HIGH PERFORMANCE – Anstoss für effizeintere

Transcription

HIGH PERFORMANCE – Anstoss für effizeintere
high
performance
HIGH PERFORMANCE 01|2011
Das Kompetenzmagazin für Metallzerspanung von Walter
Fokusthema Walter Multiply:
Anstoss
für effizientere
Prozesse
Editorial
HIGH PERFORMANCE 01|2011
Foto: Walter AG
Andreas Evertz
Vorstandsvorsitzender der Walter AG
komplexe
prozesse
können sich
ganz leicht
anfühlen.
Walter multiply ist die neue Kompetenzmarke von
Walter, die mit einem mehrstufigen Serviceprogramm
sämtliche Maßnahmen zur Steigerung der Produkti­
vität bündelt. So können sich selbst hochkomplexe
Prozesse plötzlich ganz leicht anfühlen.
Walter multiply heißt Erfolgsfaktoren multiplizieren.
Durch die ganzheitliche Kompetenz unserer mehr­
stufigen Services kann die Effizienz einer Produktion
mit einem deutlich höheren Faktor gesteigert werden,
als es mit der Summe aller Einzelmaßnahmen je
möglich wäre. Addition in Prozessketten war gestern.
Die Zukunft heißt Walter multiply.
wintergerst & faiss
complexity made easy.
www.walter­tools.com
www.youtube.com/waltertools
www.facebook.com/waltertools
_ impressum
HERAUSGEBER
Walter AG
Derendinger Str. 53
D-72072 Tübingen
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VERANTWORTLICH FÜR DEN INHALT
Andreas Evertz,
Vorstands­vorsitzender der Walter AG
Projektmanagement
Ute Gutmann, Leiterin Marketing
Kommunikation, Walter AG
CHEFREDAKTION
Stefan Richter,
Storymaker GmbH
REDAKTION UND LEKTORAT
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Werbedruck GmbH Horst Schreckhase
Bildnachweis
Amedeo Barletta
Olaf Otto Becker
Heinrich Betz OHG
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Birgit Jaschke
Richard Läpple
Gerald Münzl
Herbert Naujoks
Siemens AG
Sabrina Stephan
Verlag Hermann Schmidt
Walter AG
Yang Liu
Quellenangabe
Alle genannten Produkte sind
eingetragene oder nicht eingetragene
Warenzeichen der jeweiligen Firmen.
Reproduktion nur mit ausdrücklicher
schrift­licher Genehmigung des
Heraus­gebers.
Printed in Germany
607 9031 (09/2011) DE
Liebe Leserinnen und Leser,
die Walter AG ist anerkannter Kompetenzführer in der
Metallzerspanung. Diesen Anspruch haben wir auch für die Kommunikation mit unseren Kunden. Ich freue mich deshalb, Ihnen
heute unser neues Kundenmagazin HIGH PERFORMANCE präsentieren zu können. Dieses Magazin soll in der Zerspanungsbranche
Maßstäbe setzen, genau wie unsere innovativen Werkzeugtechnologien und Serviceleistungen. Mit HIGH PERFORMANCE werden
wir Sie künftig regelmäßig über neueste Entwicklungen bei Walter, über neue Trends unserer Branche, bei unseren Kunden und
sogar darüber hinaus informieren – mit wachen Augen und frischer
Schreibe.
Stichwort China zum Beispiel: Die chinesische Wirtschaft ist
derzeit die Lokomotive der Weltwirtschaft. Experten zufolge ist es
nur noch eine Frage der Zeit, bis China Nordamerika von der Spitzenposition verdrängt. Für ein multinationales Unternehmen wie
die Walter AG ist es deshalb von großer strategischer Bedeutung,
in solch einem wichtigen Wachstumsmarkt gut aufgestellt zu sein.
Mit 16 Mitarbeitern begannen wir vor 15 Jahren in Wuxi,
120 Kilometer westlich von Shanghai. Heute trägt das ChinaGeschäft mit über 200 Mitarbeitern bereits rund 12 Prozent zum
Gesamtergebnis der Walter-Gruppe bei – Tendenz steigend.
Um der enormen Bedeutung des chinesischen Marktes und der
gesamten asiatischen Region gerecht zu werden, haben wir im April
in Shanghai ein Headquarter für den asiatischen Pazifikraum eröffnet. Damit können wir künftig noch besser auf die Anforderungen
unserer Kunden in Asien reagieren.
Mehr als 300 Jahre Erfahrung in der Metallbearbeitung –
nicht viele Wettbewerber haben so eine lange Geschichte wie Walter. Diese Geschichte bietet Stoff für viele Geschichten, die wir in
HIGH PERFORMANCE erzählen werden. Unsere Kompetenzmarken
Walter, Walter Titex und Walter Prototyp sind bei vielen Anwendungen das Maß der Dinge. In Branchen wie der Automobilindustrie, der Luftfahrt, dem Maschinenbau, dem Energiesektor oder
dem Schienenverkehr verhelfen wir als Kompetenzführer in der
Zerspanung unseren Kunden weltweit zu echten Wettbewerbsvorteilen. Um unseren Kunden Produktivitätsgewinne anbieten zu
können, müssen wir heutzutage aber mehr als nur unser Kernprodukt »Werkzeug« bieten. Unter unserer jüngsten Kompetenzmarke
Walter Multiply bieten wir unseren Kunden individuelle Dienstleistungen entlang der gesamten Prozesskette – rund um die Uhr und
rund um den Globus. Wie der ganzheitliche Ansatz von Walter Multiply funktioniert, erfahren Sie im Fokusthema dieser ersten Ausgabe von HIGH PERFORMANCE.
Unterhaltsame Lektüre wünscht
3
.
Inhalt
HIGH PERFORMANCE 01|2011
dmg – technologies for tomorrow
INHALT
Energy
________
DMG bietet innovative 5-Achs-Lösungen für
die Bearbeitung von Kraftwerkskomponenten und Teilen
KOMPETENZ
für Anlagen zur Nutzung regenerativer Energien. Die hohe
Technologie-Kompetenz und Produktqualität setzt dabei
Maßstäbe in der Branche.
Unternehmen
6
K ompetenz in allem, was wir tun
Ein Blick über Walter hinaus.
8
Z ahlen und Fakten zur Walter AG
10 W e go east!
Die Eröffnung eines neuen Headquarters in Shanghai ist ein
Meilenstein für Walter im asiatischen Pazifikraum.
14 M it Karaoke zum Vertrag
Kulturelle Eigenheiten führen im länderübergreifenden
Geschäftsalltag öfter mal zu Verwunderung.
18 N ews
FOKUSTHEMA
20 W
alter multiply:
AnstoSS für effizientere Prozesse
Alle Schritte einer Prozesskette im Blick.
24 V iel Mehr als nur Werkzeuge
Das Servicekonzept Walter Multiply in der Praxis:
Für den Antriebsspezialisten Voith Turbo entwickelten
die Beratungsexperten von Walter den kompletten
Fertigungsprozess für ein Getriebeteil.
28 S ervices als Überlegenheitsstrategie
| Kegelrad |
| Flügelradnabe |
| Peltonrad |
Warum Produkte ohne passende Dienstleistungen langfristig
nicht genug sind.
| Kurbelwellengehäuse |
HIGHLIGHTS DMU 210 P
_ Portalbauweise aus GGG60 mit maximaler Stabilität
für höchste Dauergenauigkeit
_ Hohe Achsdynamik: Vorschub und Eilgang bis 60 m/min,
schnelle Rundachsen, B-Achse: 30 min–1, C-Achse 12 min–1
_ Verfahrweg 1.800 × 2.100 × 1.250 mm (X / Y / Z) in den
Linearachsen, Tischbeladung bis 10 t*
_ NC-gesteuerter Schwenkfräskopf als A- oder B-Achse*
_ 5-Achs-Simultanbearbeitung mit NC-Rundtisch und
NC-gesteuertem Schwenkfräskopf als B-Achse
im Standard
_ NC-gesteuerter Schwenkfräskopf als A-Achse*
Alle DMG News unter:
so lange wie die Vorgängergeneration.
32 S tabile Verbindungen
Das Wechselkopfsystem ConeFitTM sorgt für Stabilität und
Prozess­sicherheit.
34 M ehr Tiefgang ist gefragt
Die Alpha® 4 XD-Bohrer von Walter Titex bohren »extremely deep«
ohne Luft zu holen.
36 D ie Unbezwingbaren
Industriell gefertigte polykristalline Diamanten haben optisch wenig
zu bieten, glänzen aber in puncto Schnittdaten.
* Option
>> 850 Maschinen der Portalbaureihe installiert.
Technologie 30 QUANTENSPRUNG MIT TIGER·TeC ® SILVER
Die neuen Walter-Wendeschneidplatten halten doppelt
Walter 39Mail aus Brasilien
Weltweit
von Mauricio Fonseca, Marketing Manager Walter Brasilien, Sao Paulo.
www.dmg.com
DMG Vertriebs und Service GmbH:
Gildemeisterstraße 60, D-33689 Bielefeld
Tel.: +49 (0) 52 05 / 74 - 40 00, Fax: +49 (0) 52 05 / 74 - 40 40
Wenn Ihr Mobiltelefon über eine QR-Code-Erkennungssoftware verfügt, gelangen Sie direkt auf unsere Homepage.
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kompetenz
HIGH PERFORMANCE 01|2011
Kompetenz …
… in allem, was wir tun – ein Blick über Walter hinaus.
Text: Kristina Frayne
kompetenz
HIGH PERFORMANCE 01|2011
Amedeo Barletta
Amedeo Barletta ist 1976 in einer kleinen Stadt nördlich von Neapel in der Provinz
Caserta geboren, die in der italienischen Region Kampanien liegt. Er und sein Bruder
Luigi leiten zwei der bekanntesten Weingüter in Süditalien: Poderi Foglia und Vestini
Campagnano. Beide engagieren sich für die Wiederentdeckung lokaler Traubensorten wie der roten und weißen Pallagrello- und der roten Casavecchia-Traube. Diese
Sorten waren während der Zeit der Römer gut bekannt und gerieten später nahezu in
Vergessenheit. Dank gründlicher Forschungen hat die Familie Barletta diese Trauben
zu beeindruckenden modernen italienischen Weinen verarbeitet.
Walter definiert sich als Kompetenzführer seiner Branche. Dieser Anspruch stützt sich auf hoch
www.vestinicampagnano.it
quali­­fizierte Mitarbeiter, hervorragende Produkte, exzellente Prozesse und ein effizientes Produk­
tionsnetzwerk. Aber was bedeutet Kompetenz in anderen Branchen? HIGH PERFORMANCE stellte
diese Frage an Amedeo Barletta, einen renommierten Winzer aus der italienischen Provinz Caserta.
interview
Fragen an amEdeo barletta
Wussten Sie schon?
Der süddeutsche Ingenieur, Goldschmied und
Erfinder Christian Ferdinand Oechsle (1774–­1852)
entwickelte eine Methode zur Messung der
Dichte von Traubenmost. Die Oechsle-Skala wird
verwendet, um den maximalen Alkoholgehalt
und damit die Qualität des fertigen Weins vorherzusagen und
zu entscheiden, wann die Trauben geerntet werden müssen.
Diese Skala wird auch heute noch in den Weinbaubetrieben in
Deutschland, der Schweiz und Luxemburg verwendet. In anderen Ländern werden ähnliche Methoden wie die Baumé- oder
die Brix-Skalen verwendet. Im Weinberg wird das Mostgewicht
normalerweise mithilfe eines Refraktometers gemessen (auf
Oechsle-, Baumé- oder Brix-Grade kalibriert), indem ein paar
Trauben zwischen den Fingern zerdrückt und die Mosttropfen
im Glas des Refraktometers aufgefangen werden.
Önologie
Die Önologie oder Kellerwirtschaft ist die Wissenschaft und
Erforschung aller Aspekte von Wein und seiner Herstellung,
außer dem Anbau und der Ernte der Trauben. Dieser Unter­
bereich wird als Weinbau bezeichnet. Das Wort Önologie
stammt aus dem Griechischen ονος – oinos, »Wein«, und λγος –
logos, »Rede«, »Logik« oder »Wissenschaft«.
http://de.wikipedia.org/wiki/Oenologie
6
Fotos: Amedeo Barletta / Vestini Campagnano
Signore Barletta, was ist ein Produkt, das die Auszeichnung
»Best in Class« verdient?
Für mich ist das ein Produkt, das auf der Grundlage einer
starken tragenden Idee konzipiert wurde, eine nachhaltige
Identität entwickelt und einwandfrei ausgeführt wurde. Ganz
egal, in welchem Bereich oder in welcher Branche Sie arbeiten –
ein Produkt höchster Klasse setzt voraus, dass Sie bei der Arbeit
Ihr Bestes geben und eine echte Leidenschaft für das haben,
was Sie tun.
Was bedeutet es in Ihrem Geschäft, die bestmögliche Arbeit
zu leisten?
Unser Geschäft ist aus der Forschung heraus entstanden,
und dies zeigt sich in allem, was wir tun. Wir begannen damit,
die lokalen Traubensorten der Terra di Lavoro (der historische
Name der Provinz Caserta) zu untersuchen. Zusammen mit Forschern der agronomischen Fakultät der Universität von Neapel
haben wir die Sorten Pallagrello und Casavecchia analysiert.
Wir brannten darauf, zu erfahren, wo sie genau herkamen und
wie wir sie am besten verwenden konnten. Mit einer DNA-Analyse konnten wir nachweisen, dass beide Traubensorten nur in
unserer Region vorkamen, und wir konnten sie bis zu den alten
Römern zurückdatieren. Stellen Sie sich das einmal vor:
Die Leute haben bereits in der Antike Wein von denselben Traubensorten getrunken! Wir sind sehr stolz auf die Geschichte
unserer Trauben.
Aber wir blicken auch in die Zukunft. Bei unserer täglichen Arbeit suchen wir ständig nach möglichen Methoden,
um die Qualität unserer Produkte weiter zu verbessern. Unsere
Weinkeller sind mit den modernsten Technologien für die önologische Forschung ausgestattet. Wir arbeiten mit dem Fachbereich für Nahrungsmitteltechnologie an der Universität von
Neapel zusammen und empfangen häufig internationale Forscher. Über unsere alten Traubensorten und den gesamten Prozess der Weinherstellung gibt es noch viel zu lernen.
Welche Kompetenzen erwarten Sie von Ihrem Personal,
um die gewünschte Exzellenz zu erreichen?
Wir interessieren uns selbstverständlich für ihre Ausbildung und Erfahrung. Aber noch wichtiger sind ihre persönlichen Qualitäten. Die Mitarbeiter, die wir einstellen, sind teamfähig und müssen eine Leidenschaft für unsere Weine und ihre
Geschichte haben. Die Weinkellerei Vestini Campagnano ist
ein Projekt, das darauf fokussiert, die Vergangenheit unserer
Region wieder aufleben zu lassen. Dabei hat sich gezeigt, dass
unsere Region Kampanien eine Tradition der Exzellenz hat, die
wir in die Welt hinaustragen möchten. Für unsere Mitarbeiter
bedeutet dies, dass sie nicht einfach nur für ein Unternehmen
arbeiten, sondern für ein Produkt, das unser Land und seine
Geschichte repräsentiert.
Ist Effizienz für die Weinherstellung wichtig?
Na ja, man kann natürlich die Effizienz in den Vordergrund stellen und eine größere Menge Wein herstellen. Aber
wir streben danach, die höchste Qualität zu erreichen. Wir
möchten ein besonderes Aroma erzielen, das den Menschen
höchsten Genuss bietet und sie in angenehmen Momenten
begleitet. Wenn die Menschen mögen, was wir hergestellt
haben, haben wir unsere Ziele erreicht. Ein Bereich, in dem wir
jedoch effizient sein möchten, ist die Nachhaltigkeit. Wir setzen
uns für den Schutz der Umwelt ein, weil ein bedrohter Boden
unser ganzes Geschäft in Gefahr bringt. Ein großer Teil unseres
Weinguts liegt sogar in einem Naturschutzgebiet, und deshalb
müssen wir sicherstellen, dass unsere gesamten Prozesse mit
der Natur im Gleichgewicht sind.
Was macht eine Person kompetent – unabhängig von der
Branche, in der sie tätig ist?
Ich war schon immer von Visionären beeindruckt. Denn
das ist es, was wirklich erfolgreiche Unternehmer sind. Sie wis­sen, was die Menschen mögen, worin die Menschen zu investieren bereit sind, und sie übertreffen alle Erwartungen. Echte Visionäre sind sich auch ihrer sozialen Verantwortung gegenüber
ihren Mitarbeitern, der Gesellschaft und der Umwelt bewusst.
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Unternehmen
HIGH PERFORMANCE 01|2011
Zahlen und Fakten zur
Walter AG
Firmensitz
Tübingen,
Deutschland
3.600
Unternehmen
HIGH PERFORMANCE 01|2011
Produktspektrum für die Bereiche
Drehen,
Fräsen,
Bohren,
Gewinden
Produktionsstätten
Deutschland, Frankreich, USA, Brasilien, China
33
Niederlassungen
(davon 20 in Europa,
5 in Nord- und Südamerika
und 8 in Asien)
Anzahl der Beschäftigten Weltweit
Portfolio
Entwicklung, Produktion und
Vertrieb von Präzisionswerkzeugen
für die Metallbearbeitung,
Ganzheitliche ServiceLösungen für die
Bereiche Planung, Produktion & Logistik,
Instandhaltung und Training
Vorstand
Anzahl der Katalogwerkzeuge
45.000
8
HM- und PKD-WendeplattenWerkzeugsysteme zum Drehen,
Bohren und Fräsen, zum
Beispiel die Produktfamilien
Tiger·tec®, Xtra·tec®, MODCO®
VHM- und HSSE-Bohrwerkzeuge, zum Beispiel die
Produktfamilien X·treme und
XD Technologie
VHM- und HSSE-Gewinde- und
Fräswerkzeuge, zum Beispiel
die Produktfamilien Paradur®
und Protostar®
Maßgeschneiderte Service­
lösungen für Planung, Produktion & Logistik, Instandhaltung
und Trainings
Fotos: Walter AG
Andreas Evertz (Vorsitzender),
Mirko Merlo,
Gunnar Båtelsson
Komplette Kompetenz
aus einer Hand
9
unternehmen
HIGH PERFORMANCE 01|2011
we go east!
Die Eröffnung eines neuen Headquarters in Shanghai
ist ein Meilenstein für Walter im asiatischen Pazifikraum.
Text: Karsten Eiß
Eine lange Reise beginnt mit dem ersten Schritt.
千
里
之
行,
始
于
足
下
Illustrationen: Blixen
unternehmen
HIGH PERFORMANCE 01|2011
eine
lange Reise beginnt mit dem ersten Schritt, sagt
ein altes chinesisches Sprichwort. Für diesen ersten Schritt
jedoch braucht man oft die meiste Kraft. Das mussten auch
die Walter-Emissäre erfahren, die 1996 nach China gekommen waren, um für den Tübinger Hersteller von Präzisionswerkzeugen die lokale Produktion aufzuziehen. Zu dem nach
Wuxi, 120 Kilometer südwestlich von Shanghai entsandten Projektteam gehörte damals auch der Fertigungsleiter und heutige Konstrukteur Joachim Adam. Adam kann sich noch gut
daran erinnern, wie kräftezehrend diese ersten Schritte vor
15 Jahren in Wuxi waren: »Vor allem die Kommunikation machte
uns immer wieder zu schaffen. Um zum Beispiel Bewerbungsgespräche zu führen, brauchten wir Dolmetscher.«
中
华
China will mehr als
Billigprodukte und Plagiate
Heute ist sich Joachim Adam sicher, dass der Schritt
nach China für Walter der richtige war. Was mit sechs Mitarbeitern in der Fertigung, vier in der Verwaltung und weiteren sechs
im Vertrieb begann, trägt heute mit rund 300 Mitarbeitern zu
bereits zwölf Prozent zum Gesamtergebnis der Walter-Gruppe
bei – Tendenz steigend. Obwohl Walter ein Premiumanbieter
ist, macht das Unternehmen in China gute Geschäfte. »Unsere
chinesischen Kunden legen immer stärker Wert auf qualitativ
hochwertige Werkzeuge, um ihrerseits Qualitäts­produkte anbieten zu können«, stellt Per Törnell, Markt­manager von Walter
in China, fest. So nutzen etwa chinesische Autohersteller wie
Chery Automobile, BYD und Geely Automotive oder Joint Ventu­
res wie North Benz und Shanghai VW die Werkzeuge und die Kom­petenz von Walter, um effizienter zu werden und endlich auch
als Exporteur ernst genommen zu werden. Walter-Manager Törnell
beobachtet zudem, dass die Unternehmen nicht mehr nur an
zuver­lässigen und langlebigen Werkzeugen interessiert sind.
»Unser Know-how für die effiziente Gestaltung von ganzen Produktionsabläufen ist zunehmend gefragt. Kunden lassen immer
häufiger mehrere Werkzeughersteller ge­­gen­einander antreten, um
die beste Bearbeitungsstrategie zu finden. Wer das Werkstück –
zum Beispiel einen Motorblock – am schnellsten und gleichzeitig in
bester Qualität bear­­­beiten kann, bekommt den meist mehrere Millionen Yuan schweren Auftrag.«
Walter hat dabei oft einen Vorteil gegenüber den Wettbewerbern: Serviceleistungen und Prozessberatung gehören zu
den Stärken des Unternehmens. Die geballte Kompetenz von
Walter, Walter Titex, Walter Prototyp, Walter Valenite und >
10
11
unternehmen
HIGH PERFORMANCE 01|2011
unternehmen
HIGH PERFORMANCE 01|2011
有知才有得
Nur ein Geschäft, das man versteht, verdient den Reis.
ren Erfahrung in der Metallbearbeitung. »Diesen Vorsprung können Mitbewerber nicht in wenigen Jahren aufholen«, sagt Törnell.
Deshalb war und ist Walter gut aufgestellt für Chinas lange Reise
an die Weltspitze, auch in strategischen Anwendungsbranchen wie
dem Maschinenbau, dem Energiesektor oder dem Schienenverkehr.
Das Transportwesen ist für China derzeit eine der Schlüsselbranchen, um das hohe Wirtschaftswachstum beibehalten zu können.
Deshalb wird zum Beispiel der Ausbau des Schienenverkehrs von
staatlicher Seite massiv gefördert, inklusive Netzinfrastruktur und
Hochgeschwindigkeitszügen. Ein weiterer Schwerpunkt der chinesischen Wirtschaftspolitik ist die Hochtechnologieförderung –
weil da die Gewinnmargen höher sind als bei der Lohnfertigung
von Lowtech-Produkten. Walter ist auf diesen Trend vorbereitet:
Am Standort Wuxi wurde bereits im vergangenen Jahr ein neues
Technologiezentrum eingeweiht, in dem das Unternehmen seine
Hightech-Produkte für das Drehen, Fräsen, Bohren und Gewinden
demonstriert. Denn die werden für komplexere und hoch qualitative
Produkte gebraucht.
中华
China ist nicht gleich Asien
Für ein multinationales Unternehmen wie Walter, das weltweit über 34 Niederlassungen verfügt, ist das Reich der Mitte
nicht nur ein strategisch wichtiger Markt, sondern auch der Mittelpunkt der Wachstumsregion Asien/Pazifik. Deshalb eröffnete
Walter sein neues regionales Headquarter vor Kurzem in Shanghai.
Geleitet wird Walters Asien-Geschäft künftig von Jean-Paul Dissous. Der 57-jährige Franzose ist das, was man auf Englisch an old
Asia-hand nennt. Zehn Jahre lang pendelte er für das mittlerweile
zu Walter gehörende US-Unternehmen Valenite zwischen Europa
und Asien. Dissous meint: »Das Potenzial dieser Region ist enorm
für Walter. Wir sprechen hier über Wachstumsraten von mehr als
50 Prozent, und ein Ende dieser Entwicklung ist nicht abzusehen.«
Ein Erfolgsfaktor liegt für Dissous darin, die Unterschiede zwischen
Asien und den etablierten Märkten in Europa und den USA genügend zu berücksichtigen: »Das betrifft die Prozesse, die Maschinen, die verwendeten Rohmaterialien und natürlich auch die Kultur
und Mentalität der Mitarbeiter. Selbst innerhalb Asiens gibt es
da eine große Vielfalt.« Um die Mannschaft des neuen Headquarters also auf ihre Aufgaben vorzubereiten, durchlaufen alle Mitarbeiter ein interkulturelles Training. Denn wie sagt ein weiteres
chinesisches Sprichwort: Nur ein Geschäft, das man versteht,
bringt Ernte ein. _
12
Foto: Walter AG
> Walter Multiply speist sich immerhin aus mehr als hundert Jah-
jean-paul Dissous
Leiter des WalterHeadquarters für
Asien/Pazifik in Shanghai
interview
vier Fragen an Jean-Paul Dissous
Walter hat neben dem Stammsitz in Tübingen nun ein
zwei­tes Headquarter in Shanghai. Warum?
Wenn unsere Niederlassungen in Asien/Pazifik mit einem
komplizierten technischen Problem eines Kunden konfrontiert
wurden, mussten sie in der Zentrale in Tübingen um Unterstützung bitten. Die Kollegen sind dann aus Deutschland in
das jeweilige Land geflogen, um das Problem vor Ort zu lösen.
Das war teuer und zeitintensiv. Mit dem neuen Headquarter in
Shanghai sind wir regional verankert und können in vier bis
fünf Stunden an jedem Ort der Region sein, um unsere Kunden persönlich zu unterstützen – vom etwas weiter entfernten
Australien einmal abgesehen. Kunden können unsere Experten
außerdem ohne Zeitverschiebung kontaktieren. Auch intern
bringt uns Shanghai weiter: Unsere Niederlassungen können
ihre Prozesse optimieren und sich auf ihre Kernaufgabe, den
Vertrieb, konzentrieren, weil wir in China ab sofort Funktionen
wie Personal, Finanzen, Branchenmanagement und Marketing
zentralisieren.
Walter konkurriert als Premiumanbieter mit vielen
günstigeren Anbietern in der Region. Kann das langfristig
gut gehen?
Ja, es wird gut gehen. In der westlichen Welt machen wir
uns oft falsche Vorstellungen von Asien. Selbst in Ländern mit
einem relativ geringen Lebensstandard, wie beispielsweise
Indonesien oder den Philippinen, besteht ein Bedarf an hochwertigen Qualitätswerkzeugen. Sie dürfen nicht vergessen,
dass viele ausländische Unternehmen dort Produktionsstätten
unterhalten – mit einem Qualitätsanspruch, der diese Standorte
exportfähig macht. Keiner der multinationalen Konzerne kann
es sich leisten, seine Marke mit Verweis auf geringere Qualitätsstandards an gewissen Produktionsstandorten zu entwerten.
Sie haben langjährige Erfahrung mit Asien und
asiatischen Kunden. Wobei haben Sie persönlich aus
heutiger Sicht Lehrgeld bezahlt?
Jedes asiatische Land ist anders – von der Kultur her und
von der Art und Weise, wie Geschäfte gemacht werden. Japan
war 1986 meine erste Asien-Erfahrung, und sie hat mir viel
gebracht: Ich habe festgestellt, dass man alles vergessen muss,
was wir Europäer als »Geschäftsstandards« erachten. Meine
erste Reaktion war, die japanischen Partner seltsam zu finden.
Aber Neugierde brachte mich schnell dazu, mich mehr auf die
japanische Kultur einzulassen. Ich wollte begreifen, was sie
unter Geschäftsbeziehungen verstehen. Und dadurch habe ich
einen anderen Ansatz gefunden: Sobald ich damit anfing, ihre
Verhaltensweisen nachzuahmen, wurde es viel einfacher, mit
ihnen zu kommunizieren und Geschäfte zu machen. Ich war
plötzlich nicht mehr nur der »Gaijin« (ein Ausländer), und alles
lief viel besser.
Welche Länder umfasst die Region Asien/Pazifik?
Für Walter sind das derzeit 8 Länder: Thailand, Singapur, Malaysia, Indonesien, China, Japan, Südkorea und Australien. All diese Märkte ticken unterschiedlich – so wie es auch
in Europa Unterschiede zwischen italienischen, französischen,
deutschen oder spanischen Kunden gibt. Für Shanghai haben
wir uns entschieden, weil es sehr zentral in dieser Region liegt.
Außerdem ist Wuxi, unsere größte Niederlassung, nur etwa zwei
Stunden entfernt. In Wuxi verfügen wir über eine Produktion
und ein Walter Technology Center, das ebenso gut ausgestattet
ist wie die beiden Technology Center in Deutschland und den
USA. Daher können wir ganz in der Nähe von Shanghai genau
dieselben Tests und Trainings durchführen wie in Europa und
Nordamerika.
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unternehmen
HIGH PERFORMANCE 01|2011
HIGH PERFORMANCE 01|2011
unternehmen
Pendler
zwischen den
Kulturen:
Die beiden WalterMitarbeiter Tao Fang
und Daniel Waller
Mit Karaoke zum
Kulturelle Eigenheiten führen
im länder­ü bergreifenden
Geschäftsalltag öfter mal zu
Verwunderung.
Text: Carolin Brandl
Golf spielen, eine Kunstauktion oder eine gemeinsame Fußmassage im Wellness-Klub: Solche Tagesordnungspunkte schaffen es in Europa kaum auf die Agenda eines Geschäftstermins.
In China allerdings sollte man darauf gefasst sein. Schließlich
sind persönliche Aufmerksamkeit, gegenseitiges Verständnis
und Harmonie im Geschäftsleben Ostasiens enorm wichtig. Fragt
man hingegen deutsche Manager, wodurch sich ein gutes Meeting auszeichnet, würden viele antworten: durch seine Kürze. Eine
Stadtführung gehört hierzulande nicht unbedingt zu einem Kundentermin. Geschäftspartner interessieren weniger als Privatperson. Ja, es kann sogar als unhöflich empfunden werden, seinem
Gegenüber »zu eng auf die Pelle zu rücken« .
Andere Länder – andere Sitten eben. Das wird schon deutlich, wenn Skandinavier mit Franzosen, Italienern oder Iren an
einem Tisch sitzen. Erst recht auffällig sind kulturelle Eigenheiten
allerdings, wenn West auf Ost trifft. Dann prallen Sprachen, Mentalitäten und Wertvorstellungen aufeinander, die sich über Jahrtausende relativ unabhängig voneinander entwickelt haben. Diese
unterschiedlichen Denkweisen und Umgangsformen führen im
beruflichen Miteinander, zum Beispiel zwischen Chinesen und Deut­­schen, oft zu Missverständnissen. Gefahren für den Laien lauern
über­all: Vom Geschäftsessen über den Besuch einer Karaoke-Bar
bis zu den tatsächlichen Vertragsverhandlungen müssen zahlreiche
Klippen umschifft werden. Wer Fettnäpfchen vermeiden möchte,
der benötigt meist eine interkulturelle Orientierungshilfe.
14
Vertrag
Die deutsch-chine­sische Künstlerin
Yang Liu hat sich mit europäisch-asiatischen
Missverständnissen beschäftigt. Geboren in
Peking und aufgewachsen in Paderborn, kennt sie
sich in beiden Kulturen aus. In ihrem Buch »Ost
trifft West« bringt sie wesentliche Unterschiede
auf den Punkt. (Verlag Hermann Schmidt Mainz,
ISBN 978-3-87439-733-9)
Interkulturelle Gebrauchsanleitungen
In deutschen Buchhandlungen reihen sich spezielle Kulturführer regalmeterweise aneinander. Der »China-Knigge«,
»Kulturschock China« oder »Kurioses aus dem Reich der Mitte«
sind da nur eine kleine Auswahl. Gebrauchsanleitungen für das
Land des Lächelns haben Hochkonjunktur, inzwischen reist
kaum noch ein Deutscher ohne solch ein Kompendium gesammelter Tipps für alle Lebenslagen im Gepäck zum chinesischen
Geschäftspartner. Doch warum gestaltet sich die Verständigung
zwischen den beiden Kulturen so schwierig? Der Schlüssel zum
Verständnis einer fremden Kultur liegt in deren Kulturstandards.
Diese Standards sind ungeschriebene Gesetze, die alle Angehörigen einer Kulturgemeinschaft automatisch befolgen – für
Außenstehende sind sie dagegen meist ein Rätsel. Sowohl die
chinesische Eigenart, neue Bekanntschaften sofort nach Familien- und Finanzsituation zu fragen als auch die konsequente
Trennung von Arbeit und Privatleben in Deutschland rufen beim
jeweiligen Gegenüber nur ratloses Kopfschütteln hervor. >
Selbstbild. In der deutschen Kultur besitzt das »Ich« einen
hohen Stellenwert. Selbstbewusstsein wird gefordert, Individualität ist vielen wichtig. Während der Deutsche gern unabhängig
ist, stehen in China Gemeinschaft und Zusammenhalt an erster
Stelle. Deshalb stellt Guanxi, ein Netzwerk persönlicher Beziehungen, wichtiges soziales Kapital dar, das Geschäftsleute und auch
Angestellte in ein Unternehmen einbringen. Beziehungen haben
in China immer zwei Seiten: Wer eine Gefälligkeit erbittet, muss
dafür irgendwann eine Gegenleistung erbringen – sonst leidet das
Vertrauen. Eine gut gepflegte Kundenbeziehung ist also oft noch
wichtiger als die beste Offerte. Vielmehr ist eine enge persönliche
Beziehung Teil eines geschäftlichen Angebots.
15
unternehmen
HIGH PERFORMANCE 01|2011
Tao fang (33) kommt aus
Wuhan, einer Stadt in der
Mitte Chinas mit 7 Mio. Einwohnern. Seit neun Jahren
lebt er in Deutschland, nach
seinem Studium in Stuttgart
arbeitet er heute bei Walter in
Tübingen in der Entwicklung.
interview
Gute GAstgeber fragen nach
Was fällt chinesischen Managern auf, wenn Sie mit Europäern,
beispielsweise mit Deutschen, verhandeln? Gibt es da
Unterschiede?
Die Deutschen sind in Verhandlungen viel direkter, man
beginnt unverzüglich mit dem Arbeitsthema. Die meisten Chinesen sehen den Small Talk als Beziehungsaufbau zwischen
den Geschäftspartnern. Diese Beziehung ist für Chinesen sehr
wichtig, sie erleichtert die Verhandlungen und kann bei weiterer
Zusammenarbeit nützlich sein.
Gibt es bestimmte Signale in der Kommunikation, die
Deutsche gar nicht bemerken, beziehungsweise regelmäßig
missverstehen?
Chinesen sind es nicht gewöhnt, eigene Wünsche oder
Meinungen direkt auszusprechen. Wenn Chinesen beispielsweise zum Geschäftsessen eingeladen werden, äußern sie selten,
was sie essen oder trinken möchten: Sie lassen den Gastgeber für
sich bestellen. Ein guter Gastgeber und Kenner unserer Kultur
wird bei seinen Gästen jedoch so oft nachfragen, bis sie schließlich ihre Wünsche kundtun.
Gibt es Verhaltensweisen bei den Deutschen, die Sie im
Geschäftsalltag für hinderlich halten?
Freizeit und Urlaub sind sehr wichtig in Deutschland. Egal
wie wichtig oder dringend eine Aufgabe ist: Wenn der Kollege
im Urlaub ist oder schon Feierabend hat, muss man eben warten.
Da sind meine chinesischen Kollegen oft völlig verwundert. So
etwas wäre in China nicht vorstellbar.
Gibt es Verhaltensweisen bei uns Deutschen, die Sie für unhöflich halten?
Das machen zwar alle Deutschen so, aber ich staune doch
jedes Mal wieder darüber: Deutsche schnäuzen sich häufig und
laut – sogar in der Öffentlichkeit. Die Chinesen sind ein eher
leises Volk, wahrscheinlich kann ich das Schnäuzen deshalb bis
heute nicht leiden.
Wo könnten Chinesen aus Ihrer Sicht ein bisschen mehr auf
Europäer eingehen?
Chinesen sollten sich mehr für fremde Kulturen interessieren, also zum Beispiel etwas über die Deutschen lernen, wenn sie
mit ihnen zusammenarbeiten oder in Deutschland studieren wollen. Das verhindert unnötige Missverständnisse auf beiden Seiten.
unternehmen
HIGH PERFORMANCE 01|2011
Vertrauen zahlt sich aus
Was fällt deutschen Managern auf, wenn sie mit Asiaten, zum
Beispiel mit Chinesen, verhandeln?
Als Erstes fällt wohl jedem Deutschen die Langwierigkeit
der Verhandlungen auf. Die können sich – je nach Größe des
Projekts – über Tage, Wochen oder sogar Monate hinziehen. Es
wird um jedes noch so kleine Detail gefeilscht, und der hohe
bürokratische Aufwand verzögert alles noch einmal. Doch beiderseitiges Vertrauen ist in China mindestens so wichtig wie
der Preis, deshalb lohnt es sich, diese Zeit zu investieren.
Gibt es bestimmte Signale in der Kommunikation, die Chinesen
gar nicht bemerken beziehungsweise regelmäßig missverstehen?
Eine straffe Zeitplanung oder eine strikte Arbeitsstruktur
werden von chinesischen Kunden oft als Ungeduld des Gegenübers empfunden. Eine präzise Planung gilt nicht ohne Grund
als »typisch deutsch«.
Gibt es Verhaltensweisen bei den Chinesen, die Sie im
Geschäftsalltag für hinderlich halten?
Etwas typisch Chinesisches sind die sogenannten
Guanxi-Beziehungen. Jeder Chinese verfügt über solch ein Netz
an persönlichen Verbindungen, und für Ausländer ist es fast
unmöglich, in ein lokales Netzwerk hineinzufinden.
Daniel Waller (32)
kommt aus Tübingen. In den
vergangenen vier Jahren war
er für die Walter AG in Peking
und in Nordchina tätig.
Heute arbeitet er als ToolManagement-Experte von
Walter Multiply in Tübingen.
Gibt es Verhaltensweisen bei den Chinesen, die Sie gar für
unhöflich halten?
Es gibt eine Ausnahme im eher indirekten Kommuni­
kationsstil der Chinesen: Sie sind sehr neugierig in Bezug auf
das Privatleben und die finanzielle Situation ihres Gegenübers.
Das sind in Deutschland ja eher persönliche Themen, die man
nicht mit jedem bespricht. In China sind solche Informationen
wichtig, um sich besser kennenzulernen und Vertrauen aufbauen zu können.
Wo könnten Deutsche ein bisschen mehr auf Chinesen
eingehen?
Wer ein bisschen Chinesisch spricht, wird von den Chinesen mit offenen Armen empfangen. Ein paar Sätze genügen
meist schon, um das Arbeitsklima zu verbessern. Und: Wir sollten bei der Suche nach Lösungen flexibler sein und uns nicht
von langwierigen Verhandlungen abschrecken lassen. Das kostet zwar Zeit, zahlt sich aber am Ende aus.
Hausaufgaben machen lohnt sich immer
> Eine so alte und fremdartige Kultur wie die chinesische birgt
für Deutsche viel Neues, viel Erstaunliches und viel Widersprüchliches. Manches davon schreckt ab, anderes begeistert.
Doch wer seine Hausaufgaben macht, wer sich eine fremde
Kultur erschließt und sich in ihr souverän bewegen kann, hat
immer einen Vorteil. Fach- und Methodenkompetenz allein reichen in einem interkulturellen Umfeld manchmal nicht aus, um
ein Vorhaben zum Erfolg zu führen. Der Deutsche, der auf einer
Firmenveranstaltung in China mit jedem einzelnen der über
hundert chinesischen Mitarbeiter anstieß, hat zwar am nächsten Morgen Kopfschmerzen – dafür aber auch einen guten Eindruck hinterlassen. _
Fotos: Kristina Frayne,
Birgit Jaschke,
Yang Liu,
Verlag Hermann Schmidt, Mainz
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Problemlösung. Während der Deutsche geradewegs auf
eine Aufgabe zusteuert und sie zügig abarbeiten will, hält man
in China das Problem für ebenso beweglich wie den Menschen.
Deshalb zahlt es sich nach Meinung vieler Chinesen oft aus, den
günstigsten Moment für die Lösung abzuwarten. Konflikte werden in China selten offen ausgetragen, da der Unterlegene dabei
einen Gesichtsverlust erleiden würde. Ein Beispiel: Ein chinesisches
Unternehmen entschließt sich, Vertragsverhandlungen mit einem
deutschen Lieferanten nicht weiter zu verfolgen. Allerdings sagt
das den Deutschen niemand. Erst als diese mehrmals nachfragen, werden sie informiert, dass die Chinesen kein Interesse mehr
haben. Der Grund: Der Kunde hatte gehofft, das Problem aussitzen
zu können, bis es die Deutschen vergessen haben, um dem deutschen Verhandlungsführer die peinliche Situation zu ersparen.
Meinung. Deutsche sind sehr meinungsfreudig, und oft äußern
sie sich direkt und unverblümt. Einen eigenen Standpunkt zu haben
und diesen auch zu verteidigen, gilt als charakterliche Stärke.
Miteinander »Klartext« reden, wenn es sein muss auch mal laut,
gehört dazu. Anders in China: Der Kommunikationsstil im Reich
der Mitte gleicht einem verschlungenen Pfad. Chinesen wollen
ihr Gegenüber nicht mit der eigenen Meinung abschrecken. Das
direkte Aussprechen der eigenen Gedanken gilt als unhöflich.
Ärger. Ist der Deutsche über jemanden verärgert, kann er das
oft kaum verbergen. Die Körpersprache gibt hierzulande meist
genau Auskunft über das Befinden. Der Chinese ärgert sich zwar
ebenfalls, doch lässt er sich äußerlich kaum etwas anmerken. Hier
gilt die Devise: Das eigene Gesicht wahren, höflich bleiben, niemanden mit der eigenen Befindlichkeit belästigen – so wie es Konfuzius gelehrt hat.
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unternehmen
HIGH PERFORMANCE 01|2011
unternehmen
HIGH PERFORMANCE 01|2011
E
w
s
Fotos: Walter AG, Birgit Jaschke
Fotos: Walter Singapore
N
Um weiteres Geld für die weiße Schönheit zu sammeln, nahm die Mannschaft von Walter Singapore an einem
6,2 Kilometer langen Benefiz-Lauf teil.
Vorher und Nachher:
Die Azubis der Walter Akademie können schon so einiges.
Wer den Tiger schätzt,
muss ihn schützen
der bei jungen Leuten beliebten TV-Show »Pimp my Ride«, über
eine Truppe ideenreicher Automechaniker. Inzwischen ist aus dem
Velorex in wenigen Monaten ein echter Hingucker geworden.
Winnies strahlend blaue Augen leuchten, denn die AlbinoTiger-Dame aus dem Zoo in Singapur freut sich über neue Adoptiveltern: die Walter Niederlassung Singapore. Dabei lässt sich Walter
die Zufriedenheit der schönen Raubkatze einiges kosten. Der Singapore Zoo deckt damit den Unterhalt für Winnie und bietet seinen jährlich rund 1,6 Millionen Besuchern eine Art Weiterbildung
in Sachen Tiger an. Ziel ist, Menschen für den Schutz frei lebender
Tiger zu sensibilisieren, die durch Wilderei und Waldrodungen akut
vom Aussterben bedroht sind. Die Walter AG unterstützt neben
dem Zoo von Singapur auch den World Wild Fund for Nature mit
der Patenschaft für einen frei lebenden Tiger.
www.panda.org
Theorie und Praxis Hand in Hand
Der regelmäßige Austausch mit der Wissenschaft ist für
Walter als Kompetenzführer in der Zerspanung von großer Bedeutung: Bereits seit mehr als zehn Jahren besteht eine enge Zusammenarbeit mit der Westsächsischen Hochschule Zwickau. Die
Studenten gewinnen dadurch wertvolle Einblicke in die Praxis,
und Walter nutzt die Ergebnisse für die Entwicklung neuer Produkte und Technologien. Ein Schwerpunkt in der Zusammenarbeit
liegt auf der Entwicklung und Erprobung von Werkzeugen für die
Komplettbearbeitung von Turbinenschaufeln für die Energieindustrie. »Neben der Unterstützung in Form von Werkzeugen profitieren unsere Studenten von der Zusammenarbeit mit einem der
www.fh-zwickau.de
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führenden Werkzeugunternehmen der Branche durch einen engen
und fruchtbaren Austausch mit den Experten von Walter«, sagt
Professor Michael Schneeweiß, Wissenschaftsbereichsleiter im
Institut für Produktionstechnik der Hochschule.
Werkzeuge per Fingertipp
Als einziger Hersteller auf dem Markt bietet Walter mit
Walter Tools & More eine Smartphone-Anwen­dung, die detail­lier­te Schnittdatenberechnungen ermöglicht: Beim Fräsen für
Eck-, Plan- und Nutfräsen, beim Bohren sowohl für das Voll- als
auch das Aufbohren und beim Drehen für das ISO-Drehen und
Ste­chen. Der Wirtschaftlichkeitsrechner stellt darüber hi­naus
zwei Werkzeuglösungen schnell und einfach einander gegen­
über. Über den Walter Toolshop kann der Nutzer Werkzeuge
direkt online bestellen. Zudem kann er mobil auf Online-Ressourcen, wie beispielsweise den YouTube-Ka­nal Wal­ter TV, zugreifen.
Die kostenlose Anwendung Walter Tools & More ist in 23 Sprachen
– unter anderem auch in Schwäbisch, Thai und Ungarisch – verfügbar. Die App Walter Tools & More gibt es zum Download hier:
http://goo.gl/iXz0N
Pimp my Velorex
Nur rund 15.000-mal wurde das überdachte, mo­torisierte
Drei­rad Velorex bis 1971 in der damaligen Tschechoslowakei produziert. Eines da­von stand jahrelang ungenutzt im Schuppen
von Thomas Faltejsek aus Tübingen, dem die Zeit fehlte, es wieder aufzumöbeln. Der Vorstandsvorsitzende der Walter AG, Andreas Evertz, entdeckte die Rarität und bot an, das Velorex wieder
fahrtüchtig und zulassungsfähig zu machen. 15 Auszubildende
der Walter Akademie nahmen sich der Aufgabe an, ganz im Sinne
Werkzeuginnovationen hautnah
Walter präsentiert Neuheiten und Produktinnovationen regelmäßig auf internationalen Werkzeugmessen:
GrafikEN ändern leicht gemacht
Werkzeugdatenpflege kann ganz einfach sein: Mit der Software TDM 2D-Grafik Editor von TDM Systems können Anwender
des Tool-Data-Management-Systems (TDM) 2D-Werkzeugzeichnungen direkt in der TDM-Software ändern. Egal nach welchen
Standards die Grafiken erstellt wurden, mit der Software können
die Anwender sie schnell anpassen bezüglich Nullpunkt, Ausrichtung und Zeichnungslayer. Bisher mussten die Nutzer dafür stets
in ein CAD-System wechseln, was zeitaufwändig ist. Mit der intuitiv
zu bedienenden Software entfällt dieser Schritt.
www.tdmsystems.com
Die Walter AG –
jetzt auch auf Facebook!
Kunden und Interessenten informieren sich über das Unternehmen und sein Angebot auf der weltweit größten Social MediaPlattform.
19.09.–24.09. | EMO | Hannover | Deutschland
Weltleitmesse der Metallbearbeitung, internationaler Branchentreff und Weltforum der Technikkompetenz
www.emo-hannover.de
17.10.–20.10. | CMTS | Toronto | Kanada
Die Canadian Manufacturing Technology Show ist Kanadas
größtes Forum für lokale und internationale Her­steller aus der
Fertigungs- und Automationsindustrie
www.sme.org/cmts
15.11 –16.11. | Energy Days | Tübingen
Deutschland
Im Mittelpunkt der Energy Days am Firmensitz von Walter
in Tübingen stehen aktuelle Trends sowie neue Technologien und
Entwicklungen in der Branche
www.walter-multiply.com
www.facebook.com/waltertools
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FOKUSTHEMA
HIGH PERFORMANCE 01|2011
FOKUSTHEMA
HIGH PERFORMANCE 01|2011
Cost per Part ist die Königsdisziplin des WerkzeugManagements. Hier werden wir nicht an den Preisen
für unsere Werkzeuge gemessen, sondern an der
Michael Schneider,
Ersparnis pro Bauteil.
Director Services & Engineering,
Walter AG
Foto: Corbis
FoKusthema Walter multiply:
AnstoSS
für effizientere
Prozesse
Mit seinem neuen ServiceKonzept Walter Multiply
hat der Werkzeughersteller alle möglichen Schritte
einer Prozesskette im Blick.
Text: Birgit Jaschke
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Newtons
Pendel demonstriert einfach und doch eindrucksvoll, wie Energie innerhalb eines Systems erhalten bleibt.
Bringt man die linke Kugel zum Schwingen, wird nach dem Aufprall nur die rechte Kugel abgestoßen, die beiden in der Mitte
bewegen sich nicht. Walter hat die Newtonsche Erkenntnis
auf die Metallzerspanung übertragen: Für Qualität und Effizienz muss jeder Schritt einer Prozesskette optimal eingestellt
sein – ist ein Fehler erst ein­­­mal passiert, kann er nur schwer
wieder ausgebügelt werden. Nach dieser Regel hat Walter sein
bisher punktuelles Serviceangebot »eingependelt«. Das Ergebnis heißt Walter Multiply und be­steht aus vier Bereichen, die
ganzheitlich vernetzt sind: Walter identifiziert innerhalb der Prozesskette seiner Kunden alle Möglichkeiten, Zeit und Geld zu
sparen. »Wenn sich ein Kunde für ein Werkzeug entscheiden
soll, zählt für ihn zunehmend das beste Gesamtpaket. Und dazu
gehört eben auch, dass ich ihm vermittle, wie er unsere Werkzeuge
am effizientesten einsetzt«, sagt Michael Schneider. Schneider ist der Kopf der neuen Kompetenzmarke Walter Multiply.
Darin eingeflossen ist das Know-how aus knapp hundert Jahren Werkzeugherstellung bei Walter – gegliedert in vier Bereiche.
Guter Service ist auch im Werkzeugmarkt nichts WalterExklusives, auch andere Anbieter bieten Dienstleistungen rund
um ihre Produkte. Was also ist das Besondere an Walter Multiply?
Walter Multiply ist die Antwort auf alle Fragen, die sich bei der Zerspanung eines Bauteils stellen, angefangen bei den der Fertigung
vorgelagerten Phasen wie der Auswahl der Werkzeuge oder der
Produktionsplanung. Der Service von Walter endet jedoch nicht
mit der Herstellung eines Bauteils durch den Kunden, sondern
schließt auch die fachgerechte Wiederaufbereitung der Werkzeuge
oder deren umweltschonende Entsorgung mit ein. Die ersten
drei Bereiche Planung, Produktion & Logistik und Instandhaltung
werden schließlich durch Bereich Nummer vier komplettiert, die
Trainings für den Anwender. Das Fazit: Walter ist für seine Kunden längst nicht nur Werkzeuglieferant, sondern Prozessoptimierer
über die gesamte Fertigungskette.
Gut geplant ist halb gewonnen
Wichtige Details sind vor dem Bearbeiten eines Werkstücks zu klären: die benötigten Maschinen und Werkzeuge
sowie die Abläufe. Der Planungsbereich von Walter Mul­t iply
beinhaltet deshalb einen Toolroom Setup. »Wir analysieren die
konkrete Situation des Kunden und richten ihm einen schlüsselfertigen Werkzeugvoreinstellraum ein«, sagt Michael Schnei­­der, »das entlastet die Mitarbeiter unserer Kunden, und sie erhal-­
ten genau auf den jeweiligen Bedarf abgestimmtes Equipment und den dazugehörigen Prozess.« Unter dem Strich sin­ken durch den Walter-Support die Kosten pro Bau­teil. Kunden, die
bereits mit einem Werkzeugvoreinstellraum arbeiten, können sich
diesen durch die Experten von Walter neu ordnen lassen – auf dem
Papier oder in der Realität. Das heißt, dass Walter maßgeschneiderte Konzepte für Werkzeugvoreinstellräume anbietet oder auch
gleich die Umsetzung eines solchen Konzepts.
Ein weiterer Baustein des Planungsbereichs sind die Walter Productivity Services: Sie zeigen durch eine detaillierte Analyse
der gesamten Prozesskette auf, wo unnötig Zeit und Geld investiert werden. Ziel ist entweder ein verbesserter oder ein komplett
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FOKUSTHEMA
HIGH PERFORMANCE 01|2011
entweder die voreingestellten Werkzeuge oder der Service erfolgt
direkt vor Ort. Auch ein Recycling-Service gehört zum MultiplyBereich für Produktion & Logistik: Verschlissene Werkzeuge werden von Walter entsorgt. Der Kunde erhält den entsprechenden
marktüblichen Preis für Hartmetall in Form einer Gutschrift für
neue Produkte oder Services. Walter selbst arbeitet die Sekundärrohstoffe fachgerecht auf und verwendet sie für neue Werkzeuge.
Produktion wie am Schnürchen
Ein zweites Leben nach der Schicht
Den Fertigungsprozess reibungslos am Laufen zu halten, ist
das Ziel des Servicebereichs Nummer zwei für Produktion & Logistik. Dabei geht es um die konstante Versorgung mit den richtigen
Werkzeugen. Mit der Walter Tool Data Management Software wer-
Die Werkzeuge haben ihre Arbeit getan, viele von ihnen sind
bei guter Pflege wiederverwendbar – Zeit also für das Wellnessprogramm, sprich Wiederaufbereitung und Reparatur. Bereich Nummer drei kümmert sich um die Instandhaltung von Werkzeugen.
Foto: Walter AG
neuer Prozess. Um nicht die Maschinenkapazität des Kunden zu >
> beanspruchen, fahren die Spezialisten den Prozess in einem
der Walter Technology Center ein, optimieren ihn und produzieren
die ersten Bauteile. Wenn der Prozess reibungslos läuft, »übergeben« sie ihn an den Kunden. »Der Anwender spart sich aufwändige
und teure Versuche, um die ideale Vorgehensweise zu ermitteln«,
erklärt Michael Schneider.
Was macht Walter Multiply besonders?
Der Blick auf die gesamte Prozesskette: Das Konzept
berücksichtigt alle Schritte, die bei der Zerspanung eines Bauteils nötig werden. Der Anwender erhält ein maßgeschneidertes
Beratungs- und Dienstleistungsangebot, das die Komplexität
seiner Prozesse reduziert – mit dem Ziel, die Produktivität zu steigern und die Kosten zu senken. Wir übernehmen Verant­wortung
über das Werkzeug hinaus, und wir wollen dem Kunden ein
Stück Verantwortung abnehmen.
_ 1 Software Walter Tool
Data Management
_ 2 Tool Management
_ 3 Recycling
_ 4 Walter Toolshop
den die Werkzeug- und Betriebsmitteldaten verwaltet, ebenso die
Ausgabe und die Beschaffung von Werkzeugen. Das Programm
kann auch den Warenein- und -ausgang steuern und sogar das
Qualitätsmanagement. Kunden können so ihr gesamtes Lager
organisieren. Walter bietet außerdem an, den vorhandenen Werkzeugbestand per Computer zu erfassen und die aufwändige Dateneingabe zu erledigen. Um Werkzeuge effizient zu verwalten, hält
das Modul Tool Management eine Vielzahl an Möglichkeiten bereit.
Durch einen Ausgabeautomaten sind alle notwendigen Werkzeuge
rund um die Uhr verfügbar. Zudem erhalten Kunden wichtige Insiderinformationen – beispielsweise darüber, welche Abteilungen
den höchsten Werkzeugbedarf haben. Michael Schneider ist sich
sicher, dass der Kunde gleich mehrfach profitiert: »Er kann sich
vollständig auf seine Kernaufgaben konzentrieren, reduziert die
Anzahl seiner Lieferanten und damit auch sein finanzielles Risiko.
Er profitiert von unserem Know-how und steigert damit seine
Flexibilität.« Im Rahmen der Voreinstell-Services liefert Walter
22
Services für
Instandhaltung
_ 1 Reconditioning
_ 2 Maßgeschneiderte
Wiederaufarbeitung von
PKD-Werkzeugen
Services für
Trainings
_ 1 Am Kundenstandort
_ 2 Bei Walter in Tübingen
_ 3 Für definierte Bauteile
und Operationen
In den weltweit verteilten Reconditioning-Centern bringen WalterSpezialisten die Werkzeuge der Kunden wieder nahezu in den Originalzustand. Die Kostenvorteile der Runderneuerung müssen hier
nicht erläutert werden: Bei dreimaligem Nachschleifen und Wiederbeschichten sinken die Kosten pro Operation um zirka die Hälfte. In
der eigens entwickelten Mehrwegverpackung »RedBox« holt Walter die Werkzeuge beim Kunden ab und liefert sie nur wenige Tage
später zurück, und zwar in Originalqualität. Im Rahmen von War­
tungsverträgen bietet Walter diesen Service in festen Intervallen an.
Illustration: Blixen
_ 1 Werkzeug voreinstellraum
_ 2 Walter Productivity
Services
_ 3 Technology Center
Services für Produktion & Logistik:
Michael Schneider
Director Services
Engineering, Walter AG
Vom Werkzeughersteller zum Optimierer von Zerspanungsprozessen
Drei Fragen an Michael Schneider
Walter Multiply
auf einen Blick
Services für den
Planungsbereich:
FOKUSTHEMA
HIGH PERFORMANCE 01|2011
Ist der »Service-Anzug« immer maßgeschneidert, oder gibt es
den auch »von der Stange«?
Die Bereiche sind standardisiert, um abzusichern, dass
sie unser gebündeltes Know-how enthalten und weltweit die
gleichen Qualitätsstandards gelten. Die Prozesse sind natürlich bei jedem Kunden unterschiedlich und erfordern ein
Trainings profitieren die Kunden vor allem von Walters jahrzehntelanger Erfahrung in allen Fragen der Zerspanung. Dabei lernen
sie unter fachkundiger Anleitung – entweder am eigenen Standort oder in der Walter Akademie in Tübingen – wie sie sich einem
Maximum an Effizienz nähern können. Inhaltliche Schwerpunkte
sind beispielsweise alternative Bearbeitungsprozesse, einzelne
Werkstoffe oder auch kundenspezifische Anwendungen. Für Letztere haben sich die »Akademiker« von Walter auf branchentypische Anforderungen aus den Bereichen Luft- und Raumfahrt,
Automotive, Energie oder Schienenverkehr spezialisiert.
maßgeschneidertes Vorgehen. Der Schwerpunkt eines Trainings
kann beispielsweise auf der Art der Bearbeitung liegen oder
auch auf einzelnen Werkstoffen.
Wie viel kostet Walter Multiply?
Für das Recycling und die Wiederaufbereitung von Werkzeugen berechnen wir fixe Preise, die sich zum Beispiel nach
der Produktfamilie richten. Für Schulungen vor Ort berechnen
wir einen festen Tagessatz für den Trainer. Bei Planung, Produktion und Logistik richtet sich unser Angebot nach den Optimierungszielen, also zum Beispiel nach einzusparenden Kosten
pro Bauteil.
Michael Schneider die Idee des Konzepts zusammen, »wir liefern
ihm optimale Prozesse, mit denen er seine Fixkosten senken und
in variable Kosten umwandeln kann. Wer mit Walter zusammen­
arbeitet, kann sich auf seine Kernkompetenzen konzentrieren.«
Walter Multiply wird bereits erfolgreich in Deutschland und in den
USA angeboten, für 2011 steht die Markteinführung in anderen
europäischen Märkten und in China an. _
Bei den »Akademikern« lernen
Wer in der Fertigungsindustrie erfolgreich sein will, muss
stets auf dem neuesten Stand der Technik sein – anders können
Hersteller nicht mit den Produktivitätstrends ihrer jeweiligen Branche Schritt halten. Mit dem Multiply-Bereich Nummer vier für
Klares Leistungsversprechen statt
»Katze im Sack«
»Mit Walter Multiply erhält der Kunde ein perfekt aufeinander abgestimmtes Beratungs- und Dienstleistungsangebot« fasst
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FOKUSTHEMA
HIGH PERFORMANCE 01|2011
FOKUSTHEMA
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Viel mehr als
nur Werkzeuge
_ 1
Das Servicekonzept Walter Multiply in der Praxis:
Für den Antriebsspezialisten Voith Turbo entwickelten
die Beratungsexperten von Walter den kompletten
Fertigungsprozess für ein Getriebeteil.
Text: Birgit Hummler
Auf den ersten Blick sieht das Teil wenig spektakulär aus.
Doch Josef Pfaffeneder und Michael Dirrigl kennen die Tücken
des Kolbenringträgers. Das dünnwandige Werkstück aus Grauguss GG 25 mit unterschiedlichen Wandstärken und damit unterschiedlichen Härten in verschiedenen Bereichen setzt bei der
Bearbeitung Spannungen frei. Das führt zu Verzug. Die Vorga­
ben für Lage- und Flächentoleranzen des fertigen Kolbenring­­trägers sind jedoch extrem eng: Zum Beispiel muss eine Boh­­­­
rung mit einem Durchmesser von 66 Millimetern und einer Tie­­
fe von 113 Millimetern eine Rundheit von einem Hundertstel
aufweisen. Hohe Präzision ist bei den Kolbenringträgern ent­­­­scheidend, denn über sie werden die einzelnen Getriebestufen
in Automatikgetrieben gesteuert, wie Voith Turbo sie baut. Hydraulisch über Ölkanäle werden in diesen Getrieben die Schaltmechanismen ausgelöst. Bei einer ungenauen Bohrung würde Öl
auslaufen – und das Getriebe nicht mehr exakt schalten.
Gute Zusammenarbeit
V. l. n. r.: Uwe Eberle (Manager OEM Support, Walter AG),
Michael Dirrigl (Werkzeugtechnologie, Voith Turbo Garching),
Josef Pfaffeneder (Maschinenbeschaffung, Voith Turbo
Garching), Günter Vonay (Technische Beratung und Verkauf,
Walter Deutschland GmbH).
www.walter-multiply.com
24
Mehr als zehn Jahre lang wurden die Rohlinge bei Voith Turbo
in Garching bei München auf mehreren Maschinen hintereinander bearbeitet – in vier Drehfolgen und drei Fräsaufspannungen.
Anfang 2010 stellte der Antriebsspezialist auf eine neue Fertigungsstrategie um. Ziel war die Komplettbearbeitung der Kolbenringträger auf nur noch einer Maschine – inklusive Drehen, Fräsen
und Bohren. »Wir brauchten dabei absolute Prozesssicherheit,
um den täglichen Bedarf von etwa 90 Teilen zuverlässig abdecken zu können«, erklärt Josef Pfaffeneder, der bei Voith Turbo für
neue Technologien und die Maschinenbeschaffung zuständig ist.
Pfaffen­eders Wahl fiel schließlich auf eine DrehFrähs-Maschine
von MAG Böhringer.
_ 1 präzise:
Große Herausforderung –
die zentrale Bohrung
_ 2
_ 3
_ 2 vorher:
Graugussrohlinge für
den Kolbenringträger
_ 3 nachher:
Kolbenringträger für
Voith-Busgetriebe
Fotos: Olaf Otto Becker
Für die neue Maschine musste auch eine neue Bearbeitungsstrategie entwickelt werden. Voith Turbo fragte zwecks
Unterstützung bei Walter an. Günter Vonay, der zuständige
Walter-Kundenberater, schlug daraufhin vor, nicht nur die >
25
FOKUSTHEMA
HIGH PERFORMANCE 01|2011
die zusammenarbeit mit walter war beispielhaft.
Josef Pfaffeneder,
für uns hat sich die sache gelohnt.
Maschinenbeschaffung,
Voith Turbo Garching
> Werkzeugauswahl, sondern den gesamten Fertigungsprozess
Walter Technology Center
Ein wichtiger Baustein der Walter Multiply Kompetenzmarke
ist die Planung von Bearbeitungsprozessen. Im Walter Tech­­
nology Center in Tübingen werden dabei sowohl bestehende
Prozesse optimiert als auch neue Optimalprozesse entwor-­
fen. Walter stellt diese Einrichtung seinen Kunden zur Verfügung, um »fernab von alltäglichen Pflichten«, die eine
Serienfertigung mit sich bringt, Werkzeuge und Verfahren
an den Bauteilen der Kunden zu erproben.
zu übernehmen – von der NC-Programmierung über die Abstimmung mit dem Maschinenhersteller und dem Lieferanten für die
Spannmittel bis hin zum Einfahren der Serienfertigung. Vonay holte
einen Kollegen und erfahrenen Fachmann mit ins Boot: Uwe Eberle,
der bei Walter in Tübingen für den OEM Support, also vor allem die
Erstausrüstung von Maschinen, verantwortlich ist. Eberle kniete
sich rein und präsentierte seine Ideen schließlich bei Voith Turbo.
Danach war klar: Voith Turbo will diesen Weg gehen und erstmals
eine komplettes Projekt als Dienstleistung von einem Werkzeug­
lieferanten einkaufen.
Mit viel Know-how und
noch mehr Tüftelei
Maschine mit
allen Fräsköpfen:
Dreh-Fräs-Maschine mit
drei Revolvern und
36 Werkzeugplätzen
26
Seit Beginn des Jahres 2010 werden die Kolbenringträger
komplett auf nur noch einer Maschine gefertigt. Josef Pfaffeneder
ist zufrieden und sagt: »Die neue Anlage kam ziemlich schnell zum
Laufen. Mit dem neuen Prozess haben wir die Bearbeitungszeit
um etwa 30 Prozent reduziert. Die Teile sind außerdem von höherer Qualität, weil wir nur noch auf einer Maschine fertigen und
so Umspannfehler vermeiden.« Dieser Erfolg ist keine Selbstverständlichkeit, sondern hart erarbeitet. Denn der Kolbenringträger
hat wie gesagt seine Tücken: Das sind vor allem die Spannungen
im Grauguss, die sich nach dem Abtragen der Außenhaut ihren
Weg suchen und zum Verzug des Teils führen können. Beim alten
Fertigungsprozess machte dies weniger Probleme, da sich die
Spannungen in der Zeit zwischen zwei Arbeitsschritten auf verschiedenen Maschinen lösen konnten. Bei der Bearbeitung auf der
neuen Maschine durfte dieser Verzug auf keinen Fall Auswirkungen
auf die Lagetoleranzen und die Rundheit der zentralen Bohrung in
der Mitte des Werkstücks haben. Die exakte Planung der einzelnen Arbeitsschritte ist deshalb wichtiger als bei der alten »MultiMaschinen-Fertigung«. Auch die bereits im Rohling vorgegossenen
Ölkanäle, die die Innenfläche der zu bohrenden Öffnung unterbrechen, machten die hoch präzise Bohrung zu einer Herausforderung,
da das Bohrwerkzeug viele unterbrochene Schnitte zu bewältigen hat.
FOKUSTHEMA
HIGH PERFORMANCE 01|2011
Das Technology Center bietet die Chance,
Werkzeuge im direkten Kontakt mit der Walter-Entwick­­lung
und -Fertigung auszulegen.
Uwe Eberle,
Manager OEM Support,
Walter AG
Es war Uwe Eberle, der die Lösung fand: »Wir haben extra für
diese Anwendung eine Sonderwendeschneidplatte kreiert und in
unserem Technology Center in Tübingen getestet. Der von uns eingesetzte Schneidstoff ist die bewährte Walter-WAK10 Tiger·tec®
Sorte für Gussbearbeitung. Die Platte hat jedoch eine Schneidegeometrie mit einer speziell abgestimmten Kantenverrundung.
So konnten bei der Schlichtbearbeitung der Bohrung die Schnitt­
drücke reduziert und das Aufschwingen der Bohrstange verhindert
werden.«
Das Technology Center konnte auch bei einem anderen Problem helfen: Ein Spanndorn bereitete bei Voith Turbo zunächst
Schwierigkeiten. Da die Spannung nicht stabil genug war, verdrehte
sich das Werkstück bei der zentralen Bohrung. Gemeinsam mit
dem Hersteller der Spannmittel fuhren Uwe Eberle und seine Kollegen mehrere Tests und tüftelten eine Lösung aus. Er sagt: »Das
Technology Center bietet die Chance, Werkzeuge im direkten Kontakt mit der Walter-Entwicklung und -Fertigung auszulegen. Es
gibt nicht sehr viele Werkzeuganbieter, die das offerieren.«
Neben qualitätskritischen Kriterien optimierten Eberle und
sein Team auch den Zeitaufwand für die Fertigung der Kolbenringträger. Fünf Umspannungen waren ursprünglich geplant zwischen
den beiden Spindeln der Maschine. Die neu entwickelte Bearbeitungsstrategie für die MAG Böhringer sah schließlich nur noch drei
vor. Außerdem können alle Bearbeitungen am Bauteil durch spezielle Werkzeuglösungen hauptzeitparallel ausgeführt werden. Mit
dem dafür nötigen Sonderwerkzeug aus dem Walter Cut Abstechsystem können zeitgleich drei verschiedene Einstiche innerhalb
derselben Taktzeit gefertigt werden – in den vorgegebenen Toleranzen und Oberflächengüten.
Das Feintuning von Prozess und Maschine war letztlich eine
intensive dreiwöchige Phase der Zusammenarbeit zwischen
Maschi­nenhersteller, Spannmittellieferanten, Walter-Spezialist
Uwe Eberle und den Voith-Mitarbeitern Michael Dirrigl und Josef
Pfaffeneder. Pfaffeneders Fazit: »Diese Zusammenarbeit zwischen
allen Partnern, insbesondere aber zwischen Voith Turbo und Walter
war beispielhaft. Für uns hat sich die Sache gelohnt!« _
Voith und Voith Turbo
Voith Turbo als Spezialist für hydrodynamische Antriebs-,
Kupplungs- und Bremssysteme für den Einsatz auf der Straße,
der Schiene, in der Industrie und für Schiffsantriebe, ist ein
Konzernbereich der Voith GmbH aus Heidenheim. Voith
setzt Maßstäbe in den Märkten Energie, Öl & Gas, Papier,
Rohstoffe und Transport & Automotive. Gegründet 1867
ist Voith eines der großen Familienunternehmen Europas
mit heute knapp 40.000 Mitarbeitern, 5,2 Milliarden Euro
Umsatz und Standorten in rund 50 Ländern der Welt. Am
Fertigungsstandort Garching bei München stellt Voith
Turbo mit etwa 500 Mitarbeitern Antriebskomponenten für
Straßen- und Schienenfahrzeuge her.
Bearbeitungs­
prozess:
Drei Einstiche in
der­selben Taktzeit
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FOKUSTHEMA
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FOKUSTHEMA
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Services als
ÜberlegeNheitsstrategie
Mit Dienstleistungen Krisen meistern
IBM als Dienstleister
Services eignen sich hervorragend zur Kundenbindung,
zum Beispiel als Wartungs- oder Versicherungspakete rund um
eine Maschine, ein Fahrzeug oder eine Software. Sie stabilisieren konjunktursensible Geschäftsbereiche, bieten außerdem eine
Wachstumsperspektive und sichern Unternehmen das Überleben
in schwierigen Zeiten. Beispiel Xerox: Bis 1975 wuchs der Hersteller von Druckern und Kopierern stetig. Kein Wunder, bei nahezu
hundertprozentiger Marktabdeckung allein in den USA. Dann meldete sich das Kartellamt. Xerox musste sich verpflichten, seine
Patente an die Konkurrenz zu lizenzieren. Das Unternehmen setzte
nun verstärkt auf Dienstleistungen und experimentierte lange,
den richtigen Angebotsmix zu finden. Heute ist das Dokumentenmanagement ein wichtiges Angebot, Kunden können auch ganze
Geschäftsprozesse wie das Rechnungswesen an Xerox auslagern.
Warum Produkte ohne passende Dienstleistungen
langfristig nicht genug sind. Text: Kristina Frayne
Unabhängig von einer bestimmten Branche sind Gesamtpakete aus Produkten und Services mittlerweile Gang und Gäbe.
Illustration: Blixen
Foto: Münzl
eine Angel sieht simpel aus im Amazonasgebiet: An einem
halbmeterlangen Ast baumelt an einer ebenso langen Schnur
ein Haken. Doch so einfach das Werkzeug ist, Unerfahrene fangen damit selten etwas – auch nicht in der Trockenzeit, wenn die
Fische eingeengt werden im niedrigen Flussbett. Es genügt eben
nicht, den Köder irgendwo ins Wasser zu hängen. Erst die Tipps der
Einheimischen machen den Unterschied. Sie kennen die richtige
IBM
IBM, Spitzname »Big Blue«, gehört mit einem Umsatz von
99,9 Milliarden US-Dollar im Jahr 2010 zu den weltweit
größten Anbietern im Bereich Informationstechnologie und
B2B-Lösungen. Das Unternehmen beschäftigt derzeit knapp
400.000 Mitarbeiter und ist in über 170 Ländern aktiv.
www.ibm.com
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Technik, um die Fische zum Anbeißen zu bringen: Dippen Angler
einen Köder mehrmals aufs Wasser, hört sich das wie hineinfallende Insekten an. Die Piranhas schnappen zu.
Was zeigt diese Geschichte? Selbst einfache Werkzeuge
müssen erklärt werden. Umso stärker gilt das für komplexe Produkte, die dazu noch Teil eines ausgefeilten Prozesses sind. Nur
wer das gut kann, hat nach Studien der Unternehmensberatung
McKinsey das Zeug zum Kompetenzführer seiner Branche. Drei
Qualitäten zeichnen solche Unternehmen aus: Die Entwickler kennen die Märkte der Kunden und alle verwandten Technologien bis
ins Detail. Zweitens sind sie nicht nur Produkt-, sondern auch Prozesskenner. Und drittens wissen sie, wie man Technologien am sinn­vollsten einsetzt. Beispiel Siemens: Um gegenüber Flughafenbetreibern als Komplettanbieter auftreten zu können, bündelte das
Unternehmen unterschiedliche Technologien aus verschiedenen
Konzerneinheiten. Im Siemens Airport Center in Fürth, dem »Flughafen ohne Landebahn«, können Kunden deren Produkte seitdem
im Zusammenspiel erleben und testen – von neuen Check-in-Verfahren über Beleuchtungskonzepte bis zu Gepäckförderanlagen.
Stellt ein Flughafen eine spezielle Anforderung, entwickelt Siemens
seine Technologien gemeinsam mit dem Kunden weiter, und zwar
mit Blick auf den gesamten Prozess der Passagier- beziehungs­­wei­­se Fracht­logistik.
> I BM Global Services ist der weltweit größte Anbieter
von Business- sowie Technologie-Services und beschäftigt 190.000 Mitarbeiter. Die Beratungssparte teilt sich
in Global Business Services (GBS) und Global Technology
Services (GTS).
> 1 993 trugen Dienstleistungen zu 15 Prozent des weltweiten
Gesamtumsatzes bei, 2010 waren es schon 57 Prozent.
Kunden nehmen solche Angebote oft als überlegen wahr. Sie
schätzen den Mehrwert, den eine abgestimmte Rundumlösung aus
einer Hand bietet, auch weil sie dabei Verantwortung abgeben können. Sich bei einem Lieferanten in guten Händen wissen, dieses
Gefühl stellt sich umso mehr ein, wenn dieser mehr ist als ein Lieferant, oder anders gesagt: auch noch ein Dienstleister. _
Gerald Münzl
Global Technology Services (GTS), Marketing IBM
Deutschland Management
& Business Support GmbH
interview
DREI Fragen an Gerald Münzl
In der IT-Branche begann die Evolution von Produktlieferanten
zu Service-Providern vor rund 20 Jahren. HIGH PERFORMANCE
fragte deshalb Gerald Münzl, tätig im Marketing für Technologie-Services bei IBM in Deutschland, wie der Computerhersteller
den Schritt zum Dienstleistungsunternehmen meisterte – und
damit sein Überleben sicherte.
Seit den 90er Jahren setzt IBM vermehrt auf Services. Warum?
Der Grund war die für IBM schmerzhafte Erkenntnis, dass
Kunden zunehmend nach Komplettlösungen verlangten und
weniger einzelne IT-Produkte nachfragten. IBM hatte 1992 ein
sehr schwieriges Jahr: 8,1 Milliarden Dollar Verlust, der Aktienwert fiel um die Hälfte. Ein neuer CEO von außerhalb sollte das
Unternehmen wieder auf Vordermann bringen. Louis V. Gerstner startete die Transformation des bisherigen IBM-Geschäftsmodells. Die wesentliche strategische Komponente war die
Verlagerung vom dominierenden Hardware-Geschäft hin zu
Dienstleistungen.
2002 übernahm IBM die Management-Beratungssparte von
PricewaterhouseCoopers. War Technologie nicht mehr genug?
IBM hatte sich das Ziel gesetzt, der größte IT-Dienstleister
der Welt zu werden. Da war es nur konsequent, auch angrenzende Servicebereiche zu stärken. Mit den Management- und
Strategieberatern verfügen wir heute über ein Rundum-Ser­­
vice-Portfolio. Es umfasst die IT- und Management-Beratung, die
Projektrealisierung, die Wartung der IT-Infrastruktur, Outsourcing-Leistungen und sogar Finanzierungslösungen.
In welchen Branchen fehlt es Ihrer Meinung nach noch
an Services?
In allen Branchen denken Unternehmen heute darüber
nach, ihr Produktportfolio mit Services aufzuwerten, Vorreiter
gibt es da viele. Grundvoraussetzung ist, dass die angebotenen
Dienstleistungen die Produkte ergänzen. Und dann müssen
die Mitarbeiter gründlich geschult werden. Denn ein Produkt­
verkäufer kann nicht über Nacht plötzlich Dienstleistungen
verkaufen. Das heißt dann meist, dass der Vertrieb radikal
umstrukturiert werden muss, weil das vorhandene Vertriebs­
team die neuen Aufgaben nicht allein bewältigen kann. Über
kurz oder lang werden sich alle Produkthersteller dieser Herausforderung stellen müssen.
29
technologie
HIGH PERFORMANCE 01|2011
QUANTENSPRUNG MIT
®
Tiger·tec silver
Die neuen Walter-Wendeschneidplatten halten doppelt
so lange wie die Vorgängergeneration.
Text: Birgit Hummler
_ 1 GroSSzerspanung bei MSB:
Maschinentisch für ein Palettenwechsel­system
des Unternehmens
_ 1
_ 2
Fotos: Sabrina Stephan
ein Palettenwechselsystem. Da kommen schon einige Dutzend
Kilogramm Späne zusammen auf der großen Portalfräsmaschine.
Maschinenbediener Michael Zimmer fegt sie gut gelaunt beiseite.
Gut gelaunt ist Zimmer gerade deshalb, weil die Späne so reichlich
anfallen, oder anders gesagt: seit er mit den neuen Wendeschneidplatten von Walter arbeitet. »Wir haben sofort einen enormen
Un­ter­schied bemerkt«, stellt Michael Zimmer fest. »Die Standzeiten der Werkzeuge haben sich nahezu verdreifacht.«
30
Werkzeug
Material
Durchmesser
Wendeschneidplatten
mm
Schnittgeschwindigkeiten
Drehzahl
Zustelltiefe ap
Vorschubgeschwindigkeit
Fräsweg pro Schneide
m/min
min -1
mm
mm/min
m
IST-Stand (WKP35)
Tiger·tec ® Silver (WKP35S)
Walter-Fräser F2010
Octagon-WSP
S355J2G3
125
ODHT0605ZZN
WKP35
236
600
4
1584
18
Walter-Fräser F2010
Octagon-WSP
S355J2G3
125
ODHT0605ZZN
WKP35S (Silver)
283 / + 20 %
700
4
2000
36 / + 100 %
Standzeiterhöhung von 100 Prozent
Fünf Meter lang ist das Werkstück: ein Maschinentisch für
Walter-Außendienstmitarbeiter Stefan Ortlepp (links) und MSBMaschinenbediener Michael Zimmer arbeiten eng zusammen.
Sales Value Productivity Report
_ 2 Die neue Tiger·tec ® Silver
Wendeschneidplatte im Einsatz:
_ 3
_ 3 erfolgreiche zusammenarbeit
technologie
HIGH PERFORMANCE 01|2011
Zimmers Arbeitgeber ist der Metallbearbeitungsspezialist MSB in Bischofsheim an der Rhön, gut anderthalb Stunden
nordöstlich von Frankfurt am Main. 110 Mitarbeiter hat das vor
111 Jahren gegründete Familienunternehmen, seit 20 Jahren
gehören Palettenwechselsysteme, wie Michael Zimmer gerade
eines bearbeitet, zum Produktprogramm. MSB ist seit vielen
Jahren Kunde von Walter und bezieht dabei Fräser, Bohrer oder
Gewindebohrer wie den VHM-Schaftfräser mit Durchmessern
von 2 bis 25 Millimetern aus einer Hand. Hinzu kommen natürlich die Wendeschneidplatten mit Durchmessern von 16 bis
200 Millimetern. Norbert Gensler, der bei MSB die Produktion
und die Lohnfertigung leitet, sagt: »Wir sehen die Beziehung zum
Werkzeuglieferanten als Partnerschaft. Je mehr uns der Werkzeughersteller unterstützt, desto besser können wir uns auf dem
Markt positionieren. Deshalb ist ein Partner wie die Firma Walter
sehr wichtig für uns.«
Nur ein Buchstabe macht an der Portalfräsmaschine von
Michael Zimmer den Unterschied: der S. Die bisher eingesetzte
Wendeschneidplatte WKP35 wurde durch die WKP35S ersetzt.
Dahinter steckt natürlich viel mehr: S wie Silver steht für eine neue
Generation von CVD-beschichteten (Chemical Vapor Deposition)
Hartmetallwendeplatten der Tiger·tec® Produktfamilie, die Walter
bereits seit dem Jahr 2001 im Programm hat. Die Tiger·tec® Silver Technologie basiert auf einer einzigartigen Kombination von
Beschichtungen plus einer neuartigen Oberflächenbehandlung. Das
Ergebnis ist eine Wendeschneidplatten-Oberfläche mit deutlich
reduzierten Beschichtungsspannungen. Die beim CVD-Beschichtungsprozess unvermeidlich entstehende Sprödigkeit wird durch
das neu entwickelte Verfahren mehr als ausgeglichen: Die Zähigkeit
des Schneidstoffs nimmt noch einmal stark zu, die Performance
erhöht sich um bis zu 100 Prozent. Äußeres Kennzeichen der neuen
Werkzeuggeneration sind die silbernen Freiflächen auf der nach
wie vor schwarzen Spanfläche. MSB-Maschinenbediener Zimmer
erkennt dadurch den Verschleiß der Schneidstoffe auf einen Blick.
GroSSe Teile, kleine Serien
Bei MSB schätzt man die kompetente Beratung durch den
Walter-Service. »Selbst wenn wir sehr kurzfristig Bedarf anmelden,
sind die Werkzeuge schnell bei uns im Haus«, sagt Norbert Gensler,
Leiter der Produktion und Lohnfertigung bei MSB. Stefan Ortlepp,
der für MSB zuständige Außendienstmitarbeiter von Walter, erklärt
gern, warum das so ist: »Je schneller es uns gemeinsam gelingt,
die neuesten Walter-Technologien in der Fertigung zu integrieren,
desto wirksamer ist unsere Zusammenarbeit. Schließlich geht es
um die stetige Verbesserung in der Produktion und letztlich um die
Sicherung des Produktionsstandortes in Bischofsheim.«
MSB ist Zulieferer für alle namhaften Fräsmaschinenhersteller, auch
auf internationaler Ebene. Seit 1994
gehört auch die IBS Industriemaschinen-Bergbau-Service GmbH zum
Unternehmen, ein Spezialist für
Abbau- und Vortriebsmaschinen
für den Tunnel- und Bergbau so­wie die dazugehörige Fördertechnik. Synergien zwischen beiden
Unter­nehmen entstehen nicht zu­letzt
durch die gemeinsame Nutzung des
Maschinenpotenzials. Ein Standbein von MSB
ist zudem die Lohnfertigung von Teilen mit bis zu 14 Metern Fräslänge. Es sind meist Einzelstücke oder Kleinserien, die bei MSB
zur Bearbeitung aufgespannt werden, und das auch oft für 50 bis
100 Stunden Bearbeitungszeit am Stück. Die Späne, die dabei
fallen, können manchmal sogar in Tonnen gewogen werden. Der
Schlüssel zu steigender Produktivität liegt für das mittelständische Unternehmen aus der Rhön deshalb bei den Werkzeugen.
Stefan Ortlepp von Walter erklärt: »Wenn wir die Standzeiten
der Platte um mindestens das Doppelte erhöhen, reduzieren sich
natürlich die Stillstandzeiten für das Wechseln der Platten. Bei
Werkstücken, die oft tagelang auf der Maschine sind, schlägt das
spürbar zu Buche.« Ein Test bei Walter hat ergeben: Wenn sich
der Fräsweg pro Schneide zum Beispiel von 18 auf prozesssichere
36 Meter verlängert, erhöht sich die Bearbeitungsgeschwindig­keit um 20 Pro­zent. Die dadurch frei werdende Maschinenkapazität summiert sich übers Jahr beträchtlich, gerade bei einem Großzerspaner wie MSB. Wolfgang Faust, Technischer Leiter von MSB
und IBS, ist darum zufrieden: »Wir hatten das Vorgängerwerkzeug
von Walter, weil es eines der besten Produkte auf dem Markt war.
Doch die Tiger·tec® Silver Technologie bedeutet noch einmal einen
Quantensprung.« Faust hält inzwischen nicht die Werkzeuge, sondern eher die Maschinen für das »Nadelöhr« zu höherer Leistungsfähigkeit: »Selbst leistungsfähige Maschinen erbringen manchmal
nicht mehr die nötigen Drehzahlen und teilweise auch nicht die
Vorschübe, um die Tiger·tec® Silver Wendeplatten effektiv auszunutzen. Deshalb liegt der Ball nun bei den Maschinenbauern.« _
31
Technologie
HIGH PERFORMANCE 01|2011
Schaftfräser aus Vollhartmetall (VHM) haben ihren Preis.
_ 1
Viele Metallbearbeitungsbetriebe, die sich auf Einzelanfertigungen
oder geringe Stückzahlen spezialisiert haben, arbeiteten deshalb
bisher gern mit den günstigeren Schnellarbeitsstahl-Werkzeugen
(High Speed Steel, HSS). Für Zerspaner, die auf VHM nicht verzichten wollen, bietet Walter mit dem modularen Wechselkopfsystem
ConeFit™ eine clevere Alternative. Beim Sonderanlagenbauer Heinrich Betz im hessischen Ortenberg-Lißberg haben die Kollegen das
System bereits getestet und sind seitdem restlos davon überzeugt.
Stabile
Verbindungen
Das Wechselkopfsystem ConeFit™ sorgt
für Stabilität und Prozesssicherheit.
Text: Erich Schwab
_ 2
Fotos: Heinrich Betz OHG, Richard Läpple
32
_ 3
_ 1 Fertig montiert:
Anlage aus Edelstahl für die
Beschichtung von Flachbildschirm-Displays
_ 2 Effizient:
ConeFit™-Kugelfräser
_ 3 IN AKTION:
Ventilleiste auf der Maschine
beim Fräsen einer Rundnut
_ 4 Stabil:
Ventilleiste mit der fertigen
Rundnut
_ 4
TECHNOLOGIE
HIGH PERFORMANCE 01|2011
Heinrich Betz, ein traditionsreicher Mittelständler mit
120 Beschäftigten, fertigt Komponenten für Hightech-Maschinen,
mit denen Solarzellen und Flachbildschirm-Displays produziert
werden – hauptsächlich in Fernost. Diese Komponenten bestehen
aus mehreren hermetisch abschließbaren Kammern mit Maßen
von bis zu 2,80 Metern im Quadrat, in denen Glas oder andere
Trägermaterialien unter Vakuum oder in einer bestimmten Gasatmosphäre beschichtet werden. Die empfindlichen Displayteile wer­den über Schleusen vollautomatisch durch die Prozesskette transportiert. Auch diese Schleusen mitsamt der Ventiltechnik baut
Heinrich Betz. Das hessische Unternehmen beherrscht dabei alle
nötigen Fertigungstechnologien. »Dazu gehört neben Fräsen und
Drehen zum Beispiel auch das Tieflochbohren bis zu vier Metern
Tiefe oder die Bearbeitung von sehr großen Werkstücken mit bis zu
14 Metern Länge«, sagt Gert Minnert, Leiter der Arbeitsvorbereitung (AV). Zum Angebot von Heinrich Betz gehören außer­­dem moderne Schweißverfahren mit Schutzgas oder das Elektro­
nen­strahl­schweißen. Die breite Bearbeitungskompetenz eröffnet
den Hessen eine vielfältige Kundenpalette, beispielsweise auch aus
der Verpackungsindustrie.
Vorschübe und damit auch kürzere Bearbeitungszeiten bringt. Im
Detail: Bei Heinrich Betz waren für das Nutenfräsen von Ventilleisten bisher fünf Arbeitsgänge notwendig, mit ConeFitTM sind es nur
noch zwei. Die Schnittgeschwindigkeit konnte von 50 m/min auf
134 m/min fast verdreifacht werden, die Vorschubgeschwindigkeit
stieg von 150 mm/min auf 975 mm/min. Die Bearbeitungszeit pro
Bauteil sank von zehn Minuten auf 36 Sekunden. Statt 30 Maschinenstunden mit HSS-Werkzeugen kalkulieren die Heinrich BetzLeute heute mit nur 1,8 Stunden. Wechselköpfe in VHM sind mit
ConeFitTM auch nicht mehr teurer als HSS-Werkzeuge. Im Gegenteil: Bei etwa doppelten Standmengen haben die ConeFitTM-Fräser
sogar Kostenvorteile.
Der Katalog von Walter enthält neben ConeFitTM-Kugelfräsern auch viele andere Typen mit der neuen Schnittstelle. Gert
Minnert setzt solche neuartigen Wechselkopffräser inzwischen
auch zur Bearbeitung von Titan-Bauteilen ein. Flexibilität, Performancesteigerung und Kostenvorteile – Minnert ist sich sicher:
»Die Argumente überzeugen. Für uns ist es nur eine Frage der
Zeit, mehr ConeFitTM-Werkzeuge einzusetzen.« Da die Kunden
das System so gut angenommen haben, hat Walter die Spannmöglichkeiten von ConeFitTM weiter ausgebaut: Durch die neuen
Monoblockhalter erhalten Anwender eine Spannoption mit möglichst wenigen Verbindungsstellen. Die mit dem ConeFitTM-Gewinde
versehenen Halter passen direkt in die Maschinenspindel, und die
sonst übliche Trennstelle zwischen modularem Werkzeugschaft
und Spannzange entfällt. Das Gesamtsystem aus Werkzeug und
Einspannung ist damit wesentlich stabiler. Es ermöglicht extrem
hohe Schnittwerte und bewirkt, dass die Leistungsfähigkeit der
Werkzeuge voll ausgeschöpft werden kann. _
Schneller, weiter, günstiger
Gerade im Hightech-Maschinenbau werden oft edle Materialien verarbeitet. Daraus ergibt sich eine riesige Werkstoffvielfalt,
die mittelständische Zulieferer bearbeiten müssen: Neben Normund Edelstählen kommen auch Titan, Kupfer oder Aluminium auf
die Maschinentische. Heinrich Betz verwendet nicht rostenden
Stahl für seine Vakuumkammern und bearbeitete diese bisher
unter anderem mit einem Schaftkugelfräser aus HSS-E. Kugelfräser deshalb, weil Ecknuten die Bauteile zu sehr geschwächt hätten.
VHM stand für Gert Minnert wegen des hohen Kostendrucks in der
Branche bisher nicht zur Debatte. Das neue VHM-Wechselkopfsystem mit ConeFitTM-Schnittstelle von Walter sah jedoch vielversprechend aus, und schließlich probierten er und sein Kollege Michael
Strupp es einfach aus. Mit dem System können verschiedene VHMFräsköpfe auf kostengünstige Stahlschäfte unterschiedlicher Län­
ge geschraubt werden. Bei Verschleiß des VHM-Fräskopfes muss
nur dieser ausgewechselt werden und nicht wie bei herkömmlichen
VHM-Werkzeugen das ganze Instrument. Ein konusförmiges Spezialgewinde sorgt in Verbindung mit einer Plananlage für maximale
Stabilität. Nach ersten Tests programmierten die beiden Fertigungsspezialisten das Werkzeug, einen 16-Millimeter-Kugelfräser,
nach den Empfehlungen von Walter. »Das Werkzeug hat auch am
realen Bauteil hervorragend funktioniert«, sagt Gert Minnert.
Dass es funktioniert, war für Wolfgang Taube, Technischer
Berater bei Walter, keine Frage. Für ihn liegen die Argumente für
einen Umstieg von HSS auf ConeFit™ vor allem in der erheblich
höheren Wirtschaftlichkeit, die deutlich größere Schnitttiefen und
Gert Minnnert (li.), AV-Leiter bei Heinrich Betz, ist vom
ConeFitTM-System überzeugt. Mit Wolfgang Taube, Technischer
Berater beim Werkzeughersteller Walter.
Systemlieferant für den Sondermaschinenbau
Die Heinrich Betz OHG in Ortenberg-Lißberg/Hessen liefert
Einzelteile, Baugruppen und komplette Sondermaschinen.
Die Historie des mittelständischen Familienunternehmens
reicht bis ins Jahr 1901 zurück. Anfangs stellte Heinrich
Betz Werkzeuge für die Uhrenindustrie her. Heute fertigt
das Unternehmen Teile für Anlagen zur Produktion von
Solarmodulen und Flachbildschirmen.
33
TECHNOLOGIE
HIGH PERFORMANCE 01|2011
Mehr Tiefgang
ist gefragt
TECHNOLOGIE
HIGH PERFORMANCE 01|2011
_ 1Beeindruckend:
_ 1
Gasturbine im Siemens-Werk in Berlin/Moabit
_ 2BLEIBT cool:
Das Bohren von tiefen Kühlluftbohrungen
in die Gasturbinen-Radscheiben erfolgt
mit Alpha® 4 XD Tieflochbohrern aus
Vollhartmetall von Walter Titex.
Die Alpha ® 4 XD-Bohrer von Walter Titex bohren
»extremely deep« – ohne Luft zu holen.
Text: Erich Schwab
Tiefe Bohrungen in einem Arbeitsgang – darin sind die XD-Bohrer der Kompetenzmarke Walter Titex unschlagbar. In einem Zug,
ohne zu lüften, fressen sich die Vollhartmetallbohrer (VHM) ex­trem
tief in das Metall. Diesen Vorteil haben auch die Gasturbinen-
bauer von Siemens erkannt und verwenden die Walter Titex Alpha®
4 XD-Tieflochbohrer. Das Siemens-Werk im Berliner Stadtteil Moabit gehört zum sogenannten Energy Sector des Konzerns und ist
die größte Gasturbinenfertigung Deutschlands.
34
Benchmark für das Tieflochbohren:
Die Alpha® 4 XD Bohrer aus
Vollhart­metall von Walter Titex
Kein Grund mehr zum Zurückfahren
Vor einigen Jahren nutzten die Siemens-Turbinenbauer für
tiefe Bohrungen meist HSS-Bohrer (HSS – High Speed Steel). Für
nur eine Bohrung benötigten sie bis zu drei Bohrer in gestaffelten
Längen. Zur Spanentleerung mussten die Maschinenbediener die
Bohrspindel bereits nach wenigen Millimetern zurückfahren. Erst
nach dem Vorbohren konnten sie das Bohrloch mit einem Sonderwerkzeug vollständig aufbohren. Mit einer Reibahle wurden
anschließend die Oberflächen geglättet. Die Arbeitsabfolge mit vielen Werkzeugen war sowohl zeitintensiv als auch störungsanfällig.
Die Fertigungsspezialisten von Siemens begannen, sich auf dem
Werkzeugmarkt nach Alternativen umzuschauen. Michael Silber,
Teamleiter Werkzeug-Technologie in der Berliner Gasturbinenfertigung bei Siemens Energy, sagt: »Wir traten an mehrere Werkzeughersteller mit der Frage heran, ob sie Vollhartmetallbohrer für
unsere Kühlluftbohrungen liefern können. Allein Walter erklärte
sich bereit, solche Bohrer für uns herzustellen.« Davon profitiert
Siemens bis heute: Die Fertigungszeit verkürzte sich, die Prozesse
wurden sicherer, die Produktivität stieg.
Was macht die XD Bohrer von Walter so besonders? »Tiefe
Bohrungen können in einem Zug, ohne zu lüften, hergestellt werden«, erklärt Michael Hartsch, Technischer Berater bei Walter. »Die
_ 2
70XD ist Weltrekord
Seine Kompetenz für das Tieflochbohren hat Walter vielfach bewiesen. Nun allerdings haben die Tübinger noch einmal
deutlich zugelegt: 70XD ist auf dem Markt, für Bohrlöcher mit
der 70-fachen Tiefe des Durchmessers. Das ist Weltrekord! Der
Trend zu immer größeren Tiefen wurde bisher in kleinen Schritten gesetzt, bis hin zu 30 oder gar 45XD. Mit 70XD darf von einem
Technologiesprung gesprochen werden. Verantwortlich für diesen
enormen Zuwachs an Tiefgang sind im Wesentlichen drei konstruktive Details: Zum einen verwendet Walter eine neue Fertigungsmethode für die Vollhartmetall-Rohlinge, die derart lange Spiralbohrer
erst möglich macht. Zweitens nutzt Walter ein neuartiges Schleifverfahren. Und drittens erfolgt die Kühlung durch interne Kanäle,
wie übrigens schon bei allen XD Bohrern. Trotz der großen Bohrtiefe
ist kein spezielles Kühlmittelaggregat, etwa eine externe Hochdruckanlage, notwendig. Eine Standardkühlmittelanlage mit 20 bis
40 bar, wie sie jedes Bearbeitungszentrum bietet, ist ausreichend.
Der Alpha® 4 XD70 wird vorerst mit Durchmessern von 5 bis 12 Millimetern als Sonderwerkzeug angeboten. Je nach Werkstoff sind
zwei Kopfbeschichtungen lieferbar: TFP für Stähle, XPL für Guss.
»Einerseits beruht der Alpha® 4 XD70 auf der Technologie seiner
kürzeren Kollegen, andererseits ist er dank unserer technologischen Finessen ein völlig neues Werkzeug«, sagt Helmut Gschrey,
Produktmanager bei Walter, und ist sich sicher: Wer ganz tiefe
Löcher braucht, benötigt XD Technologie. _
Tief im Thema
Die Tiefloch-Bohrspezialisten bei Siemens Energy in Berlin
setzen seit einem Jahr auf die XD Technologie von Walter
Titex. Von links nach rechts: Thomas Werner, Technologie
Rotorfertigung und Gehäusemechanik; Christian Scheffel,
Bediener der Hochportal-Bearbeitungsmaschine; Michael
Silber, Teamleiter Werkzeug-Technologie; Thomas Reich,
Werkzeug-Technologie; Michael Hartsch, technischer Berater
bei Walter.
Fotos: Walter AG, Siemens AG, Richard Läpple
Die Herstellung der einzelnen Turbinenkomponenten ist sehr
aufwendig. Das gilt vor allem für die Radscheibe, eines der wichtigsten Bauteile. Im Innern der Strömungsmaschinen herrschen
Temperaturen von bis zu 1.000 Grad Celsius. Deshalb werden die
Radscheiben aus einem Hochtemperaturmaterial gefertigt und
ver­fügen über ein ausgeklügeltes Kühlsystem. Dazu gehören auch
Bohrungen, durch die Kühlluft in die Radscheiben gelangen kann.
Diese Bohrungen sind, abhängig von der Scheibengröße, bis zu
255 Millimeter tief. Tiefe Löcher zu bohren ist an sich schon eine
Kunst – bei hochwarmfesten Stählen wird es durch die besondere Festigkeit des Materials noch ein gutes Stück anspruchsvoller. Bis zu zwei Meter messen die Radscheiben im Durchmesser,
da sind Hartstellen im Material nie ganz auszuschließen. Hersteller benötigen deshalb Performance-Reserven, denn die Bohrer bis
an ihre Leistungsgrenze zu beanspruchen, ist riskant. Dabei sind
Turbinenradscheiben kein Schnäppchen, eine einzige kann bis zu
200.000 Euro kosten. Neben der Qualität der Bohrungen mit sauberen Oberflächen fordern Hersteller daher von den Werkzeugen zu
Recht höchste Prozesssicherheit.
Späne werden dank der polierten Nuten sicher aus der Bohrung
geführt.« Weniger Werkzeuge werden benötigt, da die oft übliche
Batterie an HSS-Bohrern entfällt, Aufbohren und auch Reiben werden überflüssig. Dank der Innenkühlung des XD Bohrers mit zwei
spiraligen Kühlkanälen reduziert sich die Zahl der Entspanzyklen.
Ein Kopfstück mit optimierter Geometrie und Beschichtung, eine
spezielle Nutengeometrie und vier Führungsfasen komplettieren
die hervorragenden Eigenschaften.
35
Technologie
HIGH PERFORMANCE 01|2011
Technologie
HIGH PERFORMANCE 01|2011
Die Unbezwingbaren
Industriell gefertigte polykristalline
Diamanten haben optisch wenig zu bieten,
glänzen aber in puncto Schnittdaten.
Text: Erich Schwab
Fotos: Walter AG
Ein Diamant ist die kubische Modifikation des Elements Kohlenstoff. Chemische Formel: C. Herausragende Eigenschaft:
unbezwingbare Härte. Der Diamant ist 140-mal härter als das
zweithärteste Mineral dieser Welt, der Korund. Diamant – das
kommt von adamas, griechisch für »unbezwingbar«. Mit ihrer einzigartigen Beschaffenheit stehen Diamanten auch bei Zerspanungsspezialisten hoch im Kurs.
Walter fertigt seit Langem Werkzeuge mit polykristallinen Diamantschneiden (PKD-Werkzeuge). In der Leichtmetallbearbeitung ist PKD seit Jahren das Maß der Dinge, vor allem in
der Automobilindustrie. Für die Bearbeitung von Zylinderköpfen
oder Getriebegehäusen aus Nichteisen-Metallen ist ein hoher
PKD-Werkzeuganteil Stand der Technik. Schneiden aus Diamant erlauben, oder besser gesagt, verlangen – deutlich höhere
Schnittgeschwindigkeiten als Hartmetallwerkzeuge. Die Standwege
von Diamantwerkzeugen sind um ein Vielfaches länger im Vergleich zu Hartmetall. Deshalb rechnen sich aufwändig hergestellte
PKD-Werkzeuge:Siemüssenwenigeroftausgewechseltwerden,dieKosten für Nebenzeiten reduzieren sich. Ein weiteres Plus ist die an-­
nähernd gratfreie Bearbeitung, kein anderer Schneidstoff schafft
das ohne Weiteres.
36
Metallbearbeitungsunternehmen, die PKD-Werkzeuge intelligent
und konsequent einsetzen, können in bestimmten Fällen durch
die entstehenden Taktzeitverkürzungen sogar auf die Anschaffung einer neuen Maschine verzichten. Schließlich profitieren
auch Konsumenten von den High-End-Werkzeugen, denn ohne
PKD in der industriellen Fertigung wären die Produktivitätssprünge
der letzten Jahrzehnte nicht möglich gewesen und zum Beispiel
ein Automobil ein gutes Stück teurer. Diamantwerkzeuge werden heute in vielen Branchen eingesetzt: in der Medizintechnik, in
der Luft- und Raumfahrt, im Schiffbau und sogar bei den Sportartikelherstellern. Dabei spielte vor allem die rasche Verbreitung
Wussten Sie schon?
Diamant ist das härteste bekannte Mineral und besitzt die
Referenz der Härte 10 auf der Härteskala nach dem deutschösterreichischen Mineralogen Carl Friedrich Christian Mohs
(1773–1839).
Härtegrad
Mineral
Bearbeitung
1
Talk
Mit Fingernagel schabbar
2
Gips
Mit Fingernagel ritzbar
3
Calcit (Kalkspat)
Mit Kupfermünze ritzbar
4
Fluorit (Flussspat)
Mit Messer gut ritzbar
5
Apatit
Mit Messer noch ritzbar; Zahnschmelz hat denselben Härtegrad
6
Orthoklas
Mit Stahlfeile ritzbar
7
Quarz
Ritzt Fensterglas
8
Topas
Mit Korund ritzbar
9
Korund (z. B.
Saphir und Rubin)
Mit Diamant ritzbar
10
Diamant
Nur durch sich selbst ritzbar
von carbon- und glasfaserverstärkten
Kunststoffen eine Rolle, aus denen hoch
­belastbare Abfahrtsski oder Rumpfteile
von Flugzeugen und Schiffen gefertigt
werden. Zum Beispiel bestehen Passagierjets der jüngsten Generation bereits
zur Hälfte aus modernen Verbundwerkstoffen. Diese neuen Werkstoffe sollen
leichter und stabiler sein als die bisher
verwendeten.
Der Schneidstoff PKD
verlangt eine besonders
intensive Beratung und
Prozessbegleitung.
doppelt so lange Lieferzeiten.« Zudem
bietet Walter seinen Kunden intensive
Beratung und Prozessbegleitung, um
PKD-Werkzeuge in Bearbeitungsprozesse beim Kunden optimal zu integrieren. »Das beste Werkzeug nützt nichts,
wenn es nicht richtig eingesetzt wird«,
Ünal Bostancioglu, Produktmanager
sagt Ünal Bostancioglu. PKD ist dabei
für PKD-Werkzeuge, Walter AG
beratungsintensiver als Hartmetall, weil
die Schnittparameter oft extreme Werte
annehmen und das Werkzeug hundertprozentig auf die Aufgabe
abgestimmt sein muss. Wer die Stärken von Industriediamanten
Walter schickt den Diamanten-Express
richtig nutzen will, muss Maschine und Aufspannung entsprechend
Branchenweit sind neun von zehn PKD-bestückten Werk- definieren. Zum Beispiel bedeutet zunehmende Härte auch abnehzeugen Sonderwerkzeuge. Das klingt nach langen Lieferzeiten für mende Zähigkeit – Vibrationen sind deshalb natürliche Feinde von
Auftraggeber und Kunden. Allerdings nicht für die, die den »PKD- PKD-Schneidern. Treten diese auf, kann es zu Brüchen kommen.
Express« von Walter kommen lassen. Walter nutzt vorgefertigte
Grundkörper und Werkzeugaufnahmen, die als Semi-Standards
Wer PKD anbietet, braucht umfassende Erfahrun­gen mit
ständig vorrätig sind. Deshalb kann Walter in der Regel in vier diesem Schneidstoff. Ist beispielsweise ein Werkzeug mit fest
bis sechs Wochen liefern. »Für Sonderwerkzeuge ist das ext- eingelöteten Schneiden notwendig, oder genügt eine Wende­plat­rem schnell«, erklärt Ünal Bostancioglu, Walter-Produktmanager tenlösung? Die Wendeplattenlösung ist in der Regel kosten­güns­für PKD-Werkzeuge. »Von anderswo kennen unsere Kunden auch tiger, da diese in Standard-Werkzeugkörper einge­setzt wer­den >
_ Oben:
Sonder-PKD-Fräser und
Sonder-Stufenwerkzeug mit
PKD-Schneiden
_ rechts:
Der Recon-Service von Walter
Multiply rechnet sich bei PKDWerkzeugen: Durch dreimaliges Nachschleifen können
die Werkzeugkosten halbiert
werden.
_ Werkzeugkosten
100 %
75 %
50 %
25 %
0 %
100 %
65 %
55 %
50 %
Neu-
1 x Nach-
2 x Nach-
3 x Nachwerkzeugschleifenschleifenschleifen
37
Technologie
HIGH PERFORMANCE 01|2011
walter weltweit
HIGH PERFORMANCE 01|2011
Mauricio Fonseca
Marketing Manager Walter Brasilien, Sao Paulo
23.07.2011 16:46
AW: Your questions regarding business in Brazil
Lieber Kollege,
gern beantworte ich Ihre Fragen.
_ Links: Getriebegehäuse
und Zylinderköpfe aus
Aluminium­legierungen sind
typische Bauteile, die mit
PKD-Werkzeugen bearbeitet
werden.
> kann. Bei höchsten Anforderungen an die Präzision empfiehlt
sich hingegen die gelötete Variante. »Ist das Werkzeug fertig«,
erklärt Bostancioglu, »übernehmen erfahrene Anwendungstechniker das Einfahren, das heißt sie ermitteln die optimalen Parameter.
Das ist bei Stufenwerkzeugen eine anspruchsvolle Arbeit.«
Neben der produktionsbegleitenden Beratung seiner Kunden
gehört auch das Aufbereiten der Werkzeuge (Reconditioning) zum
After-Sales-Service von Walter Multiply. Denn die Wiederaufbereitung von PKD-Werkzeugen rechnet sich: Dreimaliges Nachschleifen
reduziert die Werkzeugkosten etwa um die Hälfte. Dabei leistet der
Walter war immer als Hartmetallspezialist bekannt. Warum
verstärken Sie Ihr Engagement im PKD-Bereich?
Wir verstehen uns als Komplettanbieter für die Metall­
bearbeitung. Unser Ziel ist es, für jede Zerspanungsaufgabe eine
Lösung zu bieten. Insofern ist der Ausbau der PKD-Kompetenz
bereits seit einigen Jahren eines unserer Top-Themen. Natürlich müssen wir heute nicht nur die Bearbeitung von Metallen
im Auge haben, Verbundwerkstoffe sind in unterschiedlichen
Branchen stark im Kommen. Gerade diese Werkstoffe lassen
sich hervorragend mit PKD bearbeiten. Wir haben daher unseren Stamm an PKD-Spezialisten deutlich aufgestockt. Es gibt
zum Beispiel Teams, die sich ausschließlich mit der Bearbeitung von typischen Bauteilen für einzelne Branchen befassen.
Ein wichtiger Meilenstein war der Ausbau unseres Standorts
Niefern-Öschelbronn bei Pforzheim. Dort befindet sich unser
Kompetenzzentrum für PKD-Werkzeuge.
Wo liegen für Walter die wichtigsten Wachstumsmärkte
in Sachen PKD?
Etwa 80 Prozent der PKD-Anwender kommen aus der
Automobilbranche. In dieser Sparte wurde viel Pionier­arbeit
geleistet, sie dürfte auch auf längere Sicht der wichtigste
Anwender bleiben. Wir sehen aber auch, dass die Produktivitätspotenziale in diesem Bereich weitgehend aus­gereizt sind,
38
PKD-Recon-Service von Walter Multiply mehr als nur Nachschleifen. Gelötete Schneiden werden bei Bedarf ersetzt oder komplett
erneuert. Zudem ist das Thema Regrinding ein wichtiges Kriterium
pro oder contra PKD. Ünal Bostancioglu meint: »Kann der Lieferant
diesen Service nicht bieten, werden die Werkzeuge unterm Strich zu
teuer. Unsere Regrinding-Zentren sind daher fit in Sachen PKD, sie
verfügen über das entsprechende Spezial-Know-how wie auch über
den notwendigen Maschinenpark.« Der Walter-Produktmanager ist
sich sicher: Wenn der Service stimmt, dann sind Diamantwerkzeuge
ähnlich wertvoll wie ein Schmuckstück, aber viel praktischer. _
Ünal Bostancioglu
Produktmanager für
PKD-Werkzeuge,
Walter AG
Foto: Walter AG
interview
PKD-Werkzeuge im Fokus von Walter
Was macht die Zerspanungs-Industrie in Brasilien aus?
Brasilien wächst rasant. Walter bedient hier alle möglichen Branchen, die wiederum sehr unterschiedliche Produkte
aus sehr unterschiedlichen Materialien herstellen. Brasilianische Metallbearbeiter verfügen über einen Maschinenpark von
antik bis Hightech – darauf müssen wir uns als Werkzeuganbieter einstellen. »Kundenspezifische Anpassung« ist für uns also
nicht nur ein Schlagwort, sondern eine Notwendigkeit. Unseren
größten Kunden bieten wir für komplexe Prozesse auch ToolManagement-Services im Rahmen von Walter Multiply an.
Eine weitere Besonderheit unseres Marktes ist sicherlich
die Logistik: ein anspruchsvolles Thema, da unser Land so riesig
ist – Brasilien nimmt fast 50 Prozent Südamerikas ein. Das sind
die Herausforderungen, mit denen wir täglich zu tun haben.
Doch egal, wie komplex Produktion und Logistik sind, wir sor­gen dafür, dass unsere Kunden die passende Lösung erhalten.
zumindest in Westeuropa, Nordamerika und Japan. In Schwellenländern wie China, Indien oder Brasilien wird der Einsatz von
PKD im Bereich Automotive auf jeden Fall zulegen.
Andere Branchen sind aber im Kommen, vor allem Industrien, in denen neben Aluminium viele Verbundwerkstoffe
verarbeitet werden. Dazu gehören beispielsweise die Luft- und
Raumfahrt oder die Medizintechnik.
Mail aus ...
... Brasilien
Die meisten PKD-Werkzeuge sind Sonderwerkzeuge.
Gibt es auch Entwicklungen bei den Standardwerkzeugen?
Es gibt einen Trend zu bauteilspezifischen Lösungen.
Trends dieser Art sind aber meistens sehr punktuell beziehungsweise branchenabhängig. Die jüngsten Beispiele sind die neuen
PKD-Nietsenker und PKD-Spiralbohrer, die wir für die Flugzeugindustrie auf den Markt gebracht haben. Das sind Werkzeuge
speziell für die Nietbohrungen der Rumpfteile aus Verbundwerkstoffen. Hier haben wir es nicht mit den PKD-typischen hohen
Bauteilezahlen zu tun, dafür aber mit unzähligen Bohrungen.
Die Vorteile des Schneidstoffes PKD sind bei dieser Anwendung
sehr hohe Standmengen und eine exzellente Bohrungsqualität.
Was sind die dringendsten Anforderungen Ihrer Kunden
in Brasilien?
Der Industriesektor ist mit 40 Prozent des Bruttoinlandsprodukts sehr wichtig für die brasilianische Wirtschaft. Maschinen und Stahl tragen viel zum Export bei. Um auf globaler Ebene
wettbewerbsfähig zu sein, brauchen unsere Kunden hochwertige Werkzeuge und eine sehr gute Prozessberatung. Für viele
von ihnen sind unsere hohen Servicelevels kaufentscheidend.
Können Sie Ausländern Tipps geben, wie sie mit brasilianischen
Geschäftspartnern umgehen sollten?
Im Allgemeinen sind Brasilianer sehr offen und freundlich. Auf geschäftlicher Ebene sind sie sehr loyal ihren Arbeitgebern gegenüber und möchten beste Arbeit für ihr Unternehmen
liefern. Sie sind stolz auf die Leistungen ihres Unternehmens
und erwarten von ihren Zulieferern dementsprechend viel. Man
sollte also nicht erwarten, dass man bei einem Geschäftsreise in
Brasilien nur am Strand liegt und Cachaça trinkt. :-)
Was macht Walter do Brasil besonders?
Unser Team ist unsere Stärke. Walter war anfangs wenig
bekannt in Brasilien, deshalb waren Erfahrung und Expertise
unserer Mitarbeiter die wichtigsten Türöffner. Inzwischen sind
wir einer der wichtigsten Akteure auf dem brasilianischen
Werkzeugmarkt. Wohl auch, weil wir seitdem viel in junge
Talente investiert haben. Der Mix aus Jung und Alt hat zu einer
besonderen Walter-Kultur geführt, und die brauchen wir auch,
um in diesem schnell wachsenden Markt weiterhin erfolgreich
zu sein.
Fotos: Fotolia, gettyimages
Beste Grüße aus Sorocaba, São Paulo,
Mauricio Fonseca
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Bakterien müssen
draußen bleiben!
Multan – die Kühlschmierstoffe, die nicht „umkippen“.
Vorteile von Multan:
Mit der Marke Multan ist es Henkel gelungen, einen
patentierten und bakterizidfreien Kühlschmierstoff
auf den Markt zu bringen, der Dank seiner einzigartigen Formulierung auch keinerlei Bakterizidzugabe
erfordert.
Hohe Stabilität gegenüber Mikroorganismen
Das macht Multan äußerst wirtschaftlich im Bearbeitungsprozess, sorgt für verbesserten Arbeitsschutz
und leistet einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der
Umwelt.
Niedrige Ausschlepprate der
feindispersen Emulsion
Geben Sie Bakterien keine Chance!
Geruchsneutral
Keine Nachkonservierung nötig
Sehr guter Korrosionsschutz
Saubere Oberflächen von Werkstücken, etc.
Keine Formaldehydabspalter, u. ä.
Bestellen Sie jetzt eine Gratis-Befüllung*, und lernen die Vorteile von Multan direkt in ihrer Anwendung kennen.
Henkel AG & Co. KGaA, General Industry/Surface Treatment | Tel. + 49.211.797.9505 | [email protected] | www.HenkelMultan.com |
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