S. 089-093 Lesepult 69 C

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S. 089-093 Lesepult 69 C
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• Schaubar •
Wie im aktuellen Heft
angekündigt, gibt es zum
Lesepult in unserer
Printausabe auch bei
Karfunkel 118 wieder ein
online-RezensionsSpecial, diesmal mit
dem Schwerpunkt
DVDs und Romane.
Die Seelen
im Feuer
Bamberg
um 1630.
Cornelius
eilt
von
seinen medizinischen
Forschungen im fortschrittlichen Wien nach Bamberg
zu seinem sterbenden Vater.
Dort trifft er auf seine Jugendliebe Johanna. Er ist
fasziniert von der klugen
Frau, die die Apotheke
ihres Vaters führt – für eine
Frau kein ungefährliches
Unterfangen. Cornelius ist
das rückständige Bamberg
zuwider. Er will die Stadt
verlassen. Da verpflichtet
Fürstbischof von Dornheim
den fähigen Arzt in seine
Dienste. Er und Johanna
geraten in einen Bannkreis
aus Denunziation, Verhaftung und Hinrichtung …
„Die Seelen im Feuer“
ist ein sehr eindrucksvoller
Film mit hervorragenden
Schauspielern, und auch die
Ausstattung kann sich
sehen lassen. Eines der
dunkelsten Kapitel der
Stadt Bamberg, das durch
historische Prozessakten
belegt ist, wurde seriös umgesetzt: Im Fokus stehen
die sogenannten „Bamberger Hexenprozesse“, die
zwischen 1612 und 1632
stattfanden und für mehrere
hundert Menschen den Tod
auf dem Scheiterhaufen bedeuteten.
Der Film ist sehenswert,
wenn er auch sehr betroffen
macht. Besonders hervorzuheben ist, dass die Authentizität bei der Verfilmung
noch deutlicher beachtet
wurde als in der zugrunde
liegenden Romanvorlage.
Wie bei fast allen Romanverfilmungen sollte man allerdings das gleichnamige
Buch von Sabine Weigand
erst nach dem Film lesen,
dann kann man objektiver
schauen. Die FSK-Freigabe
erschließt sich mir jedoch
nicht, denn die Thematik an
sich und hier im speziellen
ihre Umsetzung ist für 12Jährige nicht zu empfehlen.
KSM GmbH, Wiesbaden
2015, Laufzeit 110 Min.,
FSK ab 12, R.: Urs Egger,
D.: Mark Waschke, Silke
Bodenbender, Rainer Bock,
Richy Müller, Maximilian
von Pufendorf u. a., S.: D,
ca. 13,00 €.
gd
Die
Briten.
Geschichte einer
Kolonialmacht
Über
einen Zeitraum von 2000 Jahren vereinen sie sich zu einer Nation. Sie steigen zur Weltmacht auf und begründen
das Zeitalter der Industrialisierung. Dies ist die Geschichte einer kleinen Inselgruppe, die zur Großmacht wird. Es ist eine
lange und bewegende Geschichte – es ist die Geschichte der Briten.
Die siebenteilige Serie
nimmt den Zuschauer mit
auf eine erstaunliche Reise
durch die britische Geschichte. Von der römischen Besetzung bis zur
Krönung von Elisabeth II.
im Jahr 1953, von Stonehenge bis zum Zweiten
Weltkrieg, von der Industrialisierung bis zur Entdeckung von Penicillin.
Erstaunliche Fakten paaren sich mit neuen Ansätzen
und Ideen. Viele prominente und einflussreiche Persönlichkeiten (u. a. Helen
Mirren, Ben Kingsley, Russell Brand und Ken Follett)
kommen zu Wort und
geben ihre Einschätzungen
ab, was es bedeutet, Brite
zu sein. Computeranimationen verbunden mit historisch nachgestellten Szenen
erwecken die britische Geschichte zu neuem Leben.
Um es vorweg zu nehmen: Cover und Klappentext halten nicht, was sie
versprechen. Das Konzept
der Serie ist reißerisch, ja
beinahe propagandistisch.
Die Briten sind die Gewinner schlechthin – die negativen Kapitel der Geschichte, wie die Kolonialzeit,
werden bestenfalls gestreift,
meist aber verklärt und mit
zu viel Patriotismus angegangen. Auch die „wissenschaftlichen“ Kommentare
lassen zum Teil zu wünschen übrig: Man fragt sich,
welche Kompetenz beispielsweise ein Profi-Fußballer (Frank Lampard) für
eine historische Dokumentation vorweisen kann.
In Teilen ist die BBC-Produktion jedoch durchaus sehenswert. Die für die historischen Szenen verpflichteten
Reenacter sind erstklassig,
die Ausstattung weitgehend
historisch korrekt, und der
Unterhaltungsfaktor der einzelnen Folgen ist sehr hoch.
Insgesamt würde ich der Dokumentation drei von fünf
Sternen geben.
Polyband Medien GmbH,
München 2013, FSK ab 12,
2 DVDs, 7x45 Min. Laufzeit, S.: Dt., Engl.; Untertitel Engl. Niederl.; ab
22,00 €.
bedo
Karfunkel 118 online
Die
Festung
Die sechsteilige
BBC-Dokumentationsreihe
präsentiert
bedeutende mittelalterliche
Festungen, die Hintergründe ihrer Entstehung und
ihre wechselvolle Geschichte. Wie waren sie
aufgebaut? Welche Waffen
wurden damals benutzt, um
sie zu verteidigen? Welche
Schlachten wurden dort geschlagen, die mitunter die
Geschichte Europas verändern sollten? Die faszinierende Reise in die Vergangenheit führt von den Küsten Großbritanniens über
Frankreich, Polen und Südspanien bis zu den fernen
Bergen Syriens: Der Crac
des Chevaliers, Chateau
Gaillard, Dover Castle,
Conwy Castle, die Marienburg und Fortaleza Malaga
stehen im Mittelpunkt der
Dokumentationen.
Mit dieser Reihe ist der
BBC wieder ein ganz großer Wurf gelungen! Die
Darstellung ist ansprechend
und unterhaltsam, aber seriös. Der Moderator ist stets
vor Ort, um die jeweilige
Burg intensiv vorzustellen.
Er spricht dabei auch mit
Reenactern, die Bliden und
anderes Belagerungsgerät
nachgebaut haben, die als
Krieger kämpfen oder sich
dem Handwerk verschrieben haben. Anschauliche
Computeranimationen geben ein lebendiges Bild,
wie die Burg in komplettem
Zustand ausgesehen hat.
Natürlich wird auch zu
jedem Kapitel eine Menge
an historischen Hintergrundinformationen geliefert, außerdem wann welche Schlacht hier stattfand,
mit welchen anderen wich-
Karfunkel 118 online
tigen Ereignissen die Burg
verbunden ist etc. Ein Blick
auf die Burgenarchitektur
und das Bauhandwerk runden die Kapitel ab.
Da die Doppel-DVD als
Info-Programm eingestuft
wurde, hat sie keine FSKAngabe bekommen. Unter
12 Jahren ist sie jedoch
dank zahlreicher, unverhältnismäßig und für dieses
Format unnötig brutaler
Kampfszenen keinesfalls
empfehlenswert!
Polyband Medien GmbH,
München 2013, 6x50 Min.
Laufzeit, Sprachen.: Dt., E.,
ab 20,00 €.
sf
Drachenkrieger –
Das
Geheimnis
der
Wikinger
Der
Archäologe
Sigurd Svendsen ist fasziniert von der Kultur der Wikinger und wird von seinen
Kollegen aufgrund seiner
gewagten Theorien gerne
als Spinner abgetan. Um
dem Ragnarok-Mythos auf
den Grund zu gehen, folgt
er den uralten Runen auf
einem
geheimnisvollen
Stein und begibt sich mit
seinen Kindern auf eine
abenteuerliche Expedition
in die Finnmark. Mitten im
Niemandsland
zwischen
Norwegen und der Sowjetunion machen sie eine spektakuläre Entdeckung. Uralte
Legenden in Gestalt eines
sagenhaften Drachen warten
darauf, geweckt zu werden,
und ein atemberaubendes
und gefährliches Abenteuer
beginnt …
Mit Wikingern hat dieser
Film nur ganz am Rande
etwas zu tun, ebenso mit
Archäologie oder auch nur
entfernt mit historischen
Gegebenheiten. Beworben
wird er als „Familien-Abenteuer voller Spaß, wie es
selbst Indiana Jones an seinem Höhepunkt nicht erreicht hat“ – doch davon
kann man allenfalls das „Familien-Abenteuer“ gelten
lassen. Es ist das Abenteuer
einer Familie, das dargestellt
wird, aber Unterhaltsamkeit
und Spannung wollen nicht
aufkommen. Vergleichen
mit Indiana Jones oder Vermächtnis der Tempelritter
hält der Film nicht stand, ein
ansprechender Jugendfilm
ist es auch nicht. Mehrere
Logik-Fehler innerhalb der
Handlung tun ein Übriges.
Zu allem Überfluss wurden
auch noch ausgerechnet
diejenigen Szenen am Ende
herausgeschnitten, die halbwegs zur Logik des Endes
beigetragen hätten, aber zumindest kann man sie unter
den Extras nachträglich anschauen. Warum man nun
diese sechs Minuten wegschneiden musste bei einem
Film, der ohnehin „nur“ 93
Min. lang ist, bleibt wohl
ein Rätsel.
Insgesamt ist „Drachenkrieger“ dennoch nette Unterhaltung, die man durchaus anschauen kann (was
vor allem an den wirklich
guten Schauspielern liegt) –
nur historische Genauigkeiten, einen ausgefeilten Plot
oder tiefgehendere Dialoge
darf man nicht erwarten.
Koch Media GmbH, München 2013, FSK ab 12, 93
Min. Laufzeit + Extras, R.:
Mikkel B. Sandemose, D.:
Pal Sverre Valheim Hagen,
Björn Sundquist u. a., ab
7,00 €.
sf
Ripper
Street –
Staffel
1&2
Das Londoner East
End
im
April
1889, kurz
nach den
bestialischen Morden
des
Serienkillers Jack
the Ripper, der nie gefasst
wurde: Die berüchtigte „H
Division“ der Polizei steht
massiv unter Druck, denn
die Stadt – und die ganze
Welt – verlangt nach Antworten. Dabei warten in
den dunklen Ecken im Londoner East End jede Menge
weitere Verbrecher. Inspector Edmund Reid
(BAFTA-Preisträger Matthew Macfadyen, „Säulen
der Erde“) leitet die „H Division“, die im East End für
Ordnung sorgen soll. Unterstützt wird er vom ruppigen
Sergeant Drake (Jerome
Flynn, „Game Of Thrones“), der geradezu besessen von dem Gedanken ist,
die Straßen Londons von
kriminellem Abschaum jeglicher Art zu säubern. Das
Team vervollständigt der
amerikanische Forensiker
Homer Jackson (Adam Rothenberg), der aufgrund seiner Fertigkeiten in vielen
Fällen eine Art Geheimwaffe für Reid ist. Doch Jackson trägt ein ebenso belastendes wie gut gehütetes
Geheimnis mit sich herum.
Ist er wirklich der Mann,
dem Reid trauen kann,
wenn die Angelegenheiten
kompliziert werden? Und
dann gibt es immer noch
die ständige Bedrohung,
dass der berüchtigte Schlitzer zurückkehrt …
Großartig besetzt, hoch
spannend und detailreich
ausgestattet: Die hochkarätige Serie, die das vom Serienkiller Jack The Ripper
in Schrecken gehaltene
London
atmosphärisch
dicht in Szene setzt, wurde
Seite 2
gemeinsam von BBC und
BBC America produziert.
Die Story konzentriert sich
dabei ganz auf die Perspektive jenes Teams von
Ermittlern, die versuchen,
dem kaltblütigen Mörder
auf die Spur zu kommen.
Schon die erste Staffel
hat auf ganzer Linie überzeugt. Die Ausstattung ist
grandios, man atmet förmlich den Gestank der Unterschichten in Whitechapel. Bis ins kleinste Detail
stimmen Kostüme und
Szenarios, und auch die
Mentalität ist wunderbar
eingefangen. Die Besetzung ist hochkarätig, die
einzelnen Folgen aufeinander abgestimmt, aber dennoch auch unabhängig
voneinander schaubar. Die
jeweiligen Fälle sind zum
Teil richtig verzwickt und
selten vorhersehbar. Dank
der zum Thema gehörigen
Brutalität ist die FSK-Angabe ab 16 vollauf gerechtfertigt.
In der zweiten Staffel
bekommen die Polizisten
einen neuen Mitstreiter an
die Seite gestellt: Daniel
Judge. Diese Unterstützung hat Inspector Reid
auch bitter nötig, denn ein
weiterer neuer Kollege ist
nur auf sein eigenes Wohl
aus und gefährdet mit seiner Korruptheit so manche
Ermittlung …
Die dritte Staffel der
Serie lief im Herbst/Winter
2014 im britischen TV und
ist als DVD (UK-Import)
bereits erhältlich; wann sie
bei uns veröffentlicht wird,
steht noch nicht fest.
Polyband Medien GmbH,
München 2014/2015, FSK
ab 16, je Staffel 8x50 Min.
Laufzeit, S.: Dt, E., R.: Tom
Shankland, D.: Matthew
Macfadyen, Jerome Flynn,
Adam Rothenberg u. a., ab
15,00/17,50 €.
bedo
Seite 3
Peaky
Blinders –
Gangs of
Birmingham,
Staffel
1&2
In der mittelenglischen Industriemetropole Birmingham um 1918 gärt es: Politische Aktivisten, radikale
Gangster und ganz normale
Kleinkriminelle treffen sich
im Schatten von Hochöfen
und Fabriken. Mittendrin
erschafft Tommy Shelby
(Cillian Murphy) für seine
Familie ein Imperium, das
mit legalen und illegalen
Geschäften von Wetten bis
Waffenhandel die Geschicke der Stadt über Jahrzehnte hinweg bestimmen
wird. Doch je weiter der
Shelby-Clan die Expansion
auch außerhalb Birminghams vorantreibt, umso
zahlreicher werden die
Feinde: Kriminelle Gegenspieler wollen die Shelbys
auslöschen, alte Freunde
werden zu Gegnern und
selbst der eigens auf die
„Peaky Blinders“, wie sich
Shelbys Bande nennt, angesetzte
Sonderermittler
Campbell (Sam Neill)
schreckt vor gesetzeswidrigen Maßnahmen nicht zurück …
Wer „Broadway Empire“
mag, wird „Peaky Blinders“
lieben! Die Athmosphäre ist
perfekt, man fühlt sich tatsächlich in den Dreck der
Industriestadt Birmingham
kurz nach dem ersten Weltkrieg zurückversetzt. Die
Ausstattung der Serie ist
großartig, ebenso die Besetzung. Der Stil ist gewöhnungsbedürftig, aber schon
nach wenigen Folgen hat
man ihn verinnerlicht. Und
dann wird aus der Serie ein
Gesamtkunstwerk: bildgewaltig, musikalisch wun-
derbar in Szene gesetzt, geschickt eingestreute SlowMotions an passender Stelle, tiefgehende Dialoge, oft
nur mit der Mimik ausgedrückte Gedanken und Gefühle, und das alles vor historisch sehr authentischer
Kulisse. Dank einem gehörigen, aber passenden
Schuss an Brutalität ist die
FSK-Einstufung zu Recht
auf 16 gesetzt worden.
Die Story ist verwickelt
und kaum vorhersehbar, die
Charaktere wandeln sich
und sind dennoch tief ausgearbeitet. Mit Gefühlen
wird gespielt, gewonnen
und verloren. Und auch
wenn die Peaky Blinders
um Tommy Shelby zu den
Bösen gehören, so sind sie
doch die großen Helden
und man bangt und fürchtet, liebt und hasst mit
ihnen. Ganz großes Kino!
Nur der Cliffhanger am
Ende der zweiten Staffel ist
zermürbend … Wann und
wie geht es endlich weiter!?
Koch Media GmbH, München 2015, FSK ab 16, 698
Min. Gesamtlaufzeit, S.:
Dt., E., D.: Cillian Murphy,
Sam Neill, Tom Hardy u. a.,
ab ca. 39,00 €.
bedo
Die Musketiere –
Die komplette
erste
Staffel
Frankreich
im 17. Jh.:
Als der ungestüme D’Artagnan nach Paris reist, ist
er fest entschlossen, den
Tod seines Vaters zu rächen. Schnell kreuzt er den
Weg der legendären drei
Musketiere Athos, Portos
und Aramis. Mit seiner Leidenschaft, seinem Mut und
Geschick gelingt es D’Artagnan die Musketiere zu
überzeugen, ihn als einen
der ihren zu akzeptieren.
Doch schon bald wird den
vier Edelmännern klar, dass
finstere Kräfte am Werk
sind, um sie zu diskreditieren und die Krone zu stürzen. Ihr Erzfeind Kardinal
Richelieu spinnt ein Netz
düsterer Machenschaften
und ist bereit, alles zu tun
und jeden zu verraten, um
seine Vision eines modernen Frankreichs zu erreichen. Dabei nutzt er auch
die Dienste einer geheimnisvollen Attentäterin: der
schönen Milady de Winter.
Bei der Verteidigung der
Krone stehen den vier Helden, die mit einer Bande
aus Leidenschaft, Treue
und Brüderlichkeit miteinander verbunden sind,
spektakuläre
Abenteuer
bevor. Und dabei kämpfen
sie nicht nur für die Ehre,
Tapferkeit und Liebe – sondern auch für den reinen
Nervenkitzel!
In diesen zehn Episoden
der ersten Staffel geht es
gleich von Anfang an hoch
her. Und dieses Tempo wird
beibehalten, gut gewürzt
mit Action und ansprechenden Kampfszenen.
Vorweg sollte man jedoch festhalten: Wer die
alten Mantel- und DegenVarianten der Musketierverfilmungen mit D’ArtagnanDarstellern wie Gene Kelly
und Michael York oder die
neueren mit Chris O’Donnell oder Logan Lerman in
der Rolle des jungen Gascogners liebt, der sollte sich
hier auf etwas völlig Neues
einstellen. Die Romanvorlage von Alexandre Dumas
wird nur noch am Rande
herangezogen, die Story
geht weitgehend neue
Wege. Die Musketiere sind
keine schnieken Burschen
in sauberem Outfit, sondern
schmuddelige Raufbolde.
Zogen die alten Musketiere
Karfunkel 118 online
noch stets bei strahlendem
Sonnenschein durch die
Lande, beherrscht nun
Regen das Set, und innerhalb von Gebäuden gefilmte Szenen sind düster und
von rauher, unfreundlicher
Athmosphäre geprägt.
Wenn man aber seine
Klischees abgelegt hat und
sich dieser BBC-Verfilmung offen zuwendet, wird
man in mehrfacher Hinsicht
belohnt: Die Charaktere
sind passend besetzt, allen
voran Newcomer Luke Pasqualino als D’Artagnan.
Ausstattung und Kostüme
können sich sehen lassen,
denn sie sind fernab jeglichen Kitsches und zumindest um historische Genauigkeit bemüht. Die Plots der
einzelnen Episoden sind gut
durchdacht und mit schönen Spannungsbögen inszeniert. Bleibt zu hoffen, dass
die zweite Staffel, die im
Frühjahr im britischen TV
ausgestrahlt wurde, auch
bald bei uns zu sehen sein
wird. Leider sind die Folgen auf den vier DVDs in
der deutschen Version jeweils rund 5 Min. kürzer als
im englischen Original, was
aber vermutlich die FSKEinstufung mit sich gebracht hat.
Polyband Medien GmbH,
München 2015, FSK ab 12,
10x52 Min. Laufzeit, R.:
Toby
Haynes,
Farren
Blackburn, D.: Luke Pasqualino, Tom Burke, Santiago Cabrera, Howard
Charles u. a., ab 22,00 €.
sf
Atlantis –
Die komplette
erste
Staffel
Der junge
Jason erwacht auf einer mysteriösen
Insel – und weiß zuerst
Karfunkel 118 online
nicht, wie ihm geschieht: Er
findet sich in einer fantastischen Umgebung wieder, in
der es von Halbgöttern, Fabelwesen und Monstern nur
so wimmelt. Aber bald erkennt Jason die Wahrheit –
er ist im sagenumwobenen
Atlantis gestrandet!
Mit zwei ungleichen Gefährten – dem starken Herkules und dem schlauen Pythagoras – besteht er fortan
viele Abenteuer. Dabei trifft
er auf unzählige mythologische Wesen, wie die Medusa, Circe oder die schrecklichen Furien. Viele von
ihnen führen nichts Gutes
im Schilde, versuchen zu
manipulieren und mit
Magie Macht über Jason
und seine Freunde zu erhalten. Wird Jason seine Abenteuer bestehen und den Weg
aus Atlantis zurück in seine
Heimat finden?
Wer sich ein wenig in der
griechischen Mythologie
auskennt, wird hier schnell
bekannte Geschichten wiederfinden. Größtenteils sind
sie auch inhaltlich einigermaßen gut wiedergegeben,
allerdings eingebettet in
einen historisch völlig falschen Rahmen. Insofern
handelt es sich hier nicht
um eine historische Serie,
sondern um reine Fantasy,
und als solche ist die Produktion ja auch auf dem
Cover
gekennzeichnet.
Wenn man sich dessen bewusst ist und mit nicht gar
so hohem Anspruch an den
Start geht, dann erwartet
den Zuschauer eine abwechslungsreiche,
teils
spannende Aneinanderreihung von Abenteuern, die
ein Mix aus durchweg
guten Schauspielern überzeugend durchsteht. Kenntnis der Mythologie sind für
das Verständnis nicht vonnöten, und die einzelnen
Episoden müssen nicht un-
bedingt in der richtigen
Reihenfolge geschaut werden. Nette, leichte Kost
also, ansprechend ausgestattet und zum Teil temporeich inszeniert, dazu rund
eine halbe Stunde interessantes Bonusmaterial. Fans
von „Xena“ und „Hercules“
dürften bei dieser BBCSerie voll auf ihre Kosten
kommen.
Polyband Medien GmbH,
München 2015, FSK ab 12,
12x45 Min. plus 30 Min.
Extras, S.: Dt., E, D.: Jack
Donnelly, Mark Addy, Robert Emms, Alexander Siddig u. a., ab 23,50 €.
sf
Der junge
Hercules –
Die komplette
Serie
Der Klappentext
verspricht
Großes: Jung, stark, erfolgreich und schön: Attribute,
die nicht nur auf Ryan Gosling zutreffen, sondern auch
auf den von ihm verkörperten jungen Hercules, der in
der aufwendig in Szene gesetzten Fantasy-Serie zwischen antiker Schulbank und
mythischen Monstern allerhand Abenteuer zu bestehen
hat. Noch vor Harry Potter
hat er so das Segment der
Young Adult Fantasy besetzen und Helden wie „Percy
Jackson“ den Weg bereiten
dürfen. Ursprünglich als
Spin-Off zur erfolgreichen
„Hercules“-Serie mit Kevin
Sorbo entwickelt, genießt
der von „Spider-Man“-Regisseur Sam Raimi produzierte „junge Hercules“
heute längst Kultstatus.
Schon 1998/99 produziert,
hat es der junge Held aus
der griechischen Mythologie
mit etlichen Fantasygestalten aufnehmen müssen –
und sie alle besiegt.
Aber da auch Helden
einmal klein anfangen müssen, besucht Hercules, Sohn
des Göttervaters Zeus, die
Schule des Zentauren Cheiron, um optimal auf sein
Heldenleben vorbereitet zu
sein. Auf der Akademie
freundet er sich mit dem
zukünftigen König Jason
und dem stets gut gelaunten
Iolaus an. Gemeinsam bestehen die jungen Helden
und Halbgötter einige
Abenteuer und meistern
den anstrengenden Schulalltag zwischen Prüfungsstress und erster Liebe.
Man mag diese Art Fantasy-Serien, oder man mag
sie nicht. Etwas dazwischen
ist wohl nicht möglich. Und
so gibt es auf der einen
Seite unzählige Fans, die
die Charaktere mittlerweile
in einem wahren Fandom
verehren, und auf der anderen Seite Kritiker, die alles
als Kitsch und Klamauk
abtun. Zugegeben: Historisch ist nichts, die Mythologie wird querbeet durchpflügt, gewisse Klischees
werden gnadenlos bedient.
Und trotzdem sind die einzelnen Episoden durchaus
unterhaltsam und die Überzeugungskraft des Hauptdarstellers solide. Gewiss
keine schwere Kost, aber
bei näherem Hinsehen
kurzweiliges Entertainment.
Und wer genau hinschaut,
erkennt das eine oder andere aus jüngeren Produktionen bekannte Gesicht wie
Dean O’Gorman („Fili“ in
„Der Hobbit“) oder Nathaniel Lees („Matrix“-Filme).
Leider enthält dieses umfangreiche Box-Set keine
Extras oder irgendwelches
Bonusmaterial.
Koch Media GmbH, München 2015, FSK ab 12,
1365 Min. Laufzeit (50 Episoden + Film auf 11
DVDs), S.: Dt., E., D.: Ry-
Seite 4
an Gosling, Dean O’Gorman, ab 25,00 €.
sf
Der Pakt
der Bestien 2
Im
Jahr
1678
kämpfen
Dänen
gegen
Schweden. Nils Geting
(André Sjöberg) lebt dennoch mit seiner Familie bislang eher friedlich auf
einem kleinen Gehöft und
strebt eine geistliche Laufbahn an – bis zwei Diebe
das Silber der Kirche des
Dorfes stehlen. Durch die
Jagd auf die Diebe kommt
Nils mit den „Snapphanar“
in Kontakt, die als kleine
Rebellentruppe gegen die
Schweden zu Felde ziehen.
Nils’ Vater Olof nimmt die
Diebe gefangen, doch Nils
setzt sich für sie ein und
bringt damit großes Unheil
über seine Familie. Als
auch noch sein Vater von
seinem dunklen Geheimnis
und dem Schwur, dass kein
Geting Blut vergießen
dürfe, berichtet, wird Nils
endgültig und unfreiwillig
in den Krieg hineingezogen. Bei einem Überfall,
den er verschuldet, stirbt
seine ganze Familie. Nils
trifft nicht nur auf die
Snapphanar
„Schwarze
Stina“ und ihre Männer,
sondern auch auf Gabriel
Lejonhufvud (Anders Ekborg), die rechte Hand des
schwedischen Königs. Der
düstere Lejonhufvud zieht
mordend und brandschatzend durch die Lande, verlangt grausam mit Blut besiegelte Treueeide von den
Dänen, an seiner Seite
immer die strahlend schöne
Unschuld Hedvig Sparre
(Tuva Novotny). Nils wird
nicht zuletzt durch diese
beiden in ein Geflecht aus
Seite 5
Wagemut, Gewalt, Intrigen,
Politik und Krieg hineingezogen, aus dem er sich
kaum mehr befreien kann.
Und dann taucht auch noch
das Phantom „Der einsame
Reiter“ wie ein unheimlicher „Ringgeist“ auf, der
Jagd auf die Snapphanar
macht.
Unter dem Originaltitel
„Snapphanar“ ist „Der Pakt
der Bestien 2“ als schwedische Produktion 2006 erschienen. Der Film hat
kaum etwas mit dem angedeuteten „Pakt der Wölfe“
gemein, auch wenn der
Dreispitz und eine nebeliggraue Stimmung die bestimmenden optischen Elemente sind. Auch wenn der
„Horror“ also eher nicht im
Zentrum steht, ist „Der Pakt
der Bestien 2“ ein gelungener Historienfilm, wenn
auch mit kleinen historischen Ungenauigkeiten und
Längen. Manchmal etwas
konfus in der Handlungsführung, bietet der Streifen
dennoch knapp zweieinhalb
Stunden gute Unterhaltung
und eine schöne Ausstattung. Die Schauspieler beeindrucken durch ihre Präsenz und erwecken Schurken und Helden mit ausdrucksstarken Charaktergesichtern zum Leben. Durchaus ein Film, der einen verregneten Sonntag etwas
verkürzen kann.
MIG Filmgroup 2012, 160
Min., S.: dt. und schwedisch,
FSK ab 16, ab 14,00 €. agre
Dracula –
Die komplette
Serie
Dracula
kommt
Ende des
19. Jahrhunderts, als charmanter amerikanischer
Unternehmer
Alexander Grayson getarnt,
ins viktorianische London.
In der Öffentlichkeit behauptet er, die moderne
Wissenschaft in die viktorianische Gesellschaft einführen zu wollen. Doch
sein wirklicher Plan ist
Rache – an all denen, die
ihn vor Jahrhunderten verraten und sein Leben ruiniert haben – allen voran,
die Mitglieder des Geheimbunds Der Orden des Drachen. Seit jener Zeit ist er
dazu verflucht, als Vampir
sein Dasein zu fristen. Bei
diesem perfiden Vorhaben
steht ihm kein geringerer
als sein alter Verbündeter
Professor Abraham Van
Helsing (Thomas Kretschmann) – der ebenfalls noch
eine Rechnung mit den Ordensmitgliedern offen hat –
zur Seite. Doch gerade als
Dracula seine Pläne in die
Tat umsetzen will, begegnet er der schönen wie
auch klugen Medizinstudentin Mina Murray, die
eine Reinkarnation seiner
verstorbenen Frau sein
könnte, und verliebt sich
hoffnungslos in sie. Wird
diese Liebe das blutrünstige Vorhaben zum Scheitern
bringen?
Die erste Folge dieser
Neuverfilmung des Literatur-Klassikers von Bram
Stoker muss man zuerst
einmal gemeistert haben,
um in die Inszenierung eintauchen zu können. Denn
diese ist fremdartig – bildgewaltig zwar, aber irgendwie auch verwirrend. Steam
Punk meets Viktorianisches
England. Musikalisch glänzend untermalt, besticht die
gesamte Verfilmung als
eine Art Kunstwerk. Die
Schauspieler liefern erstklassige Arbeit, allen voran
Jonathan Rhys-Meyers als
durch und durch böser, aber
unglaublich anziehender
Blutsauger. Von Anfang an
steht man auf seiner Seite,
hofft und bangt mit ihm,
dass er seine – verderbten,
finsteren – Ziele erreichen
möge. Und erst ganz zum
Schluss in der finalen Folge
vereinigen sich die bis dato
fein gesponnenen Handlungsstränge zu einem fulminanten Ende. Es scheint,
als hätten die Produzenten
mit mindestens einer zweiten Staffel gerechnet, denn
zum Schluss wird das
Tempo so sehr angezogen,
dass man meint, einem
Zeitraffer zuzuschauen.
Fazit:
Faszinierende
Neuverfilmung einer bekannten Story, grandios besetzt, wunderbar ausgestattet und viel zu schnell zuende – alle Daumen hoch!
Einen kleinen Punktabzug gibt es allerdings für
die deutsche Synchronisation. Wer auch nur halbwegs
des Englischen mächtig ist,
sollte sich die Serie im Original antun – die Athmosphäre wird allein schon
durch die verschiedenen
Akzente (Grayson mit amerikanischem, Mina mit britischem, Van Helsing mit
deutschem Akzent) intensiviert, außerdem hapert es
stellenweise schlicht an der
Übersetzung
kompletter
Passagen.
Universal Pictures Germany GmbH, Hamburg 2015,
FSK ab 16, 428 Min. Laufzeit auf 3 DVDs (10x43
Min.), D.: Jonathan RhysMeyers, Jessica de Gouw,
Thomas Kretschmann u. a.,
ab 20,00 €.
bedo
Götz von
Berlichingen
Deutschland im 16.
Jahrhundert: Als
der berüchtigte Raubritter
und notorische Frauenheld
Karfunkel 118 online
Götz von Berlichingen
Gold des französischen Königs erbeutet, gerät er ins
Visier der skrupellosen
Fürstin Adelheid, die mit
dem Gold eine schmutzige
Intrige gegen den beliebten
Kaiser Karl plant. Götz findet sich zwischen den Fronten eines erbitterten Machtkampfes wieder und verliert
durch den Verrat eines alten
Freundes seine rechte
Hand. Nur dank der geheimnisvollen Heilerin Saleema überlebt er die Verletzung. Nunmehr mit
einem eisernen Handersatz
ausgestattet, setzt er sich an
die Spitze eines Bauernaufstandes, um gegen Adelheid
und ihre Schergen in eine
schicksalhafte Schlacht zu
ziehen …
Ohje, was hat RTL da
aus der in Wirklichkeit so
faszinierenden Geschichte
der schillernden Persönlichkeit Götz von Berlichingens
gemacht? Historisch passt
kaum etwas bei dieser Verfilmung, ja nicht einmal die
Hauptfigur wurde auch nur
annähernd ihrem Vorbild
angepasst.
Götz
war
knapp 1,60 m groß, eher
unscheinbar, aber giftig.
Henning Baum ist das genaue Gegenteil: ein raufboldiger Hühne, der zwar
durchaus ein überzeugender
Schauspieler ist, aber eine
Fehlbesetzung für diese
Rolle. Schade, denn aus
dem Stoff, den die Geschichte als Vorlage liefert,
hätte man einen richtig
guten Film machen können.
Unterhaltsam ist er insofern, als dass er sich in die
Reihe „Eventkino“ des Senders nahtlos einreiht. Fans
der „Wanderhure“ werden
also voll auf ihre Kosten
kommen. Die Story ist flott,
die Kampf- und Nacktszenen kitschlos und die Landschaftsaufnahmen heimat-
Karfunkel 118 online
verbunden. Für Geschichtsfans mit einem Mindestmaß
an historischem Anspruch
ist „Götz von Berlichingen“
leider nicht zu empfehlen.
Als Bonusmaterial beinhaltet die DVD das Making Of
sowie Set-Tagebücher der
Stars.
Universum Film, München
2014, 109 Min. Laufzeit,
S.: Dt., D.: Henning Baum,
Dennenesch Zoudé, Andreas Guenther, Natalia Wörner, Johann Bülow, ab
ca. 6,00 €.
gd
• Lesepult •
Marcello
Simoni:
Die verschwundene Bibliothek des
Alchimisten
Jede
Menge Gold im Keller –
wer wünscht das nicht?
Jahrhundertelang
haben
Wissenschaftler mit Hilfe
der Alchemie erforscht, ob
und wie man das Edelmetall selbst herstellen kann.
Genau das ist auch das
Hauptthema des mittelalterlichen Thrillers „Die verschwundene Bibliothek des
Alchimisten“. Wie immer,
wenn es um Geld und
Macht geht, tun sich auch
hier grausame Abgründe
der menschlichen Seele auf,
wie man sie sich selbst gar
nicht vorzustellen vermag.
Der Autor Marcello Simoni
hat indessen seine Phantasie spielen lassen und diese
gemeinsam mit vielen wahren Begebenheiten in seinen Roman mit eingearbeitet. Das vorliegende Buch
gehört zu einer MittelalterTrilogie, in der sich der
Leser gemeinsam mit dem
sympathischen Protagonis-
ten Ignazio da Toledo auf
Abenteuerreise in die Welt
der anerkannten wie auch
der verbotenen Wissenschaften begibt. Der erste
Band mit dem Titel „Der
Händler der verlorenen Bücher“ ist bereits in einer
früheren Ausgabe von Karfunkel rezensiert worden.
Der dritte Band der Trilogie ist noch nicht erschienen.
Frühjahr 1227. Reliquienhändler Ignazio da
Toledo wird ins spanische
Córdoba gerufen: Blanca,
die Königin von Frankreich, ist verschleppt worden, und Ignazio soll sie
suchen. Eine heikle Mission, denn er und seine Gefährten bekommen es mit
einem unberechenbaren
Gegner zu tun: Graf Nigredo, der mit düsteren Mächten im Bunde stehen soll,
hält Blanca in seiner Burg
gefangen. Und das ist nicht
die einzige Bedrohung, die
von ihm ausgeht …
„Rasant, fesselnd, glänzend recherchiert“ ist auf
dem Buchrücken zu lesen.
Dem ist tatsächlich nicht
allzu viel hinzuzufügen.
Vielleicht ist der Ausgang
der Handlung schon von
Beginn an etwas zu leicht
zu durchschauen. Trotzdem
ist der Spannungsbogen
sehr gut aufgebaut, und besonders die sprachlichen
Qualitäten des Autors
überzeugen bis zuletzt.
Ebenfalls erwähnenswert
ist ein Glossar, in welchem
die im Roman kursiv aufgeführten Begriffe übersetzt und sehr ausführlich
erläutert werden.
Fazit: Neben spannender
Unterhaltung erfährt man
einiges über die Zusammenhänge der Alchemie!
Emons Verlag, Köln 2014,
359 S., ISBN 978-3-95451387-1, 14,95 €.
cbt
Astrid
Fritz:
Hostienfrevel
Der
Roman ist
nach
„Aschenkreuz“ der
zweite der Krini-Reihe um
die mittelalterliche Begine
Serafina – und soll sicher
nicht die letzte Fortsetzung
der Serie bleiben. Hauptdarstellerin ist die Begine
Serafina, die genauso geheimnisvoll zu sein scheint
wie ihr Name klingt. Ihre
interessante Vergangenheit
kommt im Laufe der gut zu
lesenden Seiten langsam
ans Tageslicht. In dem
Roman „Hostienfrevel“ ermittelt Serafina in einem
Mordfall, der ziemlich
spektakulär und schwierig
zu sein scheint. Ein jüdischer Schuster wird schnell
zum Sündenbock des Geschehens und gesteht unter
der Folter alles, was man
von ihm hören will. Die
Begine hingegen ist von
seiner Unschuld überzeugt
und findet schließlich mit
viel Scharfsinn und Klugheit den wahren Schuldigen.
Die Autorin Astrid Fritz
benutzt einen einfachen und
flüssigen Schreibstil. Dadurch findet sich der Leser
schnell in das Geschehen
des 15. Jahrhunderts hinein
und kann sich leicht auf die
Handlung einlassen. Das
Buch wird so zu einer sehr
lebendigen Lektüre. Die
einzelnen Personen sind
charakterlich gut dargestellt. Man erwischt sich
schnell dabei, wie man sich
in Position zu den Darstellern begibt und sich in sie
hineinversetzt.
Auch wenn der Roman
recht oberflächlich geschrieben ist, so bleibt er
Seite 6
doch kurzweilig und bietet
eine Menge Unterhaltungspotenzial. Schon deshalb,
um zu erfahren, wie es mit
der Begine Serafina weitergeht, ist die Erwartung
auf eine Fortsetzung gegeben. Dass diese Reihe sehr
gut recherchiert ist und auf
welche Quellen sich die
Autorin bezieht, erfahren
interessierte Leser auf ihrer
Homepage
unter
www.astrid-fritz.de.
Rowohlt Taschenbuchverlag, Reinbek 2014, 303 S.,
ISBN 978-3-499-26796-3,
9,99 €.
cbt
Robyn
Young:
Krieger
des Friedens
Die Schotten feierten
im
vergangenen Jahr das siebenhundertste Jubiläum ihres Befreiungsschlages gegen die
Besatzungsmacht England.
Held nicht nur der legendären Schlacht von
Bannockburn ist Robert
the Bruce, der als König
mit einer unterlegenen
Armee dennoch einen großen Sieg für sein Land erringen konnte.
So entschlossen und so
weit in seinem Streben ist
dieser Mann im zweiten
Roman der Bruce-Trilogie
von Robyn Young aber
noch lange nicht. Der Weg
des jungen Schotten ist
zwar schon auf eine Krönung ausgerichtet, nur der
Weg dorthin, vorbei an
König Edward von England und Gegnern im eigenen Land, liegt noch nicht
vor dem jungen Mann ausgebreitet. Vielmehr hadert
er mit seiner Loyalität, bewundert Rebellenführer
William Wallace („Brave-
Seite 7
heart“) und muss sich auf
die Ratschläge seiner Wegbereiter verlassen. Von diesen fühlt er sich verlassen,
muss am englischen Hof
buckeln, um die verlorene
Gunst Edwards wiederzuerlangen, und liefert diesem sogar eine weitere der
Brutus-Reliquien aus, die
nach einer Prophezeiung
Merlins im Besitz König
Edwards Britannien unter
einem König vereinen sollen. Nach dem „Stein der
Vorsehung“, dem Krönungsstein der schottischen
Könige, den Bruce aus
dem schottischen Scone
entwendet hat, gerät jetzt
der irische „Stab des Malachias“ durch Bruces Zutun
in die Westminster Abbey.
Vereint mit dem Schwert
„Curtana“ und der walisischen „Artuskrone“ versprechen diese Gegenstände Edward das Erreichen
seines Strebens: ein unter
seiner Hand vereintes Königreich.
Doch in Bruce brodelt
es, vor allem nach der demütigenden und blutrünstigen Hinrichtung, die Edward an Rebellenführer
William Wallace vollziehen lässt, und auch die arrangierte Ehe mit Elizabeth
de Burgh und seine
Freundschaft zum Engländer Humphrey de Bohun
können seine Gier nach
dem schottischen Thron
nicht im Zaum halten.
Bruce muss sich entscheiden, welchen Weg er zur
Königswürde einschlagen
und welche Opfer er dafür
bringen will.
„Krieger des Friedens“
zeigt ein zerrissenes Königreich, ohne König und
verstrickt in Loyalitätsgerangel, einen Rebellenführer auf dem absteigenden
Ast und einen unsicheren
jungen Mann, der erst noch
zum Helden wachsen
muss.
Die Befreiung durch Bannockburn liegt am Ende
des Buches noch scheinbar
in weiter Ferne, und auch
die Handlung, die sehr ausführlich das Leben Bruces
nacherzählt, windet sich
manchmal etwas ermüdend
hin und her, ist aber sehr
detailverliebt – wenn sich
auch ein paar sachliche
Fehler, wie ein Drache auf
der schottischen Königsfahne, eingeschlichen haben.
Insgesamt aber ein interessanter Mittelteil einer Trilogie und der Geschichte
eines Mannes, der König
werden wollte und schließlich alles dafür riskierte.
Für Schottland-Fans beinahe ein Muss!
Blanvalet Verlag, München
2013, 640 S., ISBN 978-3442-37247-8, 13,00 €.
agre
Sabine
Ebert:
1815.
Blutfrieden
Nach der
Leipziger
Völkerschlacht
haben alle nur eines im
Sinn: Frieden. Doch der
scheint brüchiger, als vielen lieb sein kann. Zwar
bemühen sich die herrschenden Mächte auf dem
Wiener Kongress nach
Kräften um einen Ausgleich, doch sie haben die
Rechnung ohne Napoleon
gemacht. Der kleine große
General will es noch einmal wissen, und deshalb
werden im Jahr 1815 erneut die Heere in Marsch
gesetzt. Sabine Ebert erzählt in ihrem einem Histo-
riengemälde gleichenden
Roman genau die Geschichte, die in den Geschichtsbüchern oder im
Geschichtsunterricht für
gewöhnlich besonders kurz
ausfällt, jene ereignisreichen und wichtigen Jahre
zwischen 1813 und 1815.
Obwohl ein Roman über
eine kriegerische, von extremen Grausamkeiten geprägte Zeit, ist Eberts Buch
ein flammendes Plädoyer
für den Frieden. Denn die
Autorin beleuchtet unbarmherzig, wie der Krieg
menschliche Gemeinschaft
zerstört, wie sinnlos er ist
und was er kostet. Ein
Muss für alle, die mehr
über die Auseinandersetzungen zu Beginn des 19.
Jahrhunderts wissen möchten.
Knaur Verlag, München
2015, 1051 S., ISBN 9783-4266-5272-5, 24,99 €.
bast
Cecilia
Ekbäck:
Schwarzer Winter
Maja, eine
finnische
Heilerin,
zieht mit
ihrem Mann Paavo und
ihren Töchtern Frederika
und Dorothea nach Schweden. In der Nähe des Berges Blackkasen wohnen sie
allein auf ihrem Hof, die
anderen Siedler leben rund
um den Berg verstreut.
Bevor die kleine Familie
die Chance hat sich einzuleben, finden Frederika
und Dorothea eine Leiche.
Erikson, einer der Siedler,
ist offensichtlich ermordet
worden, doch außer Maja
scheint sich niemand dafür
zu interessieren, den Fall
aufzuklären. Auch der
Karfunkel 118 online
Pfarrer spricht zunächst
von einem Unglück. Doch
dann beginnen er und
Maja, den Spuren des Geheimnisses nachzugehen,
das die Siedler rund um
den Berg so sehr verängstigt.
Cecila Ekbäcks Roman
entführt die Leser ins 18.
Jahrhundert. Die letzten
Feuer der Hexenverbrennungen in Schweden sind
noch nicht erkaltet, und
deshalb müssen Maja und
ihre hellsichtige Tochter
Frederika besonders vorsichtig sein. Die Sprache
Ekbäcks ist bezaubernd
schön. Poetisch, tiefgründig, die Motive der handelnden Personen wie
durch einen hauchzarten
Schleier andeutend. Hier
vereint sich beste schwedische Krimiliteratur mit
dem Genre des Mittelalterromans. Fantastisch!
Droemer Knaur Verlag,
München 2014, 464 S.,
ISBN 978-3-42630400-6,
14,95 €.
bast
Heidi Rehn:
Der Sommer der
Freiheit
Historische
Romane rund
um die Zeit
des Ausbruchs des Ersten
Weltkrieges sind zur Zeit
en vogue, und Heidi Rehns
„Sommer der Freiheit“ ist
zweifellos ein Highlight in
diesem Segment. Schriftstellerisch hat die Autorin
mit ihrer Geschichte rund
um die Bonner Verlegertochter Selma eine neue
Ebene erreicht. Ihre Figuren sind sehr differenziert,
die Handlungsstränge intelligent miteinander verwoben, und manch überraschende Wendung macht
diese lebendige Zeitge-
Karfunkel 118 online
schichte zu einem echten
Lesevergnügen.
Selma verbringt den
Sommer 1913 gemeinsam
mit ihrer Familie wie
immer in Baden Baden. Ihr
Verlobter Gero, der später
zu ihnen stoßen wollte,
schickt, durch dringende
berufliche Aufgaben verhindert, stattdessen seinen
brandneuen roten Audi.
Seine Verlobte ist begeistert. Zum Entsetzen ihrer
betulichen Mutter Hedda
und zum Vergnügen ihrer
Großmutter Meta unternimmt Selma, die gerade
ihren Führerschein gemacht
hat, weite Erkundungstouren in die Umgebung und
lernt dabei die angehende
Metzer Ingenieurin Constanze und Robert, einen
französischen Fotografen
kennen, mit dem sie bald
schon mehr als nur Freundschaft verbindet.
Rehns Roman zeichnet
nach, wie das Alltagsleben
vor, während und nach
dem Krieg aussah, wie die
Soldaten und ihre Familien
mit den Kriegstrauamata
fertig wurden und wie
wenig in manchen Gegenden Deutschlands die
Schrecken des Krieges
überhaupt wahrgenommen
wurden. Sehr lesenswert!
Knaur Verlag, München
2014, 672 S., ISBN 978-334265-1216-6, 9,99 €.
bast
Alfredo
Colitto:
Die Bruderschaft
des Feuers
Der Medicus
und
Anatom
Mondino
de’ Liuzzi wird mit einem
ziemlich mysteriösen Todesfall konfrontiert: Der
gefundene Tote ist offensichtlich von innen heraus
verbrannt, ohne dass in der
räumlichen
Umgebung
Brandspuren zu entdecken
sind. War es Mord oder gar
ein Werk des Satans?
Alfredo Colitto entführt
den Leser in die Stadt Bologna des Jahres 1311.
Dieser kann sich sehr gut
in das bunte Treiben der
damaligen Zeit hineinversetzen und wird durch den
gekonnten Schreibstil des
Autors zeitweise lebensnah
in die mittelalterliche
Stimmung
eingetaucht.
Trotzdem will es Colitto
nicht so richtig gelingen,
einen spannenden und fesselnden Kriminalroman zu
entwickeln. Die Handlung
ist langatmig und verliert
sich häufig in Nebensträngen. Vielleicht sind es auch
die vielen mitspielenden
Personen, die vom Hauptthema ablenken, weil ihnen
zu viel Aufmerksamkeit
gewidmet wird. Interessant
hingegen sind der im
Roman beschriebene Mithras-Kult und die Darstellung der Machtstrukturen
in Sekten und kirchlichen
Orden. Letztendlich löst
der etwas verschroben wirkende
Hauptdarsteller
Mondino das Rätsel um
„Die Bruderschaft des Feuers“ – und der Leser hatte
alles in allem ein paar unterhaltsame Lesestunden.
Page & Turner Verlag,
München 2012, 477 S.,
ISBN 978-3-442-20368-0,
12,99 €.
cbt
Oliver
Pötzsch:
Die Henkerstochter und
der Teufel
von Bamberg
Da der vorliegende historische Roman bereits die 5.
Folge in der „Henkerstochter“-Serie ist, kann man
davon ausgehen, dass der
Autor Oliver Pötzsch einen
Schreibstil hat, der vom
Publikum sehr gut angenommen wird. Verständlich, denn die über 700
Seiten lassen sich leicht
und flüssig lesen, ohne
dass dabei Langeweile und
Spannungslosigkeit aufkommt. Wer sich für Werwölfe, Scharfrichter und
Hexenprozesse des mittleren 17. Jahrhunderts interessiert, wird dieses Buch
neugierig verschlingen.
Zum Inhalt: Gemeinsam
mit seiner Tochter Magdalena und ihrem Mann
Simon reist der Henker
Jakob Kuisl im Jahre 1668
nach Bamberg. Was als Familienbesuch geplant war,
wird jedoch bald zum Alptraum: In Bamberg geht
ein Mörder um. Die abgetrennten Gliedmaßen der
Opfer werden im Unrat vor
den Toren der Stadt gefunden. Schnell verbreitet sich
das Gerücht, die Morde
seien das Werk eines Werwolfs. Jakob Kuisl mag
sich diesem Aberglauben
nicht anschließen und
macht sich auf die Suche
nach dem „Teufel von
Bamberg“.
Der Autor hat sein Buch
sehr gut konzipiert. Im
vorderen Bereich stellt er
einen Familienstammbaum
der Hauptfiguren auf und
lässt diesem ein Personenregister folgen. Im Nachwort erfährt der Leser
dann, was Oliver Pötzsch
dazu inspiriert hat, ausgerechnet diese Handlung zu
wählen. Außerdem kann
man hier nachlesen, wie
detailliert er recherchiert
hat und dass viele der ver-
Seite 8
meintlich phantastischen
Handlungsinhalte tatsächlich auf wahren Begebenheiten basieren. Lehrreich
ist ein kleiner Reiseführer
auf den letzten Seiten. Er
führt den Leser auf den
Spuren des Romans durch
die Stadt Bamberg. Das
vorliegende Buch ist perfekt für lange Abende am
Kamin. Sicherlich kann
man sich auf eine weitere
Folge der „Henkerstochter“-Serie freuen.
Ullstein Buchverlage, Berlin 2014, 716 S., ISBN
978-3-548-28448-4, 9,99 €.
cbt
Rainer
M.
Schröder: Die
Blutmesse
von Florenz
Mit seinem dritten Fall taucht Pater Angelicos tief in die Geschichte
der Stadt Florenz ein. Die
Verschwörung, die unter
höchster Geheimhaltung
geplant wird – während Angelicos damit beschäftigt
ist, seine Verwirrung über
Lucrezias Liebe zu ihm,
ihre von ihm selbst vereitelte Flucht aus der Stadt und
die Tatsache, dass sie nun
gegen ihren Willen hinter
Klostermauern abgeschoben wurde, zu verarbeiten –, hat ihre Wurzeln in
der legendären Blutmesse
und dem Anschlag gegen
die Medici. In deren Folge
kam es bekanntlich zu Verfolgungen, deren Opfer
nicht nur die Gegner der
Medici und ihre Angehörigen, sondern auch solche
Bürger der Stadt waren, die
man dafür hielt. Einer von
ihnen, der bei diesen bür-
Seite 9
gerkriegsähnlichen Unruhen seine Frau und seinen
kleinen Sohn verlor, plant
nun eine furchtbare Rache.
Auch der neue Fall um
Pater Angelico ist reinstes
Lesevergnügen. Neben dem
intelligenten Plot, dessen
historischer Detailreichtum
mit der emotionalen Dichte
des „privaten Erzählstrangs“ um die Liebe zwischen Angelico und Lucrezia verwoben ist, freut man
sich wie immer über den
Austausch von Zitaten aus
antiken Klassikern, aus
Dante oder den Kirchenvätern.
Knaur Verlag, München
2014, 399 S., ISBN 978-3426-50992-0, 9,99 €. bast
Elizabeth
Fremantle: Das
Spiel der
Königin
Mit ihrem
Roman
„Das Spiel
der Königin“ schildert die Autorin
Elizabeth Fremantle auf
spannende und lebensnahe
Weise das Leben am königlichen englischen Hofe
Mitte des 16. Jahrhunderts.
Sie erzählt ebenfalls, wie
schnell man die Gunst des
Königs verlieren und so
sein Leben verwirken konnte. Die Frau, die das am eigenen Leibe deutlich zu
spüren bekam, ist die
Hauptdarstellerin der Handlung: Katherine Parr. Sie
war die sechste und letzte
Ehefrau
König
Heinrichs VIII. von England.
Von ihr weiß man nicht so
viel wie von den anderen
Frauen des Tudor-Königs.
Mit diesem Roman ändert sich das allerdings
schlagartig. Hier wird uns
eine kluge, moderne Frau
vorgestellt, die genau abwägt und berechnet, wie sie
ihre schwierige Situation als
Königin am besten bewältigen, aber auch positiv nutzen kann. Fremantle muss
sehr gut recherchiert haben.
Das, was sie ihrer Protagonistin an Emotionen und
Empfindungen eingibt, verursacht teilweise Gänsehaut, so sehr kann man sich
in die Person hineinversetzen. Mit viel Fingerspitzengefühl hat die Autorin ihrer
Phantasie freien Lauf gelassen und die Gesamtsituation
brillant erfasst. Sehr lebendig sind auch die Darstellungen der anderen Personen dieser Zeit. Die Charaktere sind treffend zugeordnet und einfühlsam in Szene
gesetzt. Gut beschrieben
sind die Unterschiede zwischen Adel und Dienerschaft.
Der Roman macht Lust
darauf, mehr über das Haus
Tudor zu erfahren und sich
intensiver mit König Heinrich VIII., seinen Frauen
und Kindern auseinanderzusetzen. Kompliment an die
Autorin, durch die Katherine Parr eine Sympathieträgerin wird, die es schafft,
aus dem Schatten ihrer Vorgängerinnen herauszutreten.
Vielleicht ist es Elizabeth
Fremantle tatsächlich gelungen, der Königin mit ihrem
Werk ein bleibendes Denkmal zu setzen.
Bertelsmann Verlag, München 2014, 448 S., ISBN
978-3-570-10177-3, 19,99 €.
cbt
Philippa
Gregory:
Das Erbe
der weißen Rose
Wer die
Tudorzeit
liebt, wird
auch diesen Roman von
Philippa Gregory lieben.
Die großartige Erzählerin
und Expertin für das 15.
Jahrhundert in England erzählt diesmal von jenem
fragilen Frieden, den es
nach der Schlacht von Bosworth im Jahr 1485 und der
Krönung von Henry Tudor
zum König von England zu
bewahren gilt. In einen sie
bis in die Tiefe ihrer Seele
zerreißenden Konflikt gerät
diesmal die Ich-Erzählerin
Elisabeth von York, die als
Frau Henrys gewissermaßen zum Unterpfand des
Friedens wird und in ihrer
eigenen Person die Spannungen austragen muss,
denn sie muss, als ein
Mann in das Leben der Königsfamilie tritt, der behauptet, ihr Bruder zu sein,
darum ringen, wem ihre
wahre Loyalität gilt.
Differenziert charakterisiert wird auch Henry
selbst, dessen offenkundige Härte und Grausamkeit
die äußere Seite seiner inneren Unsicherheit, seiner
Ängste und seines Getriebenseins ist.
Rororo Verlag, Reinbek
2014, 613 S., ISBN 978-3499-267-13-0, 9,99 €. bast
Daniel
Wolf:
Das Salz
der Erde
Ähnlich
wie das
legendäre
Kingsbridge
eines Ken Follett ist Daniel
Wolfs Stadt VarennesSaint-Jacques frei erfunden
– genau wie das Schicksal
seiner Einwohner. Dennoch
entwirft Wolf nach seinem
großen Vorbild gekonnt das
Leben in den mittelalterlichen Mauern des späten 12.
Karfunkel 118 online
Jahrhunderts, die in diesem
Roman nicht nur sprichwörtlich bröckeln.
„Die Säulen der Erde“
sind mittlerweile so etwas
wie der Heilige Gral der
Historienromanschmöker,
und gerne wird auf ihr
Vorbild verwiesen, so wie
es auch Wolfs Verlag für
„Das Salz der Erde“ tut.
Ähnlichkeiten sind in der
Tat vorhanden – ein großes
Bauvorhaben, ein korruptbrutales Rittergeschlecht,
ein machtbesessener Bischof – dennoch entwickelt Wolfs Geschichte
trotz aller Spannung und
ausgefeilter
Charaktere
nicht die Dynamik der Akteure der großen Vorlage.
Vielleicht sind die Charaktere eine Spur zu glatt und
gradlinig, vielleicht die
Hindernisse im Weg der
Handlung
nicht
groß
genug – woran es genau
liegt, ist kaum zu sagen.
Dennoch spannt sich vor
den Augen des Lesers eine
gute Geschichte um das
Leben des jungen und ehrgeizigen Kaufmannes Michel de Fleury, eingebettet
in eine wunderbar wirklich
wirkende mittelalterliche
Welt – betrachtet man
„Das Salz der Erde“ eigenständig.
Michels Familie ist im
Jahr 1187 noch nicht lange
in der blühenden Handelsstadt an der Mosel. Sein
Vater war bis 1173 ein
armer Höriger, der nach
zahlreichen Gräueltaten
seines Lehnsherrn aus dem
Dörfchen Fleury hinter die
Stadtmauern geflohen ist.
Mit der Hilfe der Kaufmannsfamilie Caron entkommt die kleine Familie
tatsächlich den Häschern
der Ritter und kann sich
eine Existenz als kleines
Handelsunternehmen für
Karfunkel 118 online
das weiße Gold der Region, dem Salz, aufbauen.
Der älteste Sohn Michel
wird sogar nach Mailand
geschickt, um dort die
Feinheiten des Fernhandels kennenzulernen. Als
der Vater stirbt, muss Michel die Leitung des Familienunternehmens übernehmen und stößt schnell auf
erste Grenzen und Widrigkeiten, die ihm das Leben
schwer machen, denn in
Varennes-Saint-Jacques
hat Bischof Ulmann das
Sagen, der über das Münzregal gebietet und ständig
den Silberanteil der Münzen zu seinen Gunsten verringern lässt.
Auch das Rittergeschlecht, dem Michels Familie entflohen ist, erhebt
auf das Passieren der einzigen Brücke über die
Mosel horrende Zölle.
Zudem ist die Gilde der
Kaufleute verknöchert und
wenig
handlungsfähig.
Alles Dinge, die Michels
rebellisches Wesen herausfordern und ihn sogar vor
den Kaiser rufen. Hinzu
kommen noch eine wendungsreiche
Liebesgeschichte und eine Freundschaft, die beide durch die
Wirren der Politik auf dem
Spiel stehen.
„Das Salz der Erde“, ein
Wälzer von über 1000 Seiten, bietet spannende Leseunterhaltung für Fans des
Genres.
Goldmann Verlag, München
2013, 1147 S., ISBN 978-3442-47947-4, 12,99 €. agre
Wolf
Serno:
Das Lied
der Klagefrau
Der Puppenspieler
Julius
Klingenthal ist zwar bereits
grauhaarig und auf den
Straßen zuhause, dennoch
treibt ihn immer noch ein
großer Traum um: Er hat es
sich in den Kopf gesetzt,
sein unterbrochenes Medizinstudium in Göttingen
noch einmal aufzunehmen
und zum Doktor der Medizin aufzusteigen.
Kein ganz einfaches Unterfangen, denn Klingenthal ist Jude und ein Skandal hat seiner damaligen
Karriere ein Ende gesetzt
und ihn vom Landarbeiter
auf die Planken eines
Schiffes und zum Söldnerdienst geführt. Von jeder
Epoche dieses bewegten
Lebens erzählt eine seiner
Bauchrednerpuppen, die
Klingenthal meisterlich beherrscht und die oftmals
auch für ihn zu sprechen
scheinen. Hinzu kommen
noch ein krakeelnder Friedrich der Große, ein pikiertes
Burgfräulein,
ein
Schultheiß und eine Magd,
die je einen weiteren Aspekt des Charakters des resoluten Julius widerspiegeln.
Mit kleinen Tricks und
mit seiner großen Liebe,
der Klagefrau Alena, im
Schlepptau schafft es Julius
tatsächlich an die Göttinger
Universität und macht sich
bald einen Namen als Mediziner.
Doch dann überschlagen
sich die Ereignisse. Julius
lernt den geheimnisvollen
Heinrich kennen, der sich
als ganz andere Person entpuppt, bekommt drei wie
tot daliegende Bergleute
ins Hospital überstellt, die
bei einem Grubenunglück
verschüttet wurden, und
muss sich mit einem tolldreisten Pommeraner auseinandersetzen, der Julius
verachtet und ihm die Kar-
riere zerstören will – zusätzlich zur Arbeit an seiner Dissertation und der
anstrengenden Suche nach
dem nächsten Geld, um das
Studium zum Ende zu führen. Alena droht mehr und
mehr auf der Strecke zu
bleiben und muss ihre eigenen Wege gehen.
Es tut sich einiges im
Jahr 1789, das nicht nur für
Julius zum Schicksalsjahr
werden soll. Detailverliebt
und mit einem Gespür fürs
„Plaisir“ des Lesers entführt Wolf Serno in das 18.
Jahrhundert und mit sehr
viel Fachkenntnis an die
medizinische Fakultät der
Göttinger Universität. Die
manchmal gestelzte Sprache wirkt nicht aufgesetzt,
sondern versprüht den
wunderbaren Charme vergangener Zeiten – verpackt
in einer schönen Geschichte, gespickt mit Geheimnissen und sogar mit etwas
Mord und Totschlag.
Knaur Verlag, München
2013, 496 S., ISBN 978-34265-0023-1, 9,99 €. agre
Dorothea
Keuler:
Aus der
Reihe getanzt
Leidenschaftliche Liebesgeschichten sind keine Erfindung unserer Zeit. Es gab
auch früher schon Paare,
die sich gegen alle Konventionen und für einen
besonderen Menschen entschieden haben. Nicht
immer ging das gut aus
und Scherben im Umfeld
waren eher die Regel als
die Ausnahme. Auf jeden
Fall aber ergeben diese
verhängnisvollen Affären
spannende Geschichten,
Seite 10
die wir gern lesen. Die Autorin hat in diesem Buch
elf skandalöse Paare aus
Baden und Württemberg
zusammengestellt, die aus
der Reihe tanzten. Da gab
es zum Beispiel Regina
Burckhardt, eine Professorentochter, die ein uneheliches Kind bekam. Doch
damit nicht genug, sie ließ
sich wieder unverheiratet
auf einen Mann ein und
wurde erneut schwanger.
Dieser Mann, Karl Bardili,
heiratete sie nun aber,
heimlich und gegen den
Widerstand der Stadtoberen, die dem jungen Paar
lauter Steine in den Weg
legten. Ironie des Schicksals: Gerade diese unkonventionelle Frau war die
Vorfahrin vieler „Vorzeigeschwaben“, wie Hölderlin, Schelling, Uhland,
Hauff und Wildermuth. So
kam sie schließlich noch
zum Ehrentitel „schwäbische Geistesmutter“.
Kurfürst Karl Ludwig
von der Pfalz war seiner
schwierigen Frau Elisabeth
überdrüssig und verliebte
sich in das deutlich sanftmütigere
Hoffräulein
Luise von Degenfeld, die
aber darauf bestand, von
ihm geheiratet zu werden,
ehe sie ihn erhörte.
Mysteriös bis heute sind
Dunkelgraf und Dunkelgräfin, über deren Herkunft wir nach wie vor
nichts Sicheres wissen.
Und sogar den Versuch
einer Ehe zu viert und eine
Art Harem hat Dorothea
Keuler ausfindig gemacht.
Die Geschichten sind
spannend und anschaulich
erzähl. Viele Illustrationen
bereichern das Buch.
Silberburg-Verlag, Tübingen
2013, 226 S., ISBN 978-38425-1255-9, 19,90 €.
aque