPLENDID ISOLATION (1973), während in Igor šterks atmosphärisch
großartigem LJUBLJANA (2002) die post-jugoslawische Generation im Nirvana der kapitalistischen »Errungenschaften« zu versinken droht.
Die Ostmetropolen Minsk – Kiev – Moskau schließen
das Programm ab. Von den Nazis nahezu vollständig
ausradiert, bedurfte es – im sozrealistischen Kurzdokumentarfilm NOVYJ MINSK (DAS NEUE MINSK, 1954)
wird das überdeutlich – sozialistischer Aufbaukraft, um
eine städtebauliche Idylle im stalinistischen Stil entstehen zu lassen. Diesem ideologischen »Pro« hält Sjaroža
Labans No-Budget-Experiment SLUčAJ S PACANOM
(DIE SACHE MIT DEM JUNGEN, 2001) ein »Contra« entgegen: ein Jungverliebter kommt hier im System Lukašenka unter die Räder. Cliquen verziehen sich in
Parks, Politaktivisten in geheime Wohnungen – in diesem Minsk ist für Öffentlichkeit, geschweige denn Gegenöffentlichkeit, kein Platz.
Was passiert, wenn die oppositionellen Kräfte aufbegehren und das Zentrum der Hauptstadt erobern, zeigt
sich in den Tableaus von MAIDAN (2014), Sergej Loznicas bildgewaltiger Reflexion über jenen veritablen
Volksaufstand in Kiev, der die aktuelle »Osteuropapolitik« immer noch bestimmt. Den Abschluss der Reihe
bildet MOSKVA (MOSKAU, 2000), ein postmodernes
Juwel, mit dem Aleksandr Zel’dovič zu Beginn des
neuen Jahrtausends nicht nur alteingesessene Mos-
Slawische Metropolen
jugoslawischen Novi film – der Neuen Film-Welle – entstanden etwa bei der Sutjeska Film zahlreiche Kurzfilme der Sarajevoer Dokumentarfilmschule, die nicht
nur minutiöse soziologische Studien des städtischen
Lebens, sondern auch wirkmächtige Instrumente der
Hinterfragung vorgeblicher sozialer Gerechtigkeit
waren. Auch hier rücken Menschen in den Vordergrund,
die üblicherweise aus dem Rahmen der entsprechenden filmischen Arrangements fallen, Straßenkinder in
Vefik Hadžismajlovićs SANJARI (TRÄUMER, 1971), das
Subproletariat in Suad Mrkonjićs FASADE (FASSADEN,
1972) oder der Schießmeister eines Salzbergwerks in
Petar Ljubojevs Wohnzuteilungsgroteske STANARSKO
PRAVO LAGUMAšA SAFERA (DAS WOHNRECHT DES
GRUBENARBEITERS SAFER, 1974).
Die Wohn- bzw. Wohnungsfrage berühren schließlich
auch die drei ersten Langfilm-Programme, zwei davon
lose (Warschau, Sofia), eines explizit (Prag). Mit Andrzej
Wajda weist das international stark rezipierte polnische
Spielfilmkino einen Chronisten seiner im Krieg zerstörten Hauptstadt auf. Während POKOLENIE (EINE GENERATION, 1954) das Warschauer Ghetto und KANAŁ
(KANAL, 1956) den Warschauer Aufstand festhalten,
schließt der hier ausgewählte NIEWINNI CZARODZIEJE
(UNSCHULDIGE ZAUBERER, 1960) an Aleksander Fords
ÓSMY DZIEŃ TYGODNIA (DER ACHTE WOCHENTAG,
1958) an: Die Nachkriegs-Topographie Warschaus
prägt die Figuren, sie bewohnen Bruchbuden, hängen
in Bars ab, durchstreifen abgelegene Winkel der Stadt
und philosophieren im Existenzialisten-Modus übers
Leben. Die Fenster sind geöffnet, es weht jener Frühlingswind, den der politische Umschwung (Entstalinisierung, gesellschaftliche Öffnung) entfacht hatte.
Auch in BJALATA STAJA (DAS WEISSE ZIMMER, 1968),
dem Kleinod des bulgarischen Stilisten Metodi Andonov, lenkt der Held, ein Wissenschaftler (mit von der Bürokratie vereitelter Karriere), seinen skeptischen Blick
immer wieder in die Vergangenheit. Nachdenklich
schaut auch er aus dem Fenster seines Krankenzimmers, hinaus auf jene Stadt, die gleich nach Kriegsende einem radikalen sozialistischen Aufbau-Programm unterzogen wurde, wie der ebenfalls schwarzweiße Kurzdokumentarfilm EDIN DEN V SOFIJA (EIN
TAG IN SOFIA, 1946) zeigt.
Die goldene Stadt Prag hingegen ist in Věra Chytilovás
jahrelang verbotener Satire PANELSTORY ANEB JAK SE
RODí SíDLIšTě (GESCHICHTE DER WÄNDE, 1980)
kaum wiederzuerkennen. Das mittelalterliche und mitteleuropäische Stadtzentrum scheint unendlich weit
entfernt, wir befinden uns an der Peripherie, wo Matsch
und weitläufige Lehmwüsten vorherrschen, und alle Ge-
41
NIEWINNI CZARODZEJE – DIE UNSCHULDIGEN ZAUBERER
Slawische Metropolen
42
kauer und Moskauerinnen schockierte. Von Aushöhlung, Entleerung, Entmenschlichung und Verrohung
handelt die an Anton čechovs »Drei Schwestern« angelehnte Mär, ein Untergangs-Szenario, in dem der einstige Mittelpunkt des Sechstels der Erde nur noch
blasse, grausame Kulisse ist.
Barbara Wurm
In Kooperation mit dem Institut für Slavische Philologie der
LMU München, zur vorlesungsreihe »vernetzte Räume – zum
verhältnis von Literatur und Architektur«. zusammenstellung:
Barbara Wurm, Anja Burghardt
Vernetzte Räume – Verletzte Träume. 10 Städte
und mehr | Vortrag mit Filmbeispielen von Barbara
Wurm | ca. 150 min | Der Vortrag eröffnet mit einem
poetischen Leningrad-Porträt aus der Sicht einer Straßenbahnfahrerin, um sich dann – über den Umweg ins
parodistische Kiev der 1950er, das sozialkritische Sarajevo der 1960er und 1970er, das ruhelose Herz Prags
der 1980er, das politisierte Belgrad der 1990er und
das zur Performance-Bühne umfunktionierte Zentrum
Zagrebs der 2000er Jahre – den imaginären Ursprüngen der »osteuropäischen Hauptstadt« zu widmen:
Moskau, in drei Fassungen – stumm aber leuchtkräftig
bei Chochlova, in Feierlaune aber hintergründig bei
Schamoni, bombastisch aber surreal bei Medvedkin. –
Tramvaj idët po gorodu (Die Straßenbahn fährt
durch die Stadt) | SU 1973 | R: Ljudmila Stanukinas |
B: Maja Merkel’ | K: Jurij Zanin | 23 min | OmU – Saša
(Sascha) | SU 1930 | R: Aleksandra Chochlova | B:
Aleksandra Chochlova, Lev Kulešov, Oleg Leonidov | K:
Naum Naumov-Straž | 10 min (Ausschnitt) | OmU –
Moskau ruft! | BRD 1959 | R+B: Peter Schamoni | K:
Jost Vacano | 11 min – Novaja Moskva (Das neue
Moskau) | SU 1938 | R+B: Aleksandr Medvedkin | K:
Igor Gelein | 7 min (Ausschnitt) | OmU
▶ Dienstag, 12. April 2016, 19.00 Uhr
Niewinni czarodzieje (Die unschuldigen Zauberer) |
Polen 1960 | R: Andrzej Wajda | B: Jerzy Andrzejewski,
Jerzy Skolimowski | K: Krzysztof Winiewicz | M: Krzysztof Komeda | D: Tadeusz Łomnicki, Krystyna Stypułkowska, Wanda Koczeska, Zbigniew Cybulski,
Roman Polański | 83 min | OmeU | Warschau 1960:
Bazyl, selbstbewusst-gelangweilter Jungarzt, Jazzmusiker und Junggeselle, handelt spontan und so bleibt
jene junge Frau, die er eigentlich seinem schüchternen
Freund Edmund zuführen soll, eine Nacht in seiner
Bude. Die Nacht wird zum Tag, ein vorsichtiger Schlagabtausch zwischen den Geschlechtern setzt ein, Verliebtheitsanzeichen dazu, und doch wird vor allem: sinniert (über den freiheitsverheißenden Zustand zwischen »Gestern und Morgen«) und flaniert. Denn die
Straßen der Stadt liegen der Jugend zu Füßen. – Dworzec (Bahnhof) | Polen 1980 | R+B: Krzysztof Kieślowski | K: Witold Stok, Jacek Latałło | M: Michał Żarnecki | 14 min | OmeU
▶ Dienstag, 19. April 2016, 21.00 Uhr | Einführung:
Małgorzata Zemła
▶ Dienstag, 26. April 2016, 21.00 Uhr | Einführung:
Henrike Schmidt
Panelstory aneb Jak se rodí sídliště (Geschichte
der Wände) | čSSR 1980 | R: Věra Chytilová | B: Věra
Chytilová, Eva Kacírková | K: Jaromír šofr | M: Jirí Sust |
D: Lukás Bech, Antonín Vanha, Eva Kacírková, Oldrich
Navrátil, Jirí Kodet | 96 min | OmU | Chytilovás Werk ist
durchzogen von der Spannung zwischen Utopie und
Destruktion. Ob schrille Töne oder schräge Bilder, frag-
mödie mit Gender-Trouble und Slapstick-Elementen
wird die Geschichte von den Paneelen, die die Welt bedeuten, zum Nightmare des gemeinsamen Wohnens.
▶ Dienstag, 3. Mai 2016, 21.00 Uhr | Einführung:
Jeanette Fabian
Valter brani Sarajevo (Walter verteidigt Sarajevo) |
Jugoslawien 1972 | R: Hajrudin Krvavac | B: Đorđe
Lebović | K: Miroljub Dikosavljević | M: Bojan Adamič |
D: Velimir Bata Živojinović, Rade Marković, Ljubiša
Samardžić, Neda Spasojević, Dragomir Gidra Bojanić |
128 min | OmeU | Dass Städte zu Allegorien werden,
kam schon öfter vor. In Hajrudin Krvavacs PartisanenKultfilm jedoch, der 1972 ein Sarajevo im brüderlicheinheitlichen Widerstand gegen Hitler Ende 1944 zeigt,
passiert noch mehr. Die gesamte Stadt wird zum Synonym des vorbildlichsten (aber auch mysteriösesten)
aller Partisanen – Walter. Denn als Standartenführer
von Dietrich seine Nemesis endlich aufgespürt hat,
macht er gleich noch eine Erkenntnis, die in der sozialistischen Welt zum geflügelten Wort wurde: »Sehen Sie
diese Stadt? Das ist Walter!«
▶ Dienstag, 17. Mai 2016, 21.00 Uhr | Einführung:
Riccardo Nicolosi
The Punishment – Kazna | Österreich 2000 | R+B:
Goran Rebić | K: Jerzy Palacz | 91 min | OmU | Über die
politisch zerklüftete Landschaft, die zwischen der
Hauptstadt Jugoslawiens und jener Serbiens liegt, ist
kaum Gras gewachsen. Dennoch spricht man in Belgrad nur noch selten von den Jahren des Zerfalls. Als
Goran Rebić im Jahr 2000, direkt nach der NATO-Bombardierung der Stadt, mit den Menschen sprach –
unter anderem mit der Star-Autorin Biljana Srbljanović
und der Star-Schauspielerin Sonja Savić – war das
anders. Der Film dokumentiert ihren impulsiven wie
rationalen, aufgebrachten wie entmutigten, intellektuellen Umgang mit dem Verlust von Heimat, mit erniedrigenden Schnellverurteilungen und zerstörten Lebensräumen.
▶ Dienstag, 24. Mai 2016, 21.00 Uhr | Einführung: Nora
Scholz
mentierte Plots oder unheilstiftende Figuren – Störungen jedweder Façon sind überall zu finden. Nirgends
aber sind sie vielleicht so deutlich auf die realen Lebensverhältnisse des urbanen Sozialismus bezogen
wie in diesem Film: Die Plattenbausiedlung ist noch im
Entstehen, während die darin Platz findende Gesellschaft bereits erodiert. Getarnt als Verwechslungsko-
Splendid Isolation | Jugoslawien 1973 | R+B: Petar
Krelja | K: Ivica Rajković | 10 min | OmU – Ljubljana |
Slowenien 2002 | R+B: Igor šterk | K: Ven Jemeršić |
M: Iztork Turk, Damjan Bizilj | D: Gregor Zorc, Tjaša
Železnik, Manca Dorrer, Primož Pirnat, Jaka Ivanc |
71 min | OmeU – Ein einziger Kameraschwenk trennt
die Mode- und Schmaus-Orgien der Reichen von den
Schicksalen der Anwärter auf einen Platz im Obdach-
Slawische Metropolen
Edin den v Sofija (Ein Tag in Sofia) | Bulgarien 1946
| R+B: Zachari Žandov | K: Venec Dimitrov | 23 min |
OmU – Bjalata staja (Das weiße Zimmer) | Bulgarien
1968 | R: Metodi Andonov | B: Bogomil Rajnov, nach
seinem Roman »Pătišta za nikăde« (Wege ins Nichts) |
K: Dimo Kolarov | M: Dimit’r Văčev l D: Apostol Karamitev, Elena Rajnova, Doroteja Tončeva, Konstantin
Kocev, Stojanka Mutafova | 85 min | OmeU – Andonov
kam vom Theater, als er 1968 seinen ersten Spielfilm
realisierte (drei weitere Meisterwerke sollten folgen,
bevor er 1974 mit 42 Jahren starb). Besonders Hauptdarsteller Apostol Karamitev verleiht der antidogmatischen Auseinandersetzung mit dem bleiernen Sofia der
1950er Jahre ein Gesicht. So wird das philosophisch
wie psychologisch überzeugende Scheitern des ausgebremsten Wissenschaftlers Aleksandrov zur schonungslosen Abrechnung mit jenem Stalinismus, der im
stilistisch auf seine Weise herausragenden Vorfilm
EIN TAG IN SOFIA die bulgarische Hauptstadt noch
form(ier)te.
43
losenheim. SPLENDID ISOLATION, das ist Zagreb in
den 1970ern, selten real. Danach LJUBLJANA in den
2000ern, junge Menschen, am Wegdriften meist. šterk
fängt die Epoche dieser Generation präzise ein und kreiert eine unheimlich dichte Atmosphäre – zwischen
Rave und Techno, Altstadt und Bahngleisen, naher
Adria und fernem Berlin-Tiergarten. Schließlich auch:
zwischen Lebenswillen und Todessehnsucht.
▶ Dienstag, 31. Mai 2016, 21.00 Uhr | Einführung: Anja
Slawische Metropolen
Burghardt
MAIDAN
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Maidan | Ukraine 2014 | R+B: Sergej Loznica | K: Sergej Loznica, Sergej Stefan Stecenko, Michail El’čev |
134 min | OmU | Der Film entstand gleich nach den entscheidenden und bis heute unübersichtlichen Ereignissen im Zentrum Kievs. Ein veritabler Volksaufstand –
mitsamt Gewalt und Gegengewalt. Und doch überliefern die drei Kameraleute kontemplative Bildtableaus,
erzeugen Abstand zum Geschehen, halten es fest und
geben ihm seine angemessene Größe. Eine Pathosformel der Revolution ist dieser Film, ein Jonglieren mit
über hundert Stunden Tonaufnahmen: die ukrainische
Nationalhymne und das »Vitja, ciao ciao ciao!«, gemünzt auf den ungeliebten Präsidenten, bleiben im Ohr.
Novyj Minsk (Das neue Minsk) | UdSSR 1954 | R:
Iosif šul’man | B: Mikola Sadkovič | K: V. Okulič, V. Citron | M: D. Lukas | 29 min | OmU – Slučaj s pacanom
(Die Sache mit dem Jungen) | Belarus 2001 | R: Sjaroža Laban | B: Lecha Kascukoŭ, Lelik Uškin, Mikola
Miljuk | K: Dzimon Modul’ | D: Jura Kanaval’čyk, Anja
Laguc’ka, Mikola Miljuk, Nascja Nekazakava, Pauljuk
Kanaval’čyk | 50 min | OmeU – Auf den Balkonen des
»Neuen Minsk«, wie es die kolorierte Filmskizze von
1954 zeichnet, blühen Blumen in sozrealem Rot, und
alle Verkehrswege dieser Welt führen direkt hierher.
Minsk, ein vermeintliches Werktätigen-Paradies, dank
Sowjet-Aufbaukraft »wiederauferstanden« von den
Toten. Ein halbes Jahrhundert später schlägt die filmische Subkultur zurück. Labans Held entkommt dem
Teletubbies-TV-Horror seiner Bude und zieht los in die
Stadt. Nur, dass hier der Horror-Trip erst so richtig beginnt: Er gerät zwischen Lukašenkas Schlägertrupps
und orange Jung-Oppositionelle.
Moskva (Moskau) | Russland 2000 | R: Aleksandr
Zel’dovič | B: Vladimir Sorokin, Aleksandr Zel’dovič | K:
Aleksandr Il’chovskij | M: Leonid Desjatnikov | D: Ingeborga Dapkunaite, Tat’jana Drubič, Natal’ja Koljakanova, Aleksandr Baluev | 137 min | OmeU | Wer wissen
will, wie man eine Filmstadt dekonstruiert, sollte diesen
Ausnahme-Kunstfilm aus der Feder des PostmoderneDuos Zel’dovič / Sorokin sehen. Drei Männer und drei
Frauen performieren einen Reigen zwischen Eros und
Thanatos. Jene unfassbare Gewalt, an der das postsowjetische Imperium krankt, kommt mehrmals zum
Ausbruch. »Moskau selbst« tritt nur noch als reiner, leerer Signifikant in Erscheinung – mal auf einer penetrierten Landkarte, mal in Form von Ortstafel-Buchstaben.
▶ Dienstag, 7. Juni 2016, 21.00 Uhr | Einführung: Nina
Weller
▶ Dienstag, 21. Juni 2016, 21.00 Uhr | Einführung:
Raoul Eshelman
▶ Dienstag, 14. Juni 2016, 21.00 Uhr | Einführung: Ilja
Kukuj
Kein Architekt kann sich noch anmaßen, das Glück vorschreiben zu können. Allerdings komme ich natürlich
auch nicht ohne Ideale und einen gewissen Optimismus aus. Gut, vielleicht kann die Architektur unseres
Büros manche Menschen tatsächlich glücklich machen. Nicht indem sie Glück verordnet, sondern indem
sie zwänge überwindet. Sie zwingt einen nicht, zeit
und Kraft zu verschwenden, sie setzt etwas frei, sie öffnet Räume.
Rem Koolhaas
Heimsuchungen
Wie lassen sich Erinnerungen in Filmen darstellen? Wie
schreiben sich Erinnerungen in die Häuser ein, in
denen wir wohnen und gewohnt haben? VISITA, OU
MEMÓRIAS E CONFISSÕES von Manoel de Oliveira und
LA SOMBRA von Javier Olivera stellen diese Fragen in
zwei sehr unterschiedlichen Filmen, die sich beide in
diesem Verhältnis von Räumen und Erinnerungen treffen und so ein spannendes Double Feature ergeben.
Beide Filme machen sich auf die Suche nach der Relation von Kamera und Architektur, die von der Kamera
ausgehend immerzu einem Besuch gleicht und von der
Architektur kommend ein Geständnis abverlangt. Die
Räume und das, was von ihnen übrig ist, tragen die
Spuren eines Lebens in ihrer Bauweise, den Möbeln
oder dem Fundament und sind sowohl ein inneres Bild
für diejenigen, die darin gelebt haben, als auch ein äußeres Bild, das uns erlaubt, aus Fragmenten einer architektonischen Annäherung diese Leben nachzuvoll-
ziehen. In LA SOMBRA als ein therapeutisch angehauchtes Bedauern, in dem aus der Zerstörung eines
Hauses, das zugleich eine Erinnerung an den großkapitalistischen Vater in sich trägt, eine Befreiung entsteht,
und in VISITA als Selbstreflektion, in dem zwei »Geister«
in ein leeres Haus gehen, aus dem das Echo des Filmemachers hallt, bis wir ihn selbst darin finden.
In beiden Filmen bekommen die Häuser eine eigenständige Rolle, die von einer unbekannten Kraft eingenommen werden und so zeitliche und räumliche Kategorien
verschmelzen lassen. Beide Filme sind Geistergeschichten, weil sie in ihrer Arbeit mit den Räumen
des Wohnens und den Zeiten der Erinnerung eine Vergegenwärtigung von verdrängten Narben, schönen Augenblicken und Erlebnissen in den jeweiligen Häusern
schaffen, die eine tatsächliche Heim-Suchung bedeutet. Dabei geht Manoel de Oliveira noch einen Schritt
weiter, weil das heimgesuchte, vom portugiesischen Architekten José Porto entworfene Haus mit seiner eigenen Person in Verbindung steht, während sein argentinischer Kollege Olivera das Haus als etwas versteht,
was er loslassen will, nämlich das Erbe des Vaters.
Bei de Oliveira geht es darum, das Haus und das Kino
im gleichen Atemzug in ein Museum des eigenen
Lebens zu verwandeln, während Olivera nicht versucht,
etwas zu erhalten, sondern lediglich das Verschwinden
des Hauses beobachtet. Vereinfacht könnte man sagen,
dass das Haus bei de Oliveira eine sinnliche Präsenz
Architekturfilmtage
THE
∞ HAPPINESS – DAS UNENDLICHE GLüCK
16. Architekturfilmtage – Offener Raum
45
Architekturfilmtage
hat, die mit Leben gefüllt wurde und gefüllt wird, während es bei Olivera um eine repräsentative Funktion
geht, die nie frei von Sinnlichkeit existiert, die aber
auch aufzeigt, für was ein Haus stehen kann. Hintereinander ergibt sich so eine Doppelrolle für Häuser von
Filmschaffenden als Präsenz und Repräsentation.
Zudem forcierte de Oliveira den zeitlichen Aspekt seines Films, weil er eine Veröffentlichung erst nach seinem Tod erlaubte (er starb 2015, im 106. Lebensjahr),
sodass hier tatsächlich ein Mann in einem Raum und
ein Raum in einem Mann vor uns wiedererwacht. Nur,
dass er nicht mehr an sein Haus gebunden ist, sondern
an die Bilder und Töne, die von ihm bleiben.
In diesem Sinn legt VISITA einen ganz neuen Aspekt in
die Bedeutungsgleichheit von »Kamera« und »Zimmer«,
denn beide werden hier zu einem Ort der Begegnung
mit Menschen, in denen Vergangenheit, Gegenwart
und Zukunft ineinander fließen und aus denen diese
Menschen nicht entkommen können. Beide Filme machen uns bewusst, dass wir in Räumen leben und dass
wir diese Räume genauso formen wie sie uns formen.
In der speziellen Architektur der beiden Häuser ergeben
sich so erstaunliche Spannungen zwischen Konzept
und Leben. Es sind Häuser, die von sich aus eine Geschichte erzählen, die unter den Blicken der Kamera zu
Erinnerungen werden. In diesem Sinn drehen sich
beide Filme auch um die Unmöglichkeit, die Geschichten eines Hauses in Gänze greifbar zu machen. Es bleiben Spuren, aus denen neue Geschichten entstehen
können und Spuren, die nach und nach verschwinden
bis nichts mehr von ihnen bleibt.
ANTWERP CENTRAL
46
Ins Offene
Diese Spuren ermöglichen eine offenere Herangehensweise an Architektur im Film, eine, in der die Gebäude
von sich aus mit dem Zuschauer sprechen. Es sind Geschichten, die sich in die Architektur eingeschrieben
haben. Dadurch entstehen subjektive und intime Auseinandersetzungen mit Architektur wie sie auch Ila Bêka
und Louise Lemoine in ihrem »Living Architectures«
Projekt vorschlagen. Statt der repräsentativen Funktion
ihrer Perfektion geht es um das Leben und die Offenheit von Architektur. Dabei vermag die Kamera überraschende, unbeabsichtigte oder sich im Lauf der Zeit
verändernde Funktionen architektonischer Bauweisen
zu dokumentieren. Das Spektrum ist groß und reicht
von der unerwarteten Schönheit eigentlich funktionaler
Gebäude bis zum Zerfall von Bauwerken, die Macht
symbolisierten. Die Bruchstellen hinterfragen dann gleichermaßen kritisch die Funktion von Bauwerken und
öffnen ganz neue Räume.
In diese offenen Räume der Architektur kann auch das
Kino gleich den Geistern bei de Oliveira eindringen. Es
sind filmische Entdeckungsreisen, die uns die Zeitlichkeit von Räumen bewusst machen samt der damit einhergehenden Transformationen von Bauwerken. Ein
perfektes und abgeschlossenes Modell kann dabei für
das Kino nie von gleichem Interesse sein wie jenes
Bauwerk mit Rissen, Fehlern und sichtbaren Veränderungen in Form oder Funktion. Die Architektur öffnet
den Raum für öffentliche Schauspiele, in ihr verbinden
sich Ereignisse und Räume im Stil filmischer Narrative.
Nie ist die Architektur dabei bloßer Hintergrund, immer
Ein Programm der Bayerischen Architektenkammer in zusammenarbeit mit dem Filmmuseum München.
Visita, ou Memórias e Confissões (Besuch, oder Erinnerungen und Geständnisse) | Portugal 1982 | R:
Manoel de Oliveira | B: Manoel de Oliveira, Agustina
Bessa-Luís | K: Elso Roque | 68 min | OmeU | Manoel
de Oliveira drehte diesen Film, als er das Haus in Porto,
in dem er mit seiner Familie über vierzig Jahre gelebt
hatte, verkaufen musste. Erinnerungen an die Zeit der
Militärdiktatur unter Salazar, an die Arbeit als Filmregisseur, an alles, was in dem Haus geschehen ist. – La
Sombra (Der Schatten) | Argentinien 2015 | R+B+K:
Javier Olivera | 72 min | OmeU | Javier Olivera nimmt
den Abriss der Familienvilla »San Isidro« zum Anlass für
eine Expedition in die Vergangenheit. Ihr Ziel ist weni-
VISITA, OU MEMóRIAS E CONFISSõES
ger die Abrechnung mit Javiers Vater Héctor Olivera,
dem berühmten Tycoon des argentinischen Kinos, als
vielmehr die Erkundung einer aus Super-8-HomeMovies gebildeten Kindheitsblase, die inmitten der Militärdiktatur wie schwebend aufgehängt war. Ein Film
über die Beziehung zwischen Erinnerung und Raum.
▶ Donnerstag, 21. April 2016, 19.00 Uhr | Einführung:
Patrick Holzapfel
Antwerp Central | Belgien 2012 | R+B: Peter Krüger,
nach dem Roman »Austerlitz« von W.G. Sebald | K:
Rimvydas Leipus | M: Walter Hus | Mit Johan Leysen |
92 min | OmeU | Eine Reise durch den materiellen und
geistigen Raum von Antwerpens Eisenbahn-Kathedrale,
von der Eröffnung 1905 bis zur Gegenwart. Der Film
zeigt nicht nur die majestätische Architektur und den
historischen Kontext des Bauwerks, sondern berührt
auch versteckte und mysteriöse Aspekte. Realität wird
zum Traum, und umgekehrt. »Der Bahnhof als magischrealer Ort, wo entgegengesetzte Elemente sich treffen
und vermischen. Eine Welt, in der Geister aus der Vergangenheit erscheinen, in der ein Löwe des Nachts
herumwandelt, und wo die visuelle und auditive Wahrnehmung der Gegenwart historische, humoristische
und poetische Kontemplationen auslöst: eine kinematographische Beschwörung der Erfahrung der Zeit und
der Transformation des Raums.« (Peter Krüger)
▶ Freitag, 22. April 2016, 18.30 Uhr
Barbicania | Frankreich 2014 | R+B: Ila Bêka & Louise
Lemoine | K: Ila Bêka | T: Louise Lemoine | 90 min |
engl. OF | »Das Londoner ›Barbican Centre‹ (1982 eröffnet) ist das größte Kultur- und Konferenzzentrum
Europas. Das Areal, auf dem es sich befindet, wurde im
Zweiten Weltkrieg fast vollständig zerstört. Ab den
1960er Jahren entstanden hier Wohnblöcke, denen
lange Zeit das Negativ-Image des ›Brutalismus‹› anhing, die aber inzwischen höchst begehrte Immobilien
Architekturfilmtage
prägt sie das Leben und die Zeit derer, die sie betreten
und derer, die sie nur betrachten.
Das Kino ermöglicht es uns, Architektur im Wandel der
Zeit zu sehen und unsere Wahrnehmung für die Öffnungen und Potenziale eines Gebäudes oder Ortes zu
schärfen. Unter den Blicken der Kamera vermag sich
jedes Bauwerk zu öffnen. Aber im Kino wird auch jeder
noch so intime Raum der Öffentlichkeit preisgegeben.
Man kann dann fast vom Innenleben der Bauten sprechen. Kino und Architektur treffen sich auch hier in der
Gleichzeitigkeit der Massenwirksamkeit ihres »Gesehen-Werdens« und der Subjektivität und Intimität ihres
»Zurück-Blickens«. Film und Architektur sind Künste
der Öffentlichkeit, aber beide können auch zu und von
ganz privaten Personen sprechen. In diesem Sinn hat
eine Öffnung von Bauten immer zwei Seiten. Zum
einen das Erschließen und Nutzen einer Öffentlichkeit
oder eines offenen Raumes und zum anderen die Idee
einer architektonischen Erinnerung und Heimsuchung.
Erstere erzählt vom praktischen und kulturellen Wert
der Architektur, letztere von der Geschichte dieser
Kunst und allen, die mit ihr in Berührung kommen.
Denn wie die Gebäude von ihren Bewohnern und Ereignissen erzählen, so sprechen sie auch immer von sich
selbst. Es ist ein Wechselspiel, das man sich nur
schwer getrennt vorstellen kann. An den Schnittstellen
von architektonischer Planung, öffentlicher und kultureller Nutzung und den Spuren der Zeit können schließlich aus den Heimsuchungen Heimfindungen entstehen. Diese sind in der Architektur ganz wie beim Film
eine Frage des räumlichen und des zeitlichen Rahmens. In beiden Künsten sind es dabei die offenen Stellen in den Rahmungen, die das Leben, die Lebendigkeit
und die Emotion ermöglichen.
Patrick Holzapfel
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sind. In einem 30-tägigen Projekt spüren Bêka & Lemoine der Seele dieses Quartiers nach, porträtieren Bewohner und Besucher, entdecken wilde Pflanzen und
Tiere und halten in beeindruckenden Architekturaufnahmen seine Formensprache, Sichtachsen und Details fest. Sie erspüren die Seele hinter dem Beton und
geben der Architektur eine Grazie und eine Aura.«
(Doku.Arts 2015)
Architekturfilmtage
▶ Freitag, 22. April 2016, 21.00 Uhr
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Mission Statements – The Architecture of Dutch Diplomacy | Niederlande 2011 | R+B: Jord den Hollander | K: Thomas Kist, Jord den Hollander | 60 min |
OmeU | Zu Beginn der 1990er Jahre wurden von namhaften niederländischen Architekten neue Botschaftsgebäude entworfen, die die moderne Ausrichtung der
niederländischen Diplomatie repräsentieren sollten:
Zweck-Architektur. Der Film erzählt die Geschichten
der Botschaften in Paramaribo, Maputo, Addis Abeba
und (von Rem Koolhaas erbaut) in Berlin. Er fragt, ob
und wie Architektur etwas Neues zur Vermittlung der
Diplomatie hinzufügen kann und enthüllt einen unterschätzten kulturellen Aspekt der internationalen Beziehungen und die Missverständnisse, die sich dabei ergeben können. – Diller Scofidio + Renfro – Reimagining Lincoln Center and the High Line | USA 2013 |
R+B: Muffie Dunn & Tom Piper | K: David Leitner, Tom
Piper | 54 min | OF | »Diller Scofidio + Renfro geht es
bei Architektur nicht um spektakuläre Einzelgebäude,
sondern um die Wahrnehmung und Gestaltung von
Juli 2009 der G8-Gipfel stattfinden, doch im April verlegte Premierminister Berlusconi ihn nach Aquila, das
gerade von einem Erdbeben zerstört worden war. Der
auf La Maddalena für den Gipfel erbaute, riesige Konferenz- und Hotel-Komplex wurde nie genutzt, verlassen
und zerfiel zu einer Ruine – für den Architekten Stefano
Boeri ein schmerzliches persönliches und berufliches
Disaster. – Modern Ruin – A World’s Fair Pavilion |
USA 2014 | R+B+K: Matthew Silva | 78 min | OF | Ein
Film über den »New York State Pavilion« von Philip
Johnson, der 1964 zur Weltausstellung in New York
erbaut wurde, und die Versuche von privaten und kulturellen Initiativen, die gegenwärtige Ruine zu retten, zu
restaurieren und wieder mit Leben zu erfüllen.
▶ Samstag, 23. April 2016, 21.00 Uhr
24 Heures sur place (24 Stunden vor Ort) | Frankreich 2014 | R+B: Ila Bêka & Louise Lemoine | K: Ila
Bêka | T: Louise Lemoine | 90 min | OmeU | Paris, Place
de la République, ein Jahr nach der großen Umstrukturierung, die den Platz von einer riesigen, unwirtlichen
Kreuzung in eine neue urbane Oase für den Pariser Flaneur verwandelte. Momentaufnahmen während des
Verlaufs eines einzigen Tages im Juni 2014. Politik, Liebesaffären, Arbeitsprobleme, Befürchtungen, Hoffnungen: ein wirbelndes Kaleidoskop von Porträts. Ein Performance-Film. Bêka & Lemoine standen am Fuß des
Mariannen-Monuments und sammelten alles, was
überhaupt passieren kann im Raum eines öffentlichen
Platzes. Flux und Reflux, Fülle und Leere, Lichter, Dunkelheit, Atmosphäre.
▶ Sonntag, 24. April 2016, 18.30 Uhr
Raum. In ihren Projekten verschwimmen die Grenzen
zwischen Architektur, bildender und darstellender
Kunst. Sie schaffen Installationen oder Inszenierungen,
die den öffentlichen Raum zurückerobern und ihn als
Stadtraum wiederbeleben.« (Doku.Arts 2015)
▶ Samstag, 23. April 2016, 18.30 Uhr
La Maddalena | Frankreich 2014 | R+B: Ila Bêka &
Louise Lemoine | K: Ila Bêka | T: Louise Lemoine |
12 min | OmeU | Auf der Insel La Maddalena sollte im
The ∞ Happiness (Das unendliche Glück) | Frankreich 2015 | R+B: Ila Bêka & Louise Lemoine | K: Ila
Bêka | T: Louise Lemoine | 85 min | engl.OF | Der Film
führt uns ins Herz des »8 House« von Bjarke Ingels in
Ørestad bei Kopenhagen, das größte Wohngebäude
Dänemarks. Bêka & Lemoine erzählen von ihren subjektiven Erfahrungen innerhalb dieses Experiments
einer »vertikalen Stadt«, die 2011 beim World Architecture Festival als »world best residential building«
ausgezeichnet wurde. Der Film versammelt Lebensgeschichten, die alle von einem persönlichen Verhältnis
zu dem Gebäude geprägt sind. Er zeichnet die Linien
einer imaginären menschlichen Karte, die dem Zuschauer erlaubt, das Gebäude als neues soziales Modell des 21. Jahrhunderts zu erkunden, und hinterfragt
– mit überraschenden Ergebnissen – die Fähigkeit von
Architektur, ein kollektives »Glück« zu erschaffen.
▶ Sonntag, 24. April 2016, 21.00 Uhr
Im Angesicht der Menschen
Das Private ist politisch und auch umgekehrt gilt: Die
politische Entwicklung wird immer durch Individuen
und ihre persönlichen Schicksale geprägt. Mit dieser
Erkenntnis lässt sich das Werk Andres Veiels ziemlich
präzise auf den Punkt bringen. Kein anderer deutscher
Filmemacher stellt die Biografien einzelner Menschen
so unmittelbar in einen Zusammenhang mit der Gesellschaft, aus der sie kommen. Der Film BLACK BOX BRD
aus dem Jahr 2001 ist dafür sicherlich das beste Beispiel. Die Lebenslinien des von der RAF ermordeten
Chefs der Deutschen Bank Alfred Herrhausen und des
bei der Festnahme erschossenen RAF-Mitglieds Wolfgang Grams in einem Film gegenüber zu stellen und zu
kreuzen, ist eine mutige Interpretation der jüngeren
deutschen Geschichte.
Noch vor seinem Studium der Dramaturgie am Künstlerhaus Bethanien studierte Andres Veiel von 1982 bis
1988 Psychologie in West-Berlin. Die Beschäftigung
mit den Zuständen des menschlichen Geistes und
seine ersten Projekte als Dramaturg und Regisseur an
verschiedenen Bühnen – unter anderem auch in einem
Berliner Gefängnis – befähigen ihn wie keinen anderen
Filmregisseur dazu, die Seelenlandschaften der Menschen zu lesen und zu interpretieren. DIE ÜBERLEBENDEN von 1996, das Drama dreier ehemaliger Schulkameraden von Andres Veiel, die sich das Leben nahmen, ist allerdings viel mehr als ein Psychogramm. Der
Film skizziert sehr präzise den Generationenkonflikt,
den junge Menschen in den 1980er Jahren in der
schwäbischen Provinz trotz der durch die Achtundsechziger aufgebrochenen Strukturen mit ihren Eltern austrugen.
Andres Veiel sind dabei keine menschlichen Abgründe
fremd. Der Umgang mit seinen Protagonisten und vor
allem die Qualität seiner Interviews beruhen gleichermaßen auf seiner psychologischen Kompetenz und der
Empathie für seine »Helden«. In BALAGAN von 1993
begibt sich Veiel in das Spannungsfeld der Aufarbeitung der Shoa durch eine israelische Theatergruppe.
Das Ensemble nimmt seine Zuschauer mit auf eine exzessive Reise und schaut dabei dem Radikal Bösen,
wie Hannah Arendt es verstand, ins Antlitz.
Der erste und bislang einzige Spielfilm von Andres Veiel
WER WENN NICHT WIR aus dem Jahr 2011 fügt sich
hier nahtlos ein und pointiert alle bisherigen Aspekte
seines Werkes. Nie zuvor wurden die Biografien von
Gudrun Ensslin, Bernward Vesper und Andreas Baader
auf so private Motive komprimiert. Auch der politische
Mensch ist eben nur ein Mensch mit konkreten und banalen Bedürfnissen.
Andres Veiel wird seine Filme im Rahmen der Retrospektive in München persönlich vorstellen. Das gesamte Festivalprogramm finden Sie unter www.dokfestmuenchen.de.
Daniel Sponsel und Anne Thomé
▶ Freitag, 6. Mai bis Sonntag 15. Mai 2016
Andres Veiel
© Sabine Sauer
DOK.fest: Retrospektive Andres Veiel
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Als Schwabing in der Nachkriegszeit noch
einmal zu einer zaghaften Blüte ansetzte,
gehörte die am 17.Mai 1916 in Düsseldorf
geborene Illustratorin und Malerin Bele
Bachem zu den auffälligsten Gewächsen.
Durch erste Veröffentlichungen in Edelblättern wie Die Dame und Elegante Welt und
eine Ansichtskartenserie wurde Otto Falckenberg auf ihr Talent aufmerksam und
verpflichtete sie 1943 als Bühnenbildnerin
an die Münchner Kammerspiele. Zusammen mit ihrem Mann, dem Kunsthistoriker
Günther Böhmer, landete sie bei Kriegsende in Feldafing, um 1947 endgültig
nach München umzuziehen. Hier fand sie
wieder Anschluss ans Theater und arbeitete erfolgreich für Verlage. Ihre Spezialität
wurden galant-erotische Illustrationen, federleicht, witzig und ein wenig surreal.
Bele Bachem produzierte höchst amüsante Vor- und Abspänne für Spielfilme,
etwa für DAS WIRTSHAUS IM SPESSART
(1958).
Als der Regisseur Rolf Thiele, der eben mit
DAS MÄDCHEN ROSEMARIE einen riesigen Erfolg hatte, im Jahr 1959 seinen ersten »wirklichen Farbfilm« drehen wollte,
suchte er für die Farbentwürfe für DIE HALBZARTE eine
Künstlerin, die »Dekorationen, Kostüme, Einrichtungen
und die Stimmungen der Akteure miteinander in Verbindung zu bringen vermochte.« Für den naiv-lasziven
Grundton des Drehbuchs von Hans Jacoby, das wie
eine Parodie auf den 1957 verfilmten Roman »Bonjour
tristesse« von Françoise Sagan angelegt ist, erschien
Bele Bachem überaus geeignet. Der Regisseur gab die
Farbdramatik vor, etwa wenn die »Halbzarte« (gespielt
von Romy Schneider, die am Wendepunkt ihrer Karriere
steht, mit 500.000 DM Gage Deutschlands Top-Star ist,
und die Rolle der »Sissi« mit Hilfe von Alain Delon hinter
sich lassen will) in einer Szene »Nilgrün auf Orange sitzen, aufstehen, an Rosé vorbei zu Kobaltblau gehen
wird, während die Wände kräftiges Zinnoberrot und Zitronengelb dazumischen.« Bei den Dreharbeiten in
Wien kam es zwischen Bachem und dem mit der Umsetzung ihrer Entwürfe beauftragen Architektenpaar zu
massiven Unstimmigkeiten, was zu starken Einbußen
an ihrem Konzept führte.
Trotz dieser Eingriffe fanden die Dekorationen Zustimmung bei der Kritik: »Es gibt eine schöne Menge opti-
© SZ Photo / Kurt Schraudenbach
Bele Bachem
Bele Bachem zum 100. Geburtstag
scher und farblicher Finessen und nachgerade etwas
wie ein kleines Festival skurriler Dekorationskünste, die
Bele Bachems graziöse Handschrift zeigen.« (SZ) Weniger günstig allerdings fiel das Urteil über Drehbuch und
Dialoge aus. Trotz des Aufgebots bester Wiener Theaterkräfte wird der Film als eher »halbdürftig« bewertet.
Auch beim Publikum fällt er durch, trotz Werbung, die
»eine Romy verspricht, wie man sie nicht kennt«, und
obwohl der Film als österreichischer Beitrag in Cannes
gezeigt wird. Allerdings erlebt das Prädikat »halbzart«
als Gegenwort zu »halbstark« ein begrenztes Nachleben im allgemeinen Sprachgebrauch.
Bele Bachem wird nie mehr für Filme arbeiten. Sie zieht
nach Mallorca und stirbt 2005 in München.
Wolfgang Till
Bele Bachem, die bis dahin der Filmindustrie lediglich
mit Werbeplakaten und Vorspannzeichnungen (DAS
WIRTSHAUS IM SPESSART) gedient hatte, wurde engagiert, »die Dekorationsskizzen, die (Skizzen) der Darsteller im Kostüm und Backgrounds, soweit sie prominent
photographiert werden«, anzufertigen: vierzehn Innen-
den besonderen Reiz verlieh, indem er den Fußteppich
ebenso wie den antiken Spiegel wegließ und eine modern geformte Badewanne sowie ein StromlinienWaschbecken verwendete.
Meinte Regisseur Thiele: »Unser Architekt hatte weder
mich noch die Bachem begriffen. Er entdeckte plötzlich
urschöpferische Instinkte, wo er eigentlich nur Nachschöpfer sein sollte.« Und der Wiener Kulissen-Baumeister konterte: »Ich glaube, die Bachem hatte das
Drehbuch nicht richtig gelesen, sie wollte mit Gewalt
einen Bachem-Film machen.« Die Auseinandersetzungen erreichten den ersten Höhepunkt, als Bele Bachem
verärgert an Thiele schrieb, sie wolle aus dem Projekt
DIE HALBZARTE aussteigen. Thiele lehnte ab und holte
die Malerin noch einmal in die Ateliers nach Wien. Dort
konnte sie nur noch feststellen, dass die Architekten
auch den 14 Meter hohen Turm der Traumvilla einfach
weggelassen hatten, angeblich, weil der Bau sonst zu
teuer geworden wäre.
Der Spiegel 9/1959
Bele Bachem
Die Halbzarte | Österreich 1959 | R: Rolf Thiele | B:
Hans Jacoby | K: Klaus von Rautenfeld | M: Hans-Martin Majewski | D: Romy Schneider, Carlos Thompson,
Magda Schneider, Josef Meinrad, Gertraud Jesserer,
Alfred Costas | 90 min | Die 20-jährige Tocher einer
Wiener Familie verfasst unter Pseudonym ein höchst
unmoralisches Theaterstück, das für Aufsehen sorgt.
»Bele Bachem sei gedankt, dass sie mit Phantasie und
Koketterie, vor allem im Vorspann, aber auch in Kostümen und Szenenbildern, einiges getan hat, um die
schwüle Erotik mit Raffinement zu verfremden und den
Ausstattungsstil der deutschen Nachkriegsfilme künstlerisch um Grade zu verbessern.« (Die Zeit, 20.2.1959)
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▶ Montag, 16. Mai 2016, 19.00 Uhr | Einführung: Renée
Rauchalles
Filmplakate von Bele Bachem
ansichten, drei Außenansichten, elf Wandbilder, ein
Glasbild und das Bild eines Traumautos. Sie entwarf
insbesondere die verspielt kitschige Ausstattung der
beiden Räumlichkeiten, in denen die Filmstory hauptsächlich abläuft: die spießbürgerlich eingerichtete Wohnung der Eltern des Hauptrollen-Teenagers und die
abstruse Traumvilla, die sich die Familie bauen lässt,
nachdem die siebzehnjährige Tochter durch ein »unanständiges Theaterstück« (so die Süddeutsche zeitung)
plötzlich zu Ruhm und Geld kommt.
Die Entwürfe zeichneten sich, wie zwischen Regisseur
und Ausstatterin abgesprochen, durch besondere Farbfreudigkeit aus, denn gemäß der Thieleschen Absicht,
dramatische Effekte mit Farben zu erzielen, sollte auf
diese Weise die Vielfalt der Talente innerhalb der Drehbuchfamilie ausgedrückt werden: Im Film schreibt die
Heldin vor dem Sensationserfolg ihres Erotikdramas
lyrische Gedichte, ihr Vater versucht sich an Kriminalromanen, der Bruder jongliert, die vierzehnjährige
Schwester malt.
Als jedoch die Stukkateure und Bühnenbildner in Wien
beginnen wollten, Gips, Holz und Leim getreu den Bachemschen Zeichnungen zu Kulissen zu formen, entbrannten die Zwistigkeiten, die das farbdramatische
Konzept Thieles aushöhlten und obendrein die Herstellungskosten des Films erhöhten.
Nach den Ideen der Bachem sollte in dem TraumvillenBadezimmer ein antik gerahmter Spiegel über der
Badewanne mit einer Neonröhre über dem eisernen
Waschbecken aus wilhelminischer Zeit kontrastieren.
Der Original-Entwurf enthielt unter anderem auch den
handschriftlichen Vermerk: »Vor der Wanne ChenilleHandtuch als Fußteppich.« Der Filmarchitekt versachlichte jedoch den Stilmischmasch aus Biedermeierund Gründerzeit-Elementen, der dem Bachem-Entwurf
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Dreharbeiten zu P MESLE PELICAN – P WIE PELIKAN
Parviz Kimiavi
Zu Gast: Parviz Kimiavi
Das neue iranische Kino mit seiner Vorliebe für Alltagsgeschichten und Laiendarsteller, seiner reflexiven Auseinandersetzung mit dem Kinoapparat und der Vermischung von Realität und Fiktion, von Dokumentar- und
Spielfilm, verdankt sehr viel einer zu wenig bekannten
Bewegung der späten 1960er und frühen 1970er
Jahre: Als cinémagarané Pichro (Avantgardekino) oder
cinéma Motofavèt (Das andere Kino) wird die eher heterogene Gruppe von Cineasten bezeichnet, die unabhängige Autorenfilme in Opposition zum Mainstream
produzierte und mit aufsehenerregenden Filmen in Erscheinung trat: Dariush Mehrjui (GAV – DIE KUH, 1969),
Bahram Beyzai (RAGBAR – DER PLATZREGEN, 1971),
Arby Ovanessian (TCHECHMÈH – DIE QUELLE, 1971),
Sohrab Shahid Saless (YEK ETEFAGH SADÈH – EIN EINFACHES EREIGNIS, 1973) und Abbas Kiarostami:
(TAJROBÉH – DIE ERFAHRUNG, 1973).
Parviz Kimiavi gilt als einer der wichtigsten Vertreter
dieser Bewegung und als einer der ersten, dessen
Werk an der Grenze zwischen Dokumentar- und Spielfilm angesiedelt ist. Kimiavi wurde in Teheran geboren,
lernte das Kinohandwerk an der ENPC (Ecole Nationale
de Photo et de Cinéma) und am IDHEC (Institut des
Hautes Études Cinématographiques) in Paris. 1967
schloss er das Studium ab und arbeitete in Frankreich
als Cutter und Regieassistent für das Fernsehen. Nach
seiner Rückkehr in den Iran begann er dort, für das
staatliche Fernsehen zu arbeiten. In dieser Zeit entstanden in kurzer Folge TAPPEHAYE QUETARIYE (DIE HÜGEL
VON QUETARIYE, 1969) YA ZAMENE AHU (OH BESCHÜTZER DER GAZELLEN, 1971) und der halbdokumentarische Film P MESLE PELIKAN (P WIE PELIKAN,
1972), der mehrmals ausgestrahlt wurde und den jungen Filmemacher einem breiten Publikum bekannt
machte.
Mit seinem ersten langen Spielfilm MOGHOLHA (DIE
MONGOLEN, 1973), in dem er auch vor der Kamera
mitwirkte, festigte Kimiavi seinen Ruf. 1976 drehte
er den Film BAGHE SANGUI (GARTEN DER STEINE),
für den er bei den Internationalen Filmfestspielen in
Berlin den Silbernen Bären erhielt. Sein zweiter Spielfilm OK MISTER, entstanden im Jahr 1978, sah die politischen Ereignisse im Iran voraus. Er entstand in Koproduktion mit INA (Institut national de l’audiovisuel),
Parviz Kimiavi
dashi, den verrückten der Stadt zu treffen, eine ganz
untypische Persönlichkeit, die uns amüsierte, uns zum
Lachen brachte. Er hielt seinen alten, zerrissenen
Schuh an sein Ohr, als würde er den Telefonhörer abnehmen: »Hallo …? Kindheit an Jugend, ich höre …«
Er wartete darauf, dass wir das Klingeln des Telefons
nachmachten: »Drring … drringg …« Er: »Hallo …? Jugend an Alter, ich höre …«
Außerdem war da in der Stadt ein außergewöhnlicher
Mensch wie der shahre farangui, der »Bildervorführer«.
Auf seinem Rücken trug er einen reich verzierten
Metallapparat in Gestalt einer Moschee mit Kuppel und
Minaretten. Er durchquerte die Straßen, und mit seinen
Rufen versuchte er die zuschauer anzulocken: »Shahre
farangui … shahre farangui … Die Stadt des Abendlandes …« Er stellte seinen Kasten auf den Boden. Drei
Kinder konnten sich davor hinknien und, jedes für sich,
durch einen Metallzylinder gucken, der mit einer großen Lupe ausgestattet war. Der vorführer ließ die Postkartenbilder vorbei defilieren, und gleichzeitig kommentierte er das, was zu sehen war. zauberhafte, märchenhafte Bilder waren das! Unter ihnen jene aus dem Jahr
1900, die er handkoloriert hatte. Da gab es zum Beispiel eine Europäerin, die hielt einen Sonnenschirm in
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MOGHOLHA – DIE MONGOLEN
wurde aber bisher weder in Frankreich, noch im Iran
öffentlich aufgeführt. In der Folgezeit drehte Kimiavi
Dokumentarfilme für das französische Fernsehen,
bevor er 2000 im Iran HAMÈH JAYÉ IRAN SARAYÉ MAN
AST (IRAN IST MEIN HEIMATLAND) fertigstellen konnte,
der beim Filmfest in Teheran mit dem Spezialpreis der
Jury ausgezeichnet wurde, aber im Iran bis heute nicht
gezeigt wird. 2004 kehrte er an den Ort seines Films
BAGHE SANGUI (1976) zurück und drehte PIRÉ MARD
VA BAGHÉ SANGUI ASH (DER ALTE MANN UND SEIN
STEINGARTEN).
Parviz Kimiavi verbrachte seine Kindheit und Jugend in
Nishabur, der Stadt im Nordosten des Iran, in der die
beiden großen persischen Dichter des 12. und 13.
Jahrhunderts Persiens begraben sind: Omar Khayyām,
Autor der »Vierzeiler«, und Fariduddin Attar, Autor der
»Vogelgespräche«. Parviz Kimiavi: Nishabur, diese Stadt
mit damals 15 000 Einwohnern, hatte ihren besonderen charme. Die meist schneebedeckte Gebirgskette
des Binālūd im Osten der Stadt überragte das Farahbakhch, eine Ebene, in der damals Baumwolle und
Mohn angebaut wurden. Dort hindurch ging man auf
kleinen, gewundenen Wegen zur Schule. Noch bevor
man die Schule betrat, hatte man das vergnügen, Da-
Parviz Kimiavi
auf die Leute zuging und mit ihnen sprach. Später,
dank des Marshall-Plans (der amerikanischen Politik,
angeführt von Präsident Truman) hatten wir in der
Schule Filmvorführungen. Das war etwas ganz Neues.
Man zeigte uns bewegte Klangbilder, übrigens im
16mm-Format. Das waren Filme über Gesundheitserziehung und Hygiene. Man sah z. B. ein kleines blondes Mädchen, das uns zeigte, wie man am besten die
zähne putzt.
Ich war tief eingebunden in die Atmosphäre und Stimmung dieser Stadt, Nishabur, mit ihren atypischen charakteren, mit ihren verrückten und Dichtern. Das hat
mich später zu der Liebe und dem Wunsch geführt, auf
besondere Menschen zuzugehen, sie zu entdecken und
vor allem, zu erfahren, wovon sie träumen. Kurz gesagt,
dank ihnen bin ich Filmemacher geworden.
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der Hand und eine Katze mit Schleife auf dem Arm.
»Schaut euch diese schöne Dame mit den blauen
Augen an, und das Kätzchen, das so glücklich aussieht,
gestreichelt und verwöhnt von seinem Frauchen…«
zu jener zeit gab es in der Stadt kein Kino, und das
Fernsehen existierte nicht. Aber in den ghahveh khaneh, den Kaffeehäusern fürs volk traf man einen Geschichtenerzähler, der mit lauter Stimme die Legenden
des »chah nameh« (Buch der Könige) des Dichters Ferdowsi darbrachte. Das waren die Legenden von Helden
und Heldinnen, über die Schlachten und Kriege der Perser. Man trank Tee, rauchte die narguile (Wasserpfeife)
und hörte dem naghal (Geschichtenerzähler) zu. Der
Erzähler nahm seine zuhörer mal in die vergangenheit,
mal in die Gegenwart mit. Er unterbrach plötzlich seine
Erzählung, verließ seine Hauptfiguren, kam in die Gegenwart zurück, verlangte, dass man ihm einen Tee
brächte und erkundigte sich bei den versammelten
nach deren täglichem Leben und dessen Hindernissen.
Dann nahm er den Faden wieder auf und tauchte die
zuhörer in die vergangenheit.
In der Schule hatte der Lehrer im Fach Schreiben eine
geniale Idee. Anstatt Aufsätze schreiben zu lassen über
Themen wie »Was bedeutet vaterland?« oder »Bildung
ist besser als Reichtum«, schickte er uns in die verschiedenen Stadtteile und hieß uns unsere Eindrücke
niederschreiben über die Menschen und ihr Leben. Das
war das erste Mal, dass ich wie ein Dokumentarfilmer
Deux ou trois choses que je sais d’Iran (Zwei oder
drei Dinge, die ich vom Iran weiß) | Frankreich 2014
| R+B: Parviz Kimiavi | 12 min | OF | Collage für fünf
Monitore, unter Verwendung von Szenen aus den Filmen von Parviz Kimiavi. – Mogholha (Die Mongolen) |
Iran 1973 | R+B: Parviz Kimiavi | K: Michel Thiriet | D:
Fahimed Rastgar, Agha Mirza, Parviz Kimiavi, Jantoureh
Janghai, Idris Tchamani | 85 min | OmU | Ein Fernsehregisseur bereitet eine Sendung zur Geschichte des
Kinos vor. Seine Frau tippt eine Doktorarbeit in die
Schreibmaschine über den Einfall der Mongolen in Persien. Gerade in dem Moment hat der Fernsehsender
entschieden, ihn für ein Jahr nach Zahedan, eine Stadt
im Südosten des Iran, zu schicken. Im Traum verschwimmen sein Auftrag, sein Film, die Mongolen und
wirbeln in einem Sandsturm durcheinander. »ACHTEINHALB in der iranischen Wüste, aber viel lustiger. Der
Humor und die Virtuosität dieses Films sind intellektuell
höchst anregend. Ein fantasievoller und witziger Film.
Und für die Augen eine Pracht.« (Michel Grisolia) »Der
Film ist eine Hommage an die Erfinder des Filmemachens und an die nouvelle vague, im Film vertreten
durch Jean-Luc Godard.« (Kimiavi)
▶ Donnerstag, 9. Juni 2016, 19.00 Uhr | Zu Gast: Parviz
Kimiavi
OK Mister | Iran 1979 | R+B: Parviz Kimiavi | K: Michel
Thiriet | D: Farokh Ghafari, Erika Maaz, Terry Graham,
Charlie Penton, Asgar Saida | 85 min | engl. OF | In
einem persischen Dorf landet ein Fesselballon mit
einem Archäologen, einem Journalisten und einer Frau
voller Anmut und Liebreiz, die den Bauern mit der größten Geduld Englisch beibringt. »Nach dem Öl-Schock
von 1975 wird der Iran reich und importiert die meisten
der westlichen Produkte: Filme und TV-Serien aus Amerika, Jeans, T-Shirts, Kaugummi etc. Autos werden in
den Fabriken hergestellt, ebenso Motorräder. Man zerstört alte Häuser, um sie durch Hochhäuser zu ersetzen,
baghe sangui ash (Der alte Mann und sein Steingarten) | Iran 2004 | R+B+K: Parviz Kimiavi | M:
Peyman Yazdanian | Mit: Darvish Khan Esfandiarpoor |
52 min | OmeU | Im Südosten des Iran, in der Provinz
Kerman, befindet sich mitten in der Wüste ein großer
Garten mit Hunderten von trockenen, blattlosen Bäumen. Tausende von kleinen und großen Steinen sind
daran festgemacht oder hängen an den Ästen. Dieser
Garten ist das Werk von Darvish Khan, eines Hirten, der
seit seiner Geburt taubstumm ist.
in einer Wahnsinnsgeschwindigkeit. Die Folge ist eine
massive Landflucht der Dorfbewohner, die in den Großstädten Arbeit als Angestellte oder Maurer im Baugewerbe finden. So sind die Dörfer verlassen. Die schönen Gebrauchsgegenstände unserer Eltern landen jetzt
hinten im Schrank und werden durch billige Plastikware ersetzt. Adieu Farrahbakch, ehemals schöne
weite Ebene am Fuße des Binaloud-Gebirges von
Nishabur. Vorbei die Erinnerung für die kommende
Generation.« (Kimiavi) »OK MISTER ist die Geschichte
eines legalen Verbrechens: des Kolonialismus. Eine farbenprächtige Geschichte, die die Realität nicht denunziert, sondern sie beschreibt, indem sie ihre Konturen
überzeichnet und sie in aller gebotenen Schärfe darstellt.« (Le Temps)
Hamèh jayé Iran saraye man ast (Iran ist mein Land)
| Iran 1999 | R+B: Parviz Kimiavi | K: Mohammad Alapoush | M: Hossein Alizadeh | D: Behzad Khodaveisi,
Saeed Poursamimi, Parviz Shahinkhou, Mehdi Faghih,
Hooshang Jafari | 86 min | OmeU | Sohrab ist ein junger Schriftsteller, der im Osten des Iran in Kerman lebt.
Er hat gerade eine Anthologie über die alten persischen
Dichter fertiggestellt, über das Thema »die Frau« und
»der Wein«. Er hat große Schwierigkeiten, vom Kultusministerium und von der islamischen Führung die Genehmigung zu bekommen, sein Buch zu veröffentlichen. Auf dem langen Weg, der ihn nach Teheran führt,
erscheinen ihm die Dichter. Jeder von ihnen versucht,
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▶ Freitag, 10. Juni 2016, 18.30 Uhr | Zu Gast: Parviz
Kimiavi
Ya zamene ahu (Oh Beschützer der Gazellen) | Iran
1971 | R+B: Parviz Kimiavi | K: Ismail Emanmi | 26 min
| ohne Dialog | Zum ersten Mal gelang es, mit der
Kamera im Mausoleum von Maschad zu filmen, der
Grabstätte des 8. Imams, den die Schiiten verehren.
Jeden Tag kommen Tausende von Pilgern, um dem
Imam ihre Sorgen und Nöte anzuvertrauen, ihm ihr
Herz auszuschütten, wie einem hohen Beschützer, wie
einem Freund. – P mesle pelican (P wie Pelikan) |
Iran 1972 | R+B: Parviz Kimiavi | K: Mohammad Zarfam | 25 min | OmU | »Während der Erkundungen und
Vorbereitung meines ersten Spielfilms MOGHOLHA
hatte ich die Ruinen von Tabas entdeckt, und Agha
Mirza, der dort seit 40 Jahren hauste. Er erzählte mir
wunderbare Geschichten.« (Kimiavi) – Piremard va
Parviz Kimiavi
▶ Samstag, 11. Juni 2016, 18.30 Uhr | Zu Gast: Parviz
Kimiavi
ihn auf seinen Weg zu lenken. »Die Idee zum Film ist
mir gekommen, als ich eines Tages in Teheran ein Sammeltaxi nahm. So ein Taxi nimmt alle die Fahrgäste auf,
die in die gleiche Richtung fahren wollen. Die Leute stehen am Straßenrand, sehen ein Taxi kommen und rufen
zum Beispiel: Avenue Ferdowsi, Avenue Kayyam, Avenue Hafez. Wenn die Richtung übereinstimmt, bittet sie
der Chauffeur zuzusteigen. Wenn nicht, dann ist seine
Antwort: ›Das ist nicht meine Richtung!‹« (Kimiavi)
▶ Sonntag, 12. Juni 2016, 18.30 Uhr | Zu Gast: Parviz
Kimiavi
Zuschauerkino – Kurzfilmabend des MFZ
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Beim Kurzfilmabend des Münchner Filmzentrums e.V.
(MFZ) können Amateure, Enthusiasten und Profis
zweimal im Jahr ihre Filme auf der Leinwand des Filmmuseums einem interessierten Publikum präsentieren
und sich mit anderen Filmemachern vernetzen.
Vor jedem Film erzählen Beteiligte von Hintergründen,
Entstehungsgeschichte oder Besonderheiten ihres
Werks. Im Anschluss an die Vorführung bietet das MFZ
eine Begegnungsmöglichkeit, damit alle Anwesenden
miteinander ins Gespräch kommen und sich austauschen können (für Erfrischungen ist gesorgt).
Filme einreichen können alle, die einen Kurzfilm gedreht haben, unabhängig von Inhalt oder Format des
Films, ob Spielfilm oder Dokumentation, Real-, Kunstoder Animationsfilm. Das MFZ wählt unter den eingereichten Filmen aus und stellt ein etwa anderthalbstündiges Programm zusammen.
Die Filme müssen bis zum Donnerstag, den 9. Juni
2016 im Filmmuseum eingereicht werden. Möglich
sind die Formate 35mm, 16mm, DigiBeta, BetaSP,
DVD-Video, Blu-ray und DCP. Dateien wie mov, mp4
etc. müssen auf USB-Stick oder Festplatte vorliegen
(keine Speicherkarten oder Downloadlinks). Zugelassen
werden nur Filme bis zu 12 Minuten Länge. Alle Einreichenden, deren Filme im Programm gezeigt werden,
können an der Kasse bis zu fünf Freikarten für den
Zuschauerkino-Filmabend erhalten. Darüber hinaus
bestehen keine weiteren Verpflichtungen des Filmmuseums. Es wird vorausgesetzt, dass die Einreichenden
über die Rechte an ihren Filmen verfügen und diese am
Abend vor der Projektion kurz vorstellen.
INDO EU POR I ABAIxO © Marie Zrenner
Zuschauerkino
?
Kontakt: Filmmuseum München, St.-Jakobs-Platz 1,
80331 München, [email protected], Telefon:
089-233 27718.
▶ Donnerstag, 23. Juni 2016, 19.00 Uhr | Die Filme-
macher und Filmemacherinnen sind anwesend
Homers Odyssee beginnt mit den Zeilen: »Sage mir,
Muse, die Taten des vielgewanderten Mannes, welcher
so weit geirrt …«. Der erzählerische Gestus, mit dem
das Epos eröffnet wird, verweist darauf, dass die Reise
immer schon im Mittelpunkt des Erzählens stand, in
den großen Epen, in Märchen, Sagen, Legenden und
Romanen – und auch in Filmen. Die Homer’sche Odyssee ist dabei so etwas wie das das erzählerische UrModell der Reise, mit dem Aufbruch des Helden, mit
den Abenteuern und Gefahren, denen er ausgesetzt ist,
mit der Heimkehr am Ziel der Reise. Nicht von ungefähr
liegt dem ersten STAR WARS-Film das von dem amerikanischen Mythenforscher Joseph Campbell entwickelte Konzept der Heldenreise als einer kulturübergreifenden »großen Erzählung« zugrunde. Seitdem ist die
Heldenreise als erzählerische Grundstruktur vor allem
im Hollywood-Blockbuster als Erfolgsformel fest etabliert, von STAR WARS über HARRY POTTER bis zum
LORD OF THE RINGS.
Doch auch jenseits der großen Spektakelfilme ist das
Konzept der Heldenreise ein guter Leitfaden angesichts
einer fast unüberschaubaren Zahl filmischer Reisen.
Eine der originellsten Verfilmungen der Odyssee lässt
ihren Helden durch die amerikanischen Südstaaten der
1930er Jahre reisen: O BROTHER, WHERE ART THOU?
von Joel und Ethan Coen beginnt mit den oben zitierten
ersten Zeilen der Odyssee und ist »based upon ›The
Odyssey‹ by Homer«. Dieses »based upon« ist dabei einerseits ein dicht an der Homer’schen Vorlage bleibender Film, was Figuren und Struktur der Reise betrifft,
anderseits aber auch ein ironisch gezeichneter Kosmos
des amerikanischen Südens mit den zentralen Ingredienzien Musik und Rassismus. Die Verschmelzung
eines weltliterarischen Epos mit musikalischer und politischer Folklore macht den Reiz dieses Reisefilms aus,
der auch dessen zentrale Charakteristika in sich vereint: Eine Flucht- und eine Suchbewegung.
Sei es die Suche nach dem sagenhaften Goldland El
Dorado in Werner Herzogs AGUIRRE, DER ZORN GOTTES, nach dem »Herz der Finsternis« in Francis Ford
Coppolas APOCALYPSE NOW, nach den Angehörigen
eines elternlosen kleinen Mädchens in ALICE IN DEN
STÄDTEN von Wim Wenders oder nach dem unbekannten Vater irgendwo zwischen Patagonien und Mexiko in
Reisen im Film
THE GRAPES OF WRATH
Unterwegs: Reisen im Film
57
Reisen im Film
EL VIAJE (DIE REISE) von Fernando E. Solanas – immer
ist die jeweilige Reise eine durchgehende Suchbewegung. John Fords THE SEARCHERS kündigt sie schon
im Titel an. Man ist auf der Suche nach Schätzen wie
dem Goldenen Vlies in JASON AND THE ARGONAUTS,
noch unerforschten Territorien wie dem Süden Sibiriens
in Akira Kurosawas DERSU UZALA oder fernen Welten
wie in Christopher Nolans Zeitreise-Abenteuer INTERSTELLAR – im Grunde die Blockbuster-Version von
Andrej Tarkovskijs SOLARIS.
Es ist auch Tarkovskij gewesen, der mit STALKER wohl
eine der faszinierendsten filmischen Suchbewegungen
als Reise in die Innenwelt einer verbotenen Zone inszeniert hat. Tarkovskij ließ neben sich nur wenige andere
gelten, wie Robert Bresson, Akira Kurosawa und Ingmar Bergman, der in SMULTRONSTÄLLET (WILDE ERDBEEREN) die Reise eines alten Medizin-Professors zur
Bilanz eines Lebens verdichtet. Er ist eine ebenso eindrucksvolle Bergman-Figur wie der von Max von Sydow
gespielte Kreuzritter, der in der Mittelalter-Parabel DET
SJUNDE INSEGLET (DAS SIEBENTE SIEGEL) durch ein
von der Pest verwüstetes Schweden zieht.
Fantastische Reisen sind im Kino seit jeher ein beliebtes Sujet, weil sie sich gleichermaßen für buntes Fabulieren und das Abtauchen in ferne und fremde Welten
oder Erfahrungsräume eignen wie auch für einen ethnographischen oder gesellschaftskritischen Zugang.
Gerade die Mischung solcher Zutaten macht den Reiz
von Filmen wie SILENT RUNNING von Douglas Trumbull,
LIFE OF PI von Ang Lee oder JOHANNA D’ARC OF
MONGOLIA von Ulrike Ottinger aus, so sehr sie sich
EASY RIDER
58
auch thematisch und stilistisch unterscheiden mögen.
Deshalb lässt sich das Kino der fantastischen Reisen
auch inhaltlich und stilistisch keinem Genre zuordnen.
Seit im MGM-Klassiker THE WIZARD OF OZ von Victor
Fleming Judy Garland von einem Sturm aus der
schwarzweißen Alltagswelt ins technicolorbunte Land
jenseits des Regenbogens gewirbelt wurde, ist die
Magie des Abtauchens in eine fremde, fantastische
Welt selten so suggestiv inszeniert worden wie in der
Eröffnungssequenz von Lars von Triers EUROPA, wenn
die sonore Stimme eines echten Hypnotiseurs die
Wahrnehmung des Zuschauers auf das dann folgende
expressionistische Panoptikum einstimmt – ein Effekt,
der in der deutschen Synchronisation des Films im übrigen völlig verloren geht.
Das Genre par excellence der filmischen Reise ist der
Western: Die typische Suchbewegung ist ihm quasi als
Genre-DNA eingeschrieben. Die Expansion der USA
vom Mississippi bis zum Pazifik wurde gegen Ende des
19. Jahrhunderts zum Mythos der frontier, der offenen
Grenze zwischen Zivilisation und Wildnis, verklärt und
im Western zur großen historischen Erzählung ausgebaut. Dieser ideologische Transfer von Geschichte in
Mythos ist oft beschrieben worden. Der Western hat
dafür ikonische Bilder geschaffen wie den Planwagentreck oder den Bau der transkontinentalen Eisenbahn.
Es sind Bilder, die weltweit Teil des kulturellen Gedächtnisses sind und, mit jeweils zeittypischen Varianten,
immer wieder neu abgerufen werden können.
»Dedicated to the men and women who planted civilization in the wilderness and courage in the blood of their
eher ziel- und orientierunglos verhalten, und auch die
Suchbewgungen sich eher im Kreise drehen oder im
Nichts oder im Tod enden. Es sind Filme, die sich keinem Genre zuordnen lassen und stark von Atmosphären und Stimmungen leben. Sei das eine mit Genrezitaten und popkulturellen Verweisen ausgeschmückte
Reise zum Mittelmeer in Jean-Luc Godards ironischem
Anarcho-Märchen PIERROT LE FOU (ELF UHR
NACHTS), eine ziellos durch ein winterliches Südfrankreich vagabundierende junge Frau in Agnès Vardas
SANS TOIT NI LOI (VOGELFREI) oder ein orientierungslos durch eine grau verhangene Po-Ebene Getriebener
wie in Michelangelo Antonionis frühem Meisterwerk IL
GRIDO (DER SCHREI): Immer verlieren sich die Figuren
in Seiten- und Kreisbewegungen, steht das Episodi-
sche, das eher beiläufig Inszenierte im Vordergrund,
ohne sich zu einem erzählerischen Gesamtzusammenhang fügen zu wollen.
Fluchtbewegungen sind immer schon ein großes Thema des Kinos gewesen, wenn es um Vertreibung, um
Flucht vor Krieg und vor Armut, um beschwerliche und
gefährliche Reisewege geht. Private Schicksale sollen
dabei anschaulich machen, was ganzen gesellschaftlichen Gruppen widerfährt. Das reicht von John Fords
John Steinbeck-Verfilmung THE GRAPES OF WRATH
über die in den 1930er Jahren aus der dust bowl des
mittleren Westens fliehenden Farmerfamilien bis zu
einem aktuellen Film wie LA PIROGUE (DIE PIROGE) des
senegalesischen Regisseurs Moussa Touré, der zeigt,
was es heißt, sich als Flüchtling von Afrika aus in einem
überfüllten, oft seeuntüchtigen Boot aufs offene Meer
Richtung Europa zu wagen.
Natürlich kommt man beim Thema Reisefilme an Jules
Verne nicht vorbei. Sein Erfolgsrezept waren Abenteuerund Entdeckungsreisen, angereichert mit viel Fortschrittsoptimismus und Technikbegeisterung. Darin
war er ein typisches Kind des 19. Jahrhunderts. Schon
Reisen im Film
IL GRIDO – DER SCHREI
children«. Diese Widmung steht am Anfang von THE
BIG TRAIL von Raoul Walsh, einem Film, der 1930
schon viele zentrale Westernmotive in sich vereinigte:
Der große Siedlertreck über fast 3000 km nach Westen, als Reise voller Strapazen und Gefahren wie extremer Hitze, Schneestürme, Gebirgsbarrieren und Indianerangriffen. Gedreht wurde das erstaunlicherweise
schon im panoramatischen 70mm-Breitwandverfahren,
das damals allerdings kaum ein Kino zeigen konnte.
Erst heute, nach einer aufwändigen Restaurierung, verleihen die majestätischen Landschaftspanoramen dem
Film die epische Aura einer filmischen Odyssee und
machen ihn zu einer eindrucksvollen Wiederentdeckung.
Neben den Suchbewegungen sind es die Fluchtbewegungen, die jemanden zu einer nicht geplanten, unfreiwilligen Reise zwingen. In Hitchcocks definitivem
Fluchtfilm NORTH BY NORTHWEST, der in Deutschland
den Titel DER UNSICHTBARE DRITTE erhielt, gibt Cary
Grant einen der elegantesten Flüchtenden in der Geschichte des Kinos ab, selbst noch in der berühmten
Szene des Flugzeugangriffs im Maisfeld. Weniger elegant, dafür mit größerem körperlichen Einsatz geht es
in THE FUGITIVE zu, wenn der flüchtige Harrison Ford
durch die USA hetzt, um seine Unschuld zu beweisen.
Der Film basiert auf der Fernsehserie AUF DER FLUCHT
aus den 1960er Jahren, die für ein weltweites Publikum zum Inbegriff des Unschuldig-auf-der-FluchtSeins wurde, verfolgt von der Polizei, der Mafia oder
obskuren Geheimdiensten – eine Konstellation, von der
zahlreiche Genrefilme zehren. Eines der bekanntesten
und populärsten Beispiele für einen solchen Fluchtfilm
dürfte Ridley Scotts THELMA & LOUISE sein – sozusagen die feministische Variante des durch EASY RIDER
geprägten Roadmovie-Genres, in dem weibliche Protagonisten eher die Ausnahme sind.
Eine der genremäßig reinsten Ausprägungen des
Fluchtmotivs findet sich in Joseph Loseys hierzulande
so gut wie unbekanntem Meisterwerk mit dem lakonischen Titel FIGURES IN A LANDSCAPE: Zwei Männer
auf der Flucht durch wechselnde Landschaften, verfolgt von einem Hubschrauber, aus dessen Perspektive
die beiden immer wieder ins Visier genommen werden.
Deshalb auch der deutsche Verleihtitel IM VISIER DES
FALKEN. Der Film schafft ein ähnliches Klima latenter
Bedrohung wie Steven Spielbergs Kinodebüt mit dem
lakonischen Titel DUEL, der ebenfalls eine Genre-Konstellation ohne Nebenhandlungen und Abwege auf
ihren dramaturgischen Kern reduziert.
Ganz anders gehen die Filme vor, in denen sich die
jeweiligen Protagonisten in ihren Fluchtbewegungen
59
gegen die anderen Gentlemen im Londoner Reform
club gewettet, dass er mit den neuesten Fortbewegungsmitteln in nur 80 Tagen die Welt umrunden
könne. Eines der Hindernisse in diesem Rennen gegen
die Zeit ist Inspector Fix von Scotland Yard, der Fogg
des Einbruchs in die Bank of England verdächtigt. Mit
dieser Großproduktion, die bis in die kleinsten Rollen
mit internationalen Stars besetzt wurde, versuchte Produzent Michael Todd, der schon mit Orson Welles 1943
an einer Bühnenversion des Jules-Verne-Romans gearbeitet hatte, sein neuartiges Breitwandverfahren durchzusetzen: Todd-AO. Vorgeführt wird eine ungekürzte
35mm-Kopie mit Ouvertüre und Pausenmusik.
▶ Sonntag, 3. Juli 2016, 18.30 Uhr
Reisen im Film
Unterwegs
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Georges Méliès griff 1902 bei seiner VOYAGE DANS LA
LUNE (DIE REISE ZUM MOND) auf eine Vorlage von
Verne zurück; fast jedes seiner Bücher ist seitdem
mehrfach verfilmt worden. Aus einem seiner bekanntesten Romane ist auch die bis heute populärste Verfilmung entstanden: AROUND THE WORLD IN 80 DAYS
im spektakulären Breitwandverfahren Todd-AO gedreht.
Ein Film wie ein bunt bebilderter Reisekatalog des
19. Jahrhunderts, als das British Empire noch den Ton
angab und man den Globus schon zu Lande per Eisenbahn, zu Wasser per Dampfschiff und in der Luft per
Ballon umrunden konnte. Ein Film, den die meisten nur
aus dem Fernsehen kennen dürften, der aber nur auf
der Kinoleinwand seinen ganzen Charme entfaltet.
Ernst Schreckenberg
Around the World in 80 Days (In 80 Tagen um die
Welt) | USA 1956 | R: Michael Anderson | B: James
Poe, John Farrow, S.J. Perelman, nach dem Roman von
Jules Verne | K: Lionel Lindon | M: Victor Young | D:
David Niven, Cantinflas, Shirley MacLaine, Robert
Newton, Marlene Dietrich, Peter Lorre, Buster Keaton,
Noel Coward, Fernandel, Frank Sinatra, John Gielgud,
Martine Carol | 182 min | OF | 1872. Phileas Fogg hat
The Big Trail (Die große Fahrt) | USA 1930 | R: Raoul
Walsh | B: Hal G. Evarts | K: Arthur Edeson | D: John
Wayne, Marguerite Churchill, El Brendel, Tully Marshall,
Tyrone Power | 122 min | OmU | Mit Hunderten von
Planwagen, Pferden und Rindern zog Regisseur Raoul
Walsh vier Monate lang durch den Westen auf dem
legendären Oregon-Trail: Der Produktionsstab belief
sich ohne die Schauspieler auf 200 Personen, darunter
22 Kamera- und Regieassistenten, 4300 Meilen wurden zurückgelegt. Es wurde sogar eine Breitwandversion in 70mm hergestellt. »Raoul Walsh setzt dem pompösen Wesen des Subgenre des Planwagen- oder
Treckfilms einen poetisch-lässigen Stil entgegen, der
so schön und locker wirkt wie der unnachahmliche
Gang von John Wayne. THE BIG TRAIL ist so weniger
ein heroischer Pionierwestern als vielmehr ein Trip in
ein amerikanisches terrain vague, ein Roadmovie durch
innere und äußere amerikanische Welten, durch unschuldige Landschaften der Sehnsucht und der Unwägbarkeit.« (Hans Schifferle)
▶ Dienstag, 5. Juli 2016, 20.00 Uhr
Il Grido (Der Schrei) | Italien 1957 | R: Michelangelo
Antonioni | B: Michelangelo Antonioni, Elio Bartolini,
Ennio De Concini | K: Gianni Di Venanzo | M: Giovanni
Fusco | D: Steve Cochran, Alida Valli, Betsy Blair, Gabriella Pallotta, Dorian Gray | 116 min | OmeU | »Eine
Odyssee durchs Unglück. Ihr Antiheld: ein Fabrikarbeiter, der von der Frau, die er liebt, zurückgewiesen wird,
die kleine Tochter nimmt und sich mit ihr auf eine Wanderung durch desolate Landschaften begibt. Dieser
Gang ist so vergeblich wie notwendig: Erst durch ihn
realisiert der Unglückliche, dass ihm kein anderer Aus-
▶ Mittwoch, 6. Juli 2016, 20.00 Uhr
The Grapes of Wrath (Früchte des Zorns) | USA
1940 | R: John Ford | B: Nunnally Johnson, nach dem
Roman von John Steinbeck | K: Gregg Toland | M:
Alfred Newman | D: Henry Fonda, Jane Darwell, John
Carradine, Charley Grapewin, Dorris Bowdon, John
Qualen | 129 min | OF | »Die Geschichte der Joads, die
von den Banken um ihre Farm gebracht werden, mit
vielen Leidensgenossen verlockenden Angeboten folgen und durch das riesige Land nach Kalifornien ziehen, wo sie als Erntearbeiter ausgebeutet und unterdrückt werden. Wie damals die Planwagen, so ziehen
jetzt die Autos in langen Kolonnen westwärts. in ihnen
sitzen abermals Menschen voller Hoffnung auf ein
neues Land, ein neues Leben. Wieder werden sie bekämpft und vertrieben – aber diesmal nicht von Indianern, sondern von den eigenen Landsleuten, von der
Polizei. Aus dem glorreichen Kampf der Vergangenheit
ist eine Art Bürgerkrieg geworden, aus dem Kampf der
Rassen ein Kampf der Klassen.« (Dieter Krusche)
▶ Donnerstag, 7. Juli 2016, 20.00 Uhr
Alice in den Städten | BRD 1974 | R+B: Wim Wenders
| K: Robby Müller | M: The Can | D: Rüdiger Vogler, Yella
Rottländer, Lisa Kreuzer, Edda Köchl, Hans Hirschmüller
| 112 min | »ALICE IN DEN STÄDTEN ist, wie der Titel
schon sagt, an seiner Oberfläche ein Reisefilm, eine
Dokumentation von Schauplätzen und einer Bewegung
mit allen möglichen Fortbewegungsmitteln (Auto, UBahn, Flugzeug, Bus, Schwebebahn, Eisenbahn). In dieser Hinsicht nimmt Wenders den amerikanischen Ausdruck für den Film – Movie = Moving Pictures – beim
Wort: Seine Bildästhetik ist von ausgiebigen Fahrtaufnahmen – travelling shots – geprägt. Der Zuschauer
begleitet den Protagonisten, und zu den schönsten
Augenblicken des Films gehört der Schwenk, der als
›Fernrohrblick‹ den Flug einer Möwe durch New Yorks
Hochhausschluchten verfolgt, oder die Kamerafahrt
neben einem Jungen auf dem Fahrrad. Denn unterschwellig ist die Reise durch den Raum zugleich eine
durch die Zeit zurück zur Kindheit.« (Andreas Rost)
▶ Freitag, 8. Juli 2016, 18.30 Uhr
Middle of the Moment | Deutschland 1995 | R+B: Nicolas Humbert & Werner Penzel | K: Chilinski | M: Fred
Frith, Michaela Dietl | 78 min | »Unsere Reisen waren
nicht nur Annäherungen an alte und neue Lebensformen des Nomadisierens, sondern sicher ebenso sehr
die Suche nach dem poetischen Vokabular des Films
mit all seinen Möglichkeiten des freien Spiels. Wir
haben ihn MIDDLE OF THE MOMENT genannt. Vielleicht weil es das ist, was uns so hinzieht zum Leben im
Unterwegs: Die Empfindung für die Mitte des Moments,
mit jedem Lidschlag anderswo, zwischen Ankunft und
Abschied, immer weiter ins Offene hinaus. Auf dem
Friedhof Père Lachaise in Paris fanden wir ein Grab
ohne Namen, das nur einen Satz trägt, der für uns zu
einer Songline wurde, die den Film durchzieht und von
der großen Passage erzählt, auf der wir uns alle befinden: ›Sie waren verwundert über die Schönheit der
Reise, die sie bis ans Ende des Lebens führte.‹« (Nicolas Humbert & Werner Penzel)
▶ Freitag, 8. Juli 2016, 21.00 Uhr
Unter den Brücken | Deutschland 1945 | R: Helmut
Käutner | B: Walter Ulbrich, Helmut Käutner | K: Igor
Oberberg | M: Bernhard Eichhorn | D: Carl Raddatz,
Gustav Knuth, Hannelore Schroth, Ursula Grabley, Hildegard Knef | 99 min | Zwei Binnenschiffer fahren auf
ihrem Schleppkahn auf der Havel. Ihr ruhiges Leben ändert sich, als sie die hilflos wirkende Anna mitnehmen.
»Es gibt einen Film von mir, den ich sehr liebe und von
dem ich beinah glaube, dass es mein bester ist, das ist
UNTER DEN BRÜCKEN. Dieser Film war eine friedliche
Dokumentation unserer eigenen Wünsche: Wir lebten
Reisen im Film
weg bleibt, als heimzukehren, weil er nicht fähig ist,
sich (und seine Vision des Glücks) zu ändern. Das Finale weist die vorherige Bewegung als verzweifelten,
horizontalen Aufschub eines unaufhaltsamen Sturzes
aus. Steve Cochran gibt den Prototyp des existentiellen
drifters, während Antonioni unbeeindruckt sein Treiben
als virtuoses Zusammenfallen von äußerer Leere und
innerer Entfremdung inszeniert.« (Christoph Huber)
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verträumt neben der Zeit und lenkten uns durch die
Arbeit von dem Schrecklichen ab. Wer ihn heute sieht,
wird überhaupt nicht begreifen können, dass damals,
als es eigentlich keine Zukunft mehr gab und der völlige Zusammenbruch Deutschlands nur noch eine
Frage von Tagen war, Menschen in der Lage waren,
eine so stille, einfache, fast idyllische Geschichte zu verfilmen.« (Helmut Käutner)
▶ Samstag, 9. Juli 2016, 18.30 Uhr
Easy Rider | USA 1969 | R: Dennis Hopper | B: Peter
Fonda, Dennis Hopper, Terry Southern | K: Lászlo Kovács | D: Peter Fonda, Dennis Hopper, Jack Nicholson,
Phil Spector, Karen Black | 95 min | OmU | »Der Film
handelt von zwei Hasch rauchenden Motorradfahrern,
die als eine Art verspäteter ›Pioniere‹ in verkehrter Richtung durch die Vereinigten Staaten fahren, von Westen
nach Osten, auf der Suche nach einem geistigen El
Dorado. Nicht zum ersten Mal bediente sich der Film
der Hippies und des Drogenkults, aber trotz einiger
schmerzlicher Entgleisungen ist EASY RIDER der erste
glaubwürdige Film über dieses Thema. Hopper schrieb
mit Fonda und Terry Southern das Drehbuch; und, was
am wichtigsten ist, Hopper führte auch Regie.« (Stanley
Kauffmann) »Die Geschichte dieses Films ist auch die
der Musik, die ihn begleitet: zehn vertraute Folk- und
Rockstücke, alle schon vor dem Film auf Schallplatte erschienen. Sie illustrieren nicht einfach die Bilder des
Films, die Bilder handeln vielmehr von ihnen.« (Wim
Wenders)
Balchère, Jean-Louis Perletti, Macha Méril, Yolande
Moreau | 105 min | OmeU | »Die ersten Bilder zeigen
die Leiche einer mageren, verdreckten jungen Streunerin, die in einem Ackergraben liegt. Agnès Varda zeichnet ihre letzten Wochen nach: ihre Bewegung auf dieses Ende hin, ihre trotzige, zunehmend auch verzweifelte Einsamkeit, die sie als ›Freiheit‹ versteht, ihr Sichtreiben-Lassen, rastlos, ziellos. Mona, von der Hand in
den Mund lebend, ist ganz Verweigerung. Was diese
Reisen im Film
▶ Samstag, 9. Juli 2016, 21.00 Uhr
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Der Geschmack der Fremde – Inszenierungen des
Reisens im Kino | Vortrag mit Filmbeispielen von Ernst
Schreckenberg | 90 min | Die Attraktion einer Reise besteht in der sich ständig verändernden Wahrnehmung
neuer Landschaften und Szenerien, anderer Sprachen
und Umgangsformen, anderer Düfte, Farben und Geräusche. Filme können ein Sensorium für die sinnlichen
Momente einer Reise entwickeln, mit Vorliebe für die
Momente des Aufbrechens und des Ankommens. Wenn
sich in Josef von Sternbergs SHANGHAI EXPRESS ein
dampfumhüllter Zug im Hauptbahnhof von Beijing langsam in Bewegung setzt, inmitten eines chaotischen Gewimmels von Menschen, dann ist man als Zuschauer
eingehüllt in die Atmosphäre des exotischen Ortes. Und
die ganze morbide Atmosphäre, die Todesahnung, in
Luchino Viscontis MORTE A VENEZIA (TOD IN VENEDIG)
ist schon in der Anfangssequenz ungeheuer präsent,
wenn sich der Dampfer im Morgengrauen aus dem milchigen Grau über der Lagune schält.
▶ Sonntag, 10. Juli 2016, 18.30 Uhr
Sans toit ni loi (Vogelfrei) | Frankreich 1985 | R+B:
Agnès Varda | K: Patrick Blossier | M: Joanna Bruzdowicz | D: Sandrine Bonnaire, Setti Ramdane, Francis
simple Geschichte so anrührend macht, verstörend und
schutzlos, ist Agnès Vardas weit offener Blick, ihre Behutsamkeit, ihr Umgang mit scheinbar einfachsten Mitteln. Gleichförmige Kamerafahrten, immer von rechts
nach links (also ›gegen den Strich‹), begleiten die junge
Aussteigerin/Tramperin/Landstreicherin auf ihrem Zickzack-Kurs ohne Ziel.« (Urs Jenny)
▶ Sonntag, 10. Juli 2016, 21.00 Uhr
Fantastische Reisen
Jason and the Argonauts (Jason und die Argonauten) | GB 1963 | R: Don Chaffey | B: Jan Read, Beverley
Cross | K: Wilkie Cooper | M: Bernard Herrmann | D:
Todd Armstrong, Nancy Kovack, Gary Raymond, Laurence Naismith, Michael Gwynn | 104 min | OF | Klassische Verfilmung der griechischen Sage mit legendären
JASON AND THE ARGONAUTS
▶ Dienstag, 12. Juli 2016, 20.00 Uhr
Life of Pi (Schiffbruch mit Tiger) | USA 2012 | R: Ang
Lee | B: David Magee, nach dem Roman von Yann Martel | K: Claudio Miranda | M: Mychael Danna | D: Suraj
Sharma, Irrfan Khan, Adil Hussain, Tabu, Gérard Depardieu | 127 min | OmU | 3D | Ein Schiffbrüchiger und ein
Tiger müssen sich auf einer langen Irrfahrt auf dem
Meer ein Rettungsboot teilen. »Während seine Kollegen
die moderne 3D-Technik vor allem für fantastische und
animierte Abenteuer und Fantasien einsetzen, benutzt
Ang Lee sie, um eine nie gekannte Nähe zur Wirklichkeit herzustellen, um die Distanz zwischen seinem gebeutelten Helden und den Zuschauern nahezu aufzuheben. Statt die Bilder eines Tigers zu sehen, macht man
die Erfahrung, in der Nähe des Tigers zu sein. Statt
schöne Prospekte zu betrachten, erlebt man atemberaubende Naturschauspiele, im prasselnden Regen
eines Unwetters, inmitten einer spiegelglatten goldfarbenen Wasserfläche, unter bizarren Wolkenformationen, Lichtspielen oder nachtschwarzem Sternenhimmel.« (Anke Sterneborg)
▶ Mittwoch, 13. Juli 2016, 20.00 Uhr
Snowpiercer | Korea 2013 | R: Bong Joon-Ho | B:
Bong Joon-Ho, Kelly Masterson | K: Hong Kyung-Pyo |
M: Marco Beltrami | D: Chris Evans, Song Kang-Ho, Ed
Harris, John Hurt, Tilda Swinton | 126 min | engl. OmU
| »Im Jahr 2031 ist der finale Albtraum der Menschheit
eine ewige Zugfahrt: Beim ehrenwerten Versuch, die
Erderwärmung zu stoppen, ist man Jahre zuvor etwas
über das Ziel hinausgeschossen – und hat eine neue
Eiszeit ausgelöst. Die wenigen Überlebenden haben im
›Snowpiercer‹ Zuflucht gefunden, einem Zug, der als
eine Art Arche Noah im Perpetuum Mobile-Betrieb ununterbrochen durch schneeweiße Landschaften rast, in
denen kein Leben mehr möglich ist. In Vorderteil residieren luxuriös die oberen Schichten zwischen Champagner- und Sushi-Waggon, während der Großteil der
Restmenschheit in die Gefängniswagen am Ende gepfercht wurde. Ein ziemlich irres Jump’n’Run-Spektakel, als wäre man in einem manisch-depressiven Arcade-Spiel gelandet.« (David Steinitz)
▶ Donnerstag, 14. Juli 2016, 20.00 Uhr
Fantastic Voyage (Die phantastische Reise) | USA
1966 | R: Richard Fleischer | B: Harry Kleiner | K: Ernest
Laszlo | M: Leonard Rosenman | D: Stephen Boyd, Raquel Welch, Edmond O’Brien, Donald Pleasence, Arthur
Reisen im Film
Spezialeffekten von Ray Harryhausen. »Jasons Suche
nach dem mythischen Vlies findet in der Suche nach
den ultimativen visuellen Effekten eine durchaus passende Entsprechung. Der Kampf mit den Skeletten ist
nur der Höhepunkt einer Serie von special visual effects, die mit der Überblendung von göttlicher und
menschlicher Sphäre beginnt und sich nach dem Prinzip von Variation und Steigerung mit dem Kampf gegen
den Koloss Talos, auf der Insel der Titanen, dem Sieg
über die Harpyien, der Fahrt durch die schlagenden Felsen und der Tötung der neunköpfigen Hydra fortsetzt,
um dann im Endkampf gegen die aus dem Boden
wachsenden Skelette zu kulminieren.« (Inge Stephan)
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Kennedy | 100 min | OF | Weil ein Wissenschaftler bei
einem Attentat ein lebensgefährliches Blutgerinnsel im
Gehirn erhalten hat, wird ein Team von Wissenschaftlern mitsamt einem U-Boot auf Minigröße geschrumpft
und in die Blutbahn des bewusstlosen Professors injiziert. »Das Vergnügen, das Fleischers Film verbreitet,
ist ein rein filmisches: Es ergibt sich daraus, dass auf
der Leinwand die Männer im Boot und die im Hauptquartier gleich groß erscheinen (was sie ›in Wirklichkeit‹ ja auch sind), die Fiktion der Geschichte aber
gänzlich darauf beruht, dass die einen normal, die anderen aber unendlich klein sein sollen. Die Erinnerung
daran überrascht den Zuschauer stets aufs Neue, und
das Ergebnis ist ein Gefühl wie das, das Edmond
O’Brien beschleicht, als er eine Ameise umbringen will
und es plötzlich nicht mehr kann.« (Enno Patalas)
Reisen im Film
▶ Freitag, 15. Juli 2016, 18.30 Uhr
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Silent Running (Lautlos im Weltall) | USA 1972 | R:
Douglas Trumbull | B: Deric Washburn, Michael Cimino,
Steven Bochco | K: Charles F. Wheeler | M: Peter Schickele | D: Bruce Dern, Cliff Potts, Ron Rifkin, Jesse Vint
| 89 min | OmU | »Was für ein merkwürdiger Film. Ein
Raumschiff, irgendwann in der Zukunft, von der wir soviel wissen, dass auf Erden der Frieden nach Art einer
schönen neuen Welt herrscht, dafür die Natur hinüber
ist: Kein Baum mehr, nirgends. Nur auf dem Raumschiff, drei große Biosphären-Kuppeln, Natur pur, deren
Heger und Pfleger ist der in seiner Gärtner-Kutte vorgestellte Freeman Lowell. Auf irdisches Kommando sollen,
aufgrund von Budgetkürzungen, die Kuppeln gesprengt
werden, die Astronauten auf die Erde zurückkehren.
Lowell, bisher nichts als ein sanfter Öko-Hippie, erweist
sich als beinharter Verteidiger des von ihm bestellten
Paradieses: Er macht sich davon in die Tiefen des Weltalls und freundet sich an mit drei reizenden kleinen
Robotern, die für Hilfsdienste auf dem Schiff zuständig
sind.« (Ekkehard Knörer)
▶ Freitag, 15. Juli 2016, 21.00 Uhr
The Wizard of Oz (Das zauberhafte Land) | USA
1939 | R: Victor Fleming | B: Noel Langley, Florence Ryerson, Edgar Allan Woolf, nach dem Buch von L. Frank
Baum | K: Harold Rosson | M: Harold Arlen | D: Judy
Garland, Frank Morgan, Ray Bolger, Bert Lahr, Jack
Haley, Margaret Hamilton | 102 min | OF | Berühmtes
Hollywood-Musical um Dorothy, die von einem Sturm
mitsamt ihrem Haus in den düsteren Himmel des
grauen Kansas gewirbelt wird und sich in einem bunten
Technicolor-Zauberland wiederfindet. »In seinen kraftvollsten emotionalen Augenblicken ist dies ganz unbe-
streitbar ein Film über die Freuden darüber, fortzugehen, das Grau zurückzulassen, die Farbe zu betreten,
darüber, ein neues Leben an einem ›Ort ganz ohne Aufregung‹ anzufangen. ›Over the Rainbow‹ ist die Hymne
aller Migranten der Welt – oder sollte es sein –, all
jener, die sich auf die Suche nach einem Ort machen,
wo ›die Träume, die man zu träumen wagt, tatsächlich
wahr werden‹. Es ist ein Lobgesang auf das entwurzelte Ich, eine Hymne – die Hymne – an das Anderswo.« (Salman Rushdie)
▶ Samstag, 16. Juli 2016, 18.30 Uhr
Europa | Dänemark 1991 | R: Lars von Trier | B: Lars
von Trier, Niels Vørsel | K: Henning Bendtsen, Edward
Klosinsky, Jean-Paul Meurisse | M: Joakim Holbek | D:
Jean-Marc Barr, Barbara Sukowa, Udo Kier, Ernst-Hugo
Järegård, Eddie Constantine, Max von Sydow, Dietrich
Kuhlbrodt | 112 min | engl. OmU | 1945 im vom Weltkrieg zerstörten Deutschland: »Der junge DeutschAmerikaner, der von seinem servil-peniblen deutschen
Onkel die Stelle eines Schlafwagenschaffners vermittelt bekommt, geht durch die Begegnungen in Zugabteilen, auf apokalyptischen Bahnhöfen und in der makaber symbolgeladenen ›Zentropa‹-Feudalvilla wie durch
eine bizarre Kafka-Szenerie von Panoptikumsfiguren.
Dass Lars von Trier dabei kunstvolle Tricks der Bildmontage in einem Bravourakt bündelt und immer wieder
verblüfft mit suggestiven Horror-Perspektiven der Angst
und des Psycho-Schocks, macht den Film zuweilen zu
einem optischen Selbstzweck-Kunststück der virtuosen
Kino-Technik, voll grimmig dunkler Lust am Spiel mit
dem Absurden.« (Ponkie)
▶ Samstag, 16. Juli 2016, 21.00 Uhr
Johanna d’Arc of Mongolia | BRD 1989 | R+B+K: Ulrike Ottinger | M: Wilhelm Dieter Siebert | D: Delphine
Seyrig, Irm Hermann, Gillian Scalici, Inès Sastre, Re
Huar Xu, Peter Kern, Nougzar Sharia, Christoph Eichhorn | 165 min | OmU | In der Transsibirischen Eisenbahn treffen sich vier völlig verschiedene Frauen, die
diese Reise mit großen Erwartungen angetreten haben.
Sie begegnen drei exzentrischen Herren und lassen
sich von einer georgischen Damencombo unterhalten.
Die Damen steigen um auf die Transmongolische, die
von einer geheimnisvollen Prinzessin und ihren Reiterinnen überfallen wird. Sie werden entführt, ziehen mit
einer Nomadenkarawane über die endlosen Steppen,
während sie mit archaischen Ritualen und jahrhundertealten Geheimnissen vertraut gemacht werden.
»Komische Aspekte inszeniert Ulrike Ottinger ganz als
Situationskomik im Aufprall der beiden Kulturen. Jeder
Gejagt und verfolgt
Thelma & Louise | USA 1991 | R: Ridley Scott | B: Callie Khouri | K: Adrian Biddle | M: Hans Zimmer | D:
Susan Sarandon, Geena Davis, Harvey Keitel, Michael
Madsen, Christopher McDonald, Stephen Tobolowsky,
Brad Pitt | 130 min | OmU | »Eine amerikanische Hausfrau und eine Fast-food-Serviererin. Keine Schönheiten,
keine Vamps, keine Mütter, keine Engel. Frauen wie
diese kommen im Kino nicht vor: In der Welt der Mythen haben sie keinen Platz. Ridley Scott hat sie zu Heldinnen gemacht. Sein Film erzählt die Geschichte
zweier Frauen, an denen nichts Besonderes ist, und er
erzählt nur von ihnen. Es ist der Realitätssinn der
Frauen, ihr Wissen um den Sexismus und um ihre Ohnmacht dagegen, der sie den Männern überlegen sein
lässt. Ihre Figuren sprengen die Klischees, indem sie
deren Herrschaft anerkennen. Susan Sarandon als tatkräftige Louise und Geena Davis als naiv-komische
Thelma sind gleichsam über die Filmbilder selbst erhaben, ihrer Rolle, dem Plot und der Kinokonvention um
dieselbe Spur voraus wie Harvey Keitel und seinen Polizisten.« (Christiane Peitz)
▶ Dienstag, 19. Juli 2016, 20.00 Uhr
▶ Mittwoch, 20. Juli 2016, 20.00 Uhr
North by Northwest (Der unsichtbare Dritte) | USA
1959 | R: Alfred Hitchcock | B: Ernest Lehman | K: Robert Burks | M: Bernard Herrmann | D: Cary Grant, Eva
Marie Saint, James Mason, Jessie Royce Landis, Leo G.
Carroll, Martin Landau | 136 min | OF | »NORTH BY
NORTHWEST ist wieder ein Action-Thriller als ThrillerKomödie, mit einem verfolgten Verfolger, unterwegs
diesmal per Automobil, Bahn, Flugzeug durch den amerikanischen Nordosten, die Initiationsreise eines Paares
Reisen im Film
▶ Sonntag, 17. Juli 2016, 18.30 Uhr
Wú Rén Qū (Niemandsland) | China 2013 | R: Ning
Hao | B: Ning Hao, Shu Ping, Xing Aina | K: Du Jie | M:
Nathan Wong | D: Xu Zheng, Yu Nan, Huang Bo, Duo
Bujie, Tao Hong | 117 min | OmU | Es beginnt mit einem
Kampf von zwei Wilderern um einen seltenen Falken, in
den die Polizei und ein windiger Rechtsanwalt aus der
Stadt einbezogen wird. Jeder versucht jeden übers Ohr
zu hauen, und die Geschichte mündet in eine Flucht
und Verfolgungsjagd mit immer wieder überraschenden absurden Wendungen durch eine Wüstenlandschaft im Nordwesten Chinas, die an den Südwesten
der USA erinnert. Der von der chinesischen Zensur
lange zurückgehaltene »neo-western thriller« (Elizabeth
Kerr) ist eine Parabel auf eine aus den Fugen geratene
Gesellschaft, in der keine moralischen Skrupel mehr
gelten. Der außerhalb Chinas nur auf Filmfestivals
gezeigte Publikumshit knüpft in seinen CinemaScopeBildern an die großen Werke von Sergio Leone an und
ist durchtränkt vom absurden Aberwitz der Filme der
Coen-Brüder.
65
NORTH BY NORTHWEST
Anflug von Exotismus wird gebrochen im einerseits
dokumentarischen Gestus und andererseits durch die
Herausarbeitung der ästhetisch-autonomen Aspekte
des Fremden.« (Gertrud Koch)
und insofern ein zweites amerikanisches Remake von
THE 39 STEPS. Statt, wie in SABOTEUR, Roosevelts
Amerika nach Pearl Harbour, nun dasjenige Eisenhowers im Kalten Krieg. Jede Episode verbindet sich
mit einem anderen geographisch-historisch-architektonisch überdeterminierten Schauplatz, vom Plaza-Hotel,
dem UNO-Hauptquartier und New Yorks Grand central
Station über Indiana, die crossroads of America, nach
Rapid City, South Dakota, zu den Präsidentenportraits
am Mount Rushmore.« (Enno Patalas)
▶ Donnerstag, 21. Juli 2016, 20.00 Uhr
Reisen im Film
Pierrot le fou (Elf Uhr nachts) | Frankreich 1965 |
R+B: Jean Luc Godard | K: Raoul Coutard | D: JeanPaul Belmondo, Anna Karina, Graziella Galvani, László
Szabó, Samuel Fuller | 110 min | OmU | »PIERROT LE
FOU, Film großer Gegensätze: Zwischen Moderne und
Klassik, Kunst und Realität, Lethargie und Ungestüm,
Poesie und Lärm, Leere und Vollkommenheit, Rot und
Blau, Komödie und Tragödie, Frau und Mann, Mann und
Frau, wie sie zu Lebzeiten niemals vereint, nur koexistent sein können. Jean-Luc Godards Aussagen über die
Konflikte im menschlichen Naturell werden dabei von
einer eindrucksvollen Grammatik der Filmsprache derart ungebändigt, kraftvoll und unvorhersehbar vorgetragen, dass sie stets eine Sogwirkung entfalten. Godard
zeichnet das Bild eines zum Scheitern verurteilten Paares, welches mit stets wechselnden Fortbewegungsmitteln direkt dem Abgrund entgegensteuert, immer geradeaus, niemals zurückblickend.« (Dominik Zurowski)
▶ Freitag, 22. Juli 2016, 18.30 Uhr
O Brother, Where Art Thou? (Eine MississippiOdysee) | USA 2000 | R: Joel Coen | B: Ethan & Joel
Coen | K: Roger Deakins | M: T. Bone Burnett | D:
BABAI – VATER
66
George Clooney, John Turturro, Tim Blake Nelson, John
Goodman, Holly Hunter | 107 min | OmU | »Es gibt
einen Ulysses Everett McGill, der sich in die Heimat aufmacht zu seiner Frau Penny und den Kindern, dabei
auch einen ›Freier‹ zu verjagen hat; es gibt ein paar unwiderstehliche Sängerinnen, die zu Recht Sirenen genannt werden, die aber zugleich Wäsche waschen wie
Nausikaa, und die scheinbar einen von Ulysses’ Gefährten in ein Tier verwandeln können wie Kirke. Es gibt
einen gefährlichen Zyklopen (einen Einäugigen) und
einen blinden Seher und manches Homerische mehr,
aber dazwischen tauchen auch Legenden des Südens
auf wie der Bluesmusiker, der an der Kreuzung dem
Teufel seine Seele verkauft, oder Babyface Nelson, das
Schweinchen Dick unter den Bankräubern, born to
raise hell. In mancher Hinsicht scheint O BROTHER,
WHERE ART THOU? tatsächlich die Comicversion eines
Südstaatendramas aus der Depressionszeit zu sein, jede Gestalt ihre eigene Karikatur, jede Episode ein Kabinettstück mit Extremperspektiven.« (Merten Worthmann)
▶ Freitag, 22. Juli 2016, 21.00 Uhr
Babai (Vater) | Kosovo 2015 | R+B: Visar Morina | K:
Matteo Cocco | M: Benedikt Schaefer | D: Val Maloku,
Astrit Kabashi, Adriana Matoshi, Enver Petrovci,
Xhevdet Jashari | 104 min | OmU | »Um diese beiden
geht es, um die merkwürdige Beziehung zwischen
Vater und Sohn: Ein Vater, der aus dem Kosovo fliehen
möchte, ohne Rücksicht auf sein Kind, und zwar, um
diesem Kind zu helfen; ein Sohn, der seinen Vater eben
dafür verachtet, und der ihn doch nicht verlieren will.
Flüchtlinge, Familie, coming of age – gehoben in eine
andere Sphäre, angesiedelt in einem abstrakten Realismus, in der Schwebe gehalten durch Andeutungen,
durch Nicht-Auserzähltes. Und genau deshalb so span-
▶ Samstag, 23. Juli 2016, 18.30 Uhr
Figures in a Landscape (Im Visier des Falken) | GB
1970 | R: Joseph Losey | B: Robert Shaw, nach dem
Roman von Barry England | K: Henri Alekan | M: Richard
Rodney Bennett | D: Robert Shaw, Malcolm McDowell,
Henry Woolf, Christopher Malcolm, Pamela Brown |
118 min | OF | Zwei Männer auf der Flucht. »Politische,
soziale, historische und psychologische Hintergründe
haben Losey und Shaw in ihrem Film ganz ausgespart:
Nowheremen in nowhereland. Der Stoff ist nämlich
nicht eine Geschichte, sondern eine dramaturgische
Struktur: das Modell aller Verfolgten-Verfolger-Romane,
-Erzählungen und -Filme. Dieser Rekurs auf das Grundmuster, das vielen Western-, Gangster-, Polizei-, Abenteuer- und Science-Fiction-Filmen eigen ist, war nur zu
gewinnen durch eine rigorose Verengung aller beiläufigen, ausmalend-beschreibenden Momente epischen
Verweilens und Erzählens. Wo er nichts ist als er selbst,
seine Bilder, Farben und Bewegungen – ›Figuren in
einer Landschaft‹ – da ist er groß, sprachlos und schön:
Film.« (Wolfram Schütte)
▶ Samstag, 23. Juli 2016, 21.00 Uhr
Fluchtweg nach Marseille | BRD 1977 | R+B: Ingemo
Engström & Gerhard Theuring, frei nach dem Roman
»Transit« von Anna Seghers | K: Axel Block | M: Pablo
Casals | D: Rüdiger Vogler, Katharina Thalbach, Ruth Fabian, Alfred Kantorowicz, Ernst Erich Noth | 210 min |
»Es geht zunächst einmal um eine heute vorgenommene Rekonstruktion des Weges, den deutsche Emigranten, vor allem Schriftsteller, Intellektuelle, nach
Süden nahmen, als die Armeen Hitlers Paris besetzten.
Zeitzeugen treten auf. Ansichtspostkarten, auf das aufgeschlagene Titelblatt des Romans ›Transit‹ gelegt und
poetisierte Kommentare aus dem Off stellen die Verbindung her zur anderen Eben des Films: Die Schauspieler
Rüdiger Vogler als Erzähler des Romans und Katharina
Thalbach als die weibliche Hauptgestalt sprechen
meist vor der Kulisse von Marseille oder des Hafens
Textstellen des Buches, aber auch über ihre Pläne und
Erfahrungen bei der Lektüre. Hinzu kommen filmische
Dokumente, Wochenschau-Aufnahmen von 1940. Aus
alle dem ergibt sich ein sensibel montierter Filmessay.«
(Peter W. Jansen)
▶ Sonntag, 24. Juli 2016, 18.30 Uhr
Metaphysische Reisen
Stalker | Sowjetunion 1979 | R: Andrej Tarkovskij | B:
Arkadij und Boris Strugackij, nach ihrem Roman »Picknick am Wegesrand« | K: Aleksandr Knjažinskij | M:
Eduard Artemëv | D: Aleksandr Kajdanovskij, Nikolaj
Grinko, Anatolij Solonicyn, Alissa Frejndlich, Natal’ja
Abramova | 163 min | OmU | STALKER beschwört in Bildern von großer visueller Kraft die illegale Wanderung
zweier anonymer Intellektueller und ihres gleichfalls
namenlosen Führers durch eine verwunschene Zone zu
einem verfallenen Haus; darin befindet sich ein Zimmer,
welches angeblich die geheimsten Wünsche derer erfüllt, die es betreten. »Die Science Fiction bildete im
STALKER sozusagen nur eine taktische Ausgangssituation, die den für uns zentralen moralischen Konflikt
plastischer herauszubringen half. Der Film wurde so gemacht, dass der Zuschauer das Gefühl haben konnte,
alles würde sich heute abspielen und die ›Zone‹ wäre
gleich nebenan. Die ›Zone‹ ist das Leben, durch das
der Mensch hindurch muss, wobei er entweder zugrunde geht oder durchhält.« (Andrej Tarkovskij)
▶ Dienstag, 26. Juli 2016, 20.00 Uhr
El viaje (Die Reise) | Argentinien 1992 | R+B: Fernando E. Solanas | K: Félix Monti | M: Egberto Gismonti,
Astor Piazzolla, Fernando E. Solanas | D: Walter Quiroz,
Soledad Alfaro, Ricardo Bartis, Christina Becerra, Dominique Sanda | 140 min | OmU | »Fernando Solanas
schickt den 17-jährigen Martin Nunca, der mit seiner
Mutter und dem Stiefvater in Ushuaia, dem südlichsten
Zipfel Argentiniens lebt, auf eine lange Reise der Entdeckungen durch den lateinamerikanischen Kontinent.
Eine Entdeckungsreise auch für uns, eingebettet in die
traumhaften Bandoneonklänge von Astor Piazzolla. Wie
in den Romanen von Gabriel García Márquez sind in
den Filmen von Fernando Solanas die Grenzen zwischen dem, was ist und dem, was man sich vorstellen,
erinnern, erträumen mag, fließend. Da tauchen gedachte Figuren in der Wirklichkeit auf, um wirkliche
Menschen in die Welt der Imagination zu entführen. Da
werden Figuren aus der Realität zu Karikaturen ihrer
selbst. Da findet sich Lebensfreude neben Trauer und
Enttäuschung.« (Walter Ruggle)
▶ Mittwoch, 27. Juli 2016, 20.00 Uhr
Uccellacci e uccellini (Große Vögel, kleine Vögel) |
Italien 1966 | R+B: Pier Paolo Pasolini | K: Mario Bernardo, Tonino Delli Colli | M: Ennio Morricone | D: Totò,
Ninetto Davoli, Ferni Benussi, Umberto Bevilacqua, Renato Capogna | 89 min | OmU | »Wohin die Menschheit
Reisen im Film
nend, so intensiv. Denn durch die Strategie des Auslassens entkommt Morina jeder Betroffenheitssentimentalität, jedem Anflug von Migrationspornographie. Wenig
wird erklärt, viel wird gezeigt – und der Zuschauer wird
dadurch gefangengenommen.« (Harald Mühlbeyer)
67
RHEINGOLD
Reisen im Film
68
geht? Wer weiß das!« Nach diesem Mao-Zitat sehen
wir sie unterwegs: Einen Mann und seinen Sohn, die
auf der Wanderschaft durch die italienische Provinz
einem sprechenden Raben begegnen, der sie in politisch-philosophische Debatten über Gott und die Welt,
Marx und Christus, Geschichte und Revolution verwickelt. »Italienisches Straßenkino, Agitprop von vor 68.
Mit einem klugscheißerischen Raben und mit der Einsicht eines linken, schreibenden Intellektuellen, dass
Bilder komplettere Beziehungen zum Körper haben und
dass dem Volk der Sinn für notwendige Veränderungen
nicht eingetrichtert werden kann, weil der Weg zu weit
ist vom Kopf zum Bauch und gar erst zu den Füßen, die
die Richtung bestimmen.« (Frieda Grafe)
▶ Donnerstag, 28. Juli 2016, 20.00 Uhr
Yeelen (Das Licht) | Mali 1987 | R+B: Souleymane
Cissé | K: Jean-Noël Ferragut, Jean-Michel Humeau |
M: Salif Keita, Michel Portal | D: Issiaka Kane, Aoua
Sangare, Niamanto Sanogo, Balla Moussa Keita,
Soumba Traore | 105 min | OmU | »Berufung, Rebellion,
Identität und Initiation sind die großen Themen, die diesen Film über das Erwachsenwerden als Reise durch
unbekannte, riskante Regionen leiten. Die Bilder der unbarmherzig und doch erhaben erscheinenden Natur,
die großartig mit den inneren Befindlichkeiten der Protagonisten korrespondieren, machen YEELEN – DAS
LICHT zu einem außergewöhnlichen visuellen Erlebnis.«
(Marie Anderson) »Die Drehortsuche war von entschei-
dender Bedeutung, denn dieser Film konnte nicht ohne
seine Schauplätze zustande kommen. Die ganze mystische Dimension entsteht aus der präzisen und gleichzeitig ständig wechselnden Lokalisierung. Dieser Ortswechsel des Blicks gibt dem Film seine ›Farbe‹, seine
magische Bedeutung. Jeder Ort hat seine eigene
Magie.« (Souleymane Cissé)
▶ Freitag, 29. Juli 2016, 18.30 Uhr
Rheingold | BRD 1978 | R+B: Niklaus Schilling | K:
Ernst Wild | M: Eberhard Schoener | D: Elke Haltaufderheide, Rüdiger Kirschstein, Gunther Malzacher, Alice
Treff, Reinfried Keilich | 91 min | »Der Film, der mit
einem sehr langen, von unheilschwanger anschwellender Musik begleiteten Schwenk über den Hafen von
Hoek van Holland beginnt, entwickelt sich von einem
konventionell angelegten Dreiecks-Drama zu einer mythischen Reise in den Tod. Den physischen Bewegungen (der des Zuges und der eines Autos, das ihn durch
halb Deutschland verfolgt) werden seelische Bewegungen zugeordnet: der Erinnerung, der Halluzination und
des Märchens. Der Sog der Erzählung findet seine Entsprechung in den sich suggestiv steigernden ParallelMontagen zwischen Zug und Auto, Fluss, Schienenstrang und Straße, bis sich schließlich alle noch vorhandene Bedeutung der Erzählung auflöst in eine einzige
rauschhafte Bewegung, in eine abstrakte, von Raum
und Zeit gelöste Kino-Erfahrung.« (Hans C. Blumenberg)
▶ Freitag, 29. Juli 2016, 21.00 Uhr
The Brown Bunny | USA 2003 | R+B: Vincent Gallo |
K: Vincent Gallo, Toshiaki Ozawa, John Clemens | D:
Vincent Gallo, Chloë Sevigny, Cheryl Tiegs, Elizabeth
Blake, Anna Vareschi | 93 min | OmU | »THE BROWN
BUNNY ist zwar ein Roadmovie, hat mit dem so typischen Freiheitsdrang dieser Filme jedoch gar nichts zu
tun. Clays Van entpuppt sich als selbst gewähltes Gefängnis und führt die Weite der USA und die stete Fortbewegung ad absurdum. Clay selbst vermittelt überhaupt nicht die Sehnsucht oder gar Romantik, die all
die anderen Loner, Driver oder Cowboys begleitete, die
wie Clay zuvor durch die Filmgeschichte reisten. Die
ideale Strecke findet Clay auf der Rennbahn, die ihn
fortwährend im Kreis herumschickt, sodass er nie Ge-
▶ Samstag, 30. Juli 2016, 21.00 Uhr
Apocalypse Now Redux | USA 2001 | R: Francis Ford
Coppola | B: John Milius, Francis Ford Coppola, nach
dem Roman »Heart of Darkness« von Joseph Conrad |
K: Vittorio Storaro | M: Carmine Coppola | D: Martin
Sheen, Marlon Brando, Robert Duvall, Frederic Forrest,
Harrison Ford, Dennis Hopper, Aurore Clément |
202 min | OmU | »APOCALYPSE NOW füllt ganze Bücher mit seiner vielschichtigen Signifikanz: Zum einen
Höhepunkt der wohl besten Epoche amerikanischer
Kinokunst, zum anderen ihr Untergang; einerseits hochgelobtes Antikriegskino, andererseits wirrer Psychedelik-Trip eines größenwahnsinnig gewordenen Filmgenies. In der nun 50 Minuten längeren Fassung erleben
wir noch einmal die odysseeartige Flussfahrt Captain
Willards, der von der US-Regierung beauftragt wird,
einen außer Kontrolle geratenen Colonel namens Kurtz
zu liquidieren. Wir befinden uns in Vietnam, kurz vor
Ende des Krieges oder mittendrin. Was Willard erlebt,
ist nichts anderes als die grausame Demontage jeglicher Argumente, mit denen jemals versucht wurde,
einen Krieg plausibel oder gerechtfertigt erscheinen zu
lassen.« (Andreas Borcholte)
Reisen im Film
▶ Samstag, 30. Juli 2016, 18.30 Uhr
fahr läuft, das Ende seiner Strecke finden zu müssen.
Im Finale deutet sich zunächst das Ende dieser Reise
an. Clay befindet sich in einem Hotelzimmer, seine
große Liebe besucht ihn. Die folgenden zehn Minuten
gehören zu den intimsten Szenen der Filmgeschichte
und offenbaren eine selten gesehene Mischung aus
Selbsthass, Wut, Verletzlichkeit, Sehnsucht, Hoffnungslosigkeit und erklären rückwirkend die unerbittlichschicksalhaften Gründe für das Tun dieses Bud Clay.«
(Tom Schünemann)
▶ Sonntag, 31. Juli 2016, 18.30 Uhr
69
APOCALYPSE NOW REDUx
Det sjunde inseglet (Das siebente Siegel) | Schweden 1957 | R+B: Ingmar Bergman, nach seinem Bühnenstück »Trämalning« | K: Gunnar Fischer | M: Erik
Nordgren | D: Max von Sydow, Gunnar Björnstrand,
Bengt Ekerot, Nils Poppe, Bibi Andersson, Gunnel Lindblom | 96 min | OmU | »DAS SIEBENTE SIEGEL ist ein
Drama über Glaube und Zweifel in mittelalterlichem
Kostüm, das erste von Bergmans großen Legendenund Mysterienspielen aus den 1950er und 1960er Jahren. Der Ritter Antonius Block, der seine besten Jahre
in Kreuzfahrerlanden sinnlos verrinnen sah, spielt mit
dem Tod Schach, und erst als er sein Geschick akzeptiert, kann er mit seinem Opfertod die wenigen wirklich
Lebenstüchtigen retten: die naive Gauklerfamilie Jof,
Mia und Kleinkind auf dem Wege in ein anderes Land,
eine neue Heilige Familie auf der Flucht. Bergman
selbst hat das Werk ein Oratorium genannt, in dem
viele Stimmen die gleiche Frage stellen: Was ist der
Sinn des Lebens?« (Gösta Werner)
Edition Filmmuseum
Das preisgekrönte DVD-Label »Edition Filmmuseum« widmet sich ungewöhnlichen Filmen und Archivschätzen. Es wird herausgegeben von Filmarchiven, Filmmuseen und Kulturinstitutionen aus dem deutschsprachigen
Raum: Bonner Kinemathek, Cinémathèque de la Ville de Luxembourg,
Cinémathèque Suisse, Deutsches Filminstitut, Filmmuseum Düsseldorf,
Filmmuseum München, Filmmuseum Potsdam, Goethe-Institut München
und Österreichisches Filmmuseum. Alle DVDs sind zweisprachig (deutsch
und englisch), manche haben zudem noch Untertitel in weiteren Sprachen.
Jede DVD ist mit umfangreichem Zusatzmaterial sorgfältig ediert.
Die DVDs sind im Museumsladen »servus.heimat« und an der Abendkasse
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f
münchen
Freitag, 4. März 2016
18.30 Deutsche Filme 2015 Freistatt
D 2015 | Marc Brummund | 104 min | OmeU
21.00 Ozu Yasujirō
Wakaki hi (Tage der Jugend)
JP 1929 | Ozu Yasujirō | 103 min | OmeU | \ Günter A. Buchwald
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Samstag, 5. März 2016
18.30 Deutsche Filme 2015 Die Lügen der Sieger
D 2014 | Christoph Hochhäusler | 112 min
21.00 Ozu Yasujirō
Daigaku wa deta keredo… (Ich habe promoviert, aber …)
JP 1929 | Ozu Yasujirō | 12 min | OmeU
Rakudai wa shita keredo … (Ich bin durchgefallen, aber …)
JP 1930 | Ozu Yasujirō | 64 min | OmeU | \ Günter A. Buchwald
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Sonntag, 6. März 2016
11.00 Bücherschau
Rico, Oskar und die Tieferschatten
D 2013 | Neele Leana Vollmar | 95 min | / Andreas Steinhöfel
18.30 Deutsche Filme 2015 Härte
D 2015 | Rosa von Praunheim | 89 min | OmeU
21.00 Ozu Yasujirō
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Hogaraka ni ayume (Schreite heiter)
JP 1930 | Ozu Yasujirō | 96 min | OmeU | \ Günter A. Buchwald
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Tokkan kozō (Ein aufrichtiger Junge)
JP 1929 | Ozu Yasujirō | 18 min | OmeU
Sono yo no tsuma (Die Frau jener Nacht)
JP 1930 | Ozu Yasujirō | 65 min | OmeU
Seite 12
Dienstag, 8. März 2016
18.30 Ozu Yasujirō
Kalenderübersicht
21.00 Deutsche Filme 2015 Die Lügen der Sieger
D 2014 | Christoph Hochhäusler | 112 min
76
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Mittwoch, 9. März 2016
18.30 Ozu Yasujirō
Wasei kenka tomodachi (Streitende Freunde – Japanischer Stil)
JP 1929 | Ozu Yasujirō | 14 min | OmeU
Shukujo to hige (Die Dame und der Bart)
JP 1931 | Ozu Yasujirō | 74 min | OmeU
Seite 12
21.00 Jim Jarmusch
Permanent Vacation (Dauernd Ferien)
USA 1980 | Jim Jarmusch | 75 min | OmU
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Donnerstag, 10. März 2016
19.00 Open Scene
Freitag, 11. März 2016
18.30 Deutsche Filme 2015 Striche ziehen
D 2014 | Gerd Kroske | 96 min | OmeU
21.00 Ozu Yasujirō
Tokkan kozō (Ein aufrichtiger Junge)
JP 1929 | Ozu Yasujirō | 18 min | OmeU
Sono yo no tsuma (Die Frau jener Nacht)
JP 1930 | Ozu Yasujirō | 65 min | OmeU | \ Günter A. Buchwald
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Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
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münchen
Samstag, 12. März 2016
18.30 Deutsche Filme 2015 Der Staat gegen Fritz Bauer
D 2015 | Lars Kraume | 105 min | OmeU
21.00 Ozu Yasujirō
Seite 6
Wasei kenka tomodachi (Streitende Freunde – Japanischer Stil)
Seite 12
JP 1929 | Ozu Yasujirō | 14 min | OmeU
Shukujo to hige (Die Dame und der Bart)
JP 1931 | Ozu Yasujirō | 74 min | OmeU | \ Günter A. Buchwald + Kataoka Ichirō (Benshi)
Sonntag, 13. März 2016
17.30 Film und
Psychoanalyse
Yin Shí Nán Nü (Eat Drink Man Woman)
Seite 25
Taiwan 1994 | Ang Lee | 124 min | OmU | 2 Matthias Baumgart, Katharina Leube
21.00 Ozu Yasujirō
Tōkyō no gassho (Der Chor von Tokyo)
Seite 13
JP 1931 | Ozu Yasujirō | 90 min | OmeU | \ Günter A. Buchwald + Kataoka Ichirō (Benshi)
Dienstag, 15. März 2016
18.30 Ozu Yasujirō
Tōkyō no gassho (Der Chor von Tokyo)
JP 1931 | Ozu Yasujirō | 90 min | OmeU
21.00 Deutsche Filme 2015 Der Staat gegen Fritz Bauer
D 2015 | Lars Kraume | 105 min | OmeU
Seite 13
Seite 6
Mittwoch, 16. März 2016
18.30 Ozu Yasujirō
Umarete wa mita keredo … (Ich wurde geboren, aber …)
JP 1932 | Ozu Yasujirō | 90 min | OmU
Seite 13
21.00 Jim Jarmusch
Stranger Than Paradise
USA 1984 | Jim Jarmusch | 89 min | OmU
Seite 21
18.30 Hörfilmtage
Müdigkeitsgesellschaft – Byung-Chul Han in Seoul / Berlin
D 2015 | Isabella Gresser | 61 min | mit Audiodeskription | / Isabella Gresser
Seite 28
21.00 Hörfilmtage
Tatort: Fünf Minuten Himmel
D 2016 | Katrin Gebbe | 89 min | mit Audiodeskription | 2 Philip Klenk
Seite 28
18.30 Hörfilmtage
Night Will Fall (Hitchcocks Lehrfilm für die Deutschen)
GB 2014 | André Singer | 73 min | mit Audiodeskription | 2 Georg Schmolz
Seite 28
21.00 Hörfilmtage
Weekend
D 1930 | Walther Ruttmann | 12 min | 2 Stefan Drößler, Martina Wiemers
Der Student von Prag
D 1913 | Hanns Heinz Ewers | 75 min | mit Audiodeskription
Seite 28
Donnerstag, 17. März 2016
19.00 Open Scene
Samstag, 19. März 2016
Sonntag, 20. März 2016
17.30 Hörfilmtage
Grüße aus Fukushima
Seite 29
D 2016 | Doris Dörrie | 102 min | mit Audiodeskription | Anschließend
Podiumsdiskussion über das Medium Hörfilm mit Hörfilmredakteuren und Filmemachern
21.00 Hörfilmtage
Luis Trenker – Der schmale Grat der Wahrheit
Seite 29
D 2015 | Wolfgang Murnberger | 89 min | mit Audiodeskription | 2 Bernd Benecke
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
Kalenderübersicht
Freitag, 18. März 2016
77
f
münchen
Dienstag, 22. März 2016
18.30 Ozu Yasujirō
Seishun no yume ima izuko
(Wo sind die Träume der Jugend geblieben?)
JP 1932 | Ozu Yasujirō | 86 min | OmeU
21.00 Deutsche Filme 2015 4 Könige
D 2015 | Theresa von Eltz | 99 min | OmeU
Seite 13
Seite 6
Mittwoch, 23. März 2016
18.30 Ozu Yasujirō
Hijōsen no onna (Eine Frau in der Gefahrenzone)
JP 1933 | Ozu Yasujirō | 100 min | OmeU
Seite 13
21.00 Jim Jarmusch
Down by Law (Alles im Griff)
USA 1986 | Jim Jarmusch | 106 min | OmU
Seite 21
18.30 Deutsche Filme 2015 4 Könige
D 2015 | Theresa von Eltz | 99 min | OmeU
Seite 6
Donnerstag, 24. März 2016
19.00 Open Scene
Freitag, 25. März 2016
21.00 Ozu Yasujirō
Umarete wa mita keredo … (Ich wurde geboren, aber …)
JP 1932 | Ozu Yasujirō | 90 min | OmU | \ Richard Siedhoff
Seite 13
Samstag, 26. März 2016
18.30 Deutsche Filme 2015 Victoria
D 2015 | Sebastian Schipper | 138 min | OmeU
21.00 Ozu Yasujirō
Seishun no yume ima izuko
(Wo sind die Träume der Jugend geblieben?)
JP 1932 | Ozu Yasujirō | 86 min | OmeU | \ Yanashita Mie
Seite 6
Seite 13
Kalenderübersicht
Sonntag, 27. März 2016
78
18.30 Deutsche Filme 2015 Hedi Schneider steckt fest
D 2015 | Sonja Heiß | 92 min
21.00 Ozu Yasujirō
Hijōsen no onna (Eine Frau in der Gefahrenzone)
JP 1933 | Ozu Yasujirō | 100 min | OmeU | \ Yanashita Mie
Seite 7
Seite 13
Montag, 28. März 2016
18.30 Deutsche Filme 2015 Als wir träumten
D 2015 | Andreas Dresen | 117 min | OmeU
21.00 Ozu Yasujirō
Seite 7
Tōkyō no onna (Eine Frau aus Tokyo)
JP 1933 | Ozu Yasujirō | 47 min | OmeU
Haha o kowazuya (Die Mutter muss man lieben)
JP 1934 | Ozu Yasujirō | 72 min | OmeU | \ Yanashita Mie
Seite 13
Tōkyō no onna (Eine Frau aus Tokyo)
JP 1933 | Ozu Yasujirō | 47 min | OmeU
Haha o kowazuya (Die Mutter muss man lieben)
JP 1934 | Ozu Yasujirō | 72 min | OmeU
Seite 13
Dienstag, 29. März 2016
18.30 Ozu Yasujirō
21.00 Deutsche Filme 2015 Victoria
D 2015 | Sebastian Schipper | 138 min | OmeU
Seite 6
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
f
münchen
Mittwoch, 30. März 2016
18.30 Ozu Yasujirō
Dekigokoro (Eine Laune)
JP 1933 | Ozu Yasujirō | 102 min | OmeU
Seite 13
21.00 Jim Jarmush
Mystery Train
USA 1989 | Jim Jarmusch | 110 min | OmU
Seite 22
Donnerstag, 31. März 2016
19.00 Open Scene
Freitag, 1. April 2016
18.30 Deutsche Filme 2015 Alles andere zeigt die Zeit
D 2015 | Andreas Voigt | 94 min | OmeU
21.00 Ozu Yasujirō
Dekigokoro (Eine Laune)
JP 1933 | Ozu Yasujirō | 102 min | OmeU | \ Yanashita Mie
Seite 7
Seite 13
Samstag, 2. April 2016
18.30 Deutsche Filme 2015 Das Zimmermädchen Lynn
D 2014 | Ingo Haeb | 90 min | OmeU
21.00 Ozu Yasujirō
Ukigusa monogatari (Eine Geschichte von schwankenden Gräsern)
JP 1934 | Ozu Yasujirō | 86 min | OmeU | \ Yanashita Mie
Seite 8
Seite 13
Sonntag, 3. April 2016
18.30 Deutsche Filme 2015 Heil
D 2015 | Dietrich Brüggemann | 104 min
21.00 Ozu Yasujirō
Seite 8
Tōkyō no yado (Eine Herberge in Tokyo)
JP 1935 | Ozu Yasujirō | 80 min | OmeU
Seite 14
Ukigusa monogatari (Eine Geschichte von schwankenden Gräsern)
JP 1934 | Ozu Yasujirō | 86 min | OmeU
Seite 13
18.30 Ozu Yasujirō
21.00 Deutsche Filme 2015 Das Zimmermädchen Lynn
D 2014 | Ingo Haeb | 90 min | OmeU
Seite 8
Mittwoch, 6. April 2016
18.30 Ozu Yasujirō
Tōkyō no yado (Eine Herberge in Tokyo)
JP 1935 | Ozu Yasujirō | 80 min | OmeU
Seite 14
21.00 Jim Jarmusch
Night on Earth
USA 1991 | Jim Jarmusch | 129 min | OmU
Seite 22
79
Donnerstag, 7. April
19.00 Open Scene
Freitag, 8. April 2016
18.30 Zarah Leander
Dante’s mysterier (Dantes Zauberei) | Falska millionären (Der falsche Millionär)
S 1931–1933 | Paul Merzbach | 3 min (Ausschnitt) + 90 min | OmU
Seite 31
21.00 Ozu Yasujirō
Hitori musuko (Der einzige Sohn)
JP 1936 | Ozu Yasujirō | 83 min | OmeU
Seite 14
Les Misérables (Mensch unter Menschen) Teil 1 & 2
F 1925 | Henri Fescourt | 118 min + 97 min | OmeU | \ Neil Brand
Seite 37
Samstag, 9. April 2016
18.30 Wiederentdeckt
Kalenderübersicht
Dienstag, 5. April 2016
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
f
münchen
Les Misérables (Mensch unter Menschen) Teil 3 & 4
F 1926 | Henri Fescourt | 97 min + 85 min | OmeU | \ Neil Brand
Seite 37
Vernetzte Räume – Verletzte Träume.
10 Städte und mehr
Vortrag mit Filmbeispielen von Barbara Wurm | ca. 150 min
Seite 39
18.30 Ozu Yasujirō
Hitori musuko (Der einzige Sohn)
JP 1936 | Ozu Yasujirō | 83 min | OmeU
Seite 14
21.00 Jim Jarmusch
Blue in the Face (Alles blauer Dunst)
USA 1995 | Wayne Wang | 83 min | OmU
Seite 22
18.30 Zarah Leander
Äktenskapsleken (Skandal)
S 1935 | Ragnar Hylltén-Cavallius | 83 min | OmeU
Seite 32
21.00 Ozu Yasujirō
Kagami jishi (Der Löwentanz)
JP 1936 | Ozu Yasujirō | 25 min | OmeU
Shukujo wa nani o wasureta ka (Was hat die Dame vergessen?)
JP 1937 | Ozu Yasujirō | 71 min | OmeU
Seite 14
18.30 Zarah Leander
Premiere
A 1937 | Géza von Bolváry | 77 min
Seite 32
21.00 Ozu Yasujirō
Toda-ke no kyōdai (Die Geschwister Toda)
JP 1941 | Ozu Yasujirō | 105 min | OmeU
Seite 14
Kalenderübersicht
Sonntag, 10. April 2016
Sonntag, 17. April 2016
17.30 Film und
Psychoanalyse
Politiki kouzina (Zimt und Koriander)
GR 2003 | Tassos Boulmetis | 108 min | OmU | 2 Eva Friedrich, Heidi Spanl
Seite 25
21.00 Ozu Yasujirō
Chichi ariki (Es war einmal ein Vater)
JP 1942 | Ozu Yasujirō | 88 min | OmeU
Seite 14
80
18.30 Ozu Yasujirō
Kagami jishi (Der Löwentanz)
JP 1936 | Ozu Yasujirō | 25 min | OmeU
Shukujo wa nani o wasureta ka (Was hat die Dame vergessen?)
JP 1937 | Ozu Yasujirō | 71 min | OmeU
Seite 14
21.00 Slawische
Metropolen
Niewinni czarodzieje (Die unschuldigen Zauberer)
PL 1960 | Andrzej Wajda | 87 min | OmeU
Dworzec (Bahnhof)
PL 1980 | Krzysztof Kieślowski | 14 min | OmeU | 2 Małgorzata Zemła
Seite 42
Toda-ke no kyōdai (Die Geschwister Toda)
JP 1941 | Ozu Yasujirō | 105 min | OmeU
Seite 14
18.30 Wiederentdeckt
Dienstag, 12. April 2016
19.00 Slawische
Metropolen
Mittwoch, 13. April 2016
Donnerstag, 14. April 2016
19.00 Open Scene
Freitag, 15. April 2016
Samstag, 16. April 2016
Dienstag, 19. April 2016
Mittwoch, 20. April 2016
18.30 Ozu Yasujirō
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
f
münchen
Mittwoch, 20. April 2016
Dead Man
USA 1995 | Jim Jarmusch | 121 min | OmU
Seite 23
Visita, ou Memórias e Confissões
(Besuch, oder Erinnerungen und Geständnisse)
P 2015 | Manoel de Oliveira | 68 min | OmeU
La sombra (Der Schatten)
AR 2015 | Javier Olivera | 72 min | OmeU | 2 Patrick Holzapfel
Seite 47
18.30 Architekturfilmtage
Antwerp Central
B 2012 | Peter Krüger | 92 min | OmeU
Seite 47
21.00 Architekturfilmtage
Barbicania
F 2014 | Ila Bêka & Louise Lemoine | 90 min | engl. OF
Seite 47
21.00 Jim Jarmusch
Donnerstag, 21. April 2016
19.00 Architekturfilmtage
Freitag, 22. April 2016
Samstag, 23. April 2016
18.30 Architekturfilmtage
Mission Statements – The Architecture of Dutch Diplomacy
Seite 48
NL 2011 | Jord den Hollander | 60 min | OmeU
Diller Scofidio + Renfro – Reimagining Lincoln Center and the High Line
USA 2013 | Muffie Dunn & Tom Piper | 54 min | OF
21.00 Architekturfilmtage
La Maddalena
F 2014 | Ila Bêka & Louise Lemoine | 12 min | OF
Modern Ruin – A World’s Fair Pavilion
USA 2014 | Matthew Silva | 78 min | OF
Seite 48
18.30 Architekturfilmtage
24 Heures sur place (24 Stunden vor Ort)
F 2014 | Ila Bêka & Louise Lemoine | 90 min | OmeU
Seite 48
21.00 Architekturfilmtage
The ∞ Happiness (Das unendliche Glück)
F 2014 | Ila Bêka & Louise Lemoine | 85 min | engl. OF
Seite 48
18.30 Ozu Yasujirō
Chichi ariki (Es war einmal ein Vater)
JP 1942 | Ozu Yasujirō | 88 min | OmeU
Seite 14
21.00 Slawische
Metropolen
Edin den v Sofija (Ein Tag in Sofia)
BG 1946 | Zachari Žandov | 23 min | OmU
Bjalata staja (Das weiße Zimmer)
BG 1968 | Metodi Andonov | 85 min | OmeU | 2 Henrike Schmidt
Seite 42
18.30 Ozu Yasujirō
Nagaya shinshi-roku (Erzählungen eines Nachbarn)
JP 1947 | Ozu Yasujirō | 72 min | OmeU
Seite 14
21.00 Jim Jarmusch
Year of the Horse
USA 1997 | Jim Jarmusch | 106 min | OmU
Seite 23
19.00 Deutsche Filme 2015 Overgames
D 2015 | Lutz Dammbeck | 163 min | / Lutz Dammbeck | 2 Georg Seeßlen
Seite 8
Dienstag, 26. April 2016
Kalenderübersicht
Sonntag, 24. April 2016
81
Mittwoch, 27. April 2016
Donnerstag, 28. April 2016
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
f
münchen
Freitag, 29. April 2016
18.30 Zarah Leander
Zu neuen Ufern
D 1937 | Detlef Sierck | 102 min
Seite 33
21.00 Ozu Yasujirō
Nagaya shinshi-roku (Erzählungen eines Nachbarn)
JP 1947 | Ozu Yasujirō | 72 min | OmeU
Seite 14
18.30 Zarah Leander
La Habanera
D 1937 | Detlef Sierck | 98 min
Seite 33
21.00 Ozu Yasujirō
Kaze no naka no mendori (Ein Huhn im Wind)
JP 1948 | Ozu Yasujirō | 84 min | OmeU
Seite 15
18.30 Zarah Leander
Heimat
D 1938 | Carl Froelich | 99 min
Seite 33
21.00 Ozu Yasujirō
Banshun (Später Frühling)
JP 1949 | Ozu Yasujirō | 108 min | OmeU
Seite 15
18.30 Ozu Yasujirō
Kaze no naka no mendori (Ein Huhn im Wind)
JP 1948 | Ozu Yasujirō | 84 min | OmeU
Seite 15
21.00 Slawische
Metropolen
Panelstory aneb Jak se rodí sídliště (Geschichte der Wände)
ČSSR 1980 | Věra Chytilová | 96 min | OmU | 2 Jeanette Fabian
Seite 43
18.30 Ozu Yasujirō
Drei Minuten in einem Film von Ozu
BRD 1988 | Helmut Färber | 15 min
Banshun (Später Frühling)
JP 1949 | Ozu Yasujirō | 108 min | OmeU
Seite 15
21.00 Jim Jarmusch
Ghost Dog (Der Weg des Samurai)
USA 1999 | Jim Jarmusch | 116 min | OmU
Seite 23
Samstag, 30. April 2016
Sonntag, 1. Mai 2016
Dienstag, 3. Mai 2016
Kalenderübersicht
Mittwoch, 4. Mai 2016
82
Donnerstag, 5. Mai 2016
19.00 Open Scene
Freitag, 6. Mai bis Sonntag, 15. Mai 2016
DOK.fest – Retrospektive Andres Veiel
Seite 49
Die Halbzarte
A 1959 | Rolf Thiele | 90 min | 2 Renée Rauchalles
Seite 50
18.30 Ozu Yasujirō
Munekata shimai (Die Schwestern Munekata)
JP 1950 | Ozu Yasujirō | 112 min | OmeU
Seite 16
21.00 Slawische
Metropolen
Valter brani Sarajevo (Walter verteidigt Sarajevo)
YU 1972 | Hajrudin Krvavac | 128 min | OmeU | 2 Riccardo Nicolosi
Seite 43
Bakushū (Weizenherbst)
JP 1951 | Ozu Yasujirō | 124 min | OmeU
Seite 16
Andres Veiel
Montag, 16. Mai 2016
19.00 Bele Bachem
Dienstag, 17. Mai 2016
Mittwoch, 18. Mai 2016
18.30 Ozu Yasujirō
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
f
münchen
Mittwoch, 18. Mai 2016
21.00 Jim Jarmusch
Ten Minutes Older: The Trumpet
Seite 23
USA 2002 | Kaurismäki, Erice, Herzog, Jarmusch, Wenders, Lee, Kaige | 92 min | OmU
Donnerstag, 19. Mai 2016
19.00 Open Scene
Freitag, 20. Mai 2016
18.30 Zarah Leander
Der Blaufuchs
D 1938 | Viktor Tourjansky | 100 min
Seite 33
21.00 Ozu Yasujirō
Munekata shimai (Die Schwestern Munekata)
JP 1950 | Ozu Yasujirō | 112 min | OmeU
Seite 16
18.30 Zarah Leander
Es war eine rauschende Ballnacht
D 1939 | Carl Froelich | 93 min
Seite 34
21.00 Ozu Yasujirō
Bakushū (Weizenherbst)
JP 1951 | Ozu Yasujirō | 124 min | OmeU
Seite 16
18.30 Zarah Leander
Das Lied der Wüste
D 1939 | Paul Martin | 82 min
Seite 34
21.00 Ozu Yasujirō
Ochazuke no aji (Der Geschmack von grünem Tee über Reis)
JP 1952 | Ozu Yasujirō | 116 min | OmeU
Seite 16
18.30 Ozu Yasujirō
Ochazuke no aji (Der Geschmack von grünem Tee über Reis)
JP 1952 | Ozu Yasujirō | 116 min | OmeU
Seite 16
21.00 Slawische
Metropolen
The Punishment – Kazna
A 2000 | Goran Rebić | 100 min | OmU | 2 Nora Scholz
Seite 43
18.30 Ozu Yasujirō
Tōkyō monogatari (Die Reise nach Tokyo)
JP 1953 | Ozu Yasujirō | 135 min | OmU
Seite 17
21.00 Jim Jarmusch
Coffee and Cigarettes
USA 2003 | Jim Jarmusch | 95 min | OmU
Seite 23
Samstag, 21. Mai 2016
Sonntag, 22. Mai 2016
Mittwoch, 25. Mai 2016
Donnerstag, 26. Mai 2016
19.00 Open Scene
Kalenderübersicht
Dienstag, 24. Mai 2016
83
Freitag, 27. Mai 2016
18.30 Zarah Leander
Das Herz der Königin
D 1940 | Carl Froelich | 109 min
Seite 34
21.00 Ozu Yasujirō
Tokyo-Ga
BRD 1985 | Wim Wenders | 92 min
Seite 17
18.30 Zarah Leander
Der Weg ins Freie
D 1941 | Rolf Hansen | 110 min
Seite 34
21.00 Ozu Yasujirō
Tōkyō monogatari (Die Reise nach Tokyo)
JP 1953 | Ozu Yasujirō | 135 min | OmU
Seite 17
Samstag, 28. Mai 2016
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
f
münchen
Sonntag, 29. Mai 2016
17.30 Film und
Psychoanalyse
Babettes Gæstebud (Babettes Fest)
DK 1987 | Gabriel Axel | 102 min | OmU
2 Andreas Hamburger, Vivian Pramataroff-Hamburger
Seite 26
21.00 Ozu Yasujirō
Tōkyō kazoku (Eine Familie in Tokyo)
JP 2013 | Yamada Yōji | 146 min | OmU
Seite 17
18.30 Ozu Yasujirō
Tōkyō boshoku (Tokyo in der Dämmerung)
JP 1957 | Ozu Yasujirō | 140 min | OmeU
Seite 17
21.00 Slawische
Metropolen
Splendid Isolation
YU 1973 | Petar Krelja | 10 min | OmeU
Ljubljana
SLO 2002 | Igor Šterk | 71 min | OmeU | 2 Anja Burghardt
Seite 43
Sōshun (Früher Frühling)
JP 1956 | 144 min | OmeU
Seite 17
18.30 Zarah Leander
Die große Liebe
D 1942 | Rolf Hansen | 98 min
Seite 35
21.00 Ozu Yasujirō
Sōshun (Früher Frühling)
JP 1956 | Ozu Yasujirō | 144 min | OmeU
Seite 17
18.30 Zarah Leander
Damals
D 1943 | Rolf Hansen | 98 min
Seite 35
21.00 Ozu Yasujirō
Tōkyō boshoku (Tokyo in der Dämmerung)
JP 1957 | Ozu Yasujirō | 140 min | OmeU
Seite 17
18.30 Zarah Leander
Gabriela
BRD 1950 | Géza von Cziffra | 95 min
Seite 36
21.00 Ozu Yasujirō
Ikite wa mita keredo – Ozu Yasujirō den (Ich habe gelebt, aber …)
JP 1983 | Inoue Kazuo | 124 min | OmeU
Seite 17
18.30 Ozu Yasujirō
Higanbana (Sommerblüten)
JP 1958 | Ozu Yasujirō | 118 min | OmeU
Seite 17
21.00 Slawische
Metropolen
Novyj Minsk (Das neue Minsk)
SU 1954 | Iosif Šul’man | 29 min | OmU
Slučaj z pacanom (Die Sache mit dem Jungen)
BY 2001 | Sjaroža Laban | 50 min | OmeU | 2 Nina Weller
Seite 44
Ohayō (Guten Morgen!)
JP 1959 | Ozu Yasujirō | 94 min | OmeU
Seite 18
Dienstag, 31. Mai 2016
Mittwoch, 1. Juni 2016
19.00 Ozu Yasujirō
Donnerstag, 2. Juni 2016
19.00 Open Scene
Freitag, 3. Juni 2016
Kalenderübersicht
Samstag, 4. Juni 2016
84
Sonntag, 5. Juni 2016
Dienstag, 7. Juni 2016
Mittwoch, 8. Juni 2016
18.30 Ozu Yasujirō
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
f
münchen
Mittwoch, 8. Juni 2016
Broken Flowers (Blumen für die Ex)
USA 2005 | Jim Jarmusch | 106 min | OmU
Seite 24
Deux ou trois choses que je sais d’Iran (Zwei oder drei Dinge,
die ich vom Iran weiß)
F 2014 | Parviz Kimiavi | 12 min | OF
Mogholha (Die Mongolen)
Iran 1973 | Parviz Kimiavi | 85 min | OmU | / Parviz Kimiavi
Seite 54
18.30 Parviz Kimiavi
OK Mister
Iran 1979 | Parviz Kimiavi | 85 min | engl. OF | / Parviz Kimiavi
Seite 54
21.00 Ozu Yasujirō
Higanbana (Sommerblüten)
JP 1958 | Ozu Yasujirō | 118 min | OmeU
Seite 17
18.30 Parviz Kimiavi
Ya zamene ahu (Oh Beschützer der Gazellen)
Iran 1971 | Parviz Kimiavi | 26 min | ohne Dialog
P mesle pelican (P wie Pelikan)
Iran 1972 | Parviz Kimiavi | 25 min | OmU
Piremard va baghe sangui ash (Der alte Mann und sein Steingarten)
Iran 2004 | Parviz Kimiavi | 52 min | OmeU | / Parviz Kimiavi
Seite 54
21.00 Ozu Yasujirō
Ohayō (Guten Morgen!)
JP 1959 | Ozu Yasujirō | 94 min | OmeU
Seite 18
18.30 Parviz Kimiavi
Hamèh jayé Iran saraye man ast (Iran ist mein Land)
Iran 1999 | Parviz Kimiavi | 86 min | OmeU | / Parviz Kimiavi
Seite 55
21.00 Ozu Yasujirō
Ukigusa (Abschied in der Dämmerung)
JP 1959 | Ozu Yasujirō | 119 min | OmeU
Seite 18
18.30 Ozu Yasujirō
Ukigusa (Abschied in der Dämmerung)
JP 1959 | Ozu Yasujirō | 119 min | OmeU
Seite 18
21.00 Slawische
Metropolen
Maidan
UKR 2014 | Sergej Loznica | 134 min | OmU | 2 Ilja Kukuj
Seite 44
18.30 Ozu Yasujirō
Akibiyori (Spätherbst)
JP 1960 | Ozu Yasujirō | 128 min | OmU
Seite 18
21.00 Jim Jarmusch
The Limits of Control (Der geheimnisvolle Killer)
USA 2009 | Jim Jarmusch | 116 min | OmU
Seite 24
Cuba Cabana
BRD 1952 | Fritz Peter Buch | 94 min
Seite 36
21.00 Jim Jarmusch
Donnerstag, 9. Juni 2016
19.00 Parviz Kimiavi
Freitag, 10. Juni 2016
Samstag, 11. Juni 2016
Dienstag, 14. Juni 2016
Mittwoch, 15. Juni 2016
Donnerstag, 16. Juni 2016
19.00 Open Scene
Freitag, 17. Juni 2016
18.30 Zarah Leander
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
Kalenderübersicht
Sonntag, 12. Juni 2016
85
f
münchen
Freitag, 17. Juni 2016
Akibiyori (Spätherbst)
JP 1960 | Ozu Yasujirō | 128 min | OmU
Seite 18
18.30 Zarah Leander
Ave Maria
BRD 1953 | Alfred Braun | 92 min
Seite 36
21.00 Ozu Yasujirō
Kohayagawa-ke no aki (Der Herbst der Familie Kohayagawa)
JP 1961 | Ozu Yasujirō | 103 min | OmeU
Seite 18
21.00 Ozu Yasujirō
Samstag, 18. Juni 2016
Sonntag, 19. Juni 2016
17.30 Film und
Psychoanalyse
Vatel (Ein Festmahl für den König)
Seite 26
F 2000 | Roland Joffé | 103 min | engl. OmU | 2 Mathias Lohmer, Corinna Wernz
21.00 Ozu Yasujirō
Samma no aji (Ein Herbstnachmittag)
JP 1962 | Ozu Yasujirō | 112 min | OmeU
Seite 18
18.30 Ozu Yasujirō
Kohayagawa-ke no aki (Der Herbst der Familie Kohayagawa)
JP 1961 | Ozu Yasujirō | 103 min | OmeU
Seite 18
21.00 Slawische
Metropolen
Moskva (Moskau)
RUS 2000 | Aleksandr Zel’dovič | 137 min | OmeU | 2 Raoul Eshelman
Seite 44
18.30 Ozu Yasujirō
Samma no aji (Ein Herbstnachmittag)
JP 1962 | Ozu Yasujirō | 112 min | OmeU
Seite 18
21.00 Jim Jarmusch
Only Lovers Left Alive
USA 2013 | Jim Jarmusch | 123 min | OmU
Seite 24
Zuschauerkino – Kurzfilmabend des Münchner Filmzentrums
Seite 56
Dienstag, 21. Juni 2016
Mittwoch, 22. Juni 2016
Donnerstag, 23. Juni 2016
Kalenderübersicht
19.00 Open Scene
86
Freitag, 24. Juni bis Samstag, 2. Juli 2016
Filmfest München
Sonntag, 3. Juli 2016
18.30 Reisen im Film
Around the World in 80 Days (In 80 Tagen um die Welt)
USA 1956 | Michael Anderson | 182 min | OF
Seite 60
The Big Trail (Die große Fahrt)
USA 1930 | Raoul Walsh | 125 min | OmU
Seite 60
Il Grido (Der Schrei)
IT 1957 | Michelangelo Antonioni | 116 min | OmeU
Seite 60
The Grapes of Wrath (Früchte des Zorns)
USA 1940 | John Ford | 129 min | OF
Seite 61
Dienstag, 5. Juli 2016
20.00 Reisen im Film
Mittwoch, 6. Juli 2016
20.00 Reisen im Film
Donnerstag, 7. Juli 2016
20.00 Reisen im Film
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
f
münchen
Freitag, 8. Juli 2016
18.30 Reisen im Film
Alice in den Städten
BRD 1974 | Wim Wenders | 112 min
Seite 61
21.00 Reisen im Film
Middle of the Moment
D 1995 | Nicolas Humbert & Werner Penzel | 78 min
Seite 61
18.30 Reisen im Film
Unter den Brücken
D 1945 | Helmut Käutner | 99 min
Seite 61
21.00 Reisen im Film
Easy Rider
USA 1969 | Dennis Hopper | 95 min | OmU
Seite 62
Samstag, 9. Juli 2016
18.30 Reisen im Film
Der Geschmack der Fremde – Inszenierungen des Reisens im Kino
Vortrag mit Filmbeispielen von Ernst Schreckenberg
21.00 Reisen im Film
Sans toit ni loi (Vogelfrei)
F 1985 | Agnès Varda | 105 min | OmeU
Seite 62
Jason and the Argonauts (Jason und die Argonauten)
USA 1963 | Don Chaffey | 104 min | OF
Seite 62
Life of Pi (Schiffbruch mit Tiger)
USA 2012 | Ang Lee | 127 min | OmU | 3D
Seite 63
Snowpiercer
KR 2013 | Bong Joon-Ho | 126 min | engl. OmU
Seite 63
18.30 Reisen im Film
Fantastic Voyage (Die phantastische Reise)
USA 1966 | Richard Fleischer | 100 min | OF
Seite 63
21.00 Reisen im Film
Silent Running (Lautlos im Weltall)
USA 1972 | Douglas Trumbull | 89 min | OmU
Seite 64
18.30 Reisen im Film
The Wizard of Oz (Das zauberhafte Land)
USA 1939 | Victor Fleming | 102 min | OF
Seite 64
Kalenderübersicht
Sonntag, 10. Juli 2016
21.00 Reisen im Film
Europa
DK 1991 | Lars von Trier | 112 min | engl. OmU
Seite 64
87
Johanna d’Arc of Mongolia
BRD 1989 | Ulrike Ottinger | 165 min
Seite 64
Thelma & Louise
USA 1991 | Ridley Scott | 130 min | OmU
Seite 65
Seite 62
Dienstag, 12. Juli 2016
20.00 Reisen im Film
Mittwoch, 13. Juli 2016
20.00 Reisen im Film
Donnerstag, 14. Juli 2016
20.00 Reisen im Film
Freitag, 15. Juli 2016
Samstag, 16. Juli 2016
Sonntag, 17. Juli 2016
18.30 Reisen im Film
Dienstag, 19. Juli 2016
20.00 Reisen im Film
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
f
münchen
Mittwoch, 20. Juli 2016
Wú Rén Qū (Niemandsland)
CN 2013 | Ning Hao | 117 min | OmU
Seite 65
North by Northwest (Der unsichtbare Dritte)
USA 1959 | Alfred Hitchcock | 136 min | OF
Seite 65
18.30 Reisen im Film
Pierrot le fou (Elf Uhr nachts)
F 1965 | Jean-Luc Godard | 110 min | OmU
Seite 66
21.00 Reisen im Film
O Brother, Where Art Thou? (Eine Mississippi-Odyssee)
USA 2000 | Joel Coen | 106 min | OmU
Seite 66
18.30 Reisen im Film
Babai (Vater)
KO 2015 | Visar Morina | 104 min | OmU
Seite 66
21.00 Reisen im Film
Figures in a Landscape (Im Visier des Falken)
GB 1970 | Joseph Losey | 118 min | OF
Seite 67
Fluchtweg nach Marseille
BRD 1977 | Ingemo Engström & Gerhard Theuring | 215 min
Seite 67
Stalker
SU 1979 | Andrej Tarkovskij | 163 min | OmU
Seite 67
El viaje (Die Reise)
AR 1992 | Fernando E. Solanas | 140 min | OmU
Seite 67
Uccellacci e uccellini (Große Vögel, kleine Vögel)
IT 1966 | Pier Paolo Pasolini | 89 min | OmU
Seite 67
18.30 Reisen im Film
Yeelen (Das Licht)
ML 1987 | Souleymane Cissé | 105 min | OmU
Seite 68
21.00 Reisen im Film
Rheingold
BRD 1978 | Niklaus Schilling | 91 min
Seite 68
18.30 Reisen im Film
Det sjunde inseglet (Das siebente Siegel)
S 1957 | Ingmar Bergman | 96 min | OmU
Seite 69
21.00 Reisen im Film
The Brown Bunny
USA 2003 | Vincent Gallo | 93 min | OmU
Seite 69
Apocalypse Now Redux
USA 1979 | Francis Ford Coppola | 202 min | OmU
Seite 69
20.00 Reisen im Film
Donnerstag, 21. Juli 2016
20.00 Reisen im Film
Freitag, 22. Juli 2016
Samstag, 23. Juli 2016
Sonntag, 24. Juli 2016
18.30 Reisen im Film
Dienstag, 26. Juli 2016
20.00 Reisen im Film
Mittwoch, 27. Juli 2016
Kalenderübersicht
20.00 Reisen im Film
88
Donnerstag, 28. Juli 2016
20.00 Reisen im Film
Freitag, 29. Juli 2016
Samstag, 30. Juli 2016
Sonntag, 31. Juli 2016
18.30 Reisen im Film
Sommerpause: Das Filmmuseum ist vom 1. bis zum 31. August 2016 geschlossen.
FürUnterstützungundKooperationbeiderRealisierungunseresProgrammsdankenwir:
OzuYasujirō· Japan Foundation, Tokyo (Yuri Kubota)
· Japanisches Kulturinstitut, Köln (Miwa Kaneko, Angela
Ziegenbein) · National Film Center / Museum of
Modern Art, Tokyo (Akira Tochigi) · Helmut Färber,
München · Fritz Göttler, München
Film und Psychoanalyse · Akademie für
Psychoanalyse und Psychotherapie, München
(Matthias Baumgart, Eva Friedrich, Andreas
Hamburger, Vivian Pramataroff-Hamburger, Salek
Kutschinski, Mathias Lohmer, Katharina LeubeSonnleitner, Corinna Wernz) · Cinémathèque Suisse,
Lausanne (André Schäublin)
2. Münchner Hörfilmtage · Bayerischer Rundfunk
(Bernd Benecke, Elmar Dosch) · Deutsche Hörfilm
gGmbH (Martina Wiemers) · Südwestrundfunk Fernsehen (Philip Klenk) · Mitteldeutscher Rundfunk (Georg
Schmolz)
ZarahLeander· Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung,
Wiesbaden (Gudrun Weiß) · Münchner Stadtmuseum
(Margot Staffa, Isabella Belting) · Svenska Filminstitutet, Stockholm (Jon Wengström)
LesMisérables· Le Giornate del Cinema Muto (Livio
Jacob, Elena Beltrami)
Slawische Metropolen · Institut für Slavische
Philologie der LMU München (Prof. Dr. Riccardo
Nicolosi, Dr. Anja Burghardt) · Bulgarska Nacionalna
Filmoteka, Sofia (Antonija Kovačeva, Simona Petrova) ·
Filmoteka Narodowa, Warschau (Kamila Bilman) ·
Kinoteka Bosne i Hercegovine, Sarajevo (Devleta Filipo-
vić) · Nacionalen Filmov Centr, Sofia (Bosila Dončeva) ·
Národní Filmový Archiv, Prag (Tomáš Žůrek) · Slovenski
Filmski Center, Ljubljana (Nerina Kocjančič) · Viktar
Asljuk & Vladimir Kučinskij, Minsk · Gaby Babić,
Frankfurt · Sergej Gel’ver, Sankt Petersburg · Nikica
Gilić, Zagreb · Ivan Kozlenko & Stas Menzelevskyi, Kiev
· Sergej Loban, Moskau · Vedrana Madžar, Berlin · Jurij
Meden, Rochester · Igor’ Sukmanov, Minsk · Alik
Špiljuk, Odessa · Barbara Wurm, Berlin · Aleksandr
Zel'dovič, Moskau
Architekturfilmtage · Bayerische Architektenkammer, München (Präsident Lutz Heese, Sabine
Picklapp) · Cinemateca Portuguesa, Lissabon (Sara
Moreira, Teresa Borges) · Doku.Arts Festival, Berlin
(Andreas Lewin) · Österreichisches Filmmuseum, Wien
(Regina Schlagnitweit) · Ila Bêka & Louise Lemoine,
Paris · Pedro Costa, Lissabon · Steffi Hausmann,
München · Patrick Holzapfel, Wien · Roger Koza, Córdoba · Javier Olivera, Montevideo · Matthieu Wellner,
München
Bele Bachem · Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung,
Wiesbaden (Gudrun Weiß) · Wolfgang Till, München
ParvizKimiavi· Barbara Gsaenger, Georgensgmünd
· Parviz Kimiavi, Georgensgmünd
Reisen im Film · Cinémathèque Suisse, Lausanne
(André Schäublin) · Cinecittà Luce, Rom (Rosaria
Folcarelli) · Museum of Modern Art, New York (Josh
Siegel, Dave Kehr) · Warner Bros., Hamburg (JannahMarie Elfert) · Ernst Schreckenberg, Paderborn
Fotonachweis
Cinémathèque Suisse, Lausanne (Carina Carballo) · Deutsches Filminstitut, Wiesbaden (André Mieles) · Filmmuseum München (Gerhard Ullmann) · Süddeutsche Zeitung Photo, München · Parviz Kimiavi, Georgensgmünd
Das Kino ist mit einer Induktionsschleife für Hörgerätebesitzer ausgestattet.
Das Kino der Stadt
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München
Tel 089/233 96450 · Fax 089/233 23931 · www.muenchner-stadtmuseum.de/film