Praktikumsbericht Praktikumsgeber: Target Discovery Institute des

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Praktikumsbericht Praktikumsgeber: Target Discovery Institute des
Praktikumsbericht
Praktikumsgeber: Target Discovery Institute des Nuffield Department of
Medicine der Universität Oxford
Studienfach: Pharmaceutical Science
Praktikumsdauer: Oktober 2014 bis Januar 2015
Der Grund für mein Praktikum in Oxford war hauptsächlich, dass ich einen tieferen Einblick
in die Forschung an neuen medizinischen Targets, sowie der Entwicklung und des Screenings
möglicher neuer pharmazeutisch wirksamer Verbindungen erhalten wollte. Dafür eignete
sich das Nuffield Department of Medicine (NDM) hervorragend, da dort die verschiedenen
Disziplinen bzw. Forschungsgruppen eng miteinander vernetzt sind. Dadurch erhielt ich
nicht nur Einblicke in die Arbeit, die ich speziell dort verfolgte, sondern auch in die der
anderen Gruppen (insbesondere durch deren Seminare oder Diskussionen).
Das NDM selbst besteht aus mehreren Gebäuden, welche sich über verschiedenste
Forschungsdisziplinen erstrecken, welche aber alle für den medizinischen Zweck forschen.
Sei das über das Auffinden neuer Targets oder eben die Entwicklung neuartiger Inhibitoren
oder auch Strukturaufklärungen von Targets usw. Das Target Discovery Institute, in dem ich
tätig war, ist Teil des NDM und auch dort sind verschiedene Gruppen untergebracht, von
der medizinischen Chemie bis zu Proteomics/Biomarker-Development.
Aufmerksam auf das Target Discovery Institute am NDM wurde ich durch einen Professor
der Fakultät für Chemie und Pharmazie, an dessen Arbeitskreis-Seminar ich teilnahm. Dieser
ermutigte mich auch mein Forschungspraktikum im Rahmen meines Studiengangs
Pharmaceutical Science an diesem Institut zu absolvieren. Daraufhin kontaktierte ich den
Professor am Institut per E-Mail, welcher sehr offen und hilfsbereit bezüglich eines
Praktikum in seiner Gruppe war.
Ich entschied mich für dreieinhalb Monate zwischen Oktober und Januar am TDI zu
arbeiten. Mein Projekt bestand darin selektive Inhibitoren für zwei Bromodomänen zu
entwickeln. Dies beinhaltete insbesondere die Synthese und das Screening der Substanzen.
Von Beginn der Arbeit an wurde ich hervorragend von den anderen Gruppenmitgliedern
integriert und unterstützt. Unter den Mitarbeitern herrschte ein hoher Grad an
Internationalität, was das Kennenlernen der verschiedenen Leute und deren verschiedenen
Arbeitsweisen sehr interessant machte. Meine Betreuerin war zu jedem Zeitpunkt
hilfsbereit und unterstützte mich sehr in meiner Arbeit. Dies bedeutete, dass ich zwar relativ
schnell mein Projekt eigenständig übernahm, sie aber zu jedem Zeitpunkt bei Fragen und
Problemen aushelfen konnte. Dadurch konnte ich von Anfang an sehr viel aus meinem
Praktikum mitnehmen. Auch der Gruppenleiter war sehr unterstützend und erkundigte sich
regelmäßig, wie die Arbeit läuft oder ob ich Fragen hätte. Da ich in zwei verschiedenen
Gruppen mitarbeitete (Chemie und Screening) lernte ich beide Gruppen kennen und
darüber hinaus auch noch andere Arbeitskreise, die Teil des Target Discovery Institutes am
NDM sind. Dabei arbeitete ich natürlich mit verschiedenen Personen (die verschiedenen
Assays wurden von verschiedene Personen geleitet) zusammen, wobei ich aber von jedem
optimal eingearbeitet wurde. Es herrschte also in allen Gruppen eine hilfsbereite,
freundliche Atmosphäre, was meine Arbeit dort sehr angenehm machte. Auch bei Dingen,
die ich so vorher noch nie gemacht hatte, wurde ich hervorragend eingearbeitet und
begleitet. Es war für mich also eine gute Möglichkeit, neue Dinge kennenzulernen und zu
erlernen. Gleichzeitig konnte ich aber auch auf viel Erfahrung aus den Praktika aus meinem
Bachelor- und Masterstudium zurückgreifen.
Ich konnte mein Projekt mit der Synthese zweier neuer selektiver Verbindungen erfolgreich
abschließen und das Praktikum verstärkte noch einmal mein Interesse an diesem Bereich
der pharmazeutischen Forschung.
Sehr gut am Target Discovery Institute hat mir aber auch gefallen, dass dort sehr viele
Seminare des gesamten Departments gehalten werden. Da sehr viele Vortragende an die
Universität Oxford eingeladen werden, gab es am Nuffield Department of Medicine jede
Woche zahlreiche Vorträge. Da viele davon am TDI stattfanden, konnte ich jederzeit aus
dem Labor im 2. Stock in möglichen Zwischenpausen (z.B. wenn eine Reaktion mehrere
Stunden lief) in den Seminarraum im Untergeschoss des Instituts gehen und mir dort
verschiedene Vorträge aus dem biomedizinischen/pharmazeutischen Bereich anhören. Dies
wurde insbesondere dadurch gefördert, dass auch die verschiedenen Gruppen oft
geschlossen zu bestimmten Vorträgen am Institut gehen (ca. einmal die Woche).
Das Praktikum finanzierte ich über das Erasmus+ Programm. Über dieses Programm
informierte ich mich beim Praktikumsbeauftragten Herrn Hoch, welcher mir auch die
nötigen Unterlagen zukommen ließ. Ich denke, dass das Erasmus+ Programm ein sehr
geeignetes Stipendium für einen Auslandsaufenthalt ist, gerade auch weil es einen
monatlichen Bericht einfordert und im Vorfeld vom Praktikumsleiter eine Skizze des
geplanten Projekts benötigt. Dadurch reflektiert man monatlich seine eigene Arbeit und
formuliert diese aus und der Praktikumsleiter muss sich schon vor dem Praktikum Gedanken
über das Projekt machen, wodurch man eine gewisse Sicherheit erhält, dass man ein
sinnolles Projekt erhält. Ich denke, dass einem diese beiden Punkte in vielen Fällen
weiterhelfen.
Generell sollte man sich auf jeden Fall vorher Gedanken über die Finanzierung machen, falls
man ein Praktikum in Großbritannien anstrebt. Die Kosten für die Unterkunft sind hoch und
insbesondere in Oxford sind sie noch einmal höher als beispielsweise in München. Der
(derzeitige) Wechselkurs tut dazu sein Übriges.
Da ich erst Anfang September wusste, dass ich mein Praktikum antreten werde und ich daher
nur einen Monat Zeit für die Wohnungssuche hatte, habe ich mich nur auf dem privaten
Wohnungsmarkt umgeschaut. Eine Alternative wäre eine Bewerbung bei einem der Colleges
gewesen. Die braucht aber gut 4-5 Monate Vorlaufzeit, wobei ich allerdings jemanden
kennengelernt habe, die sich erfolgreich bei einem College als „Visiting Student“
für 5 Monate beworben hatte, wodurch sie in einer College Unterkunft wohnen konnte.
Natürlich war sie sehr begeistert davon auch zu anderen Studenten dort viel Kontakt zu
haben. Daher würde ich eine Bewerbung um eine College Unterkunft definitiv empfehlen,
wenn man genug Vorlaufzeit hat. Dabei sollte man beachten, dass man preislich auf dem
privaten Wohnungsmarkt noch deutlich günstiger als bei einem College unterkommen kann.
Ich selber habe meine Unterkunft dann über die Seite gumtree.com gefunden. Für eine
Besichtigung hatte ich im Übrigen auch einige Möglichkeiten, dies über Skype zu erledigen.
Sicherlich ist es aber sehr viel einfacher, wenn man schon eine Woche vor Beginn vor Ort
sein kann und dann für diesen Zeitraum möglichst viele Besichtigungstermine ausmacht. Da
es für mich schon sehr knapp wurde (bekam das Zimmer 2 Tage vor Beginn meines
Praktikums), empfehle ich wärmstens sich so früh wie möglich um die Zimmersuche zu
kümmern, da durchaus eine Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage besteht. Mein
Zimmer war in einem Haus, welches sich vier Personen geteilt haben, was in Oxford sehr
üblich ist. Dadurch kann man natürlich auch sehr schnell Anschluss gewinnen.
Generell findet man in Oxford aber sehr schnell Anschluss. Es schien mir als sei man sehr
daran gewöhnt, dass neue Studenten für eine Zeit Teil der Gruppe, des Sportteams etc.
werden. Ich war während meiner Zeit in Oxford zunächst im Fußballteam der Universität
und später dann im Team des Keble Colleges. Falls man in Oxford einem Sportteam
beitreten will, so habe ich zumindest die Erfahrung gemacht, dass dies sehr
unproblematisch ist. Selbst wenn man nur für eine begrenzte Zeit dort ist, kann man am
regulären Training der Mannschaften mitmachen. Dabei gibt es je nach Sportart mehrere
Teams, so dass es auch Abstufungen im Niveau der verschiedenen Teams gibt. Dabei wird
jedoch das Training in jedem Fall recht professionell und ernst geführt. Ich konnte sogar bei
den Ligaspielen teilnehmen, so dass man wirklich schnell in das Team integriert wird.
Hierbei kann ich nur für das Fußballteam sprechen, aber ich hatte das Gefühl, dass bei den
anderen Sportarten ähnlich vorgegangen wird. An der Universität gibt es ein sehr großes
Angebot an Sportarten, wodurch für jeden eigentlich etwas dabei sein sollte. Sollte man
doch nicht einem Sportteam der Universität beitreten können, kann man auch einem Team
der verschiedenen Colleges beitreten. Dort sind auch verschiedene Sportarten vertreten und
das Training (wenn es eines gibt) wird etwas lockerer geführt. Aber auch die Colleges
spielen gegeneinander in einer Liga, ebenso wie in einem College-Cup. Auch dort konnte ich
problemlos mitmachen, wobei ein Phd Student, der im gleichen Labor wie ich arbeitete,
Mitglied im Team war, was es für mich sicherlich ein bisschen vereinfachte dort
mitzumachen. Ich denke, dass es dabei einfacher ist jemanden aus den Universitätsteams zu
kontaktieren als einem College-Team beizutreten, wenn man noch niemanden in Oxford
kennt.
Für die Sportteams der Universität ist jedes Jahr das sogenannte Varsity Match gegen
Cambridge sehr wichtig. Dabei spielen die Teams jeder Sportart der beiden Universitäten
Oxford und Cambridge gegeneinander. Allerdings spielt zumindest im Fußball auch das
zweite und dritte Team gegeneinander, wobei dabei der Zuschauerandrang natürlich
geringer ist als beim ersten Team („Blues Team“). Ich glaube, dass dies aber auch für die
anderen Sportarten gilt. Ich meine, dass man auch als Visiting Student theoretisch am
Varsity Match teilnehmen kann (zumindest im zweiten/dritten Team), wenn man gut genug
ist. Das Varsity Match der ersten Teams wird dabei in der Regel auf neutralem Grund
gespielt. Das Rugby Match der beiden Universitäten wurde z.B. im London Twickenham
Stadium (Stadion des National Rugby Teams) abgehalten. Dieses habe ich mir auch
angeschaut, wobei die Tickets 10 Pfund kosteten und gut 20000 Zuschauer im Stadion
waren. Durch das enorme Prestige dieser Spiele entwickelt sich natürlich dementsprechend
eine sehr spannende Atmosphäre. Von demher kann ich nur empfehlen sich ein solches
Match anzusehen (z.B. im Rudern oder Fußball gibt es ähnlichen Zuschauerandrang).
Ebenfalls sehr gefallen an Oxford hat mir, dass alles sehr einfach mit dem Fahrrad erreichbar
ist. Ich habe mir daher direkt von Beginn meines Praktikums an ein günstiges Fahrrad
gekauft (ebenso auf gumtree.com). Dieses verkaufte ich dann problemlos zum Ende meines
Praktikums wieder (richtig, ebenfalls auf gumtree.com). Man kann mit dem Fahrrad alle
Bereiche in Oxford innerhalb von 20-30 Minuten erreichen, falls man nicht zu weit
außerhalb wohnt. Sollte man auch am NDM arbeiten, sollte man allerdings beachten, dass
das Viertel Headington (in dem das NDM liegt) auf einem kleinen Hügel liegt. Dies ist dann
eventuell jeden Morgen ein kleiner Wermutstropfen, falls man mit dem Fahrrad unterwegs
ist (außer man wohnt in Headington).
Was man sich sicherlich in Oxford anschauen kann, sind die Colleges und Kirchen. Die
Colleges sind dabei nur an bestimmten Tagen für Besucher zugänglich, wobei dies mit einer
University Card (die man als Praktikant besitzt) kostenlos ist. Die Colleges sind in der Regel
relativ ähnlich aufgebaut. Dabei sind die Gebäude stets um einen Innenhof angeordnet.
Jedes College besitzt zudem eine eigene Kapelle. Falls man die Möglichkeit hat an einem
Dinner eines Colleges teilzunehmen, sollte man diese Möglichkeit auf jeden Fall nutzen.
Dazu muss man jedoch von einem College Mitglied mitgenommen werden. Ich habe an
einem Dinner des Keble College in deren Great Dinner Hall teilgenommen, was wirklich ein
schöner Abend war. Aber auch die verschiedenen Kirchen in Oxford sollte man sich
anschauen.
Was in Oxford zudem gerne nach Feierabend noch gemacht wird, ist noch kurz auf einen
Drink in einen der Pubs zu gehen. Da es davon eine große Menge gibt (>60), hat man auf
jeden Fall eine große Auswahl zur Verfügung. Außerdem gingen wir jeden Freitag zum
sogenannten „Ethnic Dinner“, das heißt wir gingen jeden Freitag zu einem Restaurant
abwechselnder Nationalität, über das wir vorher in einer Abstimmung entschieden. Auch
davon gibt es in Oxford genug Auswahl für solch abwechselnde Dinner.
Insgesamt kann ich ein Praktikum am Target Discovery Institute in Oxford nur empfehlen.
Man kann davon ausgehen ein ansprechendes Projekt zu bekommen, welches einen
interessiert und motiviert. Dabei wird man sehr gut unterstützt und integriert, darf aber
sehr schnell auch selbständig arbeiten. Man hat dort viele Möglichkeiten zur Weiterbildung
auch außerhalb des eigenen Themas. Es wird einem in der Regel die Zeit gelassen auch in
andere Forschungsgebiete einen Einblick zu bekommen. So konnte ich zum Beispiel auch bei
der Kristallisation meiner Verbindung mit seinem Target mitmachen und diesen Prozess
verfolgen. Dadurch finde ich, dass sich ein solches Praktikum auch lohnt, falls man noch
nicht ganz genau weiß in welche Richtung man innerhalb der
pharmazeutischen/biomedizinischen Forschung gehen möchte (mehr chemisch, eher
Screening, eher Targetaufklärung usw. usf.). Bei allen Erfahrungen, die ich arbeitstechnisch
gemacht habe, kann ich natürlich nur für das Target Discovery Institute und nicht das
gesamt Nuffield Department of Medicine sprechen. Ich glaube aber, dass die allgemeine
Arbeitsatmosphäre im gesamten Department so gut ist.
Sowohl an der Universität, aber auch außeruniversitär sind die Menschen sehr
aufgeschlossen und man findet schnell Anschluss. Alles in allem bin ich also fest davon
überzeugt, dass sich ein Praktikum am TDI auf allen Ebenen (wissenschaftlich, persönliche
Entwicklung, sprachlich…) sehr lohnt.