Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten - Ein

Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten Ein Erfahrungsbericht meines 3-monatigen Praktikums in Tulsa, Oklahoma
Bewerbung
Am 7. August war es soweit. Ich hatte die ganze Nacht kaum ein Auge zu getan und war auf dem
Weg zum Düsseldorfer Flughafen. Endlich ging es los. Ich hatte zuvor bereits über ein halbes Jahr
mit der Planung verbracht und mich bei verschiedenen Stellen beworben. So hatte ich z.B. über die
Städtepartnerschaften meiner Heimatstadt versucht, einen Kontakt mit England herzustellen und
mich eben auch für ein „New Generation Exchange Program“ bei Rotary beworben. Da ich zuvor
schon einmal mit dem „Short Term Exchange Program“ über Rotary einen Monat in Indien
verbracht habe und noch einige Kontakte und Ansprechpartner kannte,
kristallisierte sich nach kurzer Zeit heraus, dass es zu meiner großen Freude wohl auf einen Rotary
Austausch hinauslaufen würde. Außerdem habe ich mich beim International Office der Universität
Vechta über eine Reisekostenbezuschussung informiert. Des Weiteren mussten noch die
Vorgaben meines Anglistikstudiums, das einen Auslandsaufenthalt vorschreibt, geklärt werden und
dann ging es auch schon los. Allerdings war mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht so klar, dass ich in
die USA fahren werde. Denn bei Rotary kann man zwar Präferenzen angeben, allerdings kann
nicht immer zu 100% zugesichert werden, dass es auch so funktioniert, wie man es gerne hätte.
Man kann aber sicher sein, dass man bei Rotary in guten Händen ist und alles versucht wird, um
die Präferenzen zu erfüllen. Ich hatte großes Glück. Ich habe die Möglichkeit erhalten in Tulsa,
Oklahoma ein Praktikum an einer Reggio inspirierten Schule, der Riverfield Country Day School,
ein Praktikum zu absolvieren.
Wenn Sie Interesse haben, an einem Rotary-Austausch teilzunehmen und auch einen
Austauschschüler bei sich aufnehmen könnten, sollten Sie sich einfach mal bei einem Rotary Club
in Ihrer Nähe nach Möglichkeiten erkundigen und eine Bewerbung ausfüllen! Der
Bewerbungsbogen stellt eine Vielzahl von Fragen zu Ihrer Person, Ihren Einstellungen, Wünschen
und Vorstellungen für Ihren Auslandsaufenthalt, sodass ein passender Host Rotary Club und eine
Gastfamilie gefunden werden kann. In dem Bewerbungsbogen wird auch nach sprachlichen
Vorkenntnissen gefragt und je nachdem in welches Land es gehen soll und inwieweit man
sprachliche Vorkenntnisse mitbringt, wäre es ggf. sinnvoll, vorher einen Sprachkurs zu belegen.
Die Anreise und die ersten Tage
Mit Gastgeschenken im Gepäck und etwas nervös, aber auch voller Vorfreude, kam ich dann mit
zwei Stunden Verspätung in Tulsa an. Meine Gastmutter Trudy und mein Gastvater Joe nahmen
mich am Flughafen in Empfang und wir machten erst einmal eine kleine Auto-Sight-Seeing Tour
durch die Stadt, bis wir dann nach Hause fuhren. Am Haus angekommen traf ich dann zum ersten
Mal auf meine zwei Gastschwestern, Siarra (31) und Heather (21) und Siarras Ehemann Brad.
Viel besser hätte es nicht laufen können, denn wir verstanden uns auf Anhieb und auch die
Familienstruktur an sich war meiner eigenen Familie sehr ähnlich. Heather ist zwar im College, war
aber die ersten drei Wochen noch zu Hause, da sie Ferien hatte, und es war sehr schön am
Anfang jemand Gleichaltrigen um sich zu haben. Siarra und Brad wohnen nur eine Straße weiter
und waren somit auch immer in Reichweite.
Am nächsten Montag ging dann die Schule los. Siarra, die selbst auch Lehrerin an der „Riverfield
Country Day School“ ist, und ich fuhren mit dem Auto zu meiner neuen Praktikumsschule. Dort
wurde ich in der „in-service week“ von allen Lehrern freundlich begrüßt und habe viele neue Leute
kennengelernt. In der ersten Woche haben wir also viele Gesprächsrunden gehabt in denen z.B.
über aktuelle pädagogische Forschungsergebnisse und deren Bedeutung für den Unterricht
diskutiert wurde. Es wurden Texte und Lektüren bereitgestellt und diese in Kleingruppen bearbeitet.
Ich fand es sehr interessant, dass die Schule eine so geleitete Weiterbildung vorschreibt und es
war eine gute Erfahrung mit Lehrern über ihre Erlebnisse zu sprechen und ihre Meinungen über
aktuelle Forschungsliteratur zu diskutieren. Ich denke, dass ich aus dieser Zeit eine Menge
mitgenommen habe.
Meine Gastfamilie
Die Praktikumsschule
Wie bereits erwähnt handelt es sich bei der „Riverfield Country Day School“ um eine Reggio
inspirierte Privatschule, die in enger Zusammenarbeit mit Reggio Emilia in Italien steht. Die
Schülerinnen und Schüler befinden sich zwischen Kleinkindalter bis High School Schülern. Die
Schüler werden individuell gefördert und die Anzahl der Schüler in einer Klasse ist vergleichsweise
gering. Außerdem sind die Klassen altersübergreifend strukturiert und die Schule fördert ein hohes
Maß an Flexibilität, Kreativität, Individualität, Interessenförderung und Produktivität. Die Kinder
werden dazu angehalten, eigene Problemlösestrategien zu entwickeln und die Schule versucht auf
die Bedürfnisse der Schüler einzugehen. So gibt es zwar einen Stundenplan, allerdings ist dieser
relativ flexibel und je nach Bedürfnissen anpassbar. Daher kann auf die Entwicklungsebenen der
Kinder viel besser eingegangen werden, als es ggf. in einer Regelschule der Fall wäre.
Den Großteil meines Praktikums habe ich in der Grasslands Klasse verbracht. Bei dieser Klasse
handelt es sich um eine 2. und 3. Klasse, die aus 11 Kinder besteht. Ms. Naifeh, die
Klassenlehrerin, hat mir dabei eine Menge Freiheiten gegeben meine eigenen Unterrichtsentwürfe
auszuprobieren und eigene Erfahrungen zu sammeln. Somit habe ich bestimmte Teile des
täglichen Unterrichts für meinen Praktikumszeitraum übernommen und habe einiges für meine
eigene Lehrerpersönlichkeit und meinen Unterrichtsstil dazu gelernt. Ich denke, dass es sehr
hilfreich war, diese Unterstützung von Seiten der Lehrer zu haben und theoretisch Gelerntes
einmal in der Praxis auszuprobieren.
Außerdem durfte ich während meines Praktikums auch andere Jahrgangsstufen und
Unterrichtsstunden besuchen. Das fand ich sehr spannend, da ich zwar eigentlich immer schon vor
hatte Grundschullehrerin zu werden, aber eben nun einmal ausprobieren konnte, wie das so ist,
wenn man vor Middle School oder High School Schüler/innen steht. Ich habe auch einige
Deutschstunden besucht und mir angeschaut, wie der Deutschunterricht als
Fremdsprachenunterricht gestaltet werden kann. Ich denke, dass ich aus der ganzen
Praktikumszeit einige gute Anregungen für meinen eigenen Unterricht gesammelt habe.
Mein Praktikum war eine super Erfahrung und ich hatte riesiges Glück mit meiner
Praktikumsschule, die mir nun sogar eine Kontaktperson in Reggio Emilia, Italien zur Seite gestellt
hat und mir eben noch einmal einen ganz anderen Einblick in die pädagogische Arbeit mit
Schülern und Schülerinnen gegeben hat.
Meine Praktikumsklasse
Freizeitgestaltung
In meiner Freizeit habe ich viel mit meiner Gastfamilie unternommen und bin viel gereist. So war
ich z.B. für ein Wochenende in New York und habe meinen damaligen indischen Austauschpartner
besucht, der dort nun arbeitet und wohnt, und bin auch in Kalifornien gewesen. Ich habe Halloween
miterlebt, habe gute Freunde gefunden und bin viel unterwegs gewesen. Ein Wochenende habe
ich z.B. mit meiner Gastfamilie auf dem Land in Arkansas verbracht und ich wurde auch von Rotary
in einige Veranstaltungen integriert. Ich denke, dass ich generell sagen kann, dass in der ganzen
Zeit keine Langweile aufgekommen ist und ich eine super Zeit hatte!
Was hat mir mein Auslandsaufenthalt gebracht?
Mein Auslandsaufenthalt hat mich in vielerlei Hinsicht weitergebracht. Zum Einen habe ich eine
Vielzahl von neuen persönlichen Erfahrungen gesammelt, neue Freunde gefunden und eine
Menge Spaß gehabt. Auf der anderen Seite hat mich der Auslandsaufenthalt aber auch beruflich
weitergebracht. Es war sehr hilfreich, mal einen ganz anderen Einblick in die Arbeit eines Lehrers
zu erlangen. Denn meine Praktikumsstelle hat sich ja nicht nur kulturell von meinen bisherigen
Praktikumserfahrungen unterschieden. Der Reggio pädagogische Ansatz hat mir eine ganz neue
Sichtweise auf das Unterrichten gegeben und ich halte diesen Ansatz für durchaus interessant.
Außerdem bin ich im Allgemeinen sicherer in der Verwendung der Englischen Sprache geworden
und musste mich in einem völlig neuen Umfeld behaupten. Daher denke ich, dass diese Erfahrung
auch gut für mein Selbstbewusstsein und eine Vielzahl von Softskills war. Das alltägliche
Verwenden der Englischen Sprache wird mir hoffentlich auch in meinem Anglistikstudium zu Gute
kommen. Ich habe also durchweg nur gute Erfahrungen gemacht und kann jedem, der die
Möglichkeit hat, nur empfehlen für einige Zeit ins Ausland zu gehen!
(Erfahrungsbericht von Kirsten Oude Lansink)