Fachbereich Tourismus Bachelor-Thesis - BEST

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Fachbereich Tourismus Bachelor-Thesis - BEST
Fachbereich Tourismus
Bachelor-Thesis
Anna Kaiser
Chancen und Risiken für die am 1. Juli 2011 geplante
Eröffnung einer Jugendherberge im ehemaligen KdFSeebad Prora
Referenznummer: 05092011
I
Inhaltsverzeichnis
Seite
Gliederung
I
Abbildungsverzeichnis
III
1
Einleitung und Methodik
1
2
Bedeutung des Tourismus und Tourismuspolitik in
3
unterschiedlichen Gesellschaftsordnungen in Deutschland
2.1
Ziele und Funktion des Tourismus zur Zeit des
5
Nationalsozialismus
2.2
Die NS-Organisation Kraft durch Freude
9
2.3
Tourismuspolitik in einer demokratischen Gesellschaft im
11
Deutschland des 21. Jh.
3
Erläuterung der Tourismusart Dark Tourism
14
4
Das KdF-Seebad Pora
18
4.1
Idee und Entstehung
19
4.2
Der Entwurf
20
4.3
Nutzung der Prora-Anlage
23
4.3.1 Nutzung während des 2. Weltkrieges
24
4.3.2 Nutzung 1945 bis Ende der 90er Jahre
25
4.3.3 Diskussion über weitere Nutzung des Gebäudes und heutige
29
Nutzung
4.4
Untersuchung und Bewertung der Zugehörigkeit des Seebad -
33
Prora zum Dark Tourism
5
5.1
Touristische Nutzung von Hinterlassenschaften des NS-Regimes
Die DJH Jugendherberge Prora
36
39
5.1.1 Die Idee zur Eröffnung einer Jugendherberge
40
5.1.2 Lage
41
5.1.3 Einrichtung und Konzept
43
5.2
Der Obersalzberg in Berchtesgaden
46
5.3
Die NS-Ordensburg Vogelsang im Nationalpark Eifel
50
5.4
Chancen und Risiken touristischer Nutzung von
54
Hinterlassenschaften des NS-Regimes
5.4.1 Risiken
55
II
5.4.2 Chancen
59
6
63
Zukunftsaussichten und Handlungsempfehlungen
Anlage 1 – Interview mit Dennis Brosseit
66
Anlage 2 – Interview mit Interviewpartner A
78
Anlage 3 – Interview mit Interviewpartner B
79
Anlage 4 – Interviewe mit Interviewpartner C
81
Anlage 5 – Interview mit Kathrin Röder
84
Literaturverzeichnis
86
III
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1
Rahmenbedingungen Arbeits- und Freizeit
Seite 12
Abbildung 2
Skizze des Bauzustandes im Jahr 1990
Seite 23
1
1 Einleitung und Methodik
Der Nationalsozialismus, der von 1933 bis 1945 in Deutschland herrschte, gehört zur
dunklen Historie des Landes. Während dieser Zeit stand Deutschland im Gegensatz
zu heute unter einer Diktatur, unter der Herrschaft Adolf Hitlers. Dieses Regime hatte
unter anderem auch die Unterwerfung des Volkes gemäß der nationalsozialistischen
Ideologie im Sinne und übte einen starken Einfluss auf alle Lebensbereiche aus. So
war auch der Tourismus stark politisch geprägt. Neben vielen anderen für
nationalsozialistische Zwecke errichteten Bauten entstand in dieser Zeit auch das
durch die Organisation „Kraft durch Freude“ (KdF) errichtete Seebad Prora. Es wurde
unter anderem gebaut, um der deutschen Bevölkerung Urlaub zu ermöglichen. In
diesem Sinne ist es mit der damaligen Tourismuspolitik verknüpft. Die Ziele und
Funktionen des Tourismus und die Rolle der Politik damals unterscheiden sich von
der heutigen Form. Aus diesem Grund werden im ersten Abschnitt der Arbeit die
Funktionen
des
Tourismus
und
die
Tourismuspolitik
in
unterschiedlichen
Gesellschaftsordnungen betrachtet und die Unterschiede, die zeitgleich die
Vergangenheit des Gebäudekomplexes ausmachen, herausgearbeitet.
Neben dem KdF-Bad wurden auch weitere Gebäude durch die Nazis für
unterschiedliche Zwecke errichtet, beziehungsweise bereits vorhandene Bauten
durch das Regime genutzt, von denen einige, so auch Prora, den 2. Weltkrieg
überdauerten und heute noch als Hinterlassenschaften und Zeitzeugen der
deutschen Vergangenheit vorhanden sind.
Nach dem 2. Weltkrieg und dem Ende der Hitler-Herrschaft, aber auch nach der
Wende in Deutschland Ende der 80er Jahre, stellte sich immer wieder die Frage, wie
man mit diesen Relikten der Vergangenheit umgehen und sie nutzen soll. Diejenigen,
die die Nazidiktatur Deutschlands vergessen wollen, reden von Abriss, andere ziehen
die Nutzung als Orte der Aufklärung vor, um eine Wiederholung dieser
Vergangenheit zu verhindern. So sind einige der Hinterlassenschaften, wie zum
Beispiel die ehemaligen Konzentrationslager, zu Gedenkstätten umgewandelt
worden, die für Bildungszwecke dienen und Orte der Erinnerung und des Gedenkens
darstellen. Andere Gebäude gehören heute nicht mehr zu Deutschland oder werden
militärisch genutzt. Im Zusammenhang mit einer zivilen oder gar touristischen
2
Nutzung dieser Relikte treten Gegner kritisch auf und berufen sich hierbei besonders
auf moralische Aspekte.
Das KdF-Seebad Prora, welches zu den größten heute noch erhaltenen NS-Relikten
gehört, steht bis auf einige Übergangs- und Zwischennutzer seit Jahren leer. Nun,
nach vielen Überlegungen und vorgeschlagenen Nutzungskonzepten, wurde am 1.
Juli 2011 eine Jugendherberge des deutschen Jugendherbergswerkes (DJH) in
einem Teil des Gebäudekomplexes eröffnet.
Die touristische Nutzung von Hinterlassenschaften aus dem NS-Regime ist jedoch,
aufgrund der dunklen Vergangenheit dieser Gebäude, häufig mit viel Kritik von
Gegnern verbunden, die sich meist aufgrund moralischer Aspekte gegen eine
Nachnutzung in dieser Form aussprechen. Durch diese fehlende Akzeptanz, die eine
fehlende Nachfrage bewirken kann, entsteht für durchgeführte touristische
Nachnutzungskonzepte, wie es die Jugendherberge Prora darstellt, ein Risiko.
Ziel dieser Arbeit ist es, die Chancen und Risiken für eine touristische Nutzung, die
sich aus der Bedeutung des Seebades während der Zeit des Nationalsozialismus
ergeben, herauszuarbeiten. In der Presse sorgte die Eröffnung der Jugendherberge
für viel Aufmerksamkeit. Hier taucht durch Fragen wie „Ist das schlimm?“ 1 das
moralische Dilemma im Bezug auf die Eröffnung der Jugendherberge in Prora auf.
Auf die Frage, ob NS-Relikte touristisch genutzt werden „dürfen“, wird mittels dieser
Arbeit versucht, eine Antwort zu finden und aufgrund dessen Zukunftsaussichten für
die Jugendherberge Prora und den touristischen Nutzen von NS-Relikten im
Allgemeinen zu liefern.
Im Zusammenhang mit dieser Arbeit stellte sich der Autorin die Frage nach der
Zugehörigkeit Proras zum Dark Tourism. Die aufgestellte These hierzu, dass Prora
eine Dark Tourism Attraktion darstellt und somit auch touristisch nutzbar ist, wird
durch eine Betrachtung der Literatur zu dieser Tourismusart untersucht.
Um die notwendigen Hintergrundinformationen über die Ziele und Funktionen der
heutigen und damaligen Tourismuspolitik zu erlangen, wurde Sekundärforschung
1
Vgl. Finger (2011).
3
betrieben. Die Suche nach entsprechender Literatur fand zum einen über das
Internet statt, mithilfe von Suchmaschinen wie „google scholar“ und „science direct“.
Außerdem wurden Bücher aus örtlichen Bibliotheken genutzt, deren Standort mithilfe
der Internetseite www.voebb.de ermittelt wurde. Literaturrecherche wurde außerdem
in der Bibliothek der BEST-Sabel Hochschule Berlin sowie in bereits existierenden
Bachelorarbeiten zu ähnlichen Themen durchgeführt. Als Sekundärquelle dienten
des Weiteren aktuelle Zeitungsartikel aus diversen Tageszeitungen.
Um die These des Seebad Prora bezüglich der Zugehörigkeit zum Dark Tourism zu
untersuchen, wurden semi-strukturierte Interviews durchgeführt. Hierzu fuhr die
Autorin am 18. August 2011 nach Prora, um dort Gäste der Jugendherberge, Gäste
des Zeltplatzes und Touristen auf der Insel, die weder in Jugendherberge noch auf
dem Zeltplatz ihre Unterkunft hatten, zu befragen. Ziel der Auswahl der Befragten
war es, einen Querschnitt möglicher verschiedener Ansichten zu generieren. Die
Interviews dienten außerdem dazu, die Meinungen über die touristische Nutzung von
NS-Hinterlassenschaften zu ermitteln und daraus gegebenenfalls Chancen und
Risiken abzuleiten. Es wurden drei unterschiedliche Personengruppen befragt, deren
Gespräche mittels eines Diktiergerätes festgehalten worden sind. Das es darum ging,
Meinungen zu erfragen und somit qualitative und nicht quantitative Daten zu
generieren, fiel die Entscheidung auf die Forschungsmethode des semi-strukturierten
Interviews.
Zusätzlich wurde am selben Tag ein Interview mit dem Herbergsleiter Dennis
Brosseit durchgeführt. Hierbei ging es darum, Schwächen und Stärken der
Jugendherberge aus Sicht des Leiters zu erfahren. Außerdem bot dieses Interview
die Möglichkeit, zusätzliche Informationen über die Jugendherberge, das Konzept
und den Umgang mit der Vergangenheit der Prora-Anlage in Erfahrung zu bringen.
Um herauszufinden, warum das DJH gerade an diesem geschichtsträchtigen Ort
eine Jugendherberge eröffnete, wurde die Pressesprecherin des Herbergswerkes,
Kathrin Röder, am 05.08.2011 telefonisch interviewt.
4
2 Bedeutung des Tourismus und Tourismuspolitik in
unterschiedlichen
Gesellschaftsordnungen
in
Deutschland
Deutschland stand zur Zeit des Dritten Reiches unter der Herrschaft einer Diktatur,
heute
gilt
eine
Demokratie
als
Regierungsform.
Aufgrund
dieser
beiden
unterschiedlichen Gesellschaftsordnungen werden auch Unterschiede in der
Tourismuspolitik vermutet, die in den folgenden Abschnitten untersucht werden.
Der Nationalsozialismus und die Diktatur unter Adolf Hitler waren durch eine starke
Kontrolle und hohen Einfluss der Politik gekennzeichnet. Dieser Einfluss machte sich
auch im Tourismus hinsichtlich der Ziele und Funktionen bemerkbar. Durch die
Gründung politischer Organisationen wurde die Kontrolle der Bürger in nahezu allen
Lebenslagen gewährleistet. So war unter anderem auch der größte deutsche
Reiseveranstalter des Dritten Reiches eine politische Organisation. Die Regierung
verfolgte hiermit vor allem ideologische Ziele.
In der heutigen Demokratie in Deutschland nimmt der Einfluss der Politik innerhalb
des Tourismus zunehmend ab, man spricht von einer Deregulierung der
Tourismusindustrie. 2 Der Tourismus ist heute ein Industriegetriebener Sektor unter
Mitwirkung des privaten Sektors. Somit unterscheiden sich heute auch die Ziele und
Funktionen
des
Tourismus
von
der
damaligen
Form.
Das
Angebot
an
Tourismusdienstleistern hat sich ausgeweitet, das Reisen im Deutschland des 21.
Jahrhunderts ist außerdem einer breiteren Masse zugänglich gemacht worden,
wodurch sich auch die Nachfrage erhöht hat.
Im Folgenden werden die grundlegenden Unterschiede hinsichtlich der Ziele und
Funktionen sowie der Rolle der Politik innerhalb des Tourismus zwischen dem
Deutschland des 21. Jahrhunderts mit einer demokratischen Gesellschaftsordnung
und dem Deutschland zur Zeit des Nationalsozialismus unter diktatorischer
Herrschaft dargestellt. Die Hauptunterschiede, auf die eingegangen wird, bestehen
darin, für welche Bevölkerungsschichten das Reisen zugänglich war und welche
Reiseziele für deutsche Urlauber in Frage kamen, sowie die Rolle und Einflüsse der
2
Vgl. Mundt (2004), S. 129.
5
Politik und der damit verbundenen Ziele und Funktionen von Tourismus. Hierbei wird
auch auf die politische Organisation „Kraft durch Freude“ eingegangen, die für den
damaligen Tourismus eine signifikante Rolle spielte.
In der Zeit zwischen diesen beiden Gesellschaftsordnungen war Deutschland in zwei
Staaten geteilt: in die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und die
Bundesrepublik Deutschland. Diese Zeit spielt auch für die Nutzung des Seebades
Prora, welches sich in der ehemaligen DDR befand, eine Rolle, ist jedoch nicht
Gegenstand dieser Arbeit. Sie wird aus diesem Grund lediglich unter dem Aspekt der
unterschiedlichen Nutzungsphasen Proras in dieser Arbeit betrachtet. Eine
Betrachtung der Funktion von Tourismus, die sich in dieser Zeit wiederum in anderer
Form darstellte, bleibt jedoch aus, da sich das Thema um die touristische Nutzung
von Hinterlassenschaften des NS-Regimes dreht.
2.1 Ziele und Funktion des Tourismus zur Zeit des
Nationalsozialismus
Nach Beendigung des ersten Weltkrieges änderte sich, im Vergleich zu früheren
Zeiten,
durch
ein
Schrumpfen
der
vermögenden
Bevölkerungsschicht,
die
Nachfragerschicht für den Tourismus. Auch den mittleren und gehobenen
Angestellten konnten nun zunehmend am Tourismus teilnehmen. Man verreiste
jedoch typischer Weise im eigenen Land und häufig an denselben Ort. 3
Mit dem Nationalsozialismus änderte sich die Tourismusstruktur in Deutschland
abermals, und zwar hin zu einem politisch organisierten Tourismus. Somit hatte er,
wie auch in anderen sozialistischen Ländern, hauptsächlich eine politische und
soziale Funktion, die wirtschaftliche Funktion war weniger ausgeprägt. 4 Die Politik
hatte einen hohen Einfluss auf den Tourismus, indem sie Urlaub und Freizeit
organisierte. Hierzu wurden politische Organisationen gegründet, die für das Angebot
von Freizeitveranstaltungen und Urlaubsreisen verantwortlich waren. So auch die
NS-Organisation „Kraft durch Freude“ (KdF) in Deutschland, oder die „Opera
Nazionale Dopolavoro“ (OND) in Italien. Erstere stellt gleichzeitig den größten
3
4
Vgl. Freyer (2006), S. 14.
Vgl. Stamm (2011).
6
deutschen Reiseveranstalter des Dritten Reiches dar. 5 Ziel war es, die Bevölkerung
in möglichst allen Lebenslagen, also auch im Urlaub und in ihrer Freizeit, zu
kontrollieren und zu überwachen. 6
Eine einheitliche gesetzliche Urlaubsregelung durch den Staat gab es vor
Machtergreifung der Nationalsozialisten noch nicht. 7 Der Nationalsozialismus setzte
es sich zum Ziel, sowohl eine einheitliche gesetzliche Regelung zur Urlaubsdauer als
auch eine allgemeine Verlängerung der Freizeit einzuführen. Tatsächlich kam es
jedoch nur zur Schaffung von Richtlinien mit empfehlendem Charakter, die ab
1936/37 deutlich vereinheitlicht waren, jedoch nicht von allen Unternehmen
angewandt wurden. 8 Der jährliche Mindesturlaub, der für einen Großteil der Arbeiter,
jedoch nicht für alle, galt, wurde von drei auf sechs Tage erhöht. 9 Andere Quellen
sprechen von bis zu zwölf Urlaubstagen. 10 Um an Ferienlagern der NS-Organisation
„Hitlerjugend“ (HJ) teilzunehmen, gab es zusätzliche freie Urlaubstage. 11 Das Reisen
mit einer NS-Organisation wurde also belohnt und somit attraktiv gemacht, was zeigt,
wie sehr die Bürger, bereits im jugendlichen Alter, kontrolliert werden sollten und
wurden.
Des Weiteren hatten private Wirtschaftsbetriebe die Pflicht, die KdF zu unterstützen,
indem sie ihren Mitarbeitern ausreichend Urlaub zur Verfügung stellen mussten. 12
Außerdem waren alle Unternehmen dazu verpflichtet, jährlich eine KdF-Betriebsfahrt
auf eigene Kosten durchzuführen. 13
Neben dem politisch organisiertem Tourismus gab es auch den kommerziellen
Tourismus. 14 Der KdF war es jedoch möglich, Urlaubsreisen preiswerter anzubieten,
obwohl das Reisen nicht staatlich subventioniert war. Durch die Garantie einer
langfristigen und gleichbleibend guten Auslastung bekam die Organisation hohe
5
Ebd.
Vgl. Rostock und Zadnicek (2008), S. 18.
7
Vgl. Gottschalk (2007), S. 7.
8
Vgl. Brosowski (2004), S. 266.
9
Ebd.
10
Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 24.
11
Ebd.
12
Vgl. Berktold-Fackler und Krumbholz (1997), S. 91.
13
Ebd.
14
Vgl. Hachtmann (2007a), S. 126.
6
7
Preisnachlässe und konnte so preisgünstige Reisen anbieten. 15 Eine Ursache hierfür
ist außerdem, dass die KdF nicht auf Gewinnmaximierung, sondern lediglich auf
Selbstkostendeckung wirtschaftete. 16
Durch den erheblichen Einfluss des Staates am Tourismus verfolgte dieser gewisse
Ziele, die im Folgenden erläutert werden.
Beim Tourismus zu Zeiten des Nationalsozialismus stand vor allem der Faktor
Erholung und Entspannung im Vordergrund, da Arbeitszeiten und Arbeitsintensität
erhöht wurden. Die Ausspannung des Körpers und Geistes durch Freizeit und Urlaub
sollte dazu führen, dass die Arbeiter immer wieder hohe Leistungen erbringen
können. 17 Das Erlebnis, so wie es heute oft als Reiseinhalt oder –Motivation gilt,
sollte in den Hintergrund rücken. Ein erholtes Volk diente auch dazu, die Ziele des
Regimes, eine starke Rüstungsindustrie aufzubauen und so den geplanten Krieg zu
gewinnen, zu erreichen. 18 Ein Zitat im Jahr 1933 von Robert Ley, dem
Reichsorganisationsleiter der NSDAP 19, unterstreicht dieses Ziel: „Wir verloren den
Krieg, weil wir die Nerven verloren haben. Deshalb will der Führer, dass der
nationalsozialistische Staat sich diese Erkenntnis immer vor Augen hält und dafür
sorgt, dass die Nerven des Volkes gesund und stark erhalten bleiben.“ 20
Hierzu ist es nun auch den Arbeitern ermöglicht worden, am Tourismus
teilzunehmen. Dies war zumindest das Ziel der Nationalsozialisten, in der Umsetzung
ergab sich jedoch nur ein geringer Anteil an Arbeitern, die an den KdF-Fahrten
teilnehmen konnten. Dies lag zum einen daran, dass die Reisen zwar sehr
preisgünstig, aber immer noch zu teuer für einen Arbeiter der unteren Schicht
angeboten wurden. 21 Außerdem fehlte es ihnen oft an den nötigen Urlaubstagen, um
zum Beispiel an einer zwei- bis dreiwöchigen Schiffsreise teilzunehmen. Die
angebliche Ungültigkeit der einzelnen Standes- und Klassenschichten konnte trotz
allem durch die NS-Propaganda so glaubwürdig vermittelt werden - unter anderem
15
Vgl. Berktold-Fackler und Krumbholz (1997), S. 91.
Ebd., S. 91f.
17
Vgl. Hachtmann (2007b), S. 7f.
18
Vgl. Hachtmann (2007a), S. 122f.
19
Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei, regierende Partei von 1933 bis 1945 in Deutschland
20
Ley zitiert nach Rostock und Zadnicek (2008), S. 43.
21
Vgl. Brosowski (2004), S. 271.
16
8
durch Verschleierung der Zahlen der Arbeiterbeteiligung 22 - sodass der Arbeiter das
Gefühl hatte, „dass er sich jetzt auch etwas leisten kann, was früher nur für die
besseren Schichten da war“. 23 Die Beteiligung von Arbeitern fand überwiegen in
Betriebsfahrten statt, das heißt sie wurden überwiegend ausgesucht, während die
Besserbemittelten aus freien Stücken heraus an der Reise teilnahmen. 24
Der Tourismus dieser Zeit war auch von Antisemitismus geprägt, welcher jedoch
schon seit Ende des 19. Jh. vorherrschte. Bereits zwischen 1900 und 1911 galt
Borkum beispielsweise als Synonym für Bäder-Antisemitismus und verbot Juden den
Zutritt zu seinem Bad. 25 Da der Antisemitismus auch stark in den Köpfen der
Bevölkerung verankert war und die Kurbäder durch ein Zulassen von jüdischen
Gästen keine Besucherzahlen verlieren wollten, positionierten sich in der folgenden
Zeit viele andere als antisemitisch. So breitete sich der Charakter „judenfreier“ Bäder
an Nord- und Ostsee aus. 26 Auch auf den von der KdF angebotenen Reisen waren
ausschließlich „erbbiologisch gesunde, deutsch-arische Menschen“ 27 erwünscht.
Die politisch organisierten Reisen fanden zudem hauptsächlich in Reiseziele
innerhalb Deutschlands statt. Das Kennenlernen anderer Kulturen war nicht
Bestandteil der nationalsozialistischen Ideologie und gehörte somit auch nicht zu
einer von ihnen organisierten Urlaubsreise. Es gab auch Schiffsreisen in andere,
befreundete Länder, wie zum Beispiel Italien, Spanien und Portugal, an denen
jedoch nur wenige teilnehmen konnten. Ein Landgang gehörte zur Ausnahme und
Kontakt zu den Einheimischen war nicht vorgesehen. 28
Das Rahmenprogramm einer KdF-Reise war durch diese straff durchorganisiert und
eine individuelle Gestaltung des Urlaubes, wie es bei privaten Reiseveranstaltern
möglich ist, war nicht denkbar. So gab es bei einem Urlaub in Nesselwang früh am
ersten Tag eine Flaggenhissung am Kriegerdenkmal, im Anschluss dessen das
Wochenprogramm bekannt gegeben wurde. Ausflüge waren darin festgelegt und
vorgegeben. Der letzte Tag umfasste einen Abschiedsappell am Fahnenmast, an
22
Ebd., S. 292.
Hachtmann (2007b), S. 7.
24
Vgl. Keitz zitiert nach Brosowski (2004), S. 271.
25
Vgl. Hachtmann (2007a), S. 131.
26
Vgl. Bojahr zitiert von Zeit Online (2003).
27
Hachtmann (2007a), S. 122.
28
Vgl. Berktold-Fackler und Krumbholz (1997), S. 90.
23
9
dessen Teilnahme alle KdF-Urlauber verpflichtet waren. 29 „Freizeitgestaltung privat,
die sich beschränkt auf das egoistische individualistische Ich, hat für die Gesamtheit
eines Volkes und der Menschheit keinen Sinn und Wert.“ 30 Ziel war also wieder die
Schaffung einer „Volksgemeinschaft“ und die Bindung an die NS-Ideologie.
Bei den Ferienzielen von KdF-Fahrten innerhalb Deutschlands handelte es sich fast
ausschließlich um wirtschaftlich unterentwickelte Gebiete (zum Beispiel Eifel,
bayrische Ostmark, Allgäu) um so eine indirekte Ankurbelung der Wirtschaft zu
bewirken. 31 Durch den wirtschaftlichen Aufschwung, den diese Gebiete dank des
Nationalsozialismus erfuhren, erhielt das Hitler-Regime gleichzeitig neue Anhänger in
den Bewohnern dieser Regionen. 32
Die Gestaltung der Ziele und Funktionen des Tourismus während des Hitler-Regimes
machen deutlich, dass die Politik in dieser Zeit einen starken Einfluss und Kontrolle
über das Reisen hatte. Sowohl die Reiseziele als auch die Reisebeteiligung und
Inhalt der Reise oblagen der politischen Kontrolle. Auch die Ziele des Tourismus,
nämlich das Volk der nationalsozialistischen Ideologie zu unterwerfen, waren
politisch geprägt. Im Folgenden werden, nach einer genaueren Beschreibung der
„Kraft durch Freude“ - Organisation, die Ziele und Funktionen des heutigen
Tourismus in Deutschland vorgestellt und so der Tourismus in einer Diktatur mit dem
in einer Demokratie verglichen.
2.2 Die NS-Organisation „Kraft durch Freude“
Am 2. Mai 1933 wurde, nach Zerschlagung der Gewerkschaften, die Gründung der
nationalsozialistischen
gegeben.
33
Organisation
„deutsche
Arbeitsfront“
(DAF)
bekannt
In dieser unter der Führung Robert Leys stehenden Organisation waren
alle Arbeiter Zwangsmitglieder, was zu hohen Beitragseinnahmen führte und die DAF
zur wohlhabendsten NS-Organisation machte. 34 Die Ziele der DAF formulierte Ley
29
Vgl. Berktold-Fackler (1990).
Rostock und Zadnicek (2008), S. 22.
31
Vgl. Berktold-Fackler und Krumbholz (1997), S. 90.
32
Vgl. Hachtmann (2007b), S. 12.
33
Vgl. Rostock und Zadnicek (2008), S. 18.
34
Ebd., S. 21.
30
10
wie folgt: "Das hohe Ziel der Arbeitsfront ist die Erziehung aller im Arbeitsleben
stehenden
Deutschen
zur
nationalsozialistischen
Gesinnung". 35
Wie
zuvor
beschrieben, hatten die Nationalsozialisten das Ziel, die Bevölkerung in möglichst
allen Lebenslagen zu kontrollieren und sie von ihrer Weltanschauung zu überzeugen.
Die DAF diente der Kontrolle während der Arbeitszeit.
Am 27. November 1933 wurde dann die Unterorganisation „Kraft durch Freude“
(KdF) innerhalb der DAF gegründet, die nun für die Organisation von Urlaub und
Freizeit verantwortlich war und das Volk außerhalb der Arbeitszeit kontrollieren und
beeinflussen sollte. 36 Ähnliche Organisationen gab es auch in anderen Länder, wie
zum Beispiel in Italien die faschistische Freizeitorganisation „Opera Nazionale
Dopolavoro“ (OND), die Robert Ley als Vorbild für die KdF-Gründung diente. 37 Es
gab jedoch Unterschiede zwischen den beiden Organisationen, so war die
Mitgliedschaft in der OND freiwillig, wohingegen die Zwangsmitglieder der DAF auch
gleichzeitig Mitglieder der KdF waren. 38 Auch hinsichtlich der berufsständigen
Gliederung unterschieden sich beide Organisationen; innerhalb der OND gab es je
Branche oder sogar Betrieb eine Unterorganisation, wohingegen die KdF alle
Berufsgruppen zusammenfasste. 39
Innerhalb der einzelnen Ämter „Schönheit der Arbeit“, „Sport“, „Feierabend“,
„Reisen“,
„Wandern
und
Urlaub“,
„Deutsches
Volksbildungswerk“
und
„Wehrmachtsheime“ 40 bot die Organisation zahlreiche Freizeitaktivitäten und auch
Ferienreisen an und die Zahl der Teilnehmer an KdF-Reisen stieg rasch an. 1934
waren es 2,3 Millionen Reisende, im Jahr 1938 nahmen bereits 10,3 Millionen
Menschen an den politisch organisierten Reisen teil. 41 Als sehr beliebt galten die
KdF-Schifffahrten
in
befreundete
Länder,
die
häufig
jedoch
nur
den
Besserbemittelten zuteil waren. Durch diese Zahlen zeigt sich, dass hier die Anfänge
des Massentourismus der Nachkriegszeit liegen. 42
35
Dokumentationszentrum Prora (2009), S. 2.
Vgl. Geißler und Bock (1998), S. 10.
37
Vgl. Berktold-Fackler und Krumbholz (1997), S. 88.
38
Vgl. Hachtmann (2007b), S. 3.
39
Vgl. Berktold-Fackler und Krumbholz (1997), S. 88.
40
Ebd.
41
Vgl. Macht Urlaub(2011).
42
Vgl. Rostock et al. (2005).
36
11
Im Jahr 1935 wurde bekannt gegeben, dass der Bau von fünf riesigen Seebädern,
mit Platz für 20.000 Menschen, geplant sei. 43 Das einzige dieser Seebäder, welches
tatsächlich erbaut wurde, ist das Seebad der Zwanzigtausend in Prora auf Rügen.
Robert Ley äußerte sich hierzu vor der Öffentlichkeit im Jahr 1936 wie folgt:
„Die Idee des Seebades ist vom Führer selbst. Da der deutsche Arbeiter sich
in den vorhandenen Bädern nicht vollständig wohlfühlt, soll hier ein neues
Riesenbad mit 20.000 Betten errichtet werden. Diese Anlage müsse das
Schönste werden was man sich denken könne, und der schöpferischen
Phantasie des Baukünstlers würden bei dieser Aufgabe keinen Grenzen
gesetzt“. 44
Hierdurch wird noch einmal deutlich, dass der Tourismus zu dieser Zeit
Charakteristika eines Massentourismus aufwies, welche zum Ziel hatte, „das Volk zu
einer gleichgeschalteten, gehorsamen Masse umzuformen“. 45
2.3 Tourismuspolitik in einer demokratischen Gesellschaft
im Deutschland des 21. Jh.
In diesem Abschnitt wird gezeigt, welche Funktion der Tourismus heute, im 21. Jh., in
Deutschland hat. Es wird dargestellt, ob und inwieweit sich die Rolle und der Einfluss
der Politik im Vergleich zur Zeit des Nationalsozialismus geändert hat.
Der Unterschied der heutigen Tourismuspolitik zu der Zeit nach dem 1. Weltkrieg
begründet sich in der vorherrschenden Gesellschaftsform. Im Gegensatz zur
damaligen Regierungsform, der Diktatur, herrscht in Deutschland heute eine
Demokratie.
Im Vergleich zur Zeit des Nationalsozialismus ist der Tourismus heute einer weitaus
breiteren Masse zugänglich, was mit dem wirtschaftlichen Aufschwung nach Ende
des 2. Weltkrieges zusammenhängt. Das höhere Einkommen und die zunehmende
Freizeit der Bevölkerung sowie die Entwicklung von Kommunikations- und
43
Vgl. Rostock und Zadnicek (2008), S. 39.
Rostock und Zadnicek (2008), S. 39.
45
Ebd., S. 44.
44
12
Transportmitteln trugen zur Hochphase des Tourismus in Deutschland (und auch in
anderen westlichen Industrienationen) bei. 46
Seit 1950 bis heute ist eine Verschiebung des Verhältnisses zwischen Arbeits- und
Freizeit zu erkennen, welches in der folgenden Tabelle veranschaulicht wird.
Entnommen aus: Freyer (2006), S. 25
Abb. 1 Rahmenbedingungen Arbeits- und Freizeit
Freyer identifiziert im Zusammenhang mit der zunehmenden Freizeit einen
Wertewandel. Die frühere Regenerationsfunktion von Urlaub wird durch das Suchen
nach Erlebnissen, Anerkennung und Sinnfindung ersetzt, ein Gefühl, welches zuvor
hauptsächlich durch die Arbeit gewonnen wurde. 47
Mit
dem
am
1.1.1963
in
Kraft
getretenem
und
noch
heute
gültigem
Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) gibt es in Deutschland eine gesetzliche Regelung zu
den Urlaubtagen eines Arbeitnehmers. Der jährliche Mindesturlaub beträgt hiernach
bei einer Sechs-Tage-Woche mindestens 24 Werktage. (§3 (1) BUrlG) 48 Dieser
Urlaubsanspruch gilt für alle Arbeitnehmer, unabhängig von der Art der Tätigkeit oder
dem Einkommen. Im Vergleich zur Zeit des Nationalsozialismus hat sich also die
Anzahl der Urlaubstage erhöht und eine allgemeingültige gesetzliche Regelung ist
geschaffen worden, die hinsichtlich des Urlaubsanspruches keinen Unterschied
zwischen unterschiedlichen Bevölkerungsschichten macht. Hieraus ergibt sich auch
ein weiterer Unterschied, nämlich das der Tourismus allen Menschen, ob Arbeiter
oder höherer Angestellter, zugänglich ist.
46
Vgl. Freyer (2006), S. 15.
Vgl. Freyer (2006), S. 25.
48
BurlG (2002).
47
13
Auch heute sind Betriebsfahrten innerhalb eines Unternehmens nicht unüblich,
jedoch dienen sie im Allgemeinen nicht dazu, eine bestimmte (politische)
Organisation zu unterstützen, sondern um Mitarbeiter zu motivieren und den
Teamgeist zu verstärken. Auch sind Arbeitgeber nicht durch den Staat dazu
verpflichtet, solch eine Betriebsfahrt durchzuführen. 49
Der Staat hat auch heute noch einen Einfluss auf den Tourismus in Deutschland,
jedoch kann man nicht mehr von einem politisch organisierten Tourismus sprechen.
Einen politischen Reiseveranstalter oder eine politische Organisation, die für Freizeit
und Urlaub der Bevölkerung zuständig ist, gibt es heute nicht mehr. Für die
Organisation von Pauschalreisen sind private Reiseveranstalter zuständig. Die
marktführenden deutschen Reiseveranstalter des 21. Jh. sind unter anderem TUI
Deutschland, Thomas Cook und die Rewe Group. 50 Eine Reise kann über solch
einen Reiseveranstalter gebucht werden aber ist auch individuell gestaltbar. Auch die
Art und Weise, wie eine Person seinen Urlaub oder seine Freizeit verbringt und
welche Veranstaltungen er besucht, ist nicht mehr durch den Staat vorgeschrieben.
Das straffe Rahmenprogramm einer KdF-Reise ist heute kein Bestandteil einer
Urlaubsreise.
Der Staat ist im Zusammenhang zum Tourismus dafür zuständig, durch Gesetzte
und Verordnungen den nationalen und internationalen Reiseverkehr zu ermöglichen
oder zu verhindern. 51 Es geht jedoch zunehmend darum, die Einflüsse des Staates
zu verringern und eine Deregulierung zu bewirken. 52
Freyer unterscheidet zwischen politischen Einflüssen auf der Nachfragerseite und
der Angebotsseite. Auf Seite der Nachfrage gestaltet sich dieser Einfluss so, dass
der Staat durch Zuschüsse bestimmten Nachfragergruppen das Reisen ermöglicht.
Des Weiteren steuert er die Touristenströme zeitlich und mengenmäßig, zum
Beispiel
durch
Ferien-
und
Visaregelungen.
Ihm
kommt
außerdem
eine
Informationsfunktion zu, indem er auf Zielgebiete aufmerksam macht. 53 Auf der
anderen Seite ist er für die Förderung und Beeinflussung des Angebots zuständig,
49
Vgl. Kronzucker (2011).
Vgl. Welt-Online (2008).
51
Vgl. Freyer (2008), S. 46.
52
Vgl. Mundt (2004), S. 129.
53
Vgl. Freyer (2008), S. 86.
50
14
zum Beispiel durch Zoll- und Passvorschriften und politischer und wirtschaftlicher
Beziehungen zu anderen Ländern. 54
Tourismus dient auch heute noch der Erholung und Regeneration 55, jedoch nicht
ausschließlich und auch nicht immer als Hauptgrund. Vielmehr sind weitere
Motivationen zu Reisen, und somit auch verschiedene Tourismusformen und –arten,
entstanden. So stehen heute, im Gegensatz zum KdF-Tourismus, häufig auch das
Erlebnis und das Kennenlernen anderer Kulturen im Vordergrund und Reisen in
andere Länder sind nicht unüblich. Auch kann der Tourismus der Bildung dienen –
zum Beispiel dem Erlernen einer Fremdsprache – was zur Zeit des Hitler-Regimes
aufgrund der faschistischen Ideologie wohl kaum vorstellbar beziehungsweise im
Sinne des Staates war.
Einen politisch organisierten Tourismus, so wie zu Zeiten des Nationalsozialismus,
gibt es im Deutschland des 21. Jh. nicht mehr. Der Tourismus heute ist ein
industriegetriebener Sektor unter der Beteiligung des privaten Sektors. Der Staat ist
für die Schaffung der Rahmenbedingungen verantwortlich. Für unterschiedliche
Gesellschaftsordnungen
kommt
zustande 56,
den
was
in
auch
eine
beschriebenen
unterschiedliche
Unterschieden
Tourismuspolitik
zwischen
dem
Deutschlandtourismus in einer Diktatur und einer Demokratie deutlich wird.
3 Erläuterung der Tourismusart Dark Tourism
Obwohl Dark Tourism kein neues Phänomen darstellt, hat diese Form des Tourismus
erst in den letzten Jahren in der akademischen Welt Aufmerksamkeit bekommen. 57
Besonders in deutschsprachiger Literatur ist dieses Thema kaum behandelt worden,
weshalb sich der folgende Abschnitt auf englischsprachigen Quellen stützt. Die
deutsche Bezeichnung „Katastrophentourismus“ 58 wird als weniger passend
angesehen und beruht auf nicht akademischen Texten, sondern zum Beispiel auf
54
Ebd., S. 124.
Ebd., S. 355.
56
Vgl. Freyer (2008), S. 353.
57
Vgl. Foley und Lennon zitiert nach Sharpley (2009), S. 6.
58
Vgl. Urlaub, urlaub-im-web.de. (o.J.)
55
15
Werbetexten für Attraktionen des „Dark Tourism“. Aus diesen Gründen wird in dieser
Arbeit auch weiterhin die englische Bezeichnung „Dark Tourism“ verwendet.
Der Begriff Dark Tourism wurde erstmalig im Jahr 1996 von Lennon und Foley
genauer betrachtet. 59 Tarlow definiert Dark Tourism als „Besuch von Orten, an denen
sich Tragödien oder historisch nennenswerte Tode zugetragen haben und die
weiterhin unser Leben beeinflussen.“ 60 Diese Tourismusform beinhaltet Besuche von
Attraktionen, Orten und Ausstellungen, die mit Tod, Leiden, Gewalt oder Unglück im
Zusammenhang stehen. 61 Dies schließt eine Vielzahl von unterschiedlichen
Attraktionen und Erfahrungen ein. 62
Wie bereits erwähnt, ist Dark Tourism an sich nicht so jung wie die akademische
Literatur hierzu. Frühere Formen des Dark Tourism sind zum Beispiel die
Gladiatorenspiele
im
alten
Rom
oder
die
öffentlichen
Verurteilungen
von
vermeintlichen Hexen im Mittelalter. 63 Sehenswürdigkeiten der heutigen Zeit, die am
häufigsten im Zusammenhang mit Dark Tourism genannt werden, sind das World
Trade Center Denkmal „Ground Zero“ in New York, das „London Dungeon“ in
London, ehemalige Konzentrationslager aus der Zeit des Nationalsozialismus und
Kriegsschauplätze weltweit.
Obwohl sich zunehmend mehr und mehr Wissenschaftler mit dem Phänomen Dark
Tourism auseinandersetzen, bleiben immer noch einige Fragen offen, die sich
besonders auf die Nachfragerseite beziehen, da sich die Untersuchungen bisher
hauptsächlich auf die Anbieterseite beschränken.
64
So beschäftigt zum Beispiel die
akademische Welt die Frage, warum Touristen Sehenswürdigkeiten des Dark
Tourism besuchen. Als mögliche Motivationen werden zum einen der Faktor
Gedenken und Bildung genannt, auf der anderen Seite sind Schaulust und die
geheimen Freude am Makabren weitere mögliche Motive für die Teilnahme am Dark
Tourism. Welches davon die Hauptmotivation ist, bleibt unbeantwortet. Des Weiteren
stellt sich die Frage, ob und inwiefern die Konfrontation mit der eigenen Sterblichkeit
59
Vgl. Stone und Sharpley (2008), S. 576.
Tarlow (2005), S. 48.
61
Vgl. Stone (2005).
62
Vgl. Sharpley (2009), S. 10.
63
Vgl. Stone (2005) und Sharpley (2009), S. 4.
64
Vgl. Sharpley (2009), S. 6.
60
16
eine Rolle spielt.
65
Sharpley sieht in diesem Punkt eine mögliche Motivation für die
Durchführung von Dark Tourism. 66
Eine weitere Frage, die die Wissenschaftler beschäftigt, hängt mit dem über die
letzten Jahrzehnte zunehmendem Konsum von Dark Tourism zusammen. Es stellt
sich die Frage nach der Ursache, nämlich ob es sich um steigende Nachfrage
seitens des Touristen handelt und somit einem zunehmenden Interesse in Tod und
Unglück 67 oder ob das Angebot an „dark sites“ (engl. site „Sehenswürdigkeit) stetig
zugenommen hat und somit einen stärkeren Konsum ermöglicht. 68
Sharpley (2009) wirft die Frage auf, ob es unterschiedliche „Schattierungen“ von
Dark Tourism gibt, die sich entweder auf die Natur der Attraktion beziehen oder auf
das Ausmaß des Interesses der Touristen. 69 Stone (2006a) kommt in diesem
Zusammenhang zu dem Schluss, dass eine schwächere Form des Dark Tourism, die
er „lighter“ Dark Tourism nennt, existiert. Diese umfasst Attraktionen mit künstlich
geschaffenem Leiden, einem fiktiven Tod - das heißt Orte, an denen sich nicht real
eine Tragödie zugetragen hat. Diese Attraktionen werden auch „dark fun factories“
genannt, ein Beispiel ist das „London Dungeon“. 70
Ein weiterer Grund für die Schwierigkeit, Dark Tourism genau zu definieren ist die
Tatsache, dass eine Vielzahl an unterschiedlichen Orten, Sehenswürdigkeiten und
Erfahrungen heute unter diesem Begriff zusammengefasst wird. Hierbei stellt sich die
Frage, ob es überhaupt möglich ist, verschiedene Erfahrungen an Orten, die mit Tod
und Leiden in Zusammenhang gebracht werden, gemeinschaftlich unter dem Begriff
Dark Tourism zusammenzufassen. 71 Eine mögliche Erleichterung bietet sich
dadurch, die verschiedenen Attraktionen in die folgenden Unterformen zu unterteilen:
Holocaust-Tourism,
Battlefield
Tourism und Prison Tourism.
65
72
Vgl. Stone (2005).
Vgl. Sharpley (2009), S. 10.
67
Vgl. Lennon und Foley (2000), S. 3.
68
Vgl. Sharpley (2009), S. 6.
69
Ebd., S. 6f.
70
Ebd., S. 169.
71
Vgl. Sharpley (2009), S. 6.
72
Vgl. Stone (2005).
66
Tourism,
Cemetery
Tourism,
Slavery-Heritage
17
Holocaust-Tourism umfasst Orte, an denen Verbrechen des deutschen NaziRegimes
stattgefunden
haben.
Hierzu
zählen
die
noch
heute
erhaltenen
Konzentrationslager, aber auch Museen wie zum Beispiel das Yad Vashem Museum
in Jerusalem oder das Imperial War Museum in London. Seedman sieht Motivationen
hierfür in der Berühmtheit dieser Orte, in der Faszination für Tod und Unglück sowie
in Pilgerfahrten, aber auch in der Bildung. Diese Orte ermöglichen es, den Skeptikern
und Verleugner dieser Zeit die nötigen „Beweise“ zu liefern, dass die Zeit des
Nationalsozialismus und ihre Verbrechen durchaus real sind. Die Herausforderung,
die sich hieraus ergibt ist, dass diese Orte sowohl für den Touristen zugänglich
gemacht werden müssen, jedoch gleichzeitig auch einer Erhaltung bedürfen. 73
Unter Cemetery Tourism (engl. cemetery „Friedhof“) versteht man den Besuch von
Friedhöfen oder Gräbern, meist von historischen Berühmtheiten, während eines
Urlaubes. Dies sehen viele Menschen jedoch nicht als Aspekt des Dark Tourism.
Vielmehr gehe es häufig um das Interesse in lokale Architektur und Skulpturen und
liefere eine indirekte Sicht auf die soziale oder kulturelle Geschichte der jeweiligen
Stadt. 74 Es ist demnach fraglich, inwieweit diese Tourismusform wirklich eindeutig
dem Dark Tourism zugeordnet werden kann.
Eine der ersten organisierten Dark Tourism Touren fand um 1830 in das Eastern
State Strafanstalt, ein damals neu eröffnetes Gefängnis in Philadelphia, statt.
Heutzutage beinhaltet Prison Tourism (engl. prison „Gefängnis“) den Besuch
stillgelegter und verlassener Gefängnisse, so zum Beispiel auch ehemalige
Konzentrationslager oder das Alcatraz Gefängnis in San Fransisco. 75 Hierbei spielt,
neben den bereits genannten Motivationen für Dark Tourism, auch für einen großen
Teil die Architektur der Gebäude eine wichtige motivierende Rolle 76, was dieses
Phänomen also wiederum teilweise vom Dark Tourism abgrenzt.
Beim Slavery-Heritage Tourism (engl. slavery „Sklaverei“, engl. heritage „Erbe“) geht
es um das Erbe und Hinterlassenschaften aus der Sklavenzeit. Orte, die in diesem
Zusammenhang besucht werden, sind mit dem Sklavenhandel verknüpft und
73
Vgl. Seedman (2005).
Vgl. Scott (2005).
75
Vgl. Wilson (2005).
76
Ebd.
74
18
befinden sich in West-Afrika, in der Karibik und in Europa. Hierzu gehören unter
anderem der Besuch von Herrenhäusern der Sklaventreiber, Plantagen und
Überresten von Plantagegebäuden und Sklavenunterkünfte. In West-Afrika gibt es
einige Orte, die für die Öffentlichkeit zugänglich sind, so zum Beispiel Festungen an
den Küsten, in denen der Sklavenhandel stattfand und die Sklaven gefangen
gehalten wurden, bevor sie verschifft worden sind. Es gibt jedoch nur einige davon,
die von Touristen auch nur wenig besucht werden. 77
Battlefield Tourism (engl. battlefield „Schlachtfeld“) umfasst den Besuch von Orten,
an denen sowohl große als auch kleinere Kriege stattfanden (Pearl Harbor,
Normandy). Bei den Nachfragern handelt es sich oft um Soldaten, die an die Orte, an
denen sie einmal gekämpft haben, zurückkehren wollen, um zum Beispiel von
gefallenen Kameraden Abschied zu nehmen oder ihren Familien diese Orte zu
zeigen. 78
Oft
ist
es
wohl
auch
Bestandteil
der
Verarbeitung
von
den
posttraumatischen Erlebnissen, die die Soldaten durch den Krieg erlitten. Touristen,
die nicht selbst an den Kämpfen beteiligt waren, suchen diese Orte auf, um zum
Beispiel zu sehen wie Geschichte Wirklichkeit wird, indem sie sich die Überreste
dessen anschauen, was während des Krieges zerstört wurde und auf demselben
Boden stehen, auf dem Menschen zuvor ihr Leben gelassen haben. 79
4 Das KdF-Seebad Prora
Eine
der
größten
heute
noch
erhaltenen
Hinterlassenschaften
des
Nationalsozialismus ist das KdF-Seebad Prora.
Um immer mehr Bürger im KdF-Tourismus zu erfassen, entstand die Idee zur
Errichtung von riesigen Seebädern, in denen 20.000 Menschen auf einmal
untergebracht werden können. 80 Von den fünf geplanten Seebädern ist das Seebad
Prora auf Rügen das einzige, welches tatsächlich gebaut wurde. Der kilometerlange
Gebäudekomplex, häufig der „Koloss von Prora“ genannt, steht noch heute am
Strand von Rügen. Um eine genauere Vorstellung von diesem Komplex zu
77
Vgl. Beech (2005).
Vgl. O’Bannon (2005).
79
Ebd.
80
Vgl. Rostock (2005).
78
19
vermitteln, wird er im folgenden Abschnitt vorgestellt. Zunächst werden die
Hintergründe beschrieben – wann und warum es zum Entwurf und Bau kam. Das
Gebäude an sich wird dargestellt und seine Nutzung seit dem 2. Weltkrieg bis heute
erläutert.
4.1 Idee und Entstehung
Im Frühjahr 1936 rief Ley zu einem Architekturwettbewerb auf, bei dem elf
Architekten ihre Entwürfe für das erste „Seebad der Zwanzigtausend“ auf Rügen
vorlegen sollten. 81 Die Aufgabe beinhaltete, ein Seebad für 20.000 Besucher sowie
2.000 Angestellte zu entwerfen, wobei jedes Zimmer über Meerblick verfügen
sollte. 82 Unter den elf Teilnehmern waren auch Clemens Klotz (1886– 1969) und
Erich zu Putlitz (1892-1945), beides prominente Architekten der NS-Zeit. Klotz
gewann den Wettbewerb, erhielt jedoch den Auftrag von Hitler persönlich, in seinen
weiteren Entwürfen die Festhalle, die Bestandteil des Entwurfes von Erich zu Putlitz
war, zu integrieren. 83
Dieser Wettbewerb war jedoch eine Farce, denn bereits seit 1935 beschäftigte sich
der Kölner Architekt Clemens Klotz mit der Planung des Seebades auf Rügen.
Bereits im Herbst 1935, also noch vor dem Aufruf zum Wettbewerb, legte er seine
ersten Entwürfe vor. 84 Klotz hatte bereits 1925 mit Ley Bekanntschaft gemacht und
erhielt durch seine gute Beziehung zu ihm den Auftrag zum Entwurf des Gebäudes. 85
Der Wettbewerb fand vermutlich aufgrund von Kritik an der eigenmächtigen
Ernennung Klotz’ zum Architekten durch Ley statt. 86
Die Grundsteinlegung des Seebades fand dann am 2. Mai 1936 statt, wobei Klotz
erst im August desselben Jahres zum Gewinner des Wettbewerbes ernannt wurde.
Wernicke und Schwartz sehen hier einen weiteren Hinweis darauf, dass der
81
Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 35.
Vgl. Geißler und Bock (1998), S. 12.
83
Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 35.
84
Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 35.
85
Vgl. Geißler und Bock (1998), S. 11.
86
Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 35.
82
20
Wettbewerb eine Farce war, da die Bauarbeiten auch erst ein halbes Jahr nach
Grundsteinlegung und nach Wettbewerbsentscheid fortgeführt wurden. 87 Eine
weitere Möglichkeit ist jedoch, dass der 2.Mai aus symbolischen Gründen gewählt
wurde, da es sich um den dritten Jahrestag der Gründung der DAF und
Zerschlagung der Gewerkschaften handelt.
Das Ziel der riesigen geplanten Seebäder war es, 20.000 Besucher für je eine
Woche dort unterzubringen und so jährlich 14 Millionen Menschen in den jeweiligen
Urlaubsort zu schicken.
88
Robert Ley war der Meinung, dass es möglich sei, durch
eine Intensivierung des Urlaubes während dieser einen Woche „denselben Erfolg …
wie mit 3 oder 4 Wochen“ zu erzielen. 89 Hierdurch wird noch einmal das Ziel der
Formung des Volkes zu einer gleichgeschalteten, der nationalsozialistischen
Weltanschauung folgenden Masse deutlich.
4.2 Der Entwurf
Das erste Seebad wurde auf Rügen in einer Ostseebucht zwischen Sassnitz und
Binz
auf
einem
sieben
Kilometer
langen
Küstenstreifen
errichtet.
Der
Gebäudekomplex verläuft durch eine leichte Krümmung parallel zur Küste in etwa 90
Meter Entfernung zum Strand.
Das Seebad fasste ursprünglich eine Länge von 4,5 Kilometer, mit acht Blöcken zu je
500 Metern Länge, jedes Zimmer darin mit Meerblick. Es besteht aus einen Süd- und
Nordteil, jeweils 2,2 Kilometer lang. Jeder Block bestand planmäßig aus elf Trakten –
neun Bettentrakte und zwei Liegehallen. 90 Von den sechs Stockwerken sollten sich in
den oberen fünf die Zimmer befinden, das Erdgeschoss war für Dienstleistungen,
Durchgänge und Läden geplant. 91In der Mitte der Anlage sollte sich die große
Festhalle, die für alle 20.000 Besucher auf einmal Platz bieten sollte, auf dem
Festplatz befinden. 92
87
Ebd., S. 46.
Vgl. Macht Urlaub (2011).
89
Vgl. Rostock (2005).
90
Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 36.
91
Ebd.
92
Ebd., S. 40.
88
21
Der letztendliche Entwurf des Komplexes war, wie für den KdF-Tourismus typisch,
durch spartanisch und einfach eingerichtete Urlaubsquartiere gekennzeichnet. Diese
sollten eine Größe von 2,2 x 4,75 Metern haben, mit zwei Betten, einem Waschtisch,
einem Kleiderschrank und einer Wohnecke mit Tisch und Stühlen. Weitere sanitäre
Anlagen zur gemeinschaftlichen Nutzung waren in den Treppenhäusern (zehn pro
Block) geplant.
93
Jedes Zimmer sollte mir Lautsprechern ausgestattet werden,
vermutlich zu Informations- und Propagandazwecken.
Es sollte außerdem Gemeinschaftshäuser mit Cafés, Lese- und Spielräumen geben,
Sport- und Schwimmhallen, ein Großkino, Kleinkunstbühnen, einen Aussichtsturm
und beheizbare Liegehallen. Dies und ein kilometerlanger Wandelgang im Inneren
des Gebäudes sollten für Beschäftigung während schlechtem Wetter sorgen, da eine
ganzjährige Nutzung des Seebades geplant war. 94
Mit dem Bau waren neun Großfirmen betraut, die im zeitlichen Wettbewerb alle
Blöcke gleichzeitig hochzogen, was die schnelle Fertigstellung des Rohbaus
ermöglichte. 95
Neben dem Gebäudekomplex an sich waren der Bau eines Bahnhofes, eines
Krankenhauses, einer Schule für die Kinder der Angestellten, eines Wasserwerkes,
Großgaragen, eines Heizkraftwerk, einer Bäckerei, einer Gärtnerei, einer Fleischerei
und einer Wäscherei geplant. Auch für das 2.000-köpfige Personal des Seebades
sollten Unterkünfte in Form einer großen Siedlung errichtet werden.
96
Betrachtet
man all diese Einrichtungen, macht das Projekt den Eindruck einer geplanten
Ferienstadt. Auch wird hier der typische „Größenwahnsinn“ des Hitler-Regimes
deutlich.
Dieser
findet
sich
auch
bei
vielen
nationalsozialistischen
Hinterlassenschaften wieder, so zum Beispiel bei Entwürfen für geplante
Regierungspaläste und der Siegeshalle sowie der realisierten Ordensburgen und der
Kongresshalle in Nürnberg, die, so wie das Seebad Prora, den „heroischen Stil“, der
93
Vgl. Rostock und Zadnicek (2008), S. 39f.
Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 45.
95
Ebd., S. 46.
96
Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 41.
94
22
heute als „Nazi-Architektur“ bezeichnet wird, widerspiegeln. Die Gebäude sollten so
Macht ausstrahlen und den Einzelnen klein wirken lassen. 97
Mit Ausbruch des Krieges kam es zum offiziellen Baustopp des Seebades, wobei bis
1945 die Instandhaltung sowie der Innenausbau durch Zwangsarbeiter und
Kriegsgefangene fortgesetzt wurden. 98 Bis zum Ende der Bauarbeiten konnten die
acht Unterkunftsblöcke, die parallel zum Strand verlaufen, sowie die Randbebauung
am Festplatz im Rohbau fertig gestellt werden. 99 Die Festhalle selber wurde nicht
errichtet. Einige zusätzliche Gebäude, die als Wohnungen für die Angestellten
dienen sollten, sind außerdem fertig gebaut worden.
Heute stehen nicht mehr alle acht Blöcke. Vom Nordflügel sind noch zwei, vom
Südflügel drei Blöcke samt Treppenhäusern erhalten. Diese fünf Blöcke, die in einem
mehr oder weniger nutzbaren Zustand vorhanden sind, werden zur Unterscheidung
von Süd nach Nord durchnummeriert und als Blöcke eins bis fünf (I bis V)
bebannt. 100 Teile der restlichen Unterkunftshäuser sind noch als Ruinen oder im
Rohbauszustand vorhanden, so auch die Kaimauer an der Küste auf Höhe des
Festplatzes, an der die Hochseeschiffe anlegen sollten. Das bedeutet, dass die
Beton- und Mauerarbeiten abgeschlossen waren, Fenster, Türen, Heizungen und
Treppenstufen fehlten jedoch noch in den Blöcken. 101 Die Wohngebäude, die für die
Angestellten des Seebades geplant waren, sowie das ehemalige Postamt sind
außerdem noch erhalten. Diese sind heute in privater Nutzung und Eigentum von
Wohnbaugenossenschaften. Die restlichen Gebäude sind über die Jahre hinweg
verfallen, an vielen fehlen die Fenster oder sind zerstört, da sie nicht oder nur
zeitweise genutzt worden. 102 Eine Ausnahme bildet der für die Jugendherberge
sanierte Teil im Block V. Die folgende Abbildung gibt einen Eindruck von dem
heutigen Bauzustand des Geländes.
97
Vgl. Sethmann, J. (2006).
Vgl. Macht Urlaub (2011).
99
Vgl. Dokumentationszentrum Prora (o.J. a).
100
Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 61.
101
Vgl. Rostock und Zadnicek (2008), S. 87.
102
Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 94.
98
23
Entnommen aus: Dokumentationszentrum Prora (1990)
Abbildung 2 Skizze des Bauzustandes im Jahr 1990
4.3 Nutzung der Prora-Anlage
Der Bau des Seebades der Zwanzigtausend in Prora wurde durch den Ausbruch des
2. Weltkrieges unterbrochen, sodass es nie zu der geplanten Nutzung als Seebad
kam. Jedoch stand das Gebäude während der Zeit nicht leer, sondern wurde für
andere Zwecke genutzt, die im Folgenden genauer beschrieben werden. Dabei wird
in verschiedene zeitliche Epochen unterteilt und zunächst auf die Nutzung während
24
des 2. Weltkrieges, also unmittelbar nach Baustopp, eingegangen. Es folgt die
Nachkriegszeit mit einer Beschreibung der Nutzung von 1945 bis Ende der 90er
Jahre. Anschließend wird auf verschiedene Nutzungsmöglichkeiten eingegangen, die
seitdem diskutiert wurden, bevor dann die heutige Nutzung dargestellt wird.
4.3.1 Nutzung während des 2. Weltkrieges
Als im Jahr 1939 mit dem Einmarsch der Wehrmacht in Polen der Krieg ausbrach,
wurden die Bauarbeiter von Prora abgezogen und mussten zum Militär oder wurden
für andere kriegswichtige Arbeiten herangezogen. 103 Damit war der Bau des
Seebades vorerst eingestellt und sollte nach Beendigung des Krieges, der als
wenige Wochen dauernder „Blitzkrieg“ geplant war 104, fortgesetzt werden. Da Hitler
selbst nie in Prora war, wird vermutet, dass dem KdF-Seebad eine geringe Priorität
zugesprochen wurde. 105 Da es jedoch letztendlich zum 2. Weltkrieg kam, den
Deutschland verlor, wurden die Bauarbeiten, so wie sie ursprünglich von Ley geplant
waren, nicht wieder aufgenommen.
Stattdessen ist ein Teil der Bauten während der Kriegszeit militärisch verwendet
worden. 106 So nutze man das Gelände zur militärischen Ausbildung eines
Polizeibataillons und später in den letzten Kriegsjahren als Ausbildungsstätte für
Frauen und junge Mädchen als Nachrichtenhelferinnen („Blitzmädel“). 107
Im November 1939 schickte man polnische Kriegsgefangene nach Prora, die für den
weiteren Ausbau und die Instandhaltung, wie zum Beispiel Dachabdichtung,
zuständig waren. 108 So wurde die Anlage erhalten, blieb jedoch über die Kriegsjahre
im Rohbauzustand. 109
Die Familien der ab- und eingezogenen Bauleiter wohnten in den Gebäuden, die für
die Angestellten des KdF-Seebades gebaut wurden und die Kinder besuchten die
103
Vgl. Rostock und Zadnicek (2008), S. 92.
Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 55.
105
Ebd.
106
Vgl. Dokumentationszentrum Prora (o.J. b).
107
Vgl. Rostock et al. (2005).
108
Vgl. Rostock et al. (2005).
109
Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 55.
104
25
„Volksschule KdF-Seebad“. 110 Auch Kriegsflüchtlinge fanden in den Baracken der
Bauarbeiter und in den Gemeinschaftsunterkünften Unterschlupf. 111
In einem Vortrag Leys machte dieser auf Hitlers Wunsch aufmerksam, dass das
Seebad so gebaut werden solle, „dass man das Ganze im Falle eines Krieges auch
als Lazarett verwenden kann“. 112 Ein provisorisch ausgebauter Trakt im heutigen
Block I ist dann schließlich auch als selbiges genutzt worden. 113 Um Familien aus
Hamburg und Bremen, die durch Bombenangriffe ihre Wohnungen verloren hatten,
Obdach zu gewähren, sind Teile des Gebäudes von den während des Krieges nach
Rügen verschleppten russischen Zwangsarbeitern ausgebaut worden. Hierbei
handelte es sich nicht nur um Männer, sonder auch um Frauen und Kinder, die unter
schlechten Lebens- und Arbeitsbedingungen den provisorischen Ausbau vornehmen
mussten. 114
Auch die KdF ist während dieser Zeit für den Krieg nutzbar gemacht worden. 115 Sie
betätigte sich nun an der Front zur Truppenbetreuung und organisierte Bunkerbande,
Fronttheater und Frontbüchereien. 116 Mit der Kapitulation der deutschen Wehrmacht
am 8. Mai 1945 und dem damit verbundenem Ende des 2. Weltkrieges in Europa
begann auch eine neue Nutzungsphase des Seebades Prora.
4.3.2 Nutzung 1945 bis Ende der 90er Jahre
Nach Ende des 2. Weltkrieges wurden Teile des Seebades Prora zunächst noch als
Flüchtlingslager genutzt. 117 Zu dieser Zeit kam es zu einer Überfüllung Rügens durch
den Andrang der Flüchtlinge, sodass in den Hochzeiten über 100.000 Menschen auf
Rügen lebten (zum Vergleich: 1939 waren es 59.000 Einwohner). 118 Nachdem dann
110
Wernicke und Schwartz (2003), S. 55.
Ebd., S. 57.
112
Rostock und Zadnicek (2008), S. 56 und S. 86.
113
Wernicke und Schwartz (2003), S. 57.
114
Rostock und Zadnicek (2003), S. 86; Macht Urlaub (2011).
115
Vgl. Dokumentationszentrum Prora (o.J. b).
116
Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 58.
117
Vgl. Dokumentationszentrum Prora (o.J. c).
118
Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 59f.
111
26
das Gebäude von der sowjetischen Armee übernommen wurde, mussten die Lager
geräumt werden. 119
Die deutsche Bevölkerung ist von der sowjetischen Besatzungsmacht dazu
verpflichteten
worden,
Materialen
(Türen,
Fenster,
Heizkörper,
Turbinen,
Heizanlagen, Gleise etc.) aus den Bauten als Reparationen für die Sowjetunion zu
demontieren. Danach standen die Gebäude leer, und wurden bis 1949 zur
Rohstoffgewinnung geplündert. Zwischen 1948 und 1949 wurde, da bei den
Abrissarbeiten
Menschen
tödlich
verunglückt
sind,
durch
ein
deutsches
Sprengungskommando versucht, Teile des Baus zu sprengen, jedoch sei dieser so
stabil und widerstandsfähig gewesen, dass dies nicht, oder nur teilweise, gelang. 120
Später zeigte sich, dass der angeblich so robuste „Betonbau“, der in Wirklichkeit aus
als „Klinker“ bezeichneten Ziegelsteinen gebaut wurde, erhebliche bauliche Mängel
und Instabilität aufweist (dazu mehr im Abschnitt 5.4.1 Risiken).
Seit Anfang der 50er Jahre ist das Gebäude und Gelände für militärische Zwecke
genutzt worden, nachdem zunächst im Jahr 1949 von der DDR-Regierung eine zivile
Nutzung
diskutiert
wurde.
Hierbei
kamen
Nutzungen
zum
Zwecke
des
Gesundheitswesens, zur Unterbringung von Umsiedlern und Förderung der Jugend
ins Gespräch, die jedoch letztendlich nicht umgesetzt worden sind. 121
1951 übergab die sowjetische Militärverwaltung die Bauten an die DDR, bis auf den
intakten Block V, den sie als Truppenunterkunft für die Rote Armee nutzte. Die DDR
nutze das Gelände seit 1952 für die KVP (Kasernierte Volkspolizei), ihr als Polizei
getarntes Militär. 122 Prora wurde somit militärisches Sperrgebiet - ein Zustand, der
sich bis zur Wende in Deutschland und dem damit verbundenem Ende der DDR nicht
änderte.
Mit Gründung der NVA (Nationale Volksarmee) im Jahr 1956 übernahm diese den
südlichen Abschnitt. Nach dem Auszug der Roten Armee 1962 wurden in Prora eine
Motorschützendivision (15.000 Menschen) und ein Fallschirmjägerbataillon (400 bis
119
Vgl. Dokumentationszentrum Prora (o.J. c).
Vgl. Rostock und Zadnicek (2008), S. 92f.
121
Vgl. Dokumentationszentrum Prora (o.J. c).
122
Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 61.
120
27
500 Soldaten) stationiert. 123 In den 80er Jahren gehörten zu den in Prora
stationierten Soldaten auch die sogenannten „Bausoldaten“ oder „Spatensoldaten“.
Hierbei handelte es sich um wehrpflichtige Männer, die den Waffendienst
verweigerten, und aus diesem Grund unter erschwerten Bedingungen Bauarbeiten in
und um Prora verrichten mussten, so zum Beispiel auch den Ausbau des Mukraner
Hafens. 124
Während dieser Zeit kam es zum Um- und Ausbau der Gebäude, jedoch wurden
hierbei falsche Materialien (z.B. Ofenheizung statt Zentralheizung) genutzt, wodurch
noch heute sichtbare Schäden, besonders an der Fassade, entstanden. Die Bauten
litten weiterhin unter der Ausbildung der Truppen und Offiziere, die auch Spreng- und
Schießübungen beinhaltete, und ihre Spuren hinterließen. 125 Das vom Militär
genutzte Gelände wurde über die ursprünglichen Grenzen des Seebades hinaus
ausgeweitet, sodass es den gesamten Jasmunder Bodden umfasste. 126
Während der militärischen Nutzung der Prora-Anlage durch die DDR kam es auch
erstmals zu einer Art touristischen Nutzung von Teilen des Gebäudes. So wurde der
heutige Block I als Ferienheim „Seeblick“ für Offiziere und deren Angehörige
ausgebaut. 127 Ab 1949 gab es ein Jugendsommerferienlager der DDR-Organisation
„Junge Pioniere“, bei dem jährlich etwa 2000 Kinder in den Unterkünften des KdFHotelpersonals und in Zelten auf dem Gelände untergebracht waren. Das Ferienlager
ist 1956 von der NVA übernommen worden und im südlichen Ende des
Gebäudekomplexes
weiter
betrieben.
Es
stand
unter
der
Leitung
eines
Oberleutnants der NVA und verlieh dem Programm des Ferienlagers, zum Beispiel
durch Fahnenappelle, eine militärische Atmosphäre. Das übrige Programm war
jedoch sehr kindgerecht, mit Sport, Basteln, Musikwettbewerben usw. In den Jahren
bis zur Wende beherbergte das Ferienlager insgesamt 60.000 Kinder. 128
Hier zeigt sich, dass eine touristische Nutzung Proras, gar eine Nutzung im Bereich
des Jugendtourismus, bereits Erfolg hatte. „Das Kinderferienlager ist ein Beispiel
123
Vgl. Rostock und Zadnicek (2008), S. 98.
Vgl. Käßner (2003), S. 7.
125
Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 99.
126
Vgl. Geißler und Bock (1998), S. 14.
127
Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 62.
128
Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 68f.
124
28
dafür, wie ideal Prora für junge Menschen ist.“ 129 Es ist jedoch zu beachten, dass die
Unterkünfte des Ferienlagers sich nicht in dem eigentlichen Seebad, also in den fünf
Unterkunftsblöcken, befanden, sondern in den Personalwohnungen. Der ProraGebäudekomplex an sich blieb weiterhin militärisches Sperrgebiet.
Mit dem Mauerfall im Jahr 1989 und dem damit verbundenem Machtwechsel beginnt
auch eine neue Nutzungsgeschichte für Prora.
Im Oktober 1990 ist die Anlage an die Bundeswehr übergegangen, die das Gelände
nun weiter nutze und dort ab 1991 Wehrpflichtige stationierte, wodurch Prora
zunächst militärisches Sperrgebiet blieb. Bald darauf wurde jedoch die Schließung
des Militärstandortes in Prora beschlossen, und bis Ende 1992 verwirklicht. Nun
begannen erneute Plünderungen, wobei diverse während der DDR-Zeit geschaffene
Kunstwerke und Ausrüstungsgegenstände entwendet wurden. Dies ist erst lange Zeit
später durch Museen, die die übrigen Materialien zur Dokumentation sicherten,
verhindert worden. 130
Nach Abzug der Soldaten gehörte die Anlage der Bundesrepublik Deutschland, da
das Land Mecklenburg Vorpommern eine Übernahme ablehnte. 131 Für die
Verwaltung Proras sind die Bundesfinanzbehörden zuständig, 132 die aufgrund hoher
Unterhaltungskosten einen Verkauf, möglichst an einen einzelnen Investor, und
somit eine Privatisierung anstreben. 133 Ein Verkauf konnte zunächst jedoch nicht
realisiert werden, und es siedelten sich viele unterschiedliche „eilige“ Nutzer an, die
Teile der Anlage mieteten. 134 So kam es seither zur Eröffnung mehrere privater
Museen (Museumsmeile), Künstlerwerkstätten sowie einer Diskothek. Im Jahr 2002
eröffnete sogar wieder eine Jugendherberge – das „One World Camp Prora Youth
Hostel“. 135 Das Dokumentationszentrum Prora eröffnete im Jahr 2000 und
beherbergt die Dauerausstellung „Macht Urlaub“ über die gesamte Geschichte der
Prora-Anlage. 136 Aufgrund des geplanten Verkaufs der Blöcke gaben viele der Mieter
129
Wernicke und Schwartz (2003), S. 69.
Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 92.
131
Vgl. Rostock und Zadnicek (2008), S. 122.
132
Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 96.
133
Vgl. Geißler und Bock (1998), S. 15; Rostock et al. (2005).
134
Vgl. Geißler und Bock (1998), S. 15.
135
Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 97.
136
Vgl. Rostock et al. (2005).
130
29
bald auf, der Jugendherberge wurde 2006 der Vertrag gekündigt. 137 Das
Dokumentationszentrum und die Diskothek haben sich jedoch bis heute gehalten.
Seit 1996 steht Prora unter Denkmalschutz. 138
In dieser Zeit und auch weiterhin beschäftigten sich viele Personen mit der
Nachnutzung bzw. dem Umgang mit der Prora-Anlage, wobei die Vorschläge vom
Abriss bis hin zu einem riesigen Tourismuszentrum reichen. Hierzu gab es
unterschiedliche Studien sowie Investoren, die über eine komplette Nutzung des
Areals nachdachten. Im folgenden Abschnitt werden diese unterschiedlichen
Nutzungsvorschläge und Diskussionen beschrieben.
4.3.3 Diskussionen über weitere Nutzung des Gebäudes
und heutige Nutzung
Seit der Wiedervereinigung Deutschlands und dem Abzug des Militärs aus Prora wird
viel
über
die
weitere
unterschiedlichsten
Nutzung
diskutiert.
Interessengruppen:
Hierbei
Politiker,
beteiligen
sich
die
Denkmalschützer,
Tourismusexperten, Stadtentwickler, Rügener Bürger und Studenten. 139 Dies zeigt,
dass die Eigentümer der Anlage mit dem weiteren Umgang überfordert sind aber
auch, dass die Gesellschaft gegenüber einer weiteren Nutzung positiv gestimmt ist.
1996 bekam die Berliner Gesellschaft für behutsame Stadtentwicklung (S.T.E.R.N.)
von der Bundesfinanzbehörde den Auftrag, ein Konzept zur Weiterentwicklung
Proras zu erstellen. Die Studie kam zu dem Schluss, dass ein Erhalt des Gebäudes
empfehlenswert ist, zumal durch sie bewiesen werden konnte, dass die Architektur
nicht voll und ganz typisch nationalsozialistisch ist, sondern internationale Einflüsse
aufweist. Die Anlage solle laut Studie als Ferieneinrichtung genutzt werden, mit
Jugendherbergen, Ferienwohnungen, Hotels und Kultur- und Sporteinrichtungen (mit
maximal 3.700 Betten) 140. S.T.E.R.N. berechnete hierzu Kosten in Höhe von 500
137
Vgl. One World Camp Rügen (2006).
Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 98.
139
Vgl. Spiegel Online (1996).
140
Vgl. Focus Online (2008).
138
30
Millionen Mark. 141 Auch der Bürgermeister von Binz, Dieter Reinhardt, sprach sich
positiv zu einer Nutzung Proras als riesigen Ferien- und Freizeitkomplex aus. 142
Doch gibt es auch Kritiker, die einer Nutzung in dieser Form negativ gegenüber
stehen. Als Gegenargument nutzen sie unter anderem, dass Rügen bereits an seine
Kapazitätsgrenzen angelangt sei. Die Tatsache, dass ein Gebäude aus der Zeit des
Nationalsozialismus fröhlich genutzt werde, ist außerdem für viele undenkbar. 143
Auch der Leiter des Dokumentationszentrums Prora und Vorsitzende der Stiftung
Neue Kultur, Jürgen Rostock, sprach sich gegen die geplanten Eventeinrichtungen
aus. Sie seinen unpassend für einen Gedenkort. 144 Bisher ist dieses Riesenprojekt
nicht realisiert worden, sodass sich zunächst die Museumsmeile und diverse Künstler
ansiedelten.
Im selben Jahr erarbeiten Studenten des Städtebau-Instituts der Universität Stuttgart
innerhalb einer Entwurfs- und Projektarbeit Vorschläge für eine weitere Nutzung des
Prora-Areals. Die Ideen und Entwürfe sind sehr vielseitig und reichen von einer
Nutzung
als
Freizeiteinrichtung
mit
Wohnsiedlungen,
einem
Ostsee-
Forschungszentrum, einem Kur- und Festspielort, einer Campus-Hochschule nach
englisch-amerikanischem Vorbild oder als Stadt mir Park. 145 Die gesammelten
Entwürfe wurden 1998 in einem Buch mit dem Titel „Prora, Seebad der
Zwanzigtausend – Ideen für einen vergessenen Ort“ veröffentlicht. Ob und Inwieweit
es jemals durch die Verantwortlichen Proras auf Aufmerksamkeit stieß, bleibt unklar.
Die
norwegische
Entwicklungsgesellschaft
„Nordic
Network“,
eines
der
Unternehmen, dass sich Ende der 90er für ein Gesamtnutzungskonzept Proras
bewarb, plante eine Begegnungsstätte in dem Prora-Gebäudekomplex. 146 Das von
ihnen geplante „Ostsee-Zentrum“ solle unter anderem einen Yachthafen, einen
Golfplatz,
Hotels,
Jugendbegegnungsstätten,
Kurkliniken
und
Appartements
beherbergen. 147 Die hätte jedoch ein Freizeitzentrum in bester Strandlage auf einem
Terrain von vielen Hektaren bedeutet und stellte eine Konkurrenz für andere
141
Vgl. Baunetz (1997).
Vgl. Spiegel Online (1996).
143
Ebd.
144
Vgl. Focus Online (2008).
145
Siehe Geißler und Bock (1998).
146
Vgl. Welt-Online (1996).
147
Vgl. Spiegel-Online (1996).
142
31
Urlaubszentren und Beherbergungsunternehmen auf Rügen dar. So wehrten sich die
unterschiedlichen Interessengruppen, wie Reiseveranstalter und auch Politiker,
gegen dieses Projekt. Aber auch die hohen Investitionen, die für die Verwirklichung
notwendig gewesen wären, ließen den Investor zurückschrecken, sodass dieses
Projekt nicht realisiert wurde. 148
Mit der weiteren Nutzung Proras beschäftigten sich in dieser Zeit auch die
Vereinigung der Stadt-, Regional- und Landesplaner (SRL), der Bund deutscher
Landesarchitekten (BDLA), der Bund deutscher Architekten (BDA), und der
Fachbereich Architektur der Technischen Universität Berlin. Die Vorschläge
beinhalteten sowohl eine Nutzung als Freizeitpark als auch den vollständigen
Abriss. 149
Im Jahr 2005 ist Block III, der Teil, in dem sich die Museumsmeile und das Youth
Hostel befanden, an die westdeutsche Investorengruppe Inselbogen GmbH verkauft
worden. Gegenwärtig ist in diesem Block nur noch das Dokumentationszentrum
vorhanden, den anderen Mietern wurde bereits der Vertrag gekündigt bzw.
entschieden sich diese aufgrund der unsicheren Situation, das Gebäude zu
verlassen. 150 Auch der mittlere Teil des Gebäudekomplexes, der ehemalige
Festplatz, auf dem ursprünglich der Bau der Festhalle geplant war, ist an die
Inselbogen GmbH übergegangen. Diese planen, laut ihrer Internetseite, den Bau
eines Strandparks mit 350 Appartements mit Hotelservice und ein Sporthotel mit 174
Gästezimmern. 151 Zusätzliche Einrichtungen, wie zum Beispiel eine 7000m2 große
Indoor-Sporthalle, vier Sportfelder 152, diverse Restaurant und Bars153, Tagungs- und
Konferenzräume 154 und ein Schwimmbad 155 sind außerdem in Planung. Noch stehen
die Gebäude jedoch leer, da die GmbH noch nach weiteren Investoren, die sich an
dem Projekt beteiligen wollen, sucht. 156 Ein Hochseilgarten auf dem Gelände ist
jedoch bereits durch die Inselbogen GmbH gebaut worden und seit 2008 in Betrieb.
148
Vgl. Brosseit (2011), Interview.
Vgl. Vuckovic (1996).
150
Vgl. One World Camp Rügen (2006).
151
Vgl. Inselbogen Strandimmobilien (2005a).
152
Vgl. Inselbogen Strandimmobilien (2005b).
153
Vgl. Inselbogen Strandimmobilien (2005c).
154
Vgl. Inselbogen Strandimmobilien (2005d).
155
Vgl. Inselbogen Strandimmobilien (2005b).
156
Vgl. auch Inselbogen Strandimmobilien (2005e).
149
32
Im Jahr 2006 ist erneut über einen Abriss des Gebäudekomplexes Prora diskutiert
worden, ausgelöst durch den Bürgermeister von Binz, Horst Schaumann, der in
einem Bericht den Abriss der Blöcke I und IV ermaß. Diese Überlegung sei auch von
einigen Abgeordneten der Binzer Gemeindevertretung befürwortet worden. Grund
hierfür sei, dass es keine Interessenten für die beiden Blöcke gäbe. Außerdem würde
der Abriss der beiden Blöcke eine natürliche Grenze zwischen Block V und den
anderen beiden Blöcken III und II schaffen. Block V war zu diesem Zeitpunkt bereits
für die Nutzung als Jugendherberge im Gespräch, Block III an Inselbogen GmbH
verkauft und für Block II habe es bereits einen Interessenten gegeben. 157 Zu dem
Abriss ist es jedoch nicht gekommen.
Andere Befürworter einer Zerstörung des Gebäudes sehen eine weitere Nutzung
aufgrund der Geschichte des Komplexes und der damit verbundenen Vorbelastung
als unmöglich an. Auch die hohen Unterhaltungskosten (bis 1996 sind 15 Millionen
Mark angefallen)158 können als Argument für einen Abriss des Gebäudekomplexes
dienen. So äußerte sich zum Beispiel Udo Knapp, der Ex-Vizelandrat Rügens, er
wolle „diesen Nazi-Klotz weghaben, um der Insel wieder Luft zu verschaffen.“159
Auch schreiben einige Internetnutzer in Kommentaren zu Artikeln über das ProraGebäude, dass sie einen Abriss befürworten würden. Als Reaktion auf einen Artikel,
der über den Umbau des „Koloss von Prora“ berichtet, schreiben Leser: „Warum
kann man eine solche politische Bausünde und Bausschande (sic!) nicht einfach
abreisen (sic!)“ und „Es wäre doch viel schöner dieses naturverschandelnde Objekt
abzureissen (sic!) und was schönes Neues zu bauen. Dieser Gigantismus passt nicht
zur Insel.“ 160
Gegen
einen
Abriss
sprachen
sich
besonders
Denkmalschützer und
das
Bauministerium von Mecklenburg-Vorpommern aus. 161 Auch einige Bürger von Prora
- besonders die, die in den nur 100 Meter von der Prora-Anlage entfernten
ehemaligen Baracken der Lagerarbeiter wohnen - sind gegen einen Abriss. 162 Die
Leiterin der Bürgerinitiative „Wohnen in Prora“, Ursel Steinberg, argumentiert damit,
157
Vgl. Günther (2006).
Vgl. Welt-Online (1996).
159
Knapp zitiert nach Spiegel Online (1996).
160
Focus Online (2008).
161
Vgl. Welt-Online (1996).
162
Vgl. Spiegel- Online (1996).
158
33
dass man nicht alle Gebäude, die mit dem Nazi-Regime in Verbindung stehen,
abreißen könne 163:„Da müßtest (sic!) ihr auch den Rügendamm, die Autobahnen und
alles andere abreißen, was 1936 gebaut worden ist" 164 und "Die alten Ägypter, das
waren doch auch schlimme Eroberer. Oder diese Amerikaner mit ihren Indianern ...
aber reißt man deshalb gleich die Pyramiden ab oder das Weiße Haus?" 165
Block I und II sind mittlerweile auch veräußert worden und heute in privatem
Besitz. 166 Der Geschäftsführer der Prora Entwicklungsgesellschaft Ulrich Busch plant
hier gemeinsam mit dem österreichischen Eigentümer, Haas Immobilien GmbH, den
Bau von 300 Hotelzimmern, 400 Wohnungen, einem Personalwohnheim, diversen
Freizeit- und Sportstätten sowie gastronomischen Einrichtungen. Der Umbau sollte
ursprünglich Anfang dieses Jahres beginnen, neuer Baubeginn wurde für Ende des
Jahres angekündigt. Als Gründe für den verspäteten Beginn gibt Ulrich Busch unter
anderem Auflagen des Denkmalschutzes an. 167
Zusammenfassend betrachtet scheint es so, als würde das von der S.T.E.R.N.Studie empfohlene Nutzungskonzept tatsächlich in einer ähnlichen Form realisiert
werden. Es wird außerdem deutlich, dass eine überwiegend touristische Nutzung für
den gesamten Komplex und das Gelände geplant ist. Zusätzlich zu den bereits
beschriebenen realisierten und geplanten Einrichtungen in Prora eröffnete am 1. Juli
2011 nun auch eine Jugendherberge des deutschen Jugendherbergswerkes (DJH),
durch die im Jahr 2007 auch ein Zeltplatz auf dem Gelände eröffnet wurde. In den
folgenden Abschnitten wird genauer auf die Jugendherberge als bisher einzig
realisierte (touristische) Nachnutzung eingegangen.
4.4 Untersuchung und Bewertung der Zugehörigkeit des
Seebad-Prora zum Dark Tourism
Durch die limitiert vorhandene Literatur zum Thema Dark Tourism wird eine
Bewertung Proras hinsichtlich der Zugehörigkeit zum Dark Tourism erschwert.
163
Vgl. Welt-Online (1996).
Steinberg zitiert nach Welt-Online (1996).
165
Steinberg zitiert nach Spiegel-Online (1996).
166
Vgl. Röder (2011), Interview.
167
Vgl. Herold (2011); Ostsee Zeitung.de (2011).
164
34
Das KdF-Seebad Prora ist zwar in der dunklen Zeit des Nationalsozialismus
Deutschlands geplant und erbaut worden, jedoch handelt es sich auf den ersten Blick
nicht vordergründig um einen Ort, der mit Tod und Leid in Verbindung gebracht wird,
so wie es die Definition für Orte des Dark Tourism beschreibt. Es wurde als Ort für
Erholung, Entspannung und Urlaub gebaut. Jedoch in von einer Organisation, die die
rassistischen und faschistischen Ideologien des Hitler-Regimes verfolgte und mithilfe
dieser Anlage die deutsche Bevölkerung von der Richtigkeit selbiger zu Überzeugen.
Aus diesem Blickwinkel betrachtet steht die Prora-Anlage in einer gewissen
indirekten Beziehung zu den Gräueltaten des Dritten Reiches. Außerdem ist es
denkbar, dass die Besucher durch die Monstrosität des Gebäudes an den
Nationalsozialismus und auch an die Verbrechen der NS-Zeit erinnert werden, ohne
dass sich diese Verbrechen wirklich an dem Ort zugetragen haben.
Um die Zugehörigkeit Proras zum Dark Tourism weiter zu untersuchen, hat sich die
Autorin mit den einzelnen Unterformen auseinander gesetzt.
Da Prora kein Ort von NS-Verbrechen darstellt, wäre eine Zuordnung zum „lighter“
Dark Tourism denkbar. Bei dieser schwächeren Form werden jedoch Leiden und Tod
künstlich geschaffen. Da dies bei dem Seebad nicht der Fall ist, ist eine
Zugehörigkeit zu dieser Unterform nicht vorhanden.
Die Zugehörigkeit zum Holocaust Tourism lässt sich ausschließen, da in Prora keine
Verbrechen des Nazi-Regimes stattgefunden haben. Die Nationalsozialisten haben
seinerzeit lediglich den Bau der Anlage verrichten können, zu einem Gebrauch durch
die Nationalsozialisten, ob in Verbindung mit Verbrechen oder als tatsächlichen
Urlaubsort, kam es nie. Jedoch stellt die Anlage ein Zeugnis der NS-Politik dar und
dokumentiert
die
deutsche
Geschichte
und
kann
so,
ähnlich
wie
die
Sehenswürdigkeiten des Holocaust Tourism, einen „Beweis“ für die Zeit des
Nationalsozialismus liefern.
Auch das Prora zu „Cemetery Tourism“ oder „Prison Tourism“ gehört, lässt sich leicht
ausschließen, da es sich weder um einen Friedhof noch um eine Gefängnis oder
eine Strafanstalt handelt. Auch handelt es sich wohl nicht um einen Standort des
Battlefield- oder Slavery-Heritage Tourism, da es in keinem Zusammenhang zu
35
Sklaverei steht. Rügen, und somit auch Prora, wurden auch Opfer des 2.
Weltkrieges, jedoch lässt sich nicht von Prora als einen Kriegsschauplatz in der
Hinsicht sprechen.
Wenn man bedenkt, dass die Zwangsarbeiter, die während des 2. Weltkrieges in
Prora die Instandhaltungs- und Umbauarbeiten zu verrichten hatten, unter
furchtbaren Arbeits- und Lebensbedingungen zu leben hatten, stellt sich eine
Beziehung zu Leiden und Unglück dar. Diese hängt jedoch nicht mit dem
ursprünglichen Konzept des Seebades zusammen. Des Weiteren wird vermutet,
dass diese Tatsache nur wenigen bekannt ist und somit bei einem Besuch innerhalb
eines Urlaubes keine Rolle spielt.
Letztendlich ist der Tourist derjenige, der eine Attraktion, einen Ort oder eine
Sehenswürdigkeit zu einer „dark tourism site“ macht. Er entscheidet, ob er mit dem
Ort Tod, Leid oder Unglück assoziiert oder ob er zum Beispiel Cementery Tourism
aus rein architektonischem Interesse betreibt. Wenn sich an einem Ort Tragödien
zugetragen haben, es den Touristen jedoch nicht bewusst ist und somit die Tragödie
für sie keine Motivation darstellt, den Ort zu besuchen, so ist es fragwürdig, ob es
sich dann noch um Dark Tourism handelt.
Die Gespräche mit Gästen der Jugendherberge und des Zeltplatzes, sowie
Touristen, die Prora besuchten, zeigten, dass die Mehrheit der Besucher die Anlage
nicht mit den Verbrechen der NS-Zeit in Verbindung bringt. Die Besichtigung des
riesigen Komplexes verursacht dem Einen oder Anderen Unwohlsein, die Gedanken
drehen sich aber zum Beispiel um die „logistische Meisterleistung“ 168, ohne die
heutige Technik dieses gewaltige Gebäude zu errichten. Auch die „Manipulation des
Volkes“ 169 durch NS-Propaganda zählt zu den Assoziationen von Prora Touristen.
Lediglich eine der Befragten äußerte, dass sie sich durch das Gebäude auch an die
Verbrechen der Nazis erinnert fühle.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Prora nicht dem Dark Tourism
zuzuordnen ist, obwohl es sich für den Einen oder Anderen möglicherweise um eine
Sehenswürdigkeit des Dark Tourism handelt. Die Mehrheit der Touristen verbindet
168
169
Interviewpartner C (2011), Interview.
Ebd.
36
jedoch weder Tod, Unglück noch den Holocaust mit dem ehemaligen Seebad. Auch
die Merkmale laut Definition einer Dark Tourism Sehenswürdigkeit treffen nicht auf
den Gebäudekomplex zu, da hier weder Verbrechen geplant noch ausgeübt worden.
Viele Besucher Proras sind gleichzeitig Gäste der Jugendherberge oder des
Zeltplatzes. Bei diesen rückt das Interesse für die Geschichte des Baus oft in den
Hintergrund. Wie das Interview mit dem Herbergsleiter Herrn Brosseit ergab,
kommen viele Jugendliche, besonders in der Sommersaison, hauptsächlich wegen
der Nähe zum Strand und „um einfach mal Urlaub zu machen“. Die Frage nach dem
Ursprung
des
Gebäudes
kommt
hin
und
wieder
nebenbei
auf,
das
Dokumentationszentrum wird in diesem Zusammenhang dann auch besucht. Das
Hauptinteresse liegt jedoch beim Strandurlaub, wie die Antwort eines jungen
Herbergsgastes auf die Frage nach der Geschichte des Gebäudes verdeutlicht: „Hat
irgendwas mit Hitler zu tun. Aber jetzt will ich zum Strand.“ 170 Herr Brosseit meint,
diese Aussage passt sehr gut zu der Einstellung der Mehrheit der Sommergäste.
Durch das Vorhandensein der Jugendherberge, des Zeltplatzes und den jungen
Gästen, die eine fröhliche Stimmung verbreiten, wird dem Gebäude jegliche
„Schwärze“, die dem Dark Tourism zuordenbar wäre, genommen.
5 Touristische Nutzung von Hinterlassenschaften des NSRegimes
Die Zeit des Nationalsozialismus gehört zur Geschichte Deutschlands und findet sich
wieder in Gebäuden des Landes, die während dieser Zeit zu bestimmten, meist
politischen, Zwecken von den Nationalsozialisten gebaut wurden. Viele von diesen
Bauten, die den Krieg überdauerten, werden heute anderweitig genutzt, häufig auch
durch eine zivile Nutzung.
So zum Beispiel das sogenannte ehemalige Führerhaus in München, das im Krieg
unversehrt blieb. Dieses Gebäude wurde im Jahr 1933 gebaut und 1937 eingeweiht.
Es diente vor allem der Repräsentation und enthielt Hitlers Büro sowie Arbeitsräume
170
Förster (2011).
37
seiner Stellvertreter. Unter anderem ist das Münchner Abkommen 171 hier getroffen
worden. Nach dem Krieg nutzte es das amerikanische Militär, heute beherbergt das
Gebäude die Münchner Musikhochschule. 172
In München steht außerdem die Parteikanzlei, ein geplanter Bau der NSDAPVerwaltung. Der Bau begann um die Jahre 1938/1939 und sollte Büros und
repräsentative Räume beinhalten, sowie durch eine Brücke mit dem Führerbau
verbunden sein. Es wurden jedoch lediglich die Bunkeranlagen vollendet, auf denen
um 1970 ein Institutsgebäude der Technischen Universität errichtet wurde. 2007 sind
die Bunkeranlagen abgerissen worden. Dort soll nun das Institutsgebäude der
Hochschule für Film und Fernsehen und das Ägyptische Museum entstehen. 173
Weitere Beispiele sind die SS-Junkerschulen Bad Tölz und Braunschweig, in denen
Offiziere für die Waffen-SS ausgebildet wurden. Hierbei handelt es sich jedoch nicht
um von den Nationalsozialisten errichtete Gebäude. So nutzen sie zum einen das
seit über 200 Jahren bestehende Braunschweiger Schloss für ihre Zwecke - der
Schlossplatz wurde ab 1935 in „Platz der SS“ umbenannt und für Aufmärsche
genutzt. Außerdem befand sich hier ab 1935 eine SS-Junkerschule. Während des 2.
Weltkrieges ist das Schloss zerstört worden. 2007 wurde es mit einigen Originalteilen
wieder aufgebaut und wird heute von der Stadtbibliothek, dem Kulturinstitut, dem
Stadtarchiv und der Abteilung für Literatur und Musik genutzt. 174 Die Junkerschule
Bad Tölz, nach dem Krieg zunächst durch das amerikanische Militär genutzt, ist
heute zu einer sogenannten „Flint-Center“ entwickelt worden. Es beherbergt diverse
Dienstleistungsunternehmen, wie Ämter, Geschäfte und Gaststätten. 175
Einige der Hinterlassenschaften dienen heute auch als Gedenkstätten und Orte der
Bildung und Aufklärung, die gegen das Vergessen dieser Zeit kämpfen.
Das Haus der Wannsee-Konferenz in Berlin, in dem die Endlösung der Judenfrage
besprochen und somit deren Vernichtung beschlossen wurde, dient heute als
171
Schubert und Klein (2006): Münchner Abkommen: Bezeichnung für den 1938 abgeschlossenen
Vertrag zwischen D, GB, F und I, mit dem (ohne Beteiligung der Tschechoslowakischen Republik,
CSR) die Abtretung der sudetendeutschen Gebiete an D beschlossen wurde.
172
Vgl. Münchens Denkmäler (2006a).
173
Vgl. Münchens Denkmäler (2006b).
174
Vgl. Vernetztes Gedächtnis (2008).
175
Vgl. Flößerstraße (2011).
38
Gedenkstätte und Aufklärungsort, ähnlich wie die ehemaligen Konzentrationslager
Buchenwald, Auschwitz und Ravensbrück - um nur einige zu nennen.
Das Beispiel, dass von der Ausgangslage her dem KdF-Bad am ähnlichsten ist, ist
die Kongresshalle in Nürnberg. Gelegen am ehemaligen Reichsparteigelände, zählt
sie, wie auch Prora, zu den größten erhaltenen Bauwerken aus der Zeit des HitlerRegimes. Im Jahr 1935 wurde der Grundstein dieses Gebäudes gelegt, welches
50.000 Menschen fassen sollte. Die Bauarbeiten sind, durch Ausbruch des 2.
Weltkrieges, vor Fertigstellung des Daches eingestellt worden. 176 Heute befindet sich
in dem Bau ein Dokumentationszentrum, die sich im Rahmen einer Dauerausstellung
mit dem Nationalsozialismus auseinandersetzt. Zusätzlich werden pädagogische
Programme für Jugendliche, Schüler und Erwachsene angeboten. 177 Hier wird also
ein großer Wert auf einen Nutzen in Richtung Bildung und Aufklärung gelegt.
Finanziert wurde das Dokumentationszentrum von der Bundesrepublik Deutschland,
dem Freistaat Bayern, dem Bezirk Mittelfranken sowie der Stadt Nürnberg 178, was
zeigt, dass auch hier ein Interesse von der Regierung her besteht.
Es wird deutlich, dass diese Gebäude einiges gemein haben. Nach dem Krieg sind
die meisten militärisch genutzt worden. Nach Abzug des Militärs bemühen sich die
Länder, in denen sich die Bauten befinden, um eine weitere Nutzung, die mit der
ursprünglichen, durch die Nationalsozialisten geplanten Nutzung, nichts mehr
gemeinsam hat, und unterstützen diese häufig auch finanziell. Dabei wurden einige
zu Gedenkorten umfunktioniert, um an Verbrechen des Nazi-Regimes zu erinnern
und darüber aufzuklären. Dass viele Relikte der NS-Zeit heute zivil genutzt werden,
spricht dafür, dass ein Umgang mit geschichtsträchtigen Bauten in dieser Art üblich
ist und gemeinhin akzeptiert wird. Diese Tatsache wirkt wiederum unterstützend für
eine touristische Nutzung des Seebad Prora.
In den folgenden Abschnitten wird auf die touristische Nutzung des KdF- Bad Prora
durch die DJH Jugendherberge eingegangen. Des Weiteren werden zwei weitere
NS-Relikte, der Obersalzberg und die NS-Ordensburg Vogelsang, beschrieben. Da
176
Vgl. Harder (2008).
Vgl. Museen der Stadt Nürnberg (2011).
178
Vgl. Museen der Stadt Nürnberg (2009).
177
39
diese heute auch touristisch genutzt werden bzw. eine touristische Nutzung in
Planung ist, werden sie als Vergleichsobjekte herangezogen und näher untersucht.
5.1 Die DJH Jugendherberge Prora
Die Jugendherberge des deutschen Jugendherbergswerkes (DJH) wurde am 1. Juli
2011 in der Prora - Anlage eröffnet. Sie befindet sich im heutigen Block V und steht
unter der Leitung von Dennis Brosseit. Das Jugendherbergswerk ist ein
gemeinnütziger Verein 179 und betreibt rund 540 Jugendherbergen deutschlandweit
und 4.500 weltweit. 180 Es unterteilt sich in 14 Landesverbände, die Jugendherberge
Prora gehört zum DJH Landesverband Mecklenburg Vorpommern. 181
Um in einer Jugendherberge des DJH zu übernachten, ist eine Mitgliedschaft
notwendig, die durch Zahlung eines einmaligen Jahresbetrages (Höhe richtet sich
nach Alter und Familienstand) entsteht. Diese Mitgliedschaft ist dann ein Jahr gültig
(entsprechend
dem
Kalenderjahr)
und
wird
durch
erneute
Zahlung
des
Jahresbeitrages jeweils um ein Jahr verlängert. Austritt aus der Mitgliedschaft setzt
eine Kündigung voraus. 182 Durch dieses Prinzip entsteht eine starke Kundenbindung
– wer einmal Mitglied ist, wird bei der Suche nach Unterkünften eine DJH
Jugendherberge üblicherweise anderen Beherbergungsunternehmen vorziehen.
Ende der 90er Jahre hat sich das Jugendherbergswerk das kommerzielle
Nutzungsrecht
an
dem
Wort
„Jugendherberge“
schützen
lassen.
Andere
„Jugendherbergen“ dürfen sich nicht also solche bezeichnen, so wurde auch dem
„One World Camp Youth Hostel“ der Gebrauch des Begriffes untersagt. 183 Dies zeigt,
welchen nahezu monopolistischen Status das deutsche Jugendherbergswerk hat.
Im Folgenden wird beschrieben, wie die Idee zur Eröffnung der Jugendherberge
entstand. Des Weiteren werden die Lage unter touristischen Aspekten sowie die
179
Vgl. DJH Jugendherberge.de (o.J. a).
Vgl. DJH Jugendherberge.de (o.J. b).
181
Vgl. DJH Jugendherberge.de (o.J. c).
182
Vgl. DJH Jugendherberge.de (o.J. b).
183
Vgl. Wernicke und Schwatz (2003), S. 97.
180
40
Einrichtung und das Konzept der Jugendherberge betrachtet. Ziel ist es, sowohl ein
genaueres Bild zu vermitteln sowie Stärken und Schwächen zu identifiziert.
5.1.1 Die Idee zur Eröffnung einer Jugendherberge
Es stellte sich die Frage, warum die DJH als Standort für eine neue Jugendherberge
das Gebäude des ehemaligen KdF-Seebades Prora auswählte und welche Ziele sie
damit verfolge. Zu klären, ob und inwiefern die Geschichte des Gebäudekomplexes
bei der Wahl eine Rolle spielt, oder der Standort lediglich aufgrund der nahen
Strandlage oder anderer touristischer Aspekte ausgesucht wurde, war das Ziel der
Kontaktaufnahme zu einem Verantwortlichen der DJH.
Nach
dem
Telefongespräch
mit
Kathrin
Röder
(Marketing/Presse-
und
Öffentlichkeitsarbeit beim DJH) stellte sich heraus, dass die DJH nicht selbst die Idee
zur Eröffnung der Jugendherberge hatte, sondern diese vielmehr durch den
Landkreis Rügen an das Unternehmen herangetragen wurde. Im Zusammenhang mit
der Suche nach einem Konzept zur Nachnutzung des KdF-Baus fanden mehrere
Jugendevents in Prora statt: Prora ’03, Prora ’06 und Prora ’10. Letzterer wurde auf
dem 2007 eröffneten Jugendzeltplatz der DJH, der sich auf dem Prora-Gelände
befindet, abgehalten. Organisiert wurden diese Veranstaltungen durch den
Förderverein „Prora 03 e.V.“, dessen Vorstandsmitglieder zur Tourismuszentrale
Rügen, zum deutschen Jugendherbergswerk Mecklenburg-Vorpommern und zum
Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern gehören. 184 Bei diesen Events fanden
unter anderem diverse Workshops und auch Diskussionsrunden mit Jugendlichen
zum Thema „zukünftige Nutzung der Prora-Anlage“ statt.
Das Sommerfest Prora ’03 fand im Bereich der Blöcke IV und V statt, und richtete
sich an junge Menschen. 185 Bei diesem Event forderten die rund 15.000 Teilnehmer,
überwiegend Schüler 186, eine jugendgerechte Nutzung und hatten die Idee zur
Eröffnung einer Jugendherberge. Dadurch sollte der Block V wiederbelebt werden.
Der Event war gleichzeitig ein Förderungsprogramm des Sozialministeriums
184
Vgl. Förderverein Prora03 e.V. (o.J.).
Vgl. Wernicke und Schwatz (2003), S. 105.
186
Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 105.
185
41
(Ministerium für Soziales und Gesundheit Mecklenburg-Vorpommern) und wurde
unter anderem auch von der europäischen Kommission und der Landesregierung
von Mecklenburg-Vorpommern gefördert und unterstützt. Der Block, in dem sich die
Jugendherberge heute befindet, gehört dem Landkreis Rügen. Die Integration der
Jugendlichen und deren Idee zur Eröffnung einer Jugendherberge waren also auch
von politischer Seite aus gewollt.
Die Idee der Jugendlichen ist dann an die DJH herangetragen worden, die nun für
den Bau und die Eröffnung zuständig war. Die Bauleitung übernahm der Landkreis
Rügen, finanziert wurde das Projekt durch Landes-, Bundes- und EU-Mittel.
5.1.2 Lage
Die Jugendherberge befindet sich in dem letzten Abschnitt des nördlichsten Blockes,
des heutigen Block V. Sie nimmt nur einen kleinen, etwa 152 Meter 187 langen Teil
des gesamten Gebäudes ein. Das DJH ist im Besitz des gesamten Blockes V, ein
weiterer Ausbau war jedoch aufgrund ursprünglicher baulicher Mängel nicht möglich
(dazu mehr in Abschnitt 5.4.1 Risiken). 188 Auf der Insel Rügen befinden sich noch
zwei weitere Jugendherbergen, die Jugendherberge Binz (sieben Kilometer
Entfernung zu Prora) und die Jugendherberge Sellin (20 Kilometer Entfernung zu
Prora), die jedoch auch beide vom DJH betrieben werden. 189
Der Gebäudekomplex, und somit auch die Jugendherberge, befinden sich direkt an
der Ostküste Rügens, auf dem Küstenstreifen „schmale Heide“, zwischen den Orten
Sassnitz und Binz. Die Bucht, in der die Prora-Anlage liegt, heißt „Prorer Wiek“ und
gilt als die schönste Bucht der Ostküste. Der Name „Prora“ rührt von dem
historischen Namen der sich hier befindlichen Hügelkette her. 190
Schon zu DDR-Zeiten war Rügen ein beliebtes Urlaubsziel, schon allein weil es eines
der wenigen zugänglichen Urlaubsziele überhaupt war. Auch heute noch kommen
187
Vgl. Spiegel-Online (2011).
Vgl. Brosseit (2011), Interview.
189
Vgl. Ostsee und Nordsee (2006); DJH Jugendherberge Prora (2011a).
190
Vgl. Wernicke und Schwartz (2003), S. 5.
188
42
jährlich
hunderttausende
Reisende
in
eines
der
beliebtesten
Urlaubsziele
Deutschlands. 191
Die Insel Rügen ist mit dem Auto erreichbar. Sie mit dem Festland über zwei
unterschiedliche Brücken und durch eine Autofähre verbunden. 192 Bahnverbindungen
gibt
es
aus
Rhein/Ruhr,
Rhein/Main,
Berlin,
Hamburg
und
Mittel-
und
Süddeutschland. 193 Auch für internationale Gäste ist die Insel erreichbar. Der
nächste Flughafen ist Rostock Laage, von dem aus Shuttlebusse als Verbindung
nach Rügen zur Verfügung stehen. 194 Schiffsverbindungen gibt es von Dänemark
und Schweden aus, die von der Scandlines Deutschland GmbH angeboten
werden. 195
Als
öffentliche
Verkehrsmittel
stehen
Busse
der
Rügener
Personennahverkehrs GmbH (RPNV) zur Verfügung, mit denen man jeden Ort auf
Rügen erreichen kann. 196
Die Jugendherberge verfügt über eine gute infrastrukturelle Anbindung - mit
Einschränkungen. Die Anreise ist mit dem Auto möglich, es befindet sich ein
Parkplatz in etwa 500 Meter Entfernung. Der Nächste Bahnhof („Prora“) der von der
deutschen Bahn angefahren wird, liegt etwa 1km entfernt. Eine Bushaltestelle
(„Prora-Nord“) befindet sich in unmittelbarer Nähe (ca. 1km). 197 Für Anreisende mit
Bus oder Bahn ergibt sich ein 1km langer Fußweg um die Jugendherberge zu
erreichen, was besonders bei schlechtem Wetter von Nachteil ist. Ein Ausbau der
infrastrukturellen Anbindung ist jedoch in Arbeit (siehe Abschnitt 5.4.1 Risiken).
Im Sommer bietet der Aufenthalt in der Jugendherberge ideale Voraussetzungen für
einen Strandurlaub, befindet sich dieser doch nur etwa 50 Meter von der Anlage
entfernt.
Auf
dem
Gelände
befinden
sich
ein
Hochseilgarten
und
ein
Dokumentationszentrum, das über die Geschichte des KdF-Baus berichtet. Das
touristische Angebot auf Rügen ist gut ausgeprägt. Zum einen kann die Natur, so
zum Beispiel die typischen Kreidefelsen, auf vielen unterschiedlichen Wegen
erkundet werden. Weitere Sehenswürdigkeiten sind unter anderem das Jagdschloss
191
Vgl. Rostock und Zadnicek (2008), S. 10ff.
Vgl. Rügen (2011a).
193
Vgl. Rügen (2011b).
194
Vgl. Rügen (2011c).
195
Vgl. Rügen (2011d).
196
Vgl. Rügen (2011e).
197
Vgl. DJH Jugendherberge Prora (2011a).
192
43
Granitz, das Kurhaus, der Jasmunder Nationalpark, die Bäderarchitektur und auch
das ehemalige KdF-Seebad Prora selbst, dass jährlich von vielen Touristen besucht
wird. Es bieten sich außerdem Möglichkeiten zur Durchführung von Wassersport,
Reiten, Golfen, Fahrradfahren und anderen Freizeitaktivitäten. 198 Auch ein Ausflug in
den 6km entfernten Ort Binz ist möglich. Dieser Ort bietet sich an für Spaziergänge
und zum Kennenlernen der lokalen Küche.
Bei schlechtem Wetter sind die Freizeitmöglichkeiten eingeschränkt, aufgrund der
isolierten Lage der Jugendherberge. Es wird ein Rahmenprogramm angeboten, um
jedoch das Gelände zu verlassen und die beschriebenen Sehenswürdigkeiten zu
erreichen, müssen Gäste ohne Auto weite Wege zurücklegen, da sich Bus- und
Bahnstation in einem Kilometer Entfernung befinden. Zum Jagdschloss Granitz fährt
der Jagdschlossexpress direkt von der Jugendherberge ab. 199
Die Jugendherberge liegt an einem geschichtsträchtigen, aber zugleich auch an
einem touristischen Ort. Ein Aufenthalt bietet nicht nur Strand, sondern auch viele
weitere touristische Angebote. Die Insel Rügen, auf der sich die Jugendherberge
befindet, ist ein beliebter Urlaubsort und wird jährlich von vielen Reisenden besucht.
5.1.3 Einrichtung und Konzept
Der für die Jugendherberge sanierte Teil des Blockes V ist in einem sehr hellen, fast
weiß erscheinendem, grün gestrichen und hebt sich von dem restlichen Teil des
grauen Gebäudes ab. Auch die Zimmer und Flure sind hell gestrichen und verzichten
auf knallige Farben. Die Einrichtung ist schlicht gehalten, aber gleichzeitig modern.
Die
Jugendherberge
verfügt
über
400
Betten,
die
als
Zwei-,
Vier
und
Sechsbettzimmer angeboten werden. 16 der Zimmer sind behindertenfreundlich. Bis
auf die Sechsbettzimmer verfügt jede Unterkunft über ein eigenes Bad mit Dusche
und Toilette. Die Zimmer verfügen außerdem über einen kleinen Tisch und Stühle 200
198
Vgl. Rügen (2011a).
Vgl. DJH Jugendherberge Prora (2011a).
200
Vgl. DJH Jugendherberge Prora (2011d).
199
44
und liegen zum Meer hin, so wie es auch für die Zimmer des geplanten Seebades
vorgesehen war und wie es der Bau des Gebäudes vorschreibt.
Auf jeder Etage befinden sich zwei Gruppenräume. Außerdem gibt es einen
Fernsehraum mit TV, Video- und DVD-Gerät, eine Leseecke, Spieltische, einen Grillund Lagerfeuerplatz. Der Speisesaal liegt im Erdgeschoss. Eine Aussichtsplattform
mit Blick auf den Strand befindet sich am Eingang. Die Jugendherberge bietet
weiterhin einen Spiele- und Fahrradverleih an und verfügt über Internetzugang. 201
Außerdem gibt es sieben Tagungsräume mit Platz für bis zu 40 Personen (je nach
Art der Bestuhlung) mit Ausstattung wie Diaprojektor, Overheadprojektor, Beamer,
Flipchart und Pinnwände. 202
Zusätzlich zu den Übernachtungsmöglichkeiten bietet das Haus außerdem diverse
Programme an. Zum einen gibt es unterschiedliche „Pakete“ für Klassenfahrten, die
ein mehrtätiges Programm für verschiedene Altersklassen beinhalten. Diese drehen
sich einerseits um die Geschichte von Prora, mit Führungen durch Prora und das
Dokumentationszentrum sowie Gesprächen mit Dozenten, aber auch um die Insel an
sich, mit Touren zu den Kreidefelsen, dem Jagdschloss Granitz und einer Fahrt mit
dem rasenden Roland. Auch ein Programm für Erst- bis Viertklässler mit
Museumsbesuchen und Leseabend wird angeboten, für die Älteren ein AktivProgramm mit einem Besuch im benachbarten Kletterwald. Es gibt auch die
Möglichkeit, sich aus einzelnen Bausteinen eine ganz individuell gestaltete
Klassenfahrt zusammenzustellen. 203
Ausflüge und Veranstaltungen, die auf die Zielgruppe der Familien zugeschnitten
sind, sind zusammen mit Unterkunft und Verpflegung als Leistungspaket buchbar.
Ein Programm beinhaltet auch den Besuch des Prora – Dokumentationszentrums. Zu
den weiteren Angeboten gehört ein Silvesterprogramm mit Lagerfeuer, Silvesterparty
und Buffet. 204
201
Vgl. DJH Jugendherberge Prora (2011b).
Vgl. DJH Jugendherberge Prora (2011e).
203
Vgl. DJH Jugendherberge Prora (2011c).
204
Vgl. DJH Jugendherberge Prora (2011f).
202
45
Der Slogan der Jugendherberge lautet „aus grau mach bunt“, beziehungsweise
aufgrund der häufigen Bezeichnung durch die Presse als Nazi-Bau „aus braun mach
bunt“. Dies bedeutet, dass sich die Betreiber der Geschichte des Gebäudes zwar
bewusst sind, jedoch dem Ort eine ganz neue Note geben wollen, weg von dem
„Nazi-Bau“. Dies soll auch durch den farblichen Kontrast zum restlichen
Gebäudekomplex verdeutlicht werden. Auch die Bilder, die sich an dem restlichen
Teil des Blockes V - der vollständig im Besitz des DJH ist – befinden, knüpfen an
dieses Konzept an. 205
DJH Jugendherbergen im Allgemeinen stehen für Internationalität. Dieses Profil
wurde auch bewusst für die Jugendherberge Prora gewählt, da es vollkommen
konträr zu der Grundidee der Nationalsozialisten ist. Damit wolle der Verband auch
Kritikern gegenübertreten, die behaupten, dass das Gebäude nun so genutzt werden
würde, wie von Hitler ursprünglich geplant. Aus diesem Grund ist ein weiteres Projekt
im restlichen Block V in Planung. Es soll ein „World House“ entstehen, in dem sich in
jedem Raum ein Land vorstellt. Dies ist ein Projekt, das „der Grundidee [der NS-Zeit,
A.K.] vollkommen den Nährboden entzieht“. 206
Die Jugendherberge verfolgt die Philosophie „Gemeinschaft erleben“. Der Leiter
meint hiermit jedoch nicht eine Begegnungsstätte für politische Gesinnungen. Er
sagt, er wolle mit dem Gebäude, das automatisch Fragen aufwerfe, und mit der
Neugier der Leute arbeiten, um die Historie zu vermitteln. 207 Röder meint, den
Gästen bewusst zu machen, dass sie sich an einem historischen Ort befinden, gehe
von ganz alleine, wenn man vor diesem riesigen Gebäude steht und den Kontrast
zwischen dem weiß der Jugendherberge und den restlichen Gebäudeteilen sieht. 208
Hinsichtlich der Geschichte Proras verfolgt der Leiter nicht das Ziel, diese zu
verdecken, sondern ist an der Bildung und Aufklärung der Gäste interessiert. Jedoch
auf einer freiwilligen Basis, die auf dem Interesse der Gäste beruht. „In erster Linie
sind wir ein Beherbergungsunternehmen.“209 Er wolle auch gerne mit Zeitzeugen
205
Vgl. Brosseit (2011), Interview.
Brosseit (2011), Interview.
207
Vgl. Brosseit (2011), Interview.
208
Vgl. Röder (2011), Interview.
209
Brosseit (2011), Interview.
206
46
zusammenarbeiten, jedoch nur, wenn diese „versöhnlich mit ihrer Vergangenheit
umgehen“. 210
Mit der Geschichte des Komplexes wird auch nicht direkt geworben. Brosseit geht
davon aus, das in der heutigen Zeit die Menschen im Internet automatisch auf die
Seiten,
die
Informationen
zu
dem
KdF-Bad
liefern,
gelangen.
In
dem
Dokumentationszentrum sieht er einen kompetenten Partner, der über die Historie
informiert. Anfangs wurde der Begriff „ehemaliges KdF-Seebad“ verwendet, jedoch
wurden Kritiken laut, es würde sich doch vielmehr um ein NVA-Gebäude handeln.
Um diesen politischen Diskussionen aus dem Weg zu gehen entschied man sich für
die neutrale Bezeichnung „längste Jugendherberge der Welt“. 211
Das angebotene Rahmenprogramm wirkt sehr vielseitig. Die Internetseite ist frisch
gestaltet und spricht den Leser mit „du“ an. Bei den Angeboten zu Klassenfahrten
wird nicht der Lehrer als Organisator, sondern der Schüler selbst angesprochen, was
zeigt, dass hier der Jugendliche als Gast im Vordergrund steht. Der Umgang mit
Proras Vergangenheit ist innerhalb des Konzeptes der Jugendherberge locker und
ungezwungen. Interessierte haben die Möglichkeit, sich in der Dauerausstellung
„Macht Urlaub“, bei Mitarbeitern der Jugendherberge oder im Zusammenhang mit
dem entsprechenden Rahmenprogramm zu informieren. Wer einen Strandurlaub
ohne dunkle Nazi- und NVA-Geschichte vorzieht, wird nicht dafür verurteilt oder dazu
„gezwungen“, sich mit dem Ursprung Proras auseinanderzusetzen.
5.2 Der Obersalzberg in Berchtesgaden
Auf dem Obersalzberg in Berchtesgaden entstand in den 30er Jahren sowohl ein
Wohnsitz
Hitlers
aber
auch
sein
zweiter
Regierungssitz.
Bei
dieser
Hinterlassenschaft handelt es sich nicht um ein einzelnes Gebäude, sondern um eine
ganze Region bzw. eben diesen Berg.
210
211
Ebd.
Brosseit (2011), Interview.
47
Hitler kam erstmals noch vor seiner Ernennung zum Reichskanzler im Jahr 1923
nach Berchtesgaden und zum Obersalzberg und nutzte den Ort fortan als
Rückzugsmöglichkeit und verfasste hier außerdem den zweiten Teil seines Buches
„Mein Kampf“. 212 Später, im Jahr 1928, begann er das „Haus Wachenfeld“ zu mieten
uns als eine Art zweiten Wohnsitz zu nutzen, welches er im Jahr 1932 schließlich
auch kaufte. 213 Nun kamen auch weitere Mitglieder der NSDAP, wie zum Beispiel
Reichspropagandaminister Joseph Goebbels, hierher und der Ort entwickelte sich zu
einem Treffpunkt für Parteileute. 214 Im Jahr 1933 begannen Hitler und die NSDAP
mehrere Quadratkilometer des Obersalzberges für sich zu beanspruchen. Hierzu
wurden sogar mehr als 400 Anwohner umgesiedelt, sodass die Partei Ende 1937
schließlich im Besitz von 54 Grundstücken auf einem zehn Quadratkilometer großen
Gebiet war und sich Parteifunktionäre hier ihre eigenen Landhäuser bauten. 215 Ein
zweiter Regierungssitz war damit geschaffen, der für die Öffentlichkeit nicht
zugänglich war und zum „Führersperrbezirk“ erklärt wurde. 216
In
seinem
Regierungssitz
auf
dem
Obersalzberg
traf
Hitler
politische
Entscheidungen, die er zunächst mit seinen Generälen besprach. So zum Beispiel
entschied er hier die Zerstörung der Sowjetunion sowie die Auslöschung Polens. 217
Außerdem empfing er hier in dem 1936 eröffnetem „Berghof“ etliche Staatsgäste,
unter anderem den italienischen Diktator Benito Mussolini. 218 Es wurden sogar
Gewächshäuser zur Ernährung Hitlers und ein Kino zur Unterhaltung der in der 1937
gebauten SS-Kaserne stationierten Soldaten gebaut. 219 Des Weiteren gab es eine
Schweine- und Pferdezucht, Milchwirtschaft und eine Apfelmosterei. 220 Das
Kehlsteinhaus (im amerikanischen Raum „Eagle`s Nest“ genannt), welches heute
noch intakt ist, bekam Hitler zu seinem 50. Geburtstag geschenkt und diente
repräsentativen Zwecken. 221 Die imposante Lage dieses Gebäudes (es befand sich
auf 2522 Metern Höhe) übte besonders auf die Amerikaner den Eindruck von Macht
212
Vgl. Speith (2007), S. 3f.
Ebd., S. 4.
214
Vgl. Frank (1995), S. 67.
215
Vgl. Speith (2007), S. 4.
216
Vgl. Br-Online Bayrischer Rundfunk (2011).
217
Vgl. Speith (2007), S. 8.
218
Vgl. Schwaiger (2010).
219
Vgl. Hanisch (1995), S. 15.
220
Vgl. Frank (1995), S. 90.
221
Vgl. Speith (2007), S. 5.
213
48
und Überlegenheit aus, obwohl Hitler selbst dort nur selten anzutreffen war. 222 Auch
der Standort des Regierungssitzes an sich hatte seine Wirkung. Die Lage inmitten
der Natur und Idylle soll Hitler als volksnahen Kanzler und nicht als skrupellosen
Diktator darstellen und gleichzeitig durch die hohe Lage Macht und Überlegenheit
vermitteln. 223
Während des Krieges sind Berchtesgaden und der Obersalzberg am 25. April 1945
von den Amerikanern bombardiert worden, wodurch bis auf das Kehlsteinhaus alle
Gebäude zerstört wurden. Hitler hatte sich in diesem Moment in dem zuvor gebauten
unterirdischen Bunkersystem verschanzt. 224
Nach Kriegsende war der Obersalzberg für die Deutschen bis Ende 1949 weiterhin
Sperrgebiet. Als dies aufgehoben wurde und auch die Deutschen den Berg wieder
betreten durften, entwickelte sich aus ihm ein Reiseziel, das durch seine Natur aber
auch durch seine Geschichte die Besucher anzog. In dieser Zeit stand auch die
weitere Nutzung des Obersalzberges und der Überreste des ehemaligen
Regierungssitzes zur Frage. Ein großer Teil ist bis 1996 von dem amerikanischem
Militär
genutzt
worden,
1952
wurde
jedoch
das
Kehlsteinhaus
für
den
Fremdenverkehr freigegeben. Das Gelände gehört seit 1949 dem Freistaat
Bayern. 225
Heute sind von den Residenzen der Parteimitglieder nur noch die Fundamente zu
sehen. 226 Das Kehlsteinhaus ist jedoch noch vollständig erhalten, seit 1952 wird es
als Berggasthaus geführt, mit Gastronomie und fachlichen Führungen durch das
Kehlsteinhaus. 1960 brachte der Freistaat Bayern den Besitz in eine Stiftung ein,
sodass die Erträge aus dem Gasthaus nun gemeinnützigen Zwecken zukommen. 227
Am 20. Oktober 1999 wurde auf dem Obersalzberg die Dauerausstellung
„Dokumentation Obersalzberg“ eröffnet. Die Idee beziehungsweise der Auftrag zur
Eröffnung der Dokumentation entstand durch den Freistaat Bayern, realisiert wurde
222
Ebd.
Ebd., S. 7.
224
Vgl. Br-Online Bayrischer Rundfunk (2011).
225
Vgl. Dokumentation Obersalzberg (o.J. a).
226
Vgl. Speith (2007), S. 2.
227
Vgl. Kehlsteinhaus (o.J).
223
49
es durch das Institut für Zeitgeschichte, die die Ausstellung außerdem auch leitet.
Träger ist die Berchtesgadener Landesstiftung, betreut wird es durch das Bayrische
Staatsministerium der Finanzen. 228
Die Ausstellung beschäftigt sich zum einen mit der Geschichte des Obersalzberges
und seiner Bedeutung für den Nationalsozialismus, geht aber auch auf weitere
Themen der NS-Zeit ein. 229 Auf der Internetseite der Dokumentation Obersalzberg
wird betont, dass es sich um „die weltweit einzige Dauerausstellung, die sich mit
allen wesentlichen Themen der NS-Zeit beschäftigt“ 230 handelt.
Die „Dokumentation Obersalzberg“ zieht viele Besucher an. Im ersten Betriebsjahr,
im Jahr 2000, besuchten 100.000 Touristen die Dokumentation (erwartet wurden
30.000 bis 40.000 Besucher im Jahr) 231, 2007 waren es bereits 176.619 Besucher,
was ein Plus von 6,29% zum Vorjahr ausmachte. 232 Im Jahr 2009 waren es 159.934
Besucher. 233
Zudem wurde am 1. März 2005 ein Fünf-Sterne-Hotel, das „Intercontinental
Berchtesgaden Resort“ eröffnet. Ins Leben gerufen wurde auch dieses Projekt durch
den Freistaat Bayern und durch den damaligen Finanzminister Kurt Falthauser,
finanziert hat es die Bayrische Landesbank. Das Hotel befindet sich etwa 200 Meter
entfernt von den Überresten des Berghofes von Hitler. Die Kosten für den Bau
betrugen 50 Millionen Euro. 234
Gegner der Eröffnung des Hotels bezeichneten den „Bau eines Luxushotels auf dem
Obersalzberg [als, A.K.] geschmacklos und eine Enthistorisierung des Ortes“ 235
(Michel Friedmann, ehemaliger Vizepräsident des Zentralrats für Juden). Befürworter
argumentierten: „NS-Orte entmystifiziert man am besten, indem man das normale
228
Vgl. Dokumentation Obersalzberg (o.J. b).
Ebd.
230
Ebd.
231
Vgl. Dokumentation Obersalzberg (o.J. c).
232
Vgl. Dokumentation Obersalzberg (2007).
233
Vgl. Dokumentation Obersalzberg (2009).
234
Vgl. Schwaiger (2010).
235
Dr. Peter Ramsauer (2005); Schwaiger (2010).
229
50
Leben einziehen lässt.“ 236 (Volker Dahm, Leiter des Instituts für Zeitgeschichte
München).
Es handelt sich um ein Luxushotel mit Doppelzimmern, Suiten und StudioAppartements mit „modernstem technischen Equipment und einem Design, das
höchste ästhetische Maßstäbe setzt“. 237 Auf der Webseite des Hotels gibt es jedoch
keinen Hinweis auf die Geschichte des Ortes, lediglich unter der Rubrik „Umgebung
& Lage“ 238 wird die Dokumentation Obersalzberg in einem Stichpunkt erwähnt,
jedoch nicht weiter auf Hintergründe eingegangen.
Laut einem Artikel in der österreichischen Tageszeitung „Die Presse“ bleibt der Erfolg
des Hotels aus. 18 Millionen Euro Verlust habe das Hotel bereits gemacht. Auch der
Sales-Manager des Resorts, Frank Saller, gab zu, 2009 sei ein schlechtes Jahr
gewesen, meinte aber zugleich, das Jahr 2008 wäre „operativ positiv“ gewesen.
Auch sei das Hotel in den Sommerferien und über Weihnachten gut gefüllt. 239
5.3 Die NS-Ordensburg Vogelsang im Nationalpark Eifel
Die NS-Ordensburg Vogelsang im Nationalpark Eifel ist eine von insgesamt drei
geplanten und errichteten Ordensburgen. Eine weitere Ordensburg befindet sich in
Sonthofen im Allgäu. Die Ordensburg Krössinsee befindet sich im heute zum Polen
gehörendem Teil von Pommern. Sie sind gebaut worden, um den Nachwuchs für die
politische Leitung des Dritten Reiches zu erziehen.
In der NSDAP kam es 1933 nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler zu
Personalmangel, woraufhin Hitler im Juni die Formung des dringend gesuchten
Nachwuchses für die politische Leitung forderte. 240 Verantwortlich für die Ausbildung
und die Entwicklung eines Schulungssystems war Robert Ley, der im Jahr 1933 ein
System von Schulungseinrichtungen entwickelte. 241 Anfangs war das Ziel, Mitglieder,
236
Dr. Peter Ramsauer (2005); Schwaiger (2010).
Intercontinental Berchtesgaden Resort (2010a).
238
Vgl. Intercontinental Berchtesgaden Resort (2010b).
239
Vgl. Schwaiger (2010).
240
Vgl. Heinen (2010), S. 20.
241
Vgl. Heinen (2010), S. 20.
237
51
die bereits in der Partei tätig waren, entsprechend der NS-Ideologie nachzuschulen.
Der nächste Schritt bestand darin, junge Männer als Nachfolger zu erziehen, um die
Herrschaft des NS-Regimes dauerhaft zu sichern. Das Schulungsystem war also,
neben der DAF und KdF, eine weitere Aktion, um letztendlich das gesamte deutsche
Volk von der nationalsozialistischen Weltanschauung zu überzeugen. Ley formulierte
es wie folgt: „… dieser Kampf um Deutschland ist erst dann beendigt, wenn der letzte
anständige Deutsche Nationalsozialist geworden ist und die nationalsozialistische
Weltanschauung so im Volk verankert ist, dass für Jahrhunderte und Jahrtausende
niemand anders den Anspruch auf die geistige Führung Deutschlands erheben kann
als die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei.“242
Das von Ley geplante Schulungssystem umfasste drei Stufen und sah einen Beginn
der nationalsozialistischen Erziehung mit dem 12. Lebensjahr vor. Vom 12. bis 18.
Lebensjahr sollten die Jungen der Hitlerjugend auf den 1937 errichteten Adolf-HitlerSchulen (ASH) die Hochschulreife erreichen und auf den Nationalsozialismus
getrimmt werden. Nach Absolvierung des Arbeits- oder Wehrdienstes sollten jährlich
1000 ausgewählte Schüler der ASH eine Ordensburg besuchen. Im Anschluss an
eine erneute Auslese folgte die Hohe Schule der NSDAP am Chiemsee, eine Art
Parteiuniversität. 243 Auf diese Weise sollte die deutsche männliche Bevölkerung
schon vom 12. Lebensjahr an mit der Hitlerjugend beginnend bis hin zur Hohen
Schule permanent mit nationalsozialistischem Gedankengut gefüttert und somit
erzogen und beeinflusst werden.
Mit dem Entwurf für die Gebäude in Krössinsee und Vogelsang, in denen die
zukünftigen politischen Leiter geschult werden sollten, wurde Clemens Klotz
beauftragt. Schließlich trat jedoch ein weiterer Architekt - Hermann Giesler, der seit
Machtergreifung Hitlers Mitglied der NSDAP war - mit einem Entwurf für eine
Ordensburg in Sonthofen auf, welcher von Ley angenommen wurde. 244
Für den Standort der Ordensburgen wurden bewusst grenznahe Gebiete
ausgesucht. Zum einen verfolgte das Regime hierdurch, ähnlich wie bei den KdFReisen in wirtschaftlich schwache Gebiete, Aspekte der Wirtschaftsförderung. Zum
242
Ley zitiert nach Heinen (2010), S. 21.
Vgl. Heinen (2011), S. 78f.
244
Ebd., S. 16f.
243
52
anderen zielten sie darauf, auch die dort lebenden Menschen, die noch nicht so stark
von der nationalsozialistischen Weltanschauung beeinflusst waren, für diese zu
erwärmen. Auch die im Ausland lebenden deutschen sollten durch die Ordensburgen
erreicht werden. 245
Die Ordensburgen sollten ähnlich wie ein Internat aufgebaut sein, mit Unterkünften
für 500 Teilnehmer, Versorgungseinrichtungen und Sportanlagen. Im Laufe der
Planung entschied man sich für eine Erhöhung der Kapazität auf 1000 Schüler. 246
Später ist den Architekten außerdem auferlegt worden, die Gebäude in
Denkmalarchitektur zu entwerfen, wodurch diese letztendlich riesige Ausmaße
annahmen. 247 Hierbei wird abermals der für den Nationalsozialismus typische
Größenwahn deutlich.
Im Jahr 1938 sind die Bauarbeiter der Ordensburgen abgezogen worden, da sie für
die Aufrüstung, das heißt für das Heer der Luftwaffe und den Bau des Westwalls,
benötigt wurden. So kam es dazu, dass das restliche Personal bis 1942 nur noch
Rest- und Sicherungsarbeiten durchführte. 248 Von 1936 bis 1938 sind in der Anlage
bereits Nachwuchsführer geschult worden, obwohl die Bauarbeiten noch nicht
beendet waren. 249 Auch führte die Partei in dieser Zeit Tagungen in den Burgen
durch. 250
Heute ist die Ordensburg Vogelsang die einzige der drei, die öffentlich zugänglich ist.
Die Ordensburg Sonthofen wird von der deutschen Bundeswehr genutzt, die
Ordensburg Krössinsee ist im Besitz des polnischen Militärs.
Auch Vogelsang wurde zunächst militärisch genutzt, von 1946 bis 2005 von
britischen und belgischen Truppen. Seit Januar 2006 kann das Gelände, das sich
inmitten der Natur im Nationalpark Eifel befindet, besichtigt werden. 251 Die Vogelsang
IP GmbH bietet hier diverse Veranstaltungen und Ausstellungen an und arbeitet an
einer Entwicklung für eine zukünftige Nutzung des Geländes. Die GmbH betont, dass
245
Vgl. Heinen (2011), S. 23.
Ebd., S. 25.
247
Ebd., S. 26.
248
Vgl. Heinen (2011), S. 26.
249
Vgl. Vogelsang IP (2009).
250
Vgl. Heinen (2011), S 31.
251
Vgl. Vogelsang IP (o.J. a).
246
53
sie sich „bewusst von allen ideologischen und indoktrinären Elementen seiner
Vergangenheit“252 absetzt. Dabei arbeiten sie daran, über die Ziele und Wirkungen
nationalsozialistischer Erziehung aufzuklären und stellen einen Erinnerungsort an die
Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland dar. 253
Auf dem Gelände befindet sich das Besucherzentrum Forum Vogelsang. Von hier
aus finden täglich Führungen durch die Ordensburg statt. Es bietet außerdem
Informationsmaterial zur Geschichte, zu der Region und dem Nationalpark an. In
einer Ausstellung wird darüber informiert, wie sich das Gelände zukünftig entwickeln
soll. Eine weitere im Jahr 2010 eröffnete Ausstellung handelt von „Ferien im Dritten
Reich“. 254 Auch eine gastronomische Einrichtung und ein Kino befinden sich auf dem
Gelände. Diverse angebotene Veranstaltungen beinhalten nicht nur den Umgang mit
der Geschichte, sondern auch Ausflüge in den Nationalpark oder beschäftigen sich
mit der Natur in Vogelsang. Sogar ein Open Air Kinoereignis fand 2011 auf dem
Gelände
statt.
Ein
Besuch
der
Ordensburg
ist
auch
Bestandteil
vieler
Wanderausflüge durch den Nationalpark, auch von größeren Reisegruppen.
Die Entstehung des Forums Vogelsang wurde mit gut 40 Millionen Euro von EU,
Bund, Land und Region finanziert. 255 Hier zeigt sich, wie auch bei diversen
Nutzungsprojekten
anderer
NS-Relikte,
dass
die
Nutzung
der
ehemaligen
Ordensburg auch Bestandteil politischer Interessen ist.
Innerhalb der weiteren Entwicklung des Standortes ist ein Dokumentationszentrum
zur NS-Geschichte geplant. Es sind weitere Ausstellungen in Planung, die über den
Nationalpark
Eifel
und
die
Region
informieren.
Außerdem
soll
hier
eine
Jugendherberge des DJH entstehen. Geplanter Baubeginn ist im Herbst 2011, die
Eröffnung ist für 2013 angesetzt. 256 Geplant sind über 200 Betten und zusätzlich 60
weitere Übernachtungsmöglichkeiten in einem Jugendwaldheim. 257 Der Bau der
Jugendherberge wurde durch einen Architekturwettbewerb entschieden. 258
252
Vogelsang IP (2007).
Vgl. Vogelsang IP (o.J. a).
254
Vgl. Vogelsang IP (o.J. b).
255
Vgl. Vogelsang IP (o.J. a).
256
Vgl. Aachener Zeitung (2011).
257
Vgl. DJH Rheinland (2009).
258
Ebd.
253
54
Auch die Eröffnung eines „Krimi-Hotels“ auf dem Geländer der Ordensburg
Vogelsang war im Gespräch. 259 Den Ausbau des Kasernenbaus planten die
Projektentwickler Anton Neuberger und Manfred Ernst („E & N“). 260 Zu den Gegnern
des Projektes gehörten der Grünen-Bundestagsabgeordnete Oliver Krischer und der
Landesumweltminister von Nordrhein-Westphalen Johannes Remmel (Grüne). 261
Letztendlich ist das Projekt jedoch, aufgrund der Geschichte Vogelsangs, von
Remmel und Wirtschaftsminister Voigtsberger (SPD) abgesagt worden. Dabei sei ein
Hotel in Vogelsang nicht unerwünscht, nur das Thema „Krimi“ als auch der Standort
im Zentrum des Areals wurden abgelehnt. Einen möglichen Standort für ein Hotel
sehen die Minister im westlichen Eingangsbereich des Geländes, akzeptable
Themen seien „Natur“ und „Geschichte“. 262
5.4 Chancen und Risiken touristischer
Hinterlassenschaften des NS-Regimes
Nutzung
von
Die Vorgeschichte ehemaliger NS-Gebäude stellt ein Risiko für deren weitere
Nutzung dar. Der Zusammenhang zu den Nazis und Adolf Hitler haftet häufig an
diesen Bauten und so ist eine zivile oder gar touristische Nutzung aus Sicht einiger
Menschen und aufgrund moralischer Aspekte negativ behaftet. Das Seebad Prora
wurde gebaut, um 20.000 Urlauber auf einmal zu beherbergen, aber auch um diese
durch die NS-Propaganda zu manipulieren und im Sinne der nationalsozialistischen
Weltanschauung zu beeinflussen. Die Idee hinter diesem Bau, die vollständige
Kontrolle der Bevölkerung durch den Staat, ist aus heutiger Sicht nicht zu
unterstützen. Das Reisen ist heute ein freies Gut, in dem jeder selbst bestimmen
kann, wohin er reist und welche Aktivitäten er während dem Urlaub unternimmt. Das
in einem Gebäude dieser Art nun wieder Menschen ihren Urlaub verbringen, wirft aus
diesem Grund moralische Fragen auf.
Trotz alledem sind bereits Nutzungskonzepte von NS-Relikten realisiert worden und
werden weiterhin geplant, so auch für das Seebad-Prora.
259
Vgl. Aachener Zeitung (2010).
Vgl. Heinen (2011).
261
Vgl. Aachener Zeitung (2010).
262
Vgl. Ksta.de Kölner Stadt-Anzeiger (2011).
260
55
Im Folgenden werden die Risiken und Chancen, die sich direkt und indirekt aus der
Historie des KdF-Bades ergeben, beschrieben. Als Vergleich werden der
Obersalzberg und die NS-Ordensburg Vogelsang herangezogen.
5.4.1 Risiken
Die in Abschnitt 4.3.3 (Diskussionen über weitere Nutzung) beschriebenen Beispiele
zeigen, dass eine Nachnutzung des Prora - Gebäudekomplexes von vielen Seiten
erwünscht wird. Viele Studien beschäftigen sich mit der Entwicklung von Konzepten
hierzu, diverse andere Hinterlassenschaften der Nazis werden bereits zivil genutzt.
Doch wie jedes neue Projekt, birgt diese touristische Nutzung auch Risiken.
Besonders in der Presse wurde auch Kritik an einer Nutzung des „Nazi-Baus“ durch
eine Jugendherberge ausgeübt. Auch der Obersalzberg und die Eröffnung des
Intercontinental Hotels blieben von negativer Presse nicht verschont.
Kritiker unterstellen den Nutzungsplänen, sie würden die Historie übertünchen und
seien aufgrund eben dieser unpassend. So bezeichnete Michel Friedmann die
Eröffnung des Hotels auf dem Obersalzberg als „geschmacklos“263. Einige ehemalige
„Spatensoldaten“, die unter der NVA Arbeiten in Prora verrichteten, warfen den
Verantwortlichen der Jugendherberge vor, durch den Bau würde die Vergangenheit
übertüncht werden. 264 Das Risiko besteht darin, dass durch eine fehlende Akzeptanz
für eine touristische Nutzung diese nicht unterstützt und somit auch nicht nachgefragt
wird.
Das Intercontinental Hotel auf dem Obersalzberg ist schon vor einigen Jahren, im
Jahr 2005, eröffnet wurden, somit lässt sich der Erfolg des Projektes bereits
bewerten. Laut eines Artikels von „Die Presse“, der österreichischem Tageszeitung,
handelt es sich um einen „Millionenflop“. 265 Die Verluste liegen nach diesem Bericht
bereits im Millionenbereich. Das Dokumentationszentrum, das zehn Minuten entfernt
vom Hotel liegt, ist im Gegensatz gut besucht und erfolgreich. Ursachen für den
263
Schwaiger (2010).
Vgl. Brosseit (2011), Interview.
265
Schwaiger (2010).
264
56
Misserfolg sieht der Autor des Artikels in der fehlenden betriebswirtschaftlichen
Betrachtung. Man habe sich ausschließlich mit den moralischen und ideologischen
Aspekten beschäftigt. Außerdem sei der Ort zu wenig belebt. Einige Wanderwege
und ein kleines Skigebiet seien zu wenig Angebot. 266
Die Historie des Ortes wird innerhalb des Hotelkonzeptes nicht genutzt. Die
Internetseite verweist nicht auf die Geschichte, das Dokumentationszentrum wird nur
als einzelner Stichpunkt, ohne Angabe von Details, genannt. Einen Zusammenhang
zwischen der Buchung eines Zimmers im Hotel und der Geschichte des Ortes sieht
Frank Saller, der Sales Manager des Intercontinental Berchtesgaden Resort, nicht. 267
„Die Leute kommen, weil sie ein schönes Hotel suchen“ 268, sagt er. Die fehlende
Auseinandersetzung mit der Vorgeschichte des Obersalzberges kann als Schwäche
angesehen werden. Der Erfolg des Dokumentationszentrums zeigt, dass das
Interesse vorhanden ist und dem Geschäft nicht schadet.
Die Gefahr bei Hinterlassenschaften der NS-Zeit liegt auch darin, dass diese sich zu
Pilgerstätten von Neonazis entwickeln. Dies kann durch eine Nutzung der
Hinterlassenschaften, in dem sie so erreichbar gemacht werden, unterstützt werden.
So zeigen Schmierereien und Kritzeleien in den Bunkeranlagen vom Obersalzberg,
dass dort Probleme mit Neonazis vorhanden sind. Der Zugang zu den Bunkern
wurde erst durch den „Gasthof zum Türken“ ermöglicht, der hier eine weitere
Geldquelle sah. 269 Jedoch ist es durch eine Nutzung, die sich dieser Tatsache
bewusst ist, auch möglich, Neonazis von diesen Orten fernzuhalten, da eine
Überwachung und Kontrolle so eher als in einem ungenutzten Gebäude
gewährleistet werden kann.
Die NS-Ordensburg Vogelsang wird bereits zivil genutzt, die Eröffnung einer
Jugendherberge steht jedoch noch bevor. Die Ausgangssituation ist somit das
Gegenteil zur der zuvor geschilderten um den Obersalzberg. Ein Risiko für eine
weitere touristische Nutzung dieses Ortes besteht möglicherweise darin, dass die
Lage inmitten eines Naturschutzgebietes keine weiteren Freizeitbeschäftigungen
266
Vgl. Schwaiger (2010).
Ebd.
268
Saller zitiert nach Schwaiger (2010).
269
Vgl. Schwaiger (2010).
267
57
oder gastronomischen Einrichtungen in unmittelbarer Umgebung bietet. Auch die
Tatsache, dass es sich um ein Naturschutzgebiet handelt, könnte Bauarbeiten
aufgrund von Auflagen, ähnlich wie bei Denkmalgeschützten Gebäuden, vor
Schwierigkeiten stellen.
In der Literatur wird hinsichtlich nationalsozialistischer Hinterlassenschaften zwischen
Opfer- und Täterort unterschieden. An Opferorten haben Verbrechen stattgefunden,
deshalb stehen sie in einem unmittelbaren Bezug zu den Opfern. Ein Beispiel hierfür
sind zum Beispiel Konzentrationslager. An diesen Orten werden üblicherweise
Gedenkstätten oder Mahnmale errichtet. 270 Täterorte stellen die Orte dar, an denen
die Verbrechen geplant und organisiert, jedoch nicht begangen wurden. Opferorte
der NS-Zeit stehen mit den Verbrechen der Nazis enger in Verbindung als Täterorte.
Der Obersalzberg stellt einen typischen Täterort dar: Verbrechen wurden hier nicht
begangen, jedoch geplant und beschlossen, wobei die verantwortlichen „unter sich“
waren. In der Ordensburg wurden junge Männer zu Nachwuchsführern ausgebildet.
Die Vergangenheit der Ordensburg, aber auch die des Obersalzberges, ist somit
„dunkler“ als die des Seebades Prora. Im Gegensatz dazu beinhaltete der Bau des
Seebades fast schon positive Motive, da es auch um Urlaub für die Bevölkerung
ging. Der größte Unterschied zum Seebad Prora ist, dass sowohl Ordensburg als
auch Obersalzberg tatsächlich vom Hitler-Regime genutzt worden sind. Der
Zusammenhang zur NS-Zeit ist somit enger und verstärkt gleichzeitig das moralische
Dilemma, welches bei der Nutzung von NS-Relikten eine Rolle spielt. Hier liegt
möglicherweise auch eine weitere Ursache für den Misserfolg des Intercontinental
Berchtesgaden Resort.
Durch die mangelnde Bausubstanz des Gebäudekomplexes in Prora ergibt sich eine
Schwäche für eine Nutzung. Der Bau ist sehr instabil, es handelt sich nicht, wie oft
behauptet, um einen Betonbau, sondern einem Skelettbau mit Klinkern. Außerdem
ist das Gebäude in einer sehr kurzen Zeit errichtet worden, „viel zu schnell“ 271, wie
Herr Brosseit anmerkte. Die Blöcke wurden parallel hochgezogen, wobei es darum
ging so schnell wie möglich fertig zu werden, was dazu führte, dass viele Wände
schief sind. Auch die Fenster sind unterschiedlich groß und mussten handgefertigt
werden, die Decken sind nur 10 cm dick und können so nur bestimmten Belastungen
270
271
Vgl. Dahm (2001).
Brosseit (2011), Interview.
58
standhalten. Das Bauamt Bergen auf Rügen bezeichnet das Objekt aufgrund seiner
Instabilität als Problembau. Alles zusammen verursacht dies Schwierigkeiten beim
Aus- und Umbau und infolgedessen auch hohe Kosten, vor denen sich viele
Investoren scheuen. Hinzu kommt, dass das Gebäude unter Denkmalschutz steht
und
so
die
Bauphase
der
Jugendherberge
strikten
Auflagen
durch
die
Denkmalschutzbehörde unterlag, so zum Beispiel hinsichtlich der Fenster und der
Farbe
des
Anstrichs.
Dies
stellt
auch
für
weitere
Investoren
und
Nutzungsmöglichkeiten Einschränkungen dar, da die Vorgaben stets eingehalten
werden müssen.
Eine weitere Schwäche hinsichtlich der Nutzung von Prora liegt laut Brosseit darin,
dass es sich nicht um ein einheitliches Nutzungskonzept handelt, sondern die
einzelnen Blöcke an verschiedene Investoren veräußert worden sind. Ein
Gesamtkonzept, in dem sich die einzelnen Einrichtungen gegenseitig ergänzen und
somit ein einheitliches Gesamtbild schaffen, wäre wünschenswert. 272
Im Moment stehen die meisten der Blöcke, bis auf den nördlichsten Block mit der
Jugendherberge und Block III mit dem Dokumentationszentrum, leer. Dies ist ein
weiterer Schwachpunkt, da die Jugendherberge somit isoliert ist und bei schlechtem
Wetter nur wenig Ausweichmöglichkeiten zur Beschäftigung der Gäste bieten kann.
Ein Rahmenprogramm bietet zwar Beschäftigung bei schlechtem Wetter, doch
weitere Möglichkeiten, zum Beispiel von der Jugendherberge unabhängige
gastronomische Einrichtungen, liegen in einiger Entfernung. Herr Brosseit zu Gästen,
die nach den Schlechtwetteroptionen fragen: „Wenn ihr weg wollt, müsst ihr erstmal
irgendwo anders hin, ziemlich weit sogar“ 273. Um die Jugendherberge zu erreichen,
müssen Gäste ohne Auto weite Strecken zu Fuß zurücklegen, da sich Bahn- und
Busstation in 500 bis 1000 Meter Entfernung befinden.
Ursache hierfür ist unter anderem, dass Prora seit Jahrzehnten ungenutzt blieb.
Prora ist Ortsteil von Binz, aber jahrelang hat sich niemand mit dem Gebäude
beschäftigt, sodass es für die Verantwortlichen, wie zum Beispiel den Binzer
Kurdirektor, in weiter Entfernung liegt. Die Jugendherberge ist nun das erste Projekt,
das realisiert wurde und durch die steigende Besucherzahl wird nun auch die Binzer
Regierung langsam aufmerksam.
272
273
Vgl. Brosseit (2011), Interview.
Brosseit (2011), Interview.
59
5.4.2 Chancen
Die Jugendherberge gehört zum deutschen Jugendherbergswerk DJH. Die
Zugehörigkeit zum größten Anbieter im Bereich Jugendunterkünfte, mit etwa 450
Jugendherbergen in ganz Deutschland 274, ist von Vorteil. Die „Marke“ DJH ist bereits
weitgehend bekannt und erfolgreich, wovon die Jugendherberge Prora profitiert und
was ein allgemeines Erfolgsrisiko minimiert. So erleichtert das Prinzip der
Mitgliedschaft die Akquirierung von Gästen. Durch den Bekanntheitsgrad und das
Mitgliedschaftsprinzip weiß der Kunde, was ihn erwartet. Des Weiteren führt das
Jugendherbergswerk auch Jugendbergen bei den ehemaligen Konzentrationslagern
Sachsenhausen, Ravensbrück und bei Buchenwald. Somit hat der Verband bereits
Erfahrung
mit
Einrichtungen
an
geschichtsträchtigen
Orten,
auf
die
die
Jugendherberge Prora zurückgreifen kann.
Das das Projekt auch von politischer Seite unterstützt wird, ist eine weitere Stärke.
Es wurde durch Landes-, Bundes- und EU-Mittel finanziert und wird vom
Sozialministerium gefördert. Daher wird der Staat den Erfolg des Projektes
unterstützen und gegebenenfalls vorantreiben. Die Betreiber sind sozusagen nicht
auf sich allein gestellt. Die politische Unterstützung zeigt sich auch dadurch, dass der
Event Prora ’03 durch die Landesregierung gefördert wurde und die Nutzung als
Jugendherberge somit auch vom Land gewollt wird. Die Integration der Jugendlichen
und deren Idee zur Eröffnung einer Jugendherberge fanden also auch von politischer
Seite aus Zustimmung.
Auch die weitere Nutzung der Ordensburg Vogelsang ist durch Gelder (rund 40
Millionen Euro) von EU, Bund, Land und Region finanziert worden, 275 ebenfalls wie
die Errichtung des Forums Vogelsang in der ehemaligen NS-Ordensburg. Die
politische Unterstützung einer touristischen Nutzung der Ordensburg wird zusätzlich
dadurch deutlich, dass die geplante Eröffnung eines Krimi-Hotels lediglich aufgrund
des Mottos abgelehnt wurde. Ein Hotel im Allgemeinen sei laut Wirtschafts- und
274
275
Vgl. DJH Jugendherberge.de (o.J. d).
Vgl. Vogelsang IP (o.J. a).
60
Landesumweltminister nicht unerwünscht. 276 Ob eine touristische Nutzung eines
vorbelasteten Ortes auf Zustimmung stößt, hängt also auch von dem Konzept ab.
Die Lage der Jugendherberge wurde bereits schon als Schwäche gewertet. Jedoch
lassen sich hier auch Stärken identifizieren. So ist es von Vorteil, dass die Insel
Rügen touristisch erschlossen ist und ein beliebtes Urlaubsziel darstellt und die
Jugendherberge von den Touristen, die die Insel besuchen wollen, profitiert. In der
Umgebung gibt es Sehenswürdigkeiten, die besonders den Sommerurlaubern
Beschäftigung und Abwechslung bieten. Die unmittelbare Nähe zum Strand ist ideal
für Badeurlauber und stellt eine weitere Stärke dar.
Wie im vorherigen Kapitel bereits beschrieben wurde, liegt eine große Schwäche
darin, dass Prora jahrelang vernachlässigt wurde. Nun, mit Eröffnung der
Jugendherberge und des Zeltplatzes, kehrt wieder Leben in den Bau ein. Über die
Sommersaison sind bereits alle 400 Betten der Jugendherberge ausgebucht.
Gleichzeitig mit der so ansteigenden Touristenzahl in Prora steigt auch die
Aufmerksamkeit seitens der Binzer Regierung. So wurde bereits die infrastrukturelle
Anbindung verbessert. Seit dem 16. August hält der Prora Express, eine
„Bimmelbahn“ die bis nach Binz fährt, direkt vor der Jugendherberge. Auch die
Buslinie soll innerhalb der nächsten Woche bis zum Nordende des Komplexes
ausgeweitet werden. Durch das zunehmende Interesse an Prora und der
Jugendherberge, können weitere Standortverbesserungen, wie infrastruktureller
Ausbau, erwartet werden.
Dass es sich bei der Jugendherberge um das erste realisierte Projekt in Prora
handelt ist Schwäche und Stärke zugleich. Sie liegt dadurch sehr isoliert, jedoch fehlt
so auch direkte Konkurrenz in der Nachbarschaft in Form von weiteren
Beherbergungsstätten.
Im Gegensatz zur Nutzung bei anderen Hinterlassenschaften, wie zum Beispiel dem
Hotel auf dem Obersalzberg, wird die Vergangenheit Proras nicht verdrängt, sondern
bewusst innerhalb des Herbergskonzeptes genutzt. Der Gebäudekomplex, der an
sich Fragen aufwirft, stellt eine Art Sehenswürdigkeit dar und somit eine Chance,
276
Vgl. Ksta.de Kölner Stadt-Anzeiger (2011).
61
Gäste anzuziehen. Das Dokumentationszentrum wirkt unterstützend für die Nutzung
der Geschichte als „Attraktion“ und durch die Zusammenarbeit ergibt sich die Chance
für eine Freizeitbeschäftigung für Gäste der Jugendherberge. Auch bei anderen
Hinterlassenschaften
findet
man
ein
Dokumentationszentrum
(Obersalzberg,
Vogelsang, Kongresshalle Nürnberg), die Kombination scheint sich also schon in der
Vergangenheit bewährt zu haben. Diese Chance ist auch für die Ordensburg
Vogelsang und den Obersalzberg vorhanden. An beiden Orten befindet sich ein
Dokumentationszentrum, auf dem Obersalzberg noch zusätzlich das Kehlsteinhaus
als Attraktion. Um diese Chance in eine Stärke umzuwandeln, muss diese auch
genutzt werden, was das Intercontinental Berchtesgaden Resort versäumt hat. Durch
die Zusammenarbeit mit dem Dokumentationszentrum und dem Kehlsteinhaus hätte
den Gästen ein umfassendes Rahmenprogramm geboten werden können, und das
Hotel hätte von den Gästen beider Einrichtungen profitieren können. Für die
Eröffnung der Jugendherberge in der Ordensburg Vogelsang steht diese Chance
noch offen, eine Zusammenarbeit mit dem Forum Vogelsang ist empfehlenswert.
Wie bereits erwähnt, wurde eine touristische Nutzung des Gebäudes häufig gerade
aufgrund der Historie kritisiert. Diese ist jedoch, wie die Interviews mit Gästen in
Prora und Herrn Brosseit zeigten, häufig nicht präsent oder nur im geringen Maße.
Laut Brosseit fehlt besonders bei Familien mit Kindern, die 40% des Gästeklientels
ausmachen, die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit des Gebäudes. Auch
die Jugendlichen fragen zwar nach der Entstehung des Gebäudes oder besuchen
das Dokumentationszentrum, aber abgesehen davon spielt die Historie auch für sie
eine untergeordnete Rolle, was die Interview und Aussagen Brosseits bestätigen.
Auch die Bewohner Rügens sehen in dem ehemaligen Seebad nicht mehr die dunkle
Vorgeschichte. „Die Mauern wurden hier längst freigesprochen von der bösen Idee,
die in ihnen steckte.“277 Die Zeit des Nationalsozialismus rückt immer weiter in die
Vergangenheit, Zeitzeugen werden seltener und die Geschichte wird, besonders für
Jugendliche, zunehmend weniger greifbar. Das moralische Dilemma, das sich für
einige durch den Konflikt aus dunkler Geschichte und touristischer Nutzung ergibt,
stellt somit kein Risiko dar, da viele Menschen dieses Dilemma nicht empfinden und
die Jugendherberge trotz alledem Nachfrage erzielt.
277
Spiegel Online (1996).
62
Im Zusammenhang mit der Vorgeschichte Proras kamen auch Anschuldigungen auf,
durch die Eröffnung der Jugendherberge werde diese übertüncht. Der Leiter der
Jugendherberge argumentiert dagegen, dass die Strukturen im Inneren des
sanierten Gebäudesteiles so weit wie möglich beibehalten wurden. Die Decke sei
immer noch die Gleiche, nur anders gestrichen worden, zwei alte Rundbögen seien
außerdem beibehalten geblieben. Des Weiteren sei er auch gerne bereit, wie bereits
im Konzept der Jugendherberge beschrieben, mit Zeitzeugen zusammenzuarbeiten
um so die Geschichte gemeinsam mit den Jugendlichen aufzuarbeiten und nicht in
Vergessenheit geraten zulassen.
Ein Vorteil für eine touristische Nutzung des Seebad Prora ergibt sich daraus, dass
es sich bei diesem Relikt weder um Täter- noch Opferort handelt. In dem Gebäude
sind weder Verbrechen begangen noch geplant worden, tatsächlich ist es sogar
niemals zu den nationalsozialistischen Zwecken genutzt worden. Im Vergleich zu
anderen Hinterlassenschaften, wie zum Beispiel dem Obersalzberg und der
Ordensburg Vogelsang, die auch weiterhin zivil genutzt werden, ist die Verknüpfung
von Prora mit der Zeit des Nationalsozialismus um einiges geringer. Zu den
Verbrechen
des
Hitler-Regimes
besteht
genau
genommen
kein
direkter
Zusammenhang, wodurch eine touristische Nutzung gerechtfertigt werden kann.
Die Gefahr, dass das ehemalige Seebad zu einer Pilgerstätte von Neonazis wird, ist
gering. Mit Rechtsradikalen habe die Jugendherberge bzw. der ganze Prorakomplex
laut Brosseit keine Probleme. An dem 4,5 km langen Gebäude findet sich keine
einzige
politisch
rechtsgerichtete
Schmiererei
oder
ähnliches.
Ziel
der
Jugendherberge ist es außerdem, „den alten Muff“278 und die Assoziation zum „NaziBau“ aus dem Gebäude zu bekommen. 279 Auch mit dem Gästeklientel seien bisher
keine Schwierigkeiten aufgetreten. So wird zum Beispiel auch ehemaligen
Fallschirmjägern, die in der Jugendherberge Treffen veranstalten wollen, eine
Absage erteilt. 280 Das Personal ist außerdem hinsichtlich des Umgangs mit Neonazis
geschult worden. „Den Nazikids höre ich erst mal zu, dann erkläre ich ihnen
278
Brosseit (2011), Interview.
Vgl. Brosseit (2011), Interview.
280
Vgl. Brosseit (2011), Interview.
279
63
respektvoll, aber bestimmt, dass eine Jugendherberge nicht ihr Platz ist, weil sie bunt
ist.“ 281
Die Mehrheit der Befragten befürwortet die Eröffnung der Jugendherbergen und hält
eine weitere Nutzung, auch touristisch, für wünschenswert. Die Aussagen zeigen
auch, dass der Wunsch besteht, die Geschichte dabei nicht zu übertünchen.
„Prinzipiell ist es ein idealer Ferienkomplex. … Es ist schade drum, das
Gebäude verfallen zu lassen, trotz der Historie. … Das Gebäude ist ein
Gebäude.“ 282
„So wie es jetzt gerade ist finde ich es eigentlich ganz gut; dass es zum Teil
genutzt wird und zum Teil im ursprünglichen Zustand hinterlassen wird. Das
man sieht was war, und was vielleicht noch neu daraus entstehen kann.“283
„…das sollte schon noch ein bisschen weiter ausgebaut werden…. Es ist
eigentlich schade, dass das Gebäude hier leer steht. Man sollte definitiv ein
Museum reinbauen, … dass man sieht, wie es mal geplant war.“ 284
Die vorhanden Akzeptanz einer touristischen Nutzung und der Wunsch nach
weiteren Nutzungskonzepten wirken sich positiv auf die Nachfrage selbiger aus. Das
zuvor geschilderte Risiko durch die Gegner einer Nachnutzung wird somit minimiert.
6 Zukunftsaussichten und Handlungsempfehlungen
Chancen für Touristische Nutzung von Hinterlassenschaften sind vorhanden, aber
man muss das richtige Konzept wählen. Die Eröffnung der Jugendherberge Prora ist
noch relativ jung, jedoch schon für die Sommersaison des ersten Betriebsjahres
ausgebucht. Dies zeigt, dass die Eröffnung erfolgreich zu sein scheint. Doch bei
anderen, wie zum Beispiel dem Intercontinental Hotel auf dem Obersalzberg in
Berchtesgaden, blieb der Erfolg aus. Ursachen hierfür liegen zum einen in dem
Umgang mit der Geschichte. Für den Erfolg einer touristischen Nutzung darf die
Vergangenheit des Gebäudes nicht verdrängt werden, sondern der Nutzer muss sich
ihrer bewusst sein und in des Konzeptes mit einbringen. So können die Kritiken von
281
Brosseit zitiert nach Finger (2011).
Interviewpartner C (2011), Interview.
283
Interviewpartner B (2011), Interview.
284
Interviewpartner D (2011), Interview.
282
64
Gegnern, die eine Übertünchung der Geschichte vorwerfen, entkräftet werden.
Hierzu bietet sich eine Zusammenarbeit mit ansässigen Dokumentationszentren oder
Dauerausstellungen, die sich mit der Historie auseinandersetzen, an.
Im Umkehrschluss wird durch einen touristischen Nutzen die Geschichte
zugänglicher und greifbarer gemacht, gerade für Jugendliche, für die diese Zeit
schon lange in der Vergangenheit liegt. Wenn es in Prora keine Jugendherberge und
Zeltplatz gäbe, würden vermutlich viel weniger Jugendliche, insbesondere aus
Eigeninitiative heraus, dort hinfahren und somit nichts über das Gebäude erfahren.
Ein Ausflug nach Prora wird durch das Angebot an Übernachtungsmöglichkeiten
attraktiver gemacht.
Doch wie bereits in der Betrachtung der Schwächen und Risiken deutlich wurde, fehlt
es an Optionen für die Nebensaison, in der Schlechtwettertage häufiger auftreten.
Für die Herbst- und Wintersaison liegen bisher auch weniger Buchungen vor. Durch
das zunehmende Interesse der Landesregierung Rügen kann an dieser Schwäche
gearbeitet werden. Aus diesem Grund ist es empfehlenswert, die Aufmerksamkeit
der Politik weiter auf Prora und die Jugendherberge zu lenken und durch
Zusammenarbeit und Kommunikation eine Verbesserung der infrastrukturellen
Situation zu bewirken.
Bei einer touristischen Nutzung von Hinterlassenschaften im Allgemeinen ist auf das
Konzept zu achten. Sie ist die Eröffnung eines Krimi-Hotels in der ehemaligen NSOrdensburg
Vogelsang
thematisch
unangebracht,
die
Eröffnung
einer
Jugendherberge oder eines Hotels mit Schwerpunkt „Natur“ wird von der
Landesregierung akzeptiert und befürwortet.
Hinsichtlich der Nutzung ist auch auf den Ursprung des Gebäudes zu beachten.
Handelt es sich um einen sogenannten Opferort, wie zum Beispiel ehemalige
Konzentrationslager, so ist eine touristische Nutzung unangebracht. Hier bietet sich
eine
Weiteentwicklung
als
Gedenkstätte
oder
Mahnmal
an.
Der
direkte
Zusammenhang zur Historie, das heißt wofür genau das Gebäude ursprünglich
genutzt wurde, spielt auch eine Rolle. So ist es ein Unterschied, ob in einem
Gebäude die Vernichtung der Juden beschlossen wurde (Haus der WannseeKonferenz) oder ob der Bau als Urlaubsort dienen sollte und es außerdem nicht zu
65
einer Nutzung durch die Nationalsozialisten kam. Ersterer ist, im Gegensatz zu
Prora, als Ort für eine Jugendherberge kaum vorstellbar.
„Brosseits Strategie ist, uralte Probleme durch Humor, Mut und ein bisschen
Frechheit zu lösen.“285 Aus den genannten Gründen heraus hält die Autorin eine
touristische Nutzung des ehemaligen KdF-Seebad Prora für empfehlenswert und
schätzt die Chancen für die Jugendherberge positiv ein.
285
Finger (2011).
66
Anlage 1 - Interview mit Dennis Brosseit
Persönliches Interview
Interviewpartner: Dennis Brosseit
Leiter der DJH Jugendherberge Prora
Mukraner Straße, Gebäude 15, 18609 Binz
18.08.2011
Wie ich von der Pressesprecherin des DJH (Frau Röder) erfahren habe, ist die
Idee zu dieser Jugendherberge aufgrund eines Events entstanden?!
Es gab ja schon einmal eine Jugendherberge hier, und als die dann zu gemacht hat,
weil die ganzen Investoren hier Block I und II gekauft haben, ist die Jugendherberge
dann geschlossen worden. Und aus diesem Prora’03 Event – mittlerweile sind wir ja
schon bei Prora’10 – ist dann die Idee entstanden - weil man gesehen hat, dass hier
so viele Jugendliche herkommen.
Ergaben sich durch die Geschichte des Gebäudes Herausforderungen oder
Probleme bei der Eröffnung der Jugendherberge, die diese erschwert haben?
Erschwert hat es persönlich nichts. Vom Bau her natürlich schon - das Gebäude
steht unter Denkmalschutz. Dadurch unterlagen wir in der Bauphase und bei der
Verwirklichung ganz strikten Auflagen, was die Fenster angeht und die Gestaltung
der Fassade. Das hat das Ganze enorm in die Höhe getrieben, da wir die ganzen
Auflagen hatten von der Denkmalschutzbehörde. Das hat uns auch bei farblichen
Abstimmungen in gewisser Weise in Schranken gewiesen, wir hätten das Gebäude
zum Beispiel nicht pink streichen können. Wir mussten dann dieses dezente graugrün wählen – was auch immer es ist. Ich sage immer, es ist mein Chamäleon, weil
es sich immer dem Himmel anpasst. Das Schöne ist, wenn die Sonne scheint, wirkt
es viel heller als bei schlechtem Wetter, fast weiß.
67
Auch die Fenster sind so alle vom Denkmalschutz vorgegeben worden. Die Fenster
sind in diesen drei Unterteilungen, so wie es damals vorgesehen war. Die DDR hat
das Gebäude ganz anders genutzt, da sind ganz andere Fenster drin gewesen. Es
wurde dann anhand alter Fotos rekonstruiert. Dementsprechend sind die auch alle
handangefertigt worden. Das ist eine ziemlich teure Sache.
Ansonsten, was die Historie angeht und das Gästeklientel, haben wir so keine
Schwierigkeiten. Wir sind uns dem bewusst natürlich, über die Geschichte, über die
Idee. Man trifft ja überall auf dieses „KdF-Bad“ oder „ehemaliger Nazi-Bau“ – das
konnte man ja auch überall nachlesen in der Presse. Das ist eigentlich das, was nicht
gestört hat, wo wir aber die größte Herausforderung sehen. Es war als KdF-Bad
gedacht, es wurde ja nie als solches genutzt. Aber egal welche Presse hier hinkam,
„Nazi-Bau“ zieht immer das Wort. Und wir möchten dem Ort hier eine ganz andere
Note geben. Wir haben gesagt, der Slogan ist „aus grau mach bunt“, aus aktuellem
Anlass haben wir dann damals gesagt „aus braun mach bunt“. Und das wollen wir
auch machen.
Die Jugendherberge selber hebt sich ja auch farblich ab von dem Rest und die
Galerie 286 an dem restlichen Block knüpft daran an. Da hat man seit drei vier Jahren
versucht, das ans Gemäuer anzubringen, das hat nie funktioniert. Ich hab das jetzt
als Sicherheitskonzept mit aufgenommen, weil ich als Pächter eben auch
verantwortlich bin für den Rest des Blockes. Und dann habe ich damit argumentiert,
dass es das Einsteigen erschwert – wenn da jetzt jemand hineinklettern möchte,
dann kann er das nicht. Somit war es dann ein Sicherheitskonzept und keine Kunst
mehr und wurde dadurch genehmigt. Klar ist das eine Herausforderung. Einfach
diesen alten Muff hier rauskriegen, „Nazi-Bau“ usw.
Die Leute, die hier leben, die haben eine ganz andere Vergangenheit, das ist für die
mehr die NVA-Zeit – Fallschirmjäger, Spatensoldaten usw. Das ist sehr geprägt hier,
das kommt wirklich drauf an. Ich komme zum Beispiel aus Düsseldorf, und als ich
denen dort erzählt habe, dass ich jetzt was mit Prora mache, wusste keiner was
Prora ist. Den konnte ich nur mit KdF-Bad kommen, das war für die wirklich nur diese
Epoche. Andere Freunde die ich habe, aus Greifswald und Berlin, die ihre Jugend
286
An dem restlichen Block V sind mehrere Bilder in Plakatform an die Fassade angebracht worden
68
eben im anderen Teil Deutschlands verbracht haben, denen brauchte ich nur sagen
„Ich mach Prora“ und die meinten „Was, das ist ja unglaublich!“ Die wussten komplett
was damit anzufangen. Damit habe ich zum ersten Mal auch festgestellt, wie
unterschiedlich
die
Auffassungen
sind
und
die
Historien
von
diesem
Gebäudekomplex. Das ist ein und der gleiche Gebäudekomplex - und eine Art von
Menschen befasst sich wirklich nur mit der NVA-Vergangenheit und für die Anderen
ist es eben das KdF-Bad und der Rest ist für die ein unbeschriebenes Blatt. Weil sie
das Wissen darüber eben auch nicht hatten. Das kommt ja jetzt erst über die letzten
20 Jahre hoch, wenn man sich ein bisschen damit beschäftigt. Meine Eltern konnten
mit Prora auch nichts anfangen.
Und eben sich damit auseinandersetzen, auch persönlich, viel lernen über das
Gebäude und auch die Geschichte. Also ich finde das hoch interessant und mir
macht das auch sehr viel Spaß und Freude. Ich bin da auch ein sehr offener Mensch,
zu mir kann da auch jeder kommen. Wir als Jugendherberge selber haben die
Philosophie „Gemeinschaft erleben“, und das möchte ich auch hier. Aber ich möchte
nicht, dass das jetzt hier zu einer Begegnungsstätte wird für irgendwelche politischen
Gesinnungen – ob links, rechts, oben oder unten, das ist mir egal. Fallschirmjäger,
die hier Anfragen, dass sie in der „Kaserne“ übernachten wollen, kriegen genauso
eine Absage wie Spatensoldaten. Wir können hier Diskussionsforen einrichten, wo
sich alle Parteien treffen - das ja - aber ich möchte nicht Ort werden für politische
Gesinnungen oder sonst irgendwas.
Ich möchte einfach mit diesem Gebäude, was automatisch Fragen aufwirft – „Wer
baut so was Großes, wer macht so was unglaubliches?“ – damit möchte ich arbeiten
und kann dann eben auf die Historie dieses Gebäudes hinweisen. Ich versuche mit
der Neugier der Leute zu arbeiten, und nicht mit Knüppel drauf und denen einfach zu
sagen „Hier ist alles schlecht gewesen“. Weil das kann man so nicht sagen, es
kommt darauf an mit welchen Leuten du hier sprichst. Entweder gehst du mit
gesenktem Kopf hier durch, wenn du mit einem Spatensoldaten zum Beispiel
sprichst, der dir nur über schlechte Sachen berichtet. Geh mal mit einem Oberoffizier
XY hier durch, der dir dann erzählt wie schön das hier alles war, direkt an der
Ostsee. Wo du dann auf einmal einen ganz anderen Blick kriegst. Und ich glaube
man muss das auch einfach akzeptieren, dass dieses Gebäude auch ganz viele
69
persönliche Vergangenheiten beherbergt. Das gehört einfach dazu. Es steht mir
auch nicht zu, das zu verurteilen, aber ich kann einfach sagen: „Jetzt ist das hier ein
offener Ort, ich möchte nicht das hier das und das passiert“ – das kann ich mir schon
erlauben und weise eben auch darauf hin. Wie bei den Fallschirmjägern zum
Beispiel, dass ich das eben nicht als geeigneten Ort ansehe, um ein Jahrestreffen zu
machen. Das hätte man schon vorher machen können. Ich meine, das Gebäude ist
4,5km lang, da hätten sie sich auch ein anderes Stückchen aussuchen können. Das
muss man nicht jetzt machen, weil gerade alles neu und schön wird.
Aber die Geschichte soll schon an die Jugendlichen vermittelt werden?
Ja klar.
Aber richtig damit geworben wird ja nicht, oder? Man liest meist nur „längste
Jugendherberge der Welt“…
Also was heißt geworben. Wir leben ja auch in einer Zeit, wo jeder alles weiß. Man
braucht nur zu „googlen“ und dann ist man drin. „Prora längste Jugendherberge der
Welt“ – wird jeder reingucken ins Internet und automatisch kommt er auf die Seiten
über die Vergangenheit.
Wir haben mit dem Prora-Zentrum einen absolut kompetenten Partner, die sind direkt
nebenan.
Wir
haben
Broschüren,
aber
wir
sind
in
erster
Linie
ein
Beherbergungsunternehmen, das darf man auch nicht vergessen. Ich werde daran
gemessen und nicht daran, was ich den Leuten beibringe. Wir sind uns aber absolut
bewusst über diesen Ort. Wir haben auch nicht umsonst das Profil „International“
gewählt, weil das absolut konträr ist zu der Grundidee, die hier vorherrschte und
warum das Gebäude entstanden ist. Und aus diesem Ort, der einfach nur einheitlich
farbig sein sollte, jetzt einen bunten Ort zu machen, mit internationalen Gästen. Die
Idee ist, dass wir dahinter in dem Teil des Blockes der noch ungenutzt ist, ein „World
House“ eröffnen, in dem wir die Welt darstellen wollen. In jedem einzelnen Raum soll
ein Land sich selbst vorstellen können – das ist eine super Idee, das ist ein
wunderschönes Projekt, was eben diesem Grundgedanken, der Grundidee,
vollkommen den Nährboden entzieht. Und eben alle, die jetzt irgendwie in dieses
Horn tuten wollen „endlich wird es genutzt, so wie der Gedanke mal war“ - das ist
70
absoluter Quatsch. Weil wir sind ein bunter Haufen, die Gäste sind bunt. Wie gesagt,
die Fragen kommen automatisch.
In unserem Anfangsflyer stand noch drin, dass es sich um das ehemalige KdFSeebad handelt. Da dies ein sehr politisches Gebäude ist, kam dann auch direkt
„Das ist doch gar nicht KdF, sondern eine NVA-Kaserne.“ Da haben wir dann gesagt,
dann ist es eben die längste Jugendherberge der Welt. Man muss in diesem
politischen Haifischbecken eben auch gucken, dass man so wenig Eckpunkte wie
möglich bietet. Da sind wir ein sehr großes Stück Seife geworden, was man sehr
schlecht packen kann – in der Argumentation – das ist aber auch gut. Denn Seife
macht sauber und riecht auch zum Glück ganz ordentlich und gut - und dann muss
ich mir nicht anmaßen lassen, dass wir in die braune Richtung fließen.
Hast du selber das Gefühl, das viele der Jugendlichen an der Geschichte
interessiert sind und auch das Dokumentationszentrum besuchen, oder
interessieren die sich mehr für Strand und Party?
Die Schulen ja. Wir werben auch mit einem spezialen Katalog bei den Schulen. Was
die Jugendherberge angeht, da haben wir ein explizit ein Programm „Denk mal
Prora“ – weil es eben ein denkmalgeschütztes Gebäude ist – und da gehen wir mit
diesem Programm ganz speziell auf die Historie ein.
Ansonsten, wenn du jetzt hier auf dem Zeltplatz oder in der Jugendherberge
nachfragst jetzt im Sommer, wollen die Leute an den Strand. Es ist „Eins-aOstseelage“, keine Straße dazwischen, 50 Meter zum Strand – es ist super. Die
Leute wollen Strandurlaub machen – im Sommer. Die interessiert das nicht, die
fragen nebenbei „Was war denn das?“. Das hat sich jetzt so ergeben, das konnte
man ja auch nachlesen in der Presse. Da war ein Jugendlicher dabei, das fand ich
ein ziemlich cooles Statement, der hat gesagt: „Was interessiert mich das, ich will
jetzt an den Strand’. Das passt auch schon ein bisschen zu der Einstellung – das
wollen wir auch nicht von der Hand weisen. Wie gesagt, hier nur einen
nachdenklichen Ort draus zu machen ist auch gar nicht das Primärziel. Sondern wir
wollen ja beides. Wir wollen schon ein Hot Spot werden, aber eben auch mit dem
Wissen, was wir hier für eine Verantwortung haben aufgrund der Historie des
Gebäudes.
71
Ist dir der Begriff „Dark Tourism“ bekannt?
Ja.
Denkst du das Prora dem Dark Tourism zugeordnet werden kann, dass es dazu
gehört?
Gar nicht, überhaupt nicht. Das war die große Sorge natürlich auch, zum Beispiel zur
Eröffnung. Weil dann wirklich die Presse so enorm war. Ich hab dann auch etwa naja nicht provoziert, aber ich steh eben zu meiner Meinung und möchte das auch
tun. Ich hatte den NDR gebeten eine Reportage abzubrechen, weil sich mich nach
dem zehnten mal Fragen „Nazi-Bau“ - die haben hier die Bauabnahme mitgefilmt - da
hab ich gesagt „Leute, wir wissen es, wir sind nicht dumm. Wir wollen jetzt aber auch
nicht so ein reißerisches Thema werden. Ihr kennt unsere Meinung, ihr kennt mein
Statement. Ich sag es noch mal, auch in eure Kamera, wir machen aus braun bunt“.
Da hab ich ziemlich tough auch Stellung zu bezogen. Da hab ich dann auch gedacht,
mit der Eröffnung kommt dann vielleicht auch die ein oder andere böse E-Mail oder
sonst irgendwas aus der Richtung – aber gar nichts, überhaupt nichts. Dann eher
von den Fallschirmjägern, die nerven…
Die nerven inwiefern?
Die rufen hier an. Wir sind jetzt im Moment mit einem Anwalt zugange. Die wollen
hier so etwas wie eine Jahrestagung oder ähnliches abhalten.
Aber sie sind nicht gegen die Eröffnung der Jugendherberge?
Nein. Die rufen halt an. Die haben hier alt gedient und wollen hier einen Gedenkstein
legen. Und da haben wir gesagt „Nein auf keine Fall“. Das können und wollen wir
nicht, das Gebäude ist politisch auch so schon vorbelastet und das können wir nicht.
Wir als DJH wollen nicht dienlich sein für solche Interessen. Dann kommen die halt
an und sagen „Wir wollen hier in der Kaserne übernachten“. Dann sag ich „Na hören
Sie mal, wer sind die denn?“. Das sind so Ewiggestrige, die schwören noch immer
auf die alte Verfassung der DDR, auf den Tod sogar.
Wir haben denen eine Absage erteilt und dann haben die sich hier privat irgendwie
reingeschlichen. Auf einmal haben wir dann mitgekriegt, dass sie – und das heißt
72
wirklich
so
–
einen
Einberufungsbefehl
an
die
Mitglieder
des
Fallschirmjägerbataillons verteilen. Daraufhin haben wir sie dann noch einmal
angeschrieben und mitgeteilt, dass sie hier nicht reinkommen. Wenn sie in Flip Flops
und Badehose vor mir stehen, dann ja, aber kein T-Shirt, kein gar nix, wo irgendwas
draufsteht. Das ist mir dann auch egal ob es links oder rechts ist, das kann und
möchte ich nicht. Da sind wir auch rigoros und die Einstellung haben wir auch
kundgetan über die Presse. Wir haben auch gesagt, dass die DDR ein Unrechtsstaat
ist, auf einer riesigen Pressekonferenz auf der ITB. Wir haben da ziemlich viel
gemacht.
Wurdet ihr auch für die Eröffnung der Jugendherberge direkt, für diesen
Nutzen, kritisiert? Hat sich jemand dagegen geäußert?
So etwas gibt es immer. Wenn du was Großes machst, was groß in der Öffentlichkeit
steht, gibt es immer welche die kritisieren. Ein paar Bausoldaten haben gesagt, wir
würden etwas übertünchen, indem wir jetzt hier einfach nur einen Trockenbau
rüberzimmern. Ich bin mit einem dieser Kritiker hier durchgegangen, sehr offen. Ich
habe ihn auch zu einem Gespräch eingeladen. Er war sehr angetan davon und war
erstmal froh, dass er überhaupt hier hinkommen darf. Ich war dann auch mit ihm auf
seinem alten Zimmer. Und das sind dann eben auch so Sachen wo ich sage, wir
wollen ja auch mit dem Gebäude arbeiten und wir wollen auch mit diesen Menschen
zusammenarbeiten. Was gibt es schöneres für Schüler als einen originalen
Zeitzeugen, der etwas zu berichten hat? Aber ich muss eben auch darauf achten,
dass das eben nicht nur in eine Richtung geht. Also wenn ich mir jemanden für so ein
Seminar aussuche, dann hätte ich auch gern jemanden, der versöhnlich mit seiner
Vergangenheit umgeht. Dieser Herr konnte das nicht, und der ist es dann auch nicht
geworden. Sondern es war dann einer, der hier stand und sagte „Ich hab hier ein
scheiß Zeit gehabt, die gehört aber mit zu meiner Vergangenheit. Und das, was jetzt
hier passiert, finde ich gut. Ich finde auch gut, dass jetzt Jugendliche hier hinkommen
und sich damit auseinandersetzen können wenn sie möchten. Ich erzähle gerne
davon, damit so was nicht noch einmal passiert.“
Da hab ich überhaupt nichts gegen einzuwenden. Aber wenn hier einer ist, nur „anti
anti“ und sagt „Ich bin gegen das Vergessen, wenn ihr hier jetzt noch irgendwas
übertüncht...“ Das machen wir ja nicht. Wir haben innen drin die alten Strukturen
73
belassen. Die Decke ist immer noch die alte Decke die sie damals war, nur eben jetzt
in weiß. Man sieht überall die Schalenbretter noch. Wir haben zwei alte Rundbögen
noch in zwei Zimmern drin, die damals von den Baudsoldaten gebaut worden sind.
Das ist noch gegenwärtig. Wir haben eine kleine Galerie, die ist geplant. Also von
daher….
Sind die Zimmer, so wie sie heute in der Jugendherberge sind, genauso groß
wie damals geplant?
Ganz, ganz früher hieß es ja ein Fenster ein Zimmer, etwa 12,5 m2. Das DDRRegime hat damals die Wände rausgerissen und hat dann daraus zwei Fenster pro
Zimmer gemacht. Sie sind jetzt knapp 25m2 groß, das ist OK. Das tolle ist, sie sind
alle Richtung Meer ausgerichtet. Der Architekt, Klotz, hatte sich das damals
ausgedacht - und das kann man nicht verhehlen, das war eine gute Idee. Das war
sehr fortschrittlich. Die Idee, die hinter diesem Bau steckte, die kann ich gar nicht
befürworten, diesen Urlaub für zwanzigtausende und für die Nationalsozialisten
überhaupt nicht. Da bin ich auch absolut „Anti“ gegenüber eingestellt.
Wie gesagt, die Architektur ist toll durchdacht gewesen, das muss man einfach
sagen. Die großen Liegehallen für schlecht Wetter und so weiter, das war damals
sehr fortschrittlich und sehr modern.
Das Gebäude ist ja auch ziemlich schnell aufgebaut worden…
Ja, viel zu schnell. Man sagt ja auch immer, es ist gebaut worden für alle Ewigkeit.
Aber das stimmt nicht. Das Ding ist total instabil. Damals konnte man es nicht
sprengen. Die Russen wollten es nicht sprengen, die haben immer nur ihre Übungen
da dran gemacht und dagegen geschossen und da ist es halt stehen geblieben. Es
war eine sehr moderne Art zu bauen damals. Man hat diese Skelettbauweise
angewandt und hat dann dazwischen geklinkert. Es ist ja auch kein Betonbau, so wie
es immer gesagt wird. Es sind überall Klinker dazwischen und das ganze wurde grau
verputzt. Die Deckendicke ist nur 10cm. Das hat uns beim Bau der Jugendherberge
vor Schwierigkeiten gestellt. Eigentlich sollte sie doppelt so lang werden, und als man
angefangen hat die ganzen Substanzen zu testen, hat man sofort entschieden sie
nur zur Hälfte zu realisieren. Denn die Dicke der Decke ist 10cm, das heißt die
Nutzlast pro Quadrat liegt bei gerademal150kg. Das reicht für Wohnraum aus, aber
wenn ich jetzt zum Beispiel eine Galerie daraus machen möchte, brauche ich 500kg
74
pro Quadrat. Ein Beispiel: Der Tresor in meinem Büro wiegt 450kg. Den durfte ich
nicht überall hinstellen. Wir haben dann extra nachgemessen und zusätzlich einen
Stahlträger eingezogen, damit dieser Safe da stehen kann.
Wir haben Gussasphalt gelegt, auf allen Etagen, denn der ist leichter und dämmt für
seine Leichtigkeit ziemlich gut. Aber normaler Essstrich wäre zu schwer gewesen. Da
denkt man dann natürlich, dass hat man damals ziemlich gut mit der
Propagandamaschine angekurbelt. Das war ja auch so eine Art Wettrennen, man hat
ja die Blöcke parallel hochgezogen, wer am schnellsten fertig war. Dementsprechend
ist das alles krumm und schief, das sieht sehr symmetrisch aus aber wenn man jetzt
hier durch das Gebäude durchgeht, kann man es an den Beschilderungen erkennen.
Die sind in den Querkämmen an den original Wänden angebracht und sind total
wellig. Das ist halt nicht ausgeblieben, wenn man schnell was hochzieht.
Auch die Fenster - es sind 820 Fenster - die sehen sehr symmetrisch, aus aber sie
sind unterschiedlich groß. Und dadurch hat man sie mit der Hand anfertigen müssen.
Sehr kompliziert.
Wo siehst du selber Chancen und Risiken der Jugendherberge?
Ich fang mal mit den Schwächen an, ich find das schöner wenn ich dann mit den
Chancen abschließe.
Die Schwächen liegen hier natürlich erstmal in der Bausubstanz. In der
Vorgeschichte natürlich auch, weil dieses Wort „Nazi-Bau“ haftet hier dran, und viele
sagen „Und hier jetzt Urlaub machen…“. Dazu kommt, dass es seit Jahrzehnten
ziemlich stiefmütterlich alles brach liegt. Also kein richtiges Konzept hat gepackt. Wir
sind jetzt das erste Objekt hier, das realisiert wurde. Wir müssen alles selber
machen, wir müssen die Leute komplett selbst versorgen. Küche, Cafeteria - all das,
weil hier gibt’s nichts drum rum. Die Infrastruktur ist gräulich bis gar nicht. Seit
Vorgestern haben wir endlich Anbindung mit dem Prora Express nach Binz, das ist
so ein Bimmelbähnchen. Jetzt irgendwann nächste Woche will die Buslinie auch
endlich dazu kommen. Das hört alles dahinten irgendwo auf, 500 Meter in die andere
Richtung hört das alles auf. Das ist absolut nie beobachtet worden. Wir zahlen auch
keine Kurtaxe hier. Also wir sind ja ein Ortsteil von Binz, aber der Kurdirektor sagt
75
immer „ihr da unten“. Wir sind wirklich ganz weit weg gewesen für die. Jetzt aber, wo
die ganzen Leute da sind - 400 Zimmer, komplett ausgebucht – jetzt weckt das
natürlich Begehrlichkeit.
Nichtsdestotrotz hat das natürlich anfangs Schwierigkeiten gemacht. Wir mussten
dann auch einfach auf die Frage „Ja was machen wir denn bei euch, wenn
schlechtes Wetter ist?“ zugeben: „Wir unterhalten euch, wir bieten euch dies und
das, aber wenn ihr weg wollt, dann müsst ihr erstmal irgendwo anders hin, ziemlich
weit sogar.“ Da hilft es auch nichts, dass wir direkt am Meer sind.
Ansonsten hilft das, womit wir uns jetzt auseinandersetzen – du jetzt wegen deiner
Arbeit, ich weil mein politisches Interesse schon vorher vorhanden war. Die Historie
dieses Gebäudes, die NS-Vergangenheit usw., hilft uns eigentlich hier bei den
normalen Gästen. Unser Kundenklientel besteht aus 40% Schulen, 40% Familien
und der Rest Individual- und Kleingruppen. Es ist halt bei Familien und Kinder - ich
will nicht sagen kaum noch gegenwärtig - aber die setzten sich damit nicht
auseinander. Die haben ihre wirtschaftlichen Sorgen, die man im Moment überall
liest. Die bringen ihren Alltag mit hierher, und da ist diese Epoche einfach nicht mehr
präsent. Ich finde das auf der einen Seite erschreckend, auf der anderen Seite – als
Beherbergungsunternehmen – sage ich: „OK, passt“. Von daher kriegt man wenig
davon mit. Den Leuten rückt das ins Bewusstsein, wenn die eine Führung machen
mit dem Prora-Zentrum. Ansonsten ist das für die hier so ein großer grauer Klotz, wo
wir an einem Ende von 150 Metern irgendwie was Schönes gemacht haben – was
Schönes und was Gutes. Endlich mal was Gutes, weil für die das hier eine Ruine ist.
Die Leute denken eher an „Was macht man mit so einem Betonklotz? Der ist ja
schon total kaputt“. Entweder die interessiert das nicht oder die wissen das nicht.
Also das sind die typischen Fragen. Da kommt nur ganz wenig in Richtung „Der
Belzebub von damals der hier so lebte“ - das kommt gar nicht. Das kommt von so ein
paar Älteren – das muss man auch einfach so sagen – von denen kommt das.
Ansonsten ist da jetzt in den Sommermonaten wenig gewesen.
Ist das eine Schwäche?
Das ist keine Schwäche. Ich glaube, damit bin ich ganz elegant von der Schwäche in
das Positive gerückt.
76
Die Schwäche ist wirklich einfach, dass der Rest hier brach liegt von diesen 4,5km,
dass die Leute erstmal die 4,5km ablaufen müssen, um zu uns zu kommen.
Aber die anderen Blöcke sind teilweise auch schon verkauft, oder?
Genau, Block I und II sind verkauft, da sind jetzt ein paar Investoren am arbeiten,
dass die das realisieren können. Block III ist auch verkauft, da haben sie aber noch
nicht angefangen. Da ist jetzt noch das alte Dokumentationszentrum drin, das haben
die damals zu Wendezeiten ausgenutzt, dass da noch keiner wusste was aus dem
Gebäude wird. Da gibt es so ein Wort wie „Zwischenlösungsbau“ – es gab zur
Wendezeit immer so Zwischenlösungen, das war so ein Kompromiss zwischen
„solange
wir
noch
nicht
genau
wissen,
was
daraus
wird,
können
wir
Zwischennutzungen machen.“ Das haben die alle gemacht dahinten und drauflos
gezimmert. Wenn man jetzt hier die ganzen modernen Wohnelemente und
Bauvorschriften umsetzen würde, müsste man das alles abreißen, das würde ja gar
nicht gehen. Aber es ging eben mit diesem „Zwischennutzungsbau“.
Block IV wird jetzt verkauft, da sucht man auch einen Investor. Eine Schwachstelle ist
einfach, dass das Ding filetiert wurde, dass es kein Gesamtkonzept gibt. Man hätte
das als ein Gesamtkonzept wundervoll verkaufen und nutzen können. Es gab damals
ein sehr gutes Konzept. Das wurde dann zerredet, auch politisch ziemlich klein
gemacht. Es war eigentlich ein sehr gutes Konzept, es hatte alles beinhaltet: Sport,
Wellness, auch so was wie eine Kurklinik, was ja perfekt wäre. Ich meine, es sind ja
4,5km. Hätten wir jetzt nebenan eine Klinik, wüsste ich, ich hätte im Herbst so viele
Familien am Wochenende, die ihre Großeltern in der Klinik besuchen.
Und warum wurde dieses Konzept nicht realisiert?
Man hatte am Ende Angst vor dieser Investition, das waren einfach Unsummen.
Dann war das auch sehr politisch, man hatte auf einmal in bester Strandlage ein
Terrain von unglaublichen Hektaren. Wir als DJH haben hier allein fast 45 Hektar.
Das stellte eine Konkurrenz dar zu den ganzen Urlaubszentren. Und dann haben
Reiseveranstalter, Politiker und die ganzen Zentren dagegen gewettert, denn es ist ja
in erster Linie Konkurrenz. Da haben dann die ganzen Interessengruppen dran
gezogen und es wurde zerredet und klein gemacht. Damit hat man eine ziemlich
77
große Chance vertan – also das sehe ich jetzt so. Man hätte daraus wirklich einen
gigantischen Freiraum schaffen können. Man hat hier unglaubliche gestalterische
Möglichkeiten.
Ich habe gelesen, dass das Dokumentationszentrum sich nicht mehr hier
befindet. Stimmt das?
Noch sind sie da. Der Block wurde verkauft und die sitzen da eigentlich auf Abruf.
Wenn der Investor kommt und sagt wir fangen jetzt an dann müssen die da raus.
Aber das ist auch schon seit Jahren so.
Die warten halt da und sitzen auf Abruf, aber das ist schon seit vielen Jahren so. Die
Investoren waren jetzt auch bei uns und haben geschaut was wir so machen. Aber
man muss auch sagen, dass das Bauamt Rügen von einem Problembau spricht, weil
es eben nicht so, wie alle immer gesagt haben, für die Ewigkeit gebaut wurde. Das
stellt jeden Investor vor unglaubliche Aufgaben.
Habt ihr Probleme mit Neo-Nazis?
Überhaupt nicht.
Bei anderen Hinterlassenschaften liest man häufig von eingekratzten
Hakenkreuzen oder rechtsgerichteten Schmierereien…
Nein, du kannst hier die ganzen 4,5km ablaufen und wirst nichts finden. Es gibt eine
kleine Szene hier in Sassnitz. Die lassen in Schweden irgendwelche Broschüren
drucken und kommen dann mit der Fähre hier rüber. Das ist aber eine ganz
klitzekleine Szene, die lassen sich hier nicht blicken. Und die sind auch schlau genug
in diesem Fall die Kappe zu halten, weil sie es wahrscheinlich weiterhin nutzen
wollen, mit der Fähre hin und her zu fahren. Aber hier kannst du entlanglaufen bis
nach Binz und wirst nichts finden. Das Einzige, was du findest, sind regimekritische
Äußerungen zur DDR oder so coole Sprüche wie „the only good system is the sound
system“. Das finde ich aber auch schön. Ich glaube, es würde eher ein Mekka für
linksgerichtete werden, die gegen Systeme sind - weil sich das hier eben alles
widerspiegelt, was totalitäre Regime machen wollten, dieser Wahn. Und jetzt zu
sehen, dass dieser Wahn hier bröckelt, ist für einen Linken total cool.
78
Anlage 2 – Interview mit Interviewpartner A
Persönliches Interview
Interviewpartner A: Gast der Jugendherberge
18.08.2011
Wohnen Sie in der Jugendherberge?
Ja.
Wie sind Sie auf die Jugendherberge aufmerksam geworden? Warum haben
sie die Jugendherberge als Unterkunft gewählt?
Ich bin öfters in Jugendherbergen, denn ich bin Mitglied beim DJH. Und ich wollte
einfach mal nach Prora, wegen dem Gebäudekomplex.
Kennen Sie die Geschichte des Gebäudes?
Ja ich kenne die Geschichte, ich bin ja aus der DDR. Hier war ja schon einmal eine
Jugendherberge drin, in den 90ern, da waren wir auch schon einmal hier. Und mein
Partner war hier mal bei der Armee.
Was assoziieren Sie mit Prora und dem Gebäude? Können Sie drei
Schlagworte nennen, die Ihnen als erstes einfallen?
Nazi
Adolf Hitler
Haben Sie das Dokumentationszentrum besucht?
Ja.
Denken Sie bei der Besichtigung des Prora-Gebäudes auch an die Verbrechen
der NS-Zeit?
79
Ja. Obwohl hier niemand umgekommen ist, empfinde ich Unwohlsein.
Anlage 3 – Interview mit Interviewpartner B
Persönliches Interview
junges Paar, Nicht-Gäste der Jugendherberge
18.08.2011
Wohnt ihr in der Jugendherberge?
Nein.
Ist euch die Geschichte über dieses Gebäude bekannt? Was wisst ihr darüber?
Es wurde eigentlich als Freizeitanstalt errichtet für die Bürger des NS-Regimes, „Kraft
durch Freude“. Und dass es während des Krieges auch als Lazarett hätte
umgewandelt werden können, deswegen ist es auch so groß und lang, damit die
Soldaten versorgt werden können.
Was haltet ihr davon, dass hier jetzt eine Jugendherberge eröffnet wurde?
Es hat zwei Seiten. Auf der einen Seite besteht die Möglichkeit, die Geschichte
dadurch zu erhalten. Auch dadurch das man im positiven Sinne etwas positives über
etwas negatives schreibt, ohne das Negative zu vergessen in dem Moment. Dass
man es nutzt, um etwas nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, die Geschichte
des Gebäudes.
Findet ihr es wichtig, Hinterlassenschaften des NS-Regimes weiter zu nutzen?
Oder sollten diese Gebäude eher abgerissen werden?
Also, so wie es jetzt gerade ist finde ich es ganz gut, dass es zum Teil genutzt wird
und zum Teil im ursprünglichen Zustand hinterlassen wird. Das man sieht was war,
und was vielleicht noch neu daraus entstehen kann.
Habt ihr das Dokumentationszentrum besucht?
80
Nein
Wenn ihr vor dem Gebäude steht, denkt ihr an die Verbrechen der NS-Zeit?
Was assoziiert ihr mit dem Gebäude?
Ich persönlich hab da nicht dran gedacht, ich hab an die Zeit gedacht und hab mich
eher gefragt, wie sich die Leute gefühlt haben, die hierher gefahren sind. Oder wie
man sich allgemein in der Zeit gefühlt haben muss. Ich meine, es wurde für die
Bürger errichtet, ob man vielleicht auch stolz empfunden hat oder auch Freude. Die
Verbrechen direkt, dass verbinde ich mit dem Gebäude nicht.
Wie sollte man deiner Meinung nach mit Hinterlassenschaften des NS-Regimes
umgehen? Sollte man sie nutzen, um an die Zeit zu erinnern?
Naja, wenn es einfach nur ungenutzt dasteht ist es auch eine Art Denkmal, aber….
Abgerissen werden sollten sie nicht, es sind Zeitzeugen, die stehen bleiben sollten.
Kennt ihr weitere Hinterlassenschaften des NS-Regimes, die heute genutzt
werden (außer Konzentrationslager)
Nein, da fällt mir nichts ein.
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Anlage 4 – Interview mit Interviewpartner C
Persönliches Interview
Zwei Jugendliche, Gäste des Zeltplatzes
18.08.2011
Warum habt ihr diesen Zeltplatz ausgewählt? Seid ihr mit der Klasse hier?
Beide: Nein. Wir haben eine Radtour gemacht hier hoch. Wir haben uns vorher
informiert, und haben uns für die Jugendherberge hier entschieden, weil es einfach
eine Jugendherberge ist. Und wegen dem Essen, also dem Frühstück, dem Strand
und den Duschen. Es war auch ein günstiges Angebot, hat alles gepasst.
Ist euch die Geschichte des Gebäudes bekannt?
Beide: Ja, na klar. Deswegen auch. Das wussten wir auch vorher. Wir wollten das
gerne mal sehen, sind unter anderem auch deswegen hier. Wir wussten aber erst,
nachdem wir schon gebucht hatten, dass das Gebäude hier renoviert wurde.
Junge: Ich hatte es vor Jahren schon einmal gesehen.
Was wisst ihr über die Geschichte?
Junge: Es ist ein ehemaliges KdF-Gebäude gewesen. Es sollte eine regelrechte
Urlaubsmaschine werden, während der Nazi-Zeit.
Mädchen: 20.000 Urlauber.
Junge: Das wusstest du vorher aber nicht.
Mädchen: Ja das stimmt. Wir haben uns schon informiert.
Also wart ihr auch schon in dem Dokumentationszentrum?
Beide: Ja wir waren im Dokumentationszentrum. Es ist halt nie fertig geworden. Mit
Kriegsanfang haben sie es abgebrochen und nur als Lager usw. genutzt. Es ist dann
82
eigentlich schrittweise verfallen. Nicht mehr genutzt worden. Es sollte auch noch viel
größer werden.
Was habt ihr aus dem Dokumentationszentrum mitgenommen? Welche
Emotionen, wie fühlt man sich nach dem Besuch?
Junge: Ich fand es äußerst interessant. Auch die Ausstellung über die Bausoldaten,
mein Vater selber betraf. Er war auch Bausoldat. Ich wusste nicht allzu viel drüber.
Ich fand es sehr interessant. Ich fand auch die logistische Meisterleistung
unglaublich, dieses Ding zu bauen. Vor allem auch zeitgleich. Auf 4km Länge so ein
riesiges Gebäude zu bauen ohne die heutige Technik.
Mädchen: War nicht ganz durchdacht vor allem, denk ich mal. Das 20.000 Leute hier
oben Urlaub machen sollen.
Junge: Naja doch.
Mädchen: Aber wir haben schon geredet, wir finden das sollte schon noch ein
bisschen weiter ausgebaut werden.
Also seid ihr auch dafür, dass das Gebäude weiterhin genutzt wird?
Mädchen: Es ist eigentlich schade, dass das restliche Gebäude hier leer steht. Man
sollte definitiv ein Museum reinbauen, und sich die Räume auch mal innen angucken
können. Also das man einfach mal durchlaufen kann, und mal gucken, wie das so
geplant war. Das hätte ich mir so ein bisschen gewünscht. Und das es noch mehr
ausgebaut wird.
Junge: Genau, denn prinzipiell ist es ein idealer Ferienkomplex. So nah am Strand.
So wie sie das mit der Jugendherberge gemacht haben finde ich das schon sehr gut.
Es ist schade drum, das Gebäude verfallen zu lassen. Trotz der Historie. Das ist ja
eigentlich egal. Das Gebäude ist ein Gebäude, und es ist ein schöner Ort, eine
schöne Gegend, die touristische das Ganze auch gebrauchen könnte.
Was assoziiert ihr mit dem Gebäude? Denkt ihr auch an die Verbrechen der NSZeit?
83
Junge: Also ich assoziier eigentlich mehr oder minder damit diese Manipulation des
Volkes. Die Verbrechen an sich assoziier ich eher nicht damit, weil es vor dem Krieg
entstanden ist.
Mädchen: Es war ja eigentlich zur Unterhaltung gedacht, und zur Freude. Und auch
zur Bespaßung. Und ich assoziier damit auch nicht die Verbrechen. Wir sind hier im
Urlaub.
Junge: Ich hab immer nur ein Problem mit dieser Manipulation des Volkes gehabt,
mittels der Propaganda und eben auch mittels des Baus. Das ist das Eigentliche,
worüber ich mir bei dem Besuch Gedanken mache. Aber an sich hat das Gebäude
für mich nichts mit dem Holocaust zu tun. Es gibt auch keinerlei Spuren. Gut, es ist
als Gefangenenlager genutzt worden, teilweise während des Krieges, aber auch nur
im
kleinen
Rahmen.
Das
war
jetzt
hier
kein
Konzentrationslager.
Und
dementsprechend ist es kein Zeichen der Nazi-Verbrechen, es ist einfach nur ein
Riesenhotel.
84
Anlage 5 – Interview mit Kathrin Röder
Telefonisches Interview
Interviewpartner: Kathrin Röder
Marketing/Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des DJH-Landesverband
Mecklenburg-Vorpommern e.V.
Charles-Darwin-Ring 4, 18059 Rostock
05.08.2011
o Es gab mehrere Jugendevents: Prora `03, Prora `06 und Prora `10
o Prora `10 fand auf Jugendzeltplatz der DJH statt (Zeltplatz seit 2007
vorhanden)
o Beim Jugendevent fanden Workshops usw. statt und auch Diskussionsrunden
mit Jugendlichen zum Thema zukünftige Nutzung der Prora-Anlage
o Idee der Jugendlichen bzw. sogar Forderung, eine Jugendherberge in Prora
zu eröffnen und den Block damit wieder zu beleben
o War auch von politischer Seite aus gewollt, als Stätte für Austausch und
Bildung
o Förderungsprogramm des Sozialministeriums
o Block mit Jugendherberge gehört dem Landkreis Rügen
o Finanziert durch Landes-, Bundes- und EU-Mittel
o Bauleitung ist Landkreis Rügen
o Bei
damaliger
Jugendherberge
gab
es
nur
jährliche
Vertragsverlängerungschlechte Voraussetzung, deswegen weg
o Alle Blöcke sollen verkauft werden bzw. sind schon verkauft
o Block I und II gehört einem Investor: Herrn Busch (oder so ähnlich), der Hotel
etc. bauen will
o Block III auch schon veräußert
o Block IV stand grad zur Versteigerung
85
o
aber es passiert nichts, Herr Busch der Einzige, der mal kommt und plant,
aber noch nichts in Aktion getreten
o Bildungsstätte (vom Prora-Zentrum aus) hat sich beworbenBildungsstätte
hat gewonnenwird also kommen
o DJH will auch Geschichte des Anlage nutzen, um Jugend zu bilden (durch
Bildungsprogramme für Jugendliche wollen sie sich auch von anderen Hostels
abheben)
o hat aber selber nicht nötige Expertise, deswegen inhaltliche Zusammenarbeit
mit Prora Zentrum (nebenan)bieten Programme an
o Frage: Wie machen sie Gästen bewusst, dass sie sich an historischem Ort
befinden?
o Antwort: Das Bewusstsein, dass man sich an historischem Ort befindet,
kommt von ganz allein, wenn man vor dem Gebäude steht, den Kontrast vom
Weiß der Jugendherberge zum Rest
o Ist auch eine Art Pflicht, über die Geschichte aufzuklären
86
Literaturverzeichnis
Aachener Zeitung (2010), Krimi-Hotel an «Täterort» der Nazis: Geschmacklos?,
http://www.az-web.de/artikel/1445297, Abruf am 14.08.2011
Aachener Zeitung (2011), Bau der Jugendherberge Vogelsang startet erst 2013,
http://www.az-web.de/artikel/1534885, Abruf am 13.08.2011
Baunetz (1997), Pro Prora – Studie zur Entwicklung der Ferienmaschine auf
Rügen vorgestellt,
http://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen_Studie_zur_Entwicklung_der_Feri
enmaschine_auf_Ruegen_vorgestellt_1157.html?backurl=http%3A%2F%2Fwww.
baunetz.de%2Fmeldungen%2Findex.html&action=kommentieren, Abruf am
08.08.2011
Beech, J. (2005), Introducing Slavery-Heritage Tourism – Part I, in: The dark
Tourism Forum, http://www.dark-tourism.org.uk/, Abruf am 03.08.2011
Berktold-Fackler, F., Luftkurort und Wintersportplatz, in: Wilhelm Liebhart (Hrsg.)
(1990), Nesselwang – Ein historischer Markt im Allgäu, J.Thorbecke Verlag,
Sigmaringen
Berktold-Fackler, F., Krumbholz, H. (1997), Reisen in Deutschland – Eine kleine
Tourismusgeschichte, Oldenbourg Verlag, München
Brosowski, G. (2004), Die Nationalsozialistische Gemeinschaft „Kraft durch
Freude“ und das erste „KdF“ – Seebad Prora auf Rügen, Göttingen [online],
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