Überblick erarbeitet

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Überblick erarbeitet
SW 12 XX
XX.XX.XXXX
Klassen – Schichten – Lebenslagen – Milieus?
11 Fragen zum grundlegenden Verständnis + Antworten
1. Was ist der wesentliche Unterscheid zwischen dem Begriff der Stände und dem Klassenbegriff?
Der wesentliche Unterschied zwischen dem Begriff der Stände und der Klassen besteht in dem Kriterium für die Zugehörigkeit. Bei den Ständen wird die Zugehörigkeit durch die Geburt bestimmt, also
durch die Familie. Man hat kaum Möglichkeiten in dieser Ständegesellschaft auf- bzw. abzusteigen.
Bei den Klassen wird die Zugehörigkeit durch den Besitz an Produktionsmitteln bestimmt, was bedeutet, dass Besitz und Vermögen für die Zugehörigkeit entscheidend sind.
2. Wie kann man die Entstehung der Klassentheorie aus den Gegebenheiten des späten 19. Jahrhunderts erklären?
Das späte 19. Jahrhundert wurde durch den Prozess der Industrialisierung geprägt. Die aus der feudalen Leibeigenschaft entlassenen Menschen zog es massenhaft in die Städte, wo sie auf Arbeit in
den Industriebetrieben hofften. Sie lebten zuweilen unter schrecklichen Bedingungen, während der
Reichtum der Industriellen immer weiter zunahm. Dagegen rebellierte das einfache Volk. Aus der
Anschauung dieses Gegensatzes entstand die Theorie des Klassenkampfes.
3. Nenne zwei wesentliche Unterschiede zwischen Klassenmodellen und Schichtmodellen.
Der erste wesentliche Unterschied besteht in den Kriterien für die Abgrenzung. In Klassenmodellen ist
dies alleine die Stellung im Produktionsprozess, d.h. die Frage, ob jemand Besitzer des für eine Entwicklungsstufe wesentlichen Produktionsmittels (bei der Industriegesellschaft das Kapital) ist, oder
nicht. Bei Schichtmodellen werden mehrere Kriterien zugrunde gelegt. Diese umfassen meist vier
sogenannte berufsbezogene Kriterien: Einkommen, Bildungsstand, Berufsprestige und Macht. Der
zweite wesentliche Unterschied liegt in der daraus folgenden Unterteilung der Gesellschaft. Während
das Klassenmodell von Marx nur eindimensional ist, also nur zwischen Proletariat und Kapitalisten
unterscheidet, enthalten Schichtmodelle mehrere Schichten.
4. Worin bestehen die wesentlichen Ähnlichkeiten der Konzepte von Schelsky und Bolte? Kann man
diese aus den Gegebenheiten der frühen Bundesrepublik erklären?
Die wesentlichen Ähnlichkeiten der Konzepte von Schelsky und Bolte bestehen zunächst darin, dass
beide in einem ähnlichen Zeitraum entwickelt wurden und das „Zwiebelmodell“ von Bolte auf der „AntiKlassentheorie“ von Schelsky beruht und diese modelliert. Beide Modelle propagieren, dass sich alle
Gesellschaftsschichten sozusagen „in der Mitte treffen“. Dies ist vor allem auf den damaligen Wirtschaftsboom zurückzuführen, der wirtschaftlichen Fortschritt für alle bot. Bei Schelsky spricht man
von einem Entschichtungsvorgang, wobei sich alle in einer fast einheitlichen Gesellschaftsschicht
wiederfinden. Bolte stellt diese These in seinem Zwiebelmodell dar, bei dem sich ebenfalls die Mehrheit in der gesellschaftlichen Mitte ansiedelt.
5. Warum wird Schelskys Modell von Kritikern als „ideologischer Schirm“ bezeichnet?
Schelskys Modell wurde von Kritikern als ideologischer Schirm bezeichnet, da es durch die Euphorie
des Wirtschaftsbooms in den 50er Jahren die Existenz einer Unterschicht (fast) ganz ausschließt.
Kritiker dieses Modells werfen ihm vor, dass es dadurch nach wie vor bestehende Unterschiede verdecke und daher im Interesse der Oberschicht sei..
6. In wiefern kann die Entwicklung von Dahrendorfs Modell als Gegenreaktion zu Schelsky und Bolte
erklärt werden?
In Dahrendorfs Modell ist eine obere und untere Schicht deutlich zu erkennen (auch wenn es soziale
Mobilität berücksichtigt -Wände sind zum Teil durchlässig). Bolte und Schelsky jedoch hatten zuvor
den Großteil der Bevölkerung der Mittelschicht zugeordnet, wodurch die Ungleichheit zwischen arm
und reich überdeckt wurde. Während bei Schelsky und Bolte die Einteilung nach dem Status erfolgt,
lehnt sich Dahrendorf wieder mehr an objektive Merkmalen an, z.B. Beruf und Einkommen.
7. Worin bestehen wesentliche Gemeinsamkeiten und worin die zentralen Unterscheide der beiden
„Hausmodelle“?
Beide Modelle sehen (im Gegensatz zu denen von Schelsky und Bolte) wieder eine erkennbare vertikale Gliederung und vor allem die Existenz einer Unterschicht vor. Dahrendorfs Ziel war es nicht, mit
Hilfe eines Hausmodells eine möglichst genaue Betrachtung und Analyse der Gesellschaftsstruktur zu
ermöglichen, sondern eigentlich wollte er erklären, was an der deutschen Gesellschaft die Entwicklung
der demokratischen Ordnung behindern würde. Daher entstand das Modell nur als ein Nebenprodukt
und ist lange nicht so spezifisch wie das von Geißler. Geißlers Modell hingegen basiert auf eigenständigen empirischen Erhebungen. Durch sein stark differenziertes Modell zeigt Geißler die verschiedenen Schichteinstufungen in Deutschland genauer als Dahrendorf und bezieht u.a. die ausländische
Bevölkerung mit ein.
8. Aus welchen Kritikpunkten an den Schichtmodellen entwickeln sich in den 80er-Jahren die sogenannten „Lebenslagen-Konzepte“?
Die bis in die 80er-Jahe verbreiteten Schichtmodelle stellten lediglich die vertikalen Unterschiede der
Gesellschaft dar. Das soll heißen, dass unterschieden wurde, wer aufgrund seines – von dem Beruf
abgeleiteten – Wohlstandes "über wem stand" (Zu den 4 „klassisichen“ Schichtmerkmalen s.o. Nr. 3.).
Dies führte dazu, dass gesellschaftliche Unterschiede innerhalb einer Schicht (horizontal), wie z.B. der
Unterschied zwischen zwei Berufen, die zwar ähnlich gut bezahlt sind und daher zu ähnlichem Wohlstand führen, jedoch z.B. mit vollkommen verschiedenem Arbeitsaufwand und Freizeitbedingungen
verbunden sind, unberücksichtigt bleibt. Die sogenannten "Lebenslagen-Konzepte" sollten dieses
Problem lösen. In ihnen werden neben der Erwerbstätigkeit auch "horizontale Gesellschaftsunterschiede", wie Freizeit, Wohnbedingungen und soziale Integration berücksichtigt, um ein möglichst
genaues Bild der Vor- und Nachteile bestimmter Lebenssituationen zu erhalten.
9. Was können die Lebenslagen-Konzepte gut leisten, was leisten sie eher nicht?
Das Ziel des Lebenslagenkonzepts ist es eine möglichst genaue Betrachtung und Analyse der Vorund Nachteile spezieller Lebenssituationen zu ermöglichen. Positiv zu beurteilen ist hierbei die Verwendung/Unterscheidung von „vertikalen“ (Berufsposition) und „horizontalen“ (Alter, Geschlecht) Größen. Des Weiteren werden „subjektive“ und „objektive“ Indikatoren einbezogen, welche materielle
Ressourcen sowie die Lebenszufriedenheit berücksichtigen. Das Erkennen einer klaren Gesamtstruktur der Gesellschaft ist jedoch durch die Vielzahl der untersuchten Lagen (z.B. für die Bundesrepublik
in einem Modell 68 verschiedene) nicht möglich. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass dieses Modell wichtige Aspekte wie ethnologische Zugehörigkeit oder Familienstand nicht berücksichtigt.
10. Welchen neuen Aspekt bringt die Erforschung von Lebensstilen und Milieus in die Gesellschaftsanalyse ein? Was ist der Vorteil dieses Herangehens an die Gesellschaftsanalyse?
Die Milieutheorie ergänzt die herkömmlichen Schichtindiaktoren (s. Nr. 3) um die Frage der „Wertorientierung“. Die Idee dahinter ist, dass bestimmte „Lebenseinstellungen“ die Frage der Zugehörigkeit
(und des Zugehörig-Fühlens) wenigstens ebenso stark bestimmen wie die berufsbezogenen Merkmale (s.3: Einkommen, Bildungsstand, Prestige, Macht).
11. Worin besteht die zentrale Kritik an der Sinus-Forschung und wie wird diese begründet?
Die Sinus Forschung unterteilt die Bevölkerung in unterschiedliche Soziale Milieus, d.h. sie fasst alle
Menschen mit ähnlichen Lebensauffassungen und Lebensweisen in jeweiligen Milieus zusammen.
Jedoch geschieht dies oft im Auftrag der Industrie zu Marketingzwecken. Dementsprechend werden
die Forschungsergebnisse zu Mentalitäten und Einstellungen der Bürger für kommerzielle Ziele ausgenutzt. Es ist also mehr eine Dienstleistung für die Marktforschung als der Versuch ein Abbild der
Bevölkerung abzugeben, um so bestimmte Fragestellungen beantworten zu können. Damit im Zusammenhang steht auch die Kritik, dass die soziale Ungleichheit z.T. außer acht gelassen wird, indem
vor allem die untersten Schichten nicht besonders intensiv berücksichtigt werden, da sie für den Markt
eher uninteressant sind.